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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 10.08.1895
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1895-08-10
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18950810022
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1895081002
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1895081002
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1895
- Monat1895-08
- Tag1895-08-10
- Monat1895-08
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St. »lolexrsmm SUä»krik»ol,ods I bLS. Lro«»u, ore« 6ook 3.8l -ck, VI«I SO , 6 <i. t«In 15.87. timäkoatoio 8.6L kooäeport 7,5>^ lim). V7»Umt«r «ovd Lxpl. b,—. 2,12 tkr«mi»w>. ttlUimt IS « Sck. alckoe k. v 4>ir. or. 4^6, ao. äv. .krilranleod » !rovn lt»«t 10)17. iotltüsia» 12,SO. SV. 1,25. Siotiontsia 287, Vsu 8>a 12, iianäkootsia —, ^oilsunis !o»I 7°ru»t —, .« Llovll 8 36,00, i Loaeol» —, ^»Oolckkklä IZI, tut «mdsltollä» dank »» Lul. o uzisiso 718,10 S4Äi 4S0.— 28.V6 snloo»« 140.— 26,VS 11. >«n »eout <lsr Lrölkvnax i v.rsa stark« mckor» TlUrken- ' st»>L«aiI, de- kttdr. Sälsd. atod. I. Lm. II. Lm .a.SNI, 1V1 622 SSI Ko 4S» k2S l«rrd»ok V410 .-Slmr.j 81, r.-^ot-i 102 .01.. lor. a.äul. trsllt« a«ur. Lul. «nd-kr I. Osrt. »elüc krior. Its-kr .Süäb. mrt !»nt-8 lto»tt>. ond. too^d rd.do -X. S. w.-ä.- lsvill Sott», k rLaok l,8t.-1t oxä »erdr. oot»n ,ek«rk. ioldr.) »rtw.) rk.V. 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Bei den Franzosen, wie bei den „deutschen" Socialdemo- kraten ist eS bekanntlich — bei den Elfteren begreiflicher, bei den Letzteren schändlicher Weise — zur Gewohnheit geworden, den Fürsten Bismarck zu beschuldigen, er habe den deutsch- französischen Krieg „gemacht" und die friedliebenden Franzosen in eine Falle gelockt, auS der nach der Veröffentlichung der von ihm gefälschten Emser Depesche nur der Ausweg des Krieges möglich gewesen sei. Nach dieser aller geschichtlichen Wahrheit zuwidcrlausenden Darstellung erscheinen die Fran zosen als die arglosen Opfer eines preußischen UeberfalleS, während eS doch umgekehrt die damalige, um ihre Stellung besorgte französische Regierung gewesen ist, die Deutsch land zum Kriege gezwungen hat. Bei dieser Sachlage verdient es immerhin Beachtung, daß rin so vor nehmes Blatt wie der Pariser „GaulöiS" und noch dazu in der jetzigen Erinnerungszeit den Muth findet, der Wahrheit die Ehre zu geben und die wirkliche Urbeber schaft an dem Kriege von 1870/71 festzustellen. Der „GonloiS" veröffentlicht in seiner Nummer vom v. August einen Artikel von dem ehemaligen Abgeordneten Estancelin, worin dieser anfGrund von Aussagen undBriefen Emile deGirardin'S den Beweis fübrt, daß Niemand anders als das damalige französische Ministerium den Krieg gewollt und berbeigesiihrt habe. Die „Hamb. Nachr." entnehmen der Veröffentlichung des Herrn Estancelin das Folgende: „Die Verantwortung für den Krieg fällt weder dem franzö sischen Volke, noch selbst den Kammern, vielmehr einzig dem Ministerium zur Last, welches damals die Regierung unseres Vaterlandes führte. Preußen wollte den Krieg: eS war bereit, nur der Anlaß dazu fehlte ihm; man war ungeschickt genug, ihm einen zu bieten, und es machte ihn sich zu Nutzei Bismarck fing, um mich eines alltäglichen Ausdruckes zu be> dienen, den Ball im Wurfe auf, aber derselbe war ihm von Paris aus zugeflogen. Sonnabend, den 2. Juli 1870, dachte nicht ein einziger Fran zoso an den Krieg. Sonntag, den 3., sagte der Minister des Innern Chevandier de Val Dröme zu Emil de Girardin: „Schreiben Sie einen Artikel, in welchem Sir Preußen den 0L8US belli stellen." „Das wäre WahnsinII" „Sie werden morgen einen Artikel in diesem Sinne schreiben." „Niemals." Dennoch, trotz dieses „Niemals" erschien der gewünschte Artikel am nächsten Morgen in der „Libertv". Allerdings, fügt Girardi» hinzu, war derselbe nicht von mir. Das ist durchaus zutreffend. Bevor ich diese Zeilen schrieb, habe ich an der Hand des betreffenden Jahrganges der „Liberts" die Behauptungen Girardin's geprüft. Montag, den 4. Juli, nach seiner Unterredung mit dem Minister — ist es ein zufälliges Zu sammentreffen oder eine Folge des Bruches mit ihm? — tatsächlich finde ich an dem genannte» Tage die Demission Girardin's als DirectorS der „Liberts". Die letzten Worte derselben lauten: „Ich erkläre ausdrücklich, daß ich von heut ab mit der Direction und Redaction der „Liberts" nichts mehr zu thun habe." Dann sehe ich in demselben Blatte vom selben Tage, wie es der Minister am Abend vorher best im mt hatte, die Kriegs frage ge stellt. Girardin hat in einem Briefe, der kurz vor seinem Tode gedruckt worden ist und den ich wie viele Andere gelesen habe (ich coptre die Hauptstellen hier aus einem Buche von Pierre von Lano), jene Unterredung mit dem Minister erzählt, welche die erste Seene in dem blutigen Stuck Geschichte war, das unter den Mauern von Paris seinen Abschluß fand. Er redigirte damals die „Liberts"! Sonntag, den 3. Juli, er hielt er eine Diner-Einladung ins Ministerium. Nach Aufhebung der Tafel — so ichreibt et — kam der Minister auf mich zu und sagte: „Wissen Sie das Neuest«? Wir werden wirklich einen HohenzollernprtnzeN aus den spanischen Thron be kommen." „Nun, und was geht uns das an?" (Hu'ost es gu« eel» pcut nnu3 kairs?) antwortet Girardin. „Wie? Sehen Sie denn nicht, daß darin eine Gefahr, eine Drohung für Frankreich liegt? Wir werden diese Candldatur nicht dulden. Es muß ein eaeus belli daraus gemacht werden!" Da« Wort steht da. Nicht in der Schroffheit, di» ein eiliges Gespräch mit sich bringt, aber doch in Ausdrücken, die dadurch nichts von ihrer Bedeutung verlieren, daß sie in gewisse Formen verschlungen sind. Am selben Tage fand ein Ministerrath statt, und die Zeitungen meldeten die Abreise eines Cabinetscouriers an den französischen Botschafter in Berlin. Bismarck befand sich damals auf dein Lande. In einem Ge- spräch mit Herrn de Houx, das vor einigen Jahren veröffentlicht wurde, äußerte er: „Ich war am 6. Juli ganz ruhig hier in Barzln in det Sommerfrische, als ich aus Paris die Nachricht erhielt, man mache dort aus der Hohenzollern-Candidatur einen ensus belli I Mein Entschluß war schnell gefaßt." Der weitere Verlauf des Gespräches ist mir nicht mehr genau erinnerlich, aber offenbar war Graf Bismarck, wie ich oben sagte, froh, den ihm von Paris auS zugeworfenen Ball aufzufangen. Warum nahm die französische Regierung plötzlich eine so aggressive Haltung Preußen gegenüber an? In dem Buche des Herrn de Lano lese ich: „Am selbe» Tage erhielt Prim in Madrid eine Depesche, welche ihm den Protest der französischen Regierung und ihre Opposition gegen die Thronbesteigung deS Hohenzollernprinzen anzeigte." Ein Freund von mir befand sich in Prim's CabiNet, als ihm diese Depesche übergeben wurde; er las sie, knüllte sie zusammen und warf sie Mit den Worte» auf seine» Schreibtisch: „Das ist denn aber doch zu stark I Und mir ganz unverständlich! Wir standen im besten Einvernehmen (etions absoiument ck'noeorä) mit den Tuilerten." Herr de Lano hat in klarer Weise die persönlichen Motive an gegeben, die die Regierung dazu führten, unbesonnen die Kriegs frage aufzuwerfen (lnaesr Io oasus belli). Ich tbeile seine Anschauungsweise durchaus; allein da in einer so heikel» Angelegenheit persönliche Inspirationen von fragwürdigem Werthe sind, halte ich mit dem Ausdruck (impresslon, wohl ver druckt statt expressiov) meiner Ueberzeugung zurück und beschränke mich aus die Feststellung zweier unbestreitbarer Thatsachen: Am 3. Juli hat der französische Minister des Innern gesagt: „Stellen Sir die Kriegsfrage a« Preußen." Am 6. Juli hat Bismarck sie acceptirt und geantwortet: „Da Ihr den Krieg wollt, so sollt Ihr ihn haben." Die weiteren Ausführungen des Herrn Estancelin im „Gaulvis" beziehen sich darauf, daß sowohl die französische Regierung, wie der Kaiser NüpoleoN über die militäirische Uebcrlegenheit Preußens durch den bekannten Bericht des Obersten Stoffel unterrichtet gewesen seien. Politische Tagesschau. * Leipzig, 10. August. Angesichts der in der Mehrzahl der deutschen Städte in Angriff genommenen Vorbereitungen zu einer würdigen Feirr vrS LrtzantagrS hatten kürzlich die „Verl. N. Nachr." die Frage aufgeworfen: WaS thut die Stat Berlin, die als Reichshauptstadt nock mehr als jede andere deutsche Stadt Anlaß zur Veranstaltung einer patriotischen Feier hat? Auf diese Frage hat der Berliner Magistrat erfreulicher Weise rasch mit dem Beschlüsse geantwortet, den diesjäbrigenSedantag besonders festlich zu begehen und zu diesem Zwecke bei der Stadtvcrordneten-Versaiiimlung die Einsetzung eines gemischten Ausschusses aus beiden städtischen Behörden zur Berathung Über die Art der Feier zu beantragen und einen Eredit bis zu 50 000.6 zu verlangen. DaS Stadtverordneten Collegium hat zu diesem Anträge allerdings noch keine Stellung ge nommen, aber eS ist doch kaum zu besorgen, daß cs den Magistrat im Stiche läßt. De« fortschritt lichen „Größen" in der Berliner Stadtverordneten-Ver- sammlung, die der hohe Muth, den sie einem Bismarck gegenüber an den Tag legen, häufig verläßt, wenn die Gunst veS UltramontaniSmttS verscherzt werden könnte, wird eS freilich hart ankommen, für die Feier eines TageS einzutreten, der im Wahlkreise des von Herrn Albert Träger so begeistert besungenen Windthorst von jeher der „Satanötag" genannt wurde und der auch jetzt noch den Groll der ultramontanen Presse erregt. Die „Köln. Dolkszlg." erklärt sogar rundweg, man dürfe dön 2. September dieses Jahres nicht zum all- gemeinen nationalen Festtag stempeln, und hält eS „angesichts der noch fortwährend wiederholten Versuche, die deutschen Katholiken zur Feier gerade an dem mit so viel cultur- kämpfcrischen Erinnerungen verquickten Sedantage förmlich zu zwingen", für wohlgethan, eine auf die Sedanfeier be zügliche Kundgebung des Bischofs von Ketteler auS der Vergessenheit hervorznziehen. In diesem, in der Hitze des CulturkampfeS aiN lv. August 1874 verfaßten bischöflichen Schreiben wird die kühne Behauptung ausgestellt, die Sedan frier sei kein nationales Dankfest: „Sie geht erstens nicht vom gesummten deutschen Volke aus sondern hauptsächlich von einer Partei. Daher entspringt sie Nicht dein allgemeinen Bolksöewußtsein, sondern ist künstlich gemacht und dient nicht jelten Nebenabsichten, welche niit wahrem Patriotismus nichts zu thun haben. Der Feier fehlt oft die innere Wahrheit. Die Partei, welche jetzt hauptsächlich die Sedanfeier betreibt und sich fälschlich als die Vertreterin des deutschen Volkes geberdet, ist zweitens dieselbe, welche in der Gegenwart an der Spitze des Kampses gegen das Cbristrnthum (I) und die katholische Kirche steht. Wenn diese die Bethetligung der Religion bei der Feier fordert, so thut sie das selbstverständlich nicht aus Religion. Sie feiert in der Sedanseier nicht so sehr den Sieg des deutschen Volkes über Frankreich, als die Siege ihrer Partei über die katholische Kirche. Sie will aber die katholische Kirche zwingen, sich an dieser Siegesfeier zN betheiligen. Durch den Vorwurf weniger patriotischer Gesinnung will sie uns zwingen, mitzuthuN, will sie uns an ihren Triumphwagen spännen. Zii diesem Spotte wollen wir unS aber nicht vergeben." Schließlich untersagt Bischof von Ketteler in seinem Schreiben jedes feierliche Geläute und jeden Festgottesdienst am Sedantage. Nur ein Bittgottesdienst wird erlaubt, „um Gottes Segen über Deutschland zu erflehen, und namentlich um Gott zu bitten, daß er uns die innere Einheit wieder gebe, ohne welche die äußere Einheit nur ein leerer Schein ist". Mit Recht bemerken die „B. N. N." zu diesem Citate der „Köln. Volsztg ": „Das rheinische ultramontane Blatt hätte wahrlich besser gethan, dieses bischöfliche Schreiben weiter im Grabe ruhen zu lassen. Denn es erweckt lebhaft die Erinnerung an jene Zeit wieder, wo die ultra montane Presse das deutsche Reich mit sanatischem Hasse und in den unwürdigsten Formen bekämpfte. Wenn damals der Sedantag vielfach ein Parteifest war, so lag dies nur daran, daß infolge der Aufhetzung der Nerikalen Presse die Katholiken gern oder ungern aus Furcht vor den Agitatoren von der Feier fern geblieben waren Nach dem von der „Köln. Volksztg." durch den Wiederabdruck des Kettrler'schrn Schreibens und ihrer Zustimmung zn diesem gelieferten erneuten Beweise dafür, daß sie ihre Gesinnung noch nicht geändert hat, kann auch ihre weitere Ankündigung nicht mehr auffallen, daß die Betheiligung der Katholiken nur möglich ein würde, wenn man einen anderen, „auch innerlich mehr geeig- neten Tag. etwa den der Kaiser-Proclamatton zu Versailles, als den Grltndungstag de» Deutsche» Reiches und der deutschen Einheit", wählen würde. Da der l8. Januar in eine Jahreszeit fällt, in welcher öffentliche Festlichkeiten nicht stattfinden können, so würden die ullramontanen Bestrebungen, die darauf abziclen, alle nationale» Bestrebungen und Kundgebungen lhunlichst herabzu- >rücken, dabei »atiirlich sehr gut ihre Rechnung finden. Aber vux popull — vox cket, Volkes Stimme — Gottes Stimme! Wer Pente dem deutschen Volk einredcn will, daß der Sedantag, der eigentliche Geburtstag unseres nationalen Staates, zum nationalen Festtag nicht geeignet sei, ist entweder ein Thor ober ein Feind. Nur die socialdemokratische und die ultramontane Presse läuft gegen den Sedantag Sturm, es genügt, diese Thatsache sest- zuslellen, um ihre Bedeutung zu charakterisircn." Hoffentlich bewahrheiten die fortschrittlichen Berliner Stadt verordneten die Behauptung, daß nur Socialdemokraten und Ultramontane gegen den Sedantag Sturm laufen, durch eine patriotische Entschließung, auf die Gefahr hin, von der „Köln. Volköztg." wie schon früher einmal „Wasserköpfe" titulirt ju werden. Ncber die Frage, ob Fürst BiSmarik am 18. August zur Grundsteinlegung zum Nationaldenkmal für Kaiser Wilhelm I. in Berlin sich einfindet, verursacht einem Tbeile der Presse viel Kopfzerbrechen, einigen Blättern auch sichtliche Unrube. Zu den Blättern dieser Art gehört die „Franks. Ztg", die dem Fürsten ungern in der Reichsbauptstadt Ovationen gebracht sähe, die im scharfen Gegensätze zu den Vorgängen des März im Reichstage und im „Rothen Hause" stehen würden. DaS demokratische Blatt sucht daher dem Fürsten die Bctheiligung an der Feier zu verekeln, indem es schreibt: „Die Berliner werden wohl auf das Vergnügen, den Ge waltigen noch einmal in ihren Mauern zu begrüßen, verzichten müssen, denn es zweifelt von vornherein kein Mensch, daß er der Aufforderung, an dem Wciheact zum Gedächtniß seines verstorbenen kaiserlichen Herrn theilzunehmen, so wenig folgen wird, wie er der gleichen Einladungen bei der Schlußsteinlegung zum Reichstagsgebäude und zum Nordostseecanal nachgekommen ist. Er hat solchen höfischen und inilitairischen Ceremonien, auch wenn sie einen patriotischen Inhalt hatten, schon während seiner Amtszeit keinen Geschmack abgewonnen und sich als ein Mann, der Besseres zu thun hat. rücksichtslos von ihnen fcrnzuhalte» verstanden; er wird »S jetzt erst recht ablehnen, als Statist in einer langen Reihe Anderer eine stumme Rolle zu spielen. Wenn er reden dürste, wäre es wahrscheinlich anders. Schade, das könnte eine interessante Einweihungsrede werden. So wird er nicht in die Lage komme», unter der Leitung des verhaßten „Klebers" die Haminerschläge für das Denkmal des Begründers des Reiches an historisch denkwürdigem Tage zu voll ziehen. Diese Cercmonie der Haminerschläge leitet oder über- wacht nämlich Herr v. Boetticher mit einer Liste in der Hand mit derselben Leichtigkeit und Gewandtheit, die ihm auch bei schwierigeren StaatSacten eigen ist. Es geht dabei ziemlich rasch zu, und je öfter man diese Ceremonie sieht, desto weniger macht sie einen erhebenden Eindruck. ES sieht aus wie eine Art Polo naise oder eine Cottllontour mit Hammerschlag. Jeder ist froh, wenn er fertig ist. und de» Meisten scheint bet der ungewohnten Hantirung unter den Augen einer festlichen Versammlung nicht ganz wohl zu sein." Von dieser anmuthigen Schilderung wird der Fürst sich jedenfalls nicht abhalten lassen. Er darf sich sagen, daß er von Herrn Sonnemann und seinen Leuten auch dadurch sich unterscheidet, daß er nie und nirgends eine Statistenrolle Feirllleton. 3f Der sechste Zinn. Novelle von Woldemar Urban. Nachdruck dtrSoten. (Fortsetzung.) „Wollen Sie still sein? Sie Böser! Und dann fand ich die List von einer so plumpen Affectation, von einer so senti mentalen Himmele! mit ihrem Bräutigam, wie eS doch gewiß nicht mehr modern ist. Ich finde das abgeschmackt. Wenn ich einmal BraUt bin " Wieder ein obligater Seufzer des Herrn Adolar. „Wollen Sie wohl ruhig sein, Avölär? Sie wissen, ich kann dieses Gestöhne Nicht ausstehen. Ueberlaffen Sie daS den Dienstmädchen und Packträgern. Wenn ich einmal Braut bin, werde ich den Leuten Zeigen, Wie man die Angelegen- beiten mit Chic uttd Eleganz behandelt. Nie werde ich in so stilloser Und unschicklicher Art wie Lisi mit meinem Bräutigam verkehren. Und dabei thut sie so jo apart und altklug, als ob ich rin kleines Schulmädchen Ware, als ob ich krittelt Bräutigam bekommen könne." „DaS ist doch stark", bekräftigte Herr Sctegebühl männlich. „Wo ich doch Nttic " „Nur zu befehlen haben. Ach wir glücklich könnten Sie mich Machen, wenn Sie mit gestatten würden, endlich einmal mit Ihrem Herrn Pava " „Aber lieber Adolar, ich glaube gar, Sie haben expreß auf solch' ein Hundewetter geivartet, um Mir eine Erklärung zu machen. Ich sollte doch Meinen, Sie hätten Chit genug, dazu einen passenderen Ort und eine bessere Zeit zu wählen. Ich bitte Sie, auf offener Straße? Ist ja empörend. Wie kann daS für später eine glückliche Erinnerung abgLbetl? Sie wissen, ich halte auf dir Püesie im Leben. Es zeugt von feinem Geist, vvtt Herz uitv Seele, darauf ju halten. Können Sie nicht also wenigstens warten, bis Mondschein im Kalender steht? Wie kann man bei einem sülchiu Sudelwetter auch nur an diese Sachen denken?" Herr Adolar Saegebühl war Zerknirscht, bemerkte aber in seiner Zerknirschung dsch, daß vor dent Hause des Herrn InnungSobermeisterS Horn, daS ihm jetzt, «M eine Ecke biegend zu Gesicht kam, rin Reitpferd angebunden war. Was hatte da« zu bedeuten § „DaS ist der Fuchs, den Vetter Alex immer reitet. Wabr- cheinlich macht er den Eltern einen Besuch", bemerkte Fräulein Doris. Actuar Saegebühl machte ein langes Gesicht. „Den Eltern nur?" fragte er mit eigettthümlicher Be tonung. „Wem denn sonst? Sind Sie etwa eifersüchtig, Adolar?" ,,Ich bin eifersüchtig auf den Wind, der Ihre Wange streichelt", entgegnet« der Actuar stürmisch, und „sollte nicht eifersüchtig sein auf einen Vetter» der noch dazu auf einem Fuchs reitet? Die Vettern sind ohnehin höchst gefährlich." „Dieser nicht." „Und warum dieser nicht?" „Aber, Adolar! Er ist ja ein Bauer. Meinen Sie, ich könnte mich je entschließen, mich in einen Kuhstall zn stellen und auf Mägde aufzupassen? Ich habe nichts dagegen, wenn Sie eifersüchtig sind. Das beweist Ihre Liebe. Aber Sie sollten dabei doch vernünftig sein. Ich die Frau eines Bauern! Können Sie sich wirklich so etwas denken?" „Offen gestanden, nein! Es wäre gegen Sternelauf und Schicksal. Diese Tournure, diese Haltung, diese Grazie iü einen Kuhstall ? Nein, mein gnädige« Fräulein, ich glaube Ihnen, ich vertraue Ihnen. ES ist unmöglich. ES wäre Wahnsinn, Sie, die Zierde eines jeden SalonS, die geistig» Grazie und Ueberlegenheit einer jeden Gesellschaft, in einen öden Bauernhof zu vergraben, die Eleganz und weltkundigr Bildung " „Still. Ich glaube gar, Sie wollen mir schmeicheln, Sie Böser!" * „Wie könnte ich daS, süßeste Doris?" Die Beiden verstummten jetzt und traten in das HauS ein. Sie kamen gerade dazu, wie Herr Lasten anscheinend zu einer größeren Auseinandersetzung au-holte. Nach den übliche« Begrüßungen fuhr er in der That, ziemlich unbekümmert unt die Hinzugekommenen, in seiner Rede fort: „Wie gesagt, Herr Obermeister, da- soll Nun ander- werden, und die Gut-Herrschaft hat die bestimmte Absicht ge äußert» helfend und fördernd in die Entwicklung der socialen Verhältnisse einzugreifen. Dazu ist eS aber nöthig, daß Fräulein von Fahlen direct in Verbindung tritt mit den maßgebenden Persönlichkeiten des Kreise-, und ich habe, um die Annäherung anzubahnrn, da- Arrangement einer Jagd zur Feier de« zwanzigsten Geburt-tage- der Herrin auf Doberan übernommen. Ich rechne dabei bestimmt auf Ihre Theilnahme und wohlwollende Förderung, Herr Obermeister, und habe hiermit die Ehre, Sie als zu den maßgebenden Persönlichkeiten deS Kreises zählend, zu den Festlichkeiten einzuladen." Herr Lasten verbeugte sich dabei ziemlich correct, wie er heut« überhaupt mehr als sonst beflissen war, gute Figur zu machen, und „Hörnchen" richtete sich im Hochgefühl seiner Würde und mit großer Wichtigkeit auf. Er war offenbar sehr angenehm davon berührt, der Ehre dieser Einladung theilhaftig geworden zu sein, und richtete sich mit leisem Hüsteln zu einer großen, der Feierlichkeit des Moments an gemessenen Rede. „Hm — Herr Amtmann", begann Hörnchen in einem Ton«, wie er etwa dem Kaiser Heinrich dem Vierten bei seinem Einzug in Rom angestanden haben würde, trotzdem Hert Lassen sein Neffe war, „Herr Amtmann, eS hieße gegen alles patriotische Gefühl und menschliche Gerechtigkeit handeln, wenn ich mich in so — hm — in so schweren Zeiten den wohlwollenden Bestrebungen berufener Kreise in so — hm — in so ostentativer Weise entziehen wollte. Im Gegen- theile stehe ich solchen Bestrebungen — hm — sehr freundlich gegenüber und werde gewiß Alles thun, was in meine» Kräften steht, um sie zu fördern, zum allgemeinen Wohle beizutragen." „Also ich darf auf Sie rechnen, bester Onkel?" „Wie ich Ihnen sagte, Herr Amtmann." „DaS Iagv-RetidezvouS findet Dienstag früh sieben Uhr gleich hinter dem neuen Gewächshaus auf Doberan statt." „Gut, ich werde pünktlich eintreffen." „Und ich danke Ihnen, bester Onkel, für Ihr freundliches Entgegenkommen." Er inachte abermals eine Verbeugung, wobei rin ganz flüchtiges Lächeln über diesen geschraubten Verkehr auf seine Lippen trat. „Und nun kann ich wohl mein«» officirllen Besuch für erledigt ansehen und darf meiner hübschen Cousiüe in ge ziemender Weise meine Huldigung darbringen", fuhr er fort, und wandte sich dein Fräulein Doris zu. Diese sah fast erstaunt Uber ihn hin und sagte bann, ihrem Vetter die Hand reichend: „Man scheint ja in Doberan große Fortschritte zu machen." „Inwiefern, Doris?" „In der Eultur." „Dir Cultur auf Doberan ist die vorzüglichste der ganzen Gegend» liebe Cousin«, unsere Erntrberichte weisen da- au-." Fräulein Doris lachte. „So meine ich's nicht, Alex, ich meinte die Cultur des Menschen, nicht des Bodens." „Es ist ein volkswirthschaftlicher Grundsatz, daß die Cultur des Bodens mit derjenigen des Menschen Hand in Hand gebt; ich weiß nicht, Doris, ob Du diesen Grundsatz in Bezug auf Doberan bestreiten möchtest." „Nicht nur in Bezug auf Doberan", erwiderte Herr Actuar Saegebübl, „sondern überhaupt. Der Grundsatz ist eine sogenannte Bauernregel, deren Regelmäßigkeit bekanntlich darin bestehen, daß sie nie eintreffen." Dabei sah er Herrn Lasten in cigenthümlicher Weise, wie man zu sagen pflegt, von oben herab, durch sein Monocle an und näselte mit einer wahren Provokation. Herr Lasten blieb aber ruhig und sagte statt aller Antwort: „Und WaS sagst Du dazu, Doris?" „Nun, ich hätte den Brennpunct der Cultur allerdings auch nicht in Doberan gesucht", sagte sie schnippisch. „Bravo, bravo", rief Herr Saegebühl, „außerordentlich fein und geistreich bemerkt". „Der Brennpunct mag sein, wo er will", sagte Herr Lasten, unruhiger werbend, „die Würzet ist in Doberan, Doris. Wenn Dir's Jemand anders sagt, so sieh ihn ja genau an und vergiß nicht, daß gerade in den kleinsten Ohren die größten Lügen Platz haben." Herr Saegebühl lachte kurz aus. „Sie sind sehr kühn im Behaupten, Herr Amtmann, aber nicht int Beweisen", sagte er und ließ mit zierlicher Bravour da« Monvcle fallen. Er erwartete kampfbereit den Angriff. Herr Lasten seinerseits warf ihm einen strengen Blick zu unv maß ihn vom Sckeitel bis zur Sohle. Er hatte aber augen scheinlich keine Lust, sich mit dem spitzfindigen Juristen ein zulasten, denn er wendete sich plötzlich ab und sagte in einem leichteren Ton zu Herrn Hörnt „Apropos, verehrter Herr Onkel, Sie werden begreifen, daß ich jetzt, wo mir die Herrschaft so ganz unerwartet in da- Haus geschneit ist, mit Arbeiten aller Art, mit Corre spondenzen, Anordnungen und Vorbereitungen überhäuft bin. Nun trifft eS sich vorzüglich, daß Max jetzt gerade Ferien bat und er sich mir in freundlicher Weise für diese Zeit zur Verfügung stellt. Sie haben doch nicht- dagegen, wenn er ans einige Wochktt in Doberan vervleibt." Der ZeuS aller Schornsteine von Dinglingen runzelte die mehr breite als hohe Stirn. „Hm, Herr Amtmann, ich muß leider bemerken, daß mein
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