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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 27.09.1895
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1895-09-27
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18950927025
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1895092702
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1895092702
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1895
- Monat1895-09
- Tag1895-09-27
- Monat1895-09
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Die Gründe, die zu diesem Schlüsse führten, legt beute das Organ de« conservativen Landesvereins, das „Vaterland", in fol gendem, keines Commentars bedürfenden Artikel dar: „Bon der Zentralstelle der Deutschen Reformpartei im Königreich Sachsen wurde an den Vorstand des (Konservativen Landesvereins unterm 15. September d. I. folgendes Schreiben gerichtet: „Für die bevorstehenden Landtagswahlen haben sich in mehreren Kreisen, auch solchen, die in socialdemokratijchen Besitze (wörtlich. D. R.) sind, Gegensätze zwischen den Ordnungsparteien aufgethan, welche an mehr als einer Stelle der Socialdemokratie Erfolg verheißen, falls eine Verständigung nicht erfolgt. Ich richte an Sie die ergebene Anfrage, ob Ihre Partei gewillt ist, mit der deutschsocialen Resormpartei behufs gegenseitiger Unter- stützung eine Verständigung zu versuchen. Sollte Sie (wörtlich. D. R.) dazu nicht geneigt sein, so bin ich beauftragt, Ihnen vom Beschluß unseres Landesvereins Kenntniß zu geben, daß dann in sämmtlichen Wahlkreisen eigene Candidaten der deutschsocialen Reformpartei ausgestellt werden. Mit vorzüglicher Hochachtung Oswald Ziminerman n." Die konservative Parteileitung bat auf diese Anfrage unterm 19. September folgende Antwort ertheilt: „Auf Ihr gefälliges Schreiben vom 15. d. M. beehre ich mich Ihnen ergebenst mitzuthcilen, daß die conservative Parteileitung nach den in der von Ihnen geleiteten „Deutschen Wacht" wieder holt und zuletzt gestern unter der Ueberschrift: „Wer besorgt die Geschäfte der Socialdemokratie in Sachsen?" erschienenen An griffen und Anschuldigungen gegen die conservative Partei und mit Rücksicht auf eine Mehrzahl der in dem Programmentwurfe der deutschen Resormpartei und in den Ihren Candidaten zur Unter schrift vorgelegten „vorläufigen Einzelforderungen" angestrebten Ziele den Versuch einer Verständigung mit der Leitung der deutschsocialen Resormpartei behufs gegenseitiger Unterstützung als ausgeschlossen erachten muß. Mit vorzüglicher Hochachtung Or. Schober." Mit dieser runden Ablehnung des angetragenen Bündnisses hat die conservative Parteileitung die Lage in wünschens- werthester Weise geklärt und damit sich um die Partei und um unser Vaterland zweifellos ein großes Verdienst erworben. So bestechend auf den ersten Blick ein Zusammengehen der Conservativen und Reformer erscheint, so unmöglich ist das selbe, wenn man die Forderungen des Parteiprogramms der letzteren näher betrachtet. Sie erstreben Ziele, die ein monarchisch und vaterländisch gesinnter Mann bis aufs Aeußerste bekämpfen muß. Der Abschluß eines Bündnisses mit der demokratischen Reformpartei wäre eine Preisgebung der conservativen Grundsätze gewesen. In dem Prograiilmentwurf behauptet die Reformpartei, festzuhalten an der politischen Einigung Deutschlands unter einem machtvollen Kaiserthum, sie hält aber gleichzeitig „einen weiteren organischen Ausbau" der Volksrechte und Volks freiheiten für nothwendig. Sie will also die Machtvollkommenheit der Krone be schränken, die bestehende Verfassung ändern, selbstverständlich nicht zu Gunsten des Volkes, sondern zum Vortheile weniger ehrgeiziger Führer. Wir Conservativen aber sind der An sicht, daß die Macht der Krone nicht weiter geschmälert werden darf, weil nur ein kräftiges Königthnm, die Monarchie von Gottes Gnaden, die unserem Vaterlande von außen und innen drohenden Gefahren zu beschwören im Stande ist. Conservative und resormerische Grundanschauungen stehen somit einander diametral gegenüber, eine Versöhnung der Gegensätze ist undenkbar. Nicht mit den Conservativen, Wohl aber mit den Socialdemokraten können die Reformer, ohne ihren Grundsätzen ungetreu zu werden, ein Bündniß schließen, denn die Hauptforderungen der Zimmermann und Genossen decken sich vollständig mit denen Singer's und Liebknecht'«. Zum Beweise stellen wir die Forderungen der Socialdemokraten und der Reformpartei einander gegenüber, wie sie in der „Sächsischen Arbeiterzeitung" vom 15. Sep tember und der „D. Wacht" vom 8. September d. I. formulirt worden sind. Die Socialdemokraten fordern': 1) Allgemeines gleiches direktes und geheimes Wahlrecht sür die Landtags- und Gemeinde- Wahlen. 3) Unbeschränkte Vereins- Versammlungsfreiheit. und Die Reformer verlangen: 1) Allgemeines gleiches und directes Wahlrecht mit ge heimer, gesetzlich nach Mög lichkeit geschützter Abstimmung, Erweiterung des Wahlrechts zur Wahlpflicht rc. 2) Freiheit in Rede und Schrift; Sicherung der Vereins- und Versammlungsfreiheit sür alle Staatsbürger. 4) . . . . Unentgeltlichkeit des Unterrichts und der Lehr- mittel für die Volksschulen. 4) Unentgeltlichkeit des Schul- Unterrichts und der Lehr mittel. Bestreitung der Kosten durch den Staat. Verpfleg»» bedürftiger Schulkinder au öffentliche Kosten. Wie ersichtlich, besteht ein wesentlicher Unterschied in den hauptsächlichsten Programmpuncteu zwischen der Social- demokratie und der Reformpartei nicht, sie gleichen sich viel mehr bis auf den Wortlaut. Die ersteren gehen mit der Forderung des allgemeine» Wahlrechts ehrlicher zu Werke, weil sie offen zugestehen, daß sie es für die Landtags- und Gemeindewahlen eingeführt wissen wollen. Die Reformer halten hier mit ihrer wahren Gesinnung hinter dem Berge, ihr vielgerühmter deutscher Mannesmuth läßt sie bei dieser Gelegenheit schmählich im Stich. Die Wählerschaft könnte ja stutzig werden, wenn sie erfährt, daß durch die Aende- rung des bestehenden Wahlrechtes die politische Macht in die Hände der besitz- und urtheilslosen Masse gelegt und in den Landtag eine gleich zweifelhafte Sippe gebracht werden soll, wie solche im. Reichstag zum Schaden unseres Bolke- und seines Ansehens ihr Unwesen treibt. Aus Besorgniß vor dem Abfalle der Wähler haben die Antisemitensübrer in dem veröffentlichten Programm nur ganz obenhin die Forderung des allgemeinen, gleichen und direkten Wahlrechts aufgestellt, aber hinter den Coulissen reden sie eine deutlichere Sprache. Sie verpflichteten nämlich ihre Landtagscandidaten unterschriftlich auf eine Reihe „vorläufiger Einzelforderungen", deren 1. nach echter Demokratenart die Aufrochterbaltung und Wahrung der Volksfreibeiten betrifft, während Punct 2 die Reform des bestehenden Landtagwahlrechls und Punct 3 entsprechende Betbeiligung aller Parteien gemäß ihrer Stärke an den Commissionen des Landtags heischen. Durch Auf stellung der letztgenannten Forderung verdienen die Anti semiten den Beinamen einer freiwilligen Hilfstruppe der „vaterlandslosen Rotte", die sich den Umsturz der bestehenden staatlichen und gesellschaftlichen Ordnung zum Ziel gesetzt hat. Wir wollen heute an dieser Stelle auf die Angelegen heit nicht weiter eingehen, das Verhalten und die Absichten der resormerischen Führer sind ja hinlänglich gekennzeichnet. Sollte die „D. Wacht" sich erdreisten, die Existenz der ge heimen Verpflichtung der antisemitischen Landtagscandidaten abzuleugnen, so werden wir die 14 Puncte des famosen Schriftstücks im Wortlaute veröffentlichen. Zum Schluffe drängt es uns, noch eine andere Sache zur Sprache zu bringen: Zweifellos ganz patriotisch und königstreu gesinnte Männer haben es bisher, in offenbarer Unkenntniß über d>e Absichten u^ bei Führer, über sich gebracht, lbre M g ^nnerischen aufrecht conservativen Organisationen, a s ^^ ^^^ so zu erkalten, Dieses unklare D PP Antisemiten, lange stillschweigend geduldet / . si^ng monar- insbesondere die Deutschsocialen, !' deulscksociale chischem Boden standen. Nachdem aber Partei mit den radikalen „reinen deutschsocialen und die demokratischen Elemente > zzände genommen, Resormpartei die Zügel der Fubrung > unmöglich ge- ist eü sür einen charaktervollen Mann Ha j . cn^i-tei und der auf eine Parlamentshelrschaft «benten kratischen Neformpartci anzugehoren ^ Scheidung muß ehcbaldigtl einlreten, da .3 ^ -MLLsVNK- leitung El L^en^r FeiNd ist auch unsl.eber, als ein unzuverlässiger Freund." Politische Tagcsschou. * Leipzig, 27. September. Heute vor 25 Jahren in einer Nachmittagsstunde erschien auf dem Thurm des Ttratzbnrger Münsters die weiße Fabne, am Morgen des 28. September erfolgte die Uebergabe der Festung, die unter einem Befehlshaber deutschen Namens 4l Tage lang den Belagerern tapferen Widerstand bis zum Aeußerften geleistet hatte. Von den zahllosen herrlichen Siegesbotschaften des großen Jahres hat kaum eine die Herzen tiefer ergriffen, als die Kunde: „Straßburg ist Uber!^ War doch die einst glanzvoll unter den blühendsten Gemeinwesen des alten Reiches Strahlende das beweinteste Kleinod des in den Zeiten der Ohnmacht und Vaterlandslosigkeit dahin gegebenen Schatzes jenseits des Oberrheins gewesen. Hatten doch das Lied und ein niemals ganz abgerissener großer Verkehr ein gemeinsames Band um die „wunderschöne Stadt und das alte Vaterland erhalten und war doch die franzö fische Festung auf dem uns entrissenen Boden bis weit hinein im deutschgebliebenen Lande sichtbar, alltäglich so den Schmerz um das Verlorene erneuernd. Und überdies: zweihundert jährige Bedrohung und Bedrängniß hatten gezeigt, was Straßburg für die deutsche Sicherheit gewesen: ein Schlüssel zu unserem Hause, wie Fürst Bismarck mit einem Worte, das millionenfachen Widerhall fand, die Be deutung dieses Besitzes gegen Jules Favre kennzeichnete. Was uns am Elsaß theuer und werthvoll war, es klang in dem Namen Straßburg aus, wie Metz, das jungfräuliche, die Erinnerung an die alte Herrschaft über lothringischen Boden wachrief. Nun war sie wieder unser, die unvergessene Stadt, und mit der ehrlichen kriegerischen Wiedergewinnung der durch Verrath verlorenen war eine lange, brennende Schmach getilgt, war die Hauptstadt für den alt-neuen Besitz, der den Rhein erst wieder zu einem deutschen Strome machte, er worben Die deutschen Truppcnl mußten ihren Weg in die Stadt durch Trümmerhaufen, die Zeugen einer hartnäckigen Vertheidigung, nehmen, aber mit wunderbarer, von der allge meinen Liebe zu dem ins Vaterhaus zurückgekehrten Schmerzens- inde beflügelten Raschheit heilte Deutschland nicht nur die Wunden, die es geschlagen, ließ es vielmehr wie ein neues, chöneres, kräftigeres Straßburg, als das alte unter fran zösischer Botmäßigkeit je gewesen, entstehen. Es war Wahrheit, was Joseph Scheffel sang: Wo Gottfried den Tristan gesungen. Wo Erwin das Münster erbaut. Wo Gutenberg's Kunst sich erschwungen, Da ist uns der Boden vertraut. Deutschland hat aus der dumpfen, engen Provinzialstadt ein Helles, gesundes und mächtiges Emporium geschaffen, es bat ihm eine höchste Bildungsstätte als kostbare Morgengabe dargebracht, Gewerbe, Wissenschaft und Künste blühen in seinen Mauern, keine Erinnerung an die Vergangenheit vermag seinen Bewohnern die Erkenntniß zu verscheuchen, daß aus der wieder deutsch gewordenen Erde ein Segen er blüht ist, den die Fremdherrscher von einst der Stadt und dem Elsaß weder zuwenden mochte, noch konnte. Mögen die schauspielerischen Tageshelden an der Seine morgen das Standbild der Stadt verhüllen — Frankreich bat auf Straßburg so wenig ein moralisches An recht, als es jemals ein geschichtliches oder politisches daran besessen hat. Es ist der Stadt eine Stiefmutter gewesen, so lange es sie besaß, und seine Demonstrationen entspringen der gallo-romanischen Selbstsucht, nicht der Liebe zu den allezeit gering geschätzten Bewohnern des Elsaß. Wir aber hatten in Straßburg Fleisch von unserem Fleisch und Bein von unserem Bein fest, und so wird es bleiben. In den „Preußischen Jahrbüchern" veröffentlicht Reg.-Rath vr. Freund eine Arbeit über Ltrafcolonicn und Einrichtung überseeischer Strafanstalten, die jetzt, wo eine Reor ganisation unseres Straf- und Gefängnißwesens so viele Köpfe beschäftigt, lebhaftes Interesse erweckt. Für den Verfasser ist die Mangelhaftigkeit des heuteüblichenSystemS eine ausgemachte Sache, den schlagendsten Beweis siebt erbarm, daß sich unter 100 Verurteilten über 80Rückfällige befinden. Seine Anschauung ist, daß die Strafe zu einem wahrhaft socialen Factor erhoben werden muß, indem die guten Instinkte des Sträflings durch Aussicht auf Verbesserung seines Looses geweckt werden und ihm nach günstigem Ablauf seiner Strafzeit thätig weiter- geholfen wird. Den Weg zu diesem Ziele sucht der Verfasser indeß nicht in dem System der Strafcolonisation nach englischem und französischem Muster, sondern in dem System der Errich tung überseeischer Strafanstalten mit nachfolgender Ansiedelung geneigter und geeigneter Sträflingselemente. Freund wirft einen Rückblick auf die englischen und französischen Vorbilder in Nordamerika, Australien, Guyana und Neu-Caledonien, ist aber völlig klar darüber, baß eine Nachahmung dieses Systems in Südwestafrika etwa die bedenklichsten Folgen haben würde. Dagegen empfiehlt der Verfasser die Er richtung überseeischer Strafanstalten in gesund gelegenen Gegenden unserer Schutzgebiete, z. B. in Südwestasrika. Er will im Gegensätze insbesondere zu dem englischen Deportationsrccht aus der Verschickung nur eine Art des Vollzugs längerdauernder Freiheitsstrafen machen, die vom Strafrichter in Berücksichtigung des Alters, der Gesund heit, der Fähigkeiten, der Motive und der Art der Straf- FeiiiHetsii. Schwere Kämpfe. Roman aus dem «ratzen Kriege. 23j Von Carl Tanera. Nachdruck verboten. (Fortsetzung.) Als Horn zu seiner Compagnie zurückkehrte, sah ihn Witzel berger zuerst. Der treue Bursche hatte Thränen der Freude in den Augen, als er seinem Herrn gratulirte. Dann aber rannte er voraus zur 3. Compagnie und schrie: „Jaga! Mei' Herr, unser Oberleitnant, hat oan Ord'n kriegt." Sofort versam melten sich die Jäger um den Osficier, und man merkte es ihren Mienen und Worten deutlich genug an, wie sehr sie sich über die ihrem Osficier widerfahrene Auszeichnung freuten. Kaum konnte sich Oberlieutenant Horn von seinen Leuten frei machen, so wurde er auch zu seinem Compagniechef gerufen. Dieser hatte ihm schon vorher Glück gewünscht, und deshalb begann er gleich dienst- lich: „Herr Oberlieutenant! Es sind auch die Verdienst kreuze für die beiden von Ihnen Vorgeschlagenen eingetroffen. Aber es ist ein Kreuz mehr mitgekommen. Sie dürfen das selbe noch an einen Mann Ihres Zuges, der sich bei Wörth gut gehalten hat, vergeben. Wem wollen Sie eS zu erkennen?" „Gestatten der Herr Hauptmann, daß ich erst mich mit meinen Leuten bespreche, weil es mir ja in dem buschigen Wald nicht möglich war, jeden Einzelnen zu beobachten." „Ja, tbun Sie das und melden Sie mir, wen sie Vor schlägen. Ich werde dann die Kreuze vor der ganzen Com pagnie vertheilen." Horn ließ seinen Zug antreten und hielt ihm folgende Rede: „Jäger! Zu meiner größten Freude sind auch Verdienst kreuze für Einzelne von Euch angekommen. Ich habe hierfür den Unterofsicier Waldstätter und den Gefreiten Mögele, welche beide ihre Gruppen beim Kampfe bei Wörth sehr um sichtig und schneidig führten, vorgeschlagen. Sie werden decorirt. Es ist jedoch noch ein weiteres Kreuz mitgekommen. Nun konnte ich aber in den Büschen jenes Waldes nicht Alle übersehen und bin in Verlegenheit, wen ich noch Vorschlägen soll. Wen können mir die Unterofsiciere als den Würdigsten bezeichnen?" Einige Momente herrschte Stille. Dann meinte der Oberjäger Renner: „Herr Oberleitnant! ..I' glaub', der Niederer wär der würdigste. Er bat sich immer sehr guat g'halt'n, und z'letzt hat er uns unfern Herrn Oberleitnant gerettet, indem er den Schuß des französisch'» CapitaincS ab gelenkt hat." Nack, diesen Worten ging ein allgemeine« zustimmendes Murmeln durch den ganzen Zug. „Ihr seid also einverstanden, wenn ich noch den Niederer Vorschläge?" „Jawohl, Herr Oberleitnant!" „Gut, es soll sein. Niederer, ich gratulire Ihnen." Der dicke Jäger, der freilich schon viel von feinem Um fang verloren hatte, war erröthet wie ein schüchternes Mädchen. Nun schlug er in die von Horn ihm gebotene Hand ein und stotterte: ,,J' Dank halt recht, recht schön, Herr Oberleitnant!" Dann aber drehte er sich zu den Jägern und rief: „Kamerad'n, deeS vergiß i' Enk (Euch) nie, un' wann wir wieada glückst daboam san, schlackst' i' Enk d' größt' Sau, die's in ganz Kempt'n gibt, un' mach' Enk WUrst' un' Schink'n, daß ess'n könnt'S, was möchts." Freudig nahmen die Jäger da« Versprechen des glücklichen Niederer auf. Horn gratulirte noch dem Unter- officier Waldstätter und dem Gefreiten Mögele und begab sich zu seinem Compagniechef, um ihm den Jäger Niederer für das dritte Kreuz in Vorschlag zu bringen. Gleich darauf trat die Compagnie an, und Hauptmann Zimmer vertheilte unter anerkennenden Worten die Kreuze. Die ganze Compagnie nahm an der Freude der Glücklichen Thest. — Die Sonne war schon sehr tief gesunken, als plötzlich dicht vor dem Biwak der Division ein ordentliches Geschützfeuer losging. Sofort rannten Officiere und Jäger auf ihre Plätze, weil sie glaubten, es würde gleich alarmirt werden. Sie erhielten aber die Mittheilung, daß sie ruhig ihren Biwakbeschäf tigungen nachgehen konnten, da e« Hich nur um eine gewalt same, durch Artillerie unterstützte Recognoscirung der 4. Jäger handle. Man ließ die Leute also wieder wegtreten. Einige Officiere, auch Horn, erhielten aber die Erlaubniß, sich auf die nur zwei Kilometer vor wärts liegende Höhe, von der aus die Artillerie feuerte, zu begeben, um das im Maasthal sich abspirlende Gefecht zu beobachten. Bald erreichte man einen ausgezeichneten Ueber- fichtspunkt. Unten breitete sich da« weite MaaSthal auS. Ein großer Theil deS Flusses war durch die Schleußenwerke der links vorwärts sichtbaren Festung Sedan gestaut worden und hatte die Wiesen oberhalb der Wälle überschwemmt. auS dem an verschiedenen Stellen Flammen ausstiezen. „Aha die Granaten unserer Artillerie haben schon gezündet. Sei Ort scheint nicht stark besetzt zu sein!" „Sehen die Herren dort über die Eisenbahnbrücke dringen unsere Jäger vor Die werden bald in BazeilleS sein." „Hinter dem Städtchen auf den Höhen steht französische Artillerie, und daneben siehl man Jnfanterieabtheilungen." „O, seht nur weiter links Alle Höhen hinter Sedan sind mit Biwaks und Zeltlagern bedeckt." „Wahrhaftig, das ist ja die ganze französische Armee!' Die Officiere täuschten sich nicht. In großem Halbkreis lagen nördlich um Sedan herum Division an Division, Corps an Corps. Mac Mahon's ganze Armee batte sich auf diesi schwer ersteigbaren Höben zurückgezogen, weil ihr Ober general nach der Schlacht von Beaumont vorläufig nui daran dachte, seine niedergedrückten Truppen einem weiterer Zusammenstoß mit den Deutschen zu entziehen und ihnen ir einer verhältnißmäßig sicheren Stellung einen Ruhetag zu, Erholung zu gewähren. Dies hat ihm den Untergang ge bracht; denn am 31. rückten die unermüdlichen deutscher Truppen so nahe heran, daß man ihn am 1. September vor allen Seiten umfassen und seiner Armee die Vernichtunc bereiten konnte. Die bei den Truppen selbst am Abend des 31. Augus gehegten Hoffnungen waren weit entfernt, einen so groß artigen, überraschenden Erfolg ins Auge zu fassen. Ma, äußerte sich viel bescheidener. Ein Major, der eine sehr ge narre Karte vor sich hielt, erläuterte: „Dort hinten sehen di Herren dunkle Waldungen. Tie müssen schon belgisch sein Wer weiß, ob eS uns nicht gelingt, morgen die ganze Arme Mac MahonS dort hmem zu werfen und über die Grenrl zu drangen!" ° ^ unmöglich. Aber Mühe wird eS kosten ^nn jdaS Ueberschreiten des MaaSthaleS scheint nicht so ohm „ "N^ine Herren, blicken Sie doch jetzt hinunter auf dal Vorgehen der Jager gegen BazeilleS!" unten hatte sich unterdessen ein hochinteressante« kleines Gefecht entwickelt, lieber die schöne E.senbahnbrück von BazeilleS war da« 4. bayerische Jägerbataillon so schnel vvrgeganaen, daß d,e m,t der Sprengung der Brücke beaus Maaten französischen Geniesoldaten mit knapper Noth de Gefangenschaft entkam«,. Es gelang ihnen nicht mehr. dH Brücke zu sprengen. Die Jager warfen schnell alle Pulver fäsier ins Wasser. Nachdem ihnen diese Unternehmung so leicht gelungen war, ließen sie sich aber hinreißen, gleich weiter gegen BazeilleS vorzustürmen. Da kamen sie jedoch schlecht an. Ein gewaltiges, weit überlegenes Feuer knallte ihnen aus den Häusern des Städtchens entgegen, und nach schweren Verlusten mußten sie umkehren. Die eroberte Eisenbahn- brücke hielten sie aber, obwohl eine starke hinter Bazeilles aufgefabrene französische Artillerie ihnen den Aufenthalt dort recht ungemüthlich machte. Nach und nach ging aber der Kampf in eine gegenseitige Cannonade der beiden auf den gegenüberstehenden Hohen aufgefahrenen Artillerien aus, und bald hörte er ganz auf, da man sich wegen der großen Ent fernung doch nicht viel Schaden zusügen konnte. Nur einige Flammen aus Bazeilles erinnerten noch lange an das kleine Gefecht. Während die Officiere dies Alles, wie von der Loge eines Theaters aus beobactsteten, kam ein Generalstabsosficier herangesprengt, grüßte und rief: „Haben die Herren schon den Befehl für morgen erfahren?" „Nein, Herr Major." „So will ich Ihnen denselben gleich hier an Ort und Stelle mittheilen. Rechts von uns wird die Armee des Kronprinzen von Sachsen von Osten her gegen -Sedan Vor gehen. Wir und das II. bayerische Corps halten die Höben südlich von Sedan besetzt, und weisen etwaige Versuche der Franzosen, nach Süden auszubrechen, ab. Das XI. und V. CorpS sowie die Württemberger überschreiten die Maas unterhalb Sedan bei Donchery und Dom le Mesnil und streben von Westen her gegen Sedan vor. Auf diese Weise hofft man den Gegner von der Festung ab- dränaen und in die belgischen Wälder werfen zu können." „Das ist ja Alles recht schön und gut. Aber wie es scheint, trifft uns da die wenig erbauliche Aufgabe des Zu sehens. Ueber das weite überschwemmte Maasthal können l« die Franzosen gar nickt vorbrechen, abgesehen davon, daß die von uns besetzten Höhen ja kaum erstürmbar sind. DaS wissen die Franzosen so gut wie wir." „Ich fürchte auch, es wird für un- nicht viel zu tbun geben." Darüber waren nun sämmtliche Officiere recht wenig erbaut. ES war aber natürlich nicht- dagegen zu machen. Das schöne Bild der zu ihren Füßen ebenfalls in einer von der französischen Seite her nicht einzusehenden Mulde biwakirenden 1. Division wurde wenig beachtet. Man kehrte >n einer nicht gerade sehr rosigen Stimmung in das Biwak zurück. Da eS auch an diesem Abende den Leuten verboten wurde,
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