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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 30.09.1895
- Erscheinungsdatum
- 1895-09-30
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-189509309
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18950930
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18950930
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1895
- Monat1895-09
- Tag1895-09-30
- Monat1895-09
- Jahr1895
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 30.09.1895
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Bezug-Preis u Ue HtM-texpeditio» oder den im Stadl. /Bmirk »nd den Vororten errichteten Nu«, aabrstrlle» abgeholt: vierteljährlich^«.«), vei zweimaliger täglicher Zustellung in« bau« 5.50. Durch die Post bezogen für Deutschland »nd Oesterreich: vierteljährlich ^i 6.—. Directe tägliche Krruzbandirnduug dü« Ausland: monatlich uill ?ch0. Die Vlorgen-Au-gabe erscheint täglich mit Au«, »ahme nach Sonn- und Festtagen '/,? Uhr, die Abend-Au-gabe Wochentag« b Uhr Ve-action und Lrveditiou: Johanne«,affe 8. Die Lrprditioa ist Wochentag» ununterbroch«, geöffnet von früh 8 bi« Abend« 1 Uhr. Filialen: Ltt« «e»«'« Sortim. («lsretz Hahn). Universitätsstrab« 1, Laut« L»sche. Ratharineustr. 1«. part. und Söaia»vla» 7. l UchMerTageblaü Anzeiger. Lrgan für Politik, Localgeschichte, Handels- und Geschäftsverkehr. Sluzeigen-PreiS die «gespaltene Petitzeile 80 Pfg. Rrclam»< nnter dem Nedaction-strich (4 ge» spalten) 50H, vor den Familirnnachrichiea (6 gespalten) 40/H. Größere Schriften laut onsercm Prell- Nerzeichniß. Tabellarischer und Ziffernsatz »ach höhere.» Tarif. Extra-veilaqcn (gefalzt), nnr mit de, Morgen-Ausgabr, ohne Pvstbesörderimg SO.-, mit Postbeförderuog ^nnahmeschluß für Änzeizen: (nur Wochentag«) Abend-AuSgabe: Vormittag« 10 Uhr. Margeu«Ausgabe: Nachmittag« 4UH'^ Vei den Filialen und Annahmestellen je eine halb« Stund« früher. Anzeige» sind stet« an die Expedition zu richten. Druck und Verlag von E. P olz in Leipzig. 171. Montag den 30. September 1895. 8S. Jahrgang. Die durch die gesetzlichen Bestimmungen über die Sonntagsruhe dem Gewerbebetriebe'.'.uferlcgten Beschränkungen zwangen uns, die bis dahin Montags früh erschienene Nummer unseres Blattes vom 1. April d. I. ab ausfallen zu lassen. Wir freuen uns, unseren Lesern heute mittheilen zu können, daß cs uns durch besondere Einrichtungen in der Herstellung der Zeitung ge lungen ist, die bisher entgegenstehenden Schwierigkeiten zu überwinden, so daß wir vom 1. Octvber d. I. ab wieder, wie früher, auch Montags eine Frühnummer ausgeben können. Im Interesse rechtzeitiger und vollständiger Lieferung des Leipziger Tageblattes wollen die geehrten Leser die Bestellung für das IV. Vierteljahr 1895 baldgefälligst veranlassen. Der Bezugspreis beträgt wie bisher vierteljährlich für Leipzig 4-/^ 50 ^s, mit Bringerlohn für zweimaliges tägliches Zutragen S ^ 50 durch die Post bezogen für das Deutsche Reich und Oesterreich-Ungarn v In Leipzig nehmen Bestellungen entgegen sämmtliche Zeitungsspediteure, die Hauptexpedition: Johannesgaffe 8, die Filialen: Katharinenstratze 14, Königsplatz V und Universitätsstratze 1, sowie nachfolgende Ausgabestellen: Arirdtstrasze 35 Herr L. 9. Littet, Colonialwaarenhandlung, Beethovenstrasze 1 Herr ^ILeoü. Letei', Colonialwaarenhandlung, Brühl 80 (Ecke Goethestraße) Herr Herrn. Zlesske, Colonialwaarenhandlung, Frankfurter Strahe(Thomasiusstraßen-Ecke) Herr OttoLrrm/, Colonialwaarenhandlung, Löhrstraste 15 Herr Llinurli Let/.er, Colonialwaarenhandlung, Marschnerstrahe 0 Herr Laut Zeüreider, Drogengeschäft, Nürnberger Straße 45 Herr LI. L. 41lrreeüt, Colonialwaarenhandlung, „ . Aeitzer Straße 35 Herr V. Lüster, Cigarrenhandlung, in Anger-Crottendorf Herr Lebert Oreiner, Zweinaundorser Strafe 18, in Neustadt Herr Llemens 8eiieit, Eisenbahnstraße 1, - Connewitz Frau Liseüer, Hcrmannstraße 23, 1. Etage, - Plagwitz Herr LI. OrütLinnnn, Zschochersche Straße 7 a, - Cutritzsch Herr Robert 41tner, Buchhandlung, Dclitzscher Straße 5, - Reudnitz Herr W. LuKmann, Marschallstraße 1, - Gohlis Herr Lob. nitrier, Buchhandlung, Lindenthaler Straße 6, - - Herr Lernb. Weber, Mützengeschäst, Leipziger Straße 6, - Lindenau Herr ^1b. Ltnüner, Augustcnstraße 13, - Thonberg Herr k. Lüntseb, Reitzenhainer Straße 58, in Volkmarsdorf Herr 0. 4. Xnumlmn, Conradstr. 55 (Ecke Elisabethstr.). Peterskirchhof 5 Herr Llax Liertli, Buchbinderei, Pfaffendorfer Straße 1 Herr 4. 0. Olassen, Colonialwaarenhandlung, Ranftfche Gaffe O Herr Lrieär. Liseber, Colonialwaarenhandlung, Ranstädter Steinweg 1 Herr 0. Lnxelmnnii, Colonialwaarenhandlung. Schützenftraße 5 Herr ^ul. 8ei»ümielteu, Colonialwaarenhandlung, Weftplatr 32 Herr ü. OLtrieb, Cigarrenhandlung, Porkftraße 32 (Ecke Berliner Straße) Herr 0. Vedas, Colonialwaarenhandlung, Amtliche Bekanntmachungen. Bekanntmachung Der zweite Termin der diesjährigen SiaatScinkoinmeiistcner ist am 3V. September mit der Hülste des NormalstcucrsatzcS und der Hälfte des lOproccntigcn Zuschlags fällig. Die Steuerpflichtigen werden deshalb ausgesordert, ihre Steuer- betrüge von dem genannten Tage ab bis spätestens drei Wochen nach demselben an die betreffenden Zahlstellen unseres Stadt-Steuer- amtes zu bezahlen. Nach Ablauf dieser Frist tritt gegen die Säumigen das vor« geschriebene Beitreibungsverfahren ein. Leipzig, am 26. September 1895. Ter Rath der Stadt Leipzig. Or. Georgi. Koch. Bekanntmachung, die Beiträge zur Handels- und (Scwcrbckammer bctr. Mit dem am 30. September dieses Jahres fälligen zweiten Termin der staatlichen Einkommensteuer ist zur Deckung des Aufwandes der hiesigen Handels, und Gewerbekammer von den betheiligten Handels- und Gewerbetreibenden ein Beitrag für die Handelskammer nach Höhe von vier Pfennigen und für die ttzewerbekaminer nach Höhe von zwei Pfcnnigen auf jede Mark desjenigen Steuersatzes, welcher nach H. 12 des Ein kommensteuergesetzes voin 2. Juli 1878 und dem Abänderungsgesetze dazu vom 10. Marz 1894 auf das in Spalte ä des Einkommen- stkuerkatasters eingestellte Einkommen der Beitragspflichtigen ent fällt, zu erheben. Diese Bekanntmachung gilt als vorschriftsmäßige Benachrichtigung der Beitragspflichtigen. Den betheiligten Steuerpflichtigen wird bei Abführung der Ein kommensteuer von der Einnahinestelle Eröffnung über den entfallenden Betrag gemacht werden. Der Betrag ist binnen 3 Wochen, von dem Fälligkeitstage ab gerechnet, bei Vermeidung der sonst eintretenden gesetzlichen Maß- nahmen zu bezahlen. Leipzig, am 26. September 1895. Ter Rath der Stadt Leipzig. vr. Georgi. Koch. Steckbrief. Gegen den unten beschriebenen Maurergesellen Gustav Adolf Zimmermann, geb. 23. Februar 1864 in Mutt lau, welcher flüchtig ist, ist die Untersuchungshaft wegen wideruatürlicher Unzucht verhängt. Es wird ersucht, denselben zu verhaften «nd hierher Nachricht zu geben. Hamburg, den 24. Juni 1895. Tie Staatsanwaltschaft bei dem Landgerichte. Beschreibung: Statur: untersetzt, Größe: 1,68 m, Haare: blond, Stirn: niedrig, Augenbrauen: blond, Nase: gewöhnlich. Zähne: gesund, Gesicht: oval, Bart: blonder Schnurrbart, Augen: grau- blau, Mund: gewöhnlich, Kinn: gewöhnlich, Sprache: hochdeutsch. Dem Evangelischen Lunde zum Gruß. Die diesjährige Hauptversammlung deS Evangelischen Bunde« soll während der ersten Octobertage in Zwickau statt finden. Schon rüsten sich dort die zahlreichen Freunde des Bunde«, um den Gästen, die hoffentlich recht zahlreich sich einstellen werden, den herzlichsten und würdigsten Empfang zu bereiten. Ist es überhaupt da» erste Mal, daß die Hauptversammlung de« Bunde« in einer sächsischen Stadt tagen will, so muß es für Zwickau eine besondere Ehre sein, den Reigen unter den Feststädten Sachsen« eröffnen zu dürfen. Geistig ist der Bund und die große, gute Sache, die er ver ficht, längst zu Hause in einer Stadt, die einst frühzeitig der Reformation die Tbore geöffnet bat und deren führende Häupter mit den Reformatoren in lebendigem Verkehr standen. Ein stattlicher Zweiqvcrein, zu dessen Mitgliedern viele ein stußreiche Persönlichkeiten zählen, vertritt schon seit einer Reihe von Jahren die Bundessache ebenso energisch und ziel bewußt, al« der seil 50 Jahren bestehende Zweigverein der Gustav-Adolf-Stiftung aus seinem Gebiete arbeitet. Bi« herunter zum schlichten Bürger hat man in Zwickau ein offenes Auge für die ernsten Gefahren, die dem deut^rn Reiche und der Kirche der Nesormaiivn vom Ultramont » w Geiste drohen. So ist dort jene« volle Verständniß für da«, was der Bund bezweckt, und jene warme Begeisterung für seine Arbeit vorhanden, die als geistiger Untergrund für eine Hauptversammlung wünschenSwerth, ja erforderlich sind. Möge sie der Bundessache nicht blos in der Feslstadt, sondern auch im ganzen Lande viele neue Freunde werben und die alten mit frischem Eifer und neuem Opfermuth erfüllen I Nur der oberflächliche Beurtheiler kann ja meinen, die konfessionelle Frage spiele in dem durchweg evangelischen Sachsen keine bedeutsame Rolle. Wohl ist dies Land der Gefahr, von einem unduldsamen und aggressiven Romanismus geschädigt zu werden, nicht in solchem Maße ausgesctzt wie etwa die Rheinlande und Schlesien. Wo die katholische Kirche so stark in der Minderheit ist wie hier, da treten die ultra montanen Herren gar vorsichtig und äußerlich liebenswürdig auf, wie dasselbe Rom, das sonst seine Macht so rücksichtslos gegen fremde Confessionen gebraucht, einer Üeberzahl Anders gläubiger gegenüber eS stets mit einem süßsauern „man muß sich anbequemen" gehalten hat. Gleichwohl gilt es, wie das stets mannhaft und beredt für die Sache des Evangelischen Bundes eintretende „Neue Sächsische Kirchenblatt" mit Recht betont, auck fürSachsen, auf derHnt zu sein, daß der geschworene Feind des Protestantismus nicht immer mehr Boden gewinne. Auch hier wird eine rastlose ultramontane Propaganda getrieben. Wagt sie sich auch nicht so stark an das Helle Tageslicht wie anderswo, so wissen die Kundigen doch nur zu genau, wie viel jesuitische Maulwurfsarbeit ,m Geheimen und Verborgenen getrieben wird, um für Rom Terrain zu gewinnen. Die Uebertritte gewisser sächsischer Hochadeliger, um von Anderen zu schweigen, werfen hin und wieder Helle Schlaglichter auf die Mühe, die man sich hinter den Coulisien giebt, um der evangelischen Kirche Seelen wegzufangen und ihr entgegenzuarbeiten. In neuester Zeit ist man sogar offener mit seinen Absichten hervorgetreten. Vor Wochen und ganz kürzlich wieder ist, wie auch im ,Ieipz. Tagebl." gemeldet wurde, den Schülern des Zwickauer Gymnasiums und der dortigen Bergschule von anonymer Seite ein Verzeichniß „der Flugschriften zur Bekämpfung deS Protestantismus" zugegangen, bei aller Unschädlichkeit eine ultramontane Un verfrorenheit, die gewissen sächsischen Kreisen, welche der römischen Propaganda so harmlos gegenüberstehen, doch die Augen öffnen sollte. Solche Vorgänge beweisen deutlich, wie nothwendig das Wächteramt des Evangelischen Bunde- wie im ganzen Reiche so auch in Sachsen ist. Er leistet dem gesammten deutschen Volke und der Kirche Luther'« so un leugbare und unschätzbare Dienste, daß e« schwer einzusehen ist, warum ihm noch so viele, die doch gleich uns unserem Volke die Güter der Reformation ungeschmälert erhalten wissen wollen, kühl gegenüberstehen. Man sagt wohl: „Die evangelische Kirche ist der wahre evangelische Bund!" Ganz gewiß sollte und könnte sie e« sein, wenn nicht in ihr so viel träge und gegen die Güter de« Glauben« gleichgiltige Gestalten zu finden wären, die e« Rom gegenüber an aller Wachsamkeit und dem nöthigen protestantischen Ehrgefühl fehlen lassen. So lange im Schoß unserer Kirche noch Hunderttausende die außerordentliche Ge fahr verkennen,die dem Vaterland und dem Protestantismus von dem ultramontanen Geiste droht; so lange e« noch in den breiten Schichten unserS Volkes an dem ManneSmuthe fehlt, der die Anmaßungen Roms mit aller Entschiedenheit zurück» weist; so lange die Papstkirche nicht aufhört, öffentlich und geheim Seelenfängerei zu treiben, und immer wieder den Versuch macht, Deutschland ihre Jesuiten aufzudrängen und dir Volksschule in priesterliche Gewalt zu bekommen; kurz, so lange der ultramontane KatholiciSmu« unsere Kirche bi« auf« Blut bekämpft und zu ihrer Unterdrückung alle Mittel anwende», während viele Tausende von Evangelische« diesem Treiben mit verschränkten Armen Zusehen, so lange wird der Wächterruf de« Evangelischen Bunde« ein Segen und sein nimmer müder Appell an da« protestantische Gewissen eine Nothwendigkeit bleiben. Außerordentliche Zeiten erfordern außerordentliche Mittel. Möchten die dem Bunde noch Fernstehenden doch endlich freudig sein gutes Recht anerkennen und Freundschaft mit ihm schließen) Er will ja keineswegs ein Friedensstörer sein, der die konfessionellen Gegensätze in unserm deutschen Volke unnöthig verschärft. Wir wollen in Frieden auSkommen mit unfern katholischen Mitbürgern, die, ohne unsre Kirche und unser Volk zu gefährden, ruhig ihres Glaubens leben, denn unser protestantischer Standpunkt lehrt uns auch die Andersgläubigen brüderlich dulden und achten. Aber wir dürfen um des Gewissens und der Wohlfahrt unseres Volkes willen nicht müßig zusehen, wenn die ultramontane Richtung in der katholischen Kirche, die leider das Heft in den Händen hat, den Protestantismus in den Winkel und an die Wand drücken will. Hier die Hände in den Schoß legen wollen, wo unsere höchsten Güter in Frage stehen, wäre Leichtsinn, ja Verrath. Die hinter uns liegende Sedan-Jubelfeier, unter deren Einfluß auch die Hauptversammlung des Evangelischen Bundes noch stehen wird, bat uns wieder deutlich vor Augen gestellt, daß unsers deutschen Volkes Kraft und Schöne in seiner Ge meinschaft am Evangelium und der auS ihr geschöpften Welt anschauung und LebenStreue, der aus ihr gewonnenen Werthung der in Gott gleich freien wie gebundenen Persön lichkeit ruht. Echtes Deutschthum und kernhaftes Luther thum gehören nach GolteS Willen zusammen. Daß diese gottgesegnete Ehe nicht beeinträchtigt werde, dafür arbeitet und kämpst mit Luther's Mannesmuth und Unerschrocken heit der Evangelische Bund. Er wird so lange auf der Wacht am Rhein unsrer Kirche stehen, bis der ultra montane Geist, diese stete Bedrohung deutscher Größe und evangelischen Glaubens, sein Sedan erlebt bat auf deutschem Boden, bis er dorthin zurückgeworfen ist, wohin er schon seinem Namen nach gehört, über die Berge. BiSmarck hat vor Jahren auf dem Marktplatz von Jena den Ausspruch gethan: „DaS Centrum ist und bleibt eine aus ländische Partei und Gefahr für das deutsche Reich, ich aber bin eingeschworen auf eine protestantische Leitung der deutschen Angelegenheiten." In diesem Bekenntniß liegt auch daZ Programm deS Evangelischen Bundes beschlossen. Er wird herzlich willkommen sein in einer Stadt, die einst Luthern mit Freuden beherbergt hat und noch heute sein große- Erbe bewahren will. ^die Hoffnung, die Herren werden sich bescheiden. Grund sätzlicher Widerspruch wird der Entwurf natürlich von der Socialdrmokratie erfahren. DaS hat nicht« zu be deuten, wenn man ihre etwaigen Abänderungsanträge in der Commission als das behandelt, was sie nur sein können: nämlich als agitatorische Kundgebungen gegen den bestehenden RecbtSboden und die von allen Nichtsocialdemokraten und Nichtanarchisten anerkannten rechtlichen Grundauffassnngen. Für Vermutbungen über die Stellungnahme des Centrums giebt es bis zur Stunde keinen weiteren Anhaltspunkt, als den mehrfach erwähnten sympathischen Artikel der „Germania", dem jedoch, so viel wir wissen, von der Partei heraus bisher nicht entgegengetreten worden ist. Da daS führende Organ der freisinnigen Volkspartei sich recht unfreundlich zu dem Ent würfe geäußert hat, so ist eS von doppeltem Werthe, daß eine Be trachtung der „Voff.Ztg." über die Aussicht des Entwurfs in dem Satze gipfelt: „Die freisinnige Partei wird sich erinnern müssen, daß die deutsche Einheit einen Theil ihres Programms auSmacht und daß daS, was für die deutsche Einheit bisher errungen ist, ein Theil ihrer (der freisinnigen Partei) Erfolge ist." Es besteht kein Anlaß, letztere Behauptung in diesem Augenblick auf ihre geschichtliche Berechtigung zu prüfen, genug, daß daS freisinnige Blatt nicht nur keinen Einwand erbebt, sondern die vorausgesehene socialdemokratische und die etwaige fachjuristische Opposition im Vorhinein als der Berücksichtigung nicht Werth kennzeichnet. Es sagt weiter: „Wollen wir ein bürgerliches Gesetzbuch in Deutsch land haben (und die Nothwendigkeit eines solchen ist in vorausgehenden Sätzen der „Vossischen Ztg." aner kannt), so müssen wir den Entwurf, der jetzt vorliegt, annebmen, mit einigen Verbesserungen, wenn es sein kan», unverändert, wenn eö sein muß. Wir könnten eine Reihe von Verbesserungen aufzählen, aber was uns als eine Verbesserung erschiene, würde in den Augen Anderer eine Verschlechterung sein, und umgekehrt würden wir in die Lage kommen, manchen Vorschlag als eine entschiedene Verschlech terung zu bekämpfen, der von anderer Seite als eine Ver befferung befürwortet werden möchte." Am werthvollsten, weil in einem freisinnigen Blatte ausgesprochen, ist die Be merkung, daß die Unzufriedenheit, die nach Einführung des Gesetzbuches wie bei jeder Aeuderung des Bestehenden da und dort für eine Weile eintreten würde, keinen Grund abgeben darf, den Entwurf abzulehnen. Nach dieser Richtung hin das freisinnige Gewissen in einem Organe dieser Richtung zu schärfen, ist ein nicht geringes Verdienst. Politische Tagesschau. * Lei-zi«, 30. September. Es unterliegt keinem Zweifel mehr, daß dem Reichstag in seiner nächsten Tagung der Entwurf eine« Bürgerlichen Gesetzbuches zugeben wird. Ebenso sicher ist freilich, daß bei einem noch so glatten Verlaufe der Angelegenheit diese in der künftigen Session nicht erledigt werden wird. Eine Com missionSberathung haben auch die von un« mitgetheilten, dem Unternehmen sehr wohlwollenden Auslassungen der „Germania gefordert, eine solche ist demnach unvermeidlich. Entschließt man sich, wie e« bei der Berathung der Iustizgesetze ,n den siebziger Jahren und bei großen gesetzgeberischen Arbeiten auch in Einzelstaaten, beispielsweise in Bayern, geschehen, der Commission mittel« Gesetze« die Fort sübrung ihrer Beratbungen nach Schluß de« Reichs tage« zu gestatten, so kann die Aufgabe während der Tagung 1896/97 gelöst werden. Der Ausgang hängt von de», Umfange de« Material«, welche« da« Plenum dem Ausschüsse überweisen wird, und sodann davon ab, ob in der Com mission der Wunsch nach dem Zustandebringen de« Werke« stärker ist, al« der Genuß an der Kritik. Tie Letztere kann sich in juristisch-technische Bahnen bewegen und wird jeden fall« von socialen und politiscben Gesichtspunkten auSgehen. Nehmen sich die Juristen die Commission zum Muster, die in der vorigen Tagung die Novelle zu den Justizgesetzen (Gerichtsverfassung rc.) bi« an den Rand de« Tode« erörtert hat, dann l»»ei»tv ogai speranr». Zur Zeit besteht Die Berliner conserativen Blätter haben sich in brüsker Weise die unberechtigte „Einmischung" liberaler Organe in die inneren Angelegenheiten der konservativen Partei verbeten. Diese „Einmischung" wird auch immer überflüssiger, da der von den Herren v. Hammer st ein und Stöcker in Fluß gebrachte Gährungsprvceß innerhalb dieser Partei von selbst sich vollzieht. Weit mehr noch als Herr v. Hammerstein ist eS Herr Stöcker, der als zersetzendes AgenS wirkt. Gerade dadurch, daß er den Parteirath deS Berliner konservativen Wahlvereins zur Billigung seines vom „Vorwärts" veröffent lichten Briefe« an Herrn v. Hammerstein bewog, hat er Gegenkundgebungen au« dem konservativen Lager provocirt, die sich voraussichtlich noch mehren werden. Dem Vorstande de« konservativen Berliner Nordvereins, deS ältesten konser vativen Bürgervereins in Berlin, der offen seine Mißbilligung nicht nur der von Herrn Stöcker eingestandenen Absicht im Jahre 1888, Zwietracht zwischen dem Kaiser und den, Fürste» BiSmarck zu säen, sondern auch der Erklärung des Partei rath« ausspricht, ist der Führer der rheinischen Conservativen, Frhr. v. Plettenberg, mit einer ähnlichen Erklärung gefolgt. Aber noch mehr Sorge und Aerger, al« der Stvckerbrief auS dem Jabre 1888 und seine Folgen, bereiten einem großen Theile der Conservativen die christlichsocialen Geistlichen, die auS der Schule des ehemaligen Hofprediger« bervor- gegangen sind und ihren Meister in aufreizender Thätigkeit noch übertreffen. Besonder« sind e« die Herren Naumann, Kötzscbke und Rauch, die den gemäßigten conservativen Blattern Anlaß zu eindringlichen Warnungen geben. So
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