Suche löschen...
02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 12.10.1895
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1895-10-12
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18951012020
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1895101202
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1895101202
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1895
- Monat1895-10
- Tag1895-10-12
- Monat1895-10
- Jahr1895
- Links
-
Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
k. l'- 7 81, 4 »1, 101.« S7>- 102,2» 10S.S0 87.— 102.3» 10»,»0 102.00 I-.S.I — - md 123,— »llR 123,3» SS,— 71^0 l. L. Sra. -8p. »..X — « — sov 168,— 6K. 150.— K 18«.— vkk. t-k'. »>>il >u« «0.— 300,2» 13»,»0 Vezug-^preiS H«lptrip»dition oder den im Stadt- bezirk und den Vororten errichteten Aus gabestelle» abgeholt: vierteljährlich^14^0. bei jweimaliger täglicher Zustellung in» paus ^ ü.b(5. Durch die Post bezogen für Deutschland und Oesterreich: vierteliährlich 6.—. Direkte tägliche Kreuzbandienduag tuS Ausland: monatlich 7.50. Di« Morgen-Ausgabe erscheint um '/,? Uhr. dir Abend-Autgabe Wochentag» um 5 Uhr. Ne-arlion und Expedition: AahanneSgaffr 8. DieTxpedition ist Wochentag» ununterbrocheo geöffnet von früh 8 bis Abend- 7 Uhr. Filialen: vtt» sie»«'» Lortim. (Alfreb Hahn), Uoiversitätestrahe 1, Laut- Lösche. Katbarinenstr. 14, part. und Königsplatz 7. Abend-Ansgube. Anzeiger. Drgan för Politik, Localgeschichte, Kandels- «nd Geschäftsverkehr. Auzeigeu-PrrtH die 6 gespaltene Petitzeile SO Pfg. Reklamen unter dernRedactiouSftrich l4ge- spalten) LO/E. vor den Familienuachrichten (Ü gespalten) 4t)/H. Größere Schriste» laut unserem Preis- vrrzeichniß. Tabellarischer und Zissernjatz nach höherem Tarif. Extra-Vetla,e« (gefalzt), nur mit der Morgen-Ausgabe, ohne Poslbesörderung 60.—, mit Poslbrfürderuug .« 70.—. Annahmeschluß für Anzeigen: Abend-AuSgabe: Bormittag- 10 Uhr. Morgen-Ausgabe: Nachmittags 4Uhr. Für die Woirtag-Morgen-Au-gabe: Sonnabend Mittag. Bei den Filialen und Annahmestellen je eine halbe Stunde früher. Anzeigen sind stets an die Expedition zu richten. Druck und Verlag von E. Polz tn Leipzig. t. cr. Uv. men 6d. itad, »kl» den. idr.» tnr) a. k. t.-k'. >i,d. ck-k'. n'. e.-k'. und 16».— 1»3.bv 368.— 130,— 11».— 83.— 31.S0 116,80 VS,— 10.— 127,36 Lank". nie. 800 l»8. 838 8. ck koade. >8.80 0. >2,7» 0. >4.3» O. )3,70 O. >4.-0. >8,30 O. 13,10 O. 11.7» O. 13.2» O. 13,4» O. 13,SO O. 1».— O. 13 8» O. 13,b0-3Udi40ü S4.— o. mckrakldar. leiden. 03.— O. 03,2» O. 04,10 O. 35«. 02,80 O. 03.S0 O. 03,8» 0, 03,SO O. 03,05 6. 03,6» O. 03,SS O. 00,350,101«. 00.2S6.101«. 03.60 S. 04,40 «, 03.— O. 03,38 0. 03,80 bi 03.3» 0, »nd >. ^.al. rissen 741,80 67.87'i- 405.— 37,25 oo»s 144,37 >>, m 37,3» ont 1^» et. durcd dis nn- kanken und re Ltunmunx. 10'/.. or. a.LnI, lrsnts asnr. . ^nl. ,nd-kr :.III.6. l. 6«rt. »eitle krior. !is.-«r. 103,60 103 31 89 80 80,35 »4,00 38 — »850 83,SO 83,25 >.8üdd. »nri )snt-8 rdostd. ionb, lionalk srdadn 88.— 81 25 140,10 140,50 80.— 138 SO 85,2» ^so Sonnabend den 12. Octobcr 189». 89. Jahrgang. Politische Tagesscha« * Leipzig, 12. Oktober. Die „Post*, die unS gestern erzählt hat, daß in den „maßgebenden Kreisen der Regierung" eine Entscheidung über Schritte, die möglicherweise gegen die agitatorischen Bestrebungen der Tocialdemokratic gelhan werden könnten, noch nicht getroffen und wahrscheinlich auch in nächster Zeit nicht zu erwarten sei, legt heute die Gründe dar, aus denen — ibrer Ansicht nach — jene maßgebenden Kreise mit ihrer Entscheidung noch zögern. Man höre: Ob die Regierung sich entschließen wird, schärfere Maßregeln gegen die Socialdemokrane zu ergreisen, dürfte einerseits davon ab- hängen, ob dir schärfere Handhabung der bestehenden Ge setze durch die Verwaltungsbehörden den erwarteten Erfolg haben, andererseits aber auch davon, wie sich die Verhältnisse inner, halb der Socialdemokratie selbst gestalten, ob die Social- demokraten die Worte Seiner Majestät des Kaisers beherzigen, sich einer provokatorisch agitatorischen Thäligkeit enthalten und das Gefühl für ihre nationalen Pflichten wieder finden werden, oder nicht. Man wird der Regierung, die siuo irn et stuäio die Nothwendigkeit eines Einlchreitens erwägt, das Per- trauen entgegenbringen können, daß sie den geeigneten Zeitpunci finden wird, wann eine gesetzgeberische Handlung gegen die Ueber- griffe der Socialdemokratie nöthig ist. Es dürfte sich daher auch empfehlen, daß für die nächste Zeit in den Kreisen, die der Social- demokratie feindlich gegenüberstrhen, nicht allzu lebhaft aus gesetz geberische Schritte der Regierung gedrängt wird, unter der selbst- verständlichen Voraussetzung, daß jede Ausschreitung der Social- demokratir nach wie vor festgenagelt werden muß. Wenn die „Post" nicht ein so ernsthaftes Blatt wäre, so könnte man versucht sein, diese Darlegung für Ironie zu halten. Denn daß die Socialvemokratie an nichts weniger denkt, als an die Beherzigung der Mahnungen des Kaisers, das ist doch wohl durch die Aufnahme, welche die kaiserlichen Worte am Sedanfeste in der gesaminteu socialdemokratischen Presse gesunden hat, mehr als zur Genüge erwiesen. Welche noch schlagenderen Beweise dafür, daß die Socialdemo kratie ibrer prvvocatorischeu agitatorischen Tbätigkeit sich nicht enthalten will und das bei ibr noch nie vorbanden ge wesene Gefühl für ihre nationalen Pflichten auch nicht wieder findet, will man denn abwarten? Die Häufung der Majestäts beleidigungen bis ins Unendliche? Das liumer üppigere Empor wachsen der auSgestreuten Saaten? Wenn man weder mit dem Reichstage noch mit dem preußischen Landtage zu einer Ver ständigung über wirksame und nicht zweischneidige gesetzliche Maßregeln zur Bekämpfung und Eindämmung der Umsturz bestrebungen gelangen zu können glaubt oder wenn man ins besondere von einer Verschärfung des preußischen Vereinsgesetzes für eine wenig wirksame Maßregel hält, so sage man das rund heraus. Darüber läßt sich ernsthaft reden. Aber mit der Ausflucht, man könne ja noch nicht wissen, ob die Social demokratie nicht freiwillig ihre ganze Natur ändern und in eine patriotische Reformpartei sich verwandeln werde, ver schone man die Welt. Man compromittirt damit nur die Regierung und sich selbst. Unser Hinweis darauf, daß die Ermordung des Fabri kanten Schwartz in Mülhausen eine Folge der Verhetzung der Arbeitermasseii durch gewissenlose socialdemokratische Agitatoren sei, hat uns eine Flutb von Beschimpfungen von Seiten der socialdemokratischen Presse eintragen. Mit welchem Rechte, mag folgende Zuschrift lebren, die der „Nordd. Allgem. Zeitung" aus Straßburg zugebt: Die Er mordung des Fabrikanten Schwartz stellt sich nach Allem, was bis jetzt hat ermittelt werden können, als eine sau« anarchistischen Beweggründen hervorgegangene Thal dar, die Wochen lang vorbereitet war. Herr Schwartz und andere Fabrikanten hatten wiederholt Drobbriefe erhalten. Danach könnte man inulhmaßen, daß der Mörder die scheuß liche Thal nickt allein geplant hatte, sonder» nur der Aus übende war. Andreas Meyer, so lautet der Name des Elenden, 1865zuHindisbeini i>nU»terelsaßgeborcn,warsrüber ein fleißiger, ruhiger und sparsamer Arbeiter. Seitdem er aber der social- demokratischen Partei und später wohl den Anarchisten beitrat, wurde das anders, so daß er von seinen Eltern aus dem Hause gewiesen wurde. Seit Ende April war er arbeitslos und verzehrte sein Erspartes, um einig« Zeit als „Bourgeois" zu leben. Er machte Propaganda in de» Wirth- schaflen und auf den Straßen für die socialdemotratischen Lehren und trug immer eine Menge Druckschrijlen bei sich. Vor etwa zwei Wochen hat er sich ein spitzes, dolchartiges Messer, einen sogenannten Genicksänger, gelaust, dessen Spitze er bis auf die Hälfte an beiden Seiten schleifen ließ. Man vermutbet, daß Meyer sich auf sein Vorhaben wochenlang einübte, daß er den Stoß, den er zu führen beabsichtigte, an irgend einem Gegenstände probirte. Der Gemordete war einer der tüchtigsten und thätigsten der Mülhauser Fabrikanten; seine Fabrik blükte und entwickelte sich trotz der Krise, welche die Wollenindustrie in den letzten Jahren durchzumacheu hatte. Herr Schwartz machte sich nach dem Ueberfaü keine Illusionen über sein Schicksal. In seiner Erzählung über den Hergang beim Attentat ließ er kein Wort des Hasses über den Mörder fallen, er zeigte vielmehr Mitleid mit der Verirrung der durch falsche Lehren auf die Bahn des Verbrechens getriebenen Unglücklichen, die nicht wissen, was sie thun. Ganz richtig benrtheilen die „Basler Nachrichten" die Thal, wen» sie sagen, „daß die Theorien, welche eine Aenderung der bestehenden Gesellschafts ordnung in Aussicht nehmen, dem Mörder zu Kopf gestiegen waren; er halte sie nicht verdaut. So ward er zum Mürber. In einer seiner Schriften sagt Friedrich Engels, die Arbeiter bewegung richte sich nicht gegen einzelne Personen, denn auch die Fabrilautenstcllung sei keine selbstgewählte, sondern das Ergcbniß einer langen Enlwickelungszeit. Es wäre gut, wenn dieser Satz von Zeit zu Zeit in Arbeiterkreisen rrklärt würde. Geschieht dies nicht, predigt man hingegen nur Haß, so ent stehen Thaten wie diejenige, welche in Mülhausen die ganze Bevölkerung entsetzt hat, Thaten, die nur Unheil säen". Für den 3. November ist in der Schwei; abermals eine Volksabstimmung angesctzt und zwar über verschiedene Neueruligen in der Militairorganisation. Die neuen Bestiinmungei! besagen Folgende«: Das Heerwesen ist Sache des Bundes. Der Bundesrath erläßt die Gesetze ülHr das Heerwesen und sorgt für deren Vollziehung. Ihm liegt die Verwaltung, der Unterricht, die Bewaffnung, Bekleidung und Ausrüstung des Heeres ob. Jeder Schweizer ist wehrpflichtig. Die Bundesgesetzgebung stellt über den Militairpflichtersatz einheitliche Bestimmungen auf. Die Militairpflichtersatzsteuer wird von den Eantonen bezogen. Tie Hälfte des Brutto ertrages dieser Steuer fällt dem Bunde, die andere den Eantonen zu. Wenn ein Wcbrniann infolge des eid genössischen Militairdienstes sein Leben verliert, so hat seine Familie, »nd wenn ein Wehrmann infolge des eidgenössischen Militairdienstes Schaden an seiner Gesundheit leidet, so hat er selbst Anspruch auf Entschädigung des Bundes unter Berücksichtigung des Bedürfnisse« im Einzelfalle. Der Bund unterstützt in Verbindung mit den Eantonen die Familien von Wcbrmännern, welche in Folge Abwesen heit ihres Ernährers im Militairdienst unverschuldet in Noth gerathen. Eine solche Unterstützung fällt nicht unter den Begriff der Armen - Unterstützung. Die BundeSgcsetz- gebung regelt die Art und Weise der Festsetzung, sowie das Maß der in diesem Artikel vorgesehenen Leistungen. Der Wehrmann erhält die erste Bekleidung, Ausrüstung und Bewaffnung unentgeltlich. Dieselben bleiben in den Händen des Wehrmanns. In Zeiten der Gefahr hat der Bund das ausschließliche und unmittelbare Versügungsrecht auch über die nicht in das Bundesheer eingetheilte Mannschaft und über alle Hilfsmittel des Landes. Zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und so lange nicht eidgenössische Intervention ein- tritt, sowie bei feierliche» Anlässe» verfügen die Eantone über die Wehrkraft ihres Gebietes. Die Auswahl der zu Ossi- cieren auSzubildenden Unterosficiere und Soldaten, sowie die Ernennung und Beförderung der Osficiere derjenigen Truppencinbeiten, welche ausschließlich aus den Mann- schasien des nämliche» Cantons gebildet werden, geschehen unter Mitwirkung der betreffenden Eantone. Die Wahl der unteren Beamten der Kreise ist Sache der Eantone. Die Beamten müssen aber abberufcn werden, wenn sie sick als unsähig erweisen. Der Bund übernimmt die in den Eantonen vor handenen Wafsenplätze und die zu militairischen Zwecken dienenden Gebäude sammt Zubehörde» gegen angemessene Entschädigung. Das sind die neuen Artikel der Bundes verfassung, über welche das Volk abzustimmeii hat. Welches wird daS Ergehniß sein? Man weiß es nicht. Da sogar das Zündholzinonopol verworfen wurde, so muß man sich auf das Schlimmste gefaßt macken, denn auch hier bandelt es sich um ein Monopol, um die staatliche Eentralisation des Militairwesens. Auch hier soll ein Stück cantonaler «Souveränität fallen, welches die Eantone wohl nicht so leicht preisgeben werden. Die Strenge, mit welcher die französische Regierung gegen den Premierminister von Madagaskar, Rainilaiarivony, vor zugehen gedenkt — er soll bekanntlich deportirt werden — erklärt sich dadurch, daß derselbe von jeher der eigentliche Herrscher gewesen ist und zum Kriege gehetzt hat. Nach Hooas-Sitre hat der Premier zu regieren, und zu den Pflichten seines Amtes gehört es, der Mann der Königin zu sein; er selbst wählt die Königin, wenn der Thron vacant ist, und er hat dabei blos darauf zu sehen, daß sie der mehr oder weniger directen Nachkommenschaft des Stifters der Monarchie Andrianampiniie angehört. Ranavalo III ist die dritte Frau Nainilaiarivony's; er hat sie im Jahre 1883 aus einer sehr niedrigen Stellung auf den Thron erhöbe», nachdem seine zweite Frau wie die erste gestorben war, ohne ihm eine Nachkommenschaft zu hinterlasscn. Ranavalo III. ist jetzt 36 Jahre alt, ihr Gatte ist ein starker Sechsziger; er regierte seit 1868 und hatte seine Macht noch dadurch ver mehrt, daß er das Oberkommando des Heeres übernahm. Er war ein erbitterter Feind aller Fremden; am meisten haßte er die Franzosen und zugleich verachtete er sie, wie sein Ausspruch beweist: „Die Franzosen sind Hunde; sie bellen aber sie beißen nickt." Jetzt wird er Wohl seine Meinung geändert haben. Am besten vertrug er sich noch mit den Engländern, die ihm schmeichelten, seinen Haß gegen die Franzosen nährten »nd ihm leichte Siege vorspiegelten. Die Entfernung dieses Mannes dürfte wohl nothwendig sein im Interesse eines dauernden Friedens; wenn die Franzosen ihn der Königin lassen, werden sie besondere Vorsichtsmaßregeln treffen. — Die wichtigste Frage für dieFranzoscn ist zunächst die, was aus Madagaskar werden soll, ob es zu annecliren oder in ein effektives Protectorat zu verwandeln ist. Ein Pro tektorat hat bekanntlich seit dem Kriege von 1885 bestanden, aber nur ein nominelles; die Weigerung der Hovas, die Be stimmungen de« ProtectoratS-Vertrags von 1885 zu erfüllen, bat eben zu dem nunmehr beendeten Kriege geführt. Der Entschluß ist ein sehr folgenschwerer, nicht bloß für Madagaskar, sondern auch für Frankreich. Es handelt sich um ein Land, das noch etwas größer ist wie Frankreich selbst und 3Vs Millionen Einwohner zählt, sowie reiche Hilfsmittel besitzt. Schon seit längerer Zeit wird in ein zelnen französischen Blättern, zum Theil von einflußreichen Abgeordneten, die einfache Annexion von Madagaskar ver langt, und diese Forderung wird jetzt neuerdings noch leb hafter erhoben und noch bartnäckiger vertheidigt. Indeß dürfte ein unbefangener Blick auf die Colonialverhältnisse Frankreichs genügen, um in dieser Frage vollkommen klar zu sehen. Frankreich bat in den beiden letzten Jahrzehnten einen Colonialbesitz zusammenerobert, der an Ausdehnung nur noch von dem englischen Eolonialgebiet übertroffen wird, aber man kann gewiß nicht behaupten, daß die französitchen Colonien alle dem Mutterlande große Vortheile bieten. Die Ziffern der Colonialstatistik widerlegen diese Behauptung gründlich. Alle Colonien, selbst da« naheliegende Algier nicht ausgenommen, erfordern jährliche Zuschüsse von vielen Millionen, ebenso müssen die überseeischen Dampser- linien mit mehreren Millionen subventionirt werden; auch ist der Handel mit den Colonien so gering, daß er den staatlichen Aufwand nicht lohnt, oder er liegt gar nicht in der Hand der Franzosen. Verhältnißmäßiges Gedeihen findet man nur in Tunesien und in Anam, und gerade dies sind Protectorate. Die Idee der Entwickelung des Protectorat- systems bat daber in der letzten Zeit viel Anhänger ge wonnen und es scheint, daß die Regierung sich bereits ent schlossen hat, dieses System auch in Madagaskar in An wendung zn bringen. Zwar soll die endgültige Entscheidung den Kammern überlassen werden, aber eine längere Dar stellung im „Temps", welche die Gründe für das Protec torat recht wirksam zusammenstellt, läßt deutlich erkennen, welches System die Regierung vorziebt. In dem „Temps"-Artikel beißt es dann weiter, Frankreich müsse für seine Opfer entschädigt werden und für seinen Handel eine bevorzugte Stellung erhalten, aber seine Stellung gegen über den Mächten werde eine vortbeilhaftere sein, wenn es der HowaS-Regierung eine gewisse Selbstständigkeit lasse. Die Schwierigkeiten, die sich bei den tunesischen HandelSve^lrägen ergaben, würden sich nicht wiederholen; als Frankreich Tunesien besetzte, füklte es sich noch nicht start genug, alle diese Verträge aus eigener Machtvollkommenheit zu kündigen; bei Madagaskar werde man in diesem Puncte keine Rück sicht zu beobachten haben. Diese Sätze und die gestrige Andeutung des „Matin" in Bezug aus die deutschen und englischen Colonien in Madagaskar eröffnen den dortigen Nichlsranzosen jedenfalls keine günstigen Aussichten. Ueber die Vorgänge in Konstantinopel wird der „N. Fr. Pr.", welcher man keine besonderen Sympathien für die Armenier nachsagen kann, von dort geschrieben: „Schon zwei Tage vor dem blutigen Zusammenstöße kannte die Polizei genau so wie die Lejerwelt in London (und die Botschafter in Konstantinopel. D. Red.) die Absichten der Armenier. Warum lieh inan ihnen Zeit zur Ausführung? Warum schritt man nicht schon in Kumkapu ein und erlaubte die Entwickelung eines demon- strirenden und revoltirenden (?) Aufzuges? Kein Zweifel, auch auf türkiicher Seite herrschte ein geheimer Plan. Man wollte die Dinge bis zu einer gewiffen Höhe treiben, um dann so abschreckend als möglich zu beendigen; man wollt» ein wenig Gesetzesverletzung auf Seite der gefährlich gewordenen armenischen Unzufriedenen, um sie dann mit blutigen Köpfen für >.-v «. '^li 6otd» ad lsLelld ss'vK, 143,10 103.40 118.70 166.50 133,— d.8t.-L loxä «isrbr. toutao ucdsrl. ISoldr.) 1artnll.> «rk-V. Zcköud >sr * Satin. coo». ;eneod. 83.35 115.25 304.50 183.50 115.35 11».— 181.7» 138.00 370.— 138,— 318.50 86 35 165,3» 104,75 * ^ re dr. n dure '167.80 318.60 316.60 318.70 188.50 183,— 154 35 15760 114 VO 8 >10 86.10 330.50 138.35 10380 86.40 81.40 »180 kndiesr. 1V«>reu «otolisr 114.25 lotoder 87.40 3t, 7ncd» 0,04>. de 0.03-. , in Xsrr-Tord s drei nieder!. »Oircaeeia": in and der XIIuu rnsrilk. vewpter sr,Xn>et«rd»in^ «dilenre» in S," von kkiia- kral" von 1«ttd. FoiriHetsir. Schwere Kämpfe. N«««« «US dem grotzen Kriege. 36j Von Earl Tanera. Nachdruck verboten. (Fortsetzung.) Beide trabten wieder weiter. Horn empfand ein be ängstigendes Gefühl. Er wußte, daß gerade an seinem heutigen Befehl sehr viel hing. Seine Brigade sollte nämlich die große Straße nach le ManS so lange beobachten, bi« daS ganze Armeecorps hinter ihrem Rücken in östlicher Richtung abmarschirt war, um sich von nun an wieder auf Orleans vorzuschieben. Dann war die Brigade beauftragt, als Arriöregarde dem ArmeecorpS zu folgen. Wenn dieser Befehl nicht ankam, so konnte «in großes Unglück daraus eulstehen. Unwillkürlich trieb er daS Dienstpserd» welches er heute ritt, etwas mehr an, so daß eS lebhafter als vorher trabte. Plötzlich aber stolperte der Braune, siel auf die Kniee, und der auf eine solche Unterbrechung seines Rittes nickt vor bereitete Osficier flog über den Kopf des Pferdes hinweg auf den Boden. Zu gleicher Zeit krachten von der Seite her zwei Schüffe, ohne aber weder Horn noch sein Pferd zu treffen. Außerdem sprangen etwa 6 Mensche» aus dem Straßengraben auf und stürzten auf den Ordonnanzofficier z». Dieser riß zwar seinen Revolver auS der Gürteltasche, erhielt aber einen so heftigen Schlag mit einem stumpfen Instrument auf den Kopf, daß er im Augenblick die Besinnung verlor und regungslos auf der Straße liegen blieb. Der EbevaulebrrS hatte beim ersten Schuß, den er vernommen, sofort se,n Pferd herumgeriffey und war schleunigst in die Dunkelheit zurückgesprengt und nach derselben Richtung, auS der man gekommen, auch wieder entronnen. Nunmehr rief eine Stimme: „Madame Lticeau, bringen Sie die Laterne herbei." Man vernahm das Oeffneu einer Thür, gleich darauf erschienen zwei Bauernfrauen, von depep eine eine brennende Laterne trug. Sie leuchtete aus die Straße. Bei dem flackernden Licht erkannte man im Hinter grund einen Pachthof, auf dem Straßendamme aber eine Gruppe von 8 wohlbewaffneten Bauern, welche den immer noch ohnmächtigen Osficier umstanden. „Leuchten Sie, Madam«, ob «r todt ist. Ich fürcht« nein, denn ich habe ihn in der Dunkelheit nur mit dem Stiel statt mit der Axt selbst getroffen." Die Frau leuchtete Horn inS Gesicht. Kaum traf ihn daS volle Lickt, so kam er zu sick und wollte sofort auf springen und sich vertbeidigen. Er wurde aber schnell wieder von verschiedenen kräftigen Fäusten zu Boden gerissen und so fest gehalten, daß er sich nicht im Geringsten rühren konnte. Zugleich sprang aber auch die zweite Bauernfrau auf Horn zu, stellte sich schützend über ihn und rief: „Halt, Landsleute, diesem Mann darf kein Haar gekrümmt werden. Ich kenne ihn und trete mit meinem eigenen Leben für ihn ein. Es ist der Osficier, der meinen Mann und mich aus den Fäusten der Soldaten errettet hat, und der mir daS Goldstück schenkte, um hierher zu reisen." „Madame, wir müssen ihn todt schlagen und verscharren, sonst verräth er uns, und wir werden erschossen und der Hof von Madame Luceau geht in Flammen auf." „Nein, das wird Alles nicht der Fall sein. Laß mich nur mit dem Osficier reden." Horn hatte längst die Fran als jene Bäuerin erkannt, die er damals in dem Hofe bei IoSneS der Iägerpatrouille entrissen. Er sah sofort ein, daß, wenn es überhaupt.noch möglich für ihn sei, hier zu entkommen, eS nur mit Hilfe dieser dankbaren Frau geschehe» könne. Sie fragt« ihn jetzt, ob er versprechen wolle, kein Wort von der soeben erlebten Scene zu äußern, dann werde sie ihn retten. Einen Moment zögerte er. Da fiel ihm ein, daß cs sich ja weniger um ihn, als um seinen Befehl handle. Letzterer müsse ankommen. Daher erwiderte er, er werde sein Ehrenwort geben, keine Silbe verlauten zu lassen, wenn er jetzt unbehindert weiterzieben dürfe. Auf seine Worte entstand eine lebhafte Debatte. Die Frau trat aber so energisch für ihn ein, daß schließlich die Bauern sich ihrem Vorschlag fügten und ihn unter der Bedingung absoluten Schweigens frei ließen. Er stand auf, gab der Frau als DankeSzeichen die Hand und sah nach seinem Pferd. Diese« halte sich erhoben und hielt unverletzt auf der Straße. Beim Licht der Laterne erkannte Horn, daß eS über ein über den Weg g-spannteS Seil gestolpert und gestürzt war. Während er da« Zaum zeug in Ordnung brachte, verschwanden fämmtliche Männer. Sie wollten, wie eS schien, doch nicht von ihm erkannt werden. Die Frauen leuchteten ihm noch, bis er wieder im Sattel saß. Dann reichte er seiner Retterin aber mals die Hqnd und ritt hierauf ruhig an. Sein Kopf schmerzt« ihn sehr. Als er sich befühlte, nievste er aber, daß er nirgends blutete und nur eine tüchtige Beule davon getragen habe. Nun tastete er nach seiner Brnst- tasche, nm nach dem Befehl zu forschen. Er befand sich richtig darin. Dort verwahrte er aber auch seine Brieftasche. Als er sie fühlte, rief er zu sich selbst: „Da« war mein Talisman; der hat mich gerettet!" Nach zwei weiteren Stunden kam er in La Fert6 Bernarv an und übergab ohne jede Erklärung seinen Befehl. Der Generalstabshauptmann meinte: „Sie sehen heute sehr an gegriffen aus. Legen Sie sich gleich nieder. Sie können dock noch zwei Stunden schlafen." Er folgte stumm der Aufforderung. Eine Stunde später traf «ine ganze Schwadron Ebevau, legers ein. Da man den Ordonnanzofficier nach der Meldung von Horn'S erstem Begleiter für todt hielt, wollte man auf solche Weise sicher den Befehl entsenden. 17. DaS Dorf Sceaux bei la Fert6 St. Bernard batte den südwestlichsten Punkt gebildet, den eine Abtheilung de« baye rischen Corps erreichte. Bon da an wandte sich die ganze Armeeabtkeilung des Großberzogs von Mecklenburg wieder slldostwärtS, um im vereinten Vorgeben mit der von Metz heranmarsckirten Armee des Prinzen Friedrich Karl die Stadt Orleans von Neuem anzngreisen und zu erobern. In noch höherem Maße als bisher mußten die Truppen sich nach allen Seiten decken, weil man ja jetzt weniger mit FranctireurS, al« vielmehr mit den Abtheilungen der feind lichen Loirearmce, in deren directen Bereich man hinein- marschirte, zu thun hatte. Oft kam es vor, daß die Co- lonpen stundenlang von französischen Cavallerie-Regimentern iy der Ferne begleitet wurden. Sobald sich aber deutsche Reiter selbst in der Minderzahl zeigten, verschwanden die Fran zosen. denn vor der deutschen Cavallerse hatten sie einen so gewaltigen Nespect, daß sie eS auch drei gegen einen auf keinen Kampf ankoinmen ließen. Wiederholt ereignete c« sich auch, daß man die perehrten Feinde aus den zugewiesenen Quartieren erst binausjagen odex sozusagen hinaussckirßen mußt«, um sick selbst in deren Betten zu legen. Am 27. November batte der Marsch von Mondoubleau bi« Courtalin ziemlich lange gedauert. Wegen de« immer noch »«haltenden regnerischen Wetters hatte sich Horn, wie damals f-'st alle Osficiere und berittenen Mannschaften de« CorpS, eine von den Franzosen erbeutete blaue Militflircapuze Über den Kopf geworfen. Ebenso war sein BegleitchevaulegerS ausgerüstet, als er von Poislay gegen Courtalin vortrabte. Die Sonne war bereits untergegangen. Horn sollte suchen, in dem Städtchen Courtalin ein gutes Quartier für seinen General zu finden, da di« letzten kalten und nassen Tage dem schon ziemlich bejahrten Mann stark zugesetzt hatten. Die Avantgarden-Cavallerie war etwas rechts seitwärts auSgebogen, um eine von Chüteaudun her auftretende feindliche Colonne zu beobachten. Nach einiger Zeit erkannte Horn vor sich etwa 10 bis 15 Reiter, die im Schritt ebenfalls die Straße nach Courtalin verfolgten. Er glaubte, es seien die Quartiermacher der Husaren. Nun rief er seinen Chevauleger« zu sich und er- lhcilte ihm folgende Instruction: „Wix wollen uns ruhig an die Husaren anschließen und hören, ob sie in Courtalin oder in einem anderen Orte Quartier macken sollen. Ist erstereS der Fall, so traben wir an einer geeigneten Stelle der Straße vor und jagen dann, so schnell wir können, in da« Städtchen voran«. Sonst schnappen unS die Husaren wieder die besten Ouartiexe weg. Wenn sie aber in einen anderen Ort bestimmt sind, dann brauchen wir nicht sehr zu eilen, denn wir haben genug Vorsprung vor der Brigade." Nach diesen Worten trabten beide so lange weiter, bis sie die Reiter einaeholt hakten; dort parirtrn sie die Pferde in Schritt und schloffen sich hinter den letzten Reitern an. Einer derselben drehte sich halb um und ri«f: „6' est toi, Oolin?" Horn, im höchsten Maße überrascht, hatte sich doch so in der Gewalt, daß er ziemlich ruhig entgegnrje: „Oui «' 68t moi." „Tu n'y8 rien vn?" „Du tont!" Damit beruhigte sich dex Fragep pnd ritt, ohne sich nochmals upizusehen, weiter. Er hätte bei der schon ziemlich dicht gewordenen Dunkelheit quch nichts exkannt. Der Oberlieutenant machte seinem Chevaulegers ein Zeichen, pgß er so nahe wie möglich zu ihm heranreite, flüsterte ihm leise zu: „schweigen und Alles mix nachmachen", und xitt selbst ruhig mit den Franzosen weiter- Au- ihren Gesprächen entnahm er, daß sie zur Cqvallerie-Division M'chel ge hörten und nach Saint Deni« le Pont bestinims seien. Sie mußten also auch durch Courtalin reiten. De-bast blieb der Osficier ruhig bei ibnen, und kein Mensch kstsnn^xte sick un; ihn oder den Chevaulegers. Man ritt nysh k>qs gute halbe Stunde und kam dann wirklich nach Lourtalin. Horn
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
- Doppelseitenansicht
- Vorschaubilder
Erste Seite
10 Seiten zurück
Vorherige Seite