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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 28.10.1895
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1895-10-28
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18951028029
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1895102802
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1895102802
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1895
- Monat1895-10
- Tag1895-10-28
- Monat1895-10
- Jahr1895
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»» 5 von vtin I. Bezugs-Preis in der hauptexpedition oder den im Stadt bezirk und drn Vororlen errichte»« Au», oaoestrllen abgeholt: vierteljährlich ^64.40, bei »wettnaliaer täglicher Zustellung in» vaus >lü.S0. Durch die Post bezogen siir Deutschland und Oesterreich: vierteliahrüch >t g.—. Direkte tägliche Kreuzbandirndung ins Ausland: monatlich 7.50. Di« Morgkn-Au-gobe erscheint um '/,7 Uhr. dir Abend-Ausgabe Wochentags um 5 Uhr. »q»»e>» Ne-aclion und Erve-itiou: AohanneSgassc 8. Di« Expedition ist Wochentag» ununterbrochen geöffnet von früh 8 bi« Abend« 7 Uhr. Filialen: klt« Die««'« Tortim. (Alfred Hahn). UniversitütSstraße 1, Lont» Lösche, Katharinenstr. 14, pari, und König-Platz 7. Abend-Ausgabe. Anzeiger. Organ für Politik, Localgeschichte, Handels- nnd Geschäftsverkehr. Anzeigen-Prei- die 6 gespaltene Petitzeile 20 Pfg. Reklamen unter demRedactton-strich (4ge- spalten) 50>4, vor den Kamiliennachrtchlen (Sgespalten) 40/H. Größere Schriften laut unserem Preis« verzeichniß. 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Stimmberechtigt sind alle selbstständigen, in dem Thomaskirch« spiele wohnhaften HauSväter (HauShaltung-vorstände) evangelisch« lutherischen Bekenntnisse», die das 25. Lebensjahr vollendet haben, verheirathet oder nicht, mit Ausnahme solcher, die durch Verachtung des Wortes Gotte- oder unehrbaren Lebenswandel öffentliche-, durch nachhaltige Besserung nicht wieder gehobene» Aergerniß gegeben haben oder von der «timmberechtignng bei Wahlen der politischen Gemeinde ausgeschlossen sind, sowie derer, denen Lurch Beschluß der Kircheninspection die kirchlichen Ehrenrechte entzogen worden sind. Alle, die ihr Stimmrecht ausüben wollen, haben sich entweder mündlich oder schriftlich anzumelden. Mündliche Anmeldungen werden in der Sakristei der Thoiuaskirche Montag, den 28., und Dienstag, den 28. Oktober ununter« brachen von Vormittags 18 Uhr bi» Nachmittags 5 Uhr rntgegengeiioiiimc». Schriftliche Anmeldungen mit genauer Angabe 1) des Bor« und Zunamens. 2) des Standes oder Gewerbes, 3) des Geburtstages und -Jahres. 4) der Wohnung können von heute an bis znm 2V. Oktober, Nachmittags 5 Uhr in der ThomaS-kirche,icxpcditioii, Tbomaskirchhof 23, am 28. nnd 28. Oktober auch in der Sakristei der Thomaskirche abgegeben werde». Zum Thomaskirchspiel gehören nachstehende Straßen bez. Stroßentheile uud Plätze: Alter Aintshof, Barfußgäßchen 1—1l, Bauhofstraße 1—7, 2—8, Beethovenstraße, Brüderstraße 1—23, 2—28, Kleine Burggasse, Burgstraße, Carl-Tauchnitzstraße von der Promenade bis zur Mozartstraße, Centralstraße, Torotheenplatz 1, 4 und 5. Dorotheen« strotze, Elsterstraßr 2—48, Erdmannstraße 1—17, Ferdinand» Rhodestraße von der Carl Tauchnitzftraße bi» zur Mozartstraße, Kleine Fleischergossel—7, Frankfurter Straße 13—23, Gottschedstraße, Grossistrobe von der Carl-Tauchnitzstraße bis zur Mozart« straße, Grimmaische Straße 2—18, Harkortstraße. Härtelstraße 2—18, Iablonowskystraße, Kiostcrgoss», König-Platz, K'^mre^roh,, Kmvrinz« straße, Lompestraße 1 und 2, Leplaystraffe, Lejsingstraße 1—3, 7—29, Lirbigstraße 1—11» Markt 10—17, Markthallenstraße, Moritzstraße, Mozartstraße rechte Seite von der Simsonstraße und Wildelm-Seyffertsttaße aus. Mühlgasse, Münzgasse 2—28, Neu« markt 2—40, Nürnberger Straße 26-54, Obstmarkt, Peterskirchhof, Peterssteinweg l—15, 2—8, Petersstraße, An der Pleiße, Ponia- towskystraße, Prenßergäßchen, Promenadenstraße 1—21, 2—24, Roßplatz 1—11, Roßstraße 2—22, Rudolphstraße 3—7, 2—8, Schillerstraße 1—3, Schlotzgasse, Schulstraße, Schwägrichenstraße von der Beethovenstraße bis zur Mozartstrabe. Simsonstraße 1, Sporer» gäßchen, Sternwartenstraße 1—47,2—22, Thomasgaffe. Thomaskirch« Hof, TdoiiiaSjchuIe (Hillerstraße 6—10, Schreberstraße 9), Thomasius« straße 9—17, 8—24, Turnerstraße 1—25, 2—20, Ulrichsgasse, Wächtcrstraße, Weststraße 1—15, 4—10 und das Wärterhäuschen im Johannapark Cat. 6. Nr. 57, Wilhelm-Seyfferthstraße, Wind» Mühlenstraße 1—39, 2—24, Zimmerstraßr. Montag den 28. October 1895. Die stimmberechtigten Mitglieder der Thomaskirchengemeinde fordern wir hiermit dringend auf, sich an der bevorstehenden Wahl rechl zahlreich zu beiheiligen und zu diesem Zwecke ihre Anmeldung in einer der gedachten Arten rechtzeitig zu bewirken. Leipzig, drn 19. October 1895. Der ktrchenoorftanb der Thomaskirchengemeinde. v. Pank. Politische Tazesschau. * Leipzig, 28 Oktober. Die ultramontane „Köln VolkSzeitung" hat uns vor Jabr und Tag zum Widerruf aufgefordert, weil wir an der Hand der Geschickte der neueren Nationalitälenkämpfe dar- gelban batten, daß überall, wo das Deutschtbum mit einem andern Volkstbum um seine Existenz ringt, die katholische Kirche Partei gegen die Deutschen nimmt. Das Blattverspürt jetzt alsCentrumSorgan dieRichtigkeilunserer Behauptung am eigenen Leibe. Der Wahlkreis Pleb-Nybntk in Schlesien, einer der sichersten von allen, welche das Centrum besaß, ist an die Polen verloren gegangen. Die Polen erblickten in dem CentrumScandidaten den Deutschen, eine Anschauung, die durch die bisherige Polen politik deS Centrums nicht gerechtfertigt wird, die aber nun einmal die der Polen ist. Und diesen Deutschen, der, während die kirchliche Zuverlässigkeit der polnischen Elemente von katholischer Seite m Zweifel gezogen wird, unbestritten ein tadelloser Katholik ist, „warfen" sie mit Hilfe katholischer Geistlichen „hinaus". ES ist richtig, ein großer Theil der Geistlichkeit war für den Freiberrn von Huene, aber eS ist auch gewiß, daß dessen Gegner nicht gewählt worden wäre, wenn nicht Vas schwerere geistliche Gewicht zu deS Letzleren Gunsten in die Waagschale gefallen wäre. Dabei darf man natürlich nicht an den Fürstbischof Kopp denken, sondern an den Herrn v. StablewSki, den Erzbischof von Posen-Gnesen, der bei der polnischen oder richtiger ver- polten Bevölkerung OberschlesienS eben mehr zu sage» hat, als der Diöcesanoderhirte. Die Verpolung aber ist bisher in Oberschlesien vom Centrum begünstigt und betrieben worden, die Stimme d-'s Grafen Ballestrrm, die sich dagegen erhob, blich ver einzelt und ungebört. Herr v. StablewSki hat also mit Truppen über daS Centrum gesiegt, die dieses ihm heran gebildet hatte. Wenn die Partei eine Lehre daraus ziehen will, so wird der Wahlkreis ihr nicht dauernd verloren sein. Das Centrum hatte die Wablbewegung schlecht organisirt, in manchen Orten waren nicht einmal Wahlzettel für Herrn von Huene aufzutreiben. Ob hier Lässigkeit vorlag, ober die OrtSgeistlichen das von der Partei in sie gesetzte Vertrauen getäuscht haben, vermögen wir nicht zu beurtheilen. Jedenfalls giebt die Wahlziffer Huene'S die Stärke der Partei im Wahlkreise nicht richtig an. Im Jahre 1893 wurden fast sämmtliche 2l 000 Stimmen für das Centrum abgegeben, diesmal scheinen überhaupt nnr 17 000 Wähler ;ur Urne gegangen sein. Der Umstand, daß vor zwei Jahren sich zwei CentrumScandidaten gegenüberstanden, ein Anhänger und ein Gegner der Militairvorlage. mag viel Verwirrung gestiftet und die diesmal zu Tage getretene Zurückhaltung in erheblichem Maße mit verursacht haben. Der Wahlkreis zählt 34 000 Wähler. Wenn davon trotz ungeheurer Anstrengungen nur etwa 12 000 aus den polnischen Candidalen zu vereinigen waren, so ist abermals bewiesen. waS daS Centrum niemals hätte als zweifelhaft erscheinen lasten dürfen: daß der Wahlkreis ein deutscher ist. Ohne die auf Verpolung gerickiete Agitation vornehmlich der Geistlichkeit würde es polnische Stimmen im Wahlkreise überhaupt nickt geben; denn die Oberschlesier sind keine Polen und dachten nicht daran, eS sein zu wollen, ebe von Polen auS die national- polnische Verhetzung nach Schlesien getragen worden war. — Am Schluß der vorigen Woche hat eine zweite NeichSkagS- nackwahl stattgefuiiden, deren Erzebniß höchst vortbeiltraft von dem der schlesischen Wahl absticht. Dortmund ist vom Bürgerlhum gegen die Socialdemokratie behauptet worden. Es bat zwar dort, wie gemeldet, eine Stichwahl zwischen dem natioiialliberalen und dem socialdemokratischen Can- bidaten stattzufinden, ihr Ausgang kann jedoch nach dem Resultal des ersten Mahlganges nicht zweifelhaft sein. Bei starker Wablbetheiligung haben die beiden concurrireilken bürgerlichen Parteien im Vergleich zur letzten Wabl gegen 2500 Stimmen gewonnen, die Socialdemokraten im besten Falle nicht über 100, wahrscheinlich kaum 60. Der Zuwachs der Nationalliberalen und des CenirumS erklärt sich haupt sächlich aus der BevölkerungSvermehrung in dem industriellen Wahlkreise. Diese Vermehrung fälll fast durchaus mir der Vcrmebiung der Ardeiterdevölkerunz zusammen, und daß riese nicht derSocialdemokratie,sondern den hürgerlickenParteien zu Gute gekommen ist, verleibt der Dortmunder Wahl eine nicht geringe Bedeutung. Der „Vorwärts" flunkert in der lächerlichsten Weise, wenn er schreibt: „Berücksichtigt man die gegen uns von allen Seiten ins Werk gesetzten Verfolgungen, jo muß der Erfolg unserer Partei als ein besonder« bedeutungsvoller betrachtet werben." Nun, der „Erfolg" besteht darin, daß dir Socialdemokratie absolut so gut wie gar nichts gewonnen, relativ aber, das heißt im Bei- bältniß zur Wäblerzabl, eine beträchtliche Einbuße er litte har. link was dir „Verfolgungen" angr'-r, so ist dock sonst im „Vorwärts" nur zu lesen, daß An« Partei wachse, je mehr sie „verfolgt" werde. Wenn das nicht bewußte Schwindelei wäre, so hätte der „Vorwärts" consequenter- weise sagen muffen: „Trotz der Verfolgungen ist unser Wacksthilm hinter dem der anderen Parteien zurückgeblieben", und er hätte, in Erinnerung an einen ankern locialdenio- kratischen Schwindel, hinzusügen müssen: „trotz der An strengungen, die wir gemacht haben, die Wege» Meineids verurtbeilten Dortmunder Schröder und Genosten zu Märtyrern einer Elassenjustiz zu stempeln"! Die unglücklichen Versuche der eonservativeu Partei leitung, den „PastorensocialismuS" von ihren Rock- schößen abzuschütteln, ohne Herrn Stöcker mit abzuschwenken, 89. Jahrgang. führen diese Leitung von selbst dahin, die historischen That- iackrn mit derselben Leichtigkeit zu corrigiren, mit der der ehemalige Hosprediger von jeder operirt. So behauptet die „Cous. Corr." in ihrer am Sonnabend von uns besprochenen Erklärung frischweg, der evangelisch-sociale Congreß sei unter dem Zeichen des Göhre'schen Buches „Drei Monate Fabrik arbeiter und Haudwerksbursche" begründet worden. Tatsächlich ist das Gödre'sche Schriftchen ein volles Jahr nach dem ersten Congreste der Evangelisch-Socialen erschienen und lbal- sächlich bat a» Veste» Wiege nicht Göhre, sondern Or. Kro- patscheck, Hosprediger Stöcker, Gebeimratb Wagner und Pastor Weber gestanden. DaS Nähere hierüber, wie über den Ursprung der Versammlung ergiebl La« Vorwort, mit dem der officielle Bericht über die Verhandlungen im Jabre 1890 eingeleitet ist. Und auS den Berichten ergiebt sich ferner, daß die treibende Kraft von Anfang an der Erbosprediger Stöcker gewesen ist, der stets bemüht war, seineHaud schirmend über die „Jungen" aus dem Congreste und ihren Führer, den Pastor Naumann, zu halten, nachdem deren Excculrici- läten längst von e-nem große» Tbeffe der CongreßuiilgUeder angegriffen worden waren. Ern kürzlich bat die „Magdeb. Zig." daran erinnert, wie energisch Herr Slöcker für seinen jungen Freund eingetreten ist, als dieser wegen seiner ab fälligen Kritik des Vortrags, den der Hosprediger Braun auf dem Congreste von 1893 gehalten, vom Pros stor A. Wagner angegriffen wurde. Die „Jungen" zu ächten, den Exbosprediger jedoch, der sich selbst als eine Art von Personal - Un o» zwischen den Aileu und Jungen im christlich - socialen Lager bingesielll bat, als eme Säule des Conservatismus zu verberrli! e», daS erniuerl an die Taktik, die von den conservativeu Parteiführern seiner Zeit gegenüber dem Hhlwardtismus undHrn. Ahlwardt seiest beobacktet worden ist. Es ist wobt nnr ein Zufall, aber immer hin ein interessanter Zufall, baß Herr Stöcker auch für Herrn Ahlwardt einjpraiig, als dieser n» Reichstage alö Verleumder blvßgestellt war. Auch damals war es der Herr Exhof- predigcr, der das Wort ergriff, um zu verhüten, daß der von ibm selbst als confus bezeichuete Ehrabschneider moralisch ganz todkgeschlagen würbe. L bwodl auch beute noch keine officielle Bestätigung der Meldung von einem neuen »usfisch-chincstschen Gchcuuuertrage vsrliegt, beschäftigt sich die Presse eingehend mit der Even tualität eines solchen, da die russische Politik zweijetlos diesem Ziele zusteuert. So schreibt die „Kreuz-Zlg.": „Wenn sich die Nachricht der „Times" benötigt und Rußland wirklich mit China d s Abkommen geirossrn hat, daß ieiner Flotte der Hasen von Port Arthur sonan geöffnet sein soll, jo stehen wir vor einer ernste» politischen Krisis von unberechenbarer Tragweite. Die Schwierigkeit liegt darin, daß rriirns die Räumung der Halbinsel Liaoiong durch die Japaner iniolge der neuen, nicht vorhergeiehenen Lage in Frage gestellt ist, daß zweitens England ohne schwerste Schädigung seines Ansehens in Asien diese neue Position Rußlands nicht dulde» kann, daß drittens damit die koreanische Frage in eine neue acute Phase tritt. Für Deutsch! anb wird es sich unseres Erachtens darum handeln, ob jene» ruffisch-chinesische Abkommen Feuilleton. Schwere Kämpfe. Roman ans dem großen Kriege. 49s Von Carl Tanera. Nachdruck verboten. (Schluß.) Reizende, behaglich eingerichtete Zimmer nahmen sie auf. Der Hausherr führte seinen Gast in ein hübsches Fremden- stübcken nnd bemerkte, hier könne er Toilette machen, während er selbst hinübergeben und mit seiner Schwester spreche» wolle. „In einer halben Stunde nehmen wir beide bei mir daS Gabelfrühstück ein. DaS Weitere werden wir dann schon sehen." Damit verschwand er und ließ den Officier allein. Dieser kämpfte in seinem Innern abermals einen schweren Kampf. Ob er nicht doch zu weit ging und vielleicht wegen einer einseitigen Ansicht sein und Nenaten's ganzes zukünftige- Glück aufS Spiel setzte! Ob es ibm nickt selbst dann, wenn Renate nicht im Stande wäre, sich den Gewohnheiten ihrer Jugend zu entziehen, gelingen könnte, sie ganz auf seine Seite zu bringen und zu einer OsficierSfrau nach seinem Sinn zu macken! „Kaum; denn wenn ich von meiner Frau leben und mich von aller Welt als Glückspilz anschauen lasten müßte, dann bin ich nicht mehr ich selbst, dann werde ich mürrisch und eigne mich gar nickt mehr dazu, den Kampf mit den Folgen einer solchen ungesunden Lage zu bestehen. Nein, nein. Ich will doch meinem Entschluß getreu bleibe» und ihr die Prüfung auferlegen." Er mußte noch einige Zeit warten, bis Gustav Tborstraten erschien und ihn zum Gabelfrühstück auffvrderte. „Meine Schwester erwartet Dick um drei Uhr unter der großen Eicke im Garten meines VaterS. Ick werde Dick hinsübren." Sonst sprach er nichts mehr von Renate. DaS äußerst opulente Frühstück war vorüber. In wenigen Minuten mußte eS drei Ubr schlagen. „Komm, Ludwig. Meine Schwester ist sehr pünctlich.- Er wartete ja schon längst auf diese Aufforderung Schweigend begaben sich die beide» Freunde in den großen Garten deS Herrn Thorstraten. Horn war so erregt, daß er nicht im Stande war, ein Wort zu sprechen. Er folgte seinem Führer, ohne sich umzuseben, ja ohne etwas von den wirklich herrlichen Blumenbeeten, Laubgängen und im Grün halb versteckten Statuen ru bemerken. Nun näherten sie sich der Elbe. Dort erhob sich eine mächtige Eicke. DaS mußte der Punct sein. Dem Officier war eS, al» ob ihm die Brust zerspringen wollt«. Jetzt erblickten sie durch daS Grün hin durch den Stamm, eine Bank und dort eine schlanke hohe Gestalt, Renate. Al» diese die Tritte der Ankommenden vernahm, wrndete sie sich und kam den beiden Freunden entgegen. Ehe Horn etwa- äußern konnte, rief Gustav Tborstraten lustig: „Da ist er". Renate hielt ibm dir Hände entgegen und sprach in ge» rreßtem, erregtem, aber doch festem Ton: „Willkommen in Hamburg. Bringen Sie mir die Rose zurück?' Er ergriff ihre Hand und drückte einen Kuß darauf. „Ja, ick bringe die Rose wieder. Sie war mein Talisman in allen Scklachten und hat mich bei den gefährlichen Ritten durch die Wälder um Orleans ebenso begleitet wie bei dem glänzenden Besuch von Paris. Ich trug sie stets auf der Brust! Hier ist sie." Er gab ihr die gepreßte Blume, die sie sorgsam in ein kleines Täschchen legte. „Na, das kannst Du ja meiner Schwester nock anSführ- icher erzählen. Ich empfehle mich." Mit diesen Worten ehrte Gustav Tborstraten wieder nach dem vorderen Theile deS Gartens zurück. Einige Momente herrschte bei den beiden allein Gelassenen ein verlegenes Schweigen. Dann athmete Horn tief aus und begann: „Fräulein Renate! Zum zweiten Male bin ich nach Hamburg gekommen, um nach einem Glück zu streben, da« mir als das höchste auf der ganzen Welt erscheint. Schwere Kämpf« in meinem Beruf und schwere Seelenkämpfe liegen hinter mir. Mein Her; ist stets daS gleiche geblieben. Es kennt kein anderes Sebnen, Wünschen und Hoffen als Sie, Renate. Darum kann ich Jbnen jetzt als gereister, mit sich klar gewordener Mann sagen, ich würde Sie wie meinen Augapfel hüten, ich würde mein ganzes Leben Ihnen weihen nnd keinen anderen Gedanken hegen als ren, Sie glücklich zu macken, wenn sie mein bescheideneSVeben tbeilen, wenn Sie meiite Frau, dieFrau deS ObcrlieutenantsHorn werden wollten. Unsere Ehe soll eine ungetrllbte, dauernd glückliche sein. DieS isi nur möglich, wenn mein treues Weib in meinen bescheidenen Kreis tritt und mit mir lebt, nicht aber fordert, daß ich in seinem Reichtbum und LuxuS untergehe. Renate, in diesem Sinne lege ich Ihnen mein Herz zu Füßen. Können Sie mich so lieben, daß Sie mir nach Vieser Erklärung die Hank reichen, daß Sie trotzvem mein Weib werden wollen?" War DaS die alte Renate, daS unnahbare, zurückhaltende Wesen von vor einem Jahre? Nein, gewiß nicht. Sie sagte e« ja selbst: „Mein stolzer Freund. Sie sprechen nickt mehr zur gleichen Renate wie damals in Udlenborst. Ich bin eine Andere geworden. Auch ich habe schwere Seelenkämpfe durch gemacht. Aber mein bessere« Ick bat gesiegt. Ick habe er kannt, daß treue Liebe Alle« vermag und mehr bewirkt, als Gewohnheit und Erziehung. — Ludwig, wenn Du mich willst, wir ich bin und hier strbe, ich folge Dir, denn ich liebe Dich." Mehr konnte sie nicht sagen. Seine glühenden Küsse schlossen ihr den M»nd. „Endlich bab' ich Dick errungen. Jetzt haben wir Beirr gesiegt und die Kämpfe sind vorüber. Meine süße, meine holde Braut!" Er zog sie sanft ans die Bank unter der E'cke, und wenn sie zwischen Küssen und Kosen Zeit fanden, so sprachen sie von der Zukunft im bescheidenen Heim in München. Reiiate ging freudig aus seinen Vorschlag rin, wenigsten« bis er Haupt mann geworden, keine andere Zulage seiten« ibreS Vaters anzunebmen, als die Zinsen ihres kleine» mütterlichen Ver- mögen-. „Wirst Du denn ein so bescheidenes Leben auS» halten können?" „Ja, Ludwig, ich halte es aus, weil ich will. Deine Renate wirb eine ganz bescheidene, sparsame Officiersfrau werden, so daß Keiner die reiche Hamburger Kaufherrntochler in ihr vermulhen wird." Neue Küsse lohnten ihr diesen Ausspruch. Nun erinnerten sie sich aber daran, daß Herr Tborstraten sie sicher erwarte. Arm in Arm gingen sie nach der Villa. Ter Kausherr und ein Sohn traten soeben über die große Freitreppe herab. Als sie unten angekommen waren, ließ Renale den Arm ihres Bräutigams loS, lief ihrem Vater entgegen, siel ihm um den Hals und rief ibm jubelnd zu: „Vater, er liebt mich und will mich zur Frau nehmen." Unterdessen war Horn herangetreten, grüßte militairisck respectSvvll und fügte bei: „Ja, Herr Thorstraten, zum zweiten Male trete ich vor Sj« und bitte um die Hand Ihrer Tochter." .,Die ich Jbnen mit Freuden gebe. Mein väterlicher Segen möge Euer Glück begründen!" Nach diesen Worten schob er seine Tochter sanft von sich weg zu Horn, der sie mit dem linken Arm umfaßte und an ich drückte, während er die rechte Hand Herrn Tborstraten reichte, indem er sprach: „Meinen innigsten Dank will ich Ihnen dadurch betkätigen, daß ich bas Glück Renatens als unverrückbares Ziel immer vor Augen haben werde." „Ich glaube eS, denn ich achte und schätze Sie als Ehren mann. Sie haben viel durchgemackt bis zur jetzigen Stunde, die hoffentlich die schwersten Kämpfe Ihres Leben« abschließt. Aber auch ich mußte mich in meinem Innern durchringen, bis ich mich von einseitigen Anschauungen befreien konnte. Wir haben alle gekämpft, aber auch alle siegreich, und wollen hoffen, daß eS u»S in der Zukunft vergönnt ist, daS Er rungene sicher zu erhalten und zu wahren." Nach diesen Worten gratulrrte Gustav Tborstraten auf daS Herzlichste seiner Schwester und seinem Frrunv. Dann begaben sich Alle in einen reizenden Kiosk, in welchem Diener den Kaffee servinen. Herr Tborstraten war anfangs etwa« überrascht, al« er vernahm, wie daS Brautpaar ffch die ersten Jabre seiner Ehe gestalten wollte. Allein er widersetzle sich nicht, indem er meinte: „Die deutschen Officiere haben gezeigt, daß ihr System im Kampfe gegen die b>S 1870 al« mächtigste geltende Armee sich bewährte. Vielleicht ist Hora'S System auch im Kampse des Leben- das richtige Jevrnsalls kann ick eS nur anerkennen und ibm sehr nacksüblen, daß er in srmem Hause der Herr und nicht der Abhängige seiner Frau sein will." Somit war auch in dieser Frage volle Einmürhizkeit erzielt. EinS aber ließ sich der alte Herr nicht nehmen. „Die Hoch zeit sollt Ihr so feiern, wie es sich für die Tochter des Kauf herrn Thorstratrn geziemt. Da« müßt Ihr mir überlasten. Wan» wollt Ihr denn heirathen?" Erröthenv sab Renate zu Boden. Horn aber bemerkt« rasch: „Lieber Schwiegervater! In unseren Herzen sind wir ja schon lange verlobt, eigentlich seit »einer Reconvaletcenz in München, also rin Jahr. Vom 1. October an bin ick so sehr in den Dienst gebannt, daß ich nicht mehr um Urlaub bitten kann. Laste» Sie uns noch im September heiratbcn!" Der alt« Herr besann sich kurz. Dann meint« er: „Gut, es soll sein. In drei Wochen feiern wir Euere Hochzeit. Dana könnt Jkr freilich keine Reise mehr machen. Ihr habt nur fünf bis secks Tage Zeit, um nach München zu fahren." „DaS schadet nicht, lieber Schwiegervater. Ein Lieute« nankSpaar braucht auch nicht viel in der Welt umherzureisen. DaS kommt vielleicht später" Jetzt telegraphirte das Brautpaar an Frau Horn und an die Familie Strecker nach München. Dann gab es endlos viel anzuvrdnen. Horn blieb noch drei herrliche, glückliche Tage in Blankenese. Hierauf kehrte er nach München zurück, um eine Wohnung zu suchen. Gustav Tborstraten besorgte mit Renate in Hamburg die ganze Aussteuer seiner Schwester, da der alte Herr erklärte, eine LieutenantSeinrichlung verstehe er nicht zu kaufen. Auch ihren Bruder mußte Renate immer mäßigen, weil sie besorgte, zu kostbare Gegenstände könnten een Unwillen ihres Bräutigams erregen. Am 25. September 187 l fand die Hochzeit statt. Der Glanz dieses Festes gab den Hamburgern lange Leit Stoff zu bewundernden Gesprächen. Am Abend dieses Tages brachte daS junge Paar einer der eleganten Wage» reS Tborstraien'scken Hauses zur Baku, Gustav und die näheren Bekannten der Familie gaben zum Bahnbof das Geleite. Erster Elaste reisten sie nack Berlin. Von dort aber fuhren sie nach einem dreitägigen Aufenthalt bescheiden in der z eiten Elaste nach München. Unterdessen war Frau Rath Horn mit MeckkildiS Strecker vorauSgrreist, um das neue Heim des jungen Paares zum Empfang vorzubereiken. Am 29. Sepwmbrr kamen die Neuvermählten an und traten unter Blumenguirlaudeu in ihre bescheidene Wohnung. Nur da- einzige Tienstiuädchei, und der getreue Witzelberger waren anweiend. Und doch fühlte sich di^ junge Frau überaus glücklich und völlig zufrieden. Sie lebte sich bald in die neuen Verhältnisse ein und bewies ibrem Gatten, daß sie wirklich eine einfache LieutenantSsrau sein konnte, weil sie eS wollte. Im nächsten Weihaachtsurlaub machten beide eine Reise »ach Hamburg, um den Christabend mit Vater und Sobn Tbo>st>aten zu feiern und um dann in Dresden der Hochzeit seine» sächsischen Freunde«, deS Lieutenant« von Giävenbeim, beizuwohnen. Man merkte diesem jungen Ehemann kaum an, daß er ein künstliche- Bein trug. Auch da« Ärävenhcim'sche Paar schien einem dauernden Glück entgegrnzugehen. Nach zweieinhalb Jahren wurde Horn zum Hauptmann im Generalstab befördert. Bald darauf tras ein Brief seines Schwiegervater- rin, baß jetzt die Renaten gestellte Pi üsunzs- rit vorüber lei und er daher sick erlaube, seinem Schwie-jer« ohn «in kleine» Geschenk zu macken Es war die U> künde über die Schenkung einer sehr schönen Villa in München, nebst Stallung, Pferden und Wagen. Dazu eine jährliche Revenue von SO 000 Mark. „Mein geliebter Mann, nun zeige auch Du. daß Du Dich selbst betämpsen und mir zulieb so leben kannst, wie ich eS gewohnt war und nur leinet regen aufgab. „Mir Freuden, mein Herz! Wer so schwere Kämpfe bestanden hat. wie wir, der wird auch durch die Prüfungen, die der Reichthum auferlegt, siegreich hinvurchgehrn."
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