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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 23.10.1895
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1895-10-23
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18951023011
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1895102301
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1895102301
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1895
- Monat1895-10
- Tag1895-10-23
- Monat1895-10
- Jahr1895
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Tabellarischer und Zissernsatz nach höherem Tarif. Extra-Beilagen (gesalzt), nur mit der Morgen-Ausgabe, ohne Postbesörderung 60.—, mit Postbesörderung ^ 70.—. Annahmeschluß für Anzeigen: Abend-Ausgabe: Vormittags 10 Uhr. Morgen-Ausgabe: Nachmittags 4Uhr. Für dir Montag.Morgrn-Ausgabe: Sonnabend Mittag. Bei den Filialen und Annahmestellen je eine halbe Stunde früher. Anzeigen sind stets an dir Expedition zu richten. Truck und Verlag von E. Polz in Leipzig. 513. Mittwoch den 23. October 1895. 89. Jahrgang. Amtliche Bekanntmachungen. Bekanntmachung. DaS 11. Stück des diesjährigen Gesetz- und BerordnnngS- ÜlatteS für das Königreich Sachsen ist bei uns eingegangen und wird bis zum 9. November d. I. auf dem Rathhaussaale zur Einsichtnahme öffentlich aushängen. Dasselbe enthält: Nr. 52 Verordnung, die Besetzung der Subaltern- und Unterbeamten stellen mit Mititairanwärtern im königlich sächsischen Staats dienste betreffend, vom 8. October 1805. Leipzig, den 21. October 1895. Der Rath der Stadt Leipzig. Or. Georgi. Kruinbiegel. Bekanntmachung. Nachdem der seitherige Ratdsreserendar Herr Arno tzlcmc»S Bcrthold die zur Erlangung eines selbstständigen Richleramtes erforderliche Prüfung mit Erfolg bestanden hat, ist ihm die Stellung als RathS- asscssor von uns verliehen worden. Leipzig, am 21. October 1895. Der Rath der Stadt Leipzig. vr. Georgi. Größe!. Erneuert wird unsere Bekanntmachung vom 3. Juli 1894, betr. den am 13. Juni I84l in Lübau geborenen Lackirer Ernst Moritz Adolar Rnck, welcher zur Fürsorge für seine Familie anzuhalten ist. Leipzig, 17. October 1895. Der Rath der Stadt Leipzig. Armenamt. ^ -K. VI, 2104. Henlschel. Metier. Gesucht wird der am 25. Februar 1867 in Beetzendorf geborene Musiker Friedrich Karl Fricke, welcher zur Fürsorge für seine Familie an- zuhalten ist. Leipzig, den 10. October 1895. Der Rath der Stadt Leipzig. Armcnamt. K. IX Xc>. 661b. Hentschel. M. In Verwahrung des Unterzeichneten Polizeiamtes befindet sich ein Hochrad als herrenlos, welches bereits vor einigen Monaten in einem Grundstücke eingestellt morden ist. Zur Ermittelung des Eigenthümers wird dies hierdurch bekannt gemacht. Leipzig, den 18. October 1895. Das Polizeiamt der Stadt Leipzig. Bretschneider. Ml. Oefftntliche Sitzung der Handelskammer Freitag, den 25. Oktober 1895, Nachmittags 6 Uhr, in deren Sitzungssaal, Neue Börse, Tr. 4c, I. Tagesordnung: 1. Registrande. 2. Bericht des Verfassungs- und Wahl-Ausschusses nnd des Handelsschul.Vorstandes über die Frage der Ausbildung von Versicherungs-Technikern und von Handclsschul- Lchrern. S. Bericht des Handelsgesetzgebungs ° Ausschusses über einen Gesetz.Entwurf, den Verkehr mit Handelsdünger, Kraft- fnttermittcln, Sämereien und Saatgut betr. 4. Bericht des Zoll- nnd Steuer-Ausschusses über ») die von der Handelskammer zu Halle mitgetheilte Eingabe, die Tara- Vergütnng für Honig bei der Einfuhr in Fässern betr.; b) desgl. von der Handelskammer zu DntSburg, die Dcna- turirung von Banmwollsamcnöl betr. ö. Bericht über die Brannschweiger Conserenz von Vertretern kansmännischcr FortbilvnngSschnlen und bei solchen bcthciligter HandelSkörpcrschasten. Sonnabend, den 26. Oktober er., von Vormittags 10 Uhr ab, soll im Geschäftszimmer des Proviantamtes zu Leipzig, Pleißen« bürg, Thurmhaus 2. Stock, eine Partie Roggcnkleie. Fntzmehl rc. öffentlich an den Meistbietenden gegen sofortige Baarzahlung ver steigert werden. Leipzig, am 21. October 1895. Kgl. Proviantamt. Bekanntmachung. Von Herrn Kgl. Sachs. Friedensrichter Bruno Engelberg, hier, 7- Sch. 5.— Sühne in Sachen A. - 5.— - B » A. * 10.— » B G. 43.50 * » H. - 5.— - B - W. » 3.— - - W. 2.— - « W. 25 — - F « D. - 5.— B - F. - 3.— - * - D- 10 — B » <» Sch. B 20.— - - Fr- 1 — Geschenk- B H. 137.50 V. V. 7- '/. B. Leipzig, den 22. October 1895. Der Vorstand des Samariter-Vereins. Anton Siebe rt, z. Z. Schatzmeister. Die Beitragsmarke. Zur Reform -es Ltebegesetzes. ii. Die Beseitigung der »lebemarke. ES giebt zwei Richtungen, in denen man eine Abhilfe gegenüber dem derzeitigen Zustande erstreben kann, je nach dem man die Beitragsmarke beibebält oder verwirft. Für den erstrren Fall enthält das Gesetz selbst bereits einen Fingerzeig. ES gestattet die Entrichtung der Beitrags marken nicht durch die Arbeitgeber, sondern durch die Ge meindebehörden oder Krankencassenorgane. Abgesehen von den Kosten dieses Verfahrens, augenblicklich 4 Proc. des BeitragSmarkenerlöseS, und bei allgemeiner Durchführung wahrscheinlich 6 und mebr Proceot, ist das Verfahren selbst ein durchaus nicht empfeblenSwerthrr Evmpromiß, den di« preußische Regierung ursprünglich verwarf, gegenwärtig aber nickt mehr in dem Grade für verwerflich zu halten scheint. Die Einführung ist bisher gewagt und Wohl überhaupt möglich gewesen nur in Städten und hoct'cultivirten Districten, z. B. im Königreich Sachsen. Es bedarf keiner weiteren Ausführung, daß in vielen ländliche» Ortschaften Preußens schwer eine Persönlichkeit zu finden wäre, welche die für die Herbeisnhrng einer allseitigen Markenentrichtung genügende Sachkenntniß und gleichzeitig Autorität besäße. Dazu ist die Sache dock zu wichtig, um, soweit überhaupt durchführbar, zum GeschäflSberufe der Dorfschreiber zugetbeilt zu werden. Der Krebsschaden dieser Art Markeneinziebung ist ihre notorische Oberflächlichkeit. Wem leuchtet es nicht ein, daß die Anmeldung in die Hebeliste — und ohne eine solche ist die Einziehung nicht ausführbar — nur bei ständigen Ar beitern im Großen und Ganzen erfolgen wird? Gerade der jenige Arbeiter wird dabei zu kurz kommen, der die Seg nungen der Alters- oder Invalidenrente am meisten bedarf, nämlich der unständige Arbeiter, der heute hier, morgen dort tagelöhnert, der bei Arbeitsniangel zuerst fortgeschickt und bei Arbeitsbedarf zuletzt angenommen wird, der am ehesten die Subsistenzmittel verliert. Jeder Aenderungsvorschlaz wird daraufhin in erster Linie geprüft werden müssen, in wieweit er diesem Tbeil der Arbeiterschaft die möglichste Gerechtigkeit widerfahren läßt. Es wird demnach nur die Beseitigung der Beitrags marke ins Auge gefaßt werden können. Letztere müßte hauptsächlich in drei Punkten ersetzt werden: 1) als Bei tragsnachweis, 2) als Nachweis der Wartezeit, 3) als Steigerungsmoment bei der Rentenberechnung. Zu 1. Das Fallen des Beitragsnachweises setzt einen anderen Modus der BeitragSaiifbringung voraus. Derselbe ist sozusagen naturgemäß in den Steuern gegeben. Die Form würde etwa folgende sein: Im Etat des Reiches wird ein Soll für Ausgaben von Renten und Berwaltungskosten vorgetragen und quotenweise (z. B. nach Maßgabe der Rentenzahl) in Form der Erhöhung der Matricular- beiträge den einzelnen Bundesstaaten überwiesen. Schon gegenwärtig berechnet das Rechnungsbureau des Reichs- Versicherungsamtes den vierteljährlich pränumerando an die Oberpostdirectiou für die laufende Rentenzahlung vorzuschießenden Betrag. Derselbe würde sich um die Kosten von staatlicher Seite zu prüfenden AnstaltSetats erhöben. Die Aufbringung der dem einzelnen Staate zur Last fallenden Summe würde innerhalb des letzteren im Steuerwege erfolgen. Die segensreichen Wirkungen dieser Art der Beitrags erhebunzen brauchen kaum angedeutet zu werden. Einmal wird der einzelne Steuerpflichtige nach dem Maaße seines Einkommens, nicht nach dem zufälligen Moment der Anzahl gelohnter Arbeiter berangezoaen. Ferner wird die Beitrags last von den zur Zeit im Wesentlichen belasteten Schultern der Gewerbe genommen und auf die Schultern Aller ver- tbeilt. Was bedeutet daS in heutiger Zeit für den Land- wirtb, den Handwerker, den Industriellen! Der Landwirth zahlt jetzt überall das Doppelte, im Osten stellen weise auch das Dreifache der Grundsteuer an Bei trägen, im Osten deshalb mehr, weil der Besitzer dort seinen Arbeiter, um ihn zu halten, das ganze Jahr hindurch löbnen muß. Der westliche Besitzer braucht ihn durch den Winter nickt zu halten, da er im Frühjahr doch wieder an- zieht, sobald er ihn braucht. Ferner — der Handwerker, welcher Gesellen und Lehrlinge beschäftigt, wird von seiner ihn oft kaum ernährenden Arbeit mit 30—40 ^ Beiträgen — abgesehen von seiner Gewerbesteuer — besteuert, während z. B. ein Zinsner, der ein Dienstmädchen hält, mit 3 bis 5 pro Jabr wegkommt. Die Industrie trägt nebst der Landwirthschafl wohl am schwersten an dem Gesetz, weil beide Gewerbe, außer durch die Jnvaliditäts- und Alters versicherung, auch durch die Unfallversicherung niit ihren hohen Reiilen belastet sind. Man blicke in die Geschäfts berichte großer Eisen- und Bergwerke, z. B. in den der Ver einigten Königs- und Laurabütte für daS Geschäftsjahr 1893/94; darnach wurden während eines Jahres, abgesehen von den Arbeitslöhnen, zu Gunsten der Arbeiter aufgewendet 834 555 ./k bei 4 proc. Dividende im Gesammtbetrage von 1 080 000 DaS sind Zahlen, die zu denken geben. Die Gewerbe liegen mehr oder weniger sämmtlich darnieder. Der dessen ungeachtet ständig sinkende Zinsfuß ist mehr, als irgend sonst Etwas ein politisch bedeutsames Symptom dafür, wie gering das Zutrauen der besseren Elasten zu den Zuständen ist. Da fällt jede Erleichterung ins Gewicht. Zu 2. Die Schwierigkeit der Beseitigung der Beitrags marke liegt darin, daß mit ihr zugleich der Nachweis für die Wartezeit fällt. Man muß also einen Schritt wagen, den man bisher zu wagen gescheut hat: man muß diesen Nachweis überhaupt fallen und an dessen Stelle ein ab gekürztes Beweisverfahren treten lassen. WaS man an Beweis zu fordern für unerläßlich hält, ist Sacke einer mehr technischen Erwägung und ibre Erörterung im Einzelnen würde hier zu weit führen. Die Schwierigkeiten sind nicht unüberwindlich, jedenfalls nicht bedeutend genug, um gegenüber dem Maß von Widerwillen und Unzuträglicbkciten, die sich an das Gesetz geheftet haben, dauernd in die Waag schale zu fallen. Folgende Gesichtspunkte werden mehr als bisher ins Auge gefaßt werden müssen. Es kommt darauf a», die Beweisdccumente nicht, wie bisher, für jeden Ver sicherten im Voraus aufzuspeichern und dadurch die Thätig keit des PublicumS nnd der Behörden unverbältnißmäßig anzuspornen, sondern den Beweis erst im Augenblick teS Renlenaittrages selbst zu fordern und zu beschaffen. Damit würde die Lluittungskarte und deren Aufbewahrung über flüssig; das allein schcn ist „ein Ziel, auf's Innigste zu wünschen!" Der Beweis für Arbeitsleistung müßte ferner leicht beschaffbar und nickt derart in die Willkür der Arbeit geber und -Nebincr gestellt sein, wie dies bei der Beitrags marke der Fall ist. Sodann müßte das eigene Interesse des Arbeitnehmers mebr als bisher verwerthet werden; ein solches ist in rer Hauptsache erst vorhanden, wenn der Antrag auf Renie gestellt werden soll. Vorher wird er im Grunde weni§ Interesse daran haben, ob ihm Marken geklebt werden orer nicht. Diese weitanSschauende Fürsorge ist nicht Sache Jemandes, dessen Hauptsorge daS Morgen ist. Zu einer E-ns.-u-,« d« "L"-« wird demnach eine fernere Aufgabe ^ ^ Grundlagen Anhalt und unter Währung der bere, 9 w° j^r ergebende die Neuordnung vorzunebnien. Du dab i ich ^ ^ Polizei- LL L' Zu 3. Ter Umstand, daß d.e BectragSma ke a s oremen steigerungsmittel wegfällt, schafft d'- v°n d-r R-.chsr-g,er g stets angcstrebte Möglichkett -.n-r E.nhe.tsren , ^b^-m-r Rente, die im ganzen Reiche gleich hoch Steigerung nach einer Jahresscala (z.-ö-nach le 10 ^ per auuum). Noch bei der dritten Lesung d-sG-'-tz-s v°'N 22. Juni 1889 erklärte der Herr SlaalSsecretarr °- ^ . daS Parlament möge seinem Rathe folgen und die Ein renle statt des gegenwärtigen complicirlen Berechnung syl damil -m, m,I,l g-,i»g- B-rm-bru», k» Lur-^.>r , c„ schlossen- Sache. Hierbei erzielst sich auch die ' einem der bösesten Uebel des Geietzes zu begegne». . zulänglichkeit der Rente. Es wäre ein Durchick'nlttsnnninium von z. B. 120^ für Altersrente und 250 -^ sur Invalide! ' reine zu normiren (für die Altersrente deshalb niedriger, well sie ErwerbSfähigkeit und damit die Möglichkeit, zu verdienen, voraussetzt, also einen Zuschuß darsteUt). Z^)llos sind v Gesuche und Berufungen der Invalidenrente» - Empfänger um Erhöhung der Rente, unter der Begründung, daß man mit einer Jahresrente von 110 — 120 -4t weder leben, noch sterbe» könne. Für diesen Betrag ist auch der iiotbvurstiglte Unterhalt sehr schwer, oft unmöglich zu be,Lasten. Ter Betreffende bleibt schließlich doch theilweise der Armen pflege überlassen, und ein halber Bettler ist so gut, wie ein ganzer. Zum Schluß sei noch eine wichtige Consequenz der Beitragsbeseiligung erwähnt, daß nämlich die Vermogens- auhäusung durch die Versicherungsanstalten aufhort. Man vernimmt auch darüber bittere Klagen im Lande; man kann die sckröpfkopsartige Enthebung des Geldes, welche auf diese Weise die erwerbenden Elasten trifft, nicht verwinden. ES bietet sich also vielfacher Anlaß zu einer gründlichen Neuregelung der Arbeiterversicherung; möge bald und glücklich Hand an dieselbe gelegt werden! " l'l'l' Deutsches Reich. * Leipzig, 22. October. Im Sprechsaal der „Leipziger Zeitung" lesen wir heute Folgendes: „Jüngst las ich in meinem Shakejpeare Richard III. 1. Auf zug 1. Scene — Richard spricht: „Anschläge mach,' ich, schlimme Einleitungen, Durch Weissagungen, Schriften, Träume, Ilm meinen Bruder Clarence und den König In Todfeindschaft einander zu verhetzen Und ist nur König Eduard treu und echt, Wie ich verschmitzt, falsch und verrätherisch, So muß heut' Clarence eng verhaftet werden." u. s. f. Wer denkt dabei nicht an die Vorkommnisse neuester Zeit und besonders an den Brief des Herrn Stöcker vom 18. August 1888?" ^ Berlin, 22. October. Im Reichstagswahlkreis Dort mund-Hörde soll am 25. d. Mts. die Ersatzwahl statt- sinden. Die Wahlagitation dortselbst scheint aber nach außen hin nicht wieder mit derselben Ucberanstrengung aller Kräfte, wie bei früheren Gelegenheiten, sich abzuspielen. Warum dies der Fall ist, wird vor der Wahl nicht gut sestzustellen sein. Es ist wobt möglich, daß namentlich die Socialdemo- kratie fick überwiegend auf die Geschäftigkeit im Stillen, auf das Wühlen und Verhetzen von Mann zu Mann verlegt. Jedenfalls wäre es voreilig, aus der äußerlich verminderten Betriebsamkeit dieses Gegners den Schluß zu ziehen, daß seine Kräfte nachgelassen haben, obwohl man annehmen sollte, daß Mancher, der nicht hören wollte, aber nun fühlen muß, sich von dem Vertrauen zu dem socialrevolu tionären Allheilmittel bekehrt hätte. Der Futterneid an der Krippe, dessen Zeugen die Partcitagdelegirtcn nun schon zum zweiten Male gewesen, hat in Westfalen — man kann nicht einmal sagen, im Kleinen — sein Gegenstück, und gerade der Dortmunder Candidat vr. Lütgcnau ist cs, der dabei als „Beneideter" eine passive Rolle spielt. Man bat ihm die Reise nach London zur Todtenseier für Fr. Engels, bezw. die aus der Parteicasse dazu entnommenen 80 nickt mebr ver gönnt. Ja, wenn es nur diese Summe allein gewesen wäre, — der verbältnißmäßig bestgelohnte Arbeiter des Dortmunder Montanbezirks wäre deswegen schwerlich aufsässig geworden. Aber es kommt auch dort Eins zum Andern. Der Berg- arbeitcrverband mit seinen Zahlstellen hat fünf Jabre lang harte Arbeitersteucrn beigetrieben, um kläglich zusammen- zubrecken, ehe die Beiheiligten auch nur das Geringste davon profitirt hatten. Mit anderen Eassen- und mit Eonftim- vereinsverwaltern machen die Bergleute immer auss Neue bittere Erfahrungen, und schließlich werden dieses ewigen Steuerzablcns, Genossenspielens und — MundbaltenS, wenn nicht die Männer, dann um so mehr die Frauen überdrüssig Kommt nun eine Erfahrung hinzu, wie dic v », Breslauer Partei tag. wo die „Mordarbeit" in socialbemokratischen Betrieben von der souveränen Mebrbeitsweisbeit der Delegirten feie» Uch approb.rt andererseits jeder Reformgedanke, ja selbst das Schillern ms Positive mAcktt und Bann gclban wird, so müßte cs eigentlich seit,am zugcben. wenn eine Arbeiterschaft wie die ^ Dortmunder B-rgr-v'erS noch in derselben Zahl, wie 1893, butter den Socialdemokraten herlaufen würdet zumal da letzt nicht mebr ein Tvlcke. sondern ein vr. Lütgenau candidirt vlenrn hat man, nachdem er da« Greisenaller erreicht btt», m TN. *W ft,nen Nachfolger Mit des Eand.daten regen sich weit weniger Sympathien. Doch mag bas alle« so sich verhalten- die Beispiele der jüngsten Vergangenheit aus anderen Wabl^ reisen asten eS dennoch gcratben erscheinen, daß die bürger- lichen Parteien sich vorseben. Man hat offenbar im revolu- "7 2la""'°nSmetbode gewechselt, zeigt sich nach außen hm so gut wie gar nickt, gleichsam nur der S°rm wegen, ag.tln aber desto eifrkger i.n .7^ Kreis. Vertrauensmänner sieben ja in jeder Werkstatt und fabren mit in jeden Schacht ein; unter vier Augen läßt sich auch das Bedrückungs- und Einschüchterungsverfahren, dem die Socialvemokratie zwei Drittel ihrer Stimmen verdankt, rücksichtsloser betreiben, und überdies bat es nicht so viele Proteste im Gefolge, deren Kosten schließlich doch auch ins Gewicht fallen. Also vorläufig heißt eS nach dieser Seite hin: abwarten, was der 25. October bringt. Dagegen klärt sich allmählich das Gefechtsfeld nach der andern Seile, wen» auch des Erfreulichen nicht eben viel dabei sichtbar wird. Von der Ferne und auf ^den ersten Blick könnte es wohl scheinen, als sei ei» gutes Stück bürgerlicher Zerklüftung und Zerfahrenkeit überwunden. Früher pflegten die Freisinnigen noch ihre Stimmen dort zu zählen. Diesmal sind sie nicht auf dem Plane. Auch Antisemiten bat man früher einmal auftrelen seben. die jetzt nicht mehr wiederkehren. Tbatsäcklich stehen nur der bisherige Abgeordnete Möller und unverwüstlich derselbe Centrumscaiidibctt Len sing noch im Felde. Aber das an fänglich betonte Verlangen nach gegenseitigem Einvernehmen, insoweit es sich^ um die gemeinsame Bekämpfung des revolutionären Socialisten handeln würde, hat auf der klerikalen Seite gerade nur so lange vorgewaltet, als mau Zeit gewinnen ^wollte, um den Concurrenten zu überholen. Seit einigen Tagen verschmäht Herr Lensing kein Mittel mehr, uni den nationalliberalen Gegner im Ansehen der — Arbeiterschaft herabzusetzen. Glaubt man etwa, daß Herr Lensing in die Lage kommen würde, Sticbwablhilft von den Socialvemokraten zu benötbigen? Dann ist ja die ver änderte Taktik verständlich. Nur wäre es dann sehr sonderbar, daß Herr Lensing in seiner „Tremonia" auch die Frage aufwirft, wie sich die Nationalliberalen etwa verbalten würden, wenn er mit den Socialvemokraten in die Stich wahl käme, also Herr Möller im ersten Mahlgang aussiele. Nach dem, was vorausgegangen, könnte er sich hierauf auch die Antwort selbst ertheilen: eS bängt Alles davon ab, ob die Provocationen und die persönlichen Angriffe auf den nationalliberalen Candidaten bis zum 25. October so fort- dauern. Denn „angefangen" wurde im klerikalen Lager. Es war schon ein starkes Stück, daß der „katholisch-sociale Cursus" nach Dortmund verlegt und gerade in der Woche vor der Wabl abzebalten wurde, nur damit die docirenden Kathedersvcialisten und Parteiführer Hitze, Lieber, Bachem nebenamtlich auch „katholische" Volksversammlungen abbalten konnten, in denen nach Allem, waS man hört, die christliche Nächstenliebe starken Schaden genommen hat. Namentlich soll vr. Lieber in der Pose des beleidigten Katholiken, dem der ganze innere Mensch knirscht, des Guten mebr als zu viel gethan haben. WaS dabei an Verdächtigung der Nationalliberalen abzufallen pflegt, weiß man ja. Gerade diese Art von einseitigstem Angriff auf die bürgerlichen Mitbewerber im Kampf gegen rie Socialdemokratie hätte man sich sparen müssen, wenn man letzteren Kamps als den Hauptzweck verstehen wollte. So wie dic Dinge durch die Veranstaltung der (wie ein Redner des katholischen Volksvereins sich austrückte) „fliegenden Uni versität" sich entwickelt hatten, war minvestens das Vorbild der verständigen Zusammenfassung der bürgerlichen Kräfte im Kampfe gegen die socialrevolutionäre Bewegung wieder einmal getrübt. Was Herr Lensing dann noch auf die eigene Kappe genommen, reicht so ziemlich aus, um das von der Dortmunder Waklbewegung erwartete gute Beispiel vollends zu verpfuschen. Viel nützliche Anregung wird sich also in die anderen, von der Socialvemokratie bedrohten Kreise schwerlich sortpflanzcn. * Berlin, 22. October. Unter den conservativen Blättern bat der „Reichsbote" sich in neuerer Zeit durch ver ständiges Unheil, durch die Abweisung abenteuerlicher Projecte ausgezeichnet. Um so charakteristischer für die herrschende Neigung, die Weltverbesserung aus dem Acrmel zu schütteln, ist es, daß man in dem genannten Blatte über Gcschäfts- gewinne Folgendes liest: „Wo der Gewinn eines Geschäfts allzu weit über den sonstigen Arbeitsertrag hinansreicht, da mußte der S:actt das Recht haben, das, was über eine gewisse Grenze hinaustiegt, für sich, v. h. für das Jnlercsse der Gefammtheit zu reclamiren. Wenn wir jetzt zahlreiche industrielle Unternehmungen sehen, welche lO, 20, 30, ja 100 und mehr Procente Dividenden an ihre Acrionaire zahlen, die zur Erzielung dieses Gewinns keine Hand gerührt, iondein lediglich ihr Capital hergegeben haben, und bemerken dann, wie der Arbeiter, durch besten Arbeit der große Gewinn erzielt ist, darben muß, und wie andere Unternehmungen, wie die Landwirthschafl und das Handwerk, kaum noch wissen, wie sie bestehen sollen» gleichwohl aber zur Erhaltung der gesellschaftlichen Ordnung mehr beitrage» müssen, als jene gewiniire>che» Geichäfte, die doch nur auf dem Boden dieser Ordnung möglich sind, so ist es unseres Erachleus nicht mehr wie recht und billig, daß der Staat berechtigt sein jollle, zu sagen, was anGeschäflsgewinn über 8 oderlOProcenk hinauslicgt, das muß in die Staatscasse abgeführt werde», um hier im Interesse der Gejammtheit und zur Erleich terung der anderen Elasten verwendet zu werden." Äas in der Auseinandersetzung des „Neichsboten" Wahres ist, bat in der Gesetzgebung schon insofern ziemlich Beachtung gesunden, als die großen Einkommen verbältnißmäßig stärker der Besteuerung unterliegen, als die kleinen. Was aber i»r Allgemeinen den Anspruch des Staates auf Antheil am Ge schäftsgewinn betrifft, so scheint der „ReichSbote" sich nickt die Frage voraelegt zu baben, ob der Staat, der den Gewinn über 8 orer lO Proc. einzieben soll, auck denjenigen Betrag zulegen soll, um welchen der Gewinn geschäftlicher Unternekmungen hinter dem üblichen Zinssatz zurückbleibt, und ob er die Verluste erstatten soll, die bei solchen erlitten werden. Der „Reichsbote" legt seiner Erörterung die Dividenden der Acticngesellschaften zu Grunde, die ja in der Tbat vermöge ihrer Oeffentlicbkeit dazu geeignet sind. Nun weist der EourSzettel, abgesehen von den Versicherungs-Gesellschaften, bei denen besondere Verhältnisse, namentlich Garantie- Verpflichtunzen. obwalten, nur ein einziges Unternehmen auf, für welches die Bemerkung von den „100 und mehr Procenten" zutrifft: es bandelt sich da um die erste Verwendung der GaSgl üblicht-Erfindung. Im Allgemeinen ist die Zahl der Unternebmungcn, welche nach dem Vorschlag ^dcS „ReickSbotkn" ein Plus des GescbästSgewinns an de» Staat adzugeben hätten, kleiner als die der Gesellschaften, welche mäßige oder gar keine Divi denden bezahlen und daher, namentlich im letzteren Falle, ihren Actionairen Capitalverluste bereiten. Wenn Jemand
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