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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 10.01.1896
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1896-01-10
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18960110014
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1896011001
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1896011001
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1896
- Monat1896-01
- Tag1896-01-10
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Uuiversität-straste 1, LaniS Lösche. Satharinenstr. 14, Part, und König-Platz 7. Morgen-Ausgabe. Anzeiger. Ämtsvkatt des Königlichen Land- und Amtsgerichtes Leipzig, des Rathes und Polizei-Amtes der Stadt Leipzig. Anzeigen'PreiS oie 6 gespaltene Petitzeile 20 Pfq. Reclamen unter dein RedactionSstrich i4 ge spalten) 50^, vor den Aamiliennachrtchtrn <6gespaltea) 40»j. Gröbere Schristen laut unserem Preis > verzeichniß. Tabellarischer und Ztssermatz »ach höherem Tarif. tieMra-Beilagen (gesalzt), nur mit der Morgen - Au-gabe, ohne Postbeförderung -4 00.—, mit Postdesörderung ^ 70—. Ännahmeschlnk für Anzeigen: Abrnd-Ausgabe: Vormittag« ly Uhr. Morgen-Ausgabe: Nachmittag- 4Uk»r. Für die Montaa-Morgrn-Ausgabe: Sonaavend Mittag. Bei den Filialen und Annahmestellen je eine halbe Stunde früher. Anzeigen sind stet- an d«e Expedition zu richten. Druck und Verlag von E. Polz in Leipzig. Freitag den 10. Januar 1896. 98. Jahrgang. Das künftige bürgerliche Gesetzbuch. XLll. Besitz. Etgenthum an Grundstücken. Boa vr. für. W. BrandiS. Nachdruck verboten. 9« Sprachgebrauch« de- Leben- versieht man unter dem Besitzer einer Sache den Eigentbümer und gebraucht das Wort Besitz gleichbedeutend mit Eigentbum. In der RechlS- szrach« bedeutet Besitz nur die thatiächtiche Gewalt über die Sache» und Besitzer ist Derjenige, welcher die Sache in seiner Gewalt hat. Auch Pächter und Mietber sind im Besitze des HauseS; Derjenige, dem ich meine Sacke geliehen oder zur Aufbewahrung gegeben bade, besitzt sie während dieser Zeit. Wer eine Sache von einem Diebe kauft und erhält, wird nicht deren Eigenthümer, weil der Dieb kein Eigentumsrecht an der Sache bat und deshalb keins übertrage» kann, aber der Käufer besitzt die Sache, und zwar als ihm gehörig, und insofern unterscheidet sich ein solcher Besitzer, der Ent wurf sagt: Eigenbesitzer, von dem Pächter, Mietber, Ver wahrer u. s. w. In den meisten Gebieten des deutschen Reiches sind die letzteren gegen Störung des Besitzes durch Dritte nicht geschützt. Wird dem Pächter, Mietber u. s. w. die Sache weggenommen, so kann derselbe sich nicht unmittel bar an den Störenfried halten, sondern muß sich erst an den Eigenthümer wenden, damit dieser die Rückgabe oder die Unterlassung der sonstigen Störung fordere. Der Entwurf will beiden Personen, sowohl dem Eigentbümer als auch dem Besitzer, die gesetzlichen Rechtsmittel gegen verbotene Eigen macht geben, d. h. gegen Jeden, der den Besitz stört oder ent zieht. Auch eine andere willkommene Besugniß wird dem Besitzer verliehen, nämlich wenn die besessene Sache auf ein fremdes Grundstück gelangt ist, von dem Besitzer die Ge staltung der Aufsuchung und Wegschaffung zu verlangen; der hierbei entstehende Schaven ist dem Besitzer des Grundstücks natürlich zu ersetzen, und es kann derselbe nölhigenfalls vorher Sicherheit hierfür verlangen. DieRechrssätze über den Eigentbumöerwerb und die Belastung von Grundstücken stellt der Entwurf nickt vollständig auf, sondern überläßt mit Rücksicht auf die in den einzelnen Staaten sehr verschiedene Entwickelung gerade dieses Rechts gebietes die Regelung des BerfahrenS und die Bestimmung der Behörden der Landes-Gesetzgebung. Die Grundlagen hierfür sollen allerdings von Reichs wegen festgestellt werden, aber nicht im bürgerlichen Gesetzbuch?, sondern in einer be sonderen Grundbuch - Ordnung, deren Entwurf gleichfalls vor liegt. Die mehrfach gewünschte Ueberkragung der Grnndbuchgeschäfte an die Amtsgerichte einheitlich im ganzen Reich ist in dem Entwurf nicht vorgesehen, vielmehr ist in das Ermessen der einzelnen Staaten gestellt, ob sie die Grund- buchführung den zur Zeit damit betrauten Kataster- oder sonstigen Behörden belassen wollen. Für Zufügung von Schaden durch Schuld von Grundbuchbeamten ist von der Commission eine Vorschrift in Aussicht genommen, wonach bei Unvermögen des betreffenden schuldigen Beamten der Staat hastet. Von den Erwerb und Inhalt des EigenthumS betreffenden Bestimmungen dcS Gesetzbuchs-Entwurfs hebe ich die folgenden hervor. DieA »slassung soll außer vor dem zuständigen Grundbuch amt auch vor jedem anderen Gerichte, sowie vor einem Notar abgegeben werden können. Die „gleichzeitige Anwesenheit beider Tbeile" ist erforderlich. Gruiideigenthllm kann aber außer durch Eintragung im Grundbuch auch durch Erbgang nnd eheliche Güter gemeinschaft erworben werde». Daneben spielt auch die Ersitzung noch eine Nolle. Wer ein Grundstück, das nicht im Gruntbuche eingetragen ist, seit dreißig Jahren als ihm gehörig besitzt, kann im Wege des AufgebvtsverfahrenS den etwaigen Eigentbümer mit seinen Reckten ausschließen lassen. Andererseits kann Jemand, der rechtswidrig als Eigenthümer in das Grundbuch eingetragen ist, das Eigenibum erwerben, wenn er dreißig Jahre das Grundstück besessen und die Eintragung während dieser Zeit bestanden hat. Schon auS dem zuletzt Gesagten ersieht man, daß der Ein tragung in das Grundhuch keine rechtshegründende Bedeutung beigelegt wird, dieselbe vielmehr nur mit der Kraft eines formellen Legilimationsmutels ausgerüstet wird. Ungehörige Eintragung soll also ein Recht nicht begründen, ungehörige Löschung das Recht nicht ausheben können. Ist in der Regelung des Erwerbs von Grundeigenthum vom Entwürfe das deutschrechtliche Gruiibbuchsystem zur Basis genommen, so ist andererseits die Frage »ach dem Inhalte des Eigentbumsrechts auf römisch-rechtlicher Grundlage geregelt. In dem ersten Entwürfe hieß es: „DaS Recht des Eigenthümers eines Grundstücks erstreckt sich aus den Raum über der Oberfläche und auf den Erdkörper unter derselben." Wenn diese Definition wörtlich ange- wcndet werden sollte, müßten Telegraphen und Fernsprecher entfernt werden, die Luftschiffer machten sich fortwährenden Eindringens in fremdes Besitztbum schuldig, die Erbauer unterirdischer Eisenbahnen würden nur den Eigenthümer des betreffenden Theiles der Erdoberfläche bereichern, und jener Engländer, welcher als Eigentbümer reS Geländes oberhalb der Grotte von Capri diese als sein Eigentbum in Anspruch nahm, wäre völlig im Rechte gewesen. Infolge zahlreicher, auf diese Erwägungen gestützter Angriffe der Kritik ist in der zweiten Lesung der obigen Definition der wichtige Satz binzu- gefügt: „Der Eigentbümer muß jedoch Einwirkungen dulden, die in solcher Höhe oder Tiefe vorgenommen werden, daß er an der Ausschließung kein Interesse hat." Dem Schutze des Zusammenlebens auf benachbarten Grundstücken, dem sogenannten Nachbarrechte, ist eine Reihe von Paragraphen gewidmet, welche die gegenseitigen Befug nisse genauer als im bisherigen Rechte formutiren. In unserm gewerblichen Zeitalter wird die häufigste Anwendung in der Praxis die Bestimmung erfahren, daß der Eigeinhüiner eines Grundstücks die Zuführung von Gasen, Dämpfen, Ge rüchen, Rauch, Ruß, Wärme, Erschülteruiigen und ähnliche von einem anderen Grundstück ausgehende Einwirkungen nur zu dulden braucht, wenn er durch sie in der Benutzung seines Grundstücks nicht oder nur unwesentlich beeinträchtigt wird, oder wenn doch die Grenzen der OrtSüblichkeit, z. B. in einer Fabrikstadt, nicht überschritten werden. In der zweiten Lesung des Entwurfs ist ein Verbietungsrecht dem Eigen thümer auch bei übermäßigem Geräusch gegeben. Die Streit frage, ob ein solches Verbietungsrecht den Nackbarn auch gegenüber einer solchen gewerblichen Anlage zustebt, die aus Grund der Gewerbeordnung von der zuständigen Ver waltungsbehörde genehmigt ist, läßt der Entwurf unentschieden. Daö Reichsgericht bat sich bekanntlich auf den Stanrpunct gestellt, daß den durch Zuführung von Gasen, Rauch n. s. w. wesentlich beeinträchtigten Nachbarn nickt nur ein Anspruch aus Schadensersatz, sondern auch auf Einstellung der Beein trächtigung zustehe. Bei dieser Stellungnahme deS obersten Gerichtshofes wird es voraussichtlich sein Bewenden bebakten. Deutsches Reich. * Leipzig, 9. Januar. In-der „Frankfurter Zeitung" lesen wir: Tarmstadt, 7. Januar. Zuverlässig verlautet, daß eines der ältesten Mitglieder des höchsten Äenchishoss, der aiS Criminalist hervorragende Reichsgerichlsrath von Buri, die Versetzung in den Ruhestand nachgeiucht hat. An zuständiger Stelle ist, wie wir auf eingczogcne Er kundigung hin erfahren, davon nichts bekannt. An der Unrichtigkeit der obigen Nachricht ist um so weniger zu zweifeln, als ReichSgerichlSrath von Buri im December dieses Jahres sein fünfzigjähriges Staatsdienerjubiläum begeht. tz Berlin, 9. Januar. Die Frage, wie der Reichstag das Bürgerliche Gesetzbuch in geschäftliche Behandlung nehmen soll, beschäftigt gegenwärtig die Mitglieder des Senioren-Eonveiils. Derselben Frage widmet Aintsgerichls- ratb Jastrow in der Wochenschrift „Sociale Praxis" einen eigenen Aussatz, der zwischen den bisher gemachten Vor schlägen einen Mittelweg sucht. Der Verfasser hält die Turchberathung eines Gesetzbuches von 2265 Paragraphen im Reichstage allerdings für unmöglich, aber für ebenso unzulässig die sofortige on-bloc-Annahme auch nur ein zelner Abschnitte und schlägt eine Commission vor, der es nach reiflicher Prüfung durch einzelne Mitglieder überlassen sein solle, einzelne Abschnitte im Ganzen anzunehmen, andere genauer durchzuderatben. In dieser Art sei eS mA-teck, das Werk bis zum Ablauf der Legislatur-Periode fertig zu stellen. Andrerseits sei trotz aller «chleunigkoit diese Vorsicht nothwendig, weil cs eine ganze Reihe von Fragen gebe, an denen der Reichstag nickt schweigend vorübergeben dürse, und die ohne eingehende Prüfung nicht bemerkt würden. Das ausfallendste Bespiel, daö der Verfasser hierfür ansührt, betrifft eine bisher noch wenig oder gar nicht erörterte Frage: den Rechtsschutz für die privatrechtlichen Ansprüche und infolge dessen auch z. B. für Schavensersatz-Ansprüche wegen Ucbergriffe der Beamten: „Das seit Gründung des Reiches immer wieder ausgetretene Verlangen nach einheitiicher Gestattung der Regeln über Zulassung deS Rechtsweges ist von den Regierungen immer und immer wieder auf die Zukunft vertröstet worden. Zuletzt ist dies bei den ReichS-Iuslizgeseyen geschehen. Durch dies» haben wir zwar genaue Vorjchrislen darüber erhalten, wir in den Gerichte» aui die eingebrachten Klagen zu verfahren ist. Welche Klagen aber überhaupt vor die Gerichte gebracht werden dürfen, darüber cnt- Icheidet, von wenigen Ausnahmen abgesehen, jeder Einzelstaat nach eigenem Willen. Und dabei soll es auch jetzt verbleiben. Da cs süglich eine noch fernere Station, aus di» man venrösten konnte, bei Schaffung deS Bürgerlichen Gesetzbuches nicht mehr giebt, so schweigt man ganz still und erreicht anscheinend den gewollten Eriolg. Denn, wie es scheint, merkt Niemand, daß die ganze einheitliche Handhabung des gemeinsamen Rechts vollständig in der Luit schwebt, wenn nicht die Norm gesetzt wird, daß sttr die Streitigkeiten aus Grund des Bürgerlichen Gesetzbuches der Rechts weg vor den ordentlichen Gerichten eröffnet ist. Ja sogar die be scheidenen Spuren öffentlicher Rechtsnormen, die man im Bürger- lichen Gesetzbuch noch vorfindet, sind gänzlich werthlos gegenüber diesem Zustande. Was nützt die Vorschrift, daß ein sahrlässig handelnder Beamter für den Schaden haslcl (als privatrechtliche Schutzwchr gegenüber dem öffentlichen Recht betrachiet), wenn Sachten oder Mecklenburg bestimmen dürfen, daß über die bezüglichen Ansprüche der Pollz eiminister entscheidet?" * Berlin, 9. December. Cultuömnister Or. Bosss bat eS als einen Wunsch der Regierung bezeichnet, die katholischen Geistlichen auch in den polnischen Bezirken wieder mit der Or lösch ulaufsicht zu betrauen. Thalsächlich ist auch einer größeren Zahl derselben dieses staatliche Amt wieder übertragen worden ohne Rücksicht auf die ernsten Warnungen, welche Kenner der Verhältnisse haben laut werden taffen. Die Früchte dieses Systems treten schon deurlich zu Tage. Die Poscner Negierung mußte vor einiger Zeit den Geistlichen begreiflich machen, daß die im Hauptamt anaestelllen Krcis- Schulinspecloren die nächste Instanz in Schulaiigelegenheilen sind, über die man nickt nach Möglichkeit hinweggcben dürse. AuS der Lehrerschaft ist oft genug geklagt worden, daß ihre Bcmübungen um die Pflege des Deutschtbums von den Geistlichen vereitelt werden. Sv wird z. B. der „Preuß. Lebrerzeitnnz" geschrieben: „Am 28. December fand die Beerdigung des Lehrers Holewa in Lonschnik, Kreis Neu stadt, Oberschlesicn, statt. Beim Bcgräbniß mußte polnisch gesungen werden, da der Pfarrer deutsche Lieder nicht hören mochte. Als zum Schluß ein deutsches Lied ange- slimmt wurde, verließ der Pfarrer die Grabstätte zur allgemeinen Entrüstung der Lehrer. Vor kurzer Zeit wurde in Lonschnik «m Lebrer begraben, wobei ein Lied deutsch gesungen werden durfte. Der Pfarrer ist Localsctml- inspector. Die Parochianen werden oft ermahnt, ihre Kinder polnisch zu lehren. Die deutsche Sprache wirb in der Schule gelehrt, dann verpönt und verdrängt. Jahr ein Jahr aus sehen wir in hiesiger Gegend die Frucht unserer Mühe zu Grunde gehen. So lange hier die Geistlichkeit die Schulaufsicht bat, wird es in dieser Hinsicht nicht besser werden. Die Regierung bat sich in anderer Beziehung um die Förderung veS Schulwesens in den polnische» Gebieten große Verdienste erworben. In der Provinz Posen sind zur Zeit die Lehrergebäller weitaus besser geregelt als in den übrigen östlichen Provinzen. Aller alle diese Opfer sind ver- FertiHeton. Eine sensationelle Entdeckung. In den gelehrten Fachkreisen Wiens macht gegenwärtig die Mittheilung von einer Entdeckung, Weiche der Professor der Physik Wilhelm Conrad Röntgen in Würzburg ge macht baden soll, große Sensation. Wenn sich dieselbe be währt, wenn die hierauf bezüglichen Mitthcilungen sich als begründet erweisen, so bat man eS mit einem in seiner Art epochemachenden Ergebnisse der exacten Forschung zu tbun, da» sowohl aus physikalischem wie auf medicinischem Gebiete ganz merkwürdige Consequenzen bringen dürfte. Die Wiener „Presse" erfährt darüber: Professor Röntgen nimmt eine CrookeS'sche Röbre — eine sehr stark ausgepumpte Glasröhre, durch die ein In- ductionSstrom geht — und photographirt mit Hilfe der Strahlen, welche diese Röhre nach außen hin auSsendet, auf gewöhnlichen photographischen Platten. Diese Strahlen nun, von deren Existenz man bisber keine Ahnung batte, sind für das Auge vollständig unsichtbar; sie durch dringen, in, Gegensatz zu gewöhnlichen Lichtstrahlen, Holzstoffe, organische Stoffe und dergleichen undurchsichtige Körper, Metalle und Knochen hingegen ballen die Strahlen auf. Man kann bei Hellem Tageslicht mit „geschloffener Caffette" photographiren; da» heißt, die Lichtstrahlen gehen den gewöhn lichen Weg und durchdringen auch den Hvlzdeckel, der vor die lichtempfindlichen Platten geschoben ist und sonst vor dem Pborograpbiren entfernt werden muß. Sie durchdringen aucp eine HolzblUle vor dem zu pbolographirenden Object. Professor Röntgen pbotographirt z. B. die Grwichtstücke eines Gewichlsatze-, ohne da- Holzetui zu öffnen, in welchem die Gewichte aufbewahrt sind. Auf der gewonnenen Photo graphie sieht man nur die Metallgewicht«, nicht die Caffette. Ebenso kann man Metallgegenstände, die in einem Holz- kastrn verwahrt sind, photographiren ohne den Kasten zu öffnen. Wie die gewöhnlichen Lichtstrahlen durch Gla« gehen, so gehen diese neuentbeckten von CrookeS'schen Röhren ausströmenden Strahlen durch Holz und auch durch — Weichtheile de- menschlichen Körper-. Am überraschendsten ist nämlich die durch den erwähnten photographischen Proceß gewonnene Abbildung von einer menschlichen Hand. Da« Bild enthält die Knochen der Hand, um deren Finger die Ringe frei zu schweben scheinen. Die Weichtheile der Hand sind nicht sichtbar. Einige Proben dieser sensationellen Entdeckung circuliren in Wiener Gelebrtenkreisen und erregen in denselben be rechtigte- Staunen. Es wird wobt in allernächster Zeit be reit- in den Laboratorien die Lach« sehr eingehend geprüft und »u einer weiteren Entwicklung gebracht werte». Die Physiker werken ihre Studien über di« bi-her unbekannte «ichtleitnng machen, welche Gegenstilnv« vnrchdring», die al« undurchdringlich für daS Lickt gegolten haben und den Licht strahlen auS den CrookeS'schen Rohren den Durchgang ebenso gestatten, wie eine Glasscheibe dem Sonnenlichte. Die Pfad finder auf dem speciellen Gebiete der Photographie werden binnen Kurzem der Entdeckung von allen Seilen auf den Leib rücken und Versuche anstelle», wie dieselbe vervollkommnet, wie sie praktisch verwerthet werden könne; sür diese praktische Verwertbung wieder werden sich die Biologen und Aerztc, insbesondere zunächst die Chirurgen, lebhaft intercssiren, weil sich hier ihnen eine Perspective auf einen neuen, sehr werth vollen diagnostischen Behelf zu öffnen scheint. ES ist angesichts einer so sensationellen Entdeckung schwer, phantastische Zukiinftsspeculationen im Stile eines Jules Verne von sich abzuweisen. So lebhaft dringen sie ans Denjenigen ein, der hier die bestimmte Versicherung hört, es sei ein neuerLichtträger gesunden, welcher die Beleuchtung bellen Sonnenscheins durch Bretterwände und die Weichtheile eines tbierischen Körpers trägt, als ob dieselben von krystallhellem Spiegelglas« wären. Die Zweifel müssen sich bescheiden, wenn man vernimmt, daß das photographische BeweiSmaterial für diese Entdeckung vor den Augen ernster Kritiker bisher Stand zu halten scheint. Vorläufig sei nur darauf hingcwieseii, welche Wichtigkeit sür die Diagnose von Knochenver letzungen und K n ochenkranth eiten es haben würde, wenn eS bei einer weiteren, nur rein technischen Entwicke lung dieses neuen photographischen Verfahrens gelingt, nickt nur eine menschliche Hand in der Weise zu photographiren, daß auf einem Bilde die Weichtheile nickt erscheinen, wobt aber eine genaue Zeichnung der Knocken. Der Arzt konnte dann zum Beispiel die Eigenart eines complicirten Knochen- brucheS ganz genau kennen lernen ohne die für den Patienten schmerzliche manuelle Untersuchung^ der Wundarzt könnte sich über die Lage eine» Fremdkörpers im menschlichen Leibe, einer Kugel, eines Granatensplitters, viel leichter als bisher und ohne die oft so qualvollen Untersuchungen mit der Sonde unterrichten. Für Knochenkrankheiten, die auf keine trau mansche Ursache zurückzufübren sind, wären solche Photo graphien, vorausgesetzt, daß die Verfertigung derselben ge lingen sollte, ebenso ein werthvoller Behelf für die Diagnose wie bei den, einzuschlagenken Heilverfahren. Und läßt man der Phantasie weiter die Zügel schießen, stellt man fick vor, daß es getingen würde, dir neue Methode des photographischen Processe« mit Hilfe der Strahlen au« den CrookeS'schen Röhren so zu vervollkommnen, daß nur eine Partie der Weichtheile de« menschlichen Körpers durch sichtig bleibt, eine tiefer liegende Schicht aber auf der Platte fixin werden kann, so wäre ein unschätzbarer Behelf für die Diagnose zahlloser anderer Krankheitsgruppen als die der Knochen gewonnen. Eine solche Errungenschaft, ein solcher Fortschritt auf der einmal eröffneten Bahn will ja, die Richtigkeit der ersten Prämisse vorausgesetzt, nicht außer dem Bereiche aller Möglichkeit erscheinen. Wir gestehen, daß die- Alle- überkühne Zukunft-Phantasien sind. Aber — wcp im Ansange dieses Jahrhundert« gesagt bätte, das Enkelgesckleckt werde von der Kugel im Fluge getreue Bilder fertigen und mit Hilfe eines elektrischen Apparates Zwiegespräche über den großen Ocean bin unk wieder führen können, hätte sich auch dem Verdachte ausgesetzt, dem Irren- Hause entgegenzureifen. Nachgerragen wird an anderer Stelle in der „Presse" noch die Thalsache, daß Röntgen seine Photographie ohne einen photographischen Apparat berstelll: der BelichtungS- strom, welcher ans den CrookeS'schen Röhren bervorgeht, passirt beim Photographiren keine Linse. Er fällt direct auf den zu pbotograpbirendcn Gegenstand und unmittelbar hinter deinselben befindet sich die „Casette" mit dem zu einer gewöbnlichcn photographischen Ausnahme präparirten Papier. Damit dieses Papier nicht vom Tageslicht berührt wird, ist es in der „Caffette" wie gewöhnlich mit einem Hvlzdeckel ge schützt. Dieser Holzdeckel, der sonst beim Photographiren bekanntlich entfernt werden muß, bleibt bei dem Röiitgen'scken Verfahren eingeschoben. Ein eigentlicher pbotograpbucker Apparat könnte nicht angewendet werden, da die von den Crookes-Nöhren ausgehenden Strahlen in der Linse nicht gebrochen werden. Die Strahlen sind, obwol l sie als Licht träger durch Holz rc. durchdringen, sür das inenschlick,e Auge nicht sichtbar, sie entwickeln keine Wärme, sie üben keinen Einfluß auf die aUerempfinklickislen magnetischen Instrumente aus. Diese eigentbümlichen Strahlen pflanzen sich nicht in wellen förmigen, sondern in geraden Linien fort. Bekanntlich ist alle sogenannte „Aetberbewegung", durch welche die Licht strahlen, der Schall, die gewöhnliche Elektricität sich sort- pflanzen, eine wellenförmige. Hier bat man znm ersten Mate eine geradlinige Fortpflanzung, etwa», was als Hypo these von den Pbystkern aiigenoniiiien, aber bisher niemals nachgewiesen werden konnte. DaS Bedeutungsvolle der Röntgen'sckcn Entdeckung für die Wissenschaft beruht hierin. Die wundersamen, unglaublichen Dinge, welche Röntgen gleich bei Beginn der Untersuchung über seine Entdeckung gefunden bat, die verblüffende Herstellung seiner Phviograpbie ist eigentlich rein nebensächlich im Vergleiche zu der eben er wähnten Constatirung einer geradlinigen Fortbewegung gewisser Lichtstrahlen. In Wien befinden sich neun Photographien, welche Professor Röntgen an einen Fackgenosien eingesindet bat. Dieselben lassen bei der allereingebendsten Untersuchung durchaus keinen Zweifel über die vollständige Nichtigkeit von Röntgen s Angabe» auskommen. Je genauer, je strenger man sie untersucht, um so überzeugender wirken diese eigenartigen Lichtbilder. Professor Röntgen stellt dieselben her, indem er unter oder hinter dem zu pbotographirenden Gegenstand eine Caffette mit präparirtem Papier anbringt und die Strahlen aus den CrookeS'schen Röhren durch den zu photograpbirenden Gegenstand und den Hvlzdeckel der Caffette durckdringen läßt. Er legte z. B. die Hand auf die photographische Caffette und ließ aus die Hand die Strahlen auS den CrookeS'schen Rödren anf- fallen. So wurde jenes photographische Bild erzeugt, welches die Knochen der Hank mit den srelschwedrnden Ringen darstellt. Der Würzburger Gelehrt« kam, wie dies so häufig bei solchen sensatio» nellen Entdeckungen geschickt, durckZusall aufseinen großen Fund. Er halte eine CrookeS'sche Röhre, mit Stoff um wickelt, aus seinem Laboratorinmstische und ließ zu irgend einem Zwecke einen sehr starken elektrischen Strom durch die selbe geben. Nach einiger Zeit bemerkte er, daß in einer ge wissen Entfernung ein präparirtes Papier Linien zeigte, die bisber bei Einwirkung von Elektricität nickt beobachtet wurden. Der scharfsinnige Gelehrte verfolgte diese Beabachtung weiter, und das vorläufige Ergehniß seiner Studien ist das soeben Mitgetbeilte. In Gelebrtenkreisen macht begreiflicher Weise die Würzburger Mittheilung außerordentliche Sensation. Es werden Versuche gemacht, das Nöntgen'sche Verfahren experi mentell genauer zu studiren. Bisher scheint die Herstellung Rölitgeii'scher Photographien nicht geglückt zu sein, weil die zu Gebote stehenden Apparate nicht stark genug sind. Auch in Berlin wurden, wie die „N. A. Z." ferner be richtet, derartige Bilder schon vorgesührt; vr. Iastrowiv zeigte sie am Montag im Verein für innere Medicin. Seinen Angaben über die Entdeckung entnebmen wir noch Folgendes: Bekannt sind die Lichterscheinungen, die durch elektrische Ströme im luftleeren Raum erzeugt werden. Professor Röntgen bedeckte einmal solche Röbren mit einem Canon und beobachtete im dunklen - Zimmer auf einer mit Inklloplatinocz'ruun bestrichenen Wand jedesmal bei Ent ladung deS elektrischen Stromes einen Lichtschimmer, der von den Röhren ausging. Röntgen fand, daß dieses Lickt auch durch andere Materien hindurchging, namentlich durch Papier. Selbst ein Buck von 1000 Seiten ließ das Lickt durch, ebenso tannene Bretter von drei Centimeter Dicke. Metalle waren weniger durchsichtig, aber gänzlich un durchlässig zeigte sich keine Materie, wenn sie genügend fein war. Bei Feststellung der chemischen Wirkung des Lichtes zeigte es sich in hobem Grave geeignet, Pbotographien zu erzeugen. Das Bild entstand selbst, wenn zwischen dem Lickt und dem zu pbotograpbirendcn Gegenstände einerseits und dem photographischen Apparate andererseits sich eine ge schlossene Tbür befand. Oder man tonnte den zu pkoto- grapbirendcn Gegenstand in eine» Kasten schließen, und durch das Hol; hindurch wurde die Phoiograpbie erzeugt. Je dichter ein Körper ist, desto weniger läßt er das Licht durch, und so ist es begreiflich, wen» bei», Photographiren der Hand das Lickt durch die Weichtheile bindurchging und nur die harten Knocken photographisch zur Erscheinung kamen, ebenso auch das Bild der beiden metallenen R nge. DaS neue Licht bat die Eigen art, nicht den Gesetzen der Reflexion unterworfen zu sein, es geht durch jedes Prisma, ohne abgclenkt zu werden. Auch durch den Magneten wird es nicht abgclciikt. Röntgen stellt die Hypothese auf, eS könnte ein Licht sein, das in riner anderen Ebene schwingt. Schon längst vcrmuthen die Physiker daß das Licht nickt blo« transversal, sondern auch longitnbin» schwingt.
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