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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 05.05.1893
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1893-05-05
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18930505026
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1893050502
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1893050502
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1893
- Monat1893-05
- Tag1893-05-05
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Die M orgen-Ansgebr erscheint täglich V,7 Uhr^ die Ldeud-Lutgab« Wocheutugl 5 Uhr. Ne-artton und Lrpe-ition: IahannrSgasse 8. Die Lrvedition ist Wochentag» ununterbrochen geöffnet von früh 6 bi» Abend» 7 Uhr. Filialen: Ott» klemm'» e-rtt«. (Alfred Hahn), Universitätrstrah« 1, Louis Lösche, Katharineustr. 11, pari. und Königsvlatz 7. Abend-Ausgabe. eimMr.Tageblatt Anzeiger. Organ für Politik, Localgcschichte, Handels- und Geschäftsverkehr. Anzeigen-Prel- die 6 gespaltene Petitzeile 20 Psz. Reclameu unter dem Redactionsstrich (Ige« spalten) öOsj, vor de» Familicnnachrichtei» (6 gespalten) 40-H. Größere Schristen laut unserem Preis« rerzetchniß. Tabellarischer und Zisferusah nach höherem Tarif. Extra-Br,lagen (gefalzt), nur mit der Morgen - Auegal'e, ohne Postbesörderung » 60 —, mit Postbesörderung ^l 70.—. Ännahmeschlnß für Anzeigen: Abend-Ausgabe: Vormittag« 10 Uhr. Morge n-Ausgabe: Nachmittag» 4 Uhr. Sonn- und Festtag« früh '/,S Uhr. Bei den Filialen und Annahmestellen je ein« halbe Stunde früher. Anzeigen sind stet« an die Expeditt»« zu richten. Druck und Verlag von S. Polz tu Leipzig. 228. Freitag dm 5. Mai 1893. 87. Jahrgang. Die Krilis. * Auch der gestrige zweite Tag der zweiten Lesung der Militairvorlage im Reichstage hat keine Klärung der Situation gebracht. Wahrscheinlich erfolgt die entscheidende Abstimmung frühestens morgen, da Freunde und Gegner einer Berständigung im Reichstage entschlossen zu sein scheinen, von der Rednertribüne aus noch längere Ansprachen an die Wähler zu halten und dadurch die Wahlkampagne vor» zudereiten. Tenn daß die Auslösung des Reichstag« in Kürze bevorstehe, wird kaum noch von einer Seite be zweifelt. Berlautek doch, daß die AuflösungSordre, mit der kaiserlichen Unterschrift versehen, wenn auch noch ohne Datum, bereits vorliegc. Allerdings wird auch von neuen Unterhandlungen berichtet; auch soll es gelungen sein, 20 Mitglieder des CentrumS zur Abreise von Berlin zu bewegen. Immerhin sind die Aussichten auf eine Berstän digung so gering, daß es für alle Parteien zur dringendsten Pflicht wird, mil der Auflösung wie mit einer vollendeten Thatsache zu rechnen und die Vorbereitungen zum Eintritt in den Wahlkanipf schleunigst zu beenden. Der Reichs kanzler bat für diesen die Parole bereits auSgcgebcn, indem er gestern, im Gegensatz zu seinen vorgestrigen Ausführungen, die weitcrgehenden Plane der Regierungsvor lage prciSgab und sich auf den Antrag Huene beschränkte. Auf die Freunde einer Verständigung hat dies einen günstigen Eindruck gemacht; sie erblicke» darin die Möglichkeit, bei den Wahlkämpfen unnütze Streitigkeiten um minder bedeutende Einzelheiten zu vermeiden. Bon den uns heute vorliegenden Berliner Correspondenzen über die Lage geben wir zunächst dir folgende wieder: ss. Berlin, 4. Mai. Wie vorauSaesche» werden mußte, hat die heutige ReichSlagSsitzung die Entwickelung der Krisis in keiner Weise gefördert. Die Erklärung des Reichskanzlers: „Wenn eS zu Neuwahlen kommt, wird unsere Parole der Antrag Huene sein", kann in einer nahen Zukunft Be> deuiung gewinnen und ist wcrlhvoll für die Be urlheilung der jüngsten Bergangenheit, auf daS Schicksal der Militairvorlage in dem gegenwärtigen Reichstag vermag sie keinen Einfluß zu üben. Herr michtcr hielt eine Wahlrede und Herr Bebel that mit anerkennenö- wertbcm Geschick daS Gleiche. Seine Versicherung, daß die Socialtemokratie die LoStrennung von Elsaß-Lothringen nicht wolle, klang entschieden genug für die „Mitläufer", die noch nicht alle» patriotische Gefühl von sich abgelhan haben, und war andererseits so gewandt mit social-revvlulionairru Erwägungen begründet, daß die „zielbewußten Genossen" keinen Anstoß daran nehmen können. Beide Redner, wie auch Frei herr v. Stumm, prLcisirten ihren längst bekannten Stand punct. Von denjenigen Abgeordneten, die man für schwankend hielt und zum Theil noch hält, ist heute keiner zu Worte ge kommen. Das nervös überreizte Haus schenkte den Rednern eine nur wikcrwillige Aufmerksamkeit, cS will nunmehr nur noch Entscheidendes hören, worunter indessen noch nicht allgemein auSsckließlick die AuflösungSordre verstanden wird. Lediglich zum Zwecke der Berichterstattung und mit dem Ausdruck des Zweifel« an der Wahrscheinlich koit einer abermaligen Wendung sei verzeichnet, daß die Lage an manchen Stellen heute etwa« weniger pessi mlstisch angesehen wird. Thatsache ist, daß die deutsch freisinnige Partei heute Abend abermals über den Antrag Huene beratben wird, nachdem heute Morgen mehrere Blätter dieser Partei angeveulet und die selbst verständlich unterrichtete „Boss. Ztg." bestimmt gemeldet batte, daß gestern vereinbart wurde, geschlossen gegen den Antrag zu stimmen. Die Begründung lautete dabin, daß die Herren Rickert, Hänel und Genossen nur für da« Gesetz stimmen könnten, wenn ihnen eine Mehrheit sicher sei; da dieses nicht der Fall, werde man Nein sagen. DaS beißt nichts Anderes al«: Wir halten eine Verstärkung der Berthe,vigungSsähiakeit für ge boten, wenn wir sicher sind, unsere Mandate noch anderthalb Jahre zu behalten, und erachten sie ür überflüssig, wenn wir uns in den nächsten vier Wochen um neue Mandate bewerben müssen Im Hinblick aus die Persönlichkeiten der in Betracht kommenden Herren halten wir »S trotz aller schlimmen Erfahrungen in der Thal nicht für ausgeschlossen, daß sic ihre Namen mit einer solchen, nicht nur das politische Schamgefübl ver letzenden Handlung-weise nickt in den vaterländischen Annalen verbunden sehen wollen und ihre Stellungnahme ändern Bermutdungen über die Folgen eines derartigen Ent schlusses für die Borlagc sind müßig, zumal die Gerückte, daß auch in anderen Parteien nicht da» teste Wort gesprochen sei, augenblicklich gau; uncontrolirbar sind. Die Unsicherheit wird sich einige Tage länger binziehen, als anfänglich angenommen wurde. Die zweite Lesung dürste nickt vor Montag zu Ende gehen. Ob nach der heutigen Erklärung die Regierungsvorlage über haupt zur Abstimmung gelangt, gilt nicht mebr als ganz sicher. Jedenfalls wäre die Zurückziehung des Entwürfe- klug und für den Fall der Auflösung zweckdienlich. Daß diese be reits vom BundeSrath beschlossen und vom Kaiser genehmigt sei, meldet (wie erwähnt) ein Berliner parla mentarischer Berichterstatter. Wir verschmähen eS, in diesem letzten Stadium zu untersuchen, ob die immerhin frühzeitige Verbreitung dieser Nachricht mit der hier und da noch ge nährten Hoffnung auf eine Verständigung mit diesem ReichS- usammenbängt. ir schließen hieran die folgende: H. Berlin. 4 Mai. Im Allgemeinen hielt man beute die Aussichten für eine Verständigung für noch ungünstiger als gestern. Dir Bänke de- Hause« sind auf allen Seiten so gut besetzt, wie man eS seil sehr langer Zeit nicht gesehen bat Spannung lagert auf allen Gesichtern, Jeder fühlt, daß man vor einer großen, folgenschweren Entscheidung steht. Jeder erwartet, daß ikm der Ankere „etwa« Neues" sagen werde. Und doch, nachdem der Aba. Nickter länger als anderthalb Sttinden gesprochen, erhob sich der Reichs kanzler zu der Bemerkung, daß der Herr Vorredner absolut nichts Neue« gesagt habe. Und der Abg. Richter hatte ganz denselben Vorwurf dem Grafen Caprivi gemacht. Doch wir wollen gerechter sein. Wir müssen anerkennen, daß der Herr Reichskanzler insofern etwas Neues bot, als er seine gestrige Rede „amendirle". Gestern halte Gras Caprivi erklärt, wenn cS zum Wahlkampfe käme, würde die Regierung auch vor dem neuen Reichstag auf ihrer ganze» Forderung, aus der ursprünglichen Vorlage beharren, heute bezeichn«« er dagegen ausdrücklich den Antrag v. Huene als even tuelle Wahlparole der Regierung. Graf Caprivi machte gestern und beute einen sekr kampflustigen Eindruck und wenn schon seine gestrige Rede mebrfach als das Signal zu einem Wahlkampf gedeutet wurde, so konnte sei» heutiges Auftreten da« nur noch bestärken. Und wenn nickt« Un erwartete« eintritt, erscheint nach der gestrigen FractionSsitzung der Freisinnigen und nachdem die Elsässer bier eingetroffen, daS Schicksal des v. Huenc'fchen Antrages, und damit daS Schicksal de« Reichstages in der Tbat besiegelt. Denn die Elsässer wollen — mit einer Ausnahme — sämmtlick gegen den Antrag stimmen, ebenso wie Herr Richter beute in der „Freisinnige» Zeitung" meldet, geschlossen die freisinnige Partei, bi« aus höchstens zwei Abtrünnige. Zudem wollen alle bei der Abstimmung zur Stell« fein! Im Centrum ist man beute noch gegnerischer gesinnt als gestern. Man läßt Graf Ballest re in fallen. Für heute Abend ist eine FractionSsitzung des 'CentrumS anberaumt zur Neuwahl eines Vorsitzenden. Gra Hompesch, ein Rheinländer, ist für die Stelle ausersehe». Ader — vielleicht geschieht dock noch etwas Unerwartetes. Allerdings wurde heute erzählt, der Kaiser sei durchaus »>il der Auslösung des Reichstag- einverstanden und feiten» der verbündeten Regierungen werte keinerlei Widcrfpruch erhoben. Auch blieb cS nicht unbemerkt daß während der heutigen Sitzung der viclgewandle und bei allen Parteien gleich beliebte Herr v. Bott ick er längere Unterredungen pflog mit mehreren Parteiführern, besonders lange aber mit den Herren Or. Alexander Meyer und Rickert vom Freisinn! „Wer weiß, was das noch geben mag!" — Einstweilen ist daS Bedürsniß zum Reden ein ganz gewaltige«, und eS gilt als sicher, tag e- auch morgen noch nicht zur Entscheidung kommt. Die zweite Lesung — auch das ist etwas Neues — ist eine Generaldebatte im größten Styl. Daß cS ein großes Wagniß ist, daS durch die Auslösung des Reichstags und die Ausschreibung von Neuwablen unter nommen wird, haben wir wiederholt betont Tic Folgen dieses Wagnisses wird jedoch voraussichtlich nur Graf Caprivi zu tragen baden. Für daS Parteiwesen im Reiche und in den Einzelstaaten können Neuwahlen von fcgenSreiche» Folgen sein. WaS zunächst daS Centrum vetrisft. so unterliegt eS kaum einem Zweifel, daß die compromißbereiten Elemente entweder selbst auS dem parla- mentarisckcn Leben sich zurückzieben, oder von ihren Wählern im Sticke gelaffen werden. DaS Centrum wird dadurch zu einer Oppositionspartei, der die Conservativen unmöglich die Hände reichen können. Der Zusammenschluß einer mittel- parteilichen Gruppirung wird dadurch erleichtert. Und dieser Gruppirung werden sich wohl oder übel auch diejenigen Deutschfreisinnigen anschließen müssen, die jetzt com- promißsüchtigc Anwandclungen gezeigt habe». Habe» sie sich auch wirklich wieder der FraclionSlcitung unter worfen und stimmen sie gegen den Antrag Huene, so wird doch auf die Dauer »br Verbleiben im FractiouS- verbande nicht möglich sein. Die verbündeten Regierungen können unmöglich daran denken, daS oppositionelle Centrum für den Antrag Huene zu belohnen und weitere Versuche zur Versöhnung teS UltramontaniSmuS zu macken. Auch sie werden zu einer mittelparteilichcn Politik sich bequemen müssen. Wird daher auch der nächste Reichstag ein zu positivem Schaffen unbrauchbarer und verfällt wie sein Vorgänger bei» Schicksal der Auflösung, so bereitet er doch voraussichtlich gesündere Verhältnisse vor. Politische Tagesschau. * Lkltzilß. ö- Mai. Seitdem die Mehrheit des CentrumS entschlossen ist, jede Verständigung über die Militairvorlage von der Hand t» weisen, schränken die Blätter dieser Partei auch ihre Angaben über die Aeußerungen deö Kaisers zu dem Cardinal LcdochvwSki ein. So wird in einer angeblichen römisckcn Zuschrift an die „Köln. VolkSztg." zwar viel Wesens von der sreunvlichen Behandlung de« Cardinal« durch den Kaiser gemacht, dabei aber bemerkt: „Wenn gewisse vom Naiser an den Cardinal gerichtete verbind liche Legrüszungeworte von Anwesenden i» der von der „Kölnischen Bolkszeitung" gemeldeten Fori» verstanden worden waren, so kann dies einerseits nicht Wunder nehmen, andererseits, saUS sie miß verstanden waren, nichts an der Thatsache ändern, daß Kaiser Wilhelm dem Cardinal vor dem kaiserlichen Hose eine Genug thuung (?) gegeben hat." Natürlich würde e« auf die ultramontanen Wähler einen üblen Eindruck macken, wenn die alten Versickerungen auf recht erhalten würden und trotzdem die schroffste Opposition gegen die Militairvorlage gepredigt würde. Man ersieht übrigen- jetzt mit völlicsiler Deullickkeit, daß die oorstcktige Zuruckhaltung dcS ..ReicksanzcigerS" den ultramontaiien Ausstreuungen gegenüber und seine halben Dementis absolut nickiS gefruchtet haben Sie haben daS Cciitrum nickt gefügiger gemacht und in protestantischen Kreisen lediglich eine Mißstimmung erregt, die hätte vermieden werden können. In der französischen Presse wird noch immer die Unterredung des deutschen Kaisers mit dem Papste erörtert. Wie der römische Correspontenl de« Pariser „Figaro" mittheilt, wurde in Rom daS Gerücht verbreitet, daß der Papst unmittelbar nach dem Besuche dcS Kaisers Wilbelm den französischen Botschafter beim Valican, Grafen Lefcbvre de Bekäme, empfangen und ihm Mort für Wort Alle-, was er gesagt, wiederbolt habe! Noch schöner ist ölgendc« Gesebicktcken, welche« dem balbklerikalen „Figaro" von seinem römischen Correspontcnlcn erzählt wird. Wir übersetzen wörtlich: „Ich bin gestern einem College» begegnet, der mich mit geheim- nihvoller Miene wie folgt interpellirte: „Sie kennen wohl den gelben Saal, in dem der Papst Wilhelm II. empfangen hat." — „Unzweiselhast." — „Sie wissen, daß sich in diesem Saale eine Art von Alkoven befindet, der durch einen Vorhang moskirt ist." — „Woraus wollen Sie hinan»?" —„Nun wodt, hinter diesem Vorhänge ist geiuäß dem ausgesprochenen Willen Leo'« XH1. während der ganzen Tauer der Unterredung zwilchen dem Papsle und dem Kaiser eine Person verborgen geblieben." — Und wer ist diese Person?" — „In dieser Hinsicht sind zwei Versionen vor handen." — „Welche?" — „Tie Einen jagen, daß Leo XlH. hinter den Vorhang des Alkovens den neuen Jesuitengeneral gestellt halte. Andere versichern, daß die Person, die in dieser Weise zu- geiassen war, um ungesehen der ganzen Unterredung zwischen dem Papste und dem deutschen Kaiser beizuwohnen, — der Botschafter Frankreichs beim h. Studie gewesen ist." Sine» Loinmentars bedarf die« nicht, nicht wahr?" . . . Wie abgeschmackt riese Phantasie dcS „Figaro" auch sein mag, beweist sic doch. welckeS Zutrauen jenseits der Vogesen zu ccr sranzoscnsreundlichen Politik dcS Papste« Leo Xlll. gehegt wird. Nicht allein daß dic Czecken in ihrem eigenen Land den so widerwärtigen Nationalitätenhadcr immer wieder von Neuem in Scene zu setzen und ihre Feindseligkeiten gegen Alle«, WaS Deutsch beißt, nicht zur Ruhe kommen lassen, nein, sie sind bemüht, ihre KukukSeier auch in solche Gegenden zu legen, wo sie eigentlich gar nicht hingchören. Einen Beweis hiervon bat das jüngste Auftreten einer czeckischrn Tbeatcrgesellschafl i» einem Wiener Vorstadt- Theater gegeben. Daß die Wiener nicht so extrem denkende Deutsche sind, daß sie die Czcchcn in ihrer Mitte nicht dulden wollen, davon haben sie im vergangenen Sommer Zeugniß abgelegt, wo sie die unstreitig hervorragenden Leistungen der czechischcn Künstler bei der Musik- und ThcatcrauSstellung mit großer Herzlichkeit aufnahmcn, und selbst als vor einigen Tagen im Theater an der Wien zum ersten Male in der „Verkauften Braut" eine Prager Künstlerin czechische Weisen erklingen ließ, ward kein Widerstand lau». Eine ganz andere Sache war eS jedoch, als vor Kurzem die Leitung des Ioscphstädlcr TbcaterS den großen Mißgriff beging, eine czeckische, vom künstlerischen ^tandpuncle mindcrwcrtbige Truppe, die ihren ständigen Sitz in einem kleineren Prager Theater hat, zu Gastspielen nack Wien einzuladcii. Hiergegen bäumte sich das Deutsch- gefühl der Wiener mit Recht auf, um so mehr, als man in diesem ersten Versuch den Vorgeschmack eines ständigen czeckischen Theaters in dem deutschen Wie» zu haben glaubte. Kein Wunder desbalb, daß der Versuch schlecht auSsiel und den czechischcn Schauspielern in derber Weise die Erbitterung in den deutschen Kreisen Wiens klar gemacht wurde. Wenn man auch vielleicht gegen die Art und Weise, in der die deutsch-nationalen Studenten ibrem Un- mulhe Lust machten, Bedenken erheben kann, so skebt doch das Eine fest, daß in recht unkluger Weise von czechischer Seite provocirt worden war. In welcher Weise das czeckische Element, wenn ihm nicht entsckieden entgegengetretcn wird, sich verbreitet, davon giebt die »ock vor vierzig Jahren kern- dentsckc Statt Prag ei» warnendes Beispiel. Heule ist genau das Umgekehrte der Fall Es ist durckauS keine Uebertrcioung, wenn wir behaupte», daß die Gefahr einer Czechi- sirung Wiens sehr drvhcuv ist. Darum gilt eS jetzt, wo eS »ock nickt zu spät ist, aus der Hut zu sein. Geschieht dies nicht, dann wirb Wien unrettbar im „böhmischen Meere" ertrinken. Wenn der heftige Widerstand, dem die innere Politik Mr. Glabstone'S, namentlich in der irischen und in der Feuilletsn. Lady Sibylle. Roman von L. Schroedrr. Nachdruck »erboten. 111 (Fortsetzung.) „Nun, nun", siel ihr Robert wiederum lachend ins Wort, „ick batte eine gute Büchse am Sattel und zum Ucberfluß noch einen Revolver. Machen Sie mich auch nicht allzu feige!,-' „Ein bischen Feigheit erhöht Len Effect", erklärte Mr. Seymour schalkhaft. „DaS Blut also gerann Ihnen in den Litern, Sie waren mit Todesangst deS Moment« gewärtig, wo die gräßlichen Bestien Ihre Fährte wittern und fick^ blut dürstig aus Sie stürzen würden, da — gewahrten Sie i» einiger Entfernung Licht. Als guter Christ schickten Sie ein „Gott sei Dank!" zum Himmel, dann — mit wiedererwachtem M»th vorwärts, bis Sie ein niedrige« Blockhaus erreichte». Mir de», Peitschenstiel klopften Sie an. Die Thüre sprang aus und in dem Rahme» eischien, fremdartig costümirt, dir boke, imposante — die Gestalt des Herrn, der mir hier zur Seite sitzt!" Sie machte mit der vollen, schneeweißen Hand eine kleine vorstellende Bewegung i» Waldstedt'- Richtung und ließ den neckischen Blick Labei über die Gesellschast gleiten, die ihr — wenigstens was den männlichen Theil betrifft — bezaubert Beifall lächelte. „Worin bestand denn da« fremdartige Costüm?" erkundigte sich Trehernc. „In allerlei Firlefanz mit dem man dort zu Lande den Indianern imponirt", antwortete Waldstedt. „Mir imponirt er auch, der Firlefanz", erklärte Mr. Sevmour. „ich habe ihn mir in« GeLächtniß geschrieben, den» ick muß Dich drin scben, John, auf der »achsien MaSterake. Ein ledernes Hemd, stelle Dir vor, daS Len Oberkörper be deckt und an den weiten Aermeln mit langen Franfen besetzt ist — Beinkleider in hoben Reiterstieseln, in denen mäcktig« Silbersporen klirren — ein breiter, patronengespickter Gürtel mit einem Revolver daran und einem langen Messer in lederner Scheide — nachlässig um den Hals geschlungen ein scharlachrolhe» Tuch und, last not Ivsssi keck nach einer Seite gerückt, der breitrandige graue Hut, dessen vordere Krempe in die Höbe geschlagen ist und von dem hinten golddurchw'rkte Troddeln berabhänzcn." „Der Hut verließ mich dazumal also auch im Haufe nicht?" wandte sich Waldstedt spottend an Mainwaring. „Der Hut", versicherte Robert, „erhöht den Effect, um mil der gnädigen Frau zu reden." „Und WaS hatte Sie in die Einöde getrieben?" fragte die Gräfin. „Wohl der roiuanlische Wunsch, unter Wilden zu leben?" „Nicht doch, Mylady, der prosaische Wunsch, Geld zu erwerben " „Geld? Auf welche Weise?" „Als Rancher." „WaS in aller Welt ist das?" „Rancher, Besitzer eines Rancho, nennt man im fernen Westen Nordamerikas die Eigcnlhümer großer Viehherden" „Ist'S möglich? Sie hantelten also —?" „Mit Ochsen, -Mylady." Diese« Wort, im trockensten Tone gesprochen, that gewaltige Wirkung. Den Gästen gerann daS blaue Blut in den Adern, selbst die Menschcnmasckinen im Hintergründe standen ver steinert. Ein Viehhändler — dieser Mann, der aiiSsah als ob. — doch c« war ja nicht denkbar» nicht möglich — mit dem ironischen Lächeln auf der Lippe hatte er sie Alle zum besten! Waldstedt bemerkte, während er belustigt den Blick durch den Krei« wandern ließ, daß nur allein Sibylle sich keine Sccunde beirre» ließ. Vertrauensvoll heiter bina ihr A»ge an idm. Einen geeigneteren Moment, seine Bombe zu schleudern, konnte cS nicht geben, aber — es war doch «nick schade, dem Mädchen den Spaß zu verderben. Lbne ein Sterbenswvrtchen «inzuwenden, horte er Robert der Herzogin in einem Ion», der für die ganze Gesellschaft berecknet war, erklären: „Es sind in den Territorien Nordamerikas fast ausnahmslos Geotlemen, die da« Geschäft betreiben. Den Herren sagen die konventionellen Rücksichten, di« man im engen Zusammen leben mit Seinesgleichen nach allen Seite» bi» zu nebmen Kat. nicht zu, sie loben sich die Freiheit und Ungebundenheit in der wilden Natur." DaS war etwas Anderes. Man atbnicte auf. „Also ein solcher Bär steckt in Ihnen?" verwunderte sick die Gräfin. „Ich hätte cs nicht gedacht." „Es ist auck gar so arg nicht mit mir, Myladn", antwortete Waldstcct. „Ick lobe mir die Freiheit, das ist wahr, aber ich fcbe nicht ein, warum ich nickt auck unter Menschen frei sein sollte. Denn, was die conoentionellcn Rücksichten betrifft, die meisten würde isich aus seinem eigenen Zartgefühl heraus jeder Ge bildete selber vorschreiben, wenn sie nicht schon vorgeschrieben wäre», und über die Übrigen setzt man sich ohne Mühe hinweg. Nein, WaS mich i» die Hintcrwältcr trieb, war der Trotz, die verletzte Eitelkeit — wie man cS nennen will Ich war nämlich ein arger Tbunichtgut in meinen jungen Iabren »nd gab meinem Vater so ost Gelegenbeit, meine Schulden zu be- zalsicn, daß er sich schließlich dahin äußerte, eS werde »ic ein nützliches Mitglied der Gesellschaft au« mir werden, Zeit meines Lebens werde ick nichts tonnen, al- Geld versckwtureii. Da« griff mir an die Ehre. Ueber Nacht und ohne Abschied wanderte ich aus nach den« gelobten Lande de- Dollar«. Geld erwerben wollte ick, meinem Alten sein Unrecht zu beweisen!" Mit dieser Erklärung batte Waldstedt sich alle Sympathien wieder erobert. Man belächelte seinen jugendlichen Trctzkopf, nian bewunderte ibn »nd bat ibm im Stille» eine» schwarzen Verdacht ab. Daß ein Gentleman sich bcrablicß, Geld z» ver dienen, daran war ja nichts A>geS, wenn er nur von Han au« ein Gentleman war, und da« schien denn doch erwiesen in diesem Fall. Wahrhaftig, man mochte den Mann ansehen, wie man wollte, von dem TradeSman-TypuS war an ihm nicht vie Spur! Der Sitte gemäß — die sich noch don den Zeilen herschreibt, da inan wohltbat, die Herren beim Weintrinken sich selbst zu überlassen — erhoben sich nach dem Dessert sämmtlickc Damen, um, von der Herzogin geführt, genau dem Range nach da« Zimmer zu verlassen. Wie ein warmer Atbembanch streifte eS Waldstedt'- Wange, indem MrS. Seymour an ihm vorüderschrit. ! > —' " . ..^1' I7i, "M ö!» „Lasscn Sie unö nicht zu lange warlen!" hauchte ihre Sircliciiftimmc. 10. Capitcl. Punct elf Ubr war Abcndaiikachl gebalten worden. Mitten ' im Plaudern und Witzeln, im Tändeln und Kokettiren ab- brcchend, batte inan seine fromme SonnlagSmiene dervoraebolt und sich damit in einen der großen Sale des Erdgeschosses verfügt. In feierlicher Piocesffon und in richtigster Reihen folge war inan durch die weite Flügeltbüre aus eine erböbie Estrade zugcsckrittcn und hatte dort Platz genommen Gleich darauf hatte sich am andere» Ende de« Saale« eine bescheidenere Tbür geöffnet und gcnau der Rangstufe gemäß, dir sie im Schlosse emiiabnic», waren die dienstbaren Gemer erschienen, von der HLcl'stgebietenten Haushälterin bis hinab zum aller- nichtigste» Kückciijuiigeii und Stiefelputzer, ecu Personal von »lindeste»« süuszig Kopfe». Als Alle» versammelt war, hatte der Schloßcaplau, mit semem Auditorium Ver» uni Ver« ab wechselnd, die Psalmen für den Abend verlesen, dann allein und mit eintöniger, etwas singender Stimme erst ein Capitel aus dem alten, daraus c>ucS aus dem neuen Testament, endlich, nachdem man ihm, aus de» Knien liegend, eine Reihe von Gebeten nackgesprochcu, batte er de» Segen cnheilt und aus den fromme» Ebrislc» waren iin Haiitumkreheu wieder heitere Weltliiider geworden. Da aiiknüpfend, wo sie vor einer halben Slunde im Salon abaebrocken, batten sie mit dem Plaudern und Witzeln, mil dem Tändeln »»v Kokettsten auf dem Corridor »och eine Weile sorlgefahren, bis sic sich schließlich mehr oder minder herzlich die Hand geschüttelt und für di« Nacht getrennt hatten. Nun war längst Alles still — im ganzen großen Schlosse vielleicht nur Sibulle »ock wack Die Jungfer batte ihr die Haare löse» und sie in eine» weichen Scklas»ock hüllen muffen, dann war sie mil einer freundlich verabschiedenden Bewegung entlasten worden. „Innere Vielgestaltigkeit bei äußerer Einförmigkeit", so hieß, wie sckon erwähnt, das Problem, da« die Meister de« cnglisck-classische» Baustyls Mit Reckt oder mit Unrecht zu lösen getracklc« batten Aus welche Weise cS ihnen nu» gelungen war, in diesf« Gebäude, dessen Außenseite auf lauter Riesensälr schließen ließ, einen so reizend lauschigen kleinen Raum z«
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