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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 05.01.1897
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1897-01-05
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18970105023
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1897010502
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1897010502
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1897
- Monat1897-01
- Tag1897-01-05
- Monat1897-01
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Durch diese CabinetSordre wird das Versprechen eingelöst, daß der Reichskanzler Fürst Hohenlohe am 17. November vorigen Jahres im deutschen Reichstag gab, als er dort anläßlich der Inter pellation über den Fall Drüsewitz erklärte, daß auch auf dem Gebiete des Duellwesens den Vorschriften der Gesetze in allen Kreisen der Bevölkerung ohne Unterschied des Standes und Berufs Achtung und Befolgung gesichert werden müßten. Als den Weg, der voraussichtlich befolgt werden würde, bezeichnete er den, daß in An lehnung an die bis zum Jahre 1874 in Geltung gewesene Allerhöchste Verordnung vom 20. Juli 1843 über das Ver fahren bei Untersuchungen der zwischen Officieren vorfallenden Streitigkeiten und Beleidigungen beabsichtigt werde, diese Streitigkeiten und Beleidigungen der ehrengerichtlichen Be handlung und Entscheidung zu unterwerfen mit der Wirkung, daß die Entscheidung, welche niemals aus eine Nöthigunz zum Zweikampf oder auf eine Zulassung desselben lauten dürfe, für die streitenden Theile unbedingt verbindlich sei. Damals war eine Commission aus sachverständigen Officieren auf des Kaisers Befehl berufen worden, um den Entwurf des neuen Verfahrens zu begutachten. Diese Commission hat inzwischen ihre Aufgabe erfüllt, und das Ergebniß liegt jetzt in der neuen, vom Kaiser vollzogenen CabinetSordre vor, die nach der „Köln. Ztg." folgendermaßen lautet: Ich lasse dem Kriegsininisterium beifolgend die heute von Mir vollzogenen Bestimmungen zur Ergänzung der Einsuhrungsordre zu der Verordnung über die Ehrengerichte der Osficirre im Preußischen Heere vom 2. Mai 1874 mit dem Aufträge zugehen, solche der Armee mit dem Hiuzufügen bekannt zu machen» daß auch diese Be stimmungen den Officieren durch die Commandeure öfters in Er innerung zu bringen sind. Neues Palais, den 1. Januar 1897. gez. Wilhelm. An das Kriegsministerium. Ich will, daß Zweikämpfen Meiner Osficirre mehr als bisher vorgebeugt wird. Die Anlässe sind oft gering fügiger Natur, Privatstrcitigkeiten und Beleidigungen, bei Lenen ein gütlicher Ausgleich ohne Schädigung der Standesehre möglich ist. Der Officier muß cs als Unrecht erkennen, die Ehre eines andern anzutasten. Hat er hiergegen in Uebereilung oder Erregung gefehlt, so handelt er ritterlich, wenn er an seinem Unrecht nicht fest hält, sondern zu gütlichem Ausgleiche die Hand bietet. Nicht minder muß Derjenige, dem eine Kränkung oder Beleidigung widerfahren ist, die zur Versöhnung gebotene Hand annchmen, so weit Standesehre und gute Sitten es zulassen. Es ist deshalb Mein Wille, daß der Ehren rath hinfort grund- sätzlich bei dem Austrage von Ehrenhändeln Mitwirken soll. Er Hot sich dieser Pflicht mit dem gewissenhaften Bestreben zu unter ziehen, einen gütlichen Ausgleich herbeizusühren. Um hierzu den Weg vorzuzeichnen, bestimme Ich, in Ergänzung der Einführung-« ordre z» der Verordnung über die Ehrengerichte der Oiflciere im Preußischen Heere vom 2. Mai 1874, Folgendes: I. Kommen zwischen Officieren Privatsteitigkeiten und Beleidigungen vor, die nicht alsbald auf gütlichem Wege standesgemäß beglichen werden, so sind die Belheiligten verpflichtet, unter Unterlassung aller weiteren Schritte, ihrem Shrenrathe sofort Anzeige zu machen. H. Der Ehrenrath hat dann unter Leitung des Kommandeurs den Sachverhalt ungesäumt durch mündliche oder schriftliche Verhand lungen aufzuklären und nach dem Ergebnisse der Ermittelungen sowie nach Anhörung der Detheiligten schriftlich entweder 1) einen Ausgleichungsvorschlag aufzustellen, oder 2) z» erklären, daß er sich nach Lage der Sache außer Stande sehr, einen Ausgleich vorzuschlagen, daß vielmehr ein ehren gerichtliche- Verfahren nothwendig sei, oder aber 3) festzustellen, daß die Ehre der Belheiligten für nicht be- rührt zu erachten und deshalb weder ein Grund zur Auf stellung eines Ausgleichsvorschlags noch auch zu einem ehren gerichtlichen Verfahren vorhanden sei. Der Ausgleichsvorschlag hat sich auch über Ort und Frist der Ausführung auszusprechen. Nach Lage des Falles ist insbesondere srslzusetzen, ob die Aus führung, außer vor dem Commandeur und Ehrenrath, vor Zeugen, ob sie schriftlich zu erfolgen habe. Ein Ausgleich ist anzuslrrben, soweit es die Standessitte irgendwie zuläßt. HI. Ter Beschluß des EhrenratheS (II.) bedarf der schriftlichen Be stätigung durch den Commandeur. Bei den Ehrengerichten von Landwehrbezirken, deren Eommandeur nicht den Rang eines Negiinents-Commandrurs besitzt, erfolgt die Bestätigung durch den Brigade-Commandeur, dem die Verhandlungen und der Beschluß des Ehrrnrathcs mit einem Gutachten deS Kom mandeurs deS LanLwrhrbezirkS vorzulegen sind. Der zur Bestätigung Berechtigte ist befugt: 1) den Ausgleichsvorschlag abzuändrrn, 2) in den Fällen zu H. 2 und 3 seinerseits einen Ausgleichs vorschlag schriftlich auszuslellen, 3) dein Ansgleichsvorschlage oder der Feststellung zu H. 3 die Bestätigung zu versagen und seinerseits die Erklärung nach II. 2 abzugeben. IV. Den Belheiligten steht gegen den Ausgleich-Vorschlag oder die Festellung zu II. 3 binnen drei Tagen die beim Commandeur an zubringende Berufung zu. Die Vorgesetzten haben sich hierzu gut- achtlich zu äußern und Meine Entscheidung einzuholen. V. Durch die Ausführung des Ausgleichsvorschlags oder die Fest stellung zu 113 findet der Streitfall selbst zwischen den Belheiligten, sowie dem Osficiercorps gegenüber seine vollständig» Erledi gung. Hierdurch ist indeß nicht ausgeschlossen, da- ehrengericht liche Verfahren folgen zu lassen, sofern da- Verhalten eines der Betheiligten hierzu Veranlassung gegeben hat. VI. Wird ein Ausgleichsvorschlag nicht ausgestellt oder die Erklärung zu II3 nicht abgegeben, so ist ungesäumt nach 8 27 ff. der Ber- ordnung vom 2. Mai 1874") zu verfahren. Da« Gleich» hat zu ge schehen , wenn der »ndgiltig sestgestcllte Ausgleichsvorschlog nicht ausgesührt wird. VII. lieber einen Officier, der unter Umgehung des Ehrenraths, oder vor »ndgiltigrr Entscheidung über den Beschluß de- Ehren- rath», oder unter Nichtachtung des endgiltig festgestellten All-gleich-- vorschlagS oder der Feststellung zu 113, oder vor Meiner Entscheidung aus den ehrengerichtlichen Spruch einen andern Lificier zum Zweikampf heraussordrrt oder die Herausforderung eines andern OificierS zum Zwei kampf annimmt, ist Mir sofort zu berichten. VM. Ist einer der DetheiUgten rin General, so bleibt die Destiminung des Commandeurs und der Mitglieder des EhrenratheS Meiner Ent scheidung Vorbehalten. Ist einer der Betheiligten ein Ltabsosficirr, so ist der Ehrrnrath des Ehrengerichts der StabSossiciere zuständig. Im übrigen wird, wenn die Betheiligten verschiedenen Ehren gerichten unterstehen, der für die Ausgleichsverhandlungen zuständige Ehrenrath durch den nächsten gemeinschaftlichen Vorgesetzten (Dienst, weg nach 8 27 der Verordnung vom 2. Mai 1874) und, falls ein solcher nickt vorhanden ist, durch Vereinbarung der commandirenden Generäle (bezw. mit dem commandirenden Admiral der Marin») bestimmt. Wenn nöthig, ist Meine Entscheidung anzurufen. IX. Gerüth ein Officier mit einem den Ehrengerichten nicht unter worfenen Oificier oder mit einer Privatperson in einen Ehren handel, so ist er — sofern nicht alsbald auf gütlichem Wege ein standesgemäßer Ausgleich stattfindet — gleichfalls zur umgehenden Anzeige an den Shrenrüth verpflichtet. Letzterer hat auch hier, soweit eS die Umstände gestalten, unter Leitung de- Com mandeurs aus einen Ausgleich hinzuwirken. Neues Palais, den 1. Januar 1897. gez. Wilhelm. Daß durch diese CabinetSordre da- Duell vollständig werde beseitigt werden, wird kein Vernünftiger erwarten. Bei vielen Tausenden sitzen die Anschauungen, denen das Duellwesen seine Entstehung verdankt, zu tief im Blute, al- daß sie selbst durch die strengsten Strafvorschriften auSgetilzt werden könnten, und auf daS Uebcrzeugendste hat Professor Vr. Binding in seinem gestern von uns veröffentlichten Aufsätze nachgewiesen, daß zu einer richtigeren Ausgestaltung der militairischcn Ehrengerichte in Berug auf Aufgabe und Zuständigkeit noch tiefgreifende Veränderungen der Be stimmungen de- Strafgesetzbuches über die Bestrafung des Zweikampfes und der Beleidigung sich gesellen müssen, wenn allmählich eine Umwandlung jener Anschauungen über die wirkende Kraft des Zweikampfes erzielt und damit das Uebel von Grund aus beseitigt werden soll. Aber immerbin ist durch die CabinetSordre de» Kaisers ein wesentlicher Schritt zur Besserung geschehen. Besonders ist durch die Bestimmung, *) Dieselben betreffen das ehrengerichtliche Verfahren. Red. d. „L. T." daß der Ehrenrath über Streitigkeiten nicht nur der Ossiciere unter einander, sondern auch der Militairpersonen mit solchen Personen, die an sich dem Ehrengericht» nicht unterstehen, entscheiden sollen, die Möglichkeit einer sehr viel weiteren Einschränkung der Zweikämpfe gegeben, als wenn der Ebrenrath nur von Officieren angerufen werden müßte. Denn die Fälle von Duellen zwischen Ossicieren unter einander sind au- natürlichen Grünven seltener, als die zwischen Officieren und Personen deS CivilstandeS. Freilich wird man auch Bedenken gegen diese Bestimmung nicht unterdrücken können. Auch Prof. Binding hatte in seiner Abhandlung den Wunsch ausgesprochen, daß die militairischen Ehrengerichte auch für Streitigkeiten zwischen Officieren und CivilpersooeN zuständig sein sollten, aber er hatte ausdrücklich hinzugefügt, daß sie nur als „gewillkürte" Ehrengerichte sprechen sollten, d. b. nur dann, wenn beide Parteien die Competenz re- Ehren gerichts als für sich bindend anerkennen. Dieser Vorschlag erscheint unS praktischer als die Bestimmung der Cabinets- ordre. Sicherlich wird man eS in manchen Kreisen für eine unbillige Bevorzugung deS Militairstande- und für euie Herabsetzung der bürgerlichen Berufe ansehen. wenn Civilpersonen im Falle von Streitigkeiten mit Ossicieren sich unter allen Umständen der Entscheidung eine- Nur ans MilitairS zusammengesetzten Ehrenraths unterwerfen sollen. Es wird die Frage aufgeworfen werden, ob eine völlig gleichmäßige Behandlung der Parteien stattfinden werde, besonder- ob in dem Falle, wo der Officier der beleidigende Tbeil ist, der beleidigten Cwilperson eine ausreichende Sühne gegeben wird. Man wird an den bekannten traurigen Fall aus dem vorige» Winter erinnern, wo ein Officier einen Rechtsanwalt, dessen Frau er verführt batte, im Duell erschoß. Gewiß war in diesem Falle daS Duell eine Sathre auf eine» Sühnebegriff; soll aber der Ebren rath Nicht gleichfalls eine solche Satyre sein, so muß er oder daS Ehrengericht in der Lage sein und die Neigung haben, in so schweren Fällen, wie in dem angegebenen, dem Beleidigten eine gründliche Sühne znkommen zu lassen. ES ist anzu- nebmen, daß diese Neigung wachsen würde, wenn da- Ehren gericht nur als „gewillkürte-" zu sprechen hätte. Mögen sich aber auch gegen diese Ausdehnung der Com- petenz der Ebrenrätht Bedenke« geltend machen lasse«, so wird man die CabinetSordre als Ganze- schon deshalb mit Freuden begrüßen müssen, weil ihre Absicht einen tiefen moralischen Eindruck macken wird. Diese Absicht ist es auch, die uns Bürgschaft dafür giebt, daß der Kaffer, soweit dies in seiner Macht steht, zu noch energischeren Schritten sich entschließen wird, wenn der am ersten Tage- de- neuen JahreSo o llzogene den erwarteten Erfolg vermissen lassen sollte. politische Tazesschau. * Lei-ri-, 5. Januar. Im Reichstage ist die Einbringung de» AuSivanVerungs- gesctzeS höchst wahrscheinlich Ende Januar oder Anfangs Februar zu erwarten. Der Entwurf we.st gegen den in der Reichstagssession 1892/93 zur Vorlage gelangten, der sehr viel Mißstimmung erregte, erhebliche Verbesserungen auf, namentlich bezüglich der behördlichen Anmeldung der Auswanderung und der Bestimmungen über di« Ver pflichtungen der Rheder« - Gesellschaften über die Be förderung von Auswanderern. Im Jahre 1895 wurde dieser Gesetzentwurf einer Umarbeitung unterzogen und im Januar 1896 in seiner neuen Gestalt dem Colonial- FeniHeto«. Die Rirdorf's. Roman von Hermann Helberg. Nachdruck verdoten. Ein blitzschnell geborener Gedanke schoß durch daß Gehirn deS Weibes. Ulrike beschloß, um ein doppeltes Spiel zxir Hand zu haben, gleich heute Axel auf seine Empfänglichkeit für Jsabella zu prüfen, und je nach dem Ausfall dieser Unter redung mit dem von ihr in der Nacht zu prüfende Testament ihrem Bruder gegenüber zu verfahren. „Du sagst über Rudolf nichts Gute-, Axel", begann sie, nachdem sie einem der Diener, der eben, nach abgeräumter Tafel, den Kaffee aus silbernem Tablett in Por zellan-Tassen mit kleinen goldnen Füßchen präsentirt und unter dem Vorwände, dem Feuer neue lodernde Kraft ver leiben zu wollen, sich horchend am Kamin zu schaffen gemacht, mit kurzem» ungeduldigem Wink entfernt hatte. „Zum erstenmal köre ich solche Worte von Dir und meine auch, daß Du im Jrrthum bist. Unser Bruder ist nicht schlecht, sondern nur eine schroffe Natur. Auch noch etwa- andere-! Welche Beweise hast Du von seinen Absichten auf. Jsabella? Jcb gestehe, daß — diese Mittheilungen mich beunruhigen. Erzähle, was Du weißt, Du erzeigst mir einen großen Dienst!" „Wenn ich daS Bild meines VruderS malte", entgegnet« Arel und vergrub die weißen, durchsichtigen Hände in seinen röthlich-braunen Bart, „so war's noch geschmeichelt. Doch weißt Dn das besser als ich, und Deinen Einwanv erachte ich als eine bloße RedefloSkel. WaS Deine Tochter anbetrifft, so sagt'- mir mein Gefübl, und eS lehren mich Anzeichen, daß ich mich nicht täusche, öre nur ein-: or kaum 14 Tagen trat er schwer trunken in mein Zimmer, erkundigte sich nach unserem Vater und ließ sich, zugleich plump scheltend über den treuen Ole, in den Sessel neben meinem Schreibtisch niederfallen. Während wir noch redeten, erschien Daniel und meldete, daß unserem Vater eben sehr schlecht geworden sei und bat mich, eiligst hinüber- zukommen. Rasch entsprach ich der Aufforderung, die Rudolf mit müdrblinzelndrn Augen und halbem Schnarchen beantwortet« und die nicht mehr Eindruck auf ihn machte, als einer Fliege Summen im Zimmer, und eilte fort. Als ich zurückkehrte, war er fest eingeschlafen, und ich körte ihn im Traume laut sprechen. Er warb leidenschaftlich um Deine Jsabella, flüsterte ihren Namen und beschwor sie, sein eigen zu werden. Da wußte ich Alles. Mir ekelte vor ihm, wie er so dalag, ein Bild der Ver wüstung und ungezügelter Triebe." Axel hielt inn« und zog die Mundwinkel. Man sah-, die Erinnerung beschwerte seine allem Unreinen abgewendete Seele. Ulrike aber, die gierig zugrhört hatte, suchte vergeblich nach einer Anknüpfung und nach einer Redewendung, durch die sie ihren Zweck erreichen konnte. Plötzlich hellte sich da scharfgeschnittene Gesicht auf. und indem sie dir dünnen Lippen bin und herbewegt, über die eben der letzte Rest de- heißen Trankes geglitten, sagte sie: „Viel venke ich an Jsabella^- Zukunft, Axel. E- ist die Zeit gekommen, wo sie heirathen muß. Es sind Wohl viele Cavaliere auS dem Adel, die sie möchten! Aber es war bisher keine passende Verbindung für das Geschleckt der Rixdorf'S. Jsabella will auch keinen jungen Sausewind ohne Rückgrat und Erfahrung! Sie sieht nach einem älteren, ge setzten Mann aus, der weniger Jagd, Gelage und Spiel liebt, als besonnen seiner Thätigkeit nachgebt, und den Wissen schaften und schönen Künsten nicht abhold ist. Wenn sich ein solcher finden ließe"! Und als ob ein neuer Gedanke ohne Beziehung aus Jsabella ihr gekommen im Ver folg ihr Rede, fuhr sie nach kurzer Pause fort: „Uebrigen«, da wir von Hrwathen sprechen: Meine Brüder Weichen auch den Frauen aus. Sag', Axel, Last Du je eine- Mädchens Mund geküßt, gar etwa- tiefere- empfunden für ein Mädchenhrrz, und Auge gehabt für weiche Glieder?" Der Mann, zu dem sie sprach, zog zuerst die Augen zu« sammen, wie Jemand, der sich versteckte, der seinem Gegen- über keinen Einblick in sein Innere- gewähren möchte. E- geschab, obgleich er den Worten seiner Schwester mit span nender Aufmerksamkeit zngehört, daß er bei ihren letzten Worten sich einer Bewegung nicht hatte erwehren können. Er kämpfte, wie er ihr begegnen solle. Ein deftiger Drang wollte ihn fortreißen, zu reden. Die Stimme der Vorsicht raunte ihm zu. sich nicht zu verrathen, jedenfalls ihr. seiner Schwester, sich jetzt nicht anzuvertrauen. Aber mächtiger war doch die Gewalt der lange zurück gedrängten Empfindung; sie siegte über seine Bedächtigkeit. „Du sprichst von Jsabella und sprichst von mir, Ulrike. Ich sage Dir — bier hob sich daS milde Auge des ManneS und richtete sich mit einem schönen, Friede und Liebe suchen den Ausdruck auf seine Schwester — ich bin Deiner Tochter gut, so gut, daß ich sie heimführen möchte. Aber ich sprach nicht unv werde nickt sprechen, weil ich weiß, daß sich eher Rosen zu Nesseln neigen und sie ihre Safte mischen, als daß die schöne, edle Jsabella sich verstehen würde, mein Weib zu werden." Er ließ die Lider fallen und verharrte mit einem Aus druck sanfte» Verzichtes. Er sah deshalb nicht, welchen Sturm der Leidenschaft er in der Brust de- ehrgeizigen Weibe- wach- gerufen. Ulrike vergegenwärtigte sich Jsabella al- Gebieterin von Steinhorst, den mächtigsten Besitz im ganzen Norden, vom jütischen Skagerak bi- nach Hamburg und weit in« Mecklen burgische hinab. Sie sah — seltsam, daß sie sich freute — ihren rothhaarigen Bruder Rudolf, da- Innere voll Ent täuschung, sich zähneknirschend beugen vor der unermeßlich reichen Erbin, vor ihr, die man entboten an den Hos in Kopenhagen, und der man huldigte wie einer Königin. Die alten Zeiten sah sie wirderkehren, wo auf Steinhorst Fürsten, Große und Gelehrte zum Besuch eingetroffen, wo Feste gefeiert worden waren, von denen man wochenlang ge sprochen batte. Ein Sammelpunkt war'« gewesen für die vornehme nordische Welt. Selbst dänische Prinzen hatten eS nicht ver schmäht, im schmucken, im Park gelegenen Komödienbaus lebende Bilder und Menuett- aufzufuhren mit der ver storbenen Gräfin und ibren inzwischen dab'ngegang-nen zwei schönen Schwestern, den Baronessen von Ulfelk. Ulrike wußte auch, daß Jsabella Ärel leiten und erziehen würde. Er würde sein einsiedlerisches Leben gegen ein dem bewegteren Dasein zugewendetes vertauschen, ihrer Tochter die Stellung geben, nach der sie, Ulrike, verlangte. Ein solcher Arobmutb. rin solche« Gefühl befriedigter Eitelkeit flutbet« durch ihr Inneres, daß die kalten Augen sich triunipkirenv belebten und dir Wangen sich rötheten Auch faßte sie ibreS Bruder« Hand, der, wie au« einem Traum erwachend, sie anblickte, und sagte mit einer nur mühsam zum rnbigen Reden sich zwingenden Stimme: „WaS börr ich? So denkst Du, »brurrr Axel, und sprachst nicht? Ack, wie wenig Vertrauen hast Du zu mir! Schon lange batte ich Jsabella ausforschen können und würde es mit Freuden gethan haben. — Freilich -- de- Mädchens Wille entscheidet, nicht der meinige." — Sie sprach den letzten Satz, damit sie sich den Weg offen halten konnte, mit Rudolf zu gehen, an dem Bündniß mit ihm festzuhalten. Axel aber pflichtete erst mit stummer Miene bei, dann bewegte er den Kopf mit den bleichen Farben und dem sein- fädigen Haar und sagte: „Ja, eben Ulrike! Und ich glaube, Jsabella'- Antwort zu kennen. Sir betrachtet mich wie Einen, der nicht zu zählen, weil er da- laute Treiben ver achtet, in dem friedlichen Angesicht der Natur und in der Beschäftigung mit geistigen Dingen seine Befriedigung findet. Sie will keine Gelage, wie mein Bruder, aber sie liebt c«, mit wehendem Schleier durch die Landschaft zu fliegen, womöglich selbst mit den Rrhbock zu jagen und an lustigen Festen theilzunehmen. Ich eigne mich dafür nicht. Freilich bin ick auck ein schlechter Landwirth, und da- ist'», wa» mich beschäftigt, Ulrike. Wenn ich einst Besitzer von Steinborst werde, wie unser Vater mirS verbeiße» hat — nicht auf mein Bitten — sern war mir solche- — sondern auS eigenem Antrieb —" „Er verhieß eS Dir?" hauchte Ulrike, der bei dieser neuen Kunde, die er ibr vortrug, als etwas, daS keinem Zweifel unterlag, da« Herz zum Zerspringen sich debnte. „Ja — ja — Du weißt doch selbst —" ergänzt« Axel arglos — „und ick denkt, er ließ e- in seinem Testament, wie er eS wollte." Da war wieder etwa-, wa- Ulrike namentlich erregte, so erregte, daß die gespannten Nerven sie nirderzustrecken drohten. Nur mit Ausbietung all ihrer Kräfte bezwang sie sich. Sie ringelte bald ein- ihrer schmalen Löckchen, bald schob sie an der heute angesteckten Brosche am Halse, dir da« Wappen der Rixdors's, einen nach Vogelwild jagenden Habicht, trug, um so Ablenkung zu suchen von dem Toben ihre« Innern. Und nun hielt es sie auch nicht mehr. Geschickt fick stellend und mit einem: „Morgen mebr über all die wichtigen Dinge, auch über Jsabella, die. ich weiß es. Dir zugrthan ist wie sonst keinem Menschen! Ich will nun zu unserem Vater gehen und wachen und zn Gott beten, daß er ihn uns nock erhalte viel«, viele Jahre!" erhob sie sich und folgt», dem von Axel l-erbeigerusenen, mit dem mächtigen fiebenarmigcn silbernen Candelabrr voranschreitenden Daniel zur Linken in den Flügel, in dem der Kranke rubte. Eine Weile hatten noch die beiden Geschwister an dem
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