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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 23.01.1897
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1897-01-23
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18970123023
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1897012302
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1897012302
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1897
- Monat1897-01
- Tag1897-01-23
- Monat1897-01
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Rectamen unter dem Redaclionsilrich (4ge- spalten) ü0>^. vor den Familie,machriw^» (6 gespalten) 40 Größere Schriften laut unsere« Preis» ucrzeichuiß. Tabellarischer »ich Aissernjup nach höhere« T-rif. Anyahmschlnk für Äuni-ep: Abend-Au-gab«: Vormittag- 10 Uhr. argen-Ausgabe: Nachmittag- 4 Uhr. Bei den Filialen und Auuah/neslcheu je eine halbe Stunde frytzap. Vnjei^n sinh stets au hi, GxPetzikion zu richten. Druck und Verlag von E. Polz in Leipzig. 11. Politische Tagesschau. * Leipzig. 2g. Januar. Im Reichttss« hat gestern der Abg. v. Staudy das Wort quSgesprochen: „In meiner Gegend hat man mit Miß achtung auf den Landwind gesehen, der die Maul' und Klauenseuche batte" „Geflügelt" braucht dieses Wort nicht erst zu werden, denn im Volke, das gern den Besitzer einer Sache mit dieser identificirt, ist es längst im Schwange. Niemand wird es deshalb Herrn v. Staudy verübeln. Aber er sowohl, als seine Parteifreunde und Gegner hätten sich durch diesen Bolksausdruck daran erinnern lassen sollen, daß das Volk unter „Maulseucke" auch nych etwas Anderes versteht, als eine Krankheit des PieheS: die Redewuth. Und wenn gestern ein schlichter Mann des Volkes die Debatte verfolgt hätte, die sich bei der Fortsetzung der zweiten Berathung des Etats des Reichsamts des Innern an den Titel deS Extraordinariums „Untersuchung zur Erforschung der Maul- und Klauenseuche" knüpfte und in der mehrfach von „Thorhejt", „Dummheit" und davon, wer den „größten Mund" habe, die Rede war, so würde er höchst wahrscheinlich am Schlüsse zu sich selbst gesagt haben: „Wenn doch endlich auch ein Mittel gegen die parlamentarische Maulseuche gefunden würde!" Das Thema war nicht nur für die Lanbwirthschqft, sondern auch für andere Erwerbskreise sehr wichtig; aber nachdem der preußische Lanbwirthschaflsminister v. Hammerstein-Loxten nicht nur die genaueste Auskunft über den Zweck und de»: Umfang der Untersuchung, sondern auch über alle weiteren in Aussicht genommenen Mittet zur Ver hütung der Seucheneinschleppung gegeben hatte, wäre eine Beschränkung der Debatte umsomehr am Platze gewesen, als die Führer des Bundes der Landwirthe einen aus die Verbreitung der Viehseuchen bezüglichen Antrag im preußischen Abgeordneten Hause bereits ein gebracht haben und dort weit passendere Gelegenheit, als bei einer EtatSberathung im Reichstage, zur gründlichen Er örterung des Gegenstandes finden werden. Mehr als die von vornherein feststehende Annqhme des betr. Titels war ja über dies auch durch die längste Debatte nicht zu erzielen. Aus Mittheilungcu der „Zukunft" und der „Berl. N N." er fährt man übrigens, daß in Reichstagskreisen schon seit 14 Tagen sehr lebhaft über eine „Hof ge schichte" gesprochen wird, die an sich kaum eine Erwähnung verdient, aber wegen der Art, wie sie an die Oeffentlichkeit gebracht und hier von Händen, an denen die Volksärzte starke Spuren von „Klauenseuche" constatiren dürften, verarbeitet wird, einige Bemerkungen herauösordert. Die „Zukunft" bringt nämlich die Klatschgeschichte durch Veröffentlichung eines Brieses in die Oeffentlichkeit, der seine Entstehung sowohl, wie seine Publication nur einem groben Bertrauensbruche ver danken kann. Sein Zweck geht aus seinem Wortlaute zu klar hervor, als daß er besonders betont zu werden brauchte. Er lautet im Wesentlichen: „Gestern war die Hochzeit bei Wedel. Sehr stilvoll, aber doch eine gewisse Verlegenheit und Befangenheit bei den Ein geweihten. Ich weiß nicht, ob Adolf schon davon gehört hat. Der Piesvorfer hatte Herbert Bismarck eingelaben, der auch zugesagt hatte, da der Bräutigam ja sein Vetter ist und der berühmte Zweig der Familie doch vertreten sein sollte. Zn den ersten Januortagen ließ S. M. nun die Liste der Gäste einfordern — er hatte sich zur Hochzeit angesagt — und gleich darauf Wedel miltheilen, erwünsche nicht, mit Herbert bei dieser Gelegenheit zusammen- zutreffen. Große Bestürzung. Wedel steckte sich hinter Eulenburg, und der Eulenmarschall trug auch S. M. dir Sonnabend den Sach« eindringlich yor und sagte, in welche Verlegenheit Wedel käme, wenn er Herbert nun wieder ausladen müsse. Aber der Kaiser blieb bei seinem Wunsch, und so war nichts zu machen. Hans, dem als Bräutigam und Vetter die Geschichte natürlich am fatalsten war, mußte an Herbert schreiben und ihn bitten, ver breiten zu dürfen, er habe nachträglich abgesagt. Die Er- laubniß traf denn auch prompt ein, und osficiell war Alles in schönster Ordnung. Leider — obwohl Schweigen proclamirt wurde — scheint doch Einiges transpirirt zu sein, schon seit dem Achten wurdeAllerlei gemunkelt, und bei der Hochzeit war eigentlich nur davon in den intimen Gruppen die Rede. Auch im Reichstag ist's schon bekannt. Ihr erspart mir wohl Details . . . Nur so viel, daß ich, seit die Geschichten mit Lotki und Lolotka aufgehürt haben, eine ähn liche Aufregung in Hofkreisen nicht mehr gesehen habe. Ein Gekribbel wie in einem Ameisenhaufen. Dabei weiß Niemand, was eigentlich gegen Herbert vorliegt, und Wedelt selbst soll keine Ahnung gehabt haben, daß Bismarcks Erscheinen bei Sr. Majestät Anstoß erregen könnte. Man schließt auf starke Ver stimmung gegen Friedrichsruh, doch sollen die Aller höchsten Antworten auf die Neujahrstelegramme von Vater und Sohn sehr gnädig ausgefallen sein. Ernst, der ja das Gras wachsen Hort, behauptet, es sei noch immer wegen der „Enthüllungen". Mit denen hatte aber Herbert doch nicht das Geringste zu thun. Wenn Ihr könnt, redet nicht einen Ton über di« Sache, schon Herberts wegen, der sonst wieder verdächtigt wird, er habe die Assaire an die berühmte Oeffentlichkeit gebracht. Natürlich unter den Bismarckfeinden großer Jubel. Es ist ein Kreuz. . . ." Die f.Berl. N. Nachr." knüpfen an diesen Brief, der in fast jesuitischer Weise selbst an die Glocke schlägt, was er zu verschweigen räth, folgende Auslassung: „Die Angelegenheit, um die es sich handelt, ist auch uns aus parlamentarischen Kreisen seit der vorigen Woche bekannt. Der Haus- minister Herr v. Wedel-Piesdorf hatte den Grafen Herbert Bismarck gebeten, der Hochzeitsfeier seiner Tochter mit dem Lieutenant im 1. Garde-Regiment Grasen v. Bismarck-Bohlen als Vertreter der Bismarck-Schönhauscner Linie anzuwohnen. Gras Bismarck hatte diese Einladung mit Zustimmung des Fürsten angenommen, sie wurde dann später unter den oben anscheinend richtig geschilderten Umständen wieder zurückgezogen. Die Gründe für den von Allerhöchster Stelle geäußerten Wunsch sind nicht bekannt. Sie können unmöglich in den „Enthüllungen" der „Hamburger Nach- richten" beruhen, mit denen Graf Bismarck mcht das Geringste zu schaffen hatte, auch war die Thatsache des deutsch-russischen Ver- träges bereits seit Jahren in einem weiteren Kreise, als dem engsten diplomatischen, hinreichend bekannt. Nachdem Abgeordneten- Haus, Reichstag und Hoskreise sich seit vierzehn Tagen über Liese Angelegenheit unterhalten, besteht für die Presse keine Beranlassung mehr, darüber zu schweigen. In der Nation wird freilich die da- durch bestätigte Fortdauer von Spannungen, an deren Stelle iin Interesse des Vaterlandes das gerade Gegentheil zu wünschen wäre, zumal am Vorabend der Lentenarfeier, mit tiefem Be dauern ausgenommen werden." Ob an der ganzen Geschichte etwas Wahres ist, wissen wir nicht und werden uns auch nicht die geringste Mühe geben, es zu erfahren. Wahrscheinlich klingt ste schon deshalb nicht, weil der Gewährsmann der „Zukunft" selbst sagt, daß nach seinen Informationen die Antworten des Kaisers auf die Neujahrstelegramme des Fürsten und des Grafen Herbert Bismarck „sehr gnädig ausgefallen" seien, und weil aus der Art, wie Fürst Hohenlohe und Freiherr von Marschall sich im Reichstage über die bekannten „Enthüllungen" ausgesprochen haben, hervorgeht, daß an maßgebender Stelle diese „Jn- diScretion", die obendrein mit dem Grafen Herbert Bismarck nichts zu thun hat, an maßgebender Stelle ganz anders beurtheill wird, als in den Kreisen der verbissenen BiSmarck- feinde. Wenn also wirklich der Geschichte etwas Wahres zu Grunde liegt, so kann es nur rein persönlicher Natur sein. Solche Dinge mögen in Hofkreisen als sehr interessant 23. Januar 1897. abgehandelt werden; die Politik und die Oeffentlichkeit haben mit ibnen um so weniger etwas zu thun» ^e bekannter es ist, daß Spannungen starker und stärkster Art -wischen Berlin und Friedrichsruh vor bedeutsamen nationalen Erinnerungstagen bisher immer wieder ausgeglichen worden sind, und je weniger gewissen Haft- Politiker mehr oder minder beglaubigten Hofgefchickten einen Einfluß auf ihre Haltung einräumen dürfen. Wir hoffen denn auch, daß die Besprechungen parlamentarischer Kreise über den angeblichen Zwischenfall zum Besten der nothleidenden Kellner in die Reslaurationsräume verlegt worden sind uno bei den Abstimmungen nicht einmal durch Verminderung der Präsenzziffer eingewirkt haben. Schutzmaßregeln gegen die Ausbreitung der „parlamen tarischen Maulseuche" würden sonst sehr am Platze sein. Jenen Leitenden gegenüber, die den famosen Brief m die „Zukunft" gebracht haben, wäre eine Grenzsperre em- pfehleuswerth. Vorher aber dürfte doch wohl die Frage zu lösen sein, ob diese neueste „Enthüllung" nicht in irgend welchem Zusammenhänge mit hetzerischen Gesinnungsgenossen und Helfershelfern der Trias „Leckert-Lützow-Tausch steht. Seit der Ernennung Murawjew's vertritt die „Wiener Reichswehr" ein Blatt, das man an, richtigsten wohl als freiwillig gouveruemental bezeichnet, eine äußerst pessimistische Politik, sie verlacht die beschwichtigenden Darstellungen der Weltlage und bereitet ihre Leser aus kriegerische Entscheidungen vor. Dabei ist die „Reichs wehr" bekanntlich mit dem deutsch-österreichischen Bündniß unzufrieden, oder vielmehr mit der Deutung, die ihm in Berlin gegeben wird. Sie behauptet, das deutsche Reich habe, wie vollends durch die Hamburger Enthüllungen klar ge worden, einzig veu Vortheil von der Dreibundspolitik, Oesterreichs Interessen kommendabei zukurz, der „defensive" Charakter deS Bündnisses bedürfe einer genaueren Feststellung, damit nicht Oesterreich mit seinen Interessen im Orient preisgegeben sei, der casus koeäeris müsse klarer d efin irt werden, und eine Verständigung eben darüber herbei- zuführen — dies ist der Sinn der neuesten Auslastung der „Reichswehr" — sei offenbar der Zweck der Reise des Grafen GoluchowSki nach Berlin und seines vier tägigen Aufenthaltes daselbst gewesen. Es wird dabei der Ministerrath in Erinnerung gebracht, der vor Goluchowski's Abreise stattfand und dem auch der Reichskriegsminister und der Chef des Generalslabs F.Z.M. Frhr. v. Beck beiwohnten. Auf der Rückreise aber wurde Graf GoluchowSki von König Albert von Sachsen in einftünbiger Audienz empfangen, wozu bemerkt wird, daß König Albert nicht dlos der hochverehrte Freund der beiden verbündeten Monarchen, „sondern auch der designirte Führer der deutschen Ostarmee ist, der in Fragen von hohem politischen Be lange auch vom strategischen Standpuncte gewichtige Worte und Rathschläge vorzubringen hat". Was aber den cssus fosüvrjz betrifft, so rückt das Wiener Blatt jetzt mit einer ganz bestimmten Forderung heraus. Es schreibt nämlich: „Im Laufe der Erörterungen über die Hamburger Ent hüllungen bat sich herausgestellt, daß der rein defensive Charakter des deutsch-österreichischen Bündnisse« mit der Vor aussetzung, daß eins der beiden Reiche angegriffen werden sollte, einigermaßen eng und unzulänglich definirt worden ist. In dieser Richtung ist nach Maßgabe der Ver änderungen in Leer europäischen Lage eine erneute Fest stellung des Einvernehmens mehrfach wünschenSwerth. Sonst könnte man in Deutschland glauben, wenn Ruß 91. Jahrgang. land Konstantinopel besetzt, sei da« kein Angriff aus Oesterreich-Ungarn." Hier ist endlich mit deutlichen Worten gesagt, was man eigentlich will: wenn Rußland Miene mache, sich KvnstantinopelS zu bemächtigen, so erachte Oesterreich-Ungarn sich damit al« angegriffen und verlange die bewaffnete Unterstützung des deutschen Reiches Krgft des Bündnißvertrags. Mit andern Worten: daS deutsche Reich olle seine Existenz an die Zukunft Konstantinopels setzen. Das ist genau das Gegentheil von dem, was bisher als deutsche Orientpolitik gegolten hat. Bismarck hat solche An deutungen stets rundweg abgewiesen, unvergessen ist sein Wort von den Knochen des pommerschen Musketiers. Man wird in Berlin die Antwort nicht schuldig bleiben. Mau wird aber auch in Wien nicht umhin können, die Berantwortung für so phantastische Ausdeutungen des Bündnißvertrags un zweideutig abzulehnen. Ein nicht osstcielles, immerhin werth volles, aber nach unserem Dafürhalten nicht genügendes Desaveu der „Reichswehr" ist folgendes den „Hamburger Nachrichten" aus Wien zugegangene Telegramm: „Gegenüber einer aus Berlin datirten Zuschrift der „Reichs wehr", worin angedeutet wird, daß anläßlich des Berliner Aufenthaltes des Grafen GoluchowSki über die Präci- sirung des defensiven Charakters des deutsch-österreichischen Bündnisses verhandelt worden sei, wird in competentenKreije», betont, daß das deutsch.österreichische Bündniß überhaupt keinen Gegenstand der Erörterung zwischen GoluchowSki puh den deutichen Staatsmännern bildete." Von Interesse in diesem Zusammenhang ist übrigens noch die Mittheilung des hochofficiösen Wiener „Fremdephlatt", daß Graf Murawjew der russischen Botschaft in Paris zur selben Zeit angehörte, zu der Graf Goluchowski als Mitglied der österreichischen Botschaft dort wirkte und daß beide Herren von Paris aus befreundet seien. Das „Fremdenblatt" legt hierauf offenbar Werth, sonst würde es die Mittheilung schwerlich gebracht haben. Es ist nöthig, nochmals auf die deutsche Expedition an der vtfenbeiukäste zurückzukommen. Bekanntlich hatte die „Post" die Nachricht von der Zerstörung ver Neger residenz Aeodi als das Phantasiestück irgend eine« Reporters, der damit Deutschland zu schaben beabsichtigte, bezeichnet, worauf der „Hamb. Corr." es als wabrscheiulich nach- zuweiseu suchte, daß Dt'. Grüner durch die Feindseligkeit der Stämme im Innern zu jenem Schritte gezwungen worden sei. Wir konnten nach den Darlegungen der „Post" uns von der Beweiskraft der Ausführungen des „Hamb. Corr." nickt überzeugen; heute schreibt das letztere Blatt: „Unser Correspondent berichtigt und ergänzt seinen Commcntar zu der Nachricht deS „Temps", eiye deutsche Expedition habe d)endi zerstört, in folgender Weise: Genaue Ermittelungen ergeben, daß die aus französischer Ouelle stammende Dkeldung aus Verwechselung um Vermengung verschiedner Vorgänge beruhen muß. Zunächst befand sich vr. Grüner mit seiner Expedition Ende November noch iy Ärte-Kratschi, also etwa 300 lrm von Aendi entfernt. Ganz erfunden ist die Angabe, daß eine deutsche Expedition von der seit mehreren Jahren aufgegebenen Station BiSmarckburg auSgegangen sei. Endlich sind von allen Stationen im Togogebiete auS jener Zeit nur Berichte eingegangen, di« die Fortdauer der bisherigen friedlichen Verhältnisse verkünden. Doch haben neuerding- Kämpfe in der neutralen Zone statt- aesunden. 18V2 scheu betheiligten sich die Dagomb« auS vjendi hervorragend an der Zerstörung von Salag«, dort baden von Neuem Kämpfe staltaefundcn. Daraus ist wohl die Mittheilung entstanden, daß dfendi von den Deutschen Fsrrill-toir. ^ Die Rir-orfs. Roman von Hermann Helberg. Nachdruck verdaten. Als sie später, INS Hau- zurückgekehrt, nach abgeräumter Tafel beisammen saßen nnd sie eben nach der Einleitung suchte, das, was ihr so unendlich schwer wurde, ihm zu sagen, aber nun doch einmal gesagt werden mußte, rückte Axel plötz lich den Stuhl näher, ergriff ihre Hand, und mit seinem ganzen Wesen sich zu ihr drängend, Hub er an: „Hat Dir eigentlich Deine Mutter vor Kurzem wieder von mir gesprochen, Isa? — Ich bat sie, wieder einmal mit Dir zu reden. — Al« mein Vater gestorben war, wollte ich nicht hervortreten, obschon Deine Mutter darauf bestand. Später hat sie mir dann gesagt. Du seiest mir gut. Du bätest nur um Zeit. Noch sei Dein Gemüth zu beschwert. Es machte mich namenlos glücklich, weil ich hoffen durfte, theure Isa —" Aber er kam nicht weiter, weil Isabella, deren Mienen sich schon mit dem Ausdruck höchster Befremdung verändert, jählings da« Haupt zurückwarf. Mit zitterndem Ton sagte sie: „Es ist nicht wahr, Onkel. Nie sprach ich so. Ganz ander« war meine Rede. Wieder kleidete einmal Mama — und noch dazu in so ernster Sache — ihre Worte nach ihren Wünschen, nicht nach Tbatsachen und Wirklichkeit. Und La Du nun heute diese Angelegenheit berührt hast, theurer Onkel" — fuhr sie weich und sanft fort: „Laß micy Dir sagen, wie eS wirklich war. laß unS heute klären, wa< un- geklärt zwischen un- liegt." Während der letzten Worte schob sie den Stuhl zurück, trat hinter ihn, weil sie nur so im Stande war, zu sprechen, und sagte, liebevoll ihren Arm um seine Schulter schlingend: „Ich habe damals Mama erklärt, daß ich keinem Menschen so von Herzen gut sei, wie Dir, daß ich aber, mein theurer Onkel, Dir die Hand nicht reichen, nie zu reichen vermöge, weil Dir mit warmer Empfindung, mit Achtung vor Deinen Tugenden, mit den Gefühlen der Dank barkeit für Deine Güte und Liebe nicht gedient sein könne. Du brauchst eine Frau, die Anderes zu bieten vermag, Du brauchst eine bessere, al- ich eS bin —" „O nein, nein!" Es giebt keine, die Dir gleicht!" hauchte Axel, nach ihrer Hand tastend. Auch wandte er sich plötzlich, fast stürmisch um, zog die Erschrockene zärtlich an sich und flüsterte: „O werde mein, Isabella! Ich kann ohne Dich nicht leben. Wenn Du wüßtest, wie sehr ich leide —" Furchtbarer Schauer, Schauer des Mitleid-, der Liebe und Rührung, dieselbe von denen sie eben gesprochen, zogen durch das Innere de« jungen Mädchens. Nicht einmal einem Thierchen, das ihren Weg kreuzte, vermochte sie weh ru thun, viel weniger kaltherzig an ihren Nebenmenschen vorüber zu gehen. Daß er, der Verschlossene, so zu ihr sprechen würde, wenn sie auch wußte, daß er Schmer» um sie erduldete, batte sie nicht erwartet. Nein zu sagen, ihn in diesem Augenblick aus seinen Höben herabzureißrn, war ihr unmöglich. Während er sie so umfaßt hielt, wurden ihre Augen feucht, und sie wehrte ihm nicht, als er ihre weichen Mädchen- Hände mit Küssen bedeckte und auch ihren Arm und ihre Wangen berührte. Aber doch nur Secunden dieses GlückSrausche« waren Axel von Rixdorf gegeben. Nachdem sie ihm gewährt, wozu ihr schmelzende« Herz sie gedrängt, entglitt sie, sich zu Kraft und Willen zwingend, sanft seinen Armen, schüttelte das Haupt und sprach, ihm mit schönem Freimuth in« Auge schauend: „Unvergeßlich wird mir diese Stunde sein. Ich fühle, wie sehr Du mich liebst. Aber auch tiefes Weh empfinde ich, Dir wiederholen zu müssen, Onkel, daß ich nicht Dein werden kann. Meine Worte eben deutetest Du falsch. Durch sie wollte ich Dich in mein Inneres sehen lassen. Dir zu er kennen geben, daß ich mir nicht wie eine Gebieterin vor komme, die zu vertheilen, sondern wie eine arme Magd, die uicht- zu vergeben bat, weil sie eben da« nicht mitzubringen vermag, waS zum Glück gehört. Zürne mir nicht! Glaube, daß ich auch schwere Qual empfinde, Dich enttäuschen zu müssen. Aber ich kann nicht ander«, und eS ist auch mein letzte-, unabänderliche- Wort." Sie sprach «, ihre ganze Entschlossenheit zusammenraffend. Er aber saß da in seinem Stuhl, bleich wie rin Gebrochener. So mitleiderregend war sein Anblick, daß sie unwillkürlich ihren Kopf an sein Haupt legte und mit der Rechten seine blaffen Wangen streichelte: „Nicht traurig sein, bitte, bitte nicht" — flüsterte sie sanft und zärtlich flehend, und während ihm schwere Thränen immerfort über das Angesicht rannen, weint« auch sie wie ein Kind. Während Itsabella, nachdem sie von ihrem Onkel in be wegter Weise Abschied genommen, bahinfuhr, beschäftigten fick» ihre Gedanken mit dem nun Kommenden. Sie malte sich aus, daß James sich Axel vorstelle« und daß Letzterer ihre» heutigen Bezuch mit ihm in Verbindung bringen werde. Sie bat ihn, Axel, ab, weil sie auf James rechnete! Daß er dergleichen annehmeu könne, schuf ein scham voll heiße« Gefühl in ihr. Andererseits lehnte sich aber auch ibr weibliche- Empfinden dagegen auf, James eine Zurückhaltung nach dieser Richtung zu empfehlen, weil diese nur durch die wirkliche Ursache zu begründen war. Sie mußte ihm schon sage«, daß man Axels Eifersucht schonen müsse, und dagegen lehnte sich ihr Inneres erst recht auf. Und doch mußte nun nach allen Richtungen rasch und energisch gehandelt werden, mußte sie da« Wesentliche zur Entwickelung der Dinge auf ihre Schultern nehmen. Sie war ohne ihrer Mutter Wissen heute nach Flugsande gefahren. Wenn sie ihr auch eben die unzweideutigsten Er klärungen über ihren Willen gegeben hatte, so wußte sie dock, daß Ulrike noch hoffte, daß sie Alles aufgeboten haben würde, ste von diesem Schritt abzuhallen. Sie mußte, um ein Ende »u machen, ihre Mutter vor die unabänderliche Thatsache stellen, ft> stellen, wie es geschehen war. Und heute batte sie noch James auf seine Bitte eine Unterredung zugesagt. Nach längerer Ueberlegnng, wo sie mit ihm, ohne sich falschen Dentnngrn ausznsetzen, rnsammentreffen könne, war sie zu dem Entschluß gelangt, James ru einem Vetter von Ol«, einem Tischlermeister Timm, zu bestellen. Dieser besaß neben dem Todtleben'schen Besitz ein kleines Häuschen, kannte Isabella von Kindesbeinen an, und dachte nicvtS Uebles, wenn ste einen Fremden empfing. Ueberdies konnte sie ans seine Verschwiegenheit unbedingt rechne». Es genügte, wenn sie ihm sagte, worum es sich handelte. ^dhr Plan war nun, daß James sich am folgenden Vor mittag nach Flugsande begeben sollte. Ir nach dem Ausfall der Unterredung wollte sie ihrer Mutter näher treten. Sie wollte ihr eröffnen, wer James Jrlaik sei, sie veranlassen, ihn m empfangen, auch Beide bewegen, Rudolph mitznthrilen, yzh MtL> Jrlaik Alfoa'S Sohn sei, und daß er Ansprüche auf Stmnhorst erhebe. ' WaS war noch Alle« zu bestehen, bis James Jrlaik sich eines Erfolges rühmen konnte! Wenn z. B. Rudolf wirklich Martha Witt heirathen wollte, war der Augenblick, ihm mit solchen Dingen zu kommen, denkbar ungünstig gewählt. Ueberhaupt — das unterlag keinem Zweifel — würde er ihn als seinen Ver wandten niemals anerkenne«. JameS Taufschein lautete auf Jrlaik, also war er ein Schwindler! Als einen solchen hatte er ihn ja schon jetzt mit seiner instinctiven Abneigung be zeichnet. Unter so schweren Ueberlegungen kehrte Isabella nach Eutin zurück, ließ kurz vor der Stadt halten nnd nahm zu Fuß de» Weg nach Hause. Vorher aber begab sie sich zu dem alten Tischler. Sie kündigte ihm an, daß gegen 6 Uhr ein Fremder kommen werde, und gab ihm auch sonst die er forderlichen Erklärungen. — Als JameS, der in seinem GemiitbSzustande den Augen blick dieser Zusammenkunft hatte kanm erwarten können, ui» die von Isabella bezeichnte Stunde die Straße beschritt und vorsichtig die Häuser musterte, fand er alsbald daS richtige heraus. Einige vor den unbeschatteten Fenstern zur Rechten stehende Geratbschasten: eine zerbrochene Tischlersäge und ein verstaubter Leimtops, wiesen ihm den Weg. „O, das ist schön, daß sie da sind, mein Herr", flüsterte der Alte, JameS bereits ans dem Flur freundlich entgegen- tretrnd, „Comtefse sind schon lange gekommen." Unter diesen Worten öffnete er eine Thür zur Linken, und bat James, in daS kleine Wohnzimmer einzutreten. Isabella, die in der Ecke des SophaS Platz genommen und Tnnm'S alte Bibel ergriffen hatte, erhob sich bei seinem Ein treten mit allen Anzeichen eines durch Warte» bennnchigten, nun aber angenehm überraschten Menschen. Auch berührte sie, nachdem sie sich, nach einer etwas ver legenen , aber dadurch fast mehr noch ihre gegenseitigen Empfindungen bekundenden Begrüßung, einander gegenüber- gesetzt, sogleich den Kernpunkt der Dinar »nd sagte: „Ich bin erschienen, verehrter Herr Vetter, obschon eS mir ein wenig schwer geworden ist, mich vom Hanse zu ent fernen. Ich war beute Morgen bereit» in Flugsande, und kehrte erst gegen Mittag zurück. — Aber ich wollte mein Wort halten, und eS war auch besser, daß wir uns mündlich beredeten. Zunächst, ich bitte, kaffen Sie hören, was Sie beschäftigt? Es hat mich sehr beunruhigt, daß Sie auch sonst noch Ungrltgrnhriten haben. —"
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