Suche löschen...
01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 25.01.1897
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1897-01-25
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18970125015
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1897012501
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1897012501
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1897
- Monat1897-01
- Tag1897-01-25
- Monat1897-01
- Jahr1897
- Links
-
Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
Bezugs-Preis i> her Hauptrxpedition oder den i»l Stadt bezirk und den Vororten errichtete» Aus gabestellen abgeholt: vierteljährlich^ 4.50, bet zweimaltaer täglicher Zustellung ins Hau» ^l 5.S0. Durch die Post bezogen für Deutschland und Oesterreich: viertestährttch ^l 6.—. Dirrcte täglich« Kreuzbandirndung in» Ausland: monatlich 7.50. Di« Morgen-Au-gabe erscheint um '/,7 Uhr. dt« Abend-Ausgabe Wochentag» um 5 Uhr. Redaktion und Expedition: AohanneSgaffe 8. Dir Expedition ist Wochentag» ununterbrochen geöffnet von früh 8 bi» Abends 7 Uhr. Filialen: Otts Klemm'» Lorttm. (Alfred Hahn)» NuiversitätSstrahe 3 (Pautinum), Laut» Lösche, Katharinenstr. 14, part. uud König-Platz 7. Morgen-Ausgabe. Anzeiger. Ämlslilatt des Köttiglichen Land- nnd Änrlsgerichtes Leipzig, des Rashes nnd Roltzei-Ämtes der Stadt Leipzig. Anzeigen Preis die 6 gespaltene Petitzelle 20 Psa. Reklamen unter dem RedactionSstrich (»ge spalten) 50/^, vor den Familirnnachrichten (Kgespalten) 40/^. Größere Schriften laut unserem Preis- Verzeichnis. Tabellarischer und Zifferniatz nach höherem Tarif. (Sxtra-Beilagen (gesalzt), nur ms» t.e Morgen-Ausgabe, ohne Postbesörderung ./t 60.—, mit Pvstbesörderung ./L 70.—. Ännahmeschluk für Änzeigen: Abend-AuSgabe: Vormittags 10 Uhr. Morgen-Ausgabe: Nachmittags 4 Uhr. Bei den Filialen und Annahmestellen je eine halbe Stunde früher. Anzeigen sind stets an die Expedition zu richten. Druck und Verlag von E. Polz in Leipzig. 43. «sssssssssss Amtlicher Theil. Nutz- und Brennholz-Auction. Mittwoch, den ». Februar d. As. sollen aus dem Mtttei- waloschlage in Abth. 8 b de» Vnrgauer Forstreviers, dicht an der Flnthrinne unterhalb des Lentzsch-Wahrencr Fahr weges an de» frnheren MilitatrschictzstaiiSen: 1.. von Vormittags i) Uhr an: 6 Rmlr. Gtchen-Nuy chctte 1. u. II. Cl. 95 - Etchen- 10 - Buchen- Brennfchette 6'/, - Vschen- 34', - Nüstern- und 14 - Linden- ll., von Bormittag» 10 Uhr an: 111 Abrannihaufe» und 15 Langhanfcn unter den im Termine aushängenden Bedingungen und der üblichen Anzahlung meislbielend an Ort und Stelle verknust werde». Zusammenkunft: anf dein obengenannten Schlage zu den beigesetzten Zeiten. Leipzig, am 23. Januar 1897. Des Raths Forst-Tepntation. Versteigerung. Im Hofraume des hiesigen Königli-Iien Amtsgerichts sollen Mittwoch, den 27. Januar >807, von Vormittags 10 Uhr an 104 Stück compl. Hühner- und Taubenkafige, 12 Wassergeflügel- Auszucht-Käfige. 5 verick Aufzucht- und Paarungskäsige, l fahr- barer Patentkäsiq, 1 Verloosungstrommel, 27 Anhängewände u. dcrgl. mehr gegen Baarzahlung versteigert werden. Leipzig, am 22. Januar 1897. Der Gerichts-Vollzieher beim Königlichen Amtsgerichte. Der öffentliche Verkehr in Sachsen sonst und jetzt. Von k. F. E. Kr über in Bocka bei Altenburg. Der Verkehr mit -er Bahn. Nachdruck verboten. Es ist mehr oder weniger bekannt, mit welchen großen Vorurtheilen die Menschen ihrer Zeit der allgemeinen Ein führung uud Benutzung der durch Dampsmagen befahrenen Eisenbahnen gegenüber standen. Da sollten sich nach der Meinung der Einen durch das schnelle Fahren allerlei ge sundheitsschädliche Einflüsse, besonders auf Lunge (Luftzug) und Herz gellend machen. Wieder Andere sahen ans der Anlegung der Eisenbahnen allerlei schwere Nachtheile für die ganze Volkswirthsckaft entstehen, wie z. B. der Wirkliche Geheime Rath Notber an König Friedrich Wilhelm IH. von Preußen am 16. August 1835 unter Anderem berichtet: „Durch Eisen bahnen . . . wird ein sehr beträchtlicher Theil des Nähr standes erschüttert und genötbigt werden, zu anderen Erwerbs zweigen überzugeben . . . Sie werden dein NahrungSstande der an dem Bahnzuge liegenden Ortschaften sehr wenig Borschub leisten. .... Ihr Nutzen ist beichränkt." .... Sobald aber im Leben irgend etwas, worüber die ver schiedensten Meinungen lange Zeit sich feindselig gegenüber Montag den 25. Januar 1897. standen, fix und fertig vor Augen steht, da legen sich bald alle vorher so hochzehenden SlurmeSwellen. Das ist nicht nur bei allen öffentlichen Bauten u. derHt. so, wo viel Köpfe mit viel Sinn auch manchmal wenig ^rinn hinein zu reden haben. Es war auch in Bezug aus die Eisenbahn so. Mit dem Eintritt der praktischen Anwendung des neue» Verkehrs mittels im Betriebe der Leipzig-Dresdner Eisenbahn schwanden auch fast alle VorurtbeÜe gegen dasselbe. Die Entstehung der Leipzig - Dresdner Eisenbahn ist auf das rastlose Betreiben einzelner Leipziger weitblickender Kauf- und Handelöberren zuriickzuführcn, die ihrem Wohnsitze, dem Millclpunct eines umfangreichen und weilverzweigleu Handelsverkehrs zum rascheren Güteraustausch allem Widerstande zum Trotz Eisenbahnverbindung zu verschaffen wußten. „Die erste deutsche Eisenbahn, das weeß de ganze Well, Beim Sckwanen- teiche fängt se an, die kost'te beeses Geld." Schon am 20. November >833 hatte die königl. StaalSregierung auf eine an sie gerichtete Petition Leipziger Bürger denselben ihre Bereitwilligkeil zur Unterstützung und Förderung des Privat- Unternehmens, eine Eisenbahn zwischen Leipzig und Dresden unter dem Schutze der StaalSregierung anzulegen, ausge sprochen. Hierauf bildete sich am 3. April I83l ein aus 12 Leipziger Bürgern bestehendes Eisenbabncoinitö, welches durch 7 vom l4. Juni 1834 bis 10. Mai 1835 erschienene Druck- berickle die Theilnabme des Publikums für das Unternehmen zu Wecken wußte. Weiter gelang dem Comitö die Bildung einer „Leipzig - Dresdner Eisenbahn - Compagnie" zum Bau genannter Bahn mil dem Sitze des Direktoriums in Leipzig. Dieser in ihrem Borhaben von der Regierung unterstützte» Gesellschaft wurde die Ausgabe von einer halben Million Thaler unverzinslicher Casienscheine gestattet. Außerdem war ibr auch das Borrecht zur Erbauung der sächsisch bayerischen, sächsisch - schlesischen und sächsisch - böbmiichen Linie ertheill worden, woraus sie aber später verzichtet bat. Das zum Bau der Bahn 1835 auf 1>,r Millionen Thaler festgesetzte Actiencapital mußte 1837 auf 4>/, Millionen Tbaler erhöht werden. Nach langen Erörterungen über den Weg, den die Bahn nehmen sollte, namentlich, ob sie von Niesa aus auf dem linken Elbuser über Meißen Weiler gehen sollte, entschied man sich endlich für den Elbübergang bei Riesa und Ein mündung in Neustadt-Dresden. Am 3. Juli 1835 erschien das Expropriationsgesetz. Im Herbst 1835 begannen die Bauarbeiten mit Herstellung der Mulvenbrücke bei Wurzen. Am 1. März 1836 wurden die Erdarbeiten am Einschnitte bei Machern begonnen. Am 24. April 1837 wurde die Strecke Leipzig - Allhen als zweite Eisenbahn Deutsch lands (erste Nürnberg - Fürtb) mit einem Bestände von zwei Locomotiven und acht Personenwagen für den all gemeinen Verkehr eröffnet. Am 7. April 1839 wurde, nachdem die Tbeilstrecken, sobald sic serliggestellt waren, dem Betriebe nach und nach geöffnet worden waren, die letzte Strecke Riesa-Niederau mit dem 513 m taugen Tunnel und damit die ganze Linie dem öffentlichen Verkehr übergeben. Die Linie Leipzig-Dressen mit den inzwischen von der Leipzig-Dresdner Eiscnbabn-Compagnie erbauten Nebenlinien ist erst am 1. Januar 1876 an den Staat durch Kauf über gegangen. Wie sehr man die Wichtigkeit deS Eisenbahnwesens im Anfang unterschätzte, geht daraus bervor, daß sich der Staat weder direct am Babnbau betbeiligte, noch auch bei Concessionsertheilung das Recht deS Ankaufes oder Anheim falleS der von Privatgesellschaften erbauten Bahnen sich vor- bebielk. Dock änderten sich die Ansichten scbr rasch und sehr entichieden. Nachdem sich der Landtag von 1839/40 mit Eiscnbahnangelegeiiheiten mitbeschäftigt batte, einigten sich nach der ständischen Schrift vom 20. Juni 1810 Regierung und Kammern hauptsächlich in folgenden Punclen: 1) Das Königreich Sachsen hat, um bei internationalen Eisenbahnanlagen nicht umgangen zu werven, mit den Ne gierungen der Nachbarstaaten zur Feststellung der Anschlüsse rc. Verhandlungen anzuknüpsen, damit nach Bayern, wie nach Schlesien und Bödmen bin Eisenbahnlinien, die mit der Leipzig-Dresdner verbunden sind und möglichst das Innere deS Landes durchschneiten sollen, bergestellt werven können. 2) Das Erzgevirge soll eine Zweigeisenbabn erhalten. 3) Die Ausführung dieser Bahnen wird Privatgesell schaften unter Milwirkung veS Staates überlassen. 4) Bei Schwierigkeiten in der Ausführung rc. kann der Bau einzelner Theile der Strecken auch ganz auf Staats kosten übernommen werden. Hierin liegt der Keim zur Entwickelung des sächsischen Babnnetzes. Schon im Februar 1843 unterbreitete die Negierung der Stänveversnmmlung den Bericht über den Stand der Eisenbabnverbandlungen und die Ergebniste über die Erörterung der Hauptfragen, welche Bahnen zu bauen seien, mit welchen Mitteln und in welcher Zeitfolge? Nach der geschichtlichen Entwickelung mußte Leipzig, wobin von allen Seiten die großen Verkehrsstraßen einmündeten, der Mittelpunkt des anzulegenden BabnnctzeS werden. Bon dort aus sollten nach dem von der Regierung den Ständen vor gelegten Plane folgende Babncn hergeslellt werden: 1) zwei Nvrdbahnen: a. L., Magdeburg, Braunschweig, Hannover, Hamburg u. s. w., b. L., Berlin, Stettin, Frank furt a. O. u. s. w. 2) Eine Wcstbahn: L., Frankfurt a. M., Rheinlande, Belgien, Frankreich (L.-Dürrenberg) 3) Eine Südwestbabn: Bayern, Württemberg, Schweiz, Italien (L.-Hof mit Seitenbahn Wervau-Zwickau; sächsisch- bayerisch r Bahn), 4) Eine Südbahn: Oesterreich-Ungarn, Prag, Wien, Triest, (DreSden-Pirna-Niedergrund; sächsisch-böhmische Bahn). 5) Eine Südostbabn: Schlesien, Polen, Rußland (DreSden- Bautzeu-Löbau-Görlitz; sächsisch-schlesische Babn). 6) Eine erzgebirgische Bahn zur Verbindung von Chemnitz mit einer ins Ausland führenden Hauptbahn. 7) Eine Verbindungsbahn der südlichen Oberlausitz von Zittau aus mit der sächsisch-schlesischen Bahn (Löbau-Ziltau). Der Ausbau dieser Stammlinien des sächsische» Eisen bahnnetzes fand in der vorgeschlagenen Weise die Genehmigung der Stände. In dem auf die 1843 den Ständen gemachte, oben in den Grunvzügen wiedergegebenen Vorlage der StaatS- regierung von der Deputation der 2. Kammer erstatteten Be richte heißt eS, nachdem die Leipzig-Dresdner Bahn erst vier Jabre im Betriebe war, unter "Änderen: „Die Deputation ist der Meinung, daß .... man in Sachsen sich nicht mehr mit der Frage zu beschäftigen habe, ob die Eisenbahnen das Glück der Völker überhaupt und im Berbältniß der dafür zu bringenden Opfer fördern oder nicht. Wer möchte ver kennen , welche außerordentliche Steigerung an productiver Kraft, welcher Gewinn an Zeit und Geld in dieser bewunkernS- werthcn Erfindung liegt, welche Menschen und Verhältnisse SI. Jahrgang. in einer früher nie geahnten Weise einander näher rückt, Be ziehungen schasst, denen Raum und Zeit bisher unüberwind lich enlgegenlraten, Gegensätze auSgleicht, die Entbehrungen auf der einen oder andern Seite in sich trugen und mit der gewonnenen Beherrschung des Raumes in materieller und geistiger Beziehung den Menschen unendlich Vieles zugänglich macht, was für sie zeither nicht in dieser Allgemcinhcii existirte, weil es sich an den Raum knüpfte, auf dem es sich gerade vorsand? Wer möchte mit andern Worten sich ver bergen, daß durch den in so bobem Grade erleichterten Aus tausch der Güter deS Lebens der Genuß dieser Güter selbst unendlich vervielfältigt und das Wohlbefinden der Gesamntt- beit, der Kreis ihrer Lebensannebmlichkeiten erweitert werde'? Wer möchte ferner die in die Augen fallende Wirkung der Eisenbahnen in geistiger und politischer Beziehung, ihren wohltbätigen Einfluß anf Verallgemeinerung von Culkur, Kunst, Wissenschaft, Geschicklichkeit und Aufklärung im All gemeinen ableugnen? .... Wer möchte verkennen, daß in dem lebhaften Verkehre, namentlich der deutschen Völker unter sich, in der immer engeren und unauflöslicheren Verknüpfung ihrer materiellen Interessen auch immer enger das Band ihrer politischen Einheit sich knüpfe, wie denn so oft schon die materiellen Interessen die Träger der geistigen und politischen gewesen sind? Hat schon das Fallen der Zollschranken unter den deutschen Staaten jenes politische Band unverkennbar fester geknüpft, um wieviel mehr läßt sich dieö hoffen von einem Zusammenrücken in Raum und Zeit, wie die Eisen bahnverbindungen es vermitteln?" Die ältesten, zum Babnbau gegründeten Actiengesellschafien batten aber, außer der Leipzig-Dresdner, mit ihren Unter nehmungen kein Glück. Die sächsisch bayerische bot, nachdem am 1. Juli l84l die Banarbeiten bei Leipzig und Altenbnrg begonnen batten und die Tbeilstrecke Atlenburg-Leipzig am 19. September 1842 eröffnet war, am 3. December 1846 das unvollendete Unternehmen wegen zu hoher Herstellungs kosten der königl. sächsischen Staatsregierung zum Kaufe an. Diese übernahm die Bahn und deren Ausbau am 1. April 1847. An diesem Tage, von dem an die „königl. Direktion der sächsisch-bayerischen Eisenbahn" in Leipzig eingesetzt wurde, begann in Sachsen der Staalseisenbabnbau nnd -Betrieb. Da auch die Cbemnitz Riesaer ActiengeseUschafl, weit Vas ursprüngliche Actiencapital nickt ausreichte und der Versuch einer neuen Anleihe erfolglos war, die unvollendete Bahn also liegen blieb, dieselbe am 31. December 1850 an den Staat verkaufte, wurde an demselben Tage die .königliche Direktion der Cbemnitz-Riesaer Staalseisenbabn" in Cbemnitz errichtet. Auch die sächsisch-schlesische Gesellschaft verkaufte in ihrem eigenen Interesse im Wege freier Vereinigung ibrc Bahn an den Staat, worauf am 31. Januar in Dresden die „königliche Direktion der sächsisch-scklesischen und säcksisch- böhmischen Bahn" als Verwaltung errichtet wurde. Dieselbe wurde am 14. September 1852 umgcwandelt in die „königl. Slaalseiscnbabndircclion zu Dresden". Von 1837 an hat es nur ein Jabr gegeben, 1840, an dem der Babnbau völlig geruht bat. 1837 wurden die ersten 14,0 t km Babn gebaut; 1847 betrug die Länge der von Privatgesellschaften gebauten Bahnen 330,56 km, erst 1848 baute der Staat die ersten Kilometer auf eigene Kosten: 52,64 km; 1887 gab es 2285,90 km Bahn in Sachsen, davon 1178,35 vom Staate, 1107,55 von Privalgesellsckaften erbaut. Feuilleton. Das Rendezvous. Von Willy Walther. Nachdruck verboten. I. Herr Direktor Müller hatte soeben seinen täglichen Morgenrundgang durch die Fabrik vollendet und saß in seinem Bureau, als man ihm die Post brachte. Er schaute flüchtig den großen Haufen Briefe durch und legte einen, der seine Privatadresse trug, lächelnd bei Seite. Dann öffnete er bedächtig einen nach dem anderen, versah sie mit flüchtigen Anmerkungen, schellte, gab sie dem eintretenden Diener zur Vertheilung an die verschiedenen Bureaux, lehnte sich behag lich in seinen Lehnsessel zurück, zündete sich eine gute, eine sehr gute Cigarre an und öffnete den Privatbrief. Ein freundliches Lackeln erhellte sein Gesicht. Sein intimer Freund, der Cbef-Redacteur einer großen Zeitung in der Residenz, schrieb ihm: Lieber Alter! Gratulire zu dem schönen Erfolg Deine» mir freund- schaftlichst überlassenen Feuilletons: eS hat eingeschlagen, und ich wurde beute vielfach gefragt, wer der Verfasser sei. Natürlich setzte ich die geheimnisvolle Amtsmiene auf und gab ausweichende Antwort. — Du kannst zufrieden sein, Du Glücklicher, der Du „zur Erholung" schreibst. UnS, die wir im Schweiße unsere- Angesicht« mühselig unsere guten Einfälle suchen müssen, wird'- nicht so gut. Schicke mir bald etwa« Neues. In alter Freundschaft Drin geplagter H. P. S. Auch da« nochl Eben kommt mitfolgendeS, ebenso rosensarbeneS, al« wohlriechende« Billet an den „Herrn Verfasser de» Feuilleton«." Alter Sünder: fängst Tu ans Deine alten Tage noch so an? Na, ick gönn'sDir!" Verblüft nahm der Herr Direktor die „ebenso rosensarbrne als wohlriechende" Einlage au« dein Couvert. — Unverkennbar «ine Damenbandschrift, die ibm ganz sonderbar bekannt vor kam. Auch der Parfüm erinnerte ihn an etwa«, an etwa« — aber, warum sich denn plagen und auälen mit Suchen — er riß den Brief auf — sab auf die Unterschrift, überflog ihn hastig und „Donnerwetter" rief er au«, sprang erregt auf, ging einige Male rasch durch da« Zimmer, warf sich wieder m de» Lehnsessel und fing an zu lachen — zu lachen . , , . II. Fräulein Margarethe saß in der schattigen Laube und la« die Zeitung; nicht gerade die Zeitung, sondern nur da« Feuilleton; aber da« gründlich; jetzt zum sechsten Male, und sie wurde röther und erregter nach jedem Male. Wer bat da« geschrieben? Wer konnte das schreiben, ihre ureigensten Gedanken niederschreiben und in dieser sie so anheimelnden, ibr so vertrauten Weise schreiben? Die Unter schrift: zwei indifferente Vornamen, offenbar ein Pseudonym; aber der junge Mann schrieb hübsch; balt — sie wußte ja gar nicht, daß er ein junger hübscher Mann wäre. Ach was, wer so schrieb, der mußte jung, hübsch und brav sein, ein tüchtiger Charakter, eine ideale Natur. Ja, das war'«; ibr untrüglicher Scharfblick konnte sie nicht täuschen; ihre bereits 16jäbrige Lebenserfahrung (letzte« Jahr Pensions-Praxis) sie nicht irre führen. Sie hat ein Ideal gefunden — ihr Ideal, und zitternd, errötbend, erglühend preßte sie — nachdem ein flüchtiger, aber scharfer Rundblick in den Garten sie überzeugt, daß kein Lauscher in der Nähe — das Blatt an die Lippen. Aber dann trat der Verstand in seine Rechte! Ein Ideal haben — daS wäre ja schön — ideal schön — aber man muß eS doch auch kennen. Wie das anfangen? Halt, sie wird ibm schreiben. Und sie holt ihre Schreibmappe, wählt einen sehr feinen rosafarbenen Briefbogen, denkt längere Zeit nach und schreibt: „Hochgeehrter Herr! Verzeihen Sie, wenn ich es wage, diese Zeilen an Sie u richten, aber Ihr reizendes Feuilleton „Der Gedanken- eser" hat mich so außerordentlich interessirt, daß ich den innigen Wunsch eines Gedankenaustausches hege. Wer so gut schreibt, wie Sie, muß ein guter Mensch sein, und ein so guter Mensch kann mir diese kleine Bitte nicht ab- schlagen. Also bitte, antworten Sie mir unter der Chiffre: „Margarethe" Poste restante." III. Der schriftliche Gedankenaustausch machte reckt niedliche Fortschritte und stand in schönster Blütbe. Pünktlich war die Antwort gekommen: e« freue den Verfasser außerordentlick. auf eine glrichfühlend« Seele gestoßen zu sein, und er reckne eS sich zur Ehre an, mit einer jungen Dame, deren Schreib weise ihm verratbe, daß sie nicht in der Prosa des nüchternen Lebens aufgegangen, zu correspondiren. — Dieser Brief wurde natürlich mit einer für di« bewußten l6 Jabre überraschenden Pünktlichkeit beantwortet, und so ging da« nun schon an die drei Wecken hin und her. Immer theilnebmender, immer freundschaftlicher, immer wärmer, .immer verständnißinniger, und jetzt hatte sie endlich, endlich einen Brief erhalten, in dem sie — sie erglühte innerlich und äußerlich — um ein Rendezvous gebeten wurde, um ein wirkliches Rendezvous, ihr erstes Rendezvous! IV. „Ack, Papa", sagte am nächsten Morgen beim Frühstück Fräulein Margarethe, „wolltest Du nicht morgen in die Stadt fahren?" Herr Director Müller schien sehr in die große Zeitung, die ihn fast verdeckte, vertieft, denn er antwortete nicht sogleich; und dann, als er antwortete, batte seine Stimme einen ^anz sonderbaren Klang, so etwas Unter drücktes! Aber Fraulein Margarethe achtete nicht weiter darauf, sondern nur auf die Antwort, die ihr wie auS der Seele gesprochen war: „Ja ich wollte eigentlich morgen fahren, aber ich habe eS mir überlegt und will erst Dienstag in die Stadt; die neue Oper wird zum ersten Male gegeben und die interessirt mich." „Ach, liebster Papa, nimm mich mit." „Du — was willst denn Du in der Stadt?" „Aber Papa, Du vergißt, daß ich, seit ich die Wirthschast ganz selbstständig führe, so viele Besorgungen zu machen babe, und dann, dann — ich möchte auch die neue Oper sehen!" Der Herr Director bekam einen starken Hustenanfall, der längere Zeit in Anspruch nahm, dann sagte er — und es klang wie Spbären-Harmonie in den kleinen rosigen Obren von Fräulein Margaretbe: „Meinetwegen". Merkwürdig — die Spbären-Harmonie und die Stimme hatte doch so sonder bar geklungen! Ja der böse Husten! Telegramm: „Fritz Hubert poste restante Wien. Dienstag Opern haus Parterreloge MooSrosen beiderseitig — Erkennungs zeichen einverstanven." V. Der erste Blick Fräulein MargaretbenS, als sie hastig vor ibrem Papa, der ibr galant den Portritt gelassen, in die Loge getreten war, galt der ersten Parquel-Reihe, links, letzter Sitz, der Sitz der Redaktion — er war leer! „Fehlt Dir etwas, Grethel?" fragt« der Papa. „Du siehst so blaß aus!" „Ach nein, Papa, nur die große Hitze, dir vielen Menschen ; daS treibt mir ein wenig das Blut in den Kops und mach» mich so rotb." Herr Müller antwortete nicht und schien eS ganz in der Ordnung zu finden, daß man blaß und roth zugleich sein könne. Der erste Act «äderte sich seinem Ende — der bewußte Sitz blieb leer, Fräulein Margarethe gereizt. Im Zwischenact erbob sich Papa, um Bekannte zu be grüßen — Fräulein Margarethe blieb allein. Gott sei Dank! So braucht sie doch nicht Ruhe zu heucheln; eine solche Schändlichkeit; eine solche — nein — sie weiß sich nicht auszuvrücken, daS ist, das ist Luft, Luft ...... Aber was ist das? Der Platz ist ja nickt mehr leer; ein Herr sitzt daraus und unterbäit sich mit seinem Nachbar. Und jetzt steht er auf — dreht sich um — heiliger Herrgott — es ist der Papa! Vernichtet sinkt sie rückwärts in den Sessel; Ruhe — Ruhe — solch ein böser Zufall; nein eS ist ja nickt möglich. Sie nimmt das GlaS; aber da steht wirklich der Papa — mit einer Moosrose im Knopfloch und jetzt — Himmel er barme Dich meiner — grüßt er lächelnd und legt die reckte Hand auf die linke Schulter — das verabredete Zeichen! Verratb, Verratb, wie Schuppen fällt es ibr von den Augen — deshalb die Bereitwilligkeit, sie mitzunebinen, dcs- balb kam ibr der Stil so bekannt vor, schien es ibr, als ob ihre ureigensten Gedankest gedruckt wären! Dieser schwarze Verrätber, oh — oh! — Und was jetzt thun? „Schlange, die ick an meinem Busen genährt habe", zischte sie —; aber da muß sie selbst lächeln. Nein, ibr alter guter Papa ist doch keine Schlanze, und seine stattliche korpulente Figur hätte doch auch an dem Platze kaum Raum gefunden. Der Gedanke war unweiblich — aucb unlogisch —, denn da müßte ja auch sie ein 16jähriges Schlänglein sein; nein — nein —; aber seid klug wie die Schlangen, summt eS ihr durch den Kopf — klug wie die Schlangen, hah, Rettung, Rettung — Rettung und Racke! — Der Papa tritt ein. er erwartet ein zerknirschtes Kind zu finden — er findet ein gereiftes Weib, eine Dame! — „Also liebe Grcthe, hier kommt Drin Ideal — die Lection hast Du verdient." „Verzeih, lieber Papa, den Scherz» den ich mir mit Dir erlaubt babe — aber Du warst zu komisch!! —" Verblüfft starrt er sie an. „Du — Du Dir mit mir einen Scherz gemacht? Ich dächte, Du bast die Sache so wie so zu ernst genommen; — und das Rendezvous und der zwijchen den Zeilen deutlich erkennbare Heiratbs-Antrag?" Und sie mit Engelsrubr und Milde: „Der ist ernst, liebster Papa, heiliger Ernst! DaS war stets mein fester Vorsatz, und ich Hab'« Dir schon als kleine- Mädchen bundert- und tausendmal erklärt, daß ich Dich und nur Dich heirathen will!! "
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
- Doppelseitenansicht
- Vorschaubilder
Erste Seite
10 Seiten zurück
Vorherige Seite