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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 09.02.1897
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1897-02-09
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18970209024
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1897020902
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1897020902
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1897
- Monat1897-02
- Tag1897-02-09
- Monat1897-02
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04,35 101.— 103.50 04.35 101.— 105.50 133,50 09.— öS,SO 313.— 265,— 187.— 141.— 133.— 315.— 79.35 53.35 383,— 306.— 135 — 146.— 177 — 166,35 301,- 103,— 133.— 110,— 117 — 300.— 73,50 01,50 113,— 93.— 132,— 356.50 346.— 551.50 40.40 373.— 86.40 00,10 >8,68 110,75 17.55 0,53 >8,68 1,3? 111.50 375.— ke-itsr lit ct«r 80^.t 63 23^ 0'^. 38'« 8>« 2b« 101', 1^'» 30'« 534. - 389.— 175.— 23,60 1'« »tixeu IiillLea II« 61 - ix kssl, . 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(Alfred Hahn), UniversitätSstraße 3 (Paulinum), Louis Lösche, Katharineustr. 14, pari, und Königsplak 7. Abend-Ausgabe. Anzeiger. Amtsblatt des Königlichen Land- nnd Amtsgerichtes Leipzig, des Rathes nnd Nolizei-Ämtes der Ltadt Leipzig. AnzeigenPreiS die 6 gespaltene Petitzeile SO Psg. Reklamen unter dem Rrdactionßstrich (4ae- fpalten) 50^1, vor den Familiranachrichtea (6gespalten) 40 Erobere Schriften laut unserem Preis- verzeichaiß. Tabellarischer und Ziffernsatz nach höhere» Tarif. Extra-veilagen (gesalzt), nur mit der Margen-Ausgabe, ohne Postbesörderung 60.— «nit Postbesörderung 70.—. Änuahmeschluß für Iuzeigen: Abend-Ausgabe: Vormittags 10 Uhr. Borgen-Ausgabe: Nachmittags 4 Uhr. Bei den Filialen und Annahmestellen je eine halbe Stunde früher. Anzeigen sind stets an die Erpkdilio» zu richten. Druck und Verlag von E. Polz in Leipzig. ^ 72 Dienstag den 9. Februar 1897. 91. Jahrgang. Politische Tagesschau. * Leipzig, 9. Februar. Wenn verschiedene Redner derselben Partei über dieselbe Frage sich nicht in ganz derselben Weise äußern, so findet daS keine andere Partei ausfällig; Weichen aber einmal zwei Minister in ihren Auslassungen über daS gleiche Thema wirklich oder auch nur scheinbar ein wenig von einander ab, so wird darüber nicht nur ein großes Geschrei erhoben, sondern es werden auch die geringfügigsten Abweichungen zu großen Differenzen aufgebauscht, die ein bedenkliches Schwanken oder Wohl gar ein Scheitern des Staatsschiffes in sichere Aussicht stellen. DaS ist begreiflich, weil Meinungs verschiedenheiten im Schooße einer Regierung eine ganz andere Tragweite haben, als Differenzen im Schooße einer Partei. Aber gerade deshalb sollte man doch erwarten dürfe», daß die Mitglieder des Reichstags sich möglichst vollzählig einfänden, wenn eine Debatte in Aussicht steht, von der zu erwarten ist, daß sie Klarheit über angebliche wichtige Meinungsver schiedenheiten in Regierungskreisen bringen werde. Eine solche Debatte war die gestrige. Was ist in voriger Woche geredet und geschrieben worden über die verschiedene Stellungnahme der höchsten Reichs- und preußischen Staatsbeamten zu derFrage der Handelsverträge, und welche Schlüffe hat man auS dieser angeblichen Differenz auf die Gruppirung der Parteien bei den nächsten Reichstagswahlcn gezogen! Und nun stand ein Antrag auf Vorlegung einer Denkschrift über die erkennbaren volks- wirthschaftlichen Wirkungen der seit 1892 abgeschlossenen Handelsverträge auf der Tagesordnung, ein Antrag also, von dem mit größter Bestimmtheit vorausgesetzt werden mußte, daß er Aufschluß über jene angeblichen Differenzen bringen werde, — aber trotzdem war daS Hans schwach wie gewöhnlich besetzt; den zahlreichen Reichsfaulen war es „schnuppe", wie die Re- giernngSvertreter über die in Aussicht genommene Handels vertragspolitik sich äußern, ob wirklich bedenkliche Meinungs differenzen zu Tage treten wurden oder nicht. Erfreu licherweise boten die Erklärungen deS Slaatssccretairs von Marschall über die Stellung der maßgebenden Regierungsfactoren zur Frage der Handelsverträge ein er freulicheres Bild, als die Gleichgiltigkeit der Mehrheit des Hanfes gegen diese Stellung. Es »rgiebt sich ans seinen Aus führungen, daß, wenn wirklich Meinungsdifferenzen unter Liesen Faktoren bestanden haben, eine principielle Einigung erzielt worden ist. ^Besonders bemerlenswerth waren die Erklärungen des Staatssecretairs des Aeußeren über die vielbesprochene und vielfach mißverstandene Be merkung des Schatzsecretairs Grafen Posadowsky, daß man, um Deutschlands Stellung für die späteren Verhand lungen zu stärken, bereits mit der Aufstellung eines neuen specialisirten autonomen Tarifs beschäftigt sei. Freiherr v. Marsch all bemerkte hierzu: Die Aeußerungen des Grafen Posadowsky geben kein Recht, bezüglich der Handelsverträge von einer Uneinigkeit zu sprechen. Graf Posadowsky habe sich vielmehr vor Abgabe jener Erklärungen der Zustimmung sowohl des Reichskanzlers als auch der des Redners iMarschall's) versichert. Er (Marschall) habe sogar seiner seits schon viel früher auf die Nowwimdigkeit der Auf stellung eines neuen autonomen Tarifes als Grundlage für spätere Verhandlungen hingewiesen. Auch er sei durchaus überzeugt, baß die geltenden Verträge »ach Ablauf ihrer Geltungsdauer nicht einfach unverändert verlängert werden könnten. Aller dings sei für Industrie und Handel die Stabilität der Tarife auf eine längere Reihe von Jahren nothwendig, aber inner halb von 1« bis 12 Jahren mache die Weiterentwickelung der Verhältnisse natürlich eine Revision nöthig. Er betrachte als obersten Grundsatz den Schutz der nationalen Arbeit und dieser erfordere, daß der Landwirthschast Schutz für ihre Produkte gewährt werde. Dies sei auch keineswegs als eine Prägravirung der arbeitenden Classen zu betrachten; denn die Arbeit für den auswärtigen Markt sei nicht minder nationale Arbeit und erfordere Wahrnehmung auch ihrer Interessen. Ein bloßer autonomer Zolltarif sei nicht möglich, es würden auch künftig Handelsverträge nothwendig sein. Nach diesen Darlegungen siel es keinem Redner ein, auf das Differenzthema zurückzukommen oder an dem Regierungs- Programm zu mäkeln, das eben das einzige ist, das ver nünftigerweise jetzt aufgestellt werden kann. Diese Dar legungen Ware» auch das Hauptresultat der Debatte; denn an der Annahme des Antrages mit dem Zusatze, daß auch die Wirkung der Verträge auf die Landwirthschast untersucht werden solle, ist nicht viel gelegen. Bei der Complicirtheit unserer wirthschaftlichen Verhältnisse ist es kaum möglich, sest- zustellen, wieviel an dem Aufblühen des einen Zweiges des Erwerbslebens und an dem Niedergange deS andern gerade auf das Conto der Handelsverträge zu schreiben ist. Nachdem der Bund es rath in seiner letzten Plenarsitzung den Gesetzentwurf, betreffend die Abänderung von Arbeitervcrsichermigsgcsetzcn, angenommen hat, wird der Reichstag demnächst in die Lage gebracht werden, sich mit dem Entwürfe zu beschäftigen. Es werden demnach in der laufenden Tagung die beiden in Angriff genommenen Novellen zu den ArbeiterversichermigSgesctzen erledigt werden müssen. Während die Novelle zu den Unfallsversicherungs gesetzen jahrelang der öffentlichen Kritik unter breitet war, ehe sie an die gesetzgebenden Factoren des Reichs gelangte, wurde der jetzt vom Bundesrathe genehmigte Entwurf erst am 2. September 1896 ver öffentlicht. Trotzdem hat eine ganze Anzahl von wirth schaftlichen Vereinigungen bereits Stellung zu demselben ge nommen. Die Mehrzahl der darin vorgeschlagenen Neuerungen wird überall Billigung finden, weil damit Mißstände besei tigt werden sollen^ die sich bei der praktischen Handhabung der Jnvalivitäts- und Altersversicherung herausgestellt haben. Dagegen werden über den Vorschlag der anderen Vertheilung der Rentenlasten unter die einzelnen Versicherungsanstalten im Reichstage noch lebhafte Debatten zu erwarten sein. Im klebrigen bezieht sich der im Bundesrathe jüngst genehmigte Entwurf nickt blos auf die Jnvaliditäts- und Altersversickerung, sondern enthält auch Vorschriften, welche sich auf die Unfall versicherung mit beziehen; so die, daß durch Bestimmung der Landescentralbehörde für das Gebiet deS betreffenden Bundes staates oder für Theile desselben angeordnet werden darf, daß die zur Durch ührung der Jnvaliditäts- und Altersversicherung errichteten Schiedsgerichte auch für die Unfallversicherung in land- und forstwirthschaftlichen Betrieben zuständig sein sollen. Dem Entwurf wird eine ausführliche Denkschrift beigegebcn sein, die im Wesentlichen allerdings auch bereits im „Reichs anzeiger" veröffentlicht worden ist. Auf die Unterbausrede des englischen Schatz- kanzlerS Hicks-Beach über den Dongola-Credit hat der französische Minister des Auswärtgen Hanotaux die Antwort rasch folgen lassen. Sie ist auffallend ge mäßigt ausgefallen, wie Hanotaux selber eingesteht, und I macht im Lande einen geteilten Eindruck, lieber den im- ! pertinent provocirenden Ton, den Hicks-Beach anzuschlagen für angemessen hielt, ging der Minister mit einer nichtssagenden Wendung hinweg. Im Uebrigen war seine Rede nicht viel mehr als eine ruhige akademische Auseinandersetzung darüber, wie sehr England im Unreckt sei, so zu handeln, wie cs handelt und wie legitim Frankreich verfahre, wenn cs Egppten, d. b. Eng land eine — Warnung zukommen lasse. Hanotaux ließ dann wohl Ausdrücke, wie Unbesonnenheit, Beunruhigung, Abenteuer und drohender Fehlbetrag in den egyptischen Finanzen ein stießen und schwang sich sogar am Schluß zu der Erklärung auf, Frankreich werte keine Verletzung seiner Rechte in Eayvten gestatten, allein, ganz abgesehen davon, daß diese „Drohung" durch die voraufgehende Betheuerung, Frankreich erstrebe bei den delicaten Verhältnissen, in denen sich Europa befinde, vor allen Dingen die Aufrechterbaltung des Friedens, mau vermag den Eindruck, daß hinter der Person Hanotaux' der Entschluß steht, England ein Ouos ego mit den Waffen in der Hand zu zurufen, auS der Rede des Ministers nicht zu gewinnen. Im Juni 1891, als ähnliche Aeußerungen über Englands afrikanischen Anspruch vom engliscken Ministertisch aus gefallen waren, fand derselbe Hanotaux viel energischere und selbstbewußtere Worte gegen die englische Arroganz, denen man anmerkte, daß man sich von dem franko-russischen Ein vernehmen noch große Dinge versprach. Die Rücksicht aus Rußland und dessen Interessen sckeint seitdem sehr mäßigend gewirkt zu haben. Jedenfalls hat die franzö sische Regierung sich darein ergeben, daß an die Befriedi gung ihrer egyptischen Wünsche nicht eher zu denken ist, als bis Rußland Zeit hat und es für gut hält, denselben Nachdruck zu verleihen. In Frankreich weiß man das und ist in weiten Kreisen darüber höchst niedergeschlagen, ja eS erheben sich sogar Stimmen, die, um mit England entweder zu einer friedlichen Vereinbarung über Egypten zu kommen, oder aber endlich ein Wort inter arwa mit ihm reden zu können meinen, der Augenblick sei gekommen, in welchem Franreich zwischen der Annäherung an Deutschland oder der an England wählen müsse. An die letztere denken natürlich weit blickende Politiker nicht, eher ließe die erstere sich als möglich denken, denn schon einmal ist Frankreich mit Rußland und Deutschland zusammengegangen, in Ostasien bekanntlich, und eS steht ans Seite Frankreichs dem nichts ent gegen, daß eine ähnliche Cooperation auf afrikanischen Colonialgebieten sich wiederholt, namentlich wenn Ruß land sich betheiligt oder sein Placet dazu giebt. Was Deutschland anbelangt, so wird der Wunsch nach einem derartigen Zusammengehen, zumal wenn eS sich um England als gemeinsamen Gegner handelt, aus keinen principiellen Widerstand stoßen. Daß es sich dabei freilich nur für eine vorübergehende Annäherung bandeln könnte, scheint aus der bisherigen Haltung deS französischen Volkes uns gegenüber bervorzugehen. Die Revancheidee spukt noch immer in den Köpfen der Franzosen und es ist leider noch keine Aussicht, daß sie endgiltig aä acta gelegt wird. Unter den maßgebenden Factoren in btricchenland besteht bezüglich der Stellungnahme zu den kretrnsischcn Wirren, wenn die „Intern. Corr." recht unterrichtet ist, Zwiespalt. Die Meldung besagt: Der Ministerratb, der unter Vorsitz des Königs die Absendung der Kriegsschiffe nach Kreta be schloß, war sehr erregt. Delyannis erhob Einspruch gegen dievomKönigselbst verla ngteMaßnah me mit der Begründung, dieser Schritt könnte Griechenland schließlich zu kriegerischem Ei «greifen zwingen. Zudem müßte ein solches Abweichcn von seiner bisherigen passiven Stellung Zweifel erregen an den friedlichen Absichten Griechenlands, die es soeben noch ^u bestätigen gesucht, indem es ein rcn dem nationalen Comite für die bedrängten Christen aus Kreta mit Lebensmitteln und Geld ausgeftatteles Dampf boot habe beschlagnahmen lasse». Bestehe aber der König auf seinem Verlangen, so sei er zur Demission bereit. Der König wies die Ansicht des Ministerpräsidenten zurück. Er betonte, daß man hier die politischen Gesichts- puncte von den rein menschlichen zu trennen habe. Auch könne Griechenland die ihm durch die Sorge um die Flücht linge jedesmal auferlegten Opfer nicht länger mehr ertragen. Nicht nur müßten die bereits segelfertigen Schiffe sofort in See geben, sondern auch die übrigen Schiffe müßten unverzüglich segelfertig gemacht werden. Wolle derMi- nist er Präsident die Verantwortlichkeit nicht tragen, so sei er bereit, sie zu übernehmen, und er ermächtige ihn, dies dem Parlamente mitzutheilen. Delyannis stellte dann die Bedingung, daß die Mannschaften nicht, wie der König verlangte, falls erforderlich, anS Land gesetzt würden znm Schutze vor etwaigem neuen Gemetzel, sondern vorläufig nur eine beobachtende Stellung einnehmen sollten. Auf den Protest des türkischen Gesandten gegen diese Maßnahmen erklärte Delyannis höflich, aber mit allem Nachdruck, di« Ver antwortung falle uuf die türkischen Behörden Kretas, die der griechischen Regierung Verlegenheiten zu bereiten suchten. Die z. Z. nach Havre und Toulon für ihre Neuausrüstung ab- gesandten Schiffe wurden telegraphisch angewiesen, ihre Rück kehr zu beschleunige». — Zu verwundern wäre es nicht, wenn KönigGeorg das treibende, Delyannis daS retardirende Element in der sich vorbereitenden Aktion Griechenlands wäre, war doch jene die Reorganisation der Armee befehlende auffällige Proklamation des Königs auch über den Kopf des Ministeriums ergangen. Was die Lage auf Kreta anlangt, so kann die selbe noch als keineswegs gebessert angesehen werden. Aller dings haben die Kämpfe in Kanea aufgehört, da die Stadt vollständig in den Händen der türkischen Truppen ist, Loch dauern sie in der Umgebung noch fort, wenn auch, da den christlichen Aufständischen die Munition ausgeht, mit minderer Gewalt. Die Christen außerhalb KaneaS sollen die grie chische Flagge gehißt und die Vereinigung mit Griechenland proclamirt haben. Eine provisorische Regierung soll in Bildung begriffen sein. DaS kretensische Centralcomits hat an das griechische Volk einen Aufruf gerichtet, in welchem es heißt, das kretensische Volk, welches den Kampf für die Freiheit beginne, appellire an seine freien Brüder. Bei der zündenden Wirkung, welcher dieser Appell in Griechenland gewiß ist, riSkirt der König allerdings nichts weniger als den Thron, wenn er der Volksstimmung nicht nachgiebt, während er im andern Falle noch nicht Alles auf eine Karte setzt. Deutsches Reich. * Berlin, 8. Februar. Die Vorlage bezüglich der Be soldung der Universitäts-Professoren und der Honorarabzüge ist in der heutigen Sitzung der Budget- commission des Abgeordnetenhauses mit verschiedenen, im Einverständnis; mit der Regierung festgesetzten Aende rungen nahezu einstimmig angenommen worden Die hauptsächlichste Aenderung besteht darin, daß daS GehallS- In der Irre. Kj Novelle von M. v. Oertzen. Nachdruck verbot«!. Plötzlich sprang Larinsky auf — wieder klirrten die Sporen aneinander — an der Thür stand May, zierlich srisirt, wie immer, nnd so frisch und rosig, als käme sie eben von einem heiteren Spaziergang zurück. Ein kindliches Lächeln lag auf den feinen Zügen. „Herr v. LarinSky! Sie haben also nicht vergessen .. „Vergessen! Wie könnte ich das!" .. Und Sie trinken doch ein Täßchen Tbee mit uns? Mein böser Mann hat wieder 'mal Dienst — ach der leidige Dienst!" Resa errötbete von Neuem. „WaS hat sie nur?" dachte. LarinSky, als er sie anredete: „Das Burzsräulein von Willowen ist nicht so schweigsam geschildert, wie es im Allgemeinen sich giebt... May blickte Resa lächelnd an. „Ja, Du bist gemeint, Burgfräulein!" .. Aber mein Freund Adalhart lobte neulich gerade diese Schweigsamkeit als eine bei den Frauen höchst seltene Tugend!" Er zog die Worte in die Länge, Adalhart nach ahmend, nnd May lachte hell auf. „Ausgezeichnet!" „ES scheint, daß Sie ihm eine sehr geduldige Zuhörerin gewesen sind, gnädiges Fräulein — und das passirt ihm nicht oft. Tie etwas langweiligen Vorträge über Heraldik und Kunstgeschichte." „Warum sollten sie langweilig sein?" fragte Resa gleich- müthig. „Finden Sie sie etwa amüsant?" rief Larinsky aus. „Amüsanter al« manch' ein Wortgeplänkel", gab Resa lächelnd zur Antwort. „Ich unterhalte mich nämlich ganz gern über vernünftige Dinge!" „In der That!" sagte LarinSky. „Ich danke Ihnen, daß Sie mir endlich die Springwurz zu Ihrem Innern in die Hand geben. Ich werde also vernünftig sprechen!" „Da« wird Ihnen nicht gelingen", spottete May, schelmisch mit den Augen winkend und sich dann auf den Mund schlagend. „O, wa« habe ich gesagt!" „Das war hart, gnädige Frau", sprach der Rittmeister, schwer seuszend. „Sie bringen dem Burgfräulein eine üble Meinung über mich bei.. „Weshalb nennen Sie mich immer Burgsräulein?" fragte Resa. „Weshalb ...?" „Sehen Sie wohl, jetzt wissen Sie auf die einfachste Frage nicht zu antworten", sagte May neckisch. „Und ob ich es wüßte!" seufzte Larinsky. „DaS Burg fräulein — pardon — daS gnädige Fräulein stellt grausame Fragen!" „Ist dies ein vernünftiges Gespräch?" flüsterte May. „DaS kommt ganz auf den Zweck desselben an", sagte Larinsky. Beide lachten. Resa lachte nicht. Sie lehnte sich ungeduldig in ihren Stuhl zurück und betheiligtc sich nicht weiter an der Con- versation. „Darf ich wiederkommen?" fragte Larinsky endlich. „Oh gewiß! Kommen Sie — übermorgen — und essen Sie bei uns!" Resa blickte May erschrocken an. Dann gerade würde Julian heimkehren. „Darf ich?" flüsterte Larinsky, den eine geschickte Wendung in Resa's unmittelbare Nähe brachte, „Warum sollten Sie nicht dürfen?" fragte sie laut nnd kalt. „Adalhart wird mich begleiten." „Um Gotteswillen!" rief May. „Dann fällt er mir zu und ich muß den ganzen Abend die Geschichte von dem neu entdeckten alten Wappen der Löwenstein'S zu Löwenklau mit anhören —" LarinSky lachte. „Mag sein, daß eS bis dahin Anderes findet, und er ist gerade dabei, auf einem alten Kupferpfennig daS Bildniß des Kaisers MaximuS oder der Königin Kleoparra zu entdecken. „Wenn Herr v. Adalhart einen ebenso glücklichen Blick im Entdecken echter Alterthümer hat, wie im Äuffinden echter Freunde, so kann er sich kaum beklagen", sagte Resa mit leicht sarkastischer Betonung. Larinsky biß sich ans die Lippen. „Wie immer den Nagel auf den Kopf getroffen, mein gnädiges Fräulein", sagte er mit bewnndernSwerther Unbefangenbeit Und verbeugte sich noch einmal — nach rechts und links — dann war er auS der Tbür. „Na, das muß ich gestehen", dachte er, als er an dem Burschen vorbei auf die Straße schritt, „das ist ein prächtiges Exemplar der Gattung „junge Mädchen". Ich fühle mich erfrischt — Bergwaffer mundet köstlich nach dem süßen, schweren Wein, den man uns meist credenzt." „... O Gott, Resa", sagte May mit veränderter, kläg licher Stimme, „wie unglücklich bin ick!" „Das hat man Dir gerade nicht angemerkt", erwiderte Resa. „Soll ich etwa sitzen und Trübsal blasen ? Ich will mich betäuben — ich bin böse auf Julian — cs ist grausam von ihm — o schändlich!" Sie brach in Thränen aus. Bobby kroch winselnd unter dem Sopha hervor und leckte ihr Hände und Gesicht. Dann kam der Abend, so lang und so unendlich öde — May verbrachte ihn mit einem Buche — und Resa versuchte es vergeben?, ihre Lectüre zu unterbrechen, indem sie von Julian s Kindbeit erzählte und all' den kleinen Zügen, die ihn charakterisirten. Sie kannte ihn ja so gut, so gut — und jene arme Frau, die kannte ihn gar nicht... Da grub sich eine tiefe Falte in Nesa'S Stirn, und ihre Lippen sprachen halblaut in das leere Zimmer hinein: „Warum haben sie sich geliebt." VI. Der Abend dämmerte; die Stadt wurde stiller nnd die Hitze verflog über den Bergen. Aus den Teichen und Mooren schallte daS eintönige Quaken der Frösche, von den Feldern ein schläfriges Zirpen — und in den müden Vorgärten der Villen neigten die Blumen die Köpfe. Julian s Villa versank in Schalten, gleich den anderen — doch vor der Thür aus der breiten Sandsteintreppe stand der Hausherr, zum ersten Male seit gestern, und blickte durch daS Schniiedewerk und bunte GlaS in den Flur, wo noch keine Lampe brannte. Dann steckte er vorsichtig den Schlüssel ein, ließ ihn lautlos sich drehen — Drinnen war es noch überwältigend warm. Julian blieb stehen und lauschte. Sein Herz schlug ihm in der Brost — und plötzlich gab er alle Vorsicht aus, schritt sporenklirrend und fest durch den dunklen Corridor in sein Studirzimmer und hob Len schweren Vorbang, der dasselbe von dem Salon seiner Frau trennte. Auch hier war kein Licht. Aber er konnte deutlich eine Fülle zarter, weißer Falten erkennen, die auf dem Sopha matt leuchtete. „May!" Er stand vor ihr — beugte sich hinab zn ibr und fühlte sich nicht umschlungen, nein, umklammert von zwei Armen, die ihn niederzogen, bis er halb kniete, halb auf dem Sopba saß. Er drückte sie an fick und küßte sie fast gewaltsam. „Hab' ich Dir wehe gethan? Ick wollte Dir webe tbun!" sagte er dabei. „Ich liebe Dich, May, aber ich will der Herr sein — Dein Herr — verstehst Du?" Er flüsterte leidenschaftlich in ibr Ohr. „Wenn Du wüßtest, wie schnell die Liebe des Mannes schwindet, den man um sein Herrscherrecht bringt — nnd ich will Dich ewig lieben, ewig!" „Julian!" mnrmelte sie erstickt. „Ich fürchte mich vor Dir — aber es ist so süß, sich vor Dir zn fürchten —" Er drückte ihr Handgelenk, daß sein Finger eine rotbe Spur binterließ — er war wie verwandelt. Ein greller Lichtschein durchblitzte das Zimmer. Julian fuhr auf und ließ May, die er noch immer an sich gepreßt, auf das Sopba zurücksinken. Wie eine Statue, die Lampe in der rechten Hand, stand Resa — versteinert. „Ich wußte nicht, daß Du ra seist, Julian", sagte sie. „Ich wollte May die Lampe bringen " „Nun, Resa?", sagte May, nicht ohne einen fast un- merklichen Ton leisen Triumphe», „so stelle die Lampe aus den Tisch!" „Guten Abend, Resa", sprach Julian befangen. „Ick, konnte eS nicht mehr auShalten —" „Du brauchst Dich nicht zu entschuldigen," lächelte Resa. „Ich bin so froh, daß Du wieder da bist —" „Wirklich?" „Ja, wirklich." Sie huschte au» der Tbür. Ihr war heiß geworden, al« ob eine Flamme in ihr brenne. Nein, auch sic kannte Julian nicht . . . Eine unerklärliche Scheu hinderte sie daran, ibr Zimmer zu verlassen.' Sie fürchtete, überall Julian und seine Frau zu treffen, wie sie sich versöhnten. „Ach. solch eine Versöhnung muß etwa» Furchtbares sein", dachte sic. Und, geduckt in eine Ecke deS Großvaterstubles, den Julian in ihr Zimmer gestellt, wartete sie, bis man sie rufen werde. Das geschah durch den Burschen gegen neun Uhr Abends. May ließ bitte», daß Resa einstweilen den Thee zum Abend- brod bereite, sie werde sofort erscheinen. Im Speisezimmer traf Resa Julian. Sie schwieg und auch er schwieg, nur die Theemaschine surrte eifrig und be haglich und da« Wasser brodelte. Julians Gesicht strahlte, wie daS eine» Bräutigams. „Resa", sagte er endlich leise, ich bin glücklich — ich werde
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