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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 11.02.1897
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1897-02-11
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18970211017
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1897021101
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1897021101
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1897
- Monat1897-02
- Tag1897-02-11
- Monat1897-02
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Größere Schriften laut unserem Preis- verzeichniß. Tabellarischer und Ziffrrnlatz nach höherem Tarif. Eptra-Beilagen (gesalzt), nur mit L-e Morgen-Ausgabe, ohne Postbesörderunz ./l 60—, mit Poslbesörderung ./L 70.—. Annahmeschluß für Anzeigen: Abend-Ausgabe: Vormittags 10 Uhr. Morgen-Ausgabe: Nachmittags 4Uhr. Bei den Filiale» und Annahmestelle» je eine halbe Stunde früher. Anzeigen sind stets an die Expedition zu richten. Druck und Verlag von E. Polz in Leipzig. ^llr 75. Donnerstag r-n II. Februar 1897. 81. Jahrgang. Die deutsche Handelspolitik. LZ Wenn wir bei allem Bersiändniß für das gezeigte rednerische Geschick der am Freitag im Reichstage vom StaatSsecretair Freiherrn v. Marschall über den Proceß Tausch gehaltenen Rede nicht die ungelheilte Bewunderung zu zollen vermochten, die sie beim (Zentrum und der Demokratie fand, so stehen wir keinen Augenblick an, die jetzt im Wortlaute vorliegenden Aus lassungen über die Handelspolitik, mit denen derselbe Reichsbeamte am Montag den Reichstag fesselte, den gebührenden Charakter einer in der Thai staatsmännischen Leistung zuzuerkennen. Das war nicht mehr plaidirt für eine Sache, die gut scheinen soll, weil sie durchgedrückt werden muß, sondern der Ausdruck einer gereiften, das ganze Gebiet übersehenden eigenen handelspolitischen Anschauung. Herr v. Marschall verlheivigte auch die Handelsverträge des Grafen Caprivi. Er handelte dabei — von seiner Mit wirkung bei jenem Werke ganz abgesehen — einer guten Sitte gemäß, die es nicht gestaltet, eine frühere Regierung vom Regierungstische aus zu desavouireu, und er sprach insofern nicht ganz ohne sachliche Unterlage, als der Handelspolitik von 1891 unglücklicherweise eine außerhalb der Sache gelegene Bedeutung zudictirt worden mar, die dem Scheitern der Vertragsverhandlungen wirklich unangenehme politische Wir kungen hätte verleihen können. Aus dieser Bertheidigung ging aber zugleich LaS Zugeständniß hervor, daß in den ersten Verträgen nicht das für Deutschland Erreich bare erzielt worden ist und daß jetzt volle Einigkeit in der Negierung nicht nur darüber besteht, daß man, wenn thuntich, bei der Vertragspolitik bleiben will, sondern auch darüber, daß das nächste Mal in vieler Hinsicht anders verfahren werden muß, als bei den ersten bandeispolitischen Gehversuchen der Aera Caprivi geschehen ist. Man hatte angedeutet, Frhr. v. Marschall halte an „seinen", d. h. den bestehenden Verträgen mit einer für deren Mängel blinden Affenliebe fest. Mit dieser von Freihändlern wie von extremen Agrariern mit gleicher Be flissenheit gegebenen Darstellung und den daraus gezogenen Schlüssen auf Meinungsverschiedenheiten zwischen dem StaatSsecretair des Auswärtigen einerseits und dem Grafen Posadowsky und dem preußischem Handelsminister andererseits ist es nun nichts mehr. Der Gedanke eines neuen autonomen Tarifs ist das Eigenthum des Herrn v. Marschall und die unsinnige Anklage, Graf Posadowsky habe mit der öffentlichen Ankündigung von Vorbereitungen für künftige Handelsvertrags-Verhandlungen daS deutsche Interesse compromittirt, ist von dem Regierungsmit- gliede, auf dessen geheime Zustimmung man bei dem Vorwurfe gerechnet hatte, als haltlos zurückgewiesen worden. Herr von Marschall bestätigt, waS sich vernünftige Leute gleich gesagt hatten, daß es nämlich unmöglich sei, die Aufstellung eines specialisirten Zolltarifs „secret" zu be treiben. Ueber die Zweckmäßigkeit eines solchen Tarifs besteht nunmehr volle Uebereinstimmuiig mit allen Parteien, das Blatt in Berlin, daS an dem Plane noch nörgelt — sucht sich erst eine Partei. Die Richtigkeit des Satzes des Herrn v. Marschall, daß Deutschland wie kein bloßer Industriestaat so auch kein reiner Ackerbaustaat sei, daß also der Schutz der nationalen Arbeit sich auch auf die Hunderttausende von deutschen Arbeitern der brodgebenden Ausfuhrindustrie zu erstrecken habe, hat in Wahrheit auch Niemand direct zu bestreiten gewagt. In dessen sind, wie wir auS dem stenographischen Sitzungsberichte ersehen, von den Herren Graf Limburg-Stirn»^ und V.Ka r d orffRedewendungen gebraucht worden,die aufdieForte- rung der Nichtbeachtung jener unumstößlichen Wahrheit hinaus laufen. Der erstgenannte Herr bat am Montag seine Parole „Keine Bindung von Getreidezöllen" den Protokollen des Reichstags anveriraut, sie somit, da ein Widerspruch von seinen Freunden nicht erfolgt ist, zur ofsiciellen der konser vativen Partei erhoben. Die Folgen dieses Verhaltens werden hoffentlich nicht auSbleiben. Ist es auch richtig, daß unsere Industrie einerseits vermöge der hohen Entwickelung, in der sie sich befindet, andererseits weil auch die Einfuhr ausländischer Gcwerbeerzcugnisse eine Steigerung aufmeist, zu Beginn des nächsten Jahrhunderts in größerem Umfange, als vor sechs Jahren möglich war, Vortheile vom Auslande durch Zugeständnisse aus ihrem eigenen Gebiete wird erkaufen können, so bleibt dennoch der priiicipiellen Abwehr von ge bundenen landwirthsckaftlichen Zöllen der Charakter der Feindseligkeit gegen Handelsverträge überhaupt anhaflen. Die geographische Lage Deutschlands und die Produclions verhältnisse seiner Nachbarstaaten bedingen eben, daß, wenn man zu einer Verständigung gelangen will, die lanbwirthschaftlichen Erzeugnisse nicht von vornherein von derselben ausgeschlossen werden dürfen. Zudem setzt sich Herr Graf Limburg cavallöremout über den höheren Ge danken hinweg, der am Montag vom Abg. vr. Ham mack er, aber früher auch sckon von Seiten der Regierung aus gesprochen worden ist, über den Gedanken, daß angesichts der Bestrebung Nordamerikas, seinen ganzen Wetttheil, und Englands, seinen ungeheueren Colonial - Besitz dem Handel als geschloffene wirthschastspolitische Einheiten entzegcnzustellen, den Ländern des europäischen Fest landes eine engere wirthschaftliche Verbindung zur ge bieterischen Nothwc.idigkeit wird. Selbstzerfleischung durch Zollkriege wäre die schlechteste Vorbereitung zu einem derartigen Zusammenschlüsse zu gemeinsamem Schutze, eine Erwägung, der Raum zu geben man einem Herrn v. Ploetz nicht zumuthen wird, der sich aber ein Politiker, wie Graf Limburg-Stirunr, der es liebt, aus dem Schatze seiner Er fahrungen heraus der Regierung hochpolitische Rathschlägc zu ertbeilen, nicht verschließen sollte. Es ist ja noch sehr lange hin, bis die Frage der Handels verträge brennend werden wird. Aber es ist möglich, daß sie schon an den im nächsten Jahr zu wählenden Reichstag berantritt. Deshalb wird man in Reichsgebieten, wo man Wahlbündnissen mit den Conservative» nicht grundsätzlich abgeneigt ist, sich bald vergewissern müssen, ob die kon servativen Gegner der Limburg'schen Parole sich ehrlich und wirksam wehren oder ob sie ruhig zusehen, wenn die con servative Gesammtpartei ein Doppelspiel spielt. Deutsches Reich. O.U. Berlin, 10. Februar. Trotz der schweren Nieder lage, welche die deutsche Socialdemokratie im Ham burger Hafenarbeiterstreik erlitten, ist sie unausgesetzt thälig, die internationalen Beziehungen noch enger zu schürzen. Zunächst kommt hier in Betracht der internationale Congreß der Hafen arb eit er, der am 24. Februar in London statlfinden soll. Deutschland wird sicherlich durch eine An zahl Hamburger Delegirter vertreten sein, die sich hoffentlich bei den englischen Hafenarbeitern für die „werktbätige Hilfe" während des Streikes gehörig bedanken werden. Dann ist der große skandinavische Arbeiter - Congreß. zu dem die Einladungen an die schwedische», dänischen und norwegischen „Genossen" gleichmäßig ausgehen werden, hier zu berücksichtigen. Bei den engen Beziehungen, welche zwischen de» deutschen Socialdemokraten und denjenigen der nordischen Staaten bestehen, ist sicher zu erwarten, daß in Stockholm Ende Juli deutsche Delegirte in größerer Anzahl erscheinen werden; cs soll dort mit allen Kräften die günstige Gelegenheit, welche die Ausstellung in Stockholm für das Zusaminenstrvmen von Arbeiterschaaren bietet, auch für die socialistische Propaganda benutzt werden. Für den öster reichischen SocialiSmus haben die deutschen „Genossen" schon große Opfer gebracht, in erster Linie durch reiche Unter stützung der österreichischen socialistischenZeitungen mit deutschem Gelde. Wahrend des Wahlkampfes ist abermals eine namhafte Summe aus Deutschland nach Wien gegangen und auch in Pest, wo kürzlich der erste Feldarbeitercongreß getagt und für die Verbreitung des Sociatismns unter den Landarbeitern Zeugniß abgelegt hat, soll man deutsches Geld ganz genau kennen. Noch in keinem Jahre haben so zahl reiche internationale Gewerkschaftscongresse statlgefunde», als in diesem statlfinden werden, und die meisten dieser geplanten Congresse dürften einen starken internationalen Anstrich be kommen. Dies gilt besonders von dem Bäckergesellen- Congreß, der am 22. und 23. April in Gera, und dem Maurer-Congreß, der am 14. März und an den folgenden Tagen in Magdeburg lagen wird. In Schubmacherkreisen betrachtet man den Weißenfclser Streik nur als das Vor spiel einer umfassenden Lohnbewegung in dieser Branche; die endgiltigeEntscheidung soll inBrüssel aus dem internationalen Schuhmacher-Congreß fallen. * Berlin, 10. Februar. Der abgeänderte Entwurf eines Gesetzes zur Organisation des Handwerks ist, wie berichtet wurde, dem Bundesralh zugegangen. Wie die „Franks. Ztg." wissen will, sind in diesem dritten Entwürfe folgende Veränderungen vorgenommen: Die Zwangs innung als Grundsatz hat man fallen gelassen und den Liandwerksausschuß vollständig beseitigt. Ueber die Möglichkeit der Innnngsbi>düng beißt es: „Die, die ein Gewerbe selbstständig betreiben, können zur Förderung der gemeinsamen gewerblichen Interessen zu einer Innung znsammentrelen." Die Innungen behalten die Rechte der juristischen Person, die Aufgaben, die zu erfüllen sie verpflichtet und berechtigt sind, haben keine Aenderung erfahren, und so ist unter den Befugnissen auch fernerhin die Bildung von Schiedsgerichten stehen geblieben. Die Kennzeichnung des Umfanges einer Innung beschränkt sich darauf, daß ihr Bezirk in der Regel nicht über den der höheren Verwaltungs behörde, der sie unterstellt ist, hinausgeben soll. Die Zwangs- innung bat man zwar im Princip aufgeben, aber nicht ganz in der Praxis. Man will nämlich den Versuch mit frei willig e,n Zwangsinnungen machen, indem die ZwangS- innung aus den Antrag Betheiligt er eingerichtet wird, wenn 1) die Mehrheit der betheiligten Gewerbetreibenden der Einführung des Beitrittszwanges zustimmt; 2) der Bezirk der Innung so abaearenzt ist, daß kein Mitglied durch die Entfernung seines Wohnorts vom Sitze der Innung behindert wird, am Genossenschaftsleben tbeilzunehmen und die Innungs- einrichtungcn zu benutzen; und 3) die Zahl der im Bezirke vorhandenen betheiligten Handwerker zur Bildung einer leistungsfähigen Innung auSrricht. Ohne Herbeiführung einer Abstimmung kann der Antrag abgelehnt werden, wenn die Antragsteller einen verhältnißmäßig nur kleinen Bruck- tbeil der betheiligtcn Handwerker bilden, oder wenn ein gleicher Antrag bei einer innerhalb der letzten drei Jahre stattgesundenei'. Abstimmung von der Mehrheit der Betheiligten abgelehnt worden ist. Nach einem zweiten Vorschläge kann der Antrag auf Einrichtung der Zwangsinnung auch dann abgelehnt werden ohne vorher gegangene Abstimmung, wenn durch andere Einrichtungen als die einer Innung für die Wahrnehmung der gemein samen gewerblichen Interessen der betheiligten Handwerte ausreichende Fürsorge getroffen ist. An den Bestimmungen über die Iimungsausschüsse und Innungsverbände ist nichts Wesentliches geändert worden, dagegen ist die Bildung der Handwerkskammern nach dem Wegfällen der Hand- werksausschüffr in anderer Weise geregelt. Die Mitglieder der Kammer werden gewählt von 1) den Handwerkerinnungen, die im Bezirk der Handwerkskammer ihren Sitz haben, an der Zahl der Innnngsmitgtiever; 2) von den Gewerbevereinen und sonstigen Vereinigungen, die die Förderung der ge werblichen Interessen veS Handwerks verfolgen, mindestens zur Hälfte ihrer Mitglieder auS Handwerkern bestehen und im Bezirk der Handwerkskammer ihren Sitz haben, aus der Zahl ihrer Mitglieder, soweit denselben nach den Bestimmungen dieses Gesetzes die Wählbarkeit zustebt. Mit glieder, welche einer Innung angehören, aber nicht Hand werker sind, dürfen au der Wahl nicht betheiligt fein. Tie Wahlen zur Handwerkskammer erfolgen auf sechs Iabre; aller drei Iabre scheidet die Hälfte ans. Die aus der Ein richtung und Thätigkeil der Handwerkskammern erwachsenden Kosten werden, soweit sie nickt anderweit Deckung finden, von den Gemeinden des Handwerkskammerbezirks nach dem Berhältniß der Zahl der den Gemeindebezirken angehörcnden selbstständigen Handwerksbetriebe getragen. Die Gemeinden sind ermächligt, die Beiträge aus die einzelnen Handwerks betriebe nach einem von der höheren Verwaltungsbehörde zu bestimmenden Vertheitungsmaßstab umzulcgen. Der Ge sellenausschuß bei der Handwerkskammer ist beseitigt worden. V. Vcrlt», 10. Februar. (Telegramm.) Kurz nach 1 Ubr Mittags fand im königl. Schlosse zu Ehren des Erz herzogs Otto eine Faiiiilien-Friibstückskafel zu etwa 30 Ge decken statt. Au derselbe» saßen sich die Majestäten ein ander gegenüber, Erzherzog Otto zur Rechten der Kaiserin. Abends besucht der Erzherzog daS Ballfest im kgl. Schlosse. ^ Berlin, lo. Februar. (Telegramm.) Im Ab geordiietenhause fragte der Pole v. Iazdzewski, ob die Worte, die der Kaiser 1894 in Thorn gegen die Polen gesprochen, durch die Berichte v. Tausch's und v. Lützow's beeinflußt worden seien. Der Minister des Innern protestirte energisch gegen die ganz unhaltbare Ver- mutbung, daß die Kaiserworte zu der zufälligen damaligen Anwesenheit v. Taus'chs und v. Lützow's in irgend welcher Beziehung gestanden hätten. 88 Berlin, 10. Februar. (Privattelegramm.) An der gestrigen Sitzung des LtaatSinintsterimus, die von 2 bis 6 Uhr dauerte, nahm außer sämmtlichen Ministern auch FririHetsn. Zur Entwickelung der Wissenschaft. (Schluß.) Mit Bvyle, dessen Verdienste auf dem Gebiete der Pbhsik wir bereits gewürdigt haben, beginnt die Emancipativn der Chemie von der Mevicin und von den übrigen Natur wissenschaften. Bohle selbst bestimmte genauer, was in chemischem Sinne rin Element sei, was man unter chemischer Verwandtschaft verstehen müsse und wie sich eine chemische Verbindung von einem einfachen Gemenge unterscheide. Indem er nun die Körper in ihre Elementartheile nach festen Grundsätzen zu zerlegen suchte, kann man ihn als den Begründer der analytischen Chemie betrachten. DaS >7. Jahrhundert zeitigte ferner in dem Arzt John Mahow schon einen Vorläufer Lavoisicr'ö, indem crsterer annahm, daß die Verkalkung von Metallen durch die Aufnahme eines Stoffes aus der Luft, welcher Stoff auch im Salpeter ent halten sei, bestehe. Aus der Fülle der chemischen Erwerbungen in den beiden Jahrhunderten führen wir noch an die Entdeckung einer großen Zahl von Elementen: Phosphor (durch den Ham burger Chemiker Brand), Chlor, Sauerstoff, Mangan» Baryt (durch den Stralsunder, später in Schweden lebenden Karl Scheele, einen der bedeutendsten Chemiker aller Zeiten), Wasserstoff durch Cavrndish (geb. 1731 in Nizza), Stick stoff durch Rutherford (17?2). Der Sauerstoff wurde gleichzeitig und unabhängig von Scheele auch von Priestley entdeckt. Cavrndish fand ferner die Zusammensetzung de« Wassers und das Gemenge der Luft aus Sauerstoff und Stickstoff. Da« 18. Jahrhundert schließt in der Chemie ab mit einer der größten wissenschaftlichen Timten aller Zeiten: mit dem Sturze der Phlogistonlehre des Berliner königlichen Leibärzte« und Akademiker« Siabl und mit der richtigen Erklärung der Verbrennung«- und OxydationSvorgänge durch dir Aufnahme von Sauerstoff, nickt durch die Abgabe eines Stoffe«, de« Stahl'scken Pblogiston«. Die« ist die Thal Antoine-Laurent Lavoistrr's, der von 1743—1794 wirkte, in welchem Iabre er ein Opfer der Guillotine wurde. DaS Werk, worin er seine Lehre vorträgt: Opurouleg pdzzioueo et ch^wiguss, erschien 1774. Hierzu sei bemerkt, daß Stahl (1860 bi< >734) gleichfalls zu den bedeutendsten Leuten seiner Zeit gehört. Er war ein ernster Forscher; seine Phlogiston-Lehr», dir er im Anschluß an den Chemiker Becher ausgestellt und erweitert hatte, er oberte die ganze damalige wissenschaftliche Welt, und er wurde das Haupt einer derzeit und nach ihm in Berlin blühenden Cbemikerschule, der unter Anderen der hiesige akademische Chemiker Andrea« Sigismund Marggraf (1709 bis 1782) angehört, der Entdecker dcS Zuckergehaltes der Rüben. Fügen wir noch hinzu, daß im 18. Jahrhundert auch die Technik sich mächtig zu regen beginnt, daß Watt und New- come die von Denys Papin 1690 erfundene Kolben-Dampf maschine erheblich verbesserten, so daß in England gegen Ende des 18. Jahrhunderts schon große Maschinenbetriebe thätig waren; erfahren wir weiter, daß da« Leuchtgas eine Entdeckung des 18. Iahrhunders ist, und daß die Gas beleuchtung sich schon mit dem Anfang des 19. Jahrhunderts in London einzubürgern begann, daß ebenso der große Be trieb des Steinkohlenabbaues sich im 18. Jahrhundert ent wickelte: so dürfen wir auch auf diesen technischen Gebieten emsigste Thätigkeit und regen Fortschritt constatiren. Aber auch die biologischen Zweige der Naturwissenschaften haben im 17. und 18. Jahrhundert ein frisches Leben ge führt, wenn sie auch, als die jüngst sich entwickelnden D>S- ciplinen, nicht so glänzende Namen und Thate» aufweisen können, wie die physikalisch-chemischen Fächer. Die Sciontm »nmdilig, die Botanik, pflegt in allen Stücken der Zoologie ein wenig vorauf zu eilen. Während die letztere zu Ende de» 16. und zu Anfang deS 17. Jahrhunderts die großen, jedoch noch unkritischen Sammelwerke Geßner'S, Ulysses Adrovandi'S und Ionston'S erhält, liefern der Anatom Caspar Bauhinu« (1560—1624) und Cesalpino (1519 bi« 1603) für die Botanik schon Besseres. Sie führten die organologiiAe Untersuchung ein, stellten bestimmte verwandt schaftliche Pflanzenaruppen auf und bereiteten die Linnö'scbe Nomenclatur vor. LinnS (1707—1778) ist einer der führenden Geister des 18. Jahrhundert« im ganzen Gebiete der be schreibenden Naturwissenschaften; sein für alle Zeiten un vergeßlicher Name allein schon sagt, daß daS 18. Jahr hundert vollauf im Zeichen der Naturwissenschaften, ins besondere der biologischen Wissenschaften stand. Linns'S System war eine große That, welche die gesammte Biologie gewaltig gehoben hat. Uebrigrn« fällt auch der Anfang der natürlichen Pflanzensysteme, welche durch die beiden Iussieu (Vernarb 1699—1777 und Antoine Laurent 1748—1836) begründet wurden, in da« 18. Jahrhundert. — Ein wunder barer Mann dieser Epoche ist Hooke, der im 17. Jahrhundert lebte; von ihm haben fast alle Zweige der Naturforschung Bereicherung gefunden» insbesondere die Botanik und Physik; er war es, der in seiner 1665 in London erschienenen „Mikrograpbia" zuerst die Pflanzenzellc be schrieb. Bald darauf folgte ihm mit gleichen mikro skopischen Beobachtungen über thierische und pflanzliche Ge webe der große Bologneser Anatom Marcello Malpighi, dessen ..Opera omnia" 1686 in London aufgelegt wurden. Des gleichen muß hier Leeuwenhoek, der unermüdlichste aller Forscher auf dem Gebiete der Mitrographie, der daS 17. mit dem 18. Jahrhundert verbindet, genannt werden. Man kann ohne Uebertreibung sagen, daß auf Malpighi und Leeuwenhoek die mikroskopischen Entdeckungen und ersten Untersuchungen im Gebiete fast aller thierische» und pflanzlichen Gewebe zurückgeheu. Für die Botanik mag noch bemerkt werden, daß schon Johann Hedwig in Leipzig in der Kryptogamenkunde sehr BemerkenSwerthcS leistete, und daß in der Physiologie der Pflanzen die Werke von Stephan Hales (l677—1761), Ingenhouß, Senebier und Saussure gleichfalls Zeugen einer lebhaften und erfolgreichen Thätigkeit auch auf diesem Special gebiet sind. Für die biologischen Wissenschaften wirkten ungemein be fruchtend die großen geographischen Entdeckungen. Es darf nicht Wunder nehmen, daß nicht alsbald nach der Entdeckung Amerikas und der deS Seeweges nach Ostindien die wissen schaftliche Ausbeute der neuenldecklen Länder beginnt. Erst mußten dieselben unterjocht und im Innern beruhigt sein, erst mußte auch der Durst nach dem materiellen Erwerbe und dem Golde gestillt sein, ehe die edleren Ziele der Wissen schaften aufgedeckt werden konnten. So beginnen die größeren wissenschaftlichen Reisen erst mit dem Ausgang deS 16. und im 17. und 18. Jahrhundert. Als einer der ersten naturwissenschaft lichen Forschungsreisenden ist der Spanier Francesco Hernandez, Leibarzt Philipp's bl., zu nennen. Im Aufträge seines Königs besuchte er in den Jahren 1593 bis 1600 vorzugsweise Mexiko. Sein Werk ist erst später herausgegeben worden. Lichtenstein bat noch in den Abhandlungen unserer Akademie vom Jahre 1827 sich mit den in dem genannten Werke be schriebenen Säugethiere» beschäftigt. Im Jahre 1637 be reisen Marcgrav und Piso im Aufträge der holländisch-west indischen Compagnie Brasilien; später finden wir Marcgrav, der zu Liebstadt bei Meißen geboren war, an der afri kanischen Westküste wieder, wo er ein Opfer deS Klimas wird. Auch deren Sammlungen sind von Lichtenstein in einer Reihe von Abhandlungen unserer Akademie eingehend besprochen worden. In das 18. Jahrhundert fallen die wichtigen Cook'schen Entdeckungsreisen, deren beide ersten von Natur forschern begleitet waren, unter Anderen von den Brüdern Förster, und reiche wissenschaftliche Ausbeute lieferten. Inzwischen war auch durch Hans und Zacharias Ianffeu zu Middelburg in Holland gegen Ende des 16. oder zu Anfang des 17. Jahrhunderts daS zusammengesetzte Mikroskop er funden worden, und es verbreitete sich seitdem die mikro skopische Forschung mit großer Schnelligkeit über die ganze Culturwelt. Unter den Forschern, die sich dieses Instrumentes bedienen, ist vor Allen Swammerdam (geb. 1637) zu er wähnen. Bedeutendes leisteten im 17. Jahrhundert noch Ray, der ein großes Werk über die Wirbelthiere und die Insecten beraüsgab, in welchen! die Anfänge einer vernünftigen Classificirung enthalten sind, und Martin Sister, der das Werk Ray's bezüglich der Spinnen und Mollusken ergänzte. Aus dem 18. Jahrdundert müssen wir außer Linnö'S groß:: Thätigkeit für die Zoologie, die vorhin sckon erwähnt wurde, die vergleichende Anatomie von Alexander Monro dem Aelterrn (1697—1767), ferner Rüaumur'S, des in aller Welt bekannten Ausstellers der achtziggradigeu Thermometerscala, große Ao Handlung Uber die Naturgeschichte der Insecten (1734 b ? 1742) in sechs Bänden erwähnen. Ungefähr um dieselbe Zeit batte Frisch, Rector deS Gymnasiums zum grauen Kloster uno Mitglied der Akademie der Wissenschaften in Berlin, ein ähnliches Werk in 13 Tbeilen erscheinen lassen, welches znm Tbeil zum zweiten Male aufgelegt wurde. Man kann aus diesem Umstande, wie au« dem tlmfange dieser Werke ent nehmen, wie groß damals das Interesse an dergleichen Studien bereits war. Unzweifelhaft muß Buffon's (Georges Louis Leclerc. geb. 1707 zu Montbard) großes Werk hier genannt werden, welches einen außerordentlichen Einfluß auf die Verbreitung des Interesses für die Zoologie gehabt bat und auch einzelne Theile, wie z. B. die Zoogeographie, tbatsächlick förderte. Unter den großen ForschungSreisenden der letzten Hälfte de« 18. Jahrhundert« ragt thurmboch der in Berlin 1741 geborene Peter Simon Palla« hervor. Sowohl in ver schiedenen Meeren, wie ans dem rnssisch-asiatischen Con tinent« hat er die ausgedehntesten Reisen und Forschungen angestellt; er muß als einer der Begründer der wissen schaftlichen Völkerkunde gelten. Da» führt uns ans den mit Recht gefrierten Namen Blumenbach'S, der. als Zoologe wie Ethnologe gleichbedeutend, seine Hauptwerke noch un 18. Jahrhundert verfaßt Kat (geb. 1752, gest. 1840). Seine Inauguraldissertation ,,«lo gsueris liuwani varietati- nativa" erschien 1775 und erlebte — bei einer Doctor- dissertation gewiß «in seltener Fall — vier Auflagen, sow>e Uebersetzungen in mehrere Spracheul Seine LollveUoi»»» eranlorum ätver«»rnw gdvtlum beginnen 1790.
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