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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 22.02.1897
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1897-02-22
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18970222022
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1897022202
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1897022202
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1897
- Monat1897-02
- Tag1897-02-22
- Monat1897-02
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Es gereicht unS zur großen Genuglhuung und unseren „National-Socialen" hoffent lich zur Lehre, daß die Wuth über jenen Sieg des nationalen Gedankens in der Socialdemokratie noch so siedet, wie der Ausbruch jhreS HauptorganS e» verräth. Die reichS- feindlichen Revolutionär» können es nicht verwinde», daß die deutschen Wähler im Jahre 1887 Boulanger und Franzosen, die später Lust verspürt haben sollten, in dessen Fußlapfe» zu treten, einen Strich durch die Rechnung gemacht haben. Hätte sich 1887 keine der Heeresverstärkung geneigte Reichs- tagsmehrheit zusammenaefunden, so hätten wir, wenn nicht den Krieg, so dock die fortdauernde Kriegsbeunruhigung bis auf den heutigen Tag gehabt. Obne das Septennat wäre es auch 1890 und 1893 nicht zu Mehrbewilligungen für die Sicherheit der Grenzen gekommen; die wachsende nume rische Ueberlegenheit der französischen Armee hätte der Republik die Möglichkeit geboten, ohne russische Hilse über Deutschland herzufallen. Was den socialdemo- kratischen Führern in Deutschland an der französische» Revanchelust nicht gefällt, ist einzig und allein der umstand, daß sie darauf rechnet, sich im Bunde mit dem autokraiischen Rußland auStobeu zu können. Dieser Sachverhalt läßt den Ingrimm der „deutschen" Socialdemokraten über die „Schande vom 21. Februar" ebenso begreiflich, wie ebrenvoll für die Mehrheit der Wähler von jenem Tage er- scheinen. Das Unheil, das am Sonnabend der fran zösische Minister des Innern in der Pariser Abgeord netenkammer über die „deutschen Socialisten" gefällt hat — ihr Socialismus schließe die leidenschaftliche Anhänglichkeit an ihr deutsches Vaterland nicht aus und sie rühmten sich im Gegensätze zu den französischen Genossen taut, erst Patri oten und dann erst Socialisten zu sein —, kann hingegen nur aus einer Eigenrhümlichkeit des parlamentarischen NegierungssystemS verstanden werden, die darin besteht, im Parlament entstandene Unbequemlichkeiten mit den vröhnendsten, aber aus ibre Slichhaltigkeu ungeprüften Argumenten zu be seitigen. DieUiikeniiliiiß deutscherZustände, der man in Frankreich ja noch heute vielfach begegnet, kann bei Herrn B ar t h o u unmög lich in dem Maße vorhanden sein, daß er gutgläubig die Be hauptung vorlrägt, die deutschen „Genossen" rümnten sick- offen, zuvörderst Deutsche zu sein und dann erst Social- demokralen, und daß er weiter andeutet, bei den französischen Socialisten sei hinsichtlich der Nationalität daS Gegentheil der Fall. Als Politiker muß Herr Bartbou wissen, wie die französischen und wie die deutschen Genossen gegenüber den vorjährigen Erinnerungen an 1870,7 t sich verhalten haben, er muß die Vorgänge von Lille kennen und es kann ihm, dem französischen Republikaner, nicht unbekannt sein, daß die deutsche Socialdemokralie, hierin sogar von den franzö sischen Chauvinisten abweichend, aus Haß gegen den deutschen Nationalstaat die Schuld an dem Ausbruche des letzten Krieges von Napoleon III. ab- und auf deutsche Schultern zu wälzen bestrebt ist. Das und anderes Einschlägige weiß der französische Minister des Innern ganz genau; und wenn er sich über den deutschen „Patriotismus" der Bebel und Liebknecht ander» äußert als Gambetta, der dies« Herren zutreffend als Verfechter französischer Interessen bezeichnet bat, so ist er ehen von Rücksichten der parlamentarischen Taktik geleitet. Am nachdrücklichsten wird er desavouirt durch den Artikel des „Porwärls" über die für Frankreich un günstigen Septennatswablen, den ein freundlicher Zufall gleichzeitig mit den Erklärungen Barthou's ans Liebt gefördert hat und der gewiß unveröffentlicht geblieben wäre, wenn das fatale Zusammeusallen sich hätte voraussehen lassen. Zur Kennzeichnung der Uumatzuu« P»S Ulttamoutuuismus veröffentlicht das „Rheinisch-Westsäl. Tagebl." zwei Briefe des Bürgermeisters Vqttmann in Gelsenkirchen. Der erste lautet: „Ta Sie in. letzter Zeit wiederholt Lehrling» des Ratbbause« während der Bureaustunde» dazu benutzt haben, um Ihnen Fleisch und Brod aus der Stadt zu holen, auch Sie an Frertqg»" rn dem Bureau Fleisch gegessen haben, so wird eine Ord nungsstrafe von 3 ./L gegt'ir Sie feitgesetzt und bei der nächsten Gehaltszahlung eiubehalten. lieber die Mitzachtung der reli giösen Vorschriften kann ich nur mein ernstliches Miß fallen ausdrücken; ich würde Sie sosort entlasse» haben, wen» Hoffnung aus Besserung ausgeschlossen wäre. Diese erioarie ich aber auch ganz bestimmt. Der Bürgermeister. Vattmann. An Herr» Verwaltungsgehilsen N" Gleichzeitig (am 14. December vor. Jahres) erhielt die Mutter dieses Gehilfen nachstehendes Schreiben: „Ihr bei hiesiger Verwaltung beschäftigter Sohn Wilhelm scheint es mit seinen religiösen Pflichten nicht mehr genau zu nehmen, da derselbe hier auf Lein Bureau iy letzter Zeit wiederholt an Frei» tagen Fleisch gegessen hat. Dieserhaib und wegen einer anderen Pflichtverletzung ist derselbe in eine Ordnungsstrafe yon 3 VL ge« nommen worden. Ich Halle mich verpflichtet, Ihnen dies mitzutheilen in der Erwartung,daß Ihre Ermahnung dazu führen wird, bei Ihren- ^ohn die christliche» Grundsätze wieder neu zu beleben und zu befestigen. Es wäre auch wohl sehr zweckmäßig, wenn der junge Mensch dem sür junge katholische Beamte und Uqusleutr bestehenden Verein „Hansa", in dem er nur Gute» lernen ta-i», heitxä.te. Auch wäre cs sehr zu »üuscheu, weuy Ihr Sohn wir ander« Lehrling» und Gehilfen Stenographie erlerui», da sich, abgesehen von dem daraus erwachsende» Nutzen, sein Gehalt monatlich um ö—1ö Mark erhöhen würde. Der Bürgermeister. Vattmann. Au Frau Wittwe N. N. in N." Diese Briefe zeigen, wie weit wir in Deutschland schon gelangt sind und wohin wir aeralhen werden, wenn da» „weltliche Schwert" noch eifriger, als jetzt schon geschieht, in den Dienst der geistlichen Gewalt gestellt wird. Aber noch ein Zweites drängt sich auf: die drückendste Unfreiheit, selbst des privaten Lebens, die das Ziel der ultramontayen Politik zu allen Zeiten gewesen, wirb von einem klerikalen Beamten in seinen, Machtbereich stabilisirt. Der Mann mißbraucht sein Amt überdies zu dem Versuche, einen Untergebenen in die Organisation einer politischen Partei zu pressen, und was thut Angesichts dieses tyrannischen Verfahrens der „eifersüchtig über die Freiheiten pes Volke» wachende" Frei sinn? Antwort: Gar nichts. Se»ne Presse schweigt den dorrenden Fall tobt, die Getreue« im Lande dürfen nicht erfahren, wie die von der Demokratie gestärkte CentrumS- parlei eigentlich beschaffen ist. Und zwar schweigen die Blätter der Vvlksparlei, wie die der Vereinigung in schöner, lange nicht mehr gesehener Uebereinstimmung; für Pachuicke, wie für Richter ist das reichliche Wahtuntrrstützung karg- lich lohnende Centrum unk-rIetzl,ch. AH-^d,e Heroen .. Liberalismus sind d,e Herren deshalb doch. Endlich bat die inte rn a t i o ° brasstmff de« zudem lange hmc.usgezog.rt-n Dt. Griechen durch d.e R°h" der Kanonen »u ,p w ^ Kriegsschiffe der Machte baben ges- he- .irie^iscke Laaer bei Kanea be,cho,,r». der Stadt aus unterschied man gnechische F-Huen^ « « di« GcschwadexchefS. das Lager " ständische« r« bomhqrdtre«. ^a '»ie ««Ma.'dffch um L Utzr das «ewehrfcuer noch «uterhieltcu, die Fahrzeuge das Geschütz,euer. Schiff gab den ersten Lchu» ad; d-erans S» anderen. Es wurden etwa 4V Schüsse auf griechische Lager ahs-g-ßm. Man mehr-re «driften getüdtet wurden «IS da-Feuer aufhörtc, sah mau -ie ßrtrchischc Fadne rü de P H des Lagers g-bcht: Stk mit r-bd-lsiint-n -ewaff«"- Nizams veriieycu am Nachmittag Kaneq, NN» -V Nft- ged-zenen Piohamedancr zu verstärken. * London, 22. Scdruap. (Tesegramm.) Wje die „Daily News" aus »apea melden, wurde gestern Nach mittag 4 Uhr SO Minuten von drei britischen, einem ita lienischen, einem russischen und dem deutschen Kriegs,chm („Kaiserin Augusts" kam gestern Vormittag in Kanea an und landete VS Matrosen, woraus di« deutsche Flagge guf der Festung «etzistt wurde) das Signal g-gedcn, dgs -e«-r an, die Stellung »er «reter zu erdsfur«. Js» Ganzen wurde« 7V Schüsse adgegebeg »ud der van den «rrtorn godalt-nr vrt z-rft»rt. Die Alaggewurde bald ni«derge-olt Nach IvWjNNtlü wurde das Sinfteileu de» Kpuprs angeor-nct, worauf die Flagge wieder gehttzt wurde. Welch« Consequenzen dieser energische Schritt der Mächte vach sich ziehe« w>rv, ist noch nickst abzusehen. In England Hai die Presse schon bei Beginn des griechischen Handstreichs gedroht, daß, fall« der erste Schuß von einem englischen Sch-ffe fall«, das Cabinet Salisbury hinweggesegt sein würde, aus Paris, wo die Leldenschaslrn im gräkopbilen Lager eben besonders koch gehen, bat man AehalicbeS gehört, und in Italien schäumt die Shmpathie für Griechenland immer hedrnkticher über. ES fft daher leicht möglich, daß der erste Schuß unter die kretischen Insurgenten di« Politik der genannten Länder in einer dem Eoncert der Mächte höchst nachlheiligen Weise wirkt und einen unheilbaren Riß in das Einvernehmen derselben bringt. Umgehen ließ sich dieser erste Schrill von erfolglosen Drohungen zur kriegerischen Tbat auf keinen Fall mehr. Dazu war da- Auftreten des griechischen Oberstcommandirenden VassoS auf der Insel denn doch zu provocaut. Immer dreister drang er gegen Kanea 81. Jahrgang. -M'---.!1 »-SSS-WE» »!>> > II » I vor, immer fester suchte er den wichtiaen Platz zu ym schließe», obne die geringste Rücksicht darauf, daß die Vertreter Europa« von der Stadt Besitz ergriffen und sich dort ver sammelt habe«. So wird über den am Freitag auf das Fort Bukoliö unternommenen Angriff heute noch gemeldet: » Athen, 20. Febrpar. Nach d»m amtlichen Berichte des Obersten Vassos über den stampf b,i Bukplis sind dort 1? Sol datm gnaüen, «>» Lieutenpnt und 30 Kreter verwundet. Pas Fort wurde mit Dyn mit gesprengt. Auf die Nachricht, das; die Besatzung von Kauea gegen die Christen porrückte, schsckte Bassos eine Compagnie Freiwillige zur Unterstützung dex Christen ab. Außer 1S00 Spldaten der Besatzung ppn Sgpea yqhmry «och 2ötk) Moyamedayer mit 2 Geschützen ay dem stampft gegen die Kreter Theil. Ngch eiyem IVMpdigey Sqmpft wurden Pie Türken gezwungen, in di» Stadt zpriickzukehxey. In dem Fort Agriq fyftden di- griechischen Truppen reiche Leute vor, auch fielen ihnen die Verwundeten in die Hände. Die Ver lust» der Tittftb sind «»bekannt, die Griechen verloren L Osficicre mehrere Uyteroffirftre sind schwer verwundet. Athen war von diesem Erfolg natürlich elektrisirt, und dev Kronprinz sandte an sein Regiment, daS den „Sieg" mit er fochten, folgendes Telegramm: „Ich bin stolz auf den glänzenden Si»g, welchen mein Regiment davongetragen. hat und beglückwünsche di» Officjere und Soldaten. Den als Helden gefallenen Soldgten wsrh ewiges Andenken bewahrt bleiben." Diese Anerkennung scheint ei« mächtiger Ansporn für weiteres und noch rüchsichtslosepes Vordringen der Griechen unter ybersi Vqssos gewesen zw ftin, dey^ aus der Athener Meldung, die Erklärung der fremden Admirale, fasts Bassos in Las Innere vyrrücke, würden sie die griechi,chey Txyppcn beschießen, beziehe sich lediglich auf einen etwaigen Angriff aus Kqneq, dürfte herporgehe», daß ein solcher thatsächlich vorbereitet und schließlich der Kampf bis uuter die Mauern der Stadl verpflanzt worden ist. Dies hatte dann das Ein- qxeisen der fremden Schiffe und die Eingang- gemeldete Be schießung de< griechischen Lager« zur Folgt, ein Ereigniß, da« hoffeutlich den griechischen Wagemutt» etwa« zügeln wird. Eine andere Frage ist freilich die, ob es nicht möglich gewesen wärt, die Ding« sich überhaupt nicht so weit entwickeln zu lassen. Hätte man sofort, als die Absicht Griechenland« bekannt lvurde, Kreta zu annectiren, denPiräus blockirt, so konnte überhaupt kein griechisches Schiff nach der Insel gelangen. Aber auch dann, alS Deutschland mit seine«, Blockadevo,schlag hervortrat, w-r es noch Zeit, dem Schlimmsten vorzubeugen, da man es »pch in der Hand hatte, jeden griechische« Euccur« fern- zuhalteo, während jetzt fortwährend griechische Truppen aus Kanea lande», ohne daß die Schiff« der Mächte im Staude wären, dies genügend zu überwachen und z» hindern. Deutschlands Vorschlag dieute also nur einem möglichst friedlichen Auslrag der kretische« Wirren, ebenso wie seine weitere schon in einem Telegramm vom Sonnabend präcisirte Stellungnahme der deutsche,, Regieruug dahin gehend, daß eine Annexion Kretas durch Griechenland außer Betracht zu bleiben habe und vor Eintritt Zeder Verhandlung über die Zukunft der Insel erst der vvlkerrechlSwidrigen Haltung GrwchenlanbS eia End« zu machen sei. Wir sind der Ueberrcugung, daß ein andres ProarammdieLageim Orient nur aus« Höchste complicirea und verschärfen und de« allgemeinen Ein Frauenherz. 2s Roman frei nach dem Englischen bearbeitet von Emil Bernfeld. Nachdruck verboten. Bei der Erwähnung seiner Tochter zog ein düsterer Schatten über daS Gesicht des Majors und er war seiner Stimme nicht gleich wieder Herr. An seiner Stelle nahm der Polizist das Verhör auf. „Um welche Zeit sind Sie fortgegangen?" fragte er. „Gegen acht Uhr." „Und es ist jetzt fast Elf. Sie sind beinahe drei Stunden fortgewesen." Das Mädchen brach in heftiges Weinen aus. „Ick weiß, eS muß schon spät sein!" schluchzte sie. „Ja solche Verlegenheit hat er mich gesetzt! Ich habe gewartet und gewartet und er ist nickt gekommen! Ich wartete, so lange ich'« mir irgend getraute und — vH, oh, oh —", erneutes Schluchzen —, „endlich lief ich fort, weil e« mir schon so spät schien, und kam nach Hause!" „Und Zeit ist es dazu! — Er hat Sie im Stich gelassen. Es ist Ihr Bräutigam, wie?" fragte der Inspector. „Ja — nun ja doch, Sirl Mein Bräutigam!" Da« Mädchen erröthete lebhaft und streifte mit einem verlegenen Blick ihre Mitdomestiken. „Wie ist sein Name? DaS Mädchen schwieg. „Nun, sprechen Sie, Hannah", ermahnte der Major freund lich. „Wie heißt Ihr Bräutigam?" „DaS — daS sag' ich nickt, S,r!" „Was, Hannah, Sie wollen mir Ihren Bräutigam nicht neunen? Weshalb nicht?' „Es ist — rS ist mein Bräutigam und eS ist mein Ge beimniß und da« brauch' ich nicht zu sagen — verzeihen Sie, Sir I" „Wenn Sie den Mann nicht neunen wollen, muß ich sehen, ihn von Jemand anderem ru erfahren. — Sie da, Köchin, können Sie mir sagen, wer Hannah'« Bräutigam ist? Ich hoffe, die Wahrheit ihrer Angaben damit erweisen zu können, und e« soll mich freuen, wenn e« geschieht!" Eine resolute, kräftige Frau mit weißer Küchenschürze und bis zum Ellenbogen nackten Armen war eifrig näher getreten und machte vor dem Major knisend Halt. „Ich kann's nicht, Sir, und ich habe überhaupt all' mein Lebtag noch nicht gebört, daß die Hanoab einen Bräutigam bat", erklärte sie entschlossen, unbekümmert um die Gefüdle ihrer Mildieneria Hannah, die ihr «inen entrüsteten Blick ruwarf. „Die Wahrheit ist, ich möchte darauf schwören, sie bat gar keinen Bräutigam — oder aber — freilich, ja, es müßte denn gerade der James da sein". Sie wieS mit ihrem Daumen seitwärts auf einen langen Lakaien in der Dienergruppe. Wieder erröthete das Kammermädchen lebhaft, diesmal vor Aergrr. „Der!" rief sie mit einem verächtlichen Blick auf James. „Nein, und ich sag'« nicht!" fuhr sie verstockt fort. „Es ist mein Geheimniß, wer mein Bräutigam rst, uvv das brauch' ich keinem Menschen zu sagen — ich thu's nicht!" „Sie werden r« sich überlegen und mir'S ein anderes Mal sagen, Hannah!" bemerkte Major Willmor ermüdet. „Gehen Sie jetzt zu meiner Tochter, die Ihrer bedarf. Sie ist schwer verletzt worden". Der Ausdruck größter Bestürzung in vem Gesicht Hannah'« bei dieser Nachricht und die Hast, mit der sie di« Treppe hinaufflog, um sich, dem Befehl de« Majors Folge leistend, zu ihrer kranken Herrin zu begeben, sprachen sehr zu ihren Gunsten. „Sie können dir« Mädchen unmöglich für schuldig halten?" fragte der Major seinen Gefährten, als die Zofe hinweg, geeilt war. „Nein; in der That, ich hege keinen Verdacht gegen sie", gestand CateS offen. Der Hausmeister hatte inzwischen seine Erkundigungen angestellt und konnte jetzt constatireo, daß nachweislich weiter Niemand vom Personal während des Abends vom Hause abwesend gewesen sei. Der Polzeibeamte hielt ihn, als er gehen wollte, mit einer andern Frage zurück. „Wer hat den Dienst an der Flarthür?" sagte er. „Für gewöhnlich Jame«, Sir; heute jedoch war besonders viel zu thun, und da ließ ich James mit »ugreifen und versah selbst den Dienst an der Hausthür für ihn." „In welcher Zeit?" „Bon 3 Uhr Nachmittags, bi« sämmtliche Gäste »um Diner versammelt waren. Dann ging ich hinein und half bei der Tafel." „Sind Sie sicher, daß, während Sie den Dienst an der Flurthür versahen, Niemand unbemerkt eintreten konnte?" „Ganz sicher, Sirl Sie glauben gar nicht, wie vorsichtig ich bin, Sir! Seit dir Polizei einen Eoostabel vor die Thür gestellt bat, bin ich doppelt vorsichtig; ich lege jeden Abend bei Dunkelwerden die SicherheitSkette vor." Der Mann wollt« sagen, daß ibn die Besorgniß der Polizei gleichfalls zur Erhöhung seiner Vorsicht aniinirt babe. Mr. Este« unterdrückte mit Müh« ein Lächeln, als Evan's ge wichtig geäußerte Worte zum Vorschein kamen, dir beinahe so klangen, als habe der umsichtige Hausmeister Veranlassung gefühlt, allabendlich die Tdür des Hause« sorgsam gegen den gefäbrlichen Schutzmann dort außen zu verrammeln. Der Inspector unlervrückt« jedoch den Scher» darüber, der ihm auf den Lippen schwebte, aus Rücksicht aus die schmerzgebeugte bekümmerte Gestalt Major Willmor'S neben ihm, m dessen Gegenwart jeder Anflug von Heiterkeit eine schnöde Unart gewesen sein würde. War EateS auch durch die Thätigkrit m seinem Beruf an dergleichen SchreckenSscenen gewöhnt und gegen sie abgebärtet, so fehlt« ihm doch nicht die Theilnahme für den Major, der von dem Unglück seiner unschuldigen, schönen, jungen Tochter so furchtbar getroffen worden war. „Dir Eingangsthür ist also die ganze erwähnte Zeit hin durch nicht unbeaufsichtigt gewesen, w,e Sie sagen", wandte sich der Polizeimann nach einer kurzen Pause wieder an Evans. „Und keine Ihnen verdächtige Persönlichkeit hat während der NachmittagSstuoden die Tbür passtrl?" „Keine. Es waren vor der Gesellschaft nur einige Besuche bei dem Fräulein und dem Herrn hier — weiter Niemand" „Wer waren die Besucher?" Mr" u " U d'' BI.,sin„«>>. "Lord Arthur Klemmingham ist mir bekannt. Der Mann ist aut. Mr. Grcy kenne ich nicht. Wer ist er?" Der Inspektor wandte sich mit seiner Frage an Major Willmor. „Besitzer von Greystone Abtei, Grafschaft Weysbire. Sr ,st mir durch meinen Ncffen vorgestelll und bei mir emaeführt." „Ist es ein reicher Mann?" „Greystone Abtei bringt, so viel ich weiß, ein jährliche« Einkommen von fünftausend Pfund." danke Ihnen. — Ferner Mr. Blrssinaton Ihr Neffe nicht wahr? Gut. — Und Mr. Russell?" ° „ Amerikaner, oder doch nach Amerika und jetzt amerikanischer Bürger. Gleichfalls ein sehr wohlhabender Mann." ^ ^ Polizeibeamle abermals, und diesmal schien da« Ausrufungswörtchen mehr Nachdruck zu Habens als vorher. Irländer und Amerikaner in einer Person. Die Irländer sind Revolution»«« und di« Bankers Republikaner. „Mr. Russell ist reich, sagen Sie? Ist Ihne« bekannt, womit er sein Vermöge« erworben hat?" „Ich habe nie davon gehört. Es scheint, er spricht ab sichtlich nicht davon." „Kennen Sie ihn lange?" „Nein. Seit einigen Monaten. Miß Russell ist die intime Freundin meiner Tochter," „Miß Russell war gleichfalls am Nachmittag hier?" „Ja, ich glaube, sie hat meiner Tochter eioey Besuch ge macht." Der Inspektor wendete sich wieder zu Evau«. „Außer den genannte» Besuchern ist Niemaud gekornmeu?" fragte er. „Noch Jemand — ja, Sir — aber kein Besucher. Mr. Grcy's Diener brachte einen Brief an den Herru." „Und während Sie den Brief hineintruaeo, ließen Sie den Boten an der Thür warte» und dies« offen?" „Nein, Sir! Der Diener kam herein, «nd ich schloß die Thür hinter ihm. Er ist hier bekannt, da er schon vielfach hier war, und ging gleich inS Dienrrzimmer sür di« paar Minuten, dir er zu warten hatte." „Trug Niemand von Denen, die hier Ware«, ein Packet?" „Doch, Sir; Mr. Grey's Diener hatte mehrere Packrte bei sich, «in paar unterm Arm, ein paar in den Händen." „Leichte Packrte?" „Ganz leicht. Ich sagte noch zu ihm: Na, Ihr habt ja da eine schöne Last zu schleppen I — Ach, «einte er, eS ,s> nicht so schlimm, die Dinger sind ja all« leicht! — Und «s war so. Ich selbst hob den größten Kasten a«f, de« er an der Flurthür beim (Sehen einen Augenblick »iedersetzl«, um mir die Hand zum Adieu zu reiche», und er war ganz leichi, als ob er leer wäre." Mr. Gates verfiel in ein nachdenkliches Schweigen, daS dem Hausmeister Zeit gab, sich noch eine« weiteren Umstandes zu erinnern. „Auch Miß Russell hatte einen großen Eartou bei sich, als sie kam", sagte er. „Als sie ginfl, nicht mehr?" fragte der Inspektor rasch. - .weiß ,ch nicht, Sir! Ich konnte e« nicht scheu Ich war ,n den Speisesaal gegangen, um einmal eine» Blick aus den bereit gestellten Wein zu werfen, und als ich heraus trat, kam sie soeben eilig die Trepp« von Miß Margarets-'« Zimmer herab, bei der st« gewesen, und schnitt aus dir Flur-
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