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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 17.05.1897
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1897-05-17
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18970517020
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1897051702
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1897051702
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1897
- Monat1897-05
- Tag1897-05-17
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DezugS-PreiS tn der Hauptexpedition oder den im Stadt« bezirk und den Vororten errichteten Aus gabestellen abgeholt: vierteljährliches.SO, bei »weimaligrr täglicher Zustellung tn« Hau« L.bO. Durch die Post bezogen für Deutschland «nd Oesterreich: vierteljährlich ^il S—. Directe tägliche Krruzdandsrndung tu« Ausland: monatlich ^l 7.50. Le-action und Lrpedition: Johannesgasse 8. Die Expedition ist Wochentag« ununterbrochen geöffnet von früh 8 bis Abend- 7 Uhr. Filialen: ktto Klernm'S Sortim. (Alfred Hahn), Universitütsslraffe 3 (Paulinum), Hont« Lösche, kkatharinrnstr. 1«, part. und König-Platz 7. Abend-Ausgabe. MpMer TagMatt Anzeiger. Äittlsblatl -es Königlichen Land- nnd ÄmtsgerichLes Leipzig, des Rathes und Votizei-Ämtes der Stadt Leipzig. Anzeigerr-Prel- die 6 gespaltene Petitzelle 20 Pfg. Reklamen unter dem Rrdactionsstrich (-ge spalten) 50^Z, vor den Familiennachiichteu (6 gespalten) 40^. Gröbere Schriften laut unserem Preis« verzeichniß. Tabellarischer und Ziffernjatz nach höherem Tarif. Extra-Beilagen (gefalzt), nur mit der Morgen-Ausgabe, ohne Postbeförderun^ 60—, mrt Postbeförderung ^tz 70.—. Annahmeschluß für Anzeigen: Abend-Ausgabe: Vormittags 10 Uhr. Morgen-Ausgabe: Nachmittags 4 Uhr. Bei den Filialen und Annahmestellen je eine halbe Stunde früher. Anzeigen sind stet- an die Expedition zu richten. —»<2»»» Druck und Verlag von E. Polz in Leipzig. 249. Montag ven 17. Mai 1897. 91. Jahrgang. Politische Tagesschau. * Leipzig, 17. Mai. Die heute beginnende erste Berathung der Novelle zum preußischen Bcreinsgcsctz wird mit der Verweisung der Vor lage an eine Commission enden. Die nationalliberale Fraction hat sich für Commissionsberathung entschlossen, weil diese von zwei großen Parteien gewünscht wird und vielleicht auch, weil diese Parteien die conservativen sind. Unsere Parteigenossen in Preußen haben keinen Grund, den ihnen durch die Vorlage aufgedrungenen Kampf gegen Parteien, mit denen sie wichtige Ziele gemeinsam haben, ohne Noch zu verschärfen. Eine Vertiefung der vorhandenen Gegensätze — wir haben dies schon als die schlimmste der vorauSzusehenden Wirkungen dieser Campagne bezeichnet — wird ja doch nicht auSbleiben. Daß aber, wie das „Dresdner Journal" prophezeit, nach der Ablehnung ter Vorlage durch die Nationalliberalen „jede Aussicht auf ein ferneres erfolgreiches Zusammenwirken der nationalliberalen und der conservativen Partei, also der beiden nationalen deutschen Parteien, dahioschwinden muß", glauben wir nicht besorgen zu müssen. Hegte das Dresdener Blatt diese Befürchtung ernstlich, so hätte es, statt die National liberalen zur Zustimmung zu mahnen, die Conservativen tadeln müssen, weil sie nicht die Nothwendigkeit einer Entscheidung hintangehalten haben, dir das Verhältniß zwischen Confer- vativen und Nationalliberalen nur bei dem Verzichte der Letzteren auf ihre politische Ueberzeugung unberührt lassen könnte. Die Conservativen waren dazu im Stande. Sie habe» aber im Gegentheil, nachdem sie über die etwaige Stellungnahme der Nationalliberalen genau unterrichtet waren, die Regierung zum Werfen des EriSapfels gedrängt. DaS läßt sich beweisen. Wenn daS „Dresdener Journal" in der Zurückweisung eines principiell von ihnen verurtheilten Gesetzes ein Sinken der Nationalliberalen „in die von links sich öffnenden Arme" erblickt, so bedient sich das Blatt einer Betrachtungsweise, die niemals sür sonder lich vornehm gegolten hat und zur Zeil recht sehr ver braucht ist. Es giebt keine Partei im Parlamente, die nicht schon mit einer jeden der anderen Parteien „gegangen" wäre, speciell die Conservativen hat man in den Armen der Linken gesehen, z. B. bei der im Kampfe gegen den UltramontanismuS ungemein tiefgreifenden Frage der Zulassung privater Elementarschulen. Im klebrigen, die Conservativen treten selbst den Rückzug von ihrem Vereins gesetzentwurf an. Der Bedenken der „Post" gegen die Kautschukbcstimmungen der Art. I und III haben wir schon kurz Erwähnung gethan, und nun schreibt auch die „Kreuz zeitung", nachdem sie Langes und Breites, aber nichts Ueber- zeugendeS über conservative Loyalität bei der Handhabung diScretionärer Gesetze geredet, das Folgende: „Ter praktischen Erwägung können sie (die Conservativen) sich doch nicht wohl entziehen, ob die Rücksicht auf die parla« mentarischen Machtverhältnisse es gestattet, den Ent wurf in seiner gegenwärtige» Gestalt ganz unverändert aufrecht zu erhalten. Das: in ina^niz vvluisse sat est, kann hier doch nicht genügen. Es kommt nicht blos darauf an, rin wirk sames Vereinsgesetz vorzulegcn; inan muß es auch in den Hafen der sormalen Rechtsbeständigkeit zu führen wissen. Zu diesem Zwecke aber wäre eine Fassung zu empfehlen, die das Mißtrauen der „bürgerlichen" Parteten entkräftete und sie davon überzeugte, daß es sich nur darum handelt, dem Um ¬ sturz den Daumen aufs Auge zu drücken, nicht aber den ruhigen Staatsbürger in seiner berechtigten politischen Bewegungsfreiheit zu hindern." In diesen Sätzen liegt die politische Verurtheilung der Vorlage an den Puncten, wo sie von den Nationalliberalen grundsätzlich bekämpft wird, aber etwas Positives, Faßbares bieten sie nicht. Die Ueberzeugung, daß gesetzliche Be schränkungen nur dem Umstürze gelten sollen, ist auf keinem andern Wege zu verschaffen, als dem der Gesetzgebung, durch die Bezeichnung der Umsturzbestrebungen als des einzigen der Verwaltung gebotenen Angriffspunctes, also durch „Socialistengesetze". Solche fürPreußen allein zu schaffen, wäre ein Ding der Unmöglichkeit, und dies keineswegs nur aus formalen Gründen. Ein Reichs-Ausnahmegesetz ist aber zur Zeit nicht zu haben. Wir beklagen mit der „Kreuzztg." den Verlust des früher besessenen, müssen aber doch daran er innern, daß jenes Gesetz, noch dazu nachdem es aus einem befristeten in ein dauerndes verwandelt worden war, im Jahre 1890 von den Conservativen zu Falle gebracht worden ist. Freilich die unter dem neuen Curse politisch wirksam gewordenen Sentiments hätten cs früher oder später doch zum alten Eisen geworfen — eine Gewißheit, nebenbei bemerkt, die den Nationalliberalismus, der das Vereinsgesetz rein sachlich und nicht unter dem Gesichtspunkte momentaner Regierungs fähigkeit betrachtet, zu verdoppelter Vorsicht mahnt. Denn was 1890 häßlich schien und heute für schön gilt, kann über Nacht wieder häßlich werden, zumal da der Minister, der am stärksten bei dem Verzicht auf eine repressive Ausnahme gesetzgebung betheiligt war, sich noch im Amte befindet. Ob die Conservativen ebenfalls nur von sachlichen Erwägungen geleitet werden, ist nicht ganz sicher. Die plumpe Reclame, die die „Kreuzztg." heute sür ihre Partei und deren Brauchbarkeit macht, verstärkt die Zweifel mehr, als sie sie behebt. DaS Blatt zeigt sich dabei recht in- consequent. Vorgestern Hal es, ähnlich wie das „Dresdner Journal", zu dessen Gebrauch wir diese Gegenüberstellung einflechten, der nationalliberalen Partei angekündigt, sie werde nach Ablehnung der Vorlage auf eine starke Minderung ihres Besitzstandes sich gefaßt machen müssen. Gestern schrieb die selbe „Kreuzztg.", der Widerstand gegen daS Vereinsgesetz be ruhe bei allen bürgerlichen Parteien auf „Gründen engster parteipolitischer Art", er sei wahlpolitisch auch „gar nicht unpraktisch" und die Conservativen brächten mit ihrer Stellungnahme „ein Opfer". Sollten diese Widersprüche etwa der Reflex von Meinungsverschiedenheiten sein, die innerhalb der conservativen Fraction — Bund der Landwirlhe, Antisemiten u. s. w. — über die wahlpolitische Zweckmäßig keit der Unterstützung der Vorlage slattsinden? Bei den Nationalliberalen haben opportunistische Erwägungen keinen Augenblick obgewaltet. Die socialdemokrattschen Gewässer flössen in der letzten Zeit recht langsam dahin; die total verunglückte Maifeier, die zahlreichen verlorenen Streiks, der immer stärker ent brennende Kampf zwischen politischen und Gewerkschaftsführern, die an Schärfe zunehmenden Differenzen zwischen Local- und Centralorgarnsationen, der Gegensatz zwischen den Hamburger und den Berliner Führern, die bissigen Aus einandersetzungen zwischen Liebknecht und Schönlank, der versteckte Gegensatz zwischen den süddeutschen und den nord deutschen Größen (Bebel, Singer einerseits, Grillenberger und v. Vollmar andererseits) hatten außerordentlich hemmend auf die Bewegung eingewirkt. Die Versammlungen waren schlecht besucht, die Opferfreudigkeit ließ viel zu wünschen übrig, und die Landagitation schien beinahe auf gegeben zn sein. Da kam die preußische Vereins - gesetz Novelle; mit einem Schlage veränderte sich daS Bild im socialdemokratische» Lager. Alle Gegensätze waren vergessen. Alle „Genossen" waren einig in der Absicht, den Schlag abzuwehren, obwohl er auch die bürgerlichen Parteien und gerade die schärfsten Gegner der Socialdemo- kralie bedroht. Die Novelle Hal einen mächtigen Wasser strom auf die Mühlen der Socialbemvkralie nicht nur Preußens, sondern ganz Deutschlands gebracht. Die baye rischen, die sächsischen, die württembergischen und die badischen Führer haben ebenso zum Sturme geblasen, wie die preußischen. In den nächsten Tagen werden überall große Protestversammlungcn stattfinden, in Berlin am Donnerstag etwa ein Dutzend, und nach der Stimmung im socialdcmokratischen Lager zu urtheilen, werden sie alle «inen Massenbesuch aufweisen. Für den ganzen Sommer hindurch hat die Socialdemokratie den denkbar besten Agitationsstoff. In einzelnen Wahlkreisen, in denen Nach wahlen zum Reichstage stattfinden, werden die Väter der Vorlage die Probe auf ihr Exempel machen können. In Frankreich hat die Meldung von der erfolgten Aus gabe neuer deutscher Feldgeschütze, wie dem „Hamb. Corresp." aus Paris geschrieben wird, bei dem Publicum „geradezu consternireud gewirkt": „In den militairischen Fachkreisen war mau ja aus die Sache vorbereitet, aber selbst dort, vielleicht abgesehen von den wenigen wirklich eingeweihlen Personen, hat die Schnelligkeit der Maß regel überrascht. Die Kriegsverwaltung wird in der nächsten Zeit einen schweren Stand haben. Schon jetzt wird ihr von allen Seiten der Vorwurf gemacht, sich wieder einmal haben über flügeln zu lassen und wieder einnial später als die deutschen Generale aufgestanden zu sein. Natürlich werden nun auch hier sofort die zur Neubeschasfung von Kanonen nöthigen Gelder flüssig gemacht werden, da selbstverständlich die Regierung erklären wird, ebenso gut wie Deutschland längst im Besitz eines Kanonenmodells zu sein, das man nicht verfehlen wird, als dem deutschen „noch überlegen" hinzustellen. Wie von mir bereits seit Monaten gemeldet worden ist, hat der Krieg-Minister thatsächlich solch ein neues sogenanntes Scbnellfeurrgeschütz bereits auf Lager. Wenn hier nur nicht die Frage der Neubewaffnung ber Artillerie durch die immer unabweislicher werdende Neu bewaffnung der Infanterie und durch das Geschrei nach mehr und immer mehr Befestigungen (um Paris wie an der Ostgrenze, namentlich vorwärts Nancy) compiicirt würde! Soll die Kriegs verwaltung allen diesen Anforderungen gerecht werden, so dürfte leicht eine kleine, vielleicht auch eine große halbe Milliarde drauf gehen. Ein Pariser Chauvinistenblatt ist sofort mit der einen Vorwurf sür die säumige sranzösische Regierung involvirenden Behauptung bei der Hand, die Nachricht von der erfolgten Einführung des neuen deutschen Feldgeschützes komme praktisch für mehrere Jahre der Nachricht von einem sür Frankreich verlorenen Kriege gleich. Mit Sperrforts mögen sich übrigens die Franzosen so viel ver- barrikadiren wie sie wollen. Tie helfen ihnen nichts, wenn die Feldarmee versagt. Mit dem Spaten ist noch kein Krieg gewonnen worden und wird voraussichtlich auch nie einer gewonnen werden, mit guten Kanonen schon eher!" Der Mißmuth über diese militairische Rückständigkeit mag auch dazu beitragen, daß nach den versöhnlichen Stimmen der letzten Tage heute in der Pariser Presse wieder die deutschfeindliche Richtung zum Ausdruck kommt. Mehrere Blätter bringen Artikel, welche gegen die Annäherungsversuche des deutschen Kaisers und namentlich gegen dessen angeb lich für 1900 beabsichtigte Reise nach Paris piw^st'^n. Lepelletier schreibt im „Echo de Paris": Wenn diese Reise erfolgen würde, so müßte das Pariser Volk die Todten von 1870 aus den Gräbern reißen und deren Gebeine gegen den kaiserlichen Wagen schwingen. Auch Drumont in der „Libre Parole" und Cassagnac iu der „Autoritv" führen eine leidenschaftliche Sprache. Im Hildiz KioSk zu Konstantinopel hat die Partei der „Uebermütbigen" gesiegt. Wie uns von dort unterm 15. Mai gemeldet wird, antwortete die Pforte Nachts auf den letzten Schritt der Mächte, sie mache die Einstellung der Feind seligkeiten von der Annahme folgender Grundprincipien für den Abschluß eines Waffenstillstandes und des Friedens ab- bängig: „Zahlung einer Kriegsentschädigung von 10 Millionen Pfund, Wiederherstellung der alten LandeS- grenze, Erneuerung der Verträge für die griechischen Unterlhanen in der Türkei auf Grund des internationalen Rechts; Abschluß eines CartellvertrageS für die Auslieferung gemeiner Verbrecher, ferner Freilassung des Hafens von Volo und Prevesa für den Verkehr mit dem Beginn des Waffenstillstandes. Die Bevollmächtigten haben in Pharsala zu sammen zukommen." Unter Wiederherstellung der altenLandeS- grenze ist die Wiedereinverleibung ganz Thessalien s in die Türkei zu verstehen. Edhem Pascha bat neuerdings den Befehl erhalten, den Vormarsch bis zur allen griechisch türkischen Grenze zu beschleunigen. Tie Verwaltung Thessaliens ist bereits vollständig an türkische Beamte überwiesen und seit einigen Tagen werden geradezu enorme Massen Gewehr- und Artillerie-Munition in Extra zügen nach dein neuen „Vilajet" befördert, um sie in Trikala, Larissa und Pharsala einzulagcrn. Hiernach bat man es kaum mit einer bloßen Occupation Thessaliens bis zur Zahlung der Kriegs - Entschädigung zn thun, sondern mit der Absicht einer dauernden Besitzergreifung. Allerdings erhalten wir folgende Privatmeldung: * Konstantinopel, 16. Mai. Ein inspirirter Artikel des Blattes „Hakikat" jagt mit Bezug auf die Antwort des Minister präsidenten Baron Banffy aus die Interpellationen im ungarijchen Abgeordnetenhaufe, es bestehe kein Zweifel mehr über eine voll ständige österreichisch-russische Entente bezüglich der Er- Haltung des Status guo. So lange beide Mächte die Erhaltung des Friedens auf der Balkanhalbinjel anstreben, sei nichts zu befürchten. Die österreichisch-russijche Entente störe den Dreibund nicht. Es sei kein Geheimniß, daß Deut fehl and die Annäherung förderte und daß die anderen Mächte infolge ihres Wunsche«, den Frieden zu erhalten, dem Einvernehmen zustimmen. Wenn die Griechen blind gegen die Macht der beiden Staaken in Betreff der Orientpolitik feien, so werde dies Griechenland theuer zu stehen kommen. Hieraus könnte man schließen, daß der Sultan sich mit der Erhaltung des Status guo begnüge und auf eine Gebiets erweiterung verzichte. Allein diese Nachricht ist durch die Uebermittelung der „Grundprincipien" offenbar überholt. Immerhin zeigt sie, daß der Sultan noch bis in die zwölfte Stunde unentschlossen war und daß er nur dem Drängen der Hofpartei nachzegeben hat. In Konstantinopeler Con- sulatSkreisen betrachtet man die neue Situation ziem lich optimistisch und legt sich dieselbe folgendermaßen zurecht: „DaS Eindringen der Griechen in Epirus kam der Pforte gelegen, um die hochgestellten Bedingungen für den Waffen stillstand und Friedensabschluß, von welchen die Diplomatie sehr überrascht ist, zu motiviren. Die Pforte hat, wie es scheint, möglichst Hobe Bedingungen gestellt, um trotz der durch die Vermittelung zu erwartenden Herab minderungen die höchsten zu erzielenden Zugeständnisse zu erhalten. Man ist der Meinung, daß der Pforte nur eine Zwei Frauen. bj Roman von F. Marion-Crawford. Nachdruck verboten. Unfähig, in ihrem Geist eine ernste Hilfsquelle zu finden, batte sie an einem Ort, wo es Niemanden gab, ihren Be mühungen Beifall zu spenven, noch ihrer Eitelkeit zu schmeicheln, all ihre Energie rein äußerlichen Dingen zugewendet. Der Wunsch, durch ihre Erscheinung und ihr Wesen zu gefallen, halte alle natürlichen Gaben, die sie jemals besessen haben mochte, überdauert, und selbst der Einsamkeit und der er drückenden Atmosphäre widerstanden, die der gänzliche Mangel gebührender Würdigung ihrer Anstrengungen um sie schuf. Ost genug empfand sie die Härte ihrer Lage mit grollender Bitter keit, und mehr als einmal hatte sie daran gedacht, ihre Lebens weise zn ändern und in weltentsagender Frömmigkeit unter zutauchen; aber wenn der Morgen kam, ward ihr die bis herige Existenz wieder zur Nothwendigkeit. Eine andere Beschäftigung gab eS sür sie nicht. Und dennoch drängte sie merkwürdiger Weise ihren Gatten nie, mit ihr in eine Stadt zn übersiedeln, noch daS Schloß mit Gästen zn füllen. So hatte sie jede- Verständniß für die Ereignisse in der äußeren Welt verloren, und wenn sie sich im Spiegel be trachtete und bester als irgend ein Anderer die erbarmungs losen Schriftzeichen der Zeit erkannte, die sich tief in da- einst hübsche Gesicht ringruben, fühlte sie einen brennenden Schmerz in der Brust, denn sie wußte, daß nun Alle« vorüber und sie alt geworden war. Es kamen sogar Augen blicke, in denen sie fürchtete, sich lächerlich zu machen, denn sie war ursprünglich nicht ohne rin gewisse« scharfe- Wahr nehmungsvermögen gewesen, aber dir Furcht vor der Lächer lichkeit >st niemals stark genug, wenn wir keine Gelegenheit haben, uns mit Anderen zn vergleichen, und Fran v. Greifen stein lebte zu viel allein, um lange unter solchen ein gebildeten Schrecknissen zu leiden. Sie wußte recht gut, daß dir Zeit, sür eine schöne Frau zu gelten, für sie vorüber war, und da ihr Wunsch nach Veränderung immer nur dem Verlangen entsprungen war, gesehen zu werden, nicht zu sehen, ergab sie sich ohne Murren in ihr Schicksal, als sie zene traurige Periode erreicht hatte, in der da- halbe Vergnügen drS Lebens darin besteht, von Dem zu träumen, was man vor zwanzig Jahren hätte thun können. Greifenstein las in seiner einförmigen, tonlosen Weise weiter, erst einen Artikel über die europäische Lage, dann einen anderen über die Hofneuigkeiten und einige aus einem gewissen Anlaß zu veranstaltende Festlichkeiten. Ihm waren alle diese Dinge gleich interessant. „Bei dieser feierlichen Gelegenheit", fuhr er fort, „bat Seine Majestät geruht, für alle politischen Vergehen Amnestie zu gewähren —" Er hielt plötzlich inne, hustete und überflog mit dem Blick die nächsten Zeilen. „Für welche politische Vergehen?" erkundigte sich Frau von Greifenstein mit bei ihr befremdendem Antheil. „Für alle in den revolutionairen Bewegungen von 1848 und 1849 begangenen Verbrechen", erwiderte Greifenstein, sich in seinem Sessel sehr steif aufrichtcnd und bemüht, noch mechanischer zu lesen als gewöhnlich, obwohl seine Stimme immer heiserer wurde. Was folgte, war nur noch eine Ver herrlichung der kaiserlichen Gnade. Er laS schneller als zuvor, ohne die Augen von dem Blatte zu erheben. Die Baronin aber stieß plötzlich einen leisen Schrei auS. Sie batte sich mit ihrer Nadel in den Finger gestochen und Frau von Greifenstein sah den Blutstropfen und gerieth in eine Aufregung, die außer allem Verhältniß zu dem kleinen Unfall stand. „O, was haben Sie sich gethan?" rief sie, und sie war bleich vor Angst, als sie sich vorbeugte und darauf bestand, die kleine Verletzung zu untersuchen. „Sie haben sich ver wundet. Ihr Finger blutet! DaS ist schrecklich. Ich will gleich Wasser holen — und Arnikapflaster. Bis ich zurück komme, wickeln sie den Finger sorgsam in ihr Taschen tuch ein." Sie erhob sich eilig, alle Rücksicht sür den armen Bretzel war vergessen, der von ihrem Schooß inS GraS siel und leise ausquiekte. Fran von Greifenstein bückte sich, nahm ihn in ihre Arme und lief inS HauS, um das Pflaster zu besorgen. „Meine Frau kann den Anblick von Blut nicht vertragen", bemerkte Greifenstein über die Brille, die Hand der Baronin ansebend. „Es ist nicht weniger al« gefährlich", lächelte Frau von Wildenberg, dabei hefteten sich jedoch ihre Augen mit einem Blick ängstlichen Forschens aus Greifenstein. „Er wird zurückkommen", seufzte er und die Farbe ent schwand langsam au« seinem Gesicht. „Halten Sie «S für möglich?" fragte di, Baronin leise. „Es ist gewiß. Er ist in die Amnestie eingeschlossen, auf die er alle diese Jahre gehofft hat." „Er wird dennoch nicht zurückkommen. Sie werden ihn nie wieder sehen." „Nein, ich werde ihn nie wieder sehen, aber er wird in Deutschland sein. Es ist um Greif's willen." — Er hielt inne, als ob er vor Aerger ersticke, doch außer der Blässe seiner strengen Züge verrieth sein Gesicht nichts von Dem, waS er fühlte. „Greis wird hier wohnen und ihn gleichfalls niemal- sehen, überdies weiß er nicht " „Er weiß es. Ein Student sagte es ihm und erhielt für seine Mühe einen Säbelhieb von ihm. Er weiß es, denn er sprach erst gestern mit mir darüber." „DaS macht die Sache um so leichter. Greif wird ge warnt sein nnd jede Berührung mit ihm vermeiden. Hilda würde nichts von der Angelegenheit verstehen, auch wenn man ihr davon erzählte. WaS weiß sie über Revolutionen und die Vorgänge in jenen wilden Tagen. Ich bin überzeugt, daß er nicht hierher zurückkehren wird." „Unter meinem Dach soll er nicht schlafen, auch nicht, wenn er dem Hungertode nahe wäre!" rief Greifenstein zornig. „Wenn er nicht der Bube wäre, der er ist, würde er längst ein Ende mit sich gemacht haben." „Sprechen Sie nicht so, Vetter. ES ist besser, daß er sein Leben in fremden Ländern zu Ende lebe, als daß er etwas Derartiges lhäte." „Darin stimme ick, mit Ihnen nicht überein. Wenn sich ein Mensch Juda« Jschariot zum Vorbild genommen bat, dann denke ich, sollte er seinem Beispiel auch bis zum Schluß folgen." Die Baronin wünschte diesen Punct nicht weiter zu er örtern. Tief in ihrem Herzen verborgen, lebte ein aristo kratisches und unreligiöses Vorurtheil über solche Angelegen beiten, und obgleich ihre Ueberzeugungen ihr sagten, daß Selbstmord ein Verbrechen sei, forderte ihr persönliche« Ge fühl von Ehre von dem Manne, der sich entwürdigt und mit Schmach bedeckte, seinem Dasein so schnell wie möglich ein Ziel zu setzen. „Er wird schreiben, wenn er zu kommen beabsichtigt", bemerkte sie, um der Unterhaltung eine andere Wendung zu geben. „E- würde ihm ähnlicher sein, sich mir ohne voraus- gegangene Warnung aufzudrängen", erwiderte Greifenstein, das ZeitungSblatt mit feinen mageren starken Händen zu sammenfaltend und den Rand mit seinem scharfen Daumen nagel glättend. Wie unbewußt breitete er es wieder aus einander, um die Stelle, die jene verbänznißvolle Neuigkeit enthielt, von Neuem durchzulesen. Plötzlich veränderte sich sein Ausdruck. „Ich glaube nicht, daß er in der Amnestie mit ein geschlossen ist", rief er. „Nicht für ein politisches Vergeben, sondern für ein militairischeS Verbrechen, dem sich ein Ver- trauenSbruch zugesellte, wurde er verurtheilt. Er vergrößerte seine Schuld noch durch die Flucht." „Aber wird er selbst nicht glauben, daß er amnestirt ist?" fragte die Baronin. „Wenn er zurückkommt, geschieht es auf seine eigene Ge fahr hin." Greifenstein's Gesicht drückte eine augenblickli be Befriedigung aus. Wieder faltete er die Zeitung sorgfältig zusammen, unverkennbar über die Lage nacddcnkend. „Man würde ihn dann Wohl auf die Festung zurück schicken", bemerkte die Baronin. „Ter ganze Skandal würde wieder aufleben", antwortete Greifenstein düster. „Mein Name würde damit in Ver bindung gebracht werden und für Greif ein neuer Nachtbeil erwachsen. Und meine Frau weiß von all dem nichts. Sie würde dadurch Alles erfahren." „Hat sie in der That nie etwas erfahren?" fragte die Baronin, ihren Vetter neugierig betrachtend. „Kein Wort. Sie börte seinen Namen niemals." „Ich kann nicht umhin, zu denken, daß sie uns jetzt eben nur verließ, weil die vernommene Nachricht sie erschütterte. — Und — sie ist noch immer nicht zurückgekehrt." „O, so diplomatisch ist sie nicht", entgegnete Greifen stein ruhig. „Sie vergißt leicht, WaS sie vor hat, und wurde wahrscheinlich durch häusliche Angelegenheiten aufgebalten." Die Baronin mußte die Art bewundern, in der Greifen stein stets von seiner Frau sprach, ihre auffallenden Sonder barkeiten entschuldigte und sich den Anschein gab. Vieles nicht zu bemerken, und da« Alle- mit einer Würde, die sich nur wenige Männer in der Gesellschaft solch' einer Frau auf die Dauer hätten bewahren können. WaS immer er selbst von ihr denken mochte, sollte dock Niemand an die Vermutbunz kommen, daß er seine Frau anders gewünscht batte, als sie war. Er hatte jsie gewählt und mußte bei seiner Wahl aushalten. Aber die Baronin war «ine Frau von sehr scharfem Blick und verstand ibn bester, als er ahnte. Sie batte ihre eigenen Ansichten über Klar» von Greifenstein und liebt«
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