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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 14.06.1897
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1897-06-14
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18970614017
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1897061401
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1897061401
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1897
- Monat1897-06
- Tag1897-06-14
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287 Li» Morgen-AuSgabe erscheint um Uhr, di« Abend-Ausgabe Wochentags um b Uhr. Ne-action und Lrvedittou: IohanneSgaffe Dir Expedition ist Wochentags ununterbrochen geöffnet von früh 8 bis Abends 7 Uhr. Filialen: ktto Klemm's Sortim. (Alfred Hahn), Uaiversitätsstraße 3 (Panlinum), LoniS Lösche, Katbarinenstr. 14, pari, und Könlgsplatz 7. Bezugs-Preis k» der Hauptexpedition oder den im Stadt bezirk und den Vororten errichteten Aus gabestellen abgeholt: vierteljährlich ^l4.50, bei zweimaliger täglicher Zustellung inS Haus 5.50. Durch die Post bezogen für Deutschland und Oesterreich: vierteftäbrlich S.—. Directe tägliche Kreuzbandsendung ins Ausland: monatlich ^l 7.bO. Morgen-Ausgabe. KiWAer.TllgMM Anzeiger. Amtsblatt des Königlichen Land- und Amtsgerichtes Leipzig, des Nathes und Nolizei-Ämtes der Ltadt Leipzig. Auzeigeu-PreiS die 6 gespaltene Petitzeile 20 Pfg. Reclam en unter dem Redactionsstrich (4ge- spalten) 50/H, vor den Familiennachrichlev (6 gespalten) 40^. Größere Schriften laut unserein Preis- verzeichniß. Tabellarischer und Zisfernsutz nach höherem Tarif. Extra-Beilagen (gesalzt), nur mit der Morgen-Ausgabe, ohne Postbeförderung 60.—, mit Postbeförderung ^4 70.—. Ilnnahmeschluß für Anzeigen: Abend-AuSgabe: Vormittag- 10 Uhr. Morgen-Ausgabe: Nachmittags 4Uhr. Bei den Filialen und Annahmestellen je eine halbe Stunde früher. Anzeigen sind stets an die Expedition zu richten. Druck und Verlag von E. Polz in Leipzig. Montag den 14. Juni 1897. 91. Jahrgang. Zur Geschichte und Verfassung des gewerblichen und kaufmännischen Nnter- richtswesens in Leipzig. Von vr. Stoerl. (Schluß.) Viele der vorher aufgeführten gewerblichen und kauf männischen Schulen waren Wohl lebensfähig und wirkten segensreich in den Grenzen, die sie sich selbst gezogen batten, aber zu einer rechten Blüthe konnten so manche auS gewissen Gründen nicht gelangen. DaS wird zuaestandeii in und zwischen den Zeilen in den Berichten über ihre Thätigkeit. Zn einem derselben r) heißt es: „Zn kräftiger Ent wickelung ist die Lehrlingsabthcilung erst unter dem Ein flüsse des Volksschulgesetzes für das Königreich Sachsen vom Jahre 1873 gelangt. So lange die Theilnahnie an dein Unterrichte den Lehrlingen freigestellt war, zählte diese Lehr- lingsabtheilung verhältnißmäßig wenig Schüler. Eine merk liche Steigerung der Schülerzahl wurde erst dann wahr nehmbar, al« daS Volksschulgesetz den Lehrlingen in Handels häusern, ebenso wie den Lehrlingen der Handwerker, die Ver pflichtung auferlegte, die Fortbildungsschulen zu besuchen. Unter dem Einflüsse der letzterwähnten Bestimmung ist in der Lehrlingsabtheilung auch daS Verhältniß zwischen der Zahl der auS höheren Schulen und auS Volksschulen ein tretenden Schüler ein anderes geworden. Während 1870/71 noch 56 Proc. der Angemeldeten von höheren Schulen und 44 Proc. von Volksschulen kamen, stellt sich jetzt das Verhältniß entgegengesetzt wie 19 : 81. Beachtung verdient dabei der Umstand, daß nur der stärkere Zugang von VolkS- schülern das Verhältniß in daS Gegentheil verkehrte. Auch zeigt dieser vermehrte Zugang, daß das Bolksschulgesetz gerade dabin trifft, wohin es zielt, nämlich: daß cs in erster Linie Denjenigen zu Statten kommt, welche feines Schutzes am meisten bedürfen." Gemeint ist das Gesetz, dessen Entwurf von den beiden sächsischen Ständckanunern im Jahre 1872 beralben worden war, und daS dann unter dem 26. April 1873 veröffent licht wurde. Eine ganz wesentliche Neuerung in ibm dem früheren Gesetze gegenüber ist die, daß es der früheren Volksschule die Fortbildungsschule anfügt, indem eS bestimmt, daß aus der Volksschule entlassene Knaben noch drei Jahre lang zum Besuche der Fortbildungsschule verbunden sind, die Schüler aber, welche vor vollendetem 1.5. Lebensjahre höhere Lehr anstalten verlassen, ohne daß sie die ihrem Alter entsprechende Elaste erreicht haben, mindestens noch ein Jahr-'). lieber diese Anstalten führt das Ministerium des EultuS und öffentlichen Unterrichtes die Oberaufsicht. In unserer Stadl haben diese Schulen zwar zunächst auch sür weitere allgemeine Bildung ihrer Schüler zu sorgen, feit vielen Jahren schon aber einen recht bemerkbaren gewerblichen Anstrich erhalten. Das ging so zu. Da mit der einfachen Fortbildungsschule mit wöchentlich 2 oder 4 Stunden Unterricht den Gesanimtbildungsverhältnissen in unserer Stadt nicht entsprochen worden wäre, so wurde sofort von der im Gesetze zulässigen Berechtigung Gebrauch gemacht, den FortbildungSunterricht bis auf 6 Stunden wöchentlich zu erweitern und „das Lehrziel desselben zu erhöhen, insbesondere in Bezug auf deutsche Sprache, Rechnen, Formenlehre, Natur kunde, Zeichnen, und durch Aufnahme solcher Unterrichtszweige in den Lehrplan, welche in der Volksschule gar nicht oder nur andeutend berücksichtigt werden können." Zn den letzteren sind zu rechnen die Buchführung und Gesetzes- und Ger- i) Bericht über die Leffentl. Handelslebranstalt zu Leipzig für das 57. Schuljahr. Leipzig, Hallbcrg L Bnchting. 1888. ^) Das königlich sächsische Volksschulrecht vom 26. April 1873, 8 4, Abs. 8, S. sassungskunde und VolkSwirthsckaftslehre, soweit sich die zu letzt genannten Fächer bei der Geschichte und Geographie mit behandeln lassen. Nach Karl Richter, der nur kurze Zeit an der Spitze der damals einzigen neuen Schulanstalt gestanden hat, übernahm Or. Bräutigam die Leitung derselbe» und behielt sie bis in's Jahr 1880 bei. Mit 709 Schülern batte die Schule zu Michaelis 1875 begonnen, im Jahre 1879 war die Schüler zahl auf 2080 gestiegen, welche in 64 Elasten unterrichtet wurden. Weil nun eine so große Schüler- und Classcnzahl in den Räumen eines Schulgebäudes nicht mehr untcrgebracht werden konnten, und weil zur Direktion einer solchen Riesen anstalt die Kräfte auch eines gesunden Menschen kaum hin reichen dürften, so wurden Ostern 1879 vierzehn Elasten mit 427 Schülern auS dem Gebäude der III. Bürgerschule, in welchem der Stamm verblieb, nach dem Heranwachsenden Süden unserer Stadt, in das Gebäude der V. Bürgerschule verlegt. Ostern 1880 wurden 2 Fortbildungssckulbezirke, ein nörd licher und ein südlicher, gebildet, und der im Jahre 1879 versetzte Zweig wurde als 2. Städtische Fortbildungsschule selbstständig. Mit der Leitung dieser neuen Anstalt wurde der Verfasser dieser Zeilen betraut. Die Leitung der 1. An stalt wurde nach vr. Bräutigam's Wegberufung von Leipzig im Herbste des JahreS 1880 von einem ihrer bisherigen Lehrer, Wilhelm Püschmann, übernommen. Die nun folgenden Jahre waren der inneren Organisation, dem inneren Aus baue der Schule gewidmet. Gon der Aufbringung eines SchulgeldesistinunsererStadtbeiderErrichtung der Schule von vornherein abgesehen worden. Von den Angehörigen, Lehrherren und Arbeitgebern der jungen Leute wird verlangt, daß sie der das Verhalten der Schüler regelnden Schulordnung, welche diesen gedruckt in die Hand gegeben wird, die nöthige Beachtung nicht versagen, und sie werden dadurch auf ein erfolgreiches Zusammenwirken von Schule und Haus, Schule und Arbeitsstätte bingewiesen. So werden ferner die Schüler, wie auch die anderen Lehranstalten, sittlich beeinflußt nicht nur bei der Auf nahme in die Scknile und bei der Entlassung auS der selben, sondern auch an den vaterländischen Fest- und Gedenktagen, bei Andachten am Beginne des bürger lichen JahreS u. s. w. Die Lebrberren und Arbeitgeber sind gehalten, Einsicht von den halbjährlich ertbeilten Censuren zu nehmen, und seit man neuerdings bei der Stellung zum Heere von den Gestellungspflichtigen sich in gewissen Fällen das Entlassungszeugniß der Schule vorlegen läßt, ist auch das Augenmerk der Schüler mehr denn je auf Er langung eines möglichst günstigen Abgangszeugnisses gerichtet. Nicht unerwähnt mag noch bleiben, daß bei der alljährlich abzuhaltenden Sedanfeier sittlich gute und strebsame Schüler ein elastisches Werk als Anerkennung ihrer guten Führung und ihres Strebens erhalten, wozu die Mittel von unseren Schulbehörden stets in entgegenkommendster Weise bewilligt worden sind. Als im Sommer des JahreS 1888 der schon genannte Director der I. Fortbildungsschule von den Folgen der auf reibenden Abendarbeit seine Gesundheit nachteilig beeinflußt fand, wurde ihm auf seinen Wunsch die Leitung einer Schule mit Tagesunterricht übertragen. In den an den neuen Director Nächster gerichteten Begrüßungsworten konnte der Hoffnung auf fortgesetztes'einheitliches Wirken an beiden An stalten Ausdruck gegeben werden. Im Herbste des Jahres 1888 besuchten die Direktoren der beiden Schulen die „Aus stellung gewerblicher Schulen des Königreichs Sachsen", welche in den ersten Octobertagen des genannten JahreS im Auftrage des Königlichen Ministeriums des Innern in Dresden stattfand, wohnten auch den Verhandlungen der Hauptversammlung der an der Ausstellung gewerblicher Schulen Les Königreiches Sachsen betheiligten Behörden, Vorstände, Directoren und Lehrer bei, und die Frucht dieser wenn auch nur kurzen Studienreise war dann die Drucklegung des „Lehrplanes der Städtischen Fortbildungsschulen für Knaben zu Leipzig" st im Jahre 1889. Nachdem derselbe die gesetzlich vorgeschriebene schulbehördliche Genehmigung er halten hatte, bildete er die Norm, nach der fernerbin in den Leipziger Fortbildungsschulen unterrichtet wurde. Waren in dem vom Geh. Schulrath Kockel zu Dresden heraus gegebenen Lehrplane st die allgemeinen Gesichtspnncle für den Entwurf eines solchen für einfache wie erweiterte Fortbildungs schulen aufgestellt, hauptsächlich auf Grund gutachtlicher Be richte der Bezirksschulinspectoren des Landes, so waren bei Ausstellung des Leipziger Lehrplanes natürlich die hierorts gesammelten Erfahrungen in die Waagschale zu legen, und daS Ergebniß war, daß sich unsere Fortbildungsschulen bei aller Beibehaltung ihres allgemeinen Charakters doch immer mehr und mehr auch zu gewerblichen entwickelten. Sie setzen ihre Schüler nicht allein nach der beizebrachten Vorbildung in bestimmte Elasten zusammen, sondern auch, soweit Dies möglich ist, nach gleichem ober gleichartigem Berufe, so daß es in ihnen Elasten giebt für solche Berufs arten, welche Les Zeichenunterrichts unbedingt bedürfen, und für solche, bei denen derselbe entbehrt werden kann. Der Zeichenunterricht für die graphischen Gewerbe wird natürlich ein ganz anderer sein, wie der für Schlosser und Maschinen bauer, und der für Buchbinder wird sich wiederum wesent lich unterscheiden von dem für Baugewerbtreibende, wobei aber die Hauptaufgabe des Zeichenunterrichtes auch an diesen Schulen überhaupt nicht aus Len Augen gelassen werden darf, nämlich die, daß die Schüler durch diesen Unterricht sowohl in ihrem Geschmacke an edlen Formen, als auch in ihrer technischen Fertigkeit ausgebildet und dabei zugleich angeleitet werden sollen, dieselben an praktischen Aufgaben ihres Be rufes zu verwerthen. Aber nickt der Zeichenunterricht allein nimmt Rücksicht auf den Beruf deS Schülers, sondern auch jeder andere, so weit daS der zu verarbeitende Lehrstoff eben zuläßt. So wird im deutschen Unterrichte bei Anfertigung der schriftlichen Arbeiten Werth gelegt auf Anfertigung von Geschästsaufsätzen gerade für das Geschäft des Schülers, im Unterrichte in der Buchführung wird bei den zu verarbeitenden Gcschäflsvor- fällen stets das Geschäft der Mehrzahl der Schüler einer Elaste als Grundlage genommen, auch die Aufgaben des Rechen- und geometrischen Unterrichtes werden dem jeweiligen Geschäft der Schüler entnommen, wie nicht minder im Unter richte in der Physik gerade diejenigen Capitel dieser Wissen schaft ganz besonders betont werden, die den Stoff enthalten, den der Schüler bei Ausübung seines Berufes verwerthen kann. Wenn dann der Schüler noch Anleitung erhalten hat, seinen Körper gesund zu erhalten, wenn ihm die geogra phischen und geschichtlichen Verhältnisse seines engeren und weiteren Vaterlandes nicht mehr fremd sind, wenn die Liebe zu Fürst und Land in seinem Herzen fest eingewurzelt ist, wenn die wichtigsten gesetzlichen, wirtbschaftlichen und Ver- fassungseinrichtuugen seines Heimathlandcs wie unseres Reiches ihm bekannt geworden sind: dann kann die gesetzlich für ihn bestimmte Bildung Wohl als abgeschlossen gelten, dann kann man ihn der Schulpflicht lebig spreche». Nach eigner Wahl mag der Jüngling sich nun weiter zu vervoll kommnen suchen in dem, was er für den von ihm erwählten Beruf noch nothwendig hat, und seiner Selbstständigkeit immer mehr und mehr enlgegenreifen. Auch eines neuen Gängelbandes bedarf der so vorgebildete Jüngling nicht mehr, da dasselbe der Bethätigung seiner Kräfte nur unnöthigc Schranken ziehen, wenn er überhaupt ') Lehrplan der Städtischen Fortbildungsschulen für Knaben zu Leipzig. Leipzig, Peters. 1889. st F. W. Kockel, Lehrplan für die Fortbildungsschulen des Königreiches Sachsen. Dresden, Huhle. 1881 und 1889. es sich anlegen und nicht als überflüssig von sich abstrcisc» würde. Einrichtungen, welche fördernd auf das leibliche wie geistige Wohl auch deS Jünglings eiuzuwirken im Stande sind, giebt es in unserem Vaterlande überall. Als im Jahre 1889 Leipzig anfinz, zunächst die östlickc» Vorortsgcmeindcn in sich auszunehmen, und diese Eingeiuci» düng dann im Jahre 1891 mit den nach den andere» Himmelsgegenden bin gelegenen Vororten fortsetzle, wurde» im Jahre 1890 die im Osten der Stadt sich befindende» kleinen Anstalten zu einer 3. großen zusammenaelegt, wie nun abschließend Ostern 1893 im Westen der Stadt eine 4. entstand. Zum Director der 3. Schule war Lehrer Scharf ernannt worben, der die früher genannte Sonntagsschule der Loge Balduin zur Linde schon einige Jahre geleitet hatte, und die Leitung der 4. in Leipzig-Lindenau hat Tirector Pache übernommen, der vorher schon an der Spitze der Lindenauer Fortbildungsschule stand. Für diese unser Fvet- bildungsschulwesen wenigstens auf gewisse Zeit abschließende Organisation können und werden Wohl auch alle dabei Bethei ligten den Behörden unserer Stadt nur dankbar sein. Es werden gegenwärtig in unseren nun 4 städtischen Fortbildungs- schulen für Knaben st in 169 Elasten über 5000 Schüler unterrichtet, und die Stadt wendet dafür in diesem Jahre 139 223,50 auf. Welche andere Gemeinde thut auch nur nach Verhältniß desgleichen? Nun zum Schluffe. Wenn in Bezug auf den Schulbetrieb eines Ortes reckt oft das bekannte Wort von dem „Propheten im Vater lande" gilt, so ist doch unseren Leipziger Schulen, auch den gewerblichen und kaufmännischen wie den allgemeinen Fortbildungsschulen, schon immer die eineGenugthuung geworden, daß man sie sogar auch von fern her nicht un beobachtet und unbeachtet gelassen hat. Fast jedes Jabr seit der Gründung der genannten Anstalten sind Schul männer in unsere Stadt gekommen, Lehrer, Direktoren, Schulinspectoren u. s. w., aus unserem engeren Vaterlande, wie aus Süd- und Norddeutschland, Oesterreich, Schwede», England, Irland und Amerika und anderen Ländern noch, die sich mit dem Wesen und den Einrichtungen auch unserer gewerblichen, kaufmännischen und anderen Lehr anstalten haben vertraut machen wollen, die in mündlickei: wie schriftlichen Berichten unser Schulwesen als nachahmungö- werth hingestelll haben st. Der Leipziger Bewohnerschaft ist jeder Zeit, hauptsächlich aber bei den Osterprüsungen, Gelegenheit gegeben, einen Blick in das Getriebe unserer städtischen Schulen zu thun, den Besuchern der in dieser Pfingslivocke in unserer Stadl tagenden Jahres - Versammlung des Vereins Deutscher Gewerbeschnl männer, wie den Theilnehmern am Verband der Directoren und Lehrer deutscher Handelsschulen und der Zusammenkunft deS Deutsche» BerbandeS für das kaufmännische Unterrichts wesen, welche über dasselbe Aufschluß zu erhallen wünschen, wird solcher von den an unseren Anstalten wirkende» Di rectoren und Lehrern jederzeit gern gegeben, und in unsere» Schulgebäuden können deren Einrichtungen stets in Augen schein genommen werden st. st Die 1. und 2. haben nach der Zusammenlegung der letzten kleinen Fortbildungsschulen zu Ostern 1893 neue Unterrichts räume erhalten. st U. a. Göck, Die Gewerblichen Fortbildungsschulen u. s. Iv. in Deutschland, Belgien und der Schweiz. Wien. 1882. Alfred Holder. — Bietz, lieber Volks- und Fortbildungsschulen in Leipzig und Wien. Franksurt a. M. 1893. Diesterweg. st Eine Anzahl der genannten Schulanstalten haben Veranlassung erhalte», in der Jnduftrieha lle und in der Halle der Stadt Leipzig der „Sächsisch-Thüringischen Industrie- und Gewerbe-Ausstellung Leipzig 1897" derselben gewerbliche Zeichnungen der Schüler und Probehefte der einzelnen Classen und Unterrichtsfächer u. A. m. mit einzureihen. Feuilleton. Nach Jahren. Erzählung von C. Gerhard. Nachdruck verboten. Weißt Du noch, wie ich am Abend Bei den Veilchen Dick belauschte? Weißt Du noch den Fliederstrauch, Wo der Strom vorüberrauschte? Weißt Du noch den Bergespfad, Wo ich um den Strauß Dich bat? Achl «S war «in süßes Bild, AIS Du da erröthend standest Und zur Erde all die Blumen fielen, Die zum Strauß Du wandest; Deine liebe, kleine Hand Spielte mit dem blauen Band, Und es sahen FelS und Strom Dein Erröthen und Dein Beben, Sahen auch den ersten Kuß, Halb genommen, halb gegeben! Und des Himmels goldner Strahl Ueberslog Gebirg und Thal, Weißt Du noch? Die volle, schöne Sopranstimme der jungen Frau, welche daS Lied sang, klang zum Schluß wir in verhaltener Be wegung. Ihre schwermüthigen Augen hefteten sich auf einige Zeilen, die eine energische Hand auf dir letzte Seite des Notenblattes geschrieben: „Solches geschah am 1. Pfingst- seiertage des glückseligen JabreS 1886." Und darunter das verschlungene Monogramm T.—G. Thea — Gerhard! So wie diese Buchstaben waren einst ihre Herzen mit einander verbunden gewesen in jenem wunderseligen Frühling! Ein zartes Roth trat in die blassen Wangen der Träumenden, ihre Augen feuchteten sich, die Vergangenheit stieg in märchenhaftem Glanze vor ihr auf. Sie sah sich von den zärtlichsten, geliebtesten Eltern verwöhnt, in einem reichen Haushalt aufwachsen, ohne Geschwister, aber fast unzertrennlich von ihrem Spielgefährten, dem einzigen Sohne deS Pfarrers Wildenried. Wohl war Gerhard acht Jahre älter, als sie, aber er hatte willig mit dem kleinen „Prinzeßchcn" gespielt, alle ihre Wünsche erfüllt, ihr in der Dämmerstunde reizende selbsterfundene Märchen erzählt und mit ihr den ersten großen Schmerz ihres Lebens, den schnell auf einander folgenden Tod Leider Eltern getragen. Sie war auf dem väterlichen Gut unter der Obhut einer Er zieherin und ihres Vormundes, der die Verwaltung ihres BesitzthumS leitete, geblieben, während Gerhard daS Gymnasium der nahen Stadt besuchte. Wie unendlich hatte sie sich immer auf die Ferien gefreut, die ihn ihr wiederbrachlen, wie sehr ihn bewundert, als er — ein flotter Student — mit dem CereviS auf den dunkeln Locken vor sie hingetreten! Unter rinnenden Thränen batte sie dann für zwei Jahre, die sie in einem Schweizer Pensionat zubringen sollte, von ihm Abschied genommen. Schnell floß die Zeit dahin und kurz vor Pfingsten kehrte sie Heun. Garten und Park waren mit Blüthen über schüttet und sie sang und jauchzte mit den Vögeln um die Wette. Und da, am Abend des ersten Feiertags — wie deutlich entsann sich die einsame Frau noch jener Stunde — da stand Gerhard plötzlich vor ihr, ein schöner Mann mit bestrickendem Lächeln um den geistvollen Mund, Flammen der Liebe in den sieghaften Augen. Die Veilchen entfielen ihren zitternden Händen, sie lag in seinen Armen, an seinem Herzen und er flüsterte: „Mein, mein für immer!" Ihr Glück schien ihr grenzenlos, kein Zweifel, kein Zagen war in ihrer Seele. Und doch kamen gleich Wolken gezogen, die ihr lichtes Glück verdüsterten. Bei seiner Werbung hatte er dem Vormund erklärt: „Ich habe daS trockene Studium der Rechte aufgegeben; ich studire die Menschen, daS Leben, um eS in meinen Werken wirderzuspieaeln." „Einem Literaten, einem Schriftsteller soll ich mein Mündel zur Frau geben?" rief Herr von Geldern hochmüthig. „Nimmermehr! Gerhard, Sie geben auf Irrwegen! Bleiben Sie bei dem Berufe, den ihr würdiger Vater für Sie gewählt und wenn Sie Ihre Examina bestanden und einen Land- rathSposten erlangt haben, kommen Sie wieder." „Herr Baron", rief Gerhard mit flammenden Augen, „meine Feder ist mir lieber als ein Landralhsposten." „Und was bringt Ihnen diese gerühmte Feder ein?" Er ward bleich. „Ich bin noch ein Anfänger, aber man wird einst meinen Namen mit Achtung nennen und ich werde dann im Stande sein, Thea ein ihrer würdiges LooS zu bereiten." „Gut, wenn Sie dieses Ziel erreicht haben uud dann noch der gegenseitigen Liebe gewiß sind, gebe ich meine Einwilligung. Bis dahin bleiben Sie Thea fern!" Der schmerzlichste Abschied folgte, und dann — die schöne Frau war längst aufgestanden und ging unruhig im Zimmer auf und nieder — vergingen Jahre, in denen sie, obwohl in der Gesellschaft lebend, obwohl vielfach um worben, gefeiert, dem Jugendgespielen die Treue bewahrt, Jahre, in denen sie heimlich sein Streben mit glühendstem Interesse verfolgt. Zuerst war ihr anonym ein Bändchen Gedichte zugeschickt worden: sie. wußte, eS kam von seiner Hand, und hatte ihren Namen, den er geschrieben, und jene Verse, in denen er zu ihr von seiner unsterblichen Liebe gesprochen, mit Küsten bedeckt. Dann erschienen nach und nach Novellen, Romane, in denen sich ein heißes Herz, eine unerschöpfliche Phantasie verrieth. Und plötzlich war er berühmt geworden, berühmt durch ein Drama, einen kühnen Wurf. Selten noch war eine so kraftvolle Sprache von der Bühne herab geredet worden, selten noch waren das Leben und die Tiefen, die eS birgt, so naturwahr geschildert. Thea hatte eS mit einiger Mühe erreicht, das Drama in Königsberg selbst zu sehen. Wie stolz war sie, als des Ge liebten Namen auf allen Lippen erklang, zu welcher Be geisterung riß sie sein Stück hm, daS, indem es Nachtseiten des Daseins enthüllte, zugleich zeigte, wie diese in hellstes Licht zu wandelu seien. Sehnsüchtig, hoffnungssroh wartete sie dann auf sein Erscheinen. Jetzt konnte er ja kommen und sie von ihrem Vormunde fordern! Aber Monat um Monat verstrich und brachte keine Kunde von ihm. Sie ward blaß und ruhelos, aber immer noch vertheidigte sie ibn gegen die Angriffe Geldern'S, der auch den „krassen Realismus" in Gerhard s Werken scharf getadelt." „Er glaubt, noch nickt genug erreicht zu haben," sagte sic. „Er wird andere glänzende Frauen kennen gelernt babe», die Ebenbilder seiner Rvmanheldinnen", erwiderte der Bare» sarkastisch. Und gleich darauf las sie in der Zeitung, der berühmt' Schriftsteller Gerhard Wildenried habe sich mit der bekannt,.» Schauspielerin Jutta Dalmar verlobt. Ohnmächtig sank sie zu Boden; daß er sie verschmäbt, mehr uoch, daß er sem Wort gebrochen, und sie ihn nick: mehr ackten konnte, verletzte sie unsäglich. Als sie sich endlich vom Krankenlager erhob, nicht mebr daS lachende sonnige Geschöpf, sondern ein ernstes, Lurch geistigtes Frauenbild, kam sein Name nicht mehr über ibrc Lippen. Aber sie zog sich auch auS der Gesellschaft zurück und ihr Vormund bestärkte sie darin. Er wußte sich ihr unentbehrlich zu machen und endlich gab sie den Bitten des bedeutend älteren Mannes nach und ward sein Weib, obgleich man sie gewarnt, ihr zugeflüstert, Geldern begehre sie nur, um sich deS Besitzes ihres Gutes zu versichern, da er sein Vermögen verspielt. Sie hatte es nicht geglaubt, und sie hatte gehofft, in der Ehe Gerhard endlich vergessen zu lernen. Uneingcstandcn lebte auch in ihrer Seele der Wunsch, nicht von der Stätte zu scheiden, die ihr seliges junges Glück gesehen. Geldern quälte sie mit eifersüchtigen Launen, aber schon nach zehn Monaten löste der Tod daS unnatürliche Band. Seit zwei Jahren war sie frei. — In Luisenthal hatte sich ein größerer Kreis von Gäste» versammelt. Herr von Mark, obgleich seit kurzer Zeit ec» dort ansässig, und seine junge Frau, erfreuten sich der Syni pathien ihrer Nachbarn, und gerne waren diese gekommen, um mit ihnen gemeinsam daS Pfingstfest zu feiern. Hella von Mark empfand eine schwärmerische, anbetcnde Liebe für Frau von Geldern, und ihren Bitten war es gelungen, die ältere Freundin aus ihrer bisherigen Zurückgezogenheit zu locken. „Ein Lied, meine liebe gnädige Frau!" bat sie. Und gleich darauf durchbrauste die mächtige Stimme den Saal:
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