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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 26.07.1897
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1897-07-26
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18970726013
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1897072601
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1897072601
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1897
- Monat1897-07
- Tag1897-07-26
- Monat1897-07
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Inmitten diese« Laubwaldes, der hin und wieder von Nadelwald durchbrochen wird, liegt wir eine MooSros« auf frischem Grün das Dörfchen Tauten burg, über dem sich die Neste der Tautenburg erheben. lispelnd sich die Blume» »eigen, flüster» Moos uud Immergrün, Gin ernstes, frt»rlich«S Schweigen Umhüllt den öden Burgruin." Stiller und romantischer wie die Tautenburg kann Wohl in ganz Thüringen kein Ritterschloß gelegen haben. Dichte Waldungen umschließen e- nach allen Seiten, prächtige Seitenthaler münden von allen Seiten in diesen hohen Gebirgskessel; wer noch heute diese Stätte betritt, verläßt sie mit ernster, feierlicher, ja wehmüthiger Stimmung. In dieses Waldidyll dringt noch nicht daS Rasen und nervöse Treiben der tief unten liegenden geschäftigen Welt, hier herrscht heiliger Waldfrieden, der nur von dem melancholischen Rauschen der dunklen WaldeSwipfel unterbrochen wird. Au- diesem Waldfrieden heraus erhebt sich der Ueberrest der früheren Tautenbura; e- ist ein noch ziemlich wohl erhaltener, bestrigbarer Thurm, von dem au« daS Auge ein unvergeßliches Bild empfängt. Die Geschichte der Burg ist nicht, wie viele ander», sagenhaft, die Sage hat ihr keine Wunderblumen-Kränze gewunden, deshalb läßt sich von ihr auch nicht viel berichten, aber ihre wunderschöne Lage war eS, um deretwillrn sie nicht vergessen werden durfte. Bom 13. Jahrhunderte ab waren die Schenken von Tautenburg Besitzer der Burg, der letzte Schenk von Tautenburg war Christian, er starb am 3. August 1840. Sein Leichnam mußte der damaligen KriegSunruhen wegen sieben Jahre lang in Tautenburg verborgen bleiben, bis er feierlich in Frauenprießnitz beigesetzt werden konnte; da Christian Hector Nnxniüeus in Jena gewesen war, so fand auch hier eine große Le'Henfrierlichkeit statt, statt de« Leichnam« trug man de« Verstorbenen Helm, Schild, Wappen und Fahne, alle Glocken läuteten, Superintendent Thielemann auS Frauenprießnitz hielt die Leichenrede in der Stadtkirche und rief klagend auS: „daS Geschlecht der Schenken von Tautenburg ist nicht mehr!" Im Jahre 1815 kam Tautenburg zu Weimar. Schwer nur wird sich der Wanderer von dem lieblichen Waldidyll Tautenburg trennen, doch neue Herrlichkeiten warten seiner, darum muß geschieden sein. Der Weg führt aus dem einüg schönen Waldkessel hinaus über Golmödorf nach der ziemlich verfallenen Kunitzburg, im Mittelalter Gleisburg oder Glitzburg genannt. Die noch vorhandenen Ueberreste deuten an, daß sie ehemals eine ganz ansehnliche Burg gewesen sein muß. Heute ist daS verfallene Gemäuer von dichtem Gebüsch überwuchert, vorn an dem schroffen FelSabhange «hebt sich noch eine hohe Mauer mit zwei Fensteröffnungen, von denen au« man eine durch mannigfache Abwechselung reizende Aussicht auf das heitere Saaltbal genießt. Die Umgebung der Ruine gehört zu den bedeutsamste» botanischen Oertlichkeiten Thüringens, sie ist eine Schatzkammer für den Pflanzensammler, thrils durch das Lorkommrn seltener Pflanzen, theil- durch den Reichthum verschiedener Pflanzenarren. Die Erbauung der Kunitzburg fällt wahrscheinlich in« zehnte, wo nicht gar in daS neunte Jahrhundert. Alte Ur kunden erwähne» die Besitzer der Burg bald al« Grafen, bald al« Herren von Glitzberg. Al« sie zur Naubburg aus artete, soll sie 1290 zerstört worden sein; im Jahre 1327 Ob empfing der Vogt Reuß von Plauen von dem deutschen Kaiser Ludwig IV. die Burg als erbliches Besitzthum. Noch in der zweiten Hälfte de« 14. Jahrhunderts befand sie sich im Besitz der Reutzischen Nachkommen; später ging sie in den Besitz der Markgrafen von Meißen über. Wilheun von Meißen ver pfändete 1405 die Gleisbergischen Schlvßgüter an die Familie von Buttelstädt. Nach Wilhelm'S Tode kam sie an den Land grafen Friedrich den Jüngern, er verkaufte sie 1429 an den Kurfürsten Friedrich den Gütigen von Sachsen. Im Jahre 1450 belehnte Herzog Johann Wilhelm III. die Familie von Vitzthum und einen Herrn von Witzleben mit der Burg, mit der Bedingung, daß sie die Burg wieder aufbauten. Nach drei Jahren ward diesen die Kunitzburg genommen und zerstört, seit dieser Zeit liegt sie in Trümmern. Eine tragische Sage erzählt sich das Landvolk um die Kunitzburg her noch heute. Noch im Greisenalter zog es den Ritter Hugo hinaus zum gelobten Lande; sein Vasall Otto, den ein inniges Liebesband mit Glizza, der Tochter des Ritters Hugo, verband, mußte ihn begleiten. In stillem Leid harrte Glizza drei Jahre lang auf Rückkehr ihres Vaters und ihres Geliebten, trostlos irrte sie oftmals hinab zu der unten rauschenden Saale. Bei einem dieser nächtlichen Spazier gänge sah sie den nächtlichen Reihen der Nixen, die die holde Jungfrau hinab in die Tiefe zogen. Seit dieser Zeit zeigt sich m dem verfallenden Burggemäuer klagend Glizza'S Licht gestalt. Bon der Kunitzburg führt der Weg steil hinab zur Saale, nach drei- bis vierstündiger Wanderung gelangt man nach Jena, der freundlichen Stadt der Musen und Wissenschaften; von Osten her winkt von luftiger Höhe herab der Fuchs- thurm, ein kräftiger Zeuge auS grauer Vorzeit, der einsam herabschaut über seine längst verfallenen Schwesterburgen Grcisfenberg, Kirchberg und Windberg, die einst den Grafen von Kirchberg gehörten. Ehedem waren die drei eine SLutzburg gegen die Sorben, man bezeichnete sie früher alle drei mit dem Namen „die Kirchberg'schen Schlösser auf dem HauSberge bei Jena". Als festes Schloß wird Kirchberg zuerst 1123 erwähnt. Der Markgraf von Meißen, Heinrich der Jüngere, hielt dort seinen Vetter, den Markgrafen Conrad von Groitzsch, gefangen. Dieser würde nämlich nach dem Tode deS Markgrafen, Heinrich's des Aelteren, Grafen von Eulenburg, der ohne männliche Nachkommen starb, dessen Güter geerbt haben, wenn nicht Heinrich deS Aelteren Gemahlin, Gertrud, ihren Vasallen heimlich vertraut hätte, daß sie guter Hoffnung fei. Sie gebar einen Sohn, Heinrich den Jüngeren. Das Gerücht behauptete freilich, sie sei von einer Tochter entbunden worden und man habe ihr den gleichzeitig geborenen Sohn eines Kochs untergeschoben. Als Heinrich zwanzig Jahre alt war, ward das Gerücht wiederum auf getischt und ein Vasall deS Grafen Conrad von Groitzsch, mit Namen Rudolf, beschwor eS sogar. Aus Heinrich s Be fehl ward Rudolf gefangen und an Augen, Nase, Lippe und Ohren grausam verstümmelt. Zwischen Conrad von Groitzsch und Heinrich dem Jüngeren kam eS zu einer Fehde, weil Conrad geäußert hatte, daß eines Kochs Sobn nicht sein Vetter sei. In dieser ward Conrad gefangen, in einen eisernen Käsig gesetzt, der hoch oben an dem Thurm des Schlosses Kirchberg befestigt ward. Fast ein Jahr lang ward auf diese Weise Conrad gefangen gehalten. Der Untergang der drei Bergvesten fällt in daS Jahr 1304; den 1. Mai 1304 zogen die Erfurter über die Saale und gewannen mit Hilfe der Mühlhäuser und Nordhäuser eine Burg nach der andern. Nach mancherlei Besitzwechsel verfielen nach und nach die drei Burgen, 1480 verwandte man die Mauerüberreste zum Bau der Saalbrücke bei CamS- dorf. Der einzige Ueberrest jener drei Burgen ist der Bergfried deS Schlosses Kirchberg, der sogenannte Fuchsthurm, von welchem man eine großartige Rundsicht bis hinauf zur Leuchtenburg, hinab bis zu den Dornburgen, gegen Osten in das reich bewaldete Osterland und nach Westen hin über den Schlachtberg, Ettersberg bei Weimar und den im fernen Nebelmeere verschwindende» Höhen deS Thüringer Waldes hat. Vom Fuchsthurme erzählt die Sage, daß weiland ein wilder Riese im Saaltbal gehaust, der die Menschen, rle ihm nur als Zwerge galten, hart gemißhandelt, und selbst seine eigene Mutter, als sie ihm Vorwürfe über sein wüstes Treiben gemacht, geschlagen habe. Da habe sich plötzlich der belle Tag in dunkle Nacht verwandelt, unter dem Brausen des Sturmes, unter dem Krachen des Donners sei der Riese zusammenaeslürzt und von den umliegenden Bergen bedeckt worden. Aber der kleine Finger sei zum Grave heraus gewachsen, der seitdem als Thurm von dem Gipfel des Bergeö herabdrohe zur Warnung für alle Zeiten. Da das Saalthal sich von Jena aus mehr erweitert, so benutzt man in der Regel die Bahn, um bald nach Kahla und der Lruchtcuburg zu gelangen, die weit hinein in die Lande leuchtet. Von einem hohen, schroffen Felsen sckauen die Thürme der Leuchtenburg herab in das anmuthige Saalthal, reizend ist die Aussicht von jener Höhe. Nach Südosten hin erblickt man die dichtbewaldeten Berge desVogtlandes, nordöstlich erschließt sich ein schmales, von dunklen Fichtenwäldern umschattete- Thal, mehr nördlich leuchten die Lobdaburg und die Kunitzburg und unten am Silberbande der Saale die heitere Musenstavt Jena mit dem stolzen FuchSthurm, zu Füßen aber breitet sich daS freund liche Kahla aus. Nach Süden hin verliert sich der Blick in das Saalthal mit seinen lachenden Dörfern, Wiesen, Feldern, Weinbereen und Gärten. Dicht über der Saale erbebt sich auf einem Hobe» Sandsteinfelsen die Stadt Orlamünde, das „thüringische Bethlehem", so genannt, weil seine Lage mit der Bethlehems Ähnlichkeit haben soll. Die Leuchtenburg wird schon 968 erwähnt, in einer Ur kunde über ein Turnier zu Merseburg wird Ritter Gottschalk, Herr zu Leuchtenburg genannt; als früheste Besitzer werden die Grafen von Arnshaugk genannt, im vierzehnten Jahr hundert verpfändeten die Arnshaugk's die Leuchtenburg an die Grasen von Schwarzburg, diese wieder an die von Witz leben und deren Schwager, einen Erfurter, Heinrich vom Paradiese genannt. Heinrich war ein gar jähzorniger Herr. Als er einen Bauer fischend in seinem Gewässer antraf, knüpfte er ihn eigenhändig an einem Weidenbaume sogleich auf, die Verwandten des Gebängten beschwerten sich bei ihrem Schutz herrn,demMarkgrafen Friedrich denStreitbaren, der imNovem- ber 1392 die Leuchtenburg einnahm, doch den Heinrich von dem Paradiese gar glimpflich behandelte und ihn zu seinem Bundes genossen machte, da er und die Witzleben ihn in seinen Fehden beistehen wollten. In den Wirren des unglückseligen Bruder krieges wußte sich Apel von Vitzthum in den Besitz der Burg zu setzen, nach dem Friedensschlüsse sollte er sie räumen, doch in frechster Weise überfiel er bei dem Dorfe Haßhausen eine Gesandtschaft deS Kurfürsten Friedrich'« des Sanstmüthigeu und brachte einen Theil der Gefangenen auf die Leuchtenburg. Dieser Streich führte seinen Fall herbei, er ward zum LandeS- verräther erklärt und später sammt seinem Bruder auS dem Lande verwiesen.. In dem Jahre 1602 ward durch Blitzschlag auf der Leuchtenburg ein großer Brand hervorgerufen, ein gleicher 1668 durch Fahrlässigkeit, beide Male fielen Thurm und AmtS- bauS dem gierigen Elemente zum Opfer. Später diente die Leuchtenburg zur Aufbewahrung von Staatsgefangenen; den Anfang machten zwei Theologen auS Jena, Professor Victorin Striegel und Pastor Andreas Hügel, die religiöser Meinungen wegen in heftige literarische Fehde geratben waren. Von 1720—1871 war sie Zucht-, ArbeitS- und Irrenhaus und beherbergte zuweilen 150 Insassen. Am 15. Juli 1819 entwichen trotz aller Wachsamkeit dreizehn Gefangene unter Anführung eines gewissen Schlcnzig aus Altenburg. Mit einem von seiner Bettstelle abgebrochenen Lattenstück schlug er zuerst den Zuchtmeister Wächter nieder, ein gleiche- Schicksal hatten der Hausverwalter Berneder und der Unterofficier Bierling. Nun entwaffneten die dreizehn die schwache Wache, erbrachen die Schlosser und gelangten ins Freie in den Seitenrvder Grund. Da erklang von ter Burg herab die Sturmglocke, die Seitenrvder Bauern be waffneten sich und forderten Vie Zuchthäusler aus, sich zu er geben, doch diese wehrten sich mit Verzweiflung, erst als noch andere Landleute und die schwache Besatzung der Burg herbei kam, gelang eö, der AuSgebrochenen Herr zu werden. Ein junger Bauer mit Namen Hermann überwältigte Len Schlenzig, ein anderer mit Namen Ludwig schoß den Sträf ling Georg Joseph Fischer nieder, als dieser einen Soldaten mit dem Säbel durcdrennen wollte. Bei der einlretenden Dunkelheit gelang es drei Züchtlingen, zu entkommen, neun wurden nach der Burg zurückgebracht, einer rang mit dem Tode. Siebzehn Personen waren in dem Kampfe mehr oder weniger verletzt, von den Verbrechern waren alle ver wundet. Von der Leuchtenburg führt ein angenehmer Fahrweg hinab zum Bahnhof Kahla, bei dieser Wanderung bat man reizende Ausblicke rings umher. Mit der Saalebahn gelangt man an dem freundliche» Rudolstadt vorüber nach Blanken burg, über dessen höchst angenehmer Umgebung auf 400 ur hohem Muschelkalkfelsen eine der schönsten Burgen Thüringens, Burg Greifenstein, thront. Urkundlich wird der Greifenstein bereits im 12. Jahr hunderte genannt, um diese Zeit war er der Sitz der Grase» von Schwarzburg. Einer derselben, Günther XXI., ward 1349 zum deutschen Kaiser erwählt, starb aber in demselben Jahre zu Frankfurt a. M. an Gift. Nachdem 1574 das Rudolstadter Schloß erbaut worden war, blieb die Burg leer und verfiel. Am 9. November 1800 zertrümmerte ein ge waltiger Sturmwind den Hauptlhurm der Burg, wodurch ihre schönste Zierde verloren ging; 1830 ließ der Fürst von Schwarzburg ein Zimmer in der Burg zum Schutze der Reisenden Herrichten und mit Gemälden ans der sckwarz- burgiscben Geschichte schmücken. Ehemals war die Burg nut doppelten Mauern und Gräben umgeben, sie bestand aus drei Abtheiluugen, die heute noch ganz deutlich erkennbar sind, und hatte nach außen hin starke Basteien. Ter Zahn der Zeit hat Manches von dem Mauerwerk binweggenagt; die Ueberreste aber sind noch immerhin schön, besonders schön sind die Ueberreste der Burg ¬ capelle, deren gothische Spitzbogen, durch welche das saftige Grün ter Buchen schimmert, jeden Wanderer erfreuen. Auf der Ruine befindet sich eine höchst angenehme Restauration; von dem Vorplatz derselben Hal man eine reizende Aussicht auf die alte Münz- und Bergstadt Saalfeld; im Burg zimmer finden sich alte Fremdenbücher mit mancher Zeich nung und manch' lieblichem Gedichte. An der Wand hängt unter GlaS und Rahmen ein allerliebstes Gedickt, das in einer Zeichnung, die in künstlerischer Ausführung den Chor der Burgcapelle darstellt, eingeschrieben ist. Dieses Gedicht lautet: Wiege eines deutschen Kaisers Hohe Beste Greifenstein; Friedvoll altes Vurggemüuer Werne denkt der Wand'rer deiiil Denkt des Landes, da du thronest lieber Berg- und Waldes Frieden, Denkt des Fürsten, dem das Glück Hier zu herrschen ist beschiedeu. Herrlich Land, du prangst noch heute Wie dereinst in stolzer Pracht, Glänzest in der Kaiserkrone Wie ein funkelnder Smaragd. Ter Schloßberg und seine Umgebung bieten in botaniscker und geognostischer Beziehung manche seltene und reiche Aus beute; in den hohen selten schönen Buchen aber haust der Feuilleton. „Selbst verdient." Humoreske von Earl Tanera. Nachdruck verboten. Sie waren noch ganz voll von „Frauencongreß, Frauen frage", „Frauenemancipation" u. s. w. u. s. w. Oh, sie nahmen eS ernst, sehr ernst. Sie verstanden ja auch gewiß sehr viel davon, denn an sie konnte ebenfalls daS bittere „Müssen" kommen und darum hatten sie sich mit solchen Dingen beschäftigt. Henny war schon 18 und Marie sogar fast 20 Jahre alt! Wie leicht trat der Fall ein, daß sie sitzen blieben! Arme Töchter höherer Beamten finden jetzt schwer einen Herd, die dazu nöthige Küche, Salon, Wohn- nnb Schlafzimmer, WirthschaftSgeld, etwa- für Schmuck, Toiletten rc. — und notabene den Mann, der dies Allr« beschafft. Also war e« nur zu gerechtfertigt, daß sie sich um ihre Zukunft und ebendarum um die durch den Frauencongreß ganz besonder- angeregte Frauenfrage so eifrig kümmerten. „Weißt Tu, Henny; jetzt sehe ich doch «in, wie vernünftig mein Vater handelte, daß er mich, anfang« sogar gegen meinen Willen, veranlaßte, daS große Examen zu machen. Ich bin schön heran«. Wenn ich mich nicht binnen zwei Jahre verheirathe, nehme ich eine Stelle al« Gouvernante in einem vornehmen Hause an. Auf diesem Wege läßt sich doch immerhin —" „Noch ein Mann finden. Da irrst Du Dich sehr. Die berühmten Gouvernantenromane werden geschrieben, aber nicht mehr erlebt." „Da« wollte ich auch nicht sagen", klang r« etwa« pikirt zurück. „Trotzdem muß ich doch nicht so trostlos in die Zu kunft sehen wie Du, denn ich habe doch etwas gelernt, wa« seinen Mann ernährt." „Sein Mädchen, meinst Du Wohl. Nun, Ihr Examinirtcn nehmt «S mit der logischen AuSdruckSweise ja nicht so genau. UebrigenS irrst Du gewaltig, wenn Du glaubst, ich könnte nicht auch mein Brod ehrlich verdienen. Vielleicht besser als Du! Gouvernanten laufen haufenweise stellenlos umher. Aber eine tüchtige Stütze der Hausfrau findet immer einen guten Platz, und ich habe nicht umsonst im „Hotel de l'Europe" drei Monate lange daS Kochen gelernt." „O, mit einer solchen Schnellpreßkocherei kannst Du keine 50 Pfennige verdienen." „WaS, nicht 50 Pfennige! Ich sage Dir, wenn eS sein müßte, verdiene ich doppelt so viel wie Du mit aller Gouvernanterei. Die Köchin im „Hotel de l'Europe" er hält monatlich 90 Mark und hat Wohnung und Nahrung frei." „Willst Du wetten, Henny, daß Du nicht 50 Pfennige ver dienen kannst?" „Die! Die verdiene ich morgen". „Wie willst Du daS machen?" „Ganz einfach. Ich erkläre Deinen Eltern, daß ich gern einen Tag vor Euch nach Kochel zu meiner Tante kommen möchte, fahre statt morgen Abend schon mit dem Frühzug voraus, reise aber nur bis Benediktbeuern und vermiethe mich bei der dicken Postwirthin al« Köchin. Wenn ich sage, daß ich nur 50 Pfennige pro Tag verlange, wird sie mir Wohl einen Tag die Herrschaft in der Küche abtreten. Dann, wenn Ihr Abends durchkommt, habe ich die Wette gewonnen und reise mit Euch weiter." „Na, höre, die Sache erscheint mir doch etwa« gewagt." „Du hast wohl Angst, daß Du verlierst?" „Nicht im Geringsten, aber —" „Um WaS wette» wir?" „Gut, wen» Du eS duirchaus willst, so soll e« sein. Gewinne ich, so giebst Du mir Dein Buch „Rückert'« Ge dichte" und gewinnst Du, so rrhälst Du mein „Buch der Lieder". Bist Du einverstanden?" „Es gilt. Eingeschlagen." Sie gaben sich die Hände, die Wette war abgemacht. Am anderen Morgen früh 8 Uhr kam mit dem ersten Stellwagen Henny Walter in möglichst einfach bescheidenem Anzug in Benediktbeuern an, stieg vor der Post aus, »rüg ein kleines Reisetäschchen selbst in die WirthSstube und verlangte nach der Postwirthin. Diese, eine echte dralle Hochländerin, erschien. „WaS wünschen, gnä' Fräule'?" „Ich möckte mich gern bei Ihnen als Köchin verdingen." Ei, wie sich da die Haltung der Wirthin veränderte! Sie stemmte beide Arme in die Seiten und richtete sich hoch auf. „So so! A' Kocherl bist! Un' mit so oam fein G'wandl, un solchene Handerln, un so schöni Simpelfranz'n! Woaßt Schlaucherl, mi stimmst nil. I will mir nit d' Schandarm ins Hauö locken. Schau daß D' van andern Gimpel fängst un mach', daß D' außi kimmst." Dabei wies sie gebieterisch nach der Thür. Henny Walter war über die ihr nur halb verständliche Rede der groben Wirthin so überrascht, daß sie einige Momente gar nicht wußte, was sie sagen und thun sollte. Da drehte sich der bisher von dem Mädchen nicht beachtete Sohn der Wirthin um, betrachtete die fremde Erscheinung, die ihm sofort sehr gut gefiel, und begann: „Mußt nit glei' so Harb sei, Muatta. 'S braucht ja nit a jed'S seins Deandl, dös an ehrliche Arbeit sucht, glei' a Diebin oder so was z' sein. Die Hamm' se vielleicht um ihr Geld 'bracht un jetzt hat s' nix meh' z'beißen. Versuch amol mit ihr." Die Wirthin schien selbst zur Ansicht zu kommen, daß sie zu schroff geurtheilt. Darum frug sie in milderem Ton: „Kannst denn gnati Leberknövel mach'»?" Nun athmete da« doch etwas ängstlich gewordene Mädchen auf. Feine Leberklöße, daS war ihr Fall. Sie erklärte, daß sie es gut verstehe. „So soag amol, waö d' all'- drrzua nimmst?" Jetzt legte sie los. Alle«, wa- sie in dem feinen Hotel über erguisite Leberklößchcn gelernt, brachte sie an. Lachend hörte di» Wirthin anfangs zu. Dann unterbrach sie da« Mädchrn mit den Worten: „Eatzt bah' i aber guua. Eatzt hör' auf. An solchen Fraß kannst so an verruckt'n Stadt frack vorsetz'n. Dö« ißt aber koa vernünftiger Mensch. Na, na. mit un- zwo» wird« nix. Geh' staat Deiner Weg. Zuar Köchin as'm Land taugst Du nit." „Versuchen Sie es nur mit mir, Frau Wirthin. Ich will ja nur 50 Pfennige verdienen." „Kann scho' sein. Aba ersten- koch' i' mei' Sach sell'; zwoal'nS kunnt i' a Kocherl mit solchine Ansicht » goar nit brauch'«, un' drittens hab' i koa Fufzgerl zum nau-schmeiß n. AbieS!" Schwer betrübt wollte Henny schon ihrer Wege gehen, La meinte der WirthSsohn, dem das hübsche Mädchen immer mehr in die Augen stach: „Woaßt waS, Muatta! Wann s' nur a Fufzgerl ver dien» will, so soll s' als Kellnerin dableib'n. So viel Trink geld wirft'S scho' no' ab. D' Nanni zwingt's so wie so schier nit. Un' heit is' s' ja aa in der Stadl." „Meintweg'n, wann s mog. Da paßt s' mit ihr',» Stadtg'sichtl aa besser d'rzua. Also wann d' willst, kannst glei dableib'n. In regelrecht'n Dienst nimm i' Di' aba erst, wann i' gesehg'n bab', waS D' leist'. Leg' nur Del' fein e Tascherl in der Nanni ihr Stuab'a. Dort if' a Bett frei. Wia boaßt denn?" „Henny!" „Wia?" „Henny!" „Dos is' denn dös a vrrdrakter Nam'? Der geht nit. Du boaßt Resi bei mir." „Aber Frau —" ^Wann« Dir nicht recht is', kannst glei wieada abziehg'n." Da« Mädchen befand sich in der peinlichsten Verlegenheit. Die Sache war doch ganz anders gekommen, als sie gedackt hatte. Ob es nicht besser wäre, auf die Geschichte vollständig zu verzichten? Wie dann aber Marie triumphiren würde! Nein, daS durste nicht sein! „Ach, e« handelt sich ja nur um einige Stunden. Um 5 Uhr kommt die Post, und mit ihr treffen meine Bekannten ein. Sobald ich 50 Pfennige verdient babe, gebe ich den Dienst aus und warte. Es sind ja nur Bauern hier.. Gut, die Tochter deS OberregierunqSrathcS Walther ist nun die Kellnerin Resi." Damit ergriff sie ihr Täschchen, trug es in die ihr angewiesene Stube, aß schnell rin mitgebrachtcs Butterbrod und meldete sich dann bei der Wirthin.
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