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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 31.07.1897
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1897-07-31
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18970731015
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1897073101
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1897073101
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1897
- Monat1897-07
- Tag1897-07-31
- Monat1897-07
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Artzcigerr-PreiS die 6 gespaltene Petitzeile ^0 Pfg, Neclame» unter dem Redactionsstrich (4 g» spalten) 50^Z, vor den Aaiiichenuachrrchlre (6 gespalten) 40^. Größere Echristen laut unserem Preis« Verzeichnis. Tabellarischer und Ziffernjatz »ach höherem Taris. Extra-Beilagen (gesalzt), nur mit der Morgen-Ausgabe, ohne Postbesörderung 60.—, mit Postbeförderung 70.—. Ännahmeschlnß für Anzeigen: Abrnd-Au-gabe: Vormittag» 10 Uhr. Morgen-Ausgabe: Nachmittags 4Uhr. Bei den Filialen und Annahmestellen je ein« halbe Stunde früher. Anzeigen sind stet» an die Expedition zu richten. Druck und Verlag von L Polz tu äeivrlh. 91. Jahrgang. s Anger-Crottendorf Herr Lodert Kreiner, Zweinaundorfer Straße 18, Eutritzsch Lodert Xltner, Buchhandlung, Delitzscher Straße 5, Gohlis Lodert Bitner, Buchhandlung, Lindenthaler Straße 5, Lindenau Herr Udert IFuÄner, Wettiner Str. 51, Ecke Waldstr., Buchbinderei, Neustadt Sedelt's Annoneen-Lxpedltlon, Eisenbabnstraße 1, Plagwitz Herr ZI. Orüt/mann, Zschochersche Straße 7», Reudnitz Herr IV. LuAiuauu, Marschallstraße 1, - Herr Lernd. >Veder, Mützengeschäft, Leipziger Straße 6, Thonberg Herr L. Läntsed, Reitzenhainer Straße 58, BolkmarSdorf Herr dl. 4. Baumann, Conradstr. 55 (Ecke Elisabethstr.). sowie nachfolgende Ausgabestelle«: Arudtstraste 35 Herr L. 0. Littet, Colonialwaarenhandlung, Beethovenstraste 1 Herr Ikvoll. keter, Colonialwaarenhandlung, Brühl 8O (Ecke Goethestraße) Herr Lerw. U«88ke, Colonialwaarenhandlung, Frankfurter Straste (Thomasiusstraßen-Ecke) Herr Otto Lranx, Colonialwaarenhandlung, Löhrstraste 15 Herr Lüuaril lletrer, Colonialwaarenhandlung, Rtarschnerstraste 9 Herr Llax 8edne1llvr, vorm. Laul 8edre1der, Drogcugeschüft, Nürnberger Straste 45 Herr A. L. Aldreodt, Colonialwaarenhandlung, " in Anger-Crottendorf Herr Lodert («reiner, Zweinaundorfer Straße 18, Für und kann das Leipziger Tageblatt durch alle Postanstalten des deutschen Reiches und Oesterreich-Ungarns zum Preise von 4 bezogen werden. In Leipzig abonnirt man für 3 mit Bringerlohn 3 75 für beide Monate und nehmen Bestellungen entgegen sämmtliche Zeitungsspediteure, die Hauptexpedit io«: Johannesgaffe 8, die Filialen: Katharinenftratze 14, Königsplatz V und Nuiversitätsstratze 3, Ranftsche Gaffe 0 Herr Lrieär. Lisoller, Colonialwaarenhandlung, Raustädter Steinweg L Herr 0. Lnxoimann, Colonialwaarenhandlung, Schützenstraste 5 Herr «lul. Iie», Colonialwaarenhandlung, LLestplaü 32 Herr L. Littrlod, Cigarrenhandlung, Dorkstraste 32 (Ecke Berliner Straße) Herr ii. iivriloili, Colonialwaarenhandlung, Meitzer Straste 35 Herr V. LÜ8ter, Cigarrenhandlung, in " s Die Engländer in Indien. Nachdruck verdaten. 2-s Als vor einigen Wochen fast gleichzeitig in Poo na, in der Nabe von Bombay, und in Chitpoore, einer Vorstadt von Kalkutta, Unruhen ausbrachen, glaubte man, daß diese Unruhen nur die ersten Vorboten lebhafterer Stürme sein würden. Indessen sind die folgenden Wochen ruhig verlaufen, und man würde sich in Europa wenig mehr an jene Unruhen erinnert haben, wenn man nicht durch zwei Ereignisse sehr verschiedener Art von Neuem daran erinnert würde. Nach jenen Unruhen in Poona haben die Engländer eine Straspolizeitruppe dorthin verlegt. Es scheint jedoch, daß diese Maßregel ihnen nicht genügend dünkt, denn sie haben nunmehr eine Anzahl angesehener Männer in Poona, darunter ein Mitglied des gesetzgebenden RathcS im Gouvernement Bombay, als angebliche Unruhestifter verhaftet. Einige dieser Männer sind Redacteure eines indischen Blattes „Kesari", und gegen diese Männer dürfte wegen dieser Eigenschaft der Verdacht der Unrubestiftung allerdings ge rechtfertigt erscheinen, denn jenes Blatt hat, wie übrigens andere indische Blätter auch, in der letzten Zeit höchst aufreizende Artikel gegen die Engländer gebracht. Die englischen Blätter brachten Proben aus diesen indischen Zeitungen, die de», an eine nur bescheidene Preßfreiheit gewöhnten deutschen Gemüthe ganz ungeheuerlich erscheinen müssen. Nun herrscht aber in E»g- land und seinen Colonien eine absolute Preßfreiheit und der Plan, die indischen Blätter wegen ihrer aufreizenden Sprache und im Zusammenhänge mit den Unruhen in ihrer Freiheit zu beschränken, ist zunächst verworfen worden. Will man aber gegen die Blätter als solche nickt vorgehen, so ist eS unklug, deren Mitarbeiter zur Bestrafung heranzuziehen. Man schafft dadurch nur Märtyrer und regt die kaum be ruhigte Bevölkerung von Neuem wieder auf. Aber noch ein zweites Ereigniß kann die Unruhen in Indien wieder zum AuSbruch bringen; der doppelte Miß erfolg der Engländer an der Nordgrenze von Indien. ES sind nun bereits 2 Monate vergangen, seit die Waziris eine militairische englische Expedition überfallen und niedergcmetzelt haben, und noch hat die in den Bergstamm ausgesandte Strafexpedition nicht den geringsten Erfolg aufzuweisen ver mocht und schon wieder ist im Norden Indiens, in Chitral, ein Ueberfall auf englische Truppen gemacht worden. Die sofort aufgenommene Verfolgung der Eingeborenen hat keinen Erfolg gehabt und eS wird auch hier vielleicht ein regel rechter Kriegszug erforderlich sein. Ueber die Kämpfe in Chitral geht uns folgende ausführlichere Meldung zU: * London, 29. Juli. (Unterhaus.) Der Minister für Indien, Lord Hamilton, machte die Mittheilung, daß die erste Nachricht von dem Angriff auf Malakand in Cbi- tral am 26. d. M. vom Major Diana eingelaufen sei. Derselbe berichtete über den Vormarsch einer localen Zu sammenrottung Eingeborener im Swatthale, welche aufgereizt waren durch die Predigten eines fanatischen Fakirs. Der Angriff auf Malakand wurde erfolgreich nach heftigem Kampfe abgewiesen. Auch auf Tschakdara ist ein Angriff gemacht und die Verbindung mit dem Orte unterbrochen worden. Wie aus den späteren Berichten hervorgeht, wurde ein weiterer Angriff aus das Lager erwartet und kurz darauf in der Nacht vom 27. Juli war die Verbindung mit Malakand unterbrochen. Hierauf wurden Truppen zum Entsatz der Garnison beordert und in der vergangenen Nacht die Verbindung wieder her gestellt. Es sind Nachrichten eingetroffen, daß die englischen Truppen den ganzen vorgestrigen Tag gefochten haben und daß Abends 8V, Uhr der Angriff erneuert wurde, worauf der Kampf bis Tagesanbruch währte. Am gestrigen Tage dauerte das Geplänkel fort, jedoch wurden die Angreifer überall zurückgeworfen. Aus englischer Seite sind die Ver luste anscheinend folgende: Lieutenant Cortello verwundet, 11 Sepoys lodt und 42 verwundet. Weitere An griffe werden erwartet und daher eiligst Verstärkungen vor geschoben. Chitral liegt im Hindukusch, dem indischen Kaukasus, der Afghanistan von Turkestan scheidet, und die Gefahr, daß Afghanistan im Einverständniß mit den Aufständischen in Chiitral ist, liegt nahe. Daß man englischerseits mit der selben rechnet, zeigt die Verstärkung der Garnison in Pischawur, denn dieses ist der AusgangSpunct für mililairische Expeditionen nach Afghanistan. In diesem Falle freilich handelt eS sich Wohl weniger um eine Expedition gegen Afghanistan, als um die defensive Absicht, sich gegen einen Angriff von afghanischer Seite her zu decken. Man giebt sich in Indien jedenfalls nicht der Hoffnung hin, daß eS mit dem Angriff auf daS englische Lager bei Malakanv sein Bewenden haben wird, vielmehr nimmt man an, daß eö den Aufständischen gelingen wird, auch die benachbarten Clans in die Unruhen mit hinein zuziehen. An der ganzen Nordgrenze Indiens, besonders unter der mohammedanischen Bevölkerung, herrscht eine leb hafte Erregung. Ein Correspondent der „Times" giebt an, daß die Nachricht von dem Angriffe auf Malakand an der Nordgrenze Indiens blitzesschncll bekannt wurde; er besorgt sogar, daß der Vorfall auf die räumlich recht weit ent fernten Waziristämme seinen Einfluß ausüben würde, indem nicht nur die bereits im Aufstande befindlichen Stämme in ihrem Widerstand gegen die englischen Truppen bestärkt, sondern auch andere Stämme veranlaßt werden würden, sich dem Aufstande anzuschließen. Der „Times" - Correspondent erwähnt nicht, daß der Ausstand auch vielleicht nach Süden hin wirken könnte, aber die Engländer sollten in dieser Beziehung nicht so vertrauensselig sein. Denn je mehr Truppen sie aus den mittleren Provinzen nach Norden hin entsenden, desto mehr werden die Einwohner dieser Provinzen geneigt werden, Unruhen zu beginne». Denn darüber sind sich Wohl die Engländer klar, daß ihre Machtstellung in Indien nur auf den Bayonnetten ihrer Soldaten, nicht aber etwa auf der Zuneigung der Bevölkerung beruht und diese weiß, daß hinter den Aufständischen nicht nur der Emir von Afghanistan steht, sondern hinter diesem wieder Rußland, jenes Riesen reick, dessen Nimbus in Asien schon längst den Glanz des englischen Ansehens überstrahlt hat, jenes Rußland, das sich auch zur Zeit der Huugersnoth als Freund Indiens gezeigt bat, wenn auch wohl nicht aus ganz uneigennützigen Gründen. Der Gedanke an Rußland ist es vor allen Dingen, der den Engländern die fatalen Zustände in Indien doppelt be denklich erscheinen lassen muß. Seit einem Jahre haben sich nun die unerfreulichen Ereignisse iu Indien förmlich gejagt. Es ist begreiflich, daß die Engländer nach Möglichkeit be müht sein wollen, Ruhe und Ordnung wieder herzustellrn. Ob freilich die von ihnen angewendeten Maßregeln der Ge walt daS richtige Mittel sind, ist eine andere Frage. Deutsches Reich. X. Berlin, 30. Juli. Daß der CentrumSführer vr. Lieber bei der Beralhung der Vereinsnovelle am letzten Sonnabend Gelegenheit nahm, für die Polen eine Lanze zu brechen, ist bei der bekannten Haltung seiner Partei nicht Weiler ver wunderlich. Aber auch andere Polenfreunde machen sich wiederum unangenehm bemerkbar. So benutzt die „Pos. Ztg." eine Veröffentlichung der Namen der Mitglieder der Leitung und der Ausschüsse des Vereins zum Schutze des Deutschlhums, um daran allerhand höhnische Glossen zu knüpfen, die eines polnischen Blattes würdiger wären als eines in deutscher Sprache geschriebenen Organs. So sagt sie, die Liste beweise, daß der Verein den Zwecken einer kleinen Gruppe herrsch süchtiger Rittergutsbesitzer diene. Nun sind aber unter den von ihr namentlich benannten 17 Mitgliedern deS Vorstandes und der Ausschüsse in Posen nur 5 Rittergutsbesitzer und unter den 11 namentlich genannten Mitgliedern des Ausschusses — „die glücklicher Weise nicht in unserer Melonen und Gurken. Von vr. Ludwig Karell. Nachdruck verbot««. Die Gastronomie hat mit der Geographie nichts gemein! Tie Seine und die Theiß sind vom Standpuncte der Hydrographie nicht miteinander zu vergleichen, dennoch — genießen die Franzosen die Melonen auf dieselbe Art wie die Söhne der Puszta, und zwar mit Paprika oder Cayennepfeffer. Andererseits sehen wir in Mitteleuropa Länder, die nahe beisammen liegen und wo trotzdem die köstliche, aromatische Frucht gleichmäßig mit Zucker bestreut verspeist wird. Wenn die Melone daS Vorgericht zu dem Diner bildet, so haben die Franzosen und Ungarn Recht, denn sie reizt im gepfefferten Zustande den Appetit. Soll sie aber zum Dessert für einen deutschen Gaumen gehören, so muß sie süß schmecken. Ihre wichtigste Rolle spielt die Melone aber nicht al» „tranctis llo nwlon gluese", wo sie zum Preise von fünf Franc» daS Stück servirt wird, sondern al- Erquickung, ja ost als Hauptnahrung der armen Leute in den südlichen Ländern. Es ist erstaunlich, zu sehen, wie die schwere Lasten tragenden Hafenarbeiter, z. B. in Pera und Salonichi, tagsüber nichts weiter zu sich nehmen al» einige Schnitte Wassermelone. Der kugelrunde Leckerbissen wurde in seiner ursprünglichen Heimath, in Egypten und Indien, wenig beachtet. Gleich- giltig schritt der Kopte darüber hinweg, und die Weisheit deS Brahmanen erschloß ihm nicht den köstlichen Wohl geschmack, welcher der Melone inne wobnt. So mag sie Jahrtausende hindurch blos als Lockmittel für Vögel gedient haben, welche mit ihren Schnäbeln sich Zugang zu dem saftigen Innern zu verschaffen wußten. Hier und da ma(, auch ein tropisches Nagethier die so leicht beweglich« Frucht zu seinem Spielball erkoren haben, bis die unter den großen Blättern versteckt« Schlange mit Blitzesschnelle herauSfuhr und dem lustigen Treiben ein traurige» Ende bereitete. Die Griechen und ganz besonder« die Römer fanden zuerst, daß die Natur die Melone nicht nur für die Thiere, sondern auch für den Menschen sprießen ließ. Allerdings war sie bei den klassischen Völkern de« AlterthumS nur be- sonder- begüterte» Feinschmeckern zugänglich. Ein allgemeineres Genußmittel wurde sie erst, als man ie durch den Anbau veredelte. Dies scheinen die Araber bereits verstanden zu haben. Jedenfalls verbreiteten sie die Cultur dieses saft- und körnerreichen Productes der Pflanzen welt während der Zeit ihrer Herrschaft in Spanien. Hier waren ja in der That ebenso günstige Bedingungen gegeben wie in der ursprünglichen Heimath. Die Sonne durchwärmte die Ufer deS Duero und Tajo genau so wie die Gestade deS Ganges und des Nil. Namentlich längs des Guadalquivir machten sich Melonengärten in großer Zahl bemerkbar. In den Bazaren von Granada und Cordova wurden bedeutende Mengen davon feilgeboten. Sie erfreuten sich großer Be liebtheit, denn sie ersetzten dem Mauren den Saft der Rebe, welcher Genuß ihm durch des Propheten Wort versagt blieb. In welch hohem Ansehen die Melone stand, beweist die Thatsache, daß sie sich unter den auserlesenen Geschenken be fand, welche der weise Harun-al-Raschid dem Helbenkaiser, Karl dem Großen, sandte. Nachweisbar waren schon früher bei festlichen Gelegenheiten Melonen aus Italien an diesen Kaiser geliefert worden. Die berühmteste Sorte hieß damals: „Cantalupe", von dem Orte Cantalupo in der Mark Ancona, wo sie im päpstlichen Garten gezogen wurde. Als der „letzte Ritter", Kaiser Maximilian, Maria von Burgund heimführte, ertönten die höfischen Weisen erst nach dem man sich an dieser exotischen Frucht gelabt hatte. Sie fehlte auch nicht bei den Gastmählern der edlen Geschlechter derer von Fugger und Welser. An den Hofhaltungen der meisten Regenten auS dem Hause Habsburg zierte die Melone den Nachtisch. Sie soll auch daö LieblingSobst von Kaiser Friedrich III. ge wesen sein. Nach Norddeutsckland kam sie seltener und selbst zu jener Zeit, al- die Schiffe der Hansa einen regen Verkehr des Süden- mit dem Norden unterhielten, wurde sie weniger als Genußmittel verkauft und mehr als Rarität anaestaunt. UebrigrnS giebt es heute noch viele Gegenden in Deutsch land, wohin noch niemals Melonen gekommen sind. Selbst di« Schnitt«, welche auf den großen Märkten von Leipzig, Brrlin und Hamburg feilaeboten werden, sind mit Vorsicht aufzunebmrn, weil sie meisten- von solchen Stücken berrühren, die in Wien, Triest, Pest u. a. O. wegen Minberwerthigkeit nicht an ven Mann gebracht werden konnten. Nicht nur ihr Fruchtfleisch, welche- daS Aroma der AuanaS mit dem Geschmack« der Pfirsich und dem erfrischen den Safte der Birne vereinigt, wird al- solches genossen, sondern die Melone wird von kundigen Hausfrauen auch al« Marmelade eingesotten. Unreife Früchte kocht man mit Zucker und Essig zu einer Art Consiture ein. Ein besonders bemerkenSwcrtbes Product französischer Gartenkunst ist die sogenannte Taschenmelone (melou äe pociw), deren Frückte so klein sind, daß man sie bequem in die Tasche stecken kann und welche trotzdem im Stande ist, ein ganzes Zimmer mit ihrem feinen und angenehmen Dufte zu erfüllen; sie führt auch den Namen „Brahma-Apfel". Mit einem Erzeugnis englischer Horticultur, der im Jahre 1879 zuerst in London gezogenen „Gurkenmelone", gehen wir zu einem zweiten Angehörigen der merkwürdigen Familie der Kürbisgewächse über. Ihre Früchte sind nicht minder absonderlich als ihre Blüthen, welche zu den züchtigsten in der Pflanzenwelt gehören. Die männlichen, oder Staubgesäßblüthen sind gänzlich von den weiblichen oder Stempelblüthen isolirt. Die Botaniker nennen solche Gewächse bekanntlich „zweihäusig", oder diöcisch. Auch die Art und Weise, die Gurke zu essen, ist so mannigfach wie die Himmelsstriche, unter denen sie gedeiht. Wem würde eS bei unS einfallen, einen Spinat auS Gurken blättern zu genießen? Zu einer solchen Delicatesse muß man sich nach dem dunklen Welttheil begeben. Der Afrika reisende Paul Reichard schreibt darüber Folgendes in einem Briefe: „Ich bemerke, daß Sie ungemein erstaunt über Alles sind, waS Sie hier zu essen bekommen und sich umseben, ob Sie wirklich in Afrika sind, besonders da Ihnen Mabruki soeben frischen Spinat mit Setzeiern präsentirt. Der Spinat ist zwar kein Spinat, aber Sie glauben eS doch beschwören zu können, während e« nichts weiter ist, al» Gurkenblätter. ES wundert mich nur, daß man sie bei uns nicht ebenfalls auf diese Weise zubereitet genießt." Wer Gewißheit haben will, der kann im nächsten Sommer einen Versuch machen. Dagegen dürsten die anderen Be- standtheilc jenes afrikanischen Diner« bei uns weder zu be schaffen, noch zu empfehlen sein: Erdnußöl zum Gurkensalat, süße Kartoffeln, Tamarindencompot zum durchgebratenrn (wegen der Parasiten) Büffelsteak und Omelette gefüllt mit Bananencompot. Daß e« auch außerhalb Afrikas seltsame Gurkenesser giebt, beweisen die SUdslawen, welche in di« grüne, unge schälte, in Salz eingetauchte Frucht etwa so, wie wir in einen saueren Apfel, hiucinbeißen. Der Ungar schneitet die geschälte Gurke aus dem Krauthobel, läßt die einacsalzenen Schnitte eine Stunde lang stehen, preßt mit den Händen (!) den Saft aus und würzt sie schließlich mit saurem Rahm und dem unvermeidlichen Paprika. Ein« solche Behandlung widerspricht nicht nur unserem Gaumen, sondern auch der chemischen Beschaffenheit des GurkensafteS, welcher vermöge seines Gehaltes an phosphorsauren Salzen zu den leicht verdaulichen Stoffen gehört. Bei einem solchen Genüsse fällt einem unwillkürlich das Wort auS Kindermund ein: „Wenn man nicht sicher wüßte, etwas besonders Gutes zu essen, so würde einem die Sache eigentlich nickt schmecken." Wenn alle Köchinnen die wissenschaftlichen Analysen deS GurkensafteS verstehen werden, dann werden sie sich hüten, denselben beim Bereiten deS Salates auszudrücken! In einer ganz merkwürdigen Beziehung steht die Gurke zur — Cholera. Während man sich bei uns sorgsam hütet, Gurkensalat zu essen, selbst wenn diese Epidemie noch weit von den Grenzen Europas, etwa in Indien, wüthet, genießen die Engländer und neuerdings auch die Berliner ein- Art Gurken bowle (englisch Laämiuton Oup) als ein vorzügliches Anti- Choleramittel. Der Genuß dieser Frucht war ebensowohl bei den alten Egyptern wie bei den Griechen bekannt. Auf den Märkten in Athen wurden sogar drei verschiedene Arten von Gurken verkauft und zwar eine scytalische (röhrenförmige), eine böotische und eine lakonische. Man unterschied daselbst übrigens auch einen „wilden" und einen „zahmen" Salat. Nach England ist die Gurke nachweislich erst im Jahre 1573 eingeführt worden. In Mähren, dem Gurkenlande par excellenco; war sie auch nicht von allem Anfang zu Hause, sondern ist dorthin aus Ungarn importirt worden. Heute leben die Bewohner des Znaimer Kreise- hauptsächlich von der Gurkenzucht. Im Jahre 1895 wurden ungefähr Hunderttausend Doppclcentner davon in alle Weltgegenden versendet. Vor dem Veto Schwenninger'S wanderten auch mehrere Fäßchen alljährlich in den Haushalt de- eisernen Kanzlers, zu besten Liebling«- gerickten sie gehören. Die Verwendung einer Weißen Gurkenart al» Pomade und der Gurkenmilch al- Schönheitsmittel verblüfft Den jenigen nicht mehr, der die egyplische Netzgurke oder „Luffa" kennt, welche ebensowohl zu Schuhsohlen al- auch zu Bilder rahmen, zu Charpie und zu Körbchen, ja sogar zu Papier verarbeitet wird. Im Orient wächst eine SpecieS, die den Namen „Pro- pbctcngurke" führt; im Gegensatz zu dieser ehrwürdigen Be zeichnung steht die „cornickon" der Franzosen, welche einen Einfaltspinsel bedeutet.
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