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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 07.08.1897
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1897-08-07
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18970807021
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1897080702
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1897080702
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1897
- Monat1897-08
- Tag1897-08-07
- Monat1897-08
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Snieigru sinh sltt- an di» Ggpehttien zu richtea. Druck »ah Verlag von E. Polz ia Leipzig. Tonnaben- den 7. August 1897. 81. Jahrgang. Vüttttsche Lagesschau. * Leipzig, 7. August. AuS „diplomatischer Quelle" läßt sich die „Franks. Zig." über Loudon melden, der Kaiser werde sich in Begleitung des Herrn von Bülow bald nach der Rückkehr aus Ruß' land nach Ostende begeben und dort eine Zusammen kunft mit hem Könige der Belgier haben, um die durch die Kündigung des deutsch - englischen und des belgisch-englischen Handelsvertrages geschaffene Lage zu besprechen und eine identische Haltung Deutsch lands und Belgiens zu verabreden. Sollte sich diese Nach richt wider Erwarten bestätigen, so wäre für die Franzosen wieder eine vorzügliche Gelegenheit gegeben, aus dem Häuschen zu gerathe», mehr noch als über den letzten Besuch des belgischen Königs in Kiel. Denn weil die Franzosen die Gnade haben, alljährlich eine beträchtliche Anzahl von Pariser Pflastertretern und koketten Dämchen nach Ostend« zu entsenden, betrachten sie mit der ihnen eigenen Bescheiden heit Ostende gewissermaßen »iS französisches Terrain. So schlug vpr sieben Jahren die französische Presse einen gewal tigen Lärm, als Kaiser Wilhelm den König der Belgier in Ostende besuchte, und einige Franzosen waren damals auch närrisch genug, den Aufforderungen der Cbauvinistenpress« zu folgen und Ostende zu verlassen. UebrigenS hätten die Franzose» nm so weniger Anlaß, sich über einen Besuch des drutsLenKaiser- in Ostende zu erregen, als es zweifellos ist, daß dieser Be such keine politische Bedeutung haben würde, «ine sich gegen Frankreich richtende Tendenz aber ganz gewiß nicht. Daß dem Besuch handelspolitische Absichten zu Grunde liegen könnten, glauben wir ganz und gar nicht. Fragen dieser Art eignen sich am wenigsten als Gegenstand der Erörterung bei Monarchenbegegnungen. Als der Reichskanzler Kürst Hohenlohe und der Bot schafter hon Bülow Ende Juni den kurzen Besuch in Frtep- richöruh gemacht hatten, tischte ein Dresdener Sensationsblatt schleunigst die Meldung auf, der Besuch bedeute eine „ent scheidende Wendung in der inner« und äußern Politik. ES handele sich darum, eine Form zu finden, den Rath des Alt kanzlers wieder dauernd der Reicksreaierung zu sichern. Es werde an eine Stellung gedacht, ähnlich der, die Graf Moltke nach Rücktritt von dem Amte «ineS GeneralstabscbesS einnahm, als er zum Ebrenpräses der LanbesverlheidigungS-Eommission ernannt wurde". Wir sind dieser aus den Fingern gesogenen Nachricht damals (in der Abendausgabe des 3. Juli) entgegen getreten. Jetzt tauchen ähnliche Combinationen auf. Die „Tägliche Rundschau" veröffentlicht über die inter nationale politische Lage eine Betrachtung, in der es am Schluffe heißt: „Die thatsächlichen Ergebnisse der Kaiserbegegnung und weiter des Besuches Faure's an der Newa werden nun abzuwarlen bleiben. Al- besonder« bemerken-werth aber sei schließlich noch hervorgehoben, daß zur gleichen Zeit, wo gerade in den „Hamb. Nachr." zuerst die Andeutung über di« mögliche zukünftige Äruppirung der Mächte er- schien, im „Solejl" her Name -es Fürsten Bismarck al« mit- bet heiligt an dem Hinarbeiten auf eine solche Constellation genannt ward. Und es fei hierbei noch an den Umstand erinnert, daß un mittelbar nach dem Besuche de- Reichskanzlers Fürsten Hohenlohe in Friedrichsruh, Ende Juni d. I-, eine von uns veröffentlichte, aus vorzüglicher Quelle stammende Betrachtung Liesen Besuch alS ein für unser« gesammte Politik, auch die äußer», hochbedeutsames Symptom bezeichnete." Um eine Irreführung deS Publicum« und namentlich auch der ausländischen Presse thunlichst zu verhindern, versichern di« „Bert. Reuest. Nackr" daß bei dem Besuch de« Reichs kanzlers und de« Botschafters v. Bülow in Friedrichsruh nicht das Geringste geschehen ist, was die Unterstellung einer „Mitbetbeiligung de« Fürsten Bismarck" an der aus wärtigen Politik, vkLr an d«r Politik überhaupt, rechtfertigen könnte. Nach der uns als vollkommen zuverlässig erscheinenden Information de« genannten Blattes hat die damalige Unter haltung keine der schwebenden Fragen der inneren oder auswärtige» Politik berührt. Alle Bebauptungen entgegen gesetzten Inhalts gehören in das Gebiet der freien Er- fiuvung. Die Berurtheilung des Hauptmanns DrryfuS, eine An gelegenheit, die so wenig zur Rübe zu kommen scheint, wie die Panama-Affaire, ist abermals Gegenstand einer Broschüre geworden. Der Titel: „Hua iutamw zuctieialre" besagt schon, daß der Verfasser, Henri Strauß, von der Unschuld des unglücklichen Ofsiciers überzeugt ist. Wir haben keinen An laß, an dieser Stelle auf die Sache selbst ejnzugehen, wollen aber aus der Schrift eine die Pariser Polizei beleuchtende Stelle hervorheben. Strauß, von dem die „Straßb. Post" ausdrücklich bemerkt, daß er Franzose sei, schreibt: „Die Polizei, die niedrige Pariser Polizei, halt« einen falschen Bericht über Las Privatleben des Eapnain- Dreyfns gegeben. Tas wundert mich gar nicht, denn dieselbe Polizei hatte zu meinen Arten einen Bericht geliefert, der unter Anderem behauptete, ich unterhielte fortgesetzt Verbindungen mit dem Grasen Münster, ich verkehrte bei der deutschen Botschaft, ich oraanisirte in der Wirth- schast Georges Versammlungen von Deutsche» und Ich empfinge postlagernd Briefe aus Deutschland. Ten Grafen Münster habe ich niemals mit Augen gesehen; ich bin mit keinem Fuß in ber deutichen Botichast gewesen, wo ich Niemand kenn«; die Uirthjchast George- besuchte ich ebenso wenig, wie ander« deutsche Uirihlchoften. Alle meine Briefe empfing ich zu Hause und mit Deutschland stand ich gar nicht in Brieswechiel! Wie soll man sich nun aus die französische Justiz oder die französischen Behörden verlassen??" Was Herr Strauß hier von der Pariser Polizei berichtet, ist sehr schlimm. Pharisäische Regungen seiner Erzählung gegenüber empfehlen sich aber für deutscheGemüther durchaus nicht. Wir haben die ProcesseLeckert und Tausch hinter unS, in denen nicht minder arge Dinge ans Licht gezogen worden sind. Was i« den Acten der Berliner Polizei an Lügen über politische Persönlichkeiten und Publicisten untergedracht ist, weiß man allerdings nicht. Das dortige Polizeipräsidium hat einen Journalisten, der durch da« Bekannlweiden der Natur Lützow'scher Ermittelungen sich zu dem Ersuchen, Einblick in sein „Dossier" zu erhalten, veranlaßt gesehen hatte, abschlägig beschieden. Daß aber wissentlich falsche Angaben gemacht worden sind, stand schon vor den Enthüllungen des Protestes Tausch fest. So ist uns genau bekannt, daß nicht nur Ministern, sondern auch dem Kaiser be stimmte Personen als Urheber mißliebiger Zeitungs artikel fälschlich unter Umständen, die einen gutgläubigen Irrthum au-schlosten, genannt worden sind. Ob jetzt Vorkeh rungen getroffen worden sind, daß Anklagen, wie sie die fran zösische Schrift gegen die Pariser Polizei erhebt, nicht mehr mit Grund gegen ihre Berliner Schwester gerichtet werben können, wissen wir nicht, möchten eS jedoch bezweifeln. Da aber, wie wir Berliner Blättern entnehmen, der Minister Frhr. v. d. Recke kürzlich daS Berliner Polizeipräsidium in- spicirt hat, so wird wohl bald Alles aufs Beste bestellt sein. Di« stetige schnelle Vermehrung, sowie die bis zu 15 000 Tonnrn gesteigerten Größen der englischen Schlacht schiffe und Kreuzer haben die Vergrößerung der Dockanlagen in fast allen In- und AuSlanbstationen drr Marine nach sich gezogen, so daß dafür sowie für die De» siärkung der Befestigung der KriegShäfen in den Colonien riesige Summen erforderlich sind. Zur Zeit beschäftigen sich englische Blätter vielfach mit dem Anträge der Admiralität, vom Parlament drei und eine halbe Million D für Anlage und Befestigung eines Hafens bei Dover bewilligt zu erhalten. Dover selbst hat außer dem Verkehr der Postschiffe nach Frankreich hinüber fast keinen HandU, so daß der neue Hafen »ach den Ausführungen deS Lord Spencer nur strategischen Werth haben würde und als ZufluctttShafen für Kauffarthei schiffe im Kriegsfälle dienen soll, da erstere sonst auf dem Wege nach London zu sehr von Angriffen französischer Kreuzer, Torpedoboote und Kaper leiden könnten. So bereitwillig stet« die Gelder für die dem Bedürfniß der Kriegsschiffe dienenden Dockbauten u. s. m. bewilligt sind, so sehr spricht sich ein Tbeil drr Fachpresse gegen diesen kostspieligen Bau aus. Die letzte Ausgabe des „Naval and Military Record" ^bemerkt dazu ganz richtig, daß in einem wirklich großen Seekriege Segelschiffe und langsame Dampfer sich ohne Weitere« vom Handel zurückziehen müßten und daß für schnelle Dampfer die Entfernung von Portland, Southampton und den Engen bei Dover gering genug seien, um beim Tageslicht eines Tages zurückgelegt zu werden. (Portland- Dover ca. l70 Seemeilen, Southhamptom-Tover ca. 115.) Außerdem setze die Nothwendigkeit eines solchen Zuflucht hafens auf halbem Wege nach London voraus, daß England nicht Lenug Kreuzer und Torpedosckiffe für die Vertheidigung des Canals übrig habe, was wohl unzutreffend sein würde, da die englische Flotte gerade an Kreuzern jeder Auslands macht oder Vereinigung von Seemächten überlegen sei- Ai- Schluß wird gefolgert, daß soviel Geld besser in Kriegs kreuzern anzulegen wäre. Der zwischen den Mächten und der Türkei abgeschlossen« PriUtminar-Artedcnsvertrag bat, wie der Konstantinopeler Correspondent der „Frks. Ztg." in der Lage ist zu melden, folgenden Wortlaut: Nachdem die Mächte die Interessen Griechenlands in ibre Hände genommen und die Türkei der Intervention drr Machte zugestimntt hat, sind die hiermit betrauten Botschafter mit den Delegirten drr Pforte über folgende elf Paragraphen überringekommen. Es sinket die Delimitation der Grenz« nach den Tracen der dem Präliminarvertrage beigegebenen Annexen statt. Die Delimitationsarbeiten haben spätestens vierzehn Tage nach der Unterzeichnung der Präliminarien zn beginnen durch Delegirte der Türkei, Griechenlands und der Großmächte, welche letztere im Falle von Uneinigkeit zu vermitteln haben. Griechen land zahlt eine Indemnität von vier Millionen Pfund türkisch an die Türkei. Die Großmächte treffen Maßregeln, daß Rechte der alten Gläubiger nicht durch die Indem- nitätS-Zahlung verletzt werden und stellen zu diesem Zwecke die Verwaltung der Revenuen der neuen und der alten Schuld unter ihre Controle. Die Privilegien und Prärogative, welche Griechenland vor dem Kriege in der Türkei besaß, dleihen intact. Spätestens vierzehn Tage nach der Unterzeichnung der Präliminarien oder früher kommen Special-Delegirtr Griechenlands, auSgestattet mit Vollmachten, nach Konstantinopel, um den definitiven Frieden ab- zuschiießen. Sie werden hierbei die Fragen wegen des Aus tausche« der Gefangenen, einer allgemeinen Amnestie, der freien Schifffahrt und der Schadenersatzzahlung an diejenigen Person««, welch« durch den Krieg an ihrem Eigenthum gelitten haben, regeln. Außerdem werden sic drei Conventiouen abschließen; erstens eine solche zur Regelung derNationalitäten,zweitens eineConvention, durch welche die Beziehungen der griechischen Consuln in der Türkei mit der türkischen Administration festgelegt werden, und dritten« eine Convention für Delikte, die begangen werden auf dem Territorium eines der contrahirenden Theile, nachdem die Delinquenten sich aus da- Gebiet des andern Theiles geflüchtet haben. Unmittelbar nach der Zeichnung der Präliminarien hört der Kriegs zustand zwischen der Türkei und Griechenland auf. Die türkischen Truppen ziehen sich sofort bis zur Salamvria-Linie zurück und besetzen mehrere Plätze von strategischer Wichtigkeit für die Türkei, bis Griechenland die vollständige Zahlung der Indemnität geleistet hat. Unmittel bar nach der Unterzeichnung der Präliminarien beginnen wieder die normalen Beziehungen zwischen beiden Ländern. Die Unterthanen beider Staaten genießen volle Freiheit, ihren Beschäftigungen in beiden Staaten obzuliegen. Unmitteibar nach der Unterzeichnung der Präliminarien werden die Posten, welche die früheren Residenten undConsulnGriechenlandS im türkischen Reiche besetzt hatten, temporären Agenten an vertraut, welche bis zum definitiven Frieden unter der Aussicht derjenigen Mächte arbeiten werden, denen die Interessen Griechen lands während des Krieges oblagen. Die durch den Krieg unterbrach enen Processe werden nach dem alten Modus wieder ausgenommen, neue Proteste dagegen werden abgcurlhcilt nach internationalem Rechte und der zwischen der Türkei und Griechenland abgeschlossenen Convention vom 26, Februar und 6. Mai 1896. Die Türkei behält sich das Recht vor, den Großmächte» die Revision des kaiserlichen FermanS, der auf der zwischen Griechenland und ihr geschlossenen Convention vom 9. Mai 1897 beruht, vorzuscfilagen. Die Vertreter der Gcoßmäa-le bileen in allen Frag u der Un einigkeit, welche bis zum kesinittveu Feieoei'Sschluß zwischen der Türkei und Griechenland auflaucheii könnten, ein Schieds gericht und behalten sich vor, ihre hieraufbezüglichen Rechte entweder persönlich oder durch ihre Stellvertreter auszuüben. Die obenskehenden Präliminarien müssen acht Tage nach ihrer Annahme die Sanction Sr. Majestät des Sultans erhalten. Calice, Nelidow, Cambon, Currie, Saurina, Pansa, Tewfik. Welche Fülle von Zündstoff plötzlich ringsum an den Gestaden des Stillen OceanS aufgehäufr ist, zeigt die einfache Zusammenstellung der Vorgänge der letzten Wochen und Tage: Auf die Annexion Hawaiis haben Japan und England durch schroffe Gegenmaßregeln geantwortet. Zwar hat Japan keine formelle Einsprache gegen die Besitz ergreifung erhoben, aber es verlangt die „Wahrung der den japanischen Staatsangehörigen zustehenden Rechte". Darunter versteht Japan vor Allem „freie Einwande rung", und deshalb sind in einem großen TranSporldampfer, begleitet von einem japanischen Kriegsschiff, gegen 1200 neue japanische Einwanderer in Honolulu eingetroffen, in denen man jedoch auf nordamerikaniscker Seite verkleidete japanische Soldaten vermuthet. ES gilt daher als zweifellos, daß diese „Einwandererfrage" zwischen Japan und den Vereinigten Staaten einen scharfen Streitfall herbeiführen wird. Die Be setzung der Insel Palmira durch englische Truppen wird in Washington als ein unberechtigter Eingriff in amerikanische Rechte angesehen. Die Insel liegt unter dem 6. Breitengrade, also in gleicher Höhe mit dem künftigen Panamacanal und bietet die wichtigste Station zwischen Panama und Ostindien, so daß die Vereinigten Staaten hierdurch den Werth ihrer^Besitz- ergreifung Hawaiis als ausgewogen ansehen. Der Senator Morgan wird daher einen scharfen Protest gegen dies Vor- Feuilleton. „Harmonieen". 10j Roman von A. Fischer-Löher. Alle Rechte »»rt«-«lten. Alle dies« Gedanken zuckten der Gräfin durch den Kopf, während sie stumm dasaß und zuweilen ihren Gatten mit tiefer Traurigkeit anschaute. Ach, «r verlor ja auch den einzigen Bruder, und er war der ältere. Um viele Jahre älter. An daS Sterben sollt« er wie sie selbst bei ihrrn grauen Haaren wohl denken. Wer von ihnen beiden würde drr erste sein? Wenn sie es nur wäre! Ohne ihrrn Lothar wär« es für sie doch kein Leben m«hr. Beinahe ein halbe« Jahrhundert hatten sie zusammen gelebt. Zur goldenen Hochzeit fehlten nur einig« Jahr«. Wied«r ruhte der Blick drr Gräfin auf drm tief in sich versunkenen Gatten. Wie ihr jetzt auf «inmal sein schneeweiße» Haupt- und Barthaar aussirl! So alt waren dir Beiden geworden, daß sie ans Sterben denken mußten. Ob er auch daran dachte? Die hingebendr, opferfreudige Gattrnliebe, eine Liebe, di« immer jung ist, trieb sie, von ihrem eigenen Nachdenken zu lasten, um dem Gatten di» schweren Sorgen tragen zu helfen. Sie erhob sich und stellte sich an de» Grafen Seit«. „Mein lieber, lieber Lothar", kam r« voll Innigkeit über ihr« Lippen, während sie liebkosend über sein weiße« Haar strich. Der Graf fuhr überrascht auf. Er hatte di« Regung«« an drr Gräfin nicht wahrgenommen, war überhaupt in seinen Gedanken weit au« drr Gegenwart ««trückt gewesen, zurück in die Jugendzeit, in jene Zeit, al« der Bruder und er im väterlichen Schlosse unter den Auge« drr Elter« auf wuchsen. „Der große, dicke Hermann hat nie eine« eigen«« Willen, Lothar hat ihn für ihn mit. Was soll au« ihm werden, wenn er seinen Bruder nicht hinter sich hat", hatte der Vater oft gerufen, wenn er seine Knaben beobachtet«. So war es geblieben. Der große, dick, Hermann hatte sich dem kleinere«, älteren Lothar in allen Stücken unter- geordnet, ihn hinter sich gehabt. In den Knabenspielen war Hermann nie zur Aktivität gelang«, in dem Lrben«spi,l ebenso wenig. Er war ein pflichttreuer Mensch und Soldat geworden, hatte eS in seiner Carriöre bi« zum Generalmajor gebracht und war damit am Ende seiner Laufbahn. Sein Privatleben hatte, wie sein Dienstleben den Militair- vorschriften, den Vorschriften de- Bruder» unterstanden. Es war immer ein Verhältniß von Willenlosigkeit des Einen und von durchgreifender Energie de« Anderen, wie eS zu ihrer Knabenzeit gewesen war. „Nun, Luisa?" fragte er und richtete sich au« seinem Sinnen auf, al« die Stimme seiner Gattin ihn zur Gegen wart weckte. „Sieb' mich an, Lothar", bat die Gräfin. „Wenn der Bruder Dir entrissen wird, sollst Du Dich nicht zu sehr um sein« Liebe grämen. Ich nehme sie »u der meinigen, Du sollst durch >ein Hinscheiden nicht« verlieren." Im Nebermaß des Gefühl« nahm sie seinen Weißen Kopf in ihre Arme und drückte ihn an ihre Brust. Der Graf schloß einen Moment die Augen. Diesen Beweis trostreicher Liebe, den ihm angesichts eine« bevor stehenden Schmerze« seine Gattin, die trrue Gefährtin seine« langen Lebens, gab, empfand er als einen köstlichen Moment der Ruhe zwischen den auf ihn einstürmenden Gedanken. Er überließ sich einige Augenblicke diesen Gefühlen. Dann zog er die Hand seiner Frau an seine Lippen. „Ich bin ein beneideuSwerther Mann. Luisa", sagt« er tief bewegt. „Wer ein Herr wie da« Deinige s«in eigen nenn», kann getrost allem Kommeoden rntgegensehen. Er weiß für sich einen köstlichen Schatz." Sie beugte sich herab und dervyrk« seine Stirn mit ihr«n Lippen. „Wenn Du zur Nacht zurückkehrst, werde ich Dich be gleiten." „Ich will mit dem Abendzuge hin und werd« di« Nacht dort bleiben", erklärte er und fügte hinzu: „Ich bitte Dich jedoch, nicht mitzukommen. Es giebt unnöthigr Aufregung. ES sind zwei Diakonissinnen um Hermann, und sein Diener ist auch in der Pflege sehr brauchbar. E« giebt für Dich nicht« zu thua oder einzurichten heute. In einem Kranken zimmer ist jeder Unbeschäftigte überflüssig. Ich schlage Dir vor, morgen vormittag d nzukommrn; vielleicht ist für Renate« Heimkunft noch Manche« anzuordnen." Er holte tief Atbem. „Da« Mädchen hat »ine traurig« Heimkehr." „Si« kommt zu un«, wenn sie den Vater vrrliert", berilte sich die Gräfin au«zurufen. „Hm", nickt« drr Graf. Gewiß war es selbstverständlich, daß seine Nichte nach Eberstein kam, wenn sie das Vaterbaus verlor. Doch konnte er sich eine- leisen Gefühls von Mißbehagen nicht erwehren, wenn er an die Reibereien dachte, die immer zwischen ihm und seiner Nichte bestanden batten. Auch deS Fürsten wegen war die Aussicht nicht erfreulich. „Ich habe nicht an Titus dcpeschirt, wie eS mit meinem Bruder steht", hob er nack kurzer Pause an. „Es wäre mir lieb, Du schriebest heute Abend an ihn und theiltest ihm da« Nähere mit. Er wird sich selbst sagen, daß er rurückkehren muß, um mir beim Ableben de« Bruders zur Seite zu stehen " „Freilich, freilich", bestätigte die Gräfin. „Titus wird nicht zögern, zu kommen, sowie er benachrichtigt ist. Er ist die Rücksicht selbst, und er hat Dich lieb wie ein wirklicher Sohn." Wahrend sie daS sagte, drängte sich ihnen Beiden der Gedanke auf, daß der Fürst ihnen so nahe hätte stehen können und daß die« jetzt einen großen Trost in sich schließen würde. Der Graf schüttelte «S so schnell ab, wie e« gekommen. „ES bleibt also dabei. Ich fahre allein in die Stadt." Er stand auf. „Ich werd« mich noch hinlegen, bi« e« Zeit zur Bahn ist." „Hast Du dinirt?" „Ja, schicke mir aber ein« Taff« Tbee in mein Zimmer." Nun ging er, doch die Gräfin begleitet« ihn. Sie breitete sorgsam eine Deck« über ihn, als er sich auf seine Chaise longue hinstreckte, und stieg dann selbst in die Klicke hinunter, einiges Gebäck zum The« auszusucken. Als sie zurückkam, sah sie einen Moment wrhmütbig auf den Bries der Nicht«, drr noch auf dem Kaminflm« lag Daun schrieb sie an drn Fürsten. Elfte« Eapitel. Die Krankheit des General« Eberstein hatte sich bi« in die Maientage hingeschleppt. An »mein warme», bjühenden, duftenden Frübling-tage senkte man den schweren Mrtallsarg mit dem Leichnam des General« in die Gruft der Eberstein. Tief in schwarzen Krepp gehüllt, stand die Eomtrfse Renat« am Arm ,hrcS OakelS an drr Babr« und ichaute mit v«rw«inten Augen all den trourigen Erremonirn zu, die trotz ihres Prunke-, den der Name und der militairiscde Stand de« Verstorbenen erheischten, so frostig und düster in den Hellen Tag und daS warme Leben hineinstarrten wie die Sonne aus dreckendem Herbstgewölk. Renate sah blaß aus. Die vielen Nachtwachen nnd das wochenlange Bangen und Sorgen um den Vater batten ibr die frischen Farben geraubt. Auch um ihre lichten Augen lagen tief« Schatten und contrastirten mit dem bellen Schimmer derselben in eigenthümlichem Spiel. „Ihr steht die Trauer ausgezeichnet zu Gesicht", bieß e-Z unter der weiblichen Trauerschaar, und die Herren fanden Renate entzückend schön. Sie selbst war weit davon entfernt, den Eindruck zu be achten, den ihre Person machte. Der Schmerz um den Verlust deS Vaters füllte sie ganz aus. Das Krankenlager hatte die natürliche Liebe zwischen ihr und dem Vater vertieft. Hilfe gebend und Hilfe nehmend, waren sie einander näher getreten, und damit war das natürlich« Verhältniß zwischen Vater und Tochter, wenn auck spät, «ingetreten. Darum empfand Renate nun auch eine unendliche Leere und Verlassenheit um sich, seitdem ihr Vater den letzten Atbemzug gethan hatte. Nack der Rückkehr von der Gruft nahm si« das weibliche Recht auf Schonung für sich in Anspruch und zog sich in rin Zimmer im Schloß Eberstein zurück. Obgleich der warme Tag durch das geöffnete Fenster mit weicher, schmeichelnder Luft zu Renate hereindrang, bullte sie sich fröstelnd in ein Tuch. Mischt« sich nicht in die Maien luft der starkduftende Geruch abgepflücktcr, welkender, zer tretener Blumen, der durchdringende Geruch von BuchSbaum und Cyprestrn? Der Hauch offener Grüfte! E- war ihr, als hab« man ihr selbst die ersten Todten- blumen gestreut. Si« hatte ja »un kein Vaterbaus mehr, in da« sie von Gotte» und Recht« wegen hineingehörte. Wie bohlciugia der Gedanke sie anfchaute, »irgend« mebr dabeim zu sein. Wie mußt« erst Denen zu Muthe sein, an die sich zu gleicher Zeit Sorge und Noth heranschlichen.? Gott sei Dank! DaS war ihr erspart. Sie war reich und konnte ihr Leben frei nach eigenem Wunsche gestalten. Sie überlegte, was da« heiße, und kam dahinter, daß e« nicht viel bedeute. Sitte und Geschlecht schränkten sie nach allen Seiten ein. Schon über ihren künftigen Wohnsitz war di« Wahl oulgeschlosten. Sie hing vom Entschluß drr Familie ab, ohne die sie nickt« war. Sie batte keine Tbätig- kett, kein Amt, also auch keine erworbene Stellung i,n wirth- schaftlichen Getriebe. Sie hatte weiter nicht« al« dir Dasein«-
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