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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 21.10.1897
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1897-10-21
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18971021020
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1897102102
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1897102102
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1897
- Monat1897-10
- Tag1897-10-21
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84V 2" 152,— 148.25 »22,75 >05,50 «0,7 b 127,20 SS^ S3>, 21», V5->^ 28'„ i2S8O 148,- 88,15 58,80 >18,65 7,SV 8,52-!- 58,80 1,27'!« 12,SV !83,— 421 S>., »e. — w'a IS. SS,— 2«,— 3187 21,70 Dezugs-PreiS Gl h« Hauptexpeditivn oder den <m Etadt- bezirk und den Bororten errichteten AuS- aabestellen abgeholt: vierteljährlich ^14.50, vei zweimaliger täglicher Zustellung in- HauS S.LO. Durch die Post bezogen für Deutschland und Oesterreich: vierteljährlich 6.—. Direcie tägliche Kreuzbandiendung in« Ausland: monatlich 7.öO. Die Morgen-NvSgabe erscheint um '/«? llbr. die Abend-Ausgabe Wochentags um ö Uhr. VeLaction und Lrveditiou: IohanneSgasse 8. Die Expedition ist Wochentag» nnunterbroche» geöffnet von früh 8 bi» Abend- 7 Uhr. Filialen: ktt» Klemm'» Sortim. (Alfred Hahn), UniverfitütSstraßr 3 lPaulinum), LoniS Lösche, Katharinenstr. 14, pari, und Künigsplad 7. Abend-Ausgabe. KiWM TaMM Anzeiger. Aittlsvlatt des Lötttglichen Land- nnd Amtsgerichtes Leipzig, des Rathes nnd Noüzei-Amtes der Ltadt Leipzig. Anzeigen-PreiS die 6 gespaltene Petitzeile 20 Pfg. Reclamen unter dem Redactionsstrich (4g» spalten) bO/H, vor den Familiennachrichtui (6 gespalten) 40^. Größere Schriften laut unserem Preis- verzeichniß. Tabellarischer und Zissernjatz nach höherem Tarif. Extra-Beilagen (gesalzt), nur mit de» Morgen-Ausgabe, ohne Postbeförderuni- 60.—, nut Posrbeförderung 70.—. Ännuhmeschluß für Än;eigen: Abend-Ausgabe: Vormittags 10 Uhr. Aiorg» n-Ausgabe: Nachmittags 4 Uhr. Vei den Filialen und Annahmestellen je ein» halbe Stunde früher. Anzeigen sind stets an die Expedition zu richten. —— Druck and Verlag von E. Polz in Leipzig Donnerstag den 21. October 1897. 91. Jahrgang. !ri«k »525 Feuilleton l 15,SL 18,20 02 60 30.30 60 SO 28,25 32.80 08,50 87,«0 41, klick» Urner rückt. Ver- »VLLl. 700 ooo 875 280 SS0 280 150 520 ooo 825 «50 ooo 225 800 150 ncü »7.50 >8.50 »8 25 rs.vo »3.25 15.40 »2.50 >3.60 »».so »SSO >7.10 7,S0 reuä. later 1520. »300 >020 >800-, »650 >700 >S50 1375 >250 720 «v, «a»> S,w. 1/1«, 4« 08.80 V8 50 03.20 002b 8280 57.50 77,75 85,80 87,30 yl.r pker k»v. pker >rUu 54,75 51,85 03,75 00,51 24.50 07,25 33.50 74.50 42.25 75.50 80.27 17.75 31.80 82.— 44.50 36.75 57.— 03,75 11,— 15.50 54.80 38.80 42.25 XI,60 41.75 »7,75 500 OOO soo 075 3S0 OOO 300 «SO Politische Tagesschau. * Leipzig, 21. October. Mit Recht verspottet die „Nationalzeitung" die Ultra montanen und sonstigen Particularijten, für die Fürst BiSmarck, nachdem die „Hamb. Nachr." Bayern ein Reservatrecht in Sacken des obersten Militair- gerichtshoseS zuerkannt haben, auf einmal eine Autorität geworden ist. Das genannte Blatt hegt Zweifel, ob die zuletzt bekundete Rechtsauffassung de» Hamburger Blattes überhaupt die des Fürsten Bismarck sei. Wir theilen diesen Zweifel nicht; da er aber einmal rege geworden, erscheint es als eine Ehrenpflicht der „Hamb. Nachr.", für den Fall, daß die rasche Aenderung ihres Unheils nicht auf den Fürsten Bismarck zurückruführeu sein sollte, dies rund heraus zu sagen. Die Unterlassung wäre eine Irreführung. Die „National zeitung" giebt dem Gedanken Ausdruck, eine pure Rechts anschauung des Altreichskanzlers, die sich nicht auf That- fachen stütze, die der Öffentlichkeit unbekannt seien, könne einen Wechsel der Stellung zur Reservatsfrage für sich allein noch nicht rechtfertigen. Das ist selbstverständlich, aber eS erscheint ausgeschlossen, daß die Ansicht des Hamburger Blattes, wenn sie — woran wir, wie gesagt, glauben — die des Fürsten Bismarck ist, sich lediglich auf das Material stützt, das z. B. der bayerische Staatsrechtslehre:: v. Seydel seinem mit dem der „Hamb. Nachr". übereinstimmenden Urtheile zu Grunde legt. Der Wunsch nach Bekanntgabe etwaiger, bisher der vssentlichen Kenntniß entgangener Anhaltspuncte für die Beurtheiümg der Ansprüche der bayerischen obersten Heeresleitung — Regierung darf man Wohl nicht sagen — muß wiederholt werden. Die Nation hat ein Recht darauf, ihre Berfassung auf das Genaueste zu kennen, auch ohne daß dem einen oder dem andern Puncte „actuelle" Bedeutung zukäme. Es ist ein recht unheimlicher Gedanke, daß im November 1870 in Versailles mehr stipstlirl oder auch mehr offen gelassen worden sein könnte, als aus dem Neichsversassungs- rechc gewordenen Vertrage hervorgebt. Ein um so unheim licherer Gedanke, als eine hochwichtige Frage der Reichs verfassung, die der Regentschaft, au die man bei der Verwundung des Kaisers auf seiner letzten Nordlands reise erinnert wurde, nun einmal — so wenig dies uns per sönlich auch einznlcuchten vermag — controverö ist. Es scheint auS der Entstehungsgeschichte der norddeutschen Bundes verfassung wie aus deren Geiste mit unzweifelhafter Klarheit hervorzugehen, daß ein Regent von Preußen zugleich Neichsver- weser sei; auch die meisten Slaatsrechtslehrer sind dieser Ansicht. Doch hat auch die entgegengesetzte ihre Vertreter unter den Publi- cisten gehabt, und von einer Autorität wie Ludwig von Rönne ist die Frage für mindestens höchst zweifelhaft erklärt worden. Auch er bezeichnet cö als selbstverständlich, daß ein wegen Minderjährigkeit oder aus einem andern Grunde am Regieren verhinderter König von Preußen immer auch deutscher Kaiser bleibe; aber damit, so meint er, sei keines wegs gesagt, daß er nicht in den zwei verschiedenen Ver hältnissen durch zwei verschiedene Personen ver treten werden könne. Man kann sich des Eindrucks richt erwehren, als ob der schon vor einem Viertel jahrhundert geäußerte Wunsch Rönne'S nach rechtzeitiger gesetzlicher Regelung der Frage durch das Auflauchen der Möglichkeit, daß in Versailles bisher Unbekanntes zugesichcrt worden sei, an Dringlichkeit gewonnen habe. Ter Staats rechtslehre:: verweist darauf, Laß in Preußen der Fall der Notlnvendigkeit einer Regentschaft bereits dagewesen sei, und empfiehlt die rechtzeitige gesetzliche Regelung ans dem Grunde, „weil eigenthümliche Schwierigkeiten und Verwickelungen ein treten würden, wenn diese Regelung erst herbeigeführt werden müßte, nachdem der Fall der Regentschaft schon eingetreten ist, wo cs zu erheblichem Zweifel führen muß, wenn bei der gesetz lichen Feststellung des Gegenstandes die Führung und Jn- Götzendienst. L9j Roman in zwei Theilen von Woldemar Urban. Nachdruck verboten. Die hierauf folgende Hoftafel verlief ohne weiteren Zwischenfall. Fräulein Felicia saß zwischen ihrem Vater und dem Grafen Victor. Letzterer war merkwürdig zer streut und Felicia hatte sich darüber eigentlich nicht zu be klagen. Wenn man von der Ansicht ausgeht, daß sie bei dieser Gelegenheit unbedingt neben dem Grafen Victor sitzen mußte, so war es ihr gerade recht, wenn sie dieser so unbehelligt wie möglich ließ, dagegen waren es andere Um stände, die ihr ganzes Erstaunen hervorriefen. Solch eine Hoftafel war doch nach ihrer Ansicht eine merkwürdige Ein richtung. Kaum legte sie einmal das Messer aus der Hand, so war sofort der hinter ihr stehende Diener zur Hand und räumte mit einer bedauerlichen Geschwindigkeit Alles fort, um einen frischen, aber leeren Teller zu bringen und da sie in dieser Hinsicht nicht praktisch war und aus Gewohnheit manchmal beim Esten eine Pause machte, so kam es, daß sie trotz der langen Reihe von Gerichten nicht satt wurde, wenn sie sich nicht etwa von der Ehre gesättigt fühlte, an der Tafel theilzunehmen. Sie hatte Hunger und klagte das leise ihrem Vater. Herr de Melida lachte und sagte: „Vorsichtige Leute essen sich bei solchen Gelegenheiten vorher satt." Dann stand Serenissimus auf. Natürlich mußten alle Ucbrigen sofort seinem Beispiele folgen und der armen Fe licia blieb nichts übrig, als noch einen sehnsüchtigen Blick auf die hübschen Torten, auf das Eis und die Früchte zu werfen, die da noch überall herumstanden. Gleichwohl war die Stimmung in der Gesellschaft jetzt struirung der preußischen Stimmen im Bundesrathe und die Verkündigung deS betreffenden Neichsgesetzes zustehen würde". Nun herrscht, wie erwähnt, die nach unsererAnsicht allein zulässige Auffassung vor, daß eine gesetzliche Regelung überhaupt über flüssig, weil in Artikel 11 der Rcichöverfassung schon erfolgt sei. Wie aber, wenn im Falle des Eintrittes der Noth- wendigkeit einer Regentschaft die Richtigkeit dieser Rechts auffassung nicht von allen Negierungen anerkannt würde, und wenn etwa gar eine Regierung sich darauf berufen könnte, die Frage der nothwendigen Identität von Regent in Preußen und Reichsverweser sei bei den Versailler Ver handlungen ausdrücklich und geflissentlich unbejaht geblieben? ES würden dann vielleicht noch ernstere Verwickelungen ein treten, als v. Rönne voraussieht. Die „Braunschweig. LandeSzeitg", die nicht erst beute, sondern seit Jahren eine zweideutige Rolle in der Frage der definitiven Besetzung VcS braunschweigischen Thrones spielt, tritt abermals mit dem Versuch einer Recht fertigung deS bekannten Dankschreibens des Herzogs von Cumberland und der welfischen Umtriebe hervor. Sie verdient, in weiteren Kreisen bekannt zu werden. Wir geben deshalb die als Berliner Cor- respondenz datirten Ausführungen nachstehend wieder und wollen im Voraus nur bemerken, daß es unvorsichtig von welfischen Publicisten ist, die Wahrung des deutschen Ver- fassnnzSrecktes in der nationalen Presse als Streberthum und Opportunitatspatriotismus dem selbstlosen Welfentbum gegen überzustellen. Die Seele der Braunschweiger Welfenagitalion hat nämlich bis vor wenigen Jahren von streng nationaler Auf fassung durchwehte Artikel an nationalliberale Blätter ver trieben. Hier die Auslassung in der „Brannschw. Landesztg.: ,,Jn medreren Blättern ist von der DankeSkimdgebung die Rede, welche der Herzog von Cuniberland dem Rittmeister a. D. v. Reden, aus Anlaß eines Glückwunsches, übermittelt bat; und hier und da wird, unter dem Ausdruck der Zustimmung, die bereits in diesen: Blatt erwähnte Auslassung abgedruckt, die, aus nationalliberaler Quelle stammend, jenes Dankschreiben des Herzogs von Cumberland als eine höchst politische, sich angeblich gegen den Bestand Preußens und des Reiches richtende Demonstration auszubauschen sucht. Sehr richtig ist in der „Br. Landesztg." bereits bemerkt worden, daß hier mit unglaublicher Kühnheit aus einem Mücklein ein Elephant gemacht worden ist. Und sie hatten vollkommen Recht, wenn sie weiter andeuteten, daß der Vorstoß des nationalen Blattes die hiesigen maßgebenden Kreise völlig kühl lassen würde. Jene Gesinnung treuer Anhänglichkeit, für die der Sohn Georg's V. dem Herrn v. Reden dankt, ist eine Eigenschaft, die kein vornehmer Mann, am wenigsten Se. Majestät der regierende Kaiser, den Anhängern des ehemals hannoverschen Königshauses verargen wird. Im Gegentheil: jene von Geschlecht zu Ge. schlecht sich forterbende Liebe, die, über das Grab König Georg's V. hinaus, auf sein Haus uud seine Nachkommen übertragen ist und die noch heute viele Angehörige deS braunschweigisch-hannover schen Adels erfüllt, ohne daß diese Persönlichkeiten damit einen Nutzen erstrebten oder ein Ziel erhofften, jene niemals den deutschen Großmachtsgedanken hintansetzende Ergebenheit, die heute dem Herzoge von Cumberland gilt, ist eine so platonische und selbstlose Empfindung, daß sie gewissen „Strebern" und Lpportunitätspatrioten als schönes Beispiel vorgehalten werden tonnte. Und wir glauben, daß man diese Tugend gerade an aller höchster Stelle in Berlin zu würdigen und zu schätzen weiß und ihre Bethätignng keineswegs als „Reichs- und Landesverrath" aufzusassen geneigt ist. Nur dem Ausdruck solcher Gesinnung aber gilt das jetzt angefochtene Schreiben des Herzogs von Cumberland. Er bittet Gott, das Baud, das Len Herzog an getreue Freunde knüpft, „auch ferner stärken" zu wollen. Diese Wendung ist doch wahrlich nichts als der Ausdruck einer warmen Sympathie. In sie die Deutung zu legen, daß der Sohn Georg's V. dringend die Fortsetzung der deunch- feindlichen welfischen Umtriebe wünscht, ein solches Unterfangen muß entweder eine sehr übertriebene Angstmeierei oder ein bewußtes Uebel wollen genannt werden. So viel wir wissen, ist hier der Herzog von Cumberland als durchaus deutsch denken der Für st bekannt, und wer deutsch suhlt, der weiß, daß der dermalige Bestand des Reiches bleiben muß, wie er ist. Wie die Pläne wieder eine lustige und animirte. Man stand noch einige Minuten in zufälligen Gruppen zusammen, bis annoncirt wurde, daß das Feuerwerk im Schloßgarten bereit sei, worauf sich Alle dahin begaben, um das Ende der Festlich keit mit anzusehen. Im Schloßgarten waren an einzelnen, hervorragenden Puncten große Pechfanale aufgestellt, welche mit ihrer dunkelroth flammenden Gluth und dicken Rauchwolken wohl recht malerisch aussahen, aber doch nur eine höchst mangel hafte, unruhig hin und her flackernde Beleuchtung gaben. Man hatte diese Dunkelheit wohl beliebt, um die Effecte des Feuerwerks nicht zu beeinträchtigen. Was wäre denn auch zu fürchten gewesen, mitten in der Hofgesellschaft und wenn es ganz dunkel gewesen? Das Publicum, das draußen vor dem Schloßgarten in ungezählten Tausenden stand, war sorgfältig abgesperrt worden. Die Herrschaften waren sehr vergnügt und klatschten bei jeder Rakete, die wuchtig und geräuschvoll in die Luft prasselte, in die Hände. Allerhand hübsche Farben- und Knalleffecte kamen zum Vorschein Palmenwedel aus glühenden Funken zeigten sich plötzlich weithin leuchtend am dunklen Nachthimmel, blau, roth und grün, funkelnde Kugeln sprühten in der Luft auf und lösten sich schließlich in ein endloses Geknatter. Felicia ging mit Salvatore in dem Schwarm hinein. Ihr Vater war zum Gefolge Serenissimi befohlen worden und stand momentan vielleicht vier oder fünf Schritte von ihm entfernt in der Nähe des Pavillons, von wo aus Frau Cour celles das Feuerwerk angesehen haben würde, wenn sie nicht erkrankt wäre. Da — wieder ein Knall, stärker und concentrirter als die übrigen, aber in dem fortwährenden Geknall und Ge knatter achtete Niemand darauf. Erst als Herrn de Me lida der Hut vom Kopfe fiel und, er langsam in die Knie sinkend, zu Boden stürzte, erfaßte eine allgemeine Be stürzung die Gesellschaft. maßgebender Stellen, das braunschweigische Provisorium endlich in den durch Recht und Gerechtigkeit gebotenen Zustand des Depni. tivums nmzuwandeln, beschossen sind, darüber läßt fick zur Zeit kaum Bestimmtes sagen. Aber daß Niemand daran denken kann, das Schreiben des Herzogs von Cumberland als Anstoß zur Regelung dieser Frage aufzufassen, das haben Sie schon sehr richtig hervor gehoben. DaS glauben wir zu wissen: daß die engeren Interessen des Herzogthuins nach Recht und Tradition, wann man auch immer zur Erledigung der Thronfolge Braun schweigs schreitet, sorgfältig werden gewahrt weroen. Und vielleicht darf man gerade aus dem Umstande, Laß diese Angelegenheit von Jahr zu Jahr verzögert wird, den Schluß ziehen, daß man das braunschweigische Provisonum in einer Weise beendigen möchte, die durchaus den: Wunsche des Landes entspräche. Verdächtigungen indessen, wie sie in dein oben erwähnten nationallibcralen Artikel gegen den Herzog von Cumberland enthalten sind, könnten im Stande sein, die hiesigen Kreise zum wenigsten stutzig zu machen, ganz abgesehen davon, daß es nicht gerade wohlgethan ist, die ohnedies reichlich vorhandenen Conflictstoffe durch einen neuen zu vermehren. Derartige Insinuationen verdienen deshalb auch von hier aus unzweideutig zurückgewiesen zu werden." , , Die Drohung mit einem Conflict ist daS Einzige, worin die wahre Gesinnung des Verfassers mit Absicht angedeutet wird; schlecht verhehlt ist sie freilich auch in allem Uebrigen. Es ist wokl als Schmeichelei gedacht, wenn es so hin gestellt wird, als ob der Kaiser als vornehmer Mann, der die Treue z» schätzen wisse und von „Angstmeierei" frei sei, dem welsiscken Treiben mit kühlem Gleich- muthe zusehe. In Wahrheit kann einem Monarchen keine schwerere Beleidigung zugefügt werden, als mit der Behauptung, er stelle Cavalierrücksichten über seine Regentenpflicht. Um diese Kränkungen nicht zu deutlich als solche hervortreten zu lassen, schien eS nöthig, die welfische Agitation als unpolitische Gefühlssache erscheinen zu lassen. Das bat der Verfasser auch versucht, indem er von „niemals den deutschen Großmachtsgedanken hintansetzender" „platonischer" Ergebenheit gegen den Herzog von Cumberland sprach. Nur Schabe, daß erst kürzlich der Parteitag der „Rechtspartei" in Frankfurt a. M. stattgefunden hat, auf dem die Rechts grundlagen Preußens und des deutschen Reiches aus das Frechste geleugnet worden sind, ohne daß selbst die Welfen, die in Frankfurt a. M. anwesend waren, ein Wort der Verwahrung gefunden hätten. Ihre Presse zeugt täglich gegen die Staats- und Kaisertreue der Welfen. Daß der Herzog von Cumberland in Berlin als ein den dermaligen Bestand des Reiches aufrichtig achtender Fürst bekannt sei, wagt der Artikelschreiber der „Br. Landesztg." selbst nicht bestimmt zu behaupten. Der Herzog konnte bisher nicht dafür gelten, weil er die Aner kennung des öffentlichen Nechtszustandes Deutschlands beharrlich vermied. Sein Schreiben an Herrn v. Reden reiht dieser Unterlassung eine positive Handlung an, die eine zu vernehmliche Sprache spricht, als daß Diejenigen, die die braun schweigische Angelegenheit vom deutschen Standpuncte betrachten, sie überhören könnten. Die Ernennung deS bisherigen deutschen Botschafters in Konstantinopel, Freiherr« v. Sau rma -Jellsch, zum Nachfolger des Herrn v. Bülow beim Quirinal ist als vollendete Thatsache anzusehen, nachdem König Humbert die entsprechend dem internationalen Brauch von ihm erbetene Zustimmung zu der Ernennung ausgesprochen bat. Damit dürfte nun auch der Zeitpunkt gekommen sein für die Beendigung des seit Jun: d. Js. bestehenden Provisoriums im Berliner Auswärtigen Amt, und es ist anzunehmen, daß die Ernennung des Botschafters v. Bülow, der dieser Tage in Monza sein Abberusungsschreiben über reicht, zum Slaatösecretair des Auswärtigen Amts demnächst erfolgt. Die Voraussetzung hierfür ist hinwiederum der end- giltige Rücktritt des Frhrn. v. Marschall und die Ent scheidung über seine fernere amtliche Zukunft. Diese dürste „Was war das?" fragte Serenissimus hastig und zornig. „Ein Schuß. Das war ein Schuß!" ertönte es laut. „Ein Attentat, ein Attentat!" schrie Herr von Zossen. „Ich glaube mir, königliche Hoheit", hauchte Herr de Melida halb ohnmächtig. „In meinem Garten?" fragte Serenissimus wieder. Er war empört und aufs höchste erregt. „Sind Sie verwundet?" fragte ein zufällig anwesender Arzt. „Woher kam der Schuß? Schließt die Zugänge. Holt die Schutzmannschaft. Der ganze Garten soll umstellt und durchsucht werden. Niemand darf heraus oder herein." Das war unter den noch soeben so lustigen, animirten Gästen eine furchtbare Aufregung. Im dichten Kreis die Hälse lang vorgestreckt, drängte man sich um Herrn de Me lida, der bleich und unfähig sich zu bewegen in den Armen zweier Herren lag, die ihn beim Fallen gestützt und wieder erhoben hatten. „Woher kam der Schuß?" fragte Serenissimus noch mals. „Von dort her, von da her", tönte es hie und da und endlich sagte eine Dame: „Der Schuß kam aus dem Pavillon." „O, mein Gott!" schrie eine Andere auf. Das war die Baronin Lüders. Man drehte sich nach ihr um. Sie war ebenfalls bleich wie eine Leiche geworden und war einer Ohnmacht nahe. Dann fiel sie vor Sere nissimus auf die Knie und jammerte: „Gnade! Gnade!" „Was ist? Wo ist der Polizeidirector? Durchsucht den Pavillon." In dieser allgemeinen Kopflosigkeit und Verwirrung ging es noch eine halbe oder ganze Minute fort. Man schrie sich gegenseitig an, lief hin und her, ohne eigentlich zu wissen, weshalb. Plötzlich zeigten sich überall die in den Pech fanalen sich spiegelnden Helmspitzen der Schutzleute. jetzt gefallen sein. Wie wenigstens die Konstantinopeler Blätter melden, ist es Thatsache, daß Frhr. v. Marschall zum Bot schafter am Goldenen Horn ausersehen ist und der Sultan bereits seine Zustimmung zu dieser Ernennung gegeben bat. Hierzu erfährt die „Frkf. Zlg." aus Konstantinopel, 19. Oktober: daß der Sultan, nachdem ihm am Montag das „^Lröemevt" (Einwilligung) zur Ernennung des Freiherrn Marschall zum Bot schafter in Konstantinopel vorgelegt worden war, noch in der Nacht den Minister des Aeußern, Tewsik Pascha, nach dem Mdiz- Kiosk bescheiden ließ und ihn beauftragte, folgende kaiserliche Worte dem Berliner Cabinet zu übermitteln: „Ter Sultan beeilt sich mit großer Freude, den Vorschlag der Ernennung des Freiherrn v. Marschall anzunehmen. Er erblickt hierin einen be sonderen Beweis des Wohlwollens und der Freundschaft Kaiser Wilhelm'S, der an seinem Hos eine Persönlichkeit von der hohen Bedeutung des Freiherrn v. Marschall zu entsenden beabsichtigt, der durch so viele Jahre als Leiter der auswärtigen Politik des deutschen Reiches in glücklicher Weise am Ausbaue der der Türkei höchst werthvollen und wahrhaft aufrichtigen Beziehungen Deutsch lands den lebhaftesten Antheil nahm. Ter neue Botschafter könne des herzlichstem Empfanges von Seiten Sr. Majestät dem Sultan versichert sein." Auch in Deutschland begrüßt man es mit Genuglhuung, daß ein Mann von der Begabung und Erfahrung des Frhrn. von Marschall dem Reiche auch fernerhin, und zwar auf einem der wichtigsten Botschasterposten, sich widmen wird. Das warme Dankschreiben des Sultans beweist von Neuem, daß die Beziehungen der Pforte zu Deutschland noch dieselben ausgezeichneten wie während Les ganzen Verlaufes des griechisch-türkischen ConflicteS sind. DaS serbische Ministerium Simit sch hat (wie ge meldet) demissionirt. Nach einem Berichte der „Times" ist die Veranlassung dazu König Milan, der den: Ministerium Simitsch nicht wohlwollte, einmal, weil es zu sehr zu den Radicalen hinüberneigte, und zweitens, weil eS angeblich die Pläne der Anhänger der Exkönigin Natalie förderte. Der Einfluß König Milan's ist also trotz seiner Thronentsagung noch ein sehr großer. Merkwürdig ist, daß die „Times" diesem Einflüsse sehr eifrig das Wort reden. Sie behaupten, König Milan habe einen klareren Blick für die innere und äußere politische Lage Serbiens, als irgend ein Mann sonst im Königreiche, und cs sei daher nur billig, daß König Alexander seinem weisen Rathe folge. Bedenkt man, daß König Milan Serbien mehr als einmal an den Rand des Abgrundes gebracht hat, z. B. in dem unsinnigen Kriege gegen Bulgarien im Herbst 1885, so wird man zu geben, daß die „Times" denn doch eine etwas optimistische Ausfassung vertreten. Wir glauben eher, daß daS Eingreifen des Exkönigs in die serbische Politik neue Verwirrung schaffen und daß sie jedenfalls dem armen Lande theuer zu stehen kommen wird, renn König Milan, der sich bekanntlich immer in Geld- noth befindet, ist gewohnt, sich seine Dienste bezahlen zu lassen, auch die schlechten. DaS Argument, mit den: er auf seinen Sohn wirkt, besteht darin, daß er die Radicalen beschuldigt, sie seien Gegner des königlichen Hauses und hätten im Grunde unr ein Ziel: die Vereinigung Serbiens, Montenegros und aller übrigen Serben unter dem Scepter deS montenegrinischen Fürstenhauses. Aber solche Stimmungen finden sich doch nur vereinzelt bei den Radicalen, und es wäre klüger, dies- fast das ganze Volk umspannende Partei an daS HauS der Obrenowitsch zu fesseln, als sie sich immer mehr durch Feind seligkeiten und Verfolgungen zu entfremden. Milan will die Liberalen wieder ans Ruder bringen. Ta sie aber nur einen kleinen Bruchtheil des Volkes ausinachcn, so können sie ihre Macht nur durch Bestechung und Gewalt bei den Wahlen aufrcchthalten, und das sind die schönen Aussichten, denen Serbien unter ihrem Regiment wieder entgegensieht. Mit einer unglaublichen Geschwindigkeit sah man sie durch das Gebüsch huschen und ein Gefühl der Sicherheit und der Hilfe kam über die erschreckte Gesellschaft. Der Pavillon wurde durchsucht. Er war leer, bei näherer Be sichtigung fand man aber einen sechsläufigen Revolver auf dem Boden liegen, aus dem ein Lauf abgeschossen war, während die anderen fünf noch geladen waren. Der Schlüssel zum Pavillon stak von innen im Schloß. Der Hut des Herrn de Melida war durchlöchert, die Haare versengt und die Kopfhaut leicht aufgerissen, sonst zeigte sich keine Verletzung an ihm. Die Kugel war in einen Baumstamm gedrungen und wurde sofort herausgesägt. Aus der Direction, die das Projectil vom Hute des Herrn de Melida bis zum Baume genommen, ergab sich mit Evidenz, daß der Schuß im Pavillon abgefeuert worden war. Herr de Melida erholte sich rasch. Es schien, als wenn er diesmal mit dem Schreck davon gekommen wäre. Freilich wenn die Kugel nur einen Zoll tiefer getroffen hätte, so wäre er sofort eine Leiche gewesen. Die alte Lüders wurde ge hörig ins Gebet genommen. Sic bekannte, daß sie sich den Schlüssel des Pavillons vom Gärtner habe geben lassen, um der Frau de Courcelles zu ermöglichen, von dort aus das Feuerwerk anzusehen. „Herr de Melida", fragte der Polizeidirector mit durch dringender scharfer Stimme, „haben Sie einen Verdacht, wer diesen Schuß abgegeben haben könnte?" Herr de Melida sah auf. Da bemerkte er gerade sich gegenüber hinter der alten Lüders daS bleiche Geistergesicht der Gräfin Margarethe. Aber die Augen brannten und funkelten in dem weißen entsetzten Gesicht, als ob der Schreck sie entflammt, als ob sie irgend etwas Ungeheuerliches ge sehen. Und diese Augen waren mit einem unaussprech lichen Ausdruck gerade auf ihn gerichtet, wie verzweifelt und in Todesangst, als ob sie vor dem ewigen Richter gestanden und sein „Himmel oder Hölle" erwartet hätte.
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