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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 17.11.1897
- Erscheinungsdatum
- 1897-11-17
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-189711172
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18971117
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18971117
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1897
- Monat1897-11
- Tag1897-11-17
- Monat1897-11
- Jahr1897
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 17.11.1897
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Li« Morgea-Au-gabr erscheint um '/,7 Uhr, tt« Lbrnd-Au-gabr Wochentags um b Uhr. Re-action und Erveditto«: JohanneSgaffe 8. Di«Expedition ist Wochentag- ununterbrochen geöffnet von früh 8 bi» Abend» 7 Uh4 Filialen: Ltln Slemm's Sortim. (Alfred Hahn), Universität-srrab« 3 (Panlinum), Loni» Lösche, Aatbarinenstr. 14, pari, und KüuigSplatz 7. VezugS-PreiS Hi der Hnnptexpebttion oder den im Stadt« beeirk und den Vororten errichteten Ao»- oabeslellrn abgrholt: vierteljührlich^14L0, b«i zweimaliger täglicher Zustellung in» Hav« ÜHO. Durch die Post bezogen für Leulschland und Oesterreich: vierteliährlich 6.—. Directe tägliche Kreuzbandiendung tn» Ausland: monatlich 7.bO. 587. KiWgcr TllgeRatt Anzeiger. Äintsökatt -es Königlichen Land- nnd Amtsgerichtes Leipzig, -es Nathes «n- Nolizei-Amtes -er Ltadt Leipzig. Anzeigen Preis die 6 gespaltene Petitzeile 20 Pfg. Reklamen unter dem RedactionSstrich l4ge- spalten) 50^, vor den Familiennachrichten (6 gespalten) 40/>Z. Gröbere Schriften laut unserem Prei»- verzeichniß. Tabellarischer und Ziffernsah nach höherem Tarif. Extra-Beilagen (gesalzt), nur mit der Morgen-Ausgabe, ohne Postbeförderung 60.—, mit Postbeförderung 70.—. Ännahmeschluß für Änmgen: Abend-Ausgabe: Vormittags 10 Uhr. Morge n-Ausgabe: Nachmittags 4 Uhr. Bei den Filialen und Annahmestellen je eine halbe Stunde früher. Anzeigen sind stets an die Expedition zu richten. Druck und Verlag von E. Polz in Leipzig. SI. Jahrgang. Mittwoch den 17. November 1897. Ladeni's letzter Versuch. SS Man muß es der österreichischen Presse lassen, daß sie sich über die Minister ibreS Lande» mit der größten Offen heit anSdrückt. Die „Neue Freie Presse" saßt eine Betrach tung über die gegenseitige Situation dahin zusammen, daß es sich darum handle, ob der Parlamentarismus über dein Ministerium zu Grunde geben solle, oder das Ministerium über dem Parlamentarismus. Man könne nicht daran zweifeln, daß selbst das beste Ministerium von geringerer Bedeutung für ein Land sei, als die verfassungsmäßigen Ein richtungen. Graf Badeni scheint eS selbst gefühlt zu haben, daß sein Sitz arg im Wanken ist, und er hat deshalb einen letzten Versuch gemacht, sich zu behaupten, indem er den Deutschen allerlei Schönes sagte und in Aussicht stellte, daß er noch mals einen Ausgleich zwischen Deutschen und Tschechen ber- zustellen suchen werde. Er sprach davon, daß er einen Waffenstillstand gewährt haben wolle. Hat der Versuch des Grasen Badeni irgend welche Aus sicht auf Erfolg? Die Deutschen baden in derselben Parla- mcntSsitzuiig bereits die Antwort darauf gegeben. Selbst der Vertreter der gemäßigtsten deutschen Partei, des verfassungs treuen Großgrundbesitzes, erkärte mit dürren Worten, daß es zu spät sei zu einem Ausgleich. Es ist in der Tbat zu spät, und zwar in der buchstäb lichen Bedeutung des Wortes. Wollten die Deutschen einen Waffenstillstand bewilligen, so müßten sie natürlich darauf dringen, daß in der Zwischenzeit ibre Befestigungswerke vom Gegner nicht bestürmt werden. Mit andern Worten: sie müßten verlangen, daß scwobl die Sitzungen deS Parlaments wie diejenigen des BudgetaussckusseS so lange sistirt würden, bis die AusgleichSverhandlungen entweder ein positives oder ein negative» Resultat gehabt batten. Dazu aber ist keine Zeit mehr. Denn da» Ausgleichsprovisorium, das dem Grafen Badeni so sehr am Herzen liegt, muß binnen secks Wochen erledigt sein, und von dieser Zeit sind noch die Weihnachtsferien abzuziehen. Wie langsam aber die parla mentarische Maschine in Oesterreich ohnehin arbeitet, siebt man daran, daß der Budgetausschuß, dem seit mehr als einer Woche das Ausgleichsprovisorium vorliegt, noch nicht vorwärts gekommen ist. Selbst wenn aber noch Zeit genug zu dem Waffen stillstand bliebe, so würde es doch zu spät sein, an AuSgleichs- verhaiidlungen zwischen Deutschen unv Tschechen zu denke». Ein ^ähnlicher Versuch des Grasen Baceni ist bekanntlich schon im Sommer im Keime erstickt, und seitdem hat die Ver bitterung zwischen Deutschen und Tschechen nur noch zu genommen. Insbesondere ist Graf Badeni nicht der Mann, einen Ausgleich durchzusetzen, weil die Deutschen, ohne die Zurücknahme der Sprachcnverordnungen, den Tag von Eger nicht vergessen können. WaS bat also Graf Badeni mit seiner wohlwollenden Rede erreicht? Nur ein negatives Resultat: daß nämlich auch die slawischen Parteien mißtrauisch gegen ihn geworden stud; denn diese Parteien wollen von einem Ausgleiche nichts wissen. Sie wünschen eine Gewaltpolitik gegen die Deutschen und hoffen, daß diese Politik um so eber durchgeführt werden kann, wenn die Regierung und die Deutschen in bitterer Fehde leben und wenn es gelingt, die Deutschen so zu erbittern, daß sie sich durch unvorsichtige Handlungen und Reden compromiltireu. Daß diese Spekulation nickt ganz salsch ist, hat vor einigen Wochen die unbedachte Rede des Abgeordneten Wolf über einen engeren Anschluß Oesterreichs an Deutschland gezeigt; eS war nur gut, raß der Ab geordnete Bärnreitber an demselben Tage, an dem Gras Badeni seine Bersöhnungsrede hielt, den Abgeordneten Wolf tesavouirte. Lassen sich die Deutschen nicht zu Unvorsichtigkeiten hin reißen, so ist ihnen der Sieg gewiß, weil nicht gegen sie regiert werden kann. Den Werth wenigstens batte der Versuch Badeni's, daß er den Beweis von der Richtigkeit dieser Auffassung lieferte, denn eS wird dem polnischen Grafen nicht leicht geworden sein, den Deutschen, deren feindliche Gesinnung er Wohl kennt, Freundlichkeiten zu sagen. Aber der Respect vor dem Grasen Badeni wird durch diese Freundlichkeiten auf keiner Seite erhöht werden. Wer einen so kecken Handstreich begeht, wie es Graf Badeni mit den Sprachenverordnungen gethan hat, der muß wenigstens den Muth baben, wie Richard III. zu sagen: „Ich bin ge willt, ein Bösewicht zu werden". Und er muß auch wie Richard III. ein Bösewicht bleiben bis zum Schluffe des Dramas. In einem Puncte aber wird das Stück ausgeben wie Richard III.: Graf Badeni wird gleichfalls ein Königreich für ein Pferd bieten, um so schnell als möglich nach seinem geliebten Galizien zurückzukehren. Die Kunstpsiege des neuen Lurses. K Der neue Curs hat neben sonstigem Aparten auch seine Kunst, eine Kunst, die ganz auf seine Rechnung kommt, weil er sie nicht so sehr fördert als commandirt. Nur ein Treitschke wäre berufen gewesen, an dieser Kunstpflege mit ihren zum Musendiensl beorderten Poeten und Nichtpoeten — vgl. z. B. Willehalm und die Offenbarungen des Lauff'scken Genius — die Eigentbümlichkeiten der herrschenden Politik und an der herrschenden Politik die Besonderheiten des officwllen Kunstgeschmackes nachzuweisen. Er hätte aber mit seiner Kritik auch auf diesem Gebiete nichts ausgerichtet und wenn er die Ausführung des Nationaldenkmals für Bismarck auf Grund deS Begas'schen Modells be klagt hätte, so wäre ihm wahrscheinlich sogar gesagt worden, Herr Begas sei bei der Eomposition des Entwurfes ganz allein mit seiner Künstlerseele zu Ralhe gegangen. Was Trenschke aber wahrscheinlich nicht geglaubt bätte. Nun ist eS beschlossene Sache: wir bekommen ein Nationaldenkmal für BiSmarck, wie wir eine» für Wilbelm I. setzen sehen mlsßten. Mit dem BiSmarck-Menument stände e» an sich noch nicht so schlimm. Der Entwurf, wie er ausgestellt war, wird nicht ausgefübrt, und da BegaS in der Tbat ein Künstler ist, so könnte die Umgestaltung in einer der Größe ter Aus gabe sich nähernden Richtung — insbesondere durch das Streben nach höhererEinfachbeit und besserer Verständlichkeit —sich voll ziehen. Rauch hat den Plan seines Denkmals für Friedrich den Großen Jahrzehnte in seinem Kopfe umhergewälzt und sich ibm die letzten acht Jahre vor der Ausführung fast aus schließlich gewidmet. Aber abgesehen davon, daß Herr v. Levetzow, der Vorsitzende deS Denkmal-Comitvs, kein eigen sinniger Herr ist: unter dem neuen Eurs wird die Kunst wie der Hvch- und der Tiefbau pressirt. Ein Werk ausreifen zu lassen, ist nicht mehr move. Mit Fug, das rasch nachfolgende Prvject verlangt auch sein Recht. Was so neben den großen Dingen einberläuft, vermag dem Kunsteifer nicht zu genügen, wenn es auck sckön ist, wie z. B. der jetzt seiner Verwirklichung entgegcngehende Gedanke einer obrigkeitlich begünstigten Verbreitung von Hochzeit« Medaillen. Man muß eS Herrn vr. Bosse Dank wissen, daß er die Sacke aufgegriffen bat, und wir sind überzeugt, er freut sich über diese Anerkennung. Es wäre aber doch besser gewesen, wenn der Einfall dem preußischen Minister des Innern, der bekanntlich auch nicht arm an schöpferiscken Ideen ist, oder dem Kriegsminister gekommen wäre. Der ersten Freudenbotschaft wäre dann aewiß nicht die betrübende Versicherung der „Berliner Correspondrnz" nachgcbinkt, daß an eine am t li che Verleidung ter HockzeitSmcdaille „selbstverständlich" nicht gedacht worben sei. Tie deutsche Bevölkerung wächst zwar recht brav, aber, wa» auch die Neomalthusianer sagen mögen, sie sollte noch stärker wachsen. Nun ist die Einführung einer Iunggesellensteuer ein alter und, wie ,eder Vater von erwacksenen Töchtern bezeugen wird, ein sebr gereckter Vorschlag. Aber wir werden diese goldene Frucht wohl niemals pflücken. Die Hagestolze sind zu einflußreich im Staate, namentlich die ganz unverbesserlichen. Das kommt Wohl daher, daß ter Junggesellenstand ein ungesegneter Stand ist, zu jeder nichts, nutzigen Beschäftigung neigend, also auch zur Politik. Mit Vermögensbenacktbeiligung ist den Verstockten nickt beizu kommen. Tie Aussicht auf eine Medaille, eine mittels Diploms verliehenen Medaille, würbe aber auch daS ver härtetste Eölibatärenherz geschmolzen haben. Der Medaillen- nvtb ist ja neuerdings, in Preußen wenigstens, im ausgiebigsten Maße gesteuert werden, aber man begegnet in den belebten Straßen der großen Städte noch immer Personen obne Band und Münze. Die Junggesellen unter diesen hätte Herr I)r. Beste mit einem Schlage auSgerottek, wenn er nickt auf halbem Wege stehen geblieben wäre. Als Jedermann zugänglickes „Geschenk für Eheleute oder als Erinnerungsgabe für An gehörige" wird die Medaille nickt ohne Mitbewerber da- sleben. Die Eheleute haben ihre Eheringe und die HockzeitS- gäste dürste» vielsack die Mitnahme von Naschwerk für die Kinder und von Cigarren vorziehen. Daß Herr Bosse daran nicht gedacht hat! , , Der Cultus- und Kunstminister — und daS ist ein ernsthafter Einwand — hätte sich auch sagen müssen, daß die Medaillenkunst durch sein Preisausschreiben nur sehr wenig gefördert werten kann. Er will von „einem oder mehreren" preisgekrönten Entwürfen Prägestempel Herstellen lassen, um Privatleuten dadurch zur Erwerbung von Denkmünzen zu mäßigen Preisen Gelegenheit zu geben. Es sei dahinge)tellt, ob bei der Prämiirung die Wohlmeinung Berufener den Ausschlag giebt. Der Effect wird auch in diesem Falle ein Massenabsatz von einer, zwei, vielleicht vier Medaillen sein. Danach wird der Vervollkommnung der Kunst nur unerheblich gedient; das Publicum, dem immer dieselben Stücke vor Augen kommen, hat keine Gelegenbeit, seinen Geschmack zu bilden, und der zu größerer Aufwendung finanziell be fähigte Bruchtheil erhält keinen Anreiz, durch Bestellung auf ne, e Modelle die Schaffenskraft der Künstler zu beleben, er wir? vielmehr oon gemein gewordenen Dingern erst recht nichts wissen wollen. Häufigere staatliche Aufträge auf beste Arbeiten und das Zuganglickmachen für Kenner und Solche, die es werden können — etwa in der Ausstellung der vereinten Kunsthändler —, würden jedenfalls eher zu dem gewünschten und wüusckenswerthen Zwecke führen. Daß die Verviel fältigung für weitere Kreise von Abnehmern auf diesem Wege nicht ausgeschlossen wäre, beweisen die großen Erfolge gewisser künstlerisch recht hoch stehender Werke der Kleinplastik. Die kann man freilich nicht am farbigen Bande auf der Brust tragen. Und darauf scheint doch das Meiste anzukommen. Es ist ein charakteristischer Unterschied: die Medaille, die Wilhelm I. zur Erinnerung an die Krönung in Königsberg einem verbältnißmäßig engeren Kreise von Personen verlieb, Hal eine Nachfolgerin mit relativ ungeheuerer Verbreitung gesunden. Und neben der unter dem ersten Kaiser gestifteten Denkmünze für Ehepaare, die fünfzig Iadre Leid und Freud mit einander getheilt haben, die also etwas bedeutet, soll durch amtliche „Förderung" ein allgemeines und darum nichtssagendes Ting auftauchen. Diese von oben begünstigte Pflege von Aeußerlichkeiteu ist die „Kehrseite der Medaille". Deutsche- Reich. 12 Berlin, 16. November. Wie bereits gemeldet, ist „im Interesse des Dienstes" der Oberlehrer I>i. Fricke in Dirschau nach Paderborn versetzt worden. Der Herr' ist ein Freisinniger, trotzdem hat eine Reihe von Berliner Blättern seiner Partei es für angezeigt gehalten, sich einer Kritik zu enthalten. Herr Richter beobachtet diese Zurückhaltung nickt, um aber etwas sagen zu können, fälscht er die Begründung der Maßregel, indem er es so darstellt, als ob I)r. Fricke versetzt worden sei, weil er bei der letzten Landtagöwahl in seiner Eigenschaft als Wablmann sich der Stimme enthalten bat. Die Thatsacke ist richtig. Herr Fricke war von deutschen Urwäblcrn als Wablmann bestellt, um dem deutschen Eandidaten zum Siege über den Polen zu verhelfen. Er Hal sich mit wenigen Anderen dieser Aufgabe entschlagen und so die Wahl eines Feindes deS DeutschthumS ermöglicht. Aber das Datum jener Wabl liegt so weit zurück, daß schon aus diesem Grunde Niemand die Versetzung in gutem Glauben mit der Stimmenthaltung des Mannes in unmittelbaren Zusammenhang bringen kann. Der mittelbare ist allerdings vorhanden. Herr Fricke Hal sich nicht bei der Negierung, sondern in seinem bisherigen Amte unmöglich gemacht. Es ist ganz natürlich, daß er als ein Mann, der einer ohne tbatläcklichen Zwang übernommenen Pflicht ungetreu geworden, bei seinen Berusszenosscn, den Eltern seiner deutschen Schüler und bei diesen selbst, welche die Treue als höchste Tugend bei deutschen unv klassischen Schriftstellern gepriesen sehen, daS Vertrauen verloren hat, das der Jugend bildner besitzen muß, wenn er auf den Charakter seiner Scküler wohltbätiz soll einwirkcn können. Diese Ein Wirkung ist aber der wichtigste Schulzweck, und deshalb ist die Entfernung des Herrn Fricke von dem Schauplatze seiner ungetreuen That geradezu ein Paradigma des Falles, in dem die Versetzung „im Interesse deS Dienstes" nothwendig einzutreten hat. Berlin, 16. November. Wie seiner Zeit mitgetheilr wurde, bat der Leiter der Wablgeschäste der Freisinnigen Vereinigung in Scklcswig-Holslein, Chefredakteur Niepa in Kiel, bestimmten Wahlkreisen der Provinz eine Wahl unterstützung bis zu 20 000 in Aussicht gestellt, wenn daselbst eine Candidatur der Freisinnigen Vereinigung zu Stande käme. Ferner tbeilte die „Freis. Ztg." mit, daß von den, SchutzverbandzurAbwehr agrarischer Uebcrgrisfe auch tue Freisinnige Volkspartei Zuschüsse zur Wahl agitation erhalten habe, welche sich auf durchschnittlich 2000 für jede in Betracht kommende Ersatzwahl beliefen. Die Mit tbeilungen für die Vertrauensmänner der nationalliberalen Partei bemerken im Anschluß daran: „Es erscheint praktisch, die eigenen Freunde zu belehren, welchen Geldaufwand man heutigen TageS bereits bei politischen Wahlen in Rechnung stellen muß. Das Gegenstück dazu liefert ja die Social bemokratie jahraus jahrein. Ihr Casscnbericht beziffert für die Zeil vom 1. September 1806 dis 31. August 1897 folgende beiten Ausgabeposten: Allgemeine Agitation 59 425. Mark, Wahlagitation 26 089 zusammen rund 85 500 Agitationskosten in einem zwölfmo»atlichen Zeitraum, in welchem die Sccialdemokratie neunrnswerth nur bei sechs Ersatzwahlen betheiligt war. (Mainz, Brandenburg, Gießen, Torgau, Königsberg und Wiesbaden.) Also diese Partei hat aus der Centralcasfe etwa 4300 auf jeden Wahlkreis ver wendet, wenn nicht etwa auch in den Kosten der Allgemeinen Agitation in Höhe von 59 400 »E noch ein erhebticker Theil enthalten ist, der eben diesen Ersatzwahlzwecken gewidmet war Aber schon der Aufwand von über 4000 pro Wahlkreis übersteigt um das Mehrfache diejenigen Summen, mit denen die Mittelparteien wobl zu recknen gewohnt waren, insofern Kreise aus Mitteln der Centralstelle llnlerstützuug erfahren sollten. Darauf will bingewiesen sein, wenn nunmehr die Wahlen des näcksten Jahres vorbereitet werden. Je schwieriger eS nachgerade geworden ist, die Position einer, im Widerstand wie in der Mitarbeit fachlich besonnenen Partei liberalen Bekenntnisses zu vertheidigen, desto größer muß die Opfer willigkeit ihrer Angehörigen werden. In den Schlagworten Die Lampe. Nachdruck verbeten. Wenn die Wilden Australiens sich von ihrem Lagerfeuer ent fernen, nehmen sie Feuerbrände mit, um sich im Waldesdickicht zu leuchten und dadurch die Dämonen zu verscheuchen; auf solcher Stufe fällt dir Frage nach der Beleuchtung zusammen mit der Heizungsfrage. Selbstständig und unabhängig von der Wärme erzeugung wurde die Beleuchtung schon, als man Tannenspäne anzündete, die gleichsam als natürliche Fackeln leuchteten, und aus denen bald die künstlichen Fackeln entstanden, deren Haupt- th«il ein Stock war, welcher, mit Werg umwickelt, in flüssiges Harz oder Wachs getaucht wurde. Die Fackeln wurden im Alterthum oft von lebendigen Leuchtern getragen, von Sklaven während der Gelage gehalten. Bis in unser Jahrhundert herein hat sich die Fackelbeleuchtung erhalten, worauf die Auslöscher Hinweisen, die an den eisernen Treppengeländern mancher alter- thümlichen Straßen sich erhalten haben, und mit denen man die Fackeln zum Erlöschen brachte, durch welche die Gäste an die Wagen geleitet wurden. Neben den Fackeln begegnen wir frühe schon bei den Griechen und Römern den Lampen, die nicht etwa bloii als Todtenlamprn in den stillen Wohnungen der Verstor benen brannten, sondern auch die Wohnungen der Lebenden erleuchteten, wir die Ausgrabungen von Herculanum und Pom peji dargethan haben. Es waren flache, ovale Schalen mit einer Schnauz« für den Docht, der aus Binsenmark, Flachs, Werg oder Hanf hergestellt war. Dir Gefäße selbst waren ent weder aus Thon oder Metall, namentlich aus Bronze, oft sogar aus Gold und Silber. Diese Lampen wurden, wie die Er zeugnisse des Landes es nahelegtcn, mit Oel gespeist. Sie ver breiteten viel Rauch und Nuß, der am Morgen durch die Sklaven sorgfältig von den Wandgemälden und Zimmergeräthen entfernt werden mußte. Wer in Spanien und Italien weitab von den großen Verkehrsstraßen reist, kann wohl hin und wieder noch messingene Standlampen finden, die von denen der alten Römer sich wenig unterscheiden. Zahllose Lampen aus dem Alterthum sind uns in den Museen erhalten und zeigen, daß die Herstellung jenes an und für sich einfachen Hausgeräthes einen besonderen Zweig der Kunst entwickelte, wie die künstlerisch ausgeführten, den Lampen aufgedruckten Reliefs beweisen. Da ist keine Scene aus dem Leben der Menschen von der Geburt bis zum Hin scheiden, keine profane, keine heilige Sitte, die nicht auf jenen Lampen wiedergegeben wäre. Lampenfabrikanten und Lampen händler bildeten eine besondere Classe der Künstler und Krämer. Im Laufe der Zeit hat sich die Einrichtung der Lampen wesent lich geändert, sie mußten sich namentlich dem jeweiligen Brenn stoff anpassen. Unsere verbesserte moderne Lampe ist nicht viel älter als 100 Jahre, die Gaslampe ist noch späteren Ursprungs, obwohl in Gegenden, in denen aus unterirdischen bituminösen Schichten Kohlenwasserstoffe entweichen, eine natürliche Gas beleuchtung längst bekannt war. In den berühmten Feuertempeln von Baku am kaspischen Meere wurde neben dem Altar ein Rohr in den Boden gesteckt, an dessen oberem Ende das ent weichende Gas angezündet wurde, und vor dessen Flamme sich die feueranbetenden Pilger niederwarfen, um das heilige Feuer zu verehren. Troß der Kostbarkeit und des künstlerischen Werthes, den manche Lampen des Alterthums hatten, waren sie doch unvollkommen, sie schwärzten die Decken in den Palästen der Reichen und belästigten die Athmungsorgane bei Arm und Reich. Unsere Lampen sind wohl weniger kostbar, aber sie ent sprechen den hygieinischrn Forderungen, die an eine gute Be leuchtung gestellt werden; manche Gesetze und Erfahrungen aus Physik und Chemie sind in ihnen verkörpert, und es ist daher kein unnützes Beginnen, einmal nach der naturwissenschaftlichen Seite dies einfache und schlichte Hausgeräth, wie es die Lampe darstellt, zu betrachten. Zunächst interesfirt uns der Leuchtstoff, der tief unter der Flamme in einem Glasballon verwahrt ist, des Petroleum. Einen großen Aufschwung in der Beleuchtung und eine große Um wälzung in der Lampenindustrie bedeutete die Entdeckung der großen Petroleumvorräthe in Nord-Amerika im Jahre 1859, gerade 100 Jahre nach Erfindung der Talgkerze. DaS Petroleum ist aus einer großen Menge von Kohlenwasserstoffen zusammen gesetzt, die den verschiedenen Reihen angehören, es ist gleichsam ein flüssiges Leuchtgas. Die Kohlenwasserstoffe bestehen, wie der Name schon sagt, aus Kohlenstoff und Wasserstoff. Die kohlenstoffärmeren Körper dieser großen Gruppe sind luftförmig, mit der Zunahme an Kohlenstoff werden sie flüssig und bei hohem Kohlenstoffgehalt fest, wie das Paraffin zeigt. Aus dem Roh petroleum entweichen beim Destilliren, d. i. beim Erhitzen, zuerst die gasförmigen Verbindungen, sodann gehen die niedrig sieden den flüssigen über, die unter dem Namen Petroleumäther in den Handel gelangen und wegen ihrer leichten Flüchtigkeit oft die Ur sache zu Explosionen werden. Während der Destillation des Roh- Petroleums steigt allmählich der Siedepunct der übergehenden Dämpfe, und von einer bestimmten Temperatur ab fängt man das Destillat für sich auf, indem man die Vorlage wechselt. So ent- steht unser Petroleum des Handels. Sein specifisches Gewicht schwankt zwischen0,78und 0,83, und deswegen ist eS schwer flüchtig, so daß es nicht Anlaß zu Explosionen geben kann. Betrügerischer Weise werden freilich schwere und leiche Oele wohl oft so gemischt, daß die Mischung das genannte specifisch« Gewicht bekommt, aber dennoch gefährlich ist, daher ist nach den Gesetzen fast aller Staaten nicht blos das specifische Gewicht, sondern die Ent- flammungstemperatur maßgebend, die bei Anwesenheit leicht flüchtiger Bestandthrile niedriger ist. Das amerikanische Gesetz verbietet Oele, die unter 38° Röaumur sich entzünden. Dem Laien will rs wohl manchmal räthselhaft erscheinen, wie das Oel unten im Ballon verzehrt wird, ohne daß es mit der Flamme in Berührung kommt. DaS führt unS zu der Frage: „Wiege- langt das Oel aus dem Ballon nach dem Herde der Verbrennung?" Die Flamme bleibt oben, läuft nicht herunter, sie bleibt getrennt von der Flüssigkeit und doch verbrennt das Petroleum. Wie erfaßt nun die Flamme den Brennstoff? Es geht ganz natürlich zu, es geschieht durch den Docht, der gleichsam die Seele der Lampe darstellt. Knaben machen ihren ersten Rauchversuch nicht selten an einem Stückchen spanischen Rohr. Stellen wir solches Rohr auf einen Teller mit einer brennbaren Flüssigkeit, so saugt es dieselbe auf und kann angezündet werden. Wenn wir einen reinlichen Finger ins Wasser tauchen, zeigt sich, daß das Wasser gleichsam an dem Finger hinaufkriecht und am Finger höher steht, als man ihn eingetaucht hatte. In einem Gefäß steht das Wasser am Rande immer etwas höher als in der Mitte und in engen Röhren wird, weil alle Fliissigkeitstheilchcn mit der Wand in Berührung kommen, die ganze Flüssigkeitssäule gehoben, dies geschieht durch die Anziehung, die die Wand zum Wasser zeigt. Solch feine Röhren oder Capillaren haben nun alle porösen Körper in großer Zahl, sie zeigen daher auch dieselben Erscheinungen. Nach dem Waschen trocknet man sich mit einem Handtuch ab, die Leinwand mit ihren vielen Capillaren zieht die Nässe in sich hinein. Läßt man nach dem Abtrockncn etwa das Handtuch auf dem Rand des Waschbeckens liegen, so daß das kurze Ende eintaucht, so wird schließlich alles Wasser auf die Diele geleitet; es wurde zunächst durch die Anziehung in die dünnen Röhren hinaufgezogen und konnte dann nach den Gesetzen des zweischenkligen Hebers au- fließcn. Auf dieselbe Weise saugt nun auch der Docht das Oel hinauf zur Flamme. Ist man sich darüber klar und versteht man die Function des Dochtes, so wird man auch wissen, von welcher Be schaffenheit ein brauchbarer Docht sein muß und wie man ihn zu pflegen hat. Ein zu fest und dicht gewebter Docht hindert das Oel am Aufsteigen. Dasselbe zeigt sich auch in einem alten Dochte, dessen Fäserchen durch langen Gebrauch verharzt sind, der Docht kohlt, und die Flamme geht zurück. Man thut daher gut, die Lampen vor dem Gebrauch im Winter mit neuen Dochten zu versehen. Eine Verharzung tritt um so eher ein, wenn man fette Oele in die Lampe bringt, etwa dadurch, daß man beim Eingießen von Petroleum einen Fettöltrichter verwendet. Ein Docht muß ferner genügende Zeit haben, um sich voll zu saugen: es sollte dal-er in jedem Haushalte zur feststehenden Ordnung werden, die Lampe am Morgen zu bedienen und dabei eine etwaige Erneuerung des Dochtes vorzunehmen. Ein frischeingezogener Docht kann selbst bei normalen Saugverhältnissen nicht die der Construction und Größe der Lampe entsprechende Lichtstärke er zielen. Die Dochtkruste ist sauber zu entfernen, damit der Proceß des EinsaugenS beginnen kann; sorgfältig und regelmäßig muß auch deshalb das Äbschneiden des Dochtes geschehen, damit nicht Flammenspitzen entstehen, die eine ungleiche Wärmevertheilung 'm Cylinder erzeugen. Der Docht hat im Laufe der Zeit auch
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