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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 28.10.1897
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1897-10-28
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18971028029
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1897102802
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1897102802
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1897
- Monat1897-10
- Tag1897-10-28
- Monat1897-10
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Die Morgen-Ausgabe erscheint um '/,? Uhr, die Abend-AuSgabe Wochentags um ö Uhr, Re-action und Erve-ition: JohanneSgasse 8. Die Expedition ist Wochentag» ununterbrochen geöffnet von früh 8 bi» Abend» 7 Uhr. ' Filialen: ktt» Klemm'» Sortim. (Alfred Hahn), UuiversitätSstrabe 3 (Pauliuum). L-niS Lösche. Katharinenstr. 14, pari, und Köaig»vlt>tz 7. 551. Abend-Ausgabe. AipMer TaAMalt Anzeiger. Ämtsöralt des Königlichen Land- und Amtsgerichtes Leipzig, des Rathes und Nolizei-Ämtes der Ltadt Leipzig. Donnerstag den 28. October 1897. AnzeigeN'PreiS die 6 gespaltene Petitzeile LS Pfg, Reclamen unter dem RedactionSstri», (4ge» spalten) 50-^, vor den FamiliennaHrichteit (6 gespalten) 40^. Größere Schriften laut unserem Preis» verzeichniß. Tabellarischer und Msernjas nach höherem Tarif. Extra-Beilage» (gefalzt), nur mit dei Morgen-Ausgabe, ohne Poslbeförderun^ 60.—, mit Postbeförderung 70.—. —— Ännahmeschluß für Anzeigen: Abend-Ausgabe: Vormittags 10 Uhr. -storgeu-Ausgabe: Nachmittag» 4 Uhr. v«i den Filialen und Annahmcste llen je ein» halbe Stunde früher. Anzeigen sind stets an die (lxpcdition zu richte». ——a Druck »ad Verlag von E. Pol/, in Leipzig S1. Jchcgang, Politische Tagesschau. * Leipzig, 28. October. Der fatale „Darmstädter Zwischenfall" wird, wie es scheint, in aller Kürze beglichen sein; vielleicht ist er es bereits. Das Darmstädter Hosorakel schweigt allerdings immer noch, aber in den maßgebenden Kreisen der hessischen Hauptstadt scheint man das Bedürfnis zu empfinden, die Oeffentlichkeit auf den bevorstehenden Ausgleich vorzubereiten, die von der „Köln. Ztg." gegen den Darmstädter Hof ge schleuderten Beschuldigungen abzuweisen und dadurch einer politischen Ausbeutung des Vorfalles durch die demokratische Presse vorzubeugen. Nur aus der Absicht, der antimonarchischen Propaganda die Gelegenheit zu weiterer Fructificirung des Zwischenfalls zu nehmen, erklärt cs sich, daß ein Darmstädter Berichterstatter gerade die demokratische „Frankfurter Zeitung" als Sprachrohr benutzt hat. Er hat gestern diesem Blatte die beiden folgenden Telegramme übersendet: Darmstadt, 27. October. Von einer Lein Hofe nahe stehenden Seite wird mir neuerdings mitgctheilt: Die Berliner Meldung, daß der Zwischenfall Karlsruhe-Darmstadt mit der Politik gar nichts zu thun habe, entspricht den Thatfach en, auch die Ansicht, Las; das letzte Zusammentreffen Les Zaren und des deutschen Kaisers einen befriedigenden Verlauf genommen habe, trifft zu. Es wurde mir von Augenzeugen berichtet, daß beide Kaiser während der ganzen Zeit deS Zusammenseins sehr vergnügt waren, daß namentlich der deutsche Kaiser bis zu dem Augenblick seiner Abreise eine ungetrübte Fröhlichkeit zeigte, die den Gedanken an Meßhelligkeiten nicht anikominen ließ. Dem Zaren habe die Absicht einer Kränkung des Groß herzogs von Baden sehr fern gelegen. Es wird mir nochmals bestätigt, daß lediglich Zeit bedräng nist das Motiv der Ablehnung des Besuches gewesen sei. Wäre der Besuch früher erfolgt, oder wäre er auch nur längere Zeit vorher angeknndigt worden, so daß eine Umänderung der Dispositionen des Zaren noch möglich gewesen wäre, so hätte der Zar den Besuch der badischen Herrschaften ebenso gerne angenommen, wie die übrigen fürst lichen Besuche. Ter „D a m e n k r i e g", von dem die „National- zeinmg" schreibt, gehöre ins Reich der Fabel. Nicht minder unrichtig sei die Annahme, als ob der Zwischen fall einer Ungeschicklichkeit der hessischen Hofver- waltung zur Last zu legen sei. Der hessische Hof habe, wie ich schon meldete, mit der Sache gar nichts zu thun gehabt; er wurde durch die bekannte Karlsruher Veröffentlichung ebenso über rascht, wie alle Welt. Die Ablehnung des Besuchs sei eine durchaus persönliche des russischen Kaijerpaares ge- wesen. Tnrmstavt, 27. Oclober. Ich erfahre Weiler ans Hoskreisen, der Fall Darmstadt-Karlsruhe sei erledigt. Das Gefühl der Kränkung, das der Großherzog von Baden Lurch die kurze tele graphische Form der Ablehnung seines Besuches seitens Les Zaren empfunden hat, sei durch eine briefliche Aussprache der Herrscher beseitigt. Jede Verstimmung auf beiden Seiten sei gehoben. Hieraus läßt sich schließen, daß, wie vorauszusehen war, die Hauptschuld an dem Verfasser deS schroffen Ablehnungs- Telegramms hängen bleiben wird. Aber in irgend einer Form wird dies amtlich gesagt werden müssen, denn nachdem der Hofberichlerstatter der „KarlSr. Zeitung" von der Thatsache dieser schroffen Ablehnung aller Welt Kunde gegeben, ist für die Oeffentlichkeit die Sache erst in dem Augen blick der Veröffentlichung einer amtlichen Erklärung ab geschlossen. Eine solche ist schon deshalb nöthig, weil, wie man vorauSseheu konnte, die französische Presse den Vorgang als eine Rücksicht des Zaren auf Frankreich erscheinen zu lassen sucht. Eine solche Unter stellung wird sich der Zar nicht bieten lassen dürfen. Je mehr er aber darauf hält, daß er in Frankreich nicht als ängst» lischer Lauscher auf jeden berechtigten und unberechtigten französischen Wunsch angesehen wird, um so mehr wird er auch die Berechtigung des nicht nur in Baden gehegten Wunsches einsehen, den Großberzog Friedrich nicht im Lichte eines jede Formlosigkeit eines vielleicht recht untergeordneten russischen Beamten ruhig einsteckenden Kleinherzigen erscheinen zu lassen. Wäre nicht in Karlsruhe mehrere Tage vor dem Eintreffen jenes Ablehnungstelegramms die Nachricht ver breitet gewesen, der Großherzog würde sich zum Besuchendes Zaren nach Darmstadt begeben und ihm persönlich die Ein ladung zur Theilnahme an der Feier der Enthüllung des Kaiser Wlhelm-Denkmals überbringen, so wäre es vielleicht angängig gewesen, die Form des Ablehnungstelegramms lediglich zum Gegenstände einer brieflichen Beschwerde zu machen. Aber die Verbreitung jener Nachricht machte auch die Veröffentlichung des Grundes nöthig, aus dem der Besuch des Großherzogs in Darmstadt und die Einladung des Zaren unterblieb. Daß dieser Grund in einer Formlosigkeit lag, war nicht die Schuld des Großherzogs von Baden; die An nahme, daß er diese Formlosigkeit hätte verheimlichen müssen, weil sie von russischer Seite verschuldet war, macht den deutschen Blättern, die ihr Ausdruck geben, keine Ehre. Der Reichskanzler Fürst Hohenlohe ist gestern Nach mittag nach Berlin zurückgekehrt. Die „Nat.-Ztg." knüpft an diese Meldung folgende Auslassung: „Wir haben Grund zu der Annahme, daß die Entscheidung über die Reform des Militairstrasverfahrens und, da Fürst Hohenlohe an der Absicht, einen seine Versprechungen erfüllenden Entwurf dem Reichstag vorzulegen, festbält, auch die Entscheidung über das Verbleiben des Fürsten an der Spitze der Reichs- und preußischen Regierung nahe bevorsteht. Wie es scheint, hat auch die neueste Erklärung des bayerischen KriegSministers, in welcher der Anspruch auf eiu bezügliches Neservcttreckt ungleich bestimmter, als vorher seitens der bayrischen Negierung hervortrat, zur Zuspitzung der Situation beigetragcn; vielleicht bat sie auch bei anderen leitenden Persönlichkeiten, als dem Reichs kanzler, den Entschluß gereift, die Angelegenheit nicht in dem Halbdunkel zu lassen, zu dessen Erzeugung der bayerische Reservat - Anspruch von verschiedenen Seiten benutzt worden ist. Wenn wir recht unterrichtet sind, hat aber Fürst Hohenlohe noch vor seinem Eintreffen in Berlin seiner Ausfassung, daß eine Ent scheidung erfolgen muss:, Ausdruck gegeben." Daß eine Entscheidung erfolgen müsse, meint man so ziemlich allgemein. Wenn aber behauptet wird, der Kaiser habe bereits einen Nachfolger für den Fürsten Hohenlohe im Ange und dieser Nachfolger sei Graf Waldersee, so kann diese Behauptung sich doch nur auf die Annahme gründen, der Kaiser habe seinerseits die Entscheidung bereits getroffen und erwarte nur einen besonderen Anlaß zu ihrer Durchführung. Dieser Annahme widersprechen aber verschiedene Tbatsachen, die zu beweisen scheinens daß der Kaiser noch ebenso unschlüssig sei, wie Fürst Hohenlohe. Die englisch-französische Concurrenz in Wcstafrika hat in letzter Zeit eine weitere Verschärfung dadurch er fahren, daß beide Theile ihr Vordringen in die strittigen Gebiete ohne Rücksicht auf die Ansprüche der Gegenpartei fortsetzen, und jeder die Schuld an der unerfreulichen Wen dung der Situation von sich ab- und dem anderen Theile ruschiebt. England hält seine Ansprüche auf Borg», Nikki und Bussa in vollem Umfange aufrecht, Frankreich verstärkt infolge dessen seine in Dahomey dislocirten Streit kräfte. Ein Telegramm der „Agence Havas" bereitet auf den Eintritt ernster Schwierigkeiten vor, die in der Gegend von Nikki und von Borg» zu gewärtigen seien. Dort hat die englische Nigergesellschaft ihren Haussatruppen ein Actions feld überwiesen, während andererseits verlautet, daß fran zösische Verstärkungen ans dem Marsche nach Nikki sich befinden. Im natürlichen Verlauf der Dinge müßte man sich also in jener Gegend auf bewaffnete Conflicte zwischen den rivalisirenden Colonialmächten gefaßt halten, welche einen um so ernsteren Charakter ausweisen würden, als sie diesmal nicht, wie wohl bei früheren Anlässen, auf Mißverständnisse zurückgeführt und mit den gewöhnlichen diplomatischen Hilfsmitteln aus der Welt geschafft werden könnten. Die englische Nigergesellschaft ist erfahrungsgemäß ein sehr unzuverlässiges Element in der westafrikanischen Ge- sammtconjunctur. Ihre Achtung vor internationalen Ab machungen ist so ziemlich gleich Null, und sie wird traitabel eigentlich nur im Angesichte einer überlegenen materiellen Gewalt. Wenn es zutreffen sollte, daß sie sich in den mit Frankreich schwebenden Grenzschwierigkeiten von den Inspi rationen des Colonialministers Chamberlain leiten läßt, so hätte das Londoner Foreign Office alle Ursache, aufzupassen, daß ihm das diplomatische Terrain, auf welchem trotz alledem doch schließlich das Compromiß abgeschlossen werden muß, das einem Ausbruche offener Feindseligkeiten zwischen den Westmächten wegen ihrer westafrikanischen Colonialsphären ein Ziel setzen muß, nicht bis zur Ungangbarkeit verwüstet wird. Der „Matin" erklärt den Aufschub in den französisch englischen Unterhandlungen wegen des Nigergebiels damit, daß die britischen Commissare gebundene und sehr beschränkte Aufträge hatten. Die Commission ist wie im vorigen Jahre zusammengesetzt. Nach den damaligen fruchtlosen Unterhand lungen äußerten vor einem Monat die britischen Unterhändler den Wunsch, die Besprechungen wieder aufzunehmen. DaS französische auswärtige Amt war damit einverstanden, wünschte jedoch eine genaue Feststellung des Programms und gab alle streitigen Pnncte an, verlangte auch, um dem Fehlschlag vom vorigen Jahre zu entgehen, eine klare Mittheilung über den Auftrag der britischen Commissare. Daraufhin wurde der 20. Oktober zur Wiederaufnahme der Besprechungen fest gesetzt. Man konnte nun annehmen, daß die sämmtlichen afrikanischen Streitfragen ansgetragen werben könnten, allein bei dem Zusammentritt der Conferenz batten die fran zösischen Abgesandten keine genügende Sicherheit mit Be zug auf die Tragweite des Auftrages ihrer englischen Mit unterhändler, und so konnte nickt verhandelt werden. Da man auf englischer Seite dem Vorwurf entgehen will, die französische Diplomatie hintergeben zu wollen, sollen bei den in Len nächsten Tagen statlfindenden Berathungen der Minister des Auswärtigen und der britische Gesandte den Arbeitsplan der Conferenz prüfen und entscheiden, ob nicht etwa eine gemischte technische Commission an Ort und Stelle gesandt werben soll. In eine eigentbümliche innere Krisis ist gegenwärtig die Tndasrikanischc Republik geralhcn. Die im April ein gesetzte JndustriecomMission hatte im August ihren Bericht erstattet mit zahlreichen Vorschlägen auf Aenderungen und Neueinrichtungen nach den verschiedensten Richtungen hin. Darüber entstand ein großer Streit; der vielseitigen Forderung, sämmtliche Vorschläge der Commission zur Aus fübrung zu bringen, setzte die Regierung Widerstand ent gegen, indem sie erklärte, die Forderung ginge nur von einigen Interessenten aus, welche die Republik in Verlegenheiten bringen wollten. Das Hauptbedenken gegen die Commissions vorschläge lag darin, daß bei ihrer Befolgung die Staats finanzen auf durchaus neue Grundlagen gcsteltt würden. Dazu kommt noch, daß man eine neue Organi sation der ganz veralteten Staatsverwaltung plant. Auf diese Weise würde man leicht in einen Zustand großer Verwirrung kommen, deshalb sagte dic^ Negierung nur einzelne dieser Reformen nach eigener AuSwab-l zu. Nunmehr meldet aber der Telegraph, daß der Volksraab am 2 k. October den Bericht der Jndustriecommission unverändert angenommen habe. Dadurch wird die Lage der Regierung recht erschwert. Das Wesentlichste aus dem Berichte der Commission ist Folgendes: Zunächst wird auf die schlechte Lage der Industrie hin- gewiejen: im Lande gäbe es 185 Goldberg bau - Gesellschaften, von denen indessen (und darunter befinden sich ohne Aus nahme diejenigen, deren Actien in deutsche» Händen sind nur 23 Dividenden gegeben hätten. Die Urso-che dieser Flauhei! läge in der zu hohen staatlichen Belastung und den hohen Pro- ductionskosten. Mit dem letzten Satze stellte sich die Commission aus den Standpunct Derjenigen, welche regierungsseitig als Inter essenten bezeichnet wurden. Tie Commission schlug nun die Er richtung eines Ackerbauamtes vor, damit die Beliauung des Landes mehr entwickelt werde. Dann verlangte sie Verminderung der Lasten sür die Bergbauindustrie, und zwar war die nächste bestimmte Forderung: „Weg mit den Concessionen I" In Be zug auf die Arbeiter frage verlangte die Commission Schritte zur Verbilligung des Lebens in den Bergdistricten, für die Weißen sollten Wohnungs häuser von den Gesellschaften gebaut werden. Alle Zölle aus Nahrungsmittel sollten aufgehoben werden, ebenso die Transitzölle. Die Preise für alle Explosivstoffe wären ungeheuer hoch, deshalb müßte der Handel mit denselben frei sein. Die Regierung sollte einfach auf ein Faß z. B. Dynamit 20 Schillinge Zoll erheben, dann werde man eine gute Staatseinnahmr erzielen und der Industrie auch helfen, da so diese Stoffe viel billiger würden. Einen Hauptabschnitt bilden die Eisenbahnen und die Herabsetzung der Tarife sür Frachtgut und namentlich sür Kohlen. Die Com mission spricht die Ansicht aus, daß die Einnahme sür Frachtgut in Höbe von 2 Millionen Pfund 1806 auf 500 000 Pfund herab gesetzt werden sollte. Darin namentlich zeigt sich, daß eine vollständige Um wälzung der Staatsfinanzen eintrelen müßte, wenn die Reformen der Commission sämmtlich zur Ausführung kommen sollten. Keine Regierung, die einigermaßen aus Stabilität hält, kann ans diese, in mancher Hinsicht beachtlichen, Vorschläge glatt eingehen. Auf den Ausgang kann man daher gespannt sein und zwar umsomehr, als die finanziellen Sorgen, mit denen die TranSoaalregierung zu kämpfen hat, von gewisser Seite als Pressionsmittcl ausgenutzt werden, um sie zur Annahme und Durchführung der bekannten „Reformen" zu zwingen, vi. Leyds bar versucht, in Europa eine größere Anleihe für die Republik zu machen, aber erfolglos. Rothschild in London hat mit der Bemerkung abgelehnt, daß zunächst Reformen eingesührt werden müßten, welche die Existenz der Minenindustrie sicherten und die Bevölkerung zufriedenstellten. Das Eldorado der Fraucnemancipation ist bekannt lich Nordamerika. Ein lehrreiches Beispiel aber dafür, daß die Erfüllung des höchsten Wunsches der Frauenrechtler die vollständige staatsbürgerliche und berufliche Gleichstellung der Frauen sür diese auch leicht sehr unangenehme Folgen haben Feuilleton. Der Page. 1) Roman von A. Heyl. Nachtruck rcrbotcn. Erstes Capitel. Der junge Lehrer von Wiesenbach, Gustav Wertmann, erfreute seine Schuljugend an einem schönen Sommer- Nachmittag durch den Ausspruch: „Die Schule wird heute um eine Stunde früher geschloffen, weil ich nothwendig in der Schloßkirche zu thun habe." Während sich die Kinder mit einem langgezogenen „Ah" geräuschvoll von ihren Plätzen erhoben, fügte er die Ermahnung bei: „Geht or dentlich nach Hause, treibt Euch nicht im Dorfe oder gar im Felde herum, es soll sich allerhand fahrendes Volk in der Nähe aufhalten. Folgt schön, habt Ihrs gehört!" Ein stämmiger Junge mit vorwitzigem Gesicht schien die letzten Worte falsch verstanden zu haben, er blieb an der Thüre stehen und verkündete mit erhobener Stimme: „Wir haben gehört, Herr Lehrer, der Seelenverkäufer soll heute Nacht in einem feurigen Wagen über die Waldwiese gefahren sein." „Dummes Zeug! Gehe Deine Wege, Bastel! Bekümm're Dich mehr um das Lernen und weniger um alte Weiber märchen", fertigte ihn der Lehrer ab. Bastel senkte den Kopf, schlug im Hinausgehen die Thüre zu und eilte seinen Gefährten nach, die alle den Weg nach der Schloßkirche einschlugen. Die kleinen Mädchen folgten den Knaben auf dem Fuße, eifrige Gespräche führend über die zu erwartenden Ereignisse der nächsten Tage. Krämer's Käthchen erzählte den lauschenden Zuhörerin nen Wundergeschichten von Prinzen und Prinzessinnen, welche die Vermählung des Fräuleins Melaine von Mon- hardt mit dem Grafen Rivero beiwohnen würden. Die Kleine wußte ganz genau, wie lang die Schleppe an dem silberge- sticktrn Brautkleid war und wie viel Edelsteine in der Grafenkrone funkelten, welche die schöne Braut am Hoch zeitstage tragen sollte. Hiergegen opponirte Försters Lies chen, es war der Ansicht, eine Braut dürfte nur mit der Myrthenkrone zum Altäre gehen. Unter solchen Gesprächen langten die Mädchen an der Kirchenthiire an, wo die Knaben bereits Posto gefaßt hatten und voller Neugierde den Ausschmückungsarbeiten zusahen. Bastel drängte sich vor, ermuthigte die Anderen, ihm zu folgen, und so stand denn die kleine Schaar bald kichernd und flüsternd im Kreuzgang der Kirche, wo zwei Diener aus Schloß Adlershof beschäftigt waren, die Säulen mit Guirlanden zu umwinden. Um den Altar stellte man Myrthen und blühende Granatbäume im Halbkreis auf, die Bänke wurden mit scharlachrothem Tuch bedeckt. Werth volle Teppiche lagen seitwärts aufgeschichtet, um später über die ausgetretenen Steinfließen gebreitet zu werden. Der Küster steckte Kerzen auf die Kronleuchter und ein aus der Residenz bestellter Tapezier decorirte die Ehrenpforte, über der die vereinigten Wappen des Brautpaares in kostbarem Rahmen prangten. Der kecke Bastel belehrte die Schulge noffen, daß ein solches Wappenschild nicht viel bedeute. Zu Hause in der Löwenwirthschaft hörte er das täglich: „Den Plunder kann man sich kaufen", rief der dreiste Junge, „mein Vater sagt, die Monhardt's waren sühn gerade so gemein, wie wir sind; wenn sie jetzt auch auf uns herabsehen, so mag doch kein rechtschaffener Mensch mit ihnen tauschen." Während der letzten Worte trat eine ältere Dame durch die Seitenthüre ein, blieb stehen, setzte den goldgefaßten Zwicker auf und musterte mißfällig das kleine Publicum. „Was thun die Kinder da?" herrschte sie den Küster an. „Ich habe angrordnet, das Dorfgesindel solle heute keinen Zutritt zur Kirche haben, die Thiiren seien zu schließen. Trotz dieses Verbotes finde ich die ganze Schule hier ver sammelt. Man läßt mich reden und thut, was man will. Man erlaubt sich zuviel, weil ich eine zu gütige Herrin bin — eine zu gütige Herrin! — Oh ja, zu gütig —." Die Worte kamen langsam und gedehnt über ihre fahlen Lippen. Als ihr Niemand antwortete und die Kinder sie neugierig anglotzten, ohne den angenehmen Platz zu ver lassen, erhob sie die Stimme, was ihr große Anstrengung zu verursachen schien. „Hat man mich verstanden? Man soll sich schleunigst entfernen. Diese Kirche ist nicht Gemeingut, sie ist unser Eigenthum, wir dulden dieses freche Eindringen nicht." Die kleine Schaar rührte sich nicht von der Stelle und die Aufregung der alten Dame wurde durch dieses respect- widrige Benehmen gesteigert. Sie rief den Tapezier, den Kirchendiener, auch einen ihrer Lakaien herbei, um die Ein dringlinge vertreiben zu lassen, doch nur Jean, der Lakai, fühlte sich bewogen, nach einigem Zögern dem Ruf seiner Herrin Folge zu leisten. Er ergriff eine Gerte, fuchtelte damit in der Luft herum und stellte sich an, als ob es ihm sehr Ernst mit der Sache sei. „Wollt Ihr Euch packen, Ihr kleines Gesindel, gleich hinaus, Ihr Rangen, oder ich rufe den Herrn Lehrer." Diese Drohung wirkte. Die Kinder wandten sich zur Flucht. Während sie sich lärmend und stoßend durch die Thüre drängten, schritt der Lehrer auf die Kirche zu. Diese Begegnung verursachte bei den Ausgewiesenen großes Erschrecken. Wertmann's freundliches Gesicht nahm einen strengen Ausdruck an, sein strafender Blick traf die Kecksten aus der Schaar, die gleich den Uebrigen mit Armensündermienen vor ihm standen. „Was soll das heißen", herrschte er sie an, „habe ich Euch nicht befohlen, nach Hause zu gehen? Warum seid Ihr in die Schloßkirche gezogen?" Im ersten Augenblick wagte Keines zu antworten. Da ermannte sich Löwenwirth's Bastel und sagte mit halb lauter Stimme: „Um zu beten!" Der Lehrer faßte ihn am Ohr und schüttelte ihn ein wenig. „Du Schlingel, ich will Dich morgen in der Schule beten lehren. Du bist immer der Erste, wenn es gilt, lose Streiche auszuführen, der letzte beim Lernen und Gehorchen. Du verführst die Andern. Ihr wußtet, daß ich in die Kirche kommen würde." „Wir dachten, Sie gingen zuerst ein wenig um die Capellen-Mühle herum, Herr Lehrer", bemerkte Bastel mit scheinheiliger Miene, „und da meinten wir, es hätte noch Zeit, bis Sie kämen." Wertmann wechselte die Farbe, hielt eine heftige Ant wort zurück, winkte den Kindern, sich zu entfernen, und betrat die Schloßkirche in kaum zu verbergender Erregung. Hier ging Frau von Monhardt kurzathmend auf und ab, hielt ihr spihenbesetztes Taschentuch an die Nase und affec- tirte ein Gefühl des Schauderns. „Wie das lärmt, wie das riecht", stöhnte sie, „wie mir das die Nerven angreift. Das gemeine Volk hat eine Aus dünstung — oh! — Jean, öffnen Sie alle Fenster!" Jean stellte sich, als ob er nicht höre. Die Erzürnte wandte sich dem Lehrer zu, dessen respectvollen Gruß sie kaum erwiderte und dessen entschuldigende Worte sie hoch- müthig zurückwies. Für das unbotmäßige Verhalten der Schulkinder machte sie ihn verantwortlich; sie bezweifelte seine Fähigkeiten im Allgeminen und sein musikalisches > Können im Besonderen und befürchtete, er habe den Choral, welchen er morgen beim Einzug des Brautpaares begleiten solle, nicht eingeübt, sie war überzeugt, er würde sich vor den erlauchten Hochzeitsgästen blamiren. Der Lehrer hatte eine scharfe Antwort auf den Lippen, kam aber nicht dazu, dieselbe auszusprechen, denn die Schloßfrau wandte ihm den Rücken und ließ ihn stehen. Schwer gekränkt stieg er zur Emporbiihne hinauf und saß eine Weile in finsterem Brüten vor der Orgel, er konnte sich nicht entschließen, die Tasten zu berühren; da fiel ein Abendsonnenstrahl durch's Kirchenfenster, erhellte den düsteren Raum und brachte auch Licht in seine Seele. Ein rosiges Mädchengesicht tauchte vor ihm aus, wie es ihm vorher am Saum der Waldwicse begegnet war. Von dieser Erinnerung neu belebt, begann er der Orgel weiche Töne zu entlocken, sie schwollen all mählich an und reihten sich zu einer ergreifenden Melodie aneinander. Andächtig lauschten die Zuhörer, sogar Frau von Monhardt schien von dem Gehörten befriedigt. Der Spielende vergaß Alles um sich her. Die Töne quollen aus seinem Herzen. Das liebe, rosige Gesicht mit den ehrlichen braunen Augen nickte ihm zu, während er spielte, und als er, aus seiner Selbstvergessenheit erwachend, die letzten Accorde griff, da war alle Unsicherheit von ihm gewichen, er war seiner Aufgabe Meister. Nun ließ sich die dünne, scharfe Stimme der Schloßfrau vernehmen: „Ueber das Spiel bin ich beruhigt. Wenn ich nur über alles Andere ebenfalls ruhig sein könnte. Die Arbeiten sind noch sehr weit zurück. Wie soll —wie kann das fertig werden? — Es kann nicht " „Wir haben nur zwei Hände", brummte der Tapezier. „Wenn man uns noch so sehr drängt und quält, mehr wie arbeiten können wir nicht." Die Schloßfrau fand es für gut, diese Beinerkung zn überhören. Leise klagend oder tadelnd ging sie von Säule zu Säule, von Bank zu Bank, untersuchte die Laubgewinde,
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