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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 07.12.1897
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1897-12-07
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18971207027
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1897120702
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1897120702
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1897
- Monat1897-12
- Tag1897-12-07
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Anzeigen.Prei- die 6 gespaltene Petitzeile 20 Pf^ Neclamen unter dem RrdactiouSstrich (4 a» spalten) 50/4» vor den Familieanachrtchn» (S gespalten) 40 Gröbere Schriften laut unserem Preis- vrrzeichniff. Tabellarischer und giffernsatz nach höherem Tarif. Extra-Beilagen (gefalzt), nur mit d« Morgen-Ausgabe, ohne Postbeforderunj' 60.—, mit Postbrfördernng ^l 70.—. Armtchmeschluß für Anzeigen: Abeud-Ausgabe: Vormittag» 10 Uhr. Dtorge».Ausgabe: Nachmittag» 4U-N. Bei den Filialen und Annahmestellen je eku» halbe Stunde früher. Auzeigen sind stet» an die Expedition zu richten. Druck und Verla, von E. Polz in LeipzlE Dienstag den 7. December 1897. 91. Jahrgang. Politische Tagesschau. * Leipzig, 7. December. Konnte man der Regierung die^Ancrkennnug nicht ver sagen, daß sie die Marinevorlage glücklich gestaltet und wohl begründet habe, so bat die gestrige Sitzung des Reichstags den Eindruck verstärkt, daß Reichskanzler und Marinever waltung wissen, was sie in der Angelegenheit wollen, und zwar dies auf Grund einer alle in Betracht kommenden Ge sichtspunkte berücksichtigenden Uebcrlegung. Wir betrachten als den wichtigsten Gewinn der Verbandlung, daß nach den klaren und vorsichtigen Auseinandersetzungen des Fürsten Hohenlohe und deö StaatSsecrctairü Tirpitz Ueber- raschungen, wie wir sie in der vorigen Tagung zu beklagen batten, ausgeschlossen erscheinen. Die Angelegenheit ter Flotten verstärkung ruht in ruhigen Händen. Bleibt sie darin, so sind wir deö schließlichen Erfolgs sicher, wenn auch uiöglicker- weise nicht in dem nächsten Halbjahre. Tie Reden des Reichskanzlers und des StaalSseeretairS der Marine bedürfen teines EommentarS. Es sei zunächst nur darauf aufmerksam gemacht, daß die Frage d-S Marine-Gesetzes, des „Sep- tennats", wie ihr Mangel an Unterscheidungsvermögen den Radicalen Len Flottenbildungsplan zu neunen gestattet, Lurch Len Fürsten Hohenlohe von einer neuen Seite beleuchtet worden ist. Es ist durchaus richtig, was der Reichskanzler saHte: Wir haben bisher wegen eines oder zweier, vielleicht kleiner Schiffe heftige Kämpfe gekämpft, die eine große politische Tragweite gewannen, obwohl eö sich um Politik dabei gar nrcht handelte, sondern um eine Quantität--, eine wenig bedeutsame Geldfrage. Jetzt kommt die Regierung mit einem „neuen System", das Len llcinlichen, unfruchtbaren Streit ansschlicßt. Sie sagt: „Vom Jahre 1904 an wollen wir eine Flotte haben, die wir tbat- sächlich bisher nicht besaßen und noch heute nicht besitzen. Sie soll so und so beschaffen sein. DaS deutsche Volk will sie, will sie der Reichstag nicht?" Die Vereinfachung ist dankenö- werih. Daß sie das Etatsrecht deö Reichstags nicht illusorisch macht, wurde schon nach dem Bekanntwerdcn der Vorlage und ihrer Begründung ersichtlich. Die demokratische Presse leiert dennoch ihr „constitutionelleS" Sprüchlein wieder herunter. Sie wird sich auch dadurch nicht beirren lassen, daß der verantwortliche Staatsmann, der gestern sagte: „Ueber die Zeiten sind wir Loch hinaus, in denen mau auS einem doctrinairen Bewilligungsrechte des Parlaments die Befugniß berleitete, durch die Nichtbewilligung den Staats- organismuS lahm zu legen", daß dieser Mann sich vom Wesen des ConstitutionalismuS so ganz durchdrungen gezeigt hat, um als bayerischer Ministerpräsident auf ein Mißtrauensvotum der Kammer hin und sehr wider Wunsch seines Monarchen von der Regierung zurückzutrcten. Absolutistische Traditionen wird man dem Fürsten Hohenlohe am allerwenigsten nacksagen können. Herr Tirpitz, der gestern seine erste, wie der Reichs kanzler als solcher seine längste Rede hielt, befestigte durch seine nüchternen Darlegungen die Auffassung, daß die Marineverwal tung ein durchdachtes und für eine so geraume Zeit, wie cS in Dingen der Technik überhaupt möglich ist, festes Programm hat. Er führte eine Reihe von praktischen Momenten an, von denen wir dem Hinweise auf die Möglichkeit, bei einem abgeschlossenen Plane billiger zu bauen als bei einem Flotten leben „von der Hand in den Mund", nicht den letzten Platz einräumen möchten. Der erste Abgeordnete, der zum Worte kam, war der Socialdemokrat I)r. Schönlank. DaS Schick sal schenke der deutschen Flotte noch recht viele solche parla mentarische Gegner! Es will viel sagen, ist aber dennoch Fenrllrton. Das Wahrzeichen der Herrendorfs. 2) Roman von L. Migula. Nachdruck verboten. 2. Capitel. Die Ringburg, wie das alte Stammschloß zur Erinnerung aneinen sagenhaften Ring genannt worden, war ein mächtiges, viereckiges Gebäude, überragt von einem hohen Thurme, der über die Wipfel der herrlichen, uralten Bäume hinweg auf die fruchtbaren Aecker und Wiesen schaute, die zu der schönen Herrschaft Herrendorf ge hörten. Das Schloß lag inmitten eines weiten Parkes, dessen sorgsame Pflege das Steckenpferd des alten Herrn von Herrendorf war. Seit Jahren an den Rollstuhl gefesselt, sah er seine frühere Thätigkeit in Wald und Feld auf die nächste Umgebung beschränkt, d:r er dann auch seine vollste Aufmerksamkeit widmete. Stunden lang konnte er sich durch die vielfach verschlungenen Wege fahren lassen, stets begleitet von seiner Enkeltochter Inga, die immer bereit war, auf alle Ideen des Großvaters einzugehen, nur darauf bedacht, ihn zu unterhalten und sein trauriges Geschick vergessen zu machen. Seine Gemahlin und deren Tochter erster Ehe küm merten sich wenig um den Kranken; ein stilles, gemüthliches Fa milienleben war nicht nach ihrem Geschmacke; sie liebten rege Geselligkeit und obgleich sie in regem Verkehr mit der Nachbar schaft standen, auch die Hauptstadt leicht erreichen konnten, waren sie doch immer froh, wenn das schlechte Herbstw^ter ihrem Land aufenthalt ein Ende machte und man nach der nahen Residenz übersiedelte, wo sie seit einer Reihe von Jahren die Wintermonate zuzubringen pflegten; ein Opfer, das Herr von Herrendorf seiner schönen Gemahlin im Anfang gern und willig gebracht, das ihm aber von Jahr zu Jahr schwerer wurde, so daö er den Zeitpunkt der Uebersiedelung nach k. immer weiter hinaus zu schieben suchte. Auck in diesem Jahre war der anfangs dafür festgesetzte Termin wieder verschoben worden, da ein heftiger Anfall von Rheumatismus, wie er sich öfter im Herbst und im Frühjahr einzustellen pflegte, den alten Herrn an sein Zimmer fesselte und der Arzt die größte Schonung zur Pflicht gemacht hatte. Es war ein trüber Octobernachmittag, der Herbstwind trieb die gelben Blätter über die Rasenplätze und Kieswege und schüt telte die Aelle der alten Linden, daß sie prasselnd an die Fenster des Wohnzimmers schlugen. An einem von diesem stand Asta von Herrendorf und sah ungeduldig hinaus. Sie schien auf Je wahr und wird auch von einem der Marinevorlage feindlich gesinnten Berliner Blatte anerkannt: diese Rede war sogar unter der Würde dieser Marineopposition 1893er Ursprungs. Diesen Eindruck babcn aber nnr Wenige be kommen können; die meisten Anwesenden hörten nichl ans das Heraussprudeln der einstudirten Gemeinplätze und für die Gasse berechneten Hetzereien. So etwas macht Herr Richter denn doch viel besser. Die StaatSsccrctaire v. Tbiel- mann, Gras Posadowsky und v. Bülow antworteten Herrn Schönlank. Das erforderte der „Dienst", nichl die Bedeutung des Gekörten. Von dem Redner der Frei sinnigen Vereinigung Or. Barth erfuhr man nnr, was man schon wußte, daß nämlich er und seine Partei für den Frei handel mehr schwärmen als für die Flotte; der Pole v. JazdzewSki streifte die Vorlage nnr mit dem Acrmel, nnd Gras Limburg-Stiruiu blieb die nähere Bezeichnung derjenigen Mitglieder der conservativen Partei schuldig, die nicht für die Festlegung auf sieben Jahre stimmen wollen. Heute wird man vielleicht hören, wer diese conservativen Herren sind und in welchen Beziehungen sie zum Bunde der Landwirthe stehen. Außerdem wird heute im Namen der Nativnalliberalen der Abg. Or. Ham mach er sprechen; den Staudpunct der deutschen Neicbspartei wird Graf v. Arnim darlegen. Die Herren I)r. Lieber und Richter wollen sich, wie es heißt, bis zum Schluffe anfsparen. Sollte die Discussion beute nicht zu Ende kommen, so wird wegen deö auf den Mittwoch fallenden katholischen Feiertages die Fortsetzung erst am Donnerstag staltsinden. AuS Karlsruhe kommt die erfreuliche Nachricht, daß der Geistliche Rath Lender, Mitglied des badischen Ccntrums, für die Flottcnvorlage eingetretcn ist. Bei einem Banket zu Ehren deö wiedergewäblten Landtags abgeordneten Lauck erklärte Herr Lender, daß er eine Ver stärkung der deutschen Flotte in Anbetracht der Weltmacht stellung Deutschlands zum Schutze seines Handels, seines Ansehens im Auslande, der Missionen ec. für dringend geboten halte. Freilich hat Herr Lenver die der Führung seines Eollegen Wacker solgcnden badischen Ultramontancn nichl hinter sich, um so mehr aber darf er darauf rechnen, daß die große Zahl der uichtultramontimr» Katholiken Badens sein Eintreten sür eine dcutsch-nationale Sache freudig begrüßt. Hoffentlich bleibt cS nicht bei einfachen Zustimmungserklärungen. Gerade in Baden, wo sie zahlreicher sind als irgendwo im deutschen Reiche, sind die sich als gute Deutsche fühlenden Katholiken berufen, ihren Gesinnungsgenossen in den übrigen Einzelstaaten mit gutem Beispiele voranzugebcn und den Anstoß zu einer Be wegung zu geben, die dem ReichStagscentrum zeigt, was es zu gewärtigen hat, wenn eS durch Ablehnung des Flottengesetzcs die Auslösung Les Reichstags provocirt. Wir sind überzeugt, daß energische Kundgebungen der nichtultramontanen badischen Katholiken für die Flottenvorlage in Bayern, in Würt temberg und anderwärts Nachahmung finden würden. Daß derartige Kundgebungen die Hauptführer und Agitatoren deö UltramontanismuS bekehren würden, ist aller dings nicht anzunehmen. Aber unter der Gefolgschaft dieser Agitatoren giebt es viele Tausende, die lediglich aus alter Gewohnheit und aus Abneigung gegen eignes Denken und Prüfen der von Herrn Vr. Lieber gegebenen Direktive folgen und ihr deutsches Herz entdecken würden, wenn an diefes kräftig von vertrauenSwertber Seite appellirt würde. Eben deshalb sollten auch die BundesralhSvertreter derjenigen Staaten, die dem Centrum die mefften Mit glieder zuführen, an den ReichStagsdeb alten über manden zu warten, denn ihre Blicke waren immer nach einer Richtung gewandt. Endlich kehrten sie sich ihrer Mutter zu, die an einem mit Stoffproben und Modeblättern bedeckten Tisch saß, und sagte ärgerlich: „Himmel, wo nur Inga wieder bleibt! Papa Hot eben das dritte Mal geschellt und war vorhin schon ganz ungeduldig, daß er zwei Stunden lang ohne seinen Secretair zubringen muß. Ach, es ist zu langweilig, daß er gerade jetzt wieder einen so bösen Rhcuma-Anfall hat und wir gezwungen sind, noch länger hier zu bleiben! Ich halte es fast nicht mehr aus." „Es wird Dir doch wohl nichts Anderes übrig bleiben, meine liebe Asta", erwiderte Frau von Herrendorf, die immer noch eine schöne Frau war, obgleich die Kunst das Ihrige dazu beitrug. Ihre Tochter hatte viel von ihr geerbt, die tiefschwarzen Äugen, die feine Nase und den schönen Mund; von ihrem Vater hatte sie nur das üppige Blondhaar und die hohe, stolze Gestalt. Sie konnte als eine vollendete Schönheit gelten, die nur dadurch ein wenig beein trächtigt wurde, daß sie sich ihrer zu bewußt war. „Findest Du cs nicht wieder einmal über alle Begriffe rück sichtslos von Inga, so lange fortzubleiben, Mama? Du mußt nun alle Augenblicke zu Papa gehen und sic weiß, daß wir dir Toiletten für den Winter auszusuchen haben, da die Proben ent schieden heute zurückgeschickt werden müssen, wenn wir die Costüme zur rechten Zeit haben wollen. Sie konnte wirklich darauf Rück sicht nehmen, daß wir uns heute Papa nicht widmen können." „Nun, ich dächte, an dergleichen müßtest Du endlich gewöhnt sein; Inga leistet ja von jeher Großes darin." „Wahrhaftig, das thut sie, ich habe mich aber wirklich schon oft gewundert, weshalb Du das duldest." Frau von Herrendorf zuckte die Achseln. „Was bleibt mir übrig? Sie ist Papa unentbehrlich, da muß man sich eben in Manches fügen. Viel schlimmer wäre es ja für uns, wenn sie fortginge; hättest Du Lust, ihre Stelle bei Papa einzunehmen?" „Davor bewahre mich Gott!" fuhr Asta ganz entsetzt auf, „nicht drei Tage ertrüge ich ein solches Leben. Aber ich begreife eigentlich nicht, weshalb wir nicht ruhig nach X. gehen und Papa in Ingas Gesellschaft hier lassen, da sich Beide ohnebin so schwer von der Ringburg trennen können. Was meinst Du, Mama?" „Ich habe auch schon daran gedacht, aber ich fürchte, Papa wird es nicht zugrben, schon GüntherS wegen nicht, den er sicher nicht von sich lassen würde. Du weißt, wie sehr er ihn vermißt, wenn er nur für einen Tag fort ist." „Nun, so bleibt der einfach auch hier; das ist ohnehin viel be quemer für uns. Ich wäre froh, wenn der erwähnte Prinz uns einmal eine Zeit lang nicht tyrannisiren könnte!" das Flottengesetz sich eifrig und energisch betbeiligen. Gerade da, wo die Autorität der Centrumsführer gilt, gilt Autorität überhaupt noch. Wenn bayerische Bundesrathövertreter im Reichstage mit allem Nachdrucke besonders gegen die der Vorlage feindlichen Redner des Centrums auftreten und keinen Zweifel daran aufkommen lassen. Laß auch die bayerische Negierung die Annahme deö FloltengesetzeS für dringend nölbig hält und jedes der ihr zu Gebote stehenden gesetzlichen Mittel anwenden wird, um bei Neuwahlen eine diese Annahme sichernde Reichstagömehrheit berbeizuführen, so kann das aus die nickt mit Haut und Haaren dem UltramontanismuS verfallene Bevölkerung Bayerns um so weniger ohne Eindruck bleiben, je geflissent licher von ultramontaizer Seite die Anschauung genährt wirk, die bayerische Negierung sei nur mit halbem Herzen auf der Seite der Marinefreunde und habe weniger aus eigener Ucberzeugnng als aus Nachgiebigkeit gegen einen preußischen Druck ihre Zustimmung zu der Vorlage gegeben. In Haiti dürfte die Entscheidung heute schon ge fallen sein, sofern die folgenden uns zugegangenen Mel. düngen den Thatsachen entsprechen: * London, 7. December. (Telegramm.) Tas „Rcnter'schc Bureau" verbreitet folgende New Uorker Depesche: Ein hier eingegangcneS Telegramm aus Port an Priucc vom 6. d. Mts. meldet: Zwei deutsche Kreuzer sind heute früh hier ciugctroffeu. ES wurde der Regierung von Haiti ein Ultimatum über reicht, in welchem verlangt wird, das; den Forderungen Deutschlands bezüglich der Gcnngthuung sür Sen Fall Lüders innerhalb eines Zeitraumes von 8 Stunden (Genüge geleistet werde. In diplomatischen Kreisen von Port au Princc glaubt man, das; Haiti entschlossen sei, die Bedingungen Dcntschlands anzunehmcn. Die hier wohnenden Deutschen haben sich, da Ruhestörungen befürchtet wurden, gestern auf zwei im hiesigen Hafen liegende Dampfer begeben. Ter französische Gesandte requirirte einen französischen Dampfer als französischen Zufluchtsort. Unter der Bevölkerung herrscht grosse Er regung, doch verfügt dte Regierung über beträchtliche Streitkräfte und ist entschlossen, die Lrdnnng aufrecht zu erhalten. * Rcw Bork, 7. December. (Telegramm.) Nach Meldungen, welche hier aus Jamaika cingegangen sind, wurden in den Straffe» von Port au Prtnce Placate angeschlagen mit der Unterschrift: „Nieder mit der Regierung!" Die Truppen sind in den Easerncn cousignirt. Der Ausbruch der „Revolution" auf Haiti ist anscheinend die Bestätigung dafür, daß die Regierung nackgegeben und es vorgerogen hat, die Stadt mit den eisernen Visitenkarten der deutschen Kanonen lieber keine Bekanntschaft macken zu lassen. Dieser AuSzang war Vorauszusehen, zumal da sich die Meldungen von einem Eingreifen der Vereinigten Staaten zu Gunsten Haitis als eitel Dunst erwiesen hatten. Seitdem ist den „Helden- und todesmuthigen" schwarzen Großmäulern daö Herz in die Hosen gefallen, und die Farce von Revo lution, die man der Ehre der Nation noch schuldig zu sein glaubt, wird über die ersten Scenen nicht hinauskommen. Tragisch wird die Sache auf keinen Fall. Leider hat eS geraumer Zeit bedurft, um die corrupte Negerrepublik über die Fähigkeit Deutschlands aufzuklären, sich selbst Genugtuung zu verschaffen. Jedenfalls bätte eS unserem Ansehen besser entsprochen, wenn wir der Verschuldung die Strafe sofort „Ich bitte Dich, Asta, wie kannst Du in so liebloser Weise von Deinem einzigen Bruder sprechen", rief Frau von Herrendorf heftig; „übrigens kennst Du mich wohl so weit, daß ich niemals ohne Günther gehen würde und sollte ich den ganzen Winter auf der Ringburg zubringcn." „Das konnte ich mir denken", murmelte Asta zornig und kehrte ihrer Mutter den Rücken; „andere Jungen in seinem Alter sind längst im Cadettenhaus oder auf der Schule, aber Ihr habt Alle eine wahre Affenliebe für den eigensinnigen Bengel, der jeden Tag ungezogener wird." Angelegentlich sah sie wieder in den Park hinaus und fuhr plötzlich froh überrascht auf. „Da kommt Fritz Herrendorf, wahrhaftig zur rechten Zeit. Wenn Papa diesen seinen lieben Neffen hat, dann fragt er auch nach Inga kaum." Es war wirklich Lieutenant Herrendorf, der, wie er sich vorge nommen hatte, gleich heute nach der Ringburg geritten kam, um einen Vergleich zwischen alten Bildern von Hans und dem Sänger anzustellen. Er wurde von den Damen freudig begrüßt, und als er auf seine thrilnehmende Frage nach Onkel Siegfried von dessen Kranksein hörte, sagte er sogleich: „Dann möchte ich ihn wohl bald aufsuchen; ich weiß, er läßt sich dann gern etwas unterhalten und die Damen sind sicher so beschäftigt", fügte er, aus die Proben deutend, hinzu, „daß meine Gegenwart nur störend wirken kann. Auf Wiedersehen." Asta ließ ihn ohne Bedauern gehen. Sie hatte sich als eben erwachsenes Mädchen einmal sehr für den hübschen, schlanken Lieutenant interessirt, dessen ernstes Gesicht und gesetztes Wesen von dem oft recht leichtsinnigen Betragen seiner Kameraden ab stach und dadurch einen ganz besonderen Eindruck arck sie hervor- geruken hatte. Da cs ihr indessen nicht gelungen war, ihn an ihren Siegeswagen zu fesseln, so gab sie ihn auf und behielt nur eine verwandtschaftliche Freundschaft für ihn. Sie wurde bald durch die extravagantesten Huldigungen verwöhnt und würde das Leben für unerträglich gehalten haben ohne einen Kreis von Ver ehrern, denen ein Wink ihrer Augen Befehl war. Es fand sich auch stets eine genügende Anzahl junger Cavaliere, die, von ihrer Schönheit geblendet, sie umkreisten wie die Motten das Licht und als demüthige Sklaven all' ihre wechselnden Launen geduldig er trugen. Frau von Herrendorf hätte sie gern verheirathet gesehen, denn das rücksichtslose, eigensinnige Wesen der Tochter war ihr oft unbequem und störend, allein dazu schien wenig Aussicht, denn daß junge Mädchen war außerordentlich wählerisch und schwer zu befriedigen, Spott und ein ironisches Lachen, im günstigsten Falle ein mitleidiges oder gleichgiltigeS Achselzucken war bisher auf dem Fuße hätten folgen lassen können. DaS war aber auS bekannten Gründen unmöglich. Ueberraschend und doch nicht unerwartet kommt die Nack richt von der Demission des italienischen Cabinets di Rudini. Ueberraschend, weil der Anlaß zum Rücktritt durchaus keinen zureichenden Grund für denselben bilde!. Bei der Berathung des BeförderungSgesetzeS für das Land beer in der Kammer beantragte am Freitag der Deputirte Pozzo, die Bestimmung, daß die krankheitshalber beurlaubten Osficiere für das erste Jahr ihre Nnciennität bebakten, soll, auch auf die 1896 beurlaubten Osficiere angewendet werden. Der Kriegsminister Pellour, der hierin eine persönliche Begünstigung erblickte, lehnte den Antrag ab, die Kammer nahm ihn jedoch mit geringer Mehrheit an. Infolge dessen reichte der Kriegsminister seine Demission ein, worauf der Ministerpräsident die Demission des ganzen CabinetS an kündigte. Offenbar suchte di Rudini, wie man — und wohl mit Recht — behauptet, im Einvernehmen mit dem Kriegsminister nach irgend einem Anlaß, freie Bahn für eine Reconstruction des CabinetS zn machen. Daß Rudini mit dieser Absicht schon geraume Zeit umging, wußte man, und deshalb war man auf seinen jetzigen Schritt vorbereitet. Tas Ministerium Rudini stand von vorn herein auf schwachen Füßen, da es Parteien seine Entstehung verdankte, die nur der blinde Haß gegen CriSpi geeinigt hatte, auf deren Lauernden Zusammenhalt aber nicht zu rechnen war. Dazu kommt, daß Rudini bisher keine glückliche Hand gehabt, daß er während seiner jetzt fast zweijährigen Präsiventeuschast die großen Fragen, die er angeschnitten, nicht gelöst, die Reformen, deren Nichtdnrchführung cr CriSpi zum Vorwurf machte, selbst nicht in die Wirklichkeit einzefübrt hat und unausgesetzt zwischen rechts und links. Zwischen ^klerikalen und Radicalen hin- und bergeschwankt ist. So hatte cr cS schließlich mit fast allen ' Parteien verdorben^ und es war vorauszusehen, daß, wenn er mit irgend einer belangreicheren Frage vor das Parlament getreten wäre, der „treulos mürbe Bau" Zusammenstürzen mußte, den lediglich der Neid der Parteien untereinander aufrcchterhalteu hatte. Die jetzt anaekündigte Schiebung ist daher nur ein letzter Versuch, die Mitglieder dcS CabinetS, die am wenigsten Halt in der Kammer haben, auszuschiffen und einige andere Männer, in erster Linie Zanardelli, welcher die Gunst der Linken besitzt, und, wenn möglich, auch Sonnino, welcher fick der Sympathie der Finanzwelt und der Conser vativen erfreut, einzaschiffen. Der Eintritt Zanardelli's würde bedeuten, daß der Kampf gegen die Klerikalen, der vor einigen Monaten begonnen wurde und dann eine Zeit lang pausirt hat, nun mit Entschiedenheit durchgeführl werden soll. Interessant wird eö dann sein, CriSpi, den früheren Todfeind der Kirche, auf der Seite der Gegner de» culturkämpferischen Ministeriums Rudini zu sehen. Ob Zanardelli wirklich sich mit Rudini verbinden wird, stellt indessen noch dahin. „Popolo Romano" schreibt, Zanardelli habe seinen Freunden auf daö Bestimmteste erklärt, daß cr zwar bereit sei, bei der Lösung der Krisis mitzuhelfen, aber durchaus nickt beabsichtige, in irgend einer Form an der Negierung Theil zu nehmen. Aber auch wenn Rudini durch die Vereinigung mit Zanardelli an Kraft gewinnen sollte, so würde cr doch immer noch die Gegnerschaft CriSpi's, der noch lange kein „todter Mann" ist, zu fürchten haben. Ueber den Fortgang der Krise weiß die „Italic" bis jetzt nur zu berichten, daß der König dem Marchese di Rudini das Mandat zur Neubildung des CabinetS angeboten habe, ihre Antwort auf die Werbungen gewesen, an denen es ihr bei ihrer Schönheit natürlich nicht gefehlt. 3. Capitel. Fritz, dem die Räume des Schlosses seit seinen Kinderjahren wohl bekannt waren, stieg rasch die Treppe hinab ins Erdgeschoß, wo sich die Zimmer des Herrn von Herrendorf befanden. Im Vorzimmer traf cr Karl, den alten Kammerdiener seines Onkels, und ließ durch diesen anfragen, ob er eintreten dürfe. „Der gnädige Herr sind sehr erfreut über den Besuch des Herrn Lieutenants und lassen bitten", war die Antwort. „Komm herein, mein Junge", ertönte es da auch schon im Nebenzimmer, „es ist ja eine ganz besonders gütige Fügung des SchMals, die Dich gerade heute nach der Ringburg führt!" Fritz begrüßte seinen Onkel herzlich, er fühlte stets das leb Hafteste Mitleid mit dem alten Manne, der so hilflos, ganz auf den guten Willen seiner Umgebung angewiesen war. „Bringt Dich eine besondere Veranlassung zu mir, lieber Fritz?" fragte Herrendorf mit einem fast ängstlich forschenden Blick auf seinen Neffen, „so will ich nur hoffen, daß es keine Ein ladung zu irgend einer Festlichkeit ist, denn sonst Hilst es nichts mehr, ob gesund oder krank, wird der Ringburg eben Lebewohl gesagt und in die Stadt gezogen, wo ich mir immer vorkomme wie in einem Käfig, seit ich meine Beine nickt mehr gebrauchen kann." „Sei unbesorgt, lieber Onkel, mich trieb nur das Verlangen, Euch einmal wiederzusehen und mit Euch zu plaudern, heraus." „Dann sei mir doppelt willkommen, mein Junge. Ich habe einen traurigen Nachmittag verbracht, denn Inga dehnt heute ihren täglichen Rundgang im Dorf über Gebühr aus und ich bin so egoistisch, den armen Kranken ihre Gesellschaft, die mir selbst so unentbehrlich ist, nicht zu gönnen." „Sie bleibt gewiß nicht länger, als unumgänglich nöthig ist, Onkel Siegfried, Du kannst überzeugt sein, daß sie sich möglichst beeilt." „Ich würde es ihr auch nicht verdenken, wenn sie keine große Eile hätte, zurückzukommcn! Was erwartet sie hier Angenehmes? Die Gesellschaft eines alten, verbitterten Mannes, den alle An deren fliehen." Die Worte sollten nur ein Scherz sein, aber die Stimme klang so schmerzlich, daß es Fritz einen Stich ins Herz gab und er eifrig sagte: „Mein lieber Onkel, wie kommst Du nur auf solche Ideen! Ich weiß genau, daß Inga sich glücklich und zufrieden bei Dir fühlt und mir willst Du doch hoffentlich ebenfalls nicht nach sagen, daß ich Dich fliehe?"
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