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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 13.12.1897
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1897-12-13
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18971213023
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1897121302
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1897121302
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1897
- Monat1897-12
- Tag1897-12-13
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ES giebt Leute, die es für über- flüssig, wenn nicht gar für schädlich halten, daß die sogenannte Kritik der socialrevolutionären Partei berichtigt wird. Und so viel ist auch richtig: die Cocialdemokratie entfernt sich in ihrer Besprechung der öffentlichen Zustände geflissentlich von der Wahrheit und ignorirt die Wahrheit, wenn sie ihr entgegengeballen wird, so, daß cS den Anschein hat, die Regierung handle gegen ihre Würde, wenn sie der gewohnheitsmäßigen Entstellung und Verleumdung die Ehre der Zurückweisung erweist. Aber es scheint denn doch nur so. Den Hunderttausenden, denen es imponirt, daß ein Bebel, gleichgilug, waS er sagt, den Reichskanzler und drei ZtaatSsecretairc zum Reden „zwingt", stehen Millionen gegenüber, die Rede und Gegenrede prüfen und die eher zu Gunsten der Socialdemokraten gestimmt würden, wenn mau deren Behauptungen und Darstellungen unwidersprochen durch die Lande geben ließe. In den Äugen der Letzteren wird Herr Bebel nicht als der Sieger vom letzten Sonnabend dastehen. Den richtigen Eindruck, daß seine Art, die politischen und socialen Zustände schlecht zu machen, eine forcirte, gequälte gewesen — das günstigste Zeugniß für diese Zustände —, wird dieser Bevölkerungstheils Wohl nicht allgemein erhalten haben, aber die prompten Zurechtweisungen, die sich der Agitator zugezogen, verfehlen ihre Wirkung nicht. Er selbst war allerdings schon un ¬ sicher wegen der Zugkraft seiner Hetzreden und ver flieg sich zu einem Aufruf an die Gasse, offenbar nur aus dem Grunde, um wenigstens die nach dem Urtbeile der tadellos gedrillten Anhänger ehrenvolle Wunde eines Ordnungs rufs davon zu tragen. Mehr als guten Willen werden aber auch die Zielbewußten dem alternden Führer kaum gut- schreiben. Er war nicht glücklich, am allerwenigsten an dem Puncte, wo ihm der Erfolg am meisten am Herzen lag, io der Frage der Marinevorlage. Nachdem er, wahrscheinlich mit Recht, auSeiuandergesetzt, daß eS im nächsten Kriege unmöglich so „glatt" gehen könne wie im Jahre 1870/71, berief er sich gegen die Nothwendigkeit des Küstenschutzes auf die Kriegsgeschichte eben dieser Jahre. Noch mehr. Bebel, schreibe Bebel, brachte dem socialdemokratischen Hasse gegen die deutsche BertheidigungSfähigkeit das Opfer, den Fürsten Bismarck als Autorität anzuführen. Und waS erreichte er? Die Bekanntmachung der Thalsache, daß der Altreichskanz ler sich in einem Briese vorbehaltlos für die Vor lage erklärt hat, eine Veröffentlichung, zu der sich ohne die Herausforderung des socialdemokratischen Redners Herr Tirpitz wohl kaum veranlaßt gesehen hätte. Das Verdienst, das Herr Bebel durch diese starke Unterstützung der Mariue- 'erterung sich erworben, wird im Hauplbnche seiner Partei als das Gegentbeil figuriren und wirb als solches nicht ausgeglichen werben durch die Wuthausbrüche gegen den „Classenstaat", der die angeblich die SlaatSlasten ausschließlich tragenden Arbeiter unterdrückt. Tie Versicherungögesctzgcbung ließ Bebel bei einer allgemeinen Aeurtbeilung und Verurtheilung des Ver haltens Le- Staates zn der lobnarbeitenden Bevölkerung wohlweislich außer Betracht. Diese Erinnerung hätte aber besser als alles Andere, was der VolkSbegliickcr vorbrachle, in den Rahmen der Etatsvebatte gehört. Das Budget für 1888/99, oder wie man von nun an unrichtig sagen soll, ür 1888 weist einen Rcicbszusckuß zur Invalidität-- und Alters versicherung von 23,6 Millionen Mark aus, 2>/« Millionen Mark mehr als im laufenden Jahre. Und dabei ist diese Summe winstg im Vergleich mit dem, was die „Bedrücker" in ihrer Eigenschaft als Arbeitgeber für diese Versicherung, sowie für die Unfall versicherung, deren Kosten sie allein tragen, gesetzlich und für die Krankenversicherung thatsächlick, aufzubringeu haben; Herrn Bebel ist das Alles nicht der Rede werth, obwohl er eine Krisis der allein also belasteten deutschen Industrie für un ausbleiblich hält. Aber diese Voraussicht verhindert ihn auch nicht, dieser Industrie durch eine ausreichende Flotte in der Ferne den Schutz zu versagen, den die Ausfuhr der anderen großen Staaten, die sich der Fürsorge für kranke, erwerbs unfähige und alte Arbeiter evtschlagen, durch Kriegsschiffe genießt. Davon gar nicht zu reden, daß die Sicherung einer reichen Arbeitsgelegenheit für sieben Jahre, die die Annahme der Marinevorlage mit sich brächte, doppelt und dreifach für Denjenigen ins Gewicht fallen müßte, der von dem Eintritt einer ausgedehnten Arbeitslosigkeit innerhalb dieser Periode überzeugt ist. Indessen, die Leitung der „Arbeiterpartei" ist nicht so „rückständig", bei ihrer Abstimmung das Arbcitcrwohl zu Rath zu ziehen; sie hat un Gegentbeil ein Interesse an möglichst unbefriedigenden Er- werbsverhältuissen der Arbeiter, insbesondere au der Arbeits losigkeit, und dieses Interesse giebt die einzige Richtschnur für ihr Verhalten. Diese Erkeunluiß wird sich früher oder später auch bei den Mißbrauchten Bahn brechen, und deshalb theileu wir die Annahme des Kriegsministers von Goßter, daß die colleclivistischen Jrrlehrer ihre besten Zeilen hinter sich haben. Von dem Organismus, den sie sich zur Verbreitung ihrer Lehren in derSocialbemotratie geschaffen,wird das Gleiche aber nur gellen, wenn man nicht forlsährl, eine Unzufrieden heit zu nähren, die bei der Socialdcmokratie einmünbet, weil diese eine politisch-radicale und obgleich sie eine social- uwstürzlerische Partei ist. Unter diesem Gesctzpuncte be trachtet, erscheint es bedauerlich, daß Fürst Hohenlohe die Aufhebung deS Verbindungsverbotes für Vereine im Wege der ReichSgesetzgebung auch jetzt noch nicht zusagcn konnte, der preußische Widerstand also aufrecht geblieben ist. Persönlich trifft den Reichskanzler außer dem Vor wurfe, sich am 27. Juni vorigen Jahres im Reichstage nicht ganz klar ausgedrückt zu haben,- gewiß kein Tadel; die Angelegenheiten, die den Reichstag in dieser Session beschästigen und für deren befriedigende Beendigung die Amtswirksamkeit des Fürsten Hohenlohe noch die beste Gewähr bietet, sind von so außerordentlicher Wichtigkeit, daß mau es hätte beklagen müssen, wenn er wegen des Vereins gesetzes aus dem Rcichsdlenstc geschieden wäre. Wir unserer seits müssen auch hoffen, daß die auswärtige Politik dcS Reiches das Lob verdienen werde, das der formellen Leitung durch den Fürsten Hohenlohe von dem konservativen Abg. v. Leipziger und dem klerikalen Fritzen gespendet worden ist. Es unterliegt keinem Zweifel, daß die Person des jetzigen Reichskanzlers auch nach dieser Richtung eine gewisse Bürg schaft gewährt, da ein zweiter Mann von seiner diplomatischen Autorität, der zugleich in Berlin genehm wäre, augenblicklich Deutschland nicht zur Verfügung steht. Wie bereits telegraphisch gemeldet worden ist, will die der Mehrheit deS Plenums entsprechende Mehrheit der Budgetcommission deS Reichstags die Klotteuvorlagc nicht vor, sondern erst nach der Erledigung des Etats, also nicht vor Mitte Februar n. I, in Berathuug nehmen. Als Grund dieser Absicht wird angegeben, daß die Marineverwaltung früher kaum in der Lage sein werde, das gesammte Material, das der Commission er- sorderlich scheine, dieser zu unterbreiten. Hoffentlich zögert die Mariueverwaltung, die jedenfalls Alles bereit hat, was zur Zerstreuung etwaiger Zweifel der Commission dienen könnte, nicht, diese Unterstellung als solche zu kennzeichnen und dadurch klarzustelleu, daß der Zweck der Hinausichiebung der Berathungen über die Flotteuvorlage kein anderer ist, als der, dem Centrum Zeit zur Scküruug einer Preßagitalion gegen die Vorlage und zur Anknüpfung von Handelsgeschäften zu verschaffen. Daß darüber nirgends ein Zweifel bestere, liegt besonders deshalb im Interesse der Regierung, weil es von hohem Werthe ist, wenn solchen liberaleuKreise», die mancherlei Bedenken gegen die Annahme des „Mariue-Sepicunats" haben, aber dieses ohne reactio- uaire Concessioncn au den UltramontanismuS noch lieber in den Kauf nehmen, als mit solchen, ein Licht über den Liberalismus jener Parteiführer aufgeht, die dem Ceutrum Zeil und Gelegenheit zu dielen suchen, für die Annahme des Gesetzes Concessioueu für sich heraus- zuschlagcu. In der That hat Herr Eugeu Richter, der gar nicht im Zweifel darüber ist, daß das Centrum das „Marine- Scptrnual" mit Haut und Haaren verschluckt, wenn die Regierung zur Zahlung einer Verschluckungsgel ühr sich herbei laßt, welche den Cenlrumsführern bei der ganzen ultramoutauen Wählerschaft das Lob kluger und geschäftskundiger Handels leute eiuträgt, noch niemals einen den Liberalismus tiefer schädigenden Weg eingeschlazen als jetzt, da er Herrn Lieber gefällig bei seiner Verschleppungstaktik unterstützt und ihm behilflich ist in dem Bestreben, der Regierung Concessionen abzudrUcken. Es ist daher auch überaus thöricht, wenn die „Nordd. Allgem. Ztg." sich anstellk, als ob an dem guten Willen des Centrums, aus reinem Patriotismus das Flotten gesetz zu Stande bringen zu helfen, gar nicht zu zweifeln sei. Statt dessen sollte das Regierungscrgau immer und immer wieder darauf Hinweisen, daß das Centrum die Ent scheidung zu verschleppen und die Flottenvorlage zum Gegen stand eines Handelsgeschäftes zu machen sucht. Immer wieder sollte eö betonen, daß es sich für die Lmksliberalen um die Frage handelt, ob sie das Flottengesetz pure annehmen, ober mit Geschenken dem Centrum abkaufen, ob sie zu dem„Uebel" dieses Gesetzes auch noch das anderer reactionairer Gesetze oder Maximen nach dem Herzen des UltramontanismuS fügen wollen. Wirb man sich in der Gefolgschaft der Herren Rickert und Richter klar, daß es sich in der Thal um diese Frage handelt, so wird es auch nicht an Kundgebungen aus diesen Kreisen fehlen, die gegen jede Unterstützung der Taktik deS CeutrumS durch liberale Abgeordnete prolestireu und es als Pflicht dieser Abgeordneten bezeichnen, dafür zu sorgen, daß dem deutschen Volke zu den Lasten deS Flottengesetzes nicht auch noch die Lasten eines Kaufpreises für das reaclivuaire Centrum auserlegt werden. Lügen haben kurze Beine. Der Meldung eines eng- ischen Blattes, Deutschland habe auf Ktao-Tschgu ver zichtet und wolle sich in der Samsabbucht festsctzen, ist ein ofsicivseS Dementi auf dem Fuße gefolgt. Die Raschheit, mit welwer dasselbe ausgegeben wurde, läßt erkennen, daß man in Berlin nicht daran denkt, Kiao-Tschau zu räumen und gegen einen anderen Hafen umzutauschen und so mag der Wunsch der „Times", durch ihren „Versuchsballon" zu erfahren, wohin die deutsche Politik in Peking thatsächlich abziele, erfüllt erscheinen. Deutschland hat ja auch, wie wir wiederholt betonten, keinen Grund, seine Absichten zu ver heimlichen, zumal da ihm dabei bi- jetzt von keiner Seite ernste Schwierigkeiten in den Weg gelegt worden sind. Wie verlautet, soll jetzt auch Japan sich dahin erklärt haben, Laß eö keinerlei Einwendungen gegen eine definitive Besetzung rer Kiao-Tscbaubucht oder eine Pachtung derselben erheben werde, wenn dieselbe auf eine Zone von 100 englischen Meilcu bcschräukt werde. — Zn den „Time-* erinnert in der Kiao - Tschau - Angelegenheit sehr zeitgemäß ein ostasiatischer Historiker an hie Zeiten, da England sich vor die Nothwendigkeit gestellt sah, in Ost- asien eine Marinestatiou zu erwerben, also in derselben Lage war wie jetzt Deutschland. Mit Recht bemerkt dieser Schreiber, daß sich heute wohl Niemand in England mehr Les Streites der Meinungen erinnere, der 1844 entbrannte, als die Frage aufgeworfen wurde, ob zu dem Zweck Hong kong genommen werden sollte: „Der Wunsch nach Er werbung einer solchen Station war allgemein, nur über die Wahl deS Puncte- gingen die Meinungen auseinander", ob wohl im Vertrage von Nanking die Insel Hongkong Ihrer britischen Majestät, ihren Erben und Nachfolgern in ewigen Besitz gegeben war mit der Begründung Chinas, „damit britische Uuterlhauen einen Hafen erhalten, wo sie ihre Schiffe kal fatern und auöbessern und zu dem Zweck Waarenhäuser an legen können". Genau dasselbe verlangt heute Deutschland, nur ist für dasselbe die Nothwendigkeit ungleich größer, weil sich damals die Ausfuhr Chinas nach England kaum auf */, Million Pfund belief, während z. B. 1895 von den 8530 Schiffen, die direkt vom Auslände in chinesische VertragShäfeu einlicsen, bezw. von dort direct uach dem AuSlande auStiefeu, nicht weniger als 1058 mit 956 374 Tonnen Gehalt die deutsche Flagge führten. Rechnet man dazu die Küstenschifffahrt, zieht also den gcsammten Verkehr in den VertragShäfeu in Betracht, so ergeben sich für das genannte Jahr 37 132 Schiffe und zwar 19 500 englische, 13 000 chinesische, aber uach europäischer Art gebaute, 2684 deutsche, 595 schwedisch-norwegische, 266 fran zösische, 108 japanische, 101 österreichische, 90 russische und 63 nordamerikanische. Aus dieseu Zahlen ergiebt sich einmal, daß England immer noch das ganz bedeutende Uebergewicht im Schiffsvercehr Ostasicns behauptet, dann aber, daß Deutsch land, das im Jahre 1830 durch nur 4 Schiffe in China ver treten war, den zweiten Platz mit einem so weiten Vorsprung vor allen übrigen Nationen behauptet, daß er den Wunsch und das Betürfniß, nach englischem Vorbilde eine Schiffsstation im fernen Osten zu erwerben, vollauf rechtfertigt. Aber nicht nur in Bezug auf die Erwerbung seiner Schiffsstation soll England uns als Muster dienen, wir möchten ihm auch nacheifern in der Art und Weise, wie eS aus einem Felsen und einer Fieberböhle Hongkong zu einem der besten und bedeutendsten Häfen der Welt gemacht hat. Dieser Hafen, der von 1844—1846, wie damals seine Widersacher hervor hoben, „nicht eine einzige europäische oder chinesische Barke »MM»»WWM»WW»«WWMWM»WWW»>M»WWW» Das Wahrzeichen der Herrendsrss. 7) Roman vo» L. Mignla. „Gar nicht; ich komme zu Fuß, bringe aber möglicher Weise einen Gast mit. Sage das Frau Weise, unserm guten Hausgeist, damit sie ihre Vorbereitungen frisst." „Einen Gast? Wen wohl?" „Wart'« ab, kleine Neugierde. Da sind wir schon; auf Wie dersehen, Angela, ich hoffe, nicht zu lange aufgehalten zu werden." Der Wagen hielt und Roland verabschiedete sich mit einem freundlichen Kopfnicken von seiner Begleiterin, die in fröhlichster Stimmung nach Hause fuhr, um dort ihrem Großvater von den gemachten Einkäufen zu berichten. „Du bist eine kleine Verschwenderin und Onkel John ver wöhnt Dich ganz unverantwortlich, weißt Du das?" entgegnete ihr der alte Herr mit erheucheltem Ernst, während doch in seinen Augen die zärtlichste Liebe für sein anmuthiges Enkelkind leuchtete, das ,u verwöhnen er ganz recht und natürlich faud. „Ja, gewiß weiß ich da«," lachte sie, „aber warum soll er nicht, wenn es ihm Vergnügen macht! Onkel John ist ja glücklich, wenn er mir den Willen thun kann." „Das weiß Gotti Ich bin nur neugierig, wie das werden soll, wenn er sich einmal verheirathet." „Bcrheirathet? O, das darf er nicht! Es ist ja so schön, wenn wir drei zusammen sind, gelt Großpapa, das erlauben wir nicht?" „Er wird uns nicht fragen, ob er es darf, Kind; das ist sein« Sache." „O, die unsere doch auch ei» wenig; da« wollen wir einmal sehen! Aber er denkt ja gar nicht daran; warum soll er auch, hat er nicht Alle«, wa« er nur wünschen kann?" Der alte Herr seufzte. Der Gedanke, was aus ihm und seiner Enkelin wrrden würde, wenn Hans stch wirklich einmal verhrira- then sollte, hatte ihn schon oft gequält. Er wußte wohl, sein junger Freund war zu edel und großherzig, um stch von ihnen zu trennen, aber wa« würde das für ein Zusammenleben werden bei Angela'« lebhaftem Temperament, die bisher gewohnt war, jeden ihrer Wünsche erfüllt zu sehen. Er hatte Han« oft ge beten, das Kind nicht so zu verwöhnen, es strenger zu erziehen, doch dieser hotte stets lächelnd geantwortet: „Wozu? Ich habe keinen Grund, streng zu sein; Angela ist das artigste Kind, das sich denken läßt und durch einen Blick zu lenken. Sie soll eine so glückliche Jugend haben, wie ich ihr schaffen kann; das ist meine Pflicht ihrer todten Mutter gegenüber. Laß mich ruhig gewähren, lieber Onkel; wir fühlen uns Alle wohl dabei und ihr thut es keinen Schaden." Er hatte sich nur zu gern überreden lassen und Angela blieb nach wie vor das verwohnte Prinzeßchen. Es war gegen 2 Uhr, als Hans Roland in Begleitung Fritz Herrendorf's zurückkehrte. Angela hatte am Fenster gestanden und sie kommen sehen, sich aber bald zurückgezogen, da sie nicht wußte, wer der Gast war, und Hans Roland sie fast ängstlich vor jeder Berührung mit seinen Collegen bewahrte. In dieser Beziehung war er unerbittlich streng und Angela kannte ihn viel zu gut, um sich nicht gern uud unbedenklich in das zu fügen, was er für recht hielt. Darum war sie sehr erstaunt, als der alte Diener er schien und sie zu Tisch bat. Es geschah zuweilen, daß ein Be kannter bei ihnen speiste, aber nie war sie dann zugegen gewesen; darum fühlte sie sich auch jetzt unsicher, ob nicht ein Mißverständ- niß vorlieg«. „Hat Herr Roland Ihnen aufgetragen, mich zu rufen?" „Jawohl, di« Herrschaften warten nur auf das Fräulein." Ein wenig neugierig trat st« in den Salon und als Fritz daS schmale, liebliche Gesicht mit den großen, fragenden Augen sah, so kindlich und unschuldig, konnte er den Ausruf nicht unter- orücken: „Wahrhaftig, ganz Bodenhausen's „Märchen"!" Hans lächelte. „Komm' einmal her, Angela; Du erinnerst Dich doch, daß ich Dir kürzlich von einem lieben, lieben Freund erzählt habe, der mich als treuer Vetter in der Heimath begrüßt hat?" Angela nickte, während sie erwartungsvoll zu Hans aufblickte. „Nun, so sieh' Dir diesen Herrn genau an, Du mußt ihn sehr lieb haben, denn er ist wie mein Bruder, also gewissermaßen Dein Onkel." „Soll ich ihn also Onkel nennen?" fragte sie und reichte dem Lieutenant zutraulich die Hand, die dieser herzlich in seine beiden nahm, indem er sagte: „Sie würden mich außerordentlich glücklich machen, wenn Sie mich al« Onkel anerkennen wollten, und mir gestatten, Sie als meine Nichte zu betrachten; ich hoffe, wir werden dabei bald die besten Freund« werden." Angela sah zu Han« auf und in ihren merkwürdig ausdrucks vollen Augen stand so deutlich die Frage: Habe ich es so recht ge macht? daß er unwillkürlich darauf antwortete: „Sehr gut, Liebling; damit wäre also das verwandtschaftlich« Band geknüpft und wir können uns dem Materiellen zuwen den. Großpapa erwartet un« schon im Eßzimmer." Fritz wollte Angela den Arm bieten, aber sic war schon da von geflattert. „Welch'ein entzückendes Geschöpfchen", sagte er in ehrlicher Be wunderung; „wahrlich man kann Dich um Deine Pflichten als Pflegevater fast beneiden." „Ja, sie ist ein liebes, herziges Kind und hat mir niemals Grund zur Klage gegeben; mit ihrem fröhlichen, lachenden Wesen war sie so recht der Sonnenschein unseres HauseS. Ich habe sie in dem letzten Jahre sehr vermißt und bin froh, ihren leichten Schritt und ihre Helle Stimme um mich zu hören." Fritz hatte eine Bemerkung auf den Lippen, aber er unter drückte sie und sagte nur: „Das kann ich mir denken; dieses natürliche, sprudelnde Wesen wirkt wie ein frischer Quell." Der alte Norden begrüßte Herrendorf freundlich als lieben Bekannten und das Mittagmahl wurde unter lebhafter Unter haltung eingenommen. Angela betheiligte sich in ihrer unbefan genen kindlichen Weise daran, aber Fritz bemerkte, wie sie stets mit einem schnellen Blick auf Hans sich überzeugte, ob er zu frieden mit ihr sei. Als die Tafel aufgehoben war, sagte Hans Roland zu seinem Vetter: „Nun muß ich Dir auch endlich meine Schuld abtragen, lieber Fritz, Deine „Beauty" ist wirklich ein Prachtpferd und bei weitem mehr werth, als den von Dir gesetzten Preis; ich bin glücklich, ein so schönes Reitpferd zu haben." „Da muht Du Dich bei Asta bedanken; sie ist, wie ich Dir schon erzählte, an dem Handel schuld, aber ich freue mich, daß Du zufrieden bist. Reiten Sie auch, Nichtchen Angela?" „O natürlich! Nicht wahr, Onkel John, wir haben hübsche Ritte zusammen gemacht drüben in Amerika, und sobald der „Harald" zugeritten ist, sollen sie hier fortgesetzt werden. Ich fürchte nur, ich werde noch eine gute Weile warten müssen. Meinen Sie wirklich, daß „Beauty" kein Damenpferd ist. Ich mach« mir nichts daraus, ich bin ganz sicher, abrr Onkel John will durchaus nicht, daß ich sie reite." „Da hat er auch ganz recht, denn so vorzügliche Eigenschaften das Thier haben mag, ist es doch hitzig und launenhaft; aber ich kenne „Harald" und bin gern bereit, ihn in kürzester Zeit für Sie zuzureiten." „Wie herrlich!" jubelte Angela und schlug fröhlich in die kleinen Hände, „aber ist es auch kein Opfer, das Sie uns bringen?" „Durchaus nicht!" Hans Roland lachte: „Ich sehe schon, Du fängst auch an, unser Prinzeßchen zu verwöhnen! Ich werd« doch wohl nächstens daran denken müssen, meine Pflichten als Pflegevater etwas strenger zu nehmen." „O das kannst Du ja gar nicht," triumphirte Angela, zu ihm eilend und ihn zärtlich umschlingend: „Du hast es auch gar nicht nölhig, denn ich bin doch artig und folge einem Wink Deiner Äugen, nicht, Onkel Johny?" „Nun, ich denke wenigstens, wir werden leidlich mit einander fertig, wenn auch Großpapa zu meiner Erziehungsmethode oft den Kopf schüttelt. Aber sieh einmal nach, mir ist, als höre ich einen Wagen, vielleicht sind Deine Möbel angekommen." Wie der Wind war Angela am Fenster, und als sie diese Ber- muthung bestätigt fand, eilte sie, Hans Roland glückselig zu nickend, hinaus. II. C a p i t e l. Das Theater war schon am Nachmittag vollständig ausver kauft, Jeder wollte dem Auftreten des neuengagirten Sängers beiwohnen, der als Gast einen so unbeschreiblichen Erfolg gehabt hatte. Die ersten Reihen im Parkett, die für die Officiere reser- virt waren, füllten sich weit früher, als es sonst zu geschehen pflegte, wo die meisten der Herren erst nach dem ersten Acte er schienen. Vorläufig hatten sic allerdings ihre Plätze noch nicht eingenommen, sondern kehrten der Bühne den Rücken und rich teten ihre Gläser eifrig nach den Logen ersten Range«, dabei ihre Bemerkungen austauschend. „Sehen Sie einmal dort links, Ellheim, ich glaube Aahrhaftig, unser Staatsminister hat es über sich vermocht, seine Antipathie gegen Wagner ganz zu verleugnen und daS Töchterlein zu be gleiten; er fürchtet wahrscheinlich, sie könne in ihrem Enthusias mus für den neuen Sänger irgend «ine Ungeheuerlichkeit be gehen. Zuzutraurn ist ihr ja Alle«; die Kleine wird wirtlich alle Tage extravaganter! Sehen Sie nur diese Toilette wieder!^ „Ja, nicht zu begreifen," stimmt« Ellheim bei, uud richtete sein Glos nach der bezeichneten Loge. „Herrendorf, da kommen Ihre Cousinen, dir schöne Asta ist doch eine blendende Erscheinung, aber merkwürdig, st« stellt Fräu lein Inga gar nicht in den Schatten, obgleich dies« doch weit weniger schön ist." „Aber vornehmer," meint« Lieutenant Lehmann, „e« ist un möglich, sie zu übersehen." „Ja, wahrhaftig, da« ist ek, Sie haben Recht, Lehman», vor nehm vom Scheitel bi« zur Sohle." Aufmerksam blickte man nach der Loge, in der die Damen von Herrendorf Platz nahmen. Frau von Herrendorf, in blaß grauer Moirörobe, sah außerordentlich gut au«; si« grüßte mit leichtem Neigen de« Immer noch schönen Kopfe« hier und da Be kannt« und flüsterte ihrer Tochter zuwrilen rin« Bemerkung zu,
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