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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 20.12.1897
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1897-12-20
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18971220017
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1897122001
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1897122001
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1897
- Monat1897-12
- Tag1897-12-20
- Monat1897-12
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Morgen-Ausgabe ripMcr. TaMaü Anzeiger Druck und Verlag von E. Polz in Leipzig. Jahrgang. Montag den 20. December 1897< UI"» das ein Junggeselle in seiner materiellen und leben lassen. daß ich Abends Falten so ver- Eltern nur ver ¬ alte rock. t»»r. k» 0,28). 2). Tie Morgen-Ausgabe erscheint um '/,? Uhr. dir Abend-Ausgabe Wochentags um 5 Uhr. VUl »ru« 215,85 213,25 Sie aus Feuilleton. ck «re. icke srUv, Unter 1068 o. ILA. 102 — 130,— 161.10 131.10 85,— 177,20 202,dl) 13050 87,10 181,10 18540 188.25 205.25 105,— 110,80 77,— roit.« 76,80 136,25 88,10 83,82 und ohne die Mitwirkung einer Frau gar war, wo die Frau, wie ^ine neuere Schrift Gebiete sehr treffend ausführte, noch un > cv ?ork: Iains): II., i- 1888; naeU i m o rs: 22., 4. vecemdsc; lanuar I8L8: nast» 8 Uck - I.» I'Iara: , 22. 3snna: , 4 O»r- nuck I. vecemder, ,. Dseewdsi, i Srswso, o Usiprix, 2) in Lvr- (17/12, 6 VUl- »kd. it>. nald >«1>n on nt isick 2500! 2550 — 1185 — I 2325 >ck Lomwer- xescvvLcM. ixsdurx unck tzez,tra-Beilagen (gesalzt), nur mit der Morgen-Ausgabe, ohne Postbesörderung ./t 60.—, mit Postbesörderung .st 70.—. ^isv 1'r. a -?r sn Der Loffermann. Skizze von G. v. Beaulieu. Nachdruck verboten. Sein ganzes Hab und Gut, sein Weib und Kind, sein Haus und Land — das war sein Koffer. Freilich, in seinen Augen kein gewöhnlicher Koffer, denn die Zuneigung, die er für ihn hegte, legte dem Koffer Eigenschaften bei, welche richtige -attlererzeugniffe nicht besitzen. Ihm war er der Zauberkoffer aus Tausend und einer Nacht; er liebte ihn, ja, er konnte nicht ahne ihn leben. Ein gewöhnlicher Mensch und ein gewöhnlicher Koffer führen un verträgliches, aber meist ein getrenntes Dasein. Der Mensch befindet sich in seiner Wohnung und der Koffer — mit Ausnahme (er Hundstagssommerreise — auf dem Boden. Dort oben ver brüdert er sich mit Mäusen und Spinnen, zuweilen auch, wenn die Dachluken offen stehen, mit geschwätzigen Spatzen. Ihnen erzählt er von der Sommerreise, und kommt es hoch, von der Jtalienfahrk seines Herrn, und was civilisirtes deutsches Leder dort von den Camerieri und Facchini auszustehen habe. Aber weiter reichen seine Erlebnisse nicht. Ganz anders der Koffer des Koffermannes. Erstens trennt üch sein Herr nie von ihm und sodann hat er fast alle Länder der Welt gesehen und könnte von ihnen erzählen — ja, er könnte Abenteuer aller Art berichten — wenn er nicht so discret und stolz wäre. Mit Mäusen, Spinnen und Spatzen giebt er sich nun schon gar nicht ab, er ist anderen Umgang gewöhnt. Er steigt auch nicht in den Gepäckwagen der Eisenbahn, sondern hält sich, so wohlbeleibt und umfangreich er auch ist, im CoupS bei seinem Herrn auf. Und was bekommt er da zu hören! Welche interessanten Gespräche, besonders die unter vier Augen. Ha, darüber würden Andere reden, er aber nicht. Der Koffermann hieß im bürgerlichen Leben Arthur Pforz heim und war Reisender in dem berühmten Kunstverlage von Sattler L Sohn. Herr Pforzheim war ein schöner stattlicher Mann, der sich den Fünfzigen näherte; er besaß elegante Ma nieren und einen flotten Schnurrbart, dessen Pflege ihn an jedem Morgen eine halbe Stunde kostete. Aber wie glänzend !var dann auch das Ergebnitz! Schon der Schnurrbart allein imponirte den Kunden von Sattler L Sohn. Er gab Herrn Arthur etwas Cavaliermäßiges, Militairisches. Wenn Pforz heim tadellos chaussirt und frisirt in hellgrauem Anzuge von neuestem Schnitt mit der steifen Hosenfalte und der „chicen" Haltung in das Comptoir der Provinzbuchhändlrr trat, konnte Niemand ihn wie einen gewöhnlichen Reisenden behandeln. Ja, es ging die Sage, Herr Pforzheim sei Reserveofficier gewesen, und er widersprach dem Gerüchte nicht. Wenn man bei einer möglichst echten Havanna in dem Privatzimmer des Chefs einer Provinzfirma über das ckbzu- schließende Geschäft verbandelt hatte, forderte man Herrn Arthur jedesmal auf, aus seiner Feldzugszeit zu erzählen. „Pforzheim ist nämlich in Frankreich dabei gewesen", er klärt« der Provinzchrf seinem Associö, einem Neuling in den geschäftlichen Verbindungen der Firma. Filialen: Otta Klemm s Sorlim. (Alftet Hahn), Universitütsstraße 3 (Pauliuum), LouiS Lösche, Latbarinenstr. 14, Part, und Küuig-platz 7. >2tr. rckd. sod. ast. Ssck. »oro uckel 105,80 lledaction na- Expedition: JohauneSgaffe 8. Dir Expedition ist Wochentag- unnnterbrocheck geöffnet von früh 8 bis Abend- 7 Uhr. den wesentlichen Theilen voraus und kommt es blos auf den Willen und die Absichten des Der Mann liefert allerdings die Mittel, die Ännahmeschlnß für Anzeigen: Abend-Ausgabe: Vormittags 10 Uhr. Morgen-Ausgabe: Nachmittags 4Uhr. Bei den Filialen und Annahmestellen je ein« halbe Stund« früher. Anzeigen sind stets an die Expedition zu richten. erwarten, daß sie in einer so wichtigen, folgenschweren Zeit, wie es die der Gründung eines Hausstandes ist, alle diese äußerlichen Momente zurücktreten lassen und nur erwägen, was der künftige Gatte leisten kann. In anderen Ländern giebt man der Tochter keine Ausstattung, wie bei uns, mit, sondern baares Geld, und der Mann beschafft die Einrichtung nach seinen Verhältnissen. Bei uns wird der Bräutigam, der doch gewiß ein Hauptinteressent dabei ist, bei Beschaffung der Ausstattung sehr wenig in der Regel gehört, die Braut da gegen sehr viel. Und das, trotzdem der Bräutigam doch sicher mehr Lebenserfahrung und Verständniß für die Bedürfnisse seines Haushaltes besitzt, wie die Braut. Nun wird die Wohnung „standesgemäß" eingerichtet. Was heißt das? Bei höheren Beamten und Männern, die Repräsen tationspflichten haben, ist der Begriff klar. Bei einem jungen Ehepaare aber viel weniger, auch wenn der Mann vielleicht eine Anfangsstelle als Beamter errungen hat. Daß eine gewisse Harmonie zwischen der äußeren Stellung und der Lebensführung herrschen muß, ist selbstverständlich; diese Harmonie kann aber nie auf einer Disharmonie mit dem Geldbeutel aufgebaut werden und wird gewiß nicht fehlen, wenn ein junges Ehepaar den Gehaltsverhältnissen entsprechend sich einfach einrichtet. Weshalb kann ein solches nicht mit einem Zimmer für den Mann, einem für die Frau und einem Schlafzimmer auskommen, zu dem dann später noch ein Kinderzimmer hinzukommen mag. Wozu ist ein besonderes Eßzimmer und der Salon nöthig? Da heißt es nun, das erfordert die Geselligkeit. Wir sind weit davon entfernt, zu verlangen, daß ein junges, also für geselliges Vergnügen noch voll empfängliches Ehepaar, auf jede Geselligkeit verzichten soll, wir wünschen im Gegen- theil, daß ein jedes Haus einen Kreis lieber und heiterer Freunde besitzt. Für diese braucht man keine Salons und kann mit ihnen froh und gesellig auch in wenigen Räumen verkehren. Die Salons sind für die Geselligkeit da, die eigentlich keine Geselligkeit ist, wo man jedes Jahr einmal Leute einlädt und von solchen eingeladen wird, die man meist das ganze Jahr sonst nirgends trifft, wo man in einer Menschenmenge sich bewegt, und schließ lich doch nur mit zwei oder drei Personen, seinen Tischnachbarn, verkehrt hat. Wenn auf diese Geselligkeit ein junges Paar verzichtet, dann wird es ihm gewiß Niemand übel nehmen, Wohl aber geschieht dies, wenn, sei es durch die Eitelkeit des Mannes oder durch die Ansprüche der Frau, über die Verhältnisse hinaus gelebt wird. Solche Ansprüche machen manchen Heirathscandidaten stutzig und dazu kommen noch andere, die nicht minder schwer in die Waagschale fallen. Die so oft und stets vergeblich gegeißelten Modethorheiten, das beständige Aendern des Schnittes der Kleider, wodurch jährlich neue Anschaffungen erzwungen werden, die an sich gar keine Nothwendigteit sind, die theueren Hüte, Umhängsel, alle die kleinen Nichtigkeiten, die zu einer modernen Damentoilette gehören und die, wenn sie auch einzeln Verhältnis; mäßig nicht viel kosten, doch einen sehr bedeutenden Betrag am Ende des Jahres ausmachen, alles das sind Ehehindernisse, die zwar nicht im bürgerlichen Gesetzbuche vorgesehen sind, aber viel einschneidender wirken, wie die gesetzlichen. Die Frau soll sich schmücken, sich geschmackvoll und hübsch kleiden, deshalb braucht sie aber noch lange nicht alle Moden, diese Hetzjagd der Standeseitelteit, mitzumachen; für sie müssen immer in erster Linie die Verhälnisse des Mannes in Betrachi kommen. Die Frau muß den Muth finden, zu sagen: „Das mache ich nicht mit, weil ich es nicht kann und nicht will". Also bescheidene Einrichtung, bescheidene angenehme Ge selligteit, Vermeidung unnöthiger thörichtcr Ausgaben und Aus geben unhaltbarer Ansprüche, das würde Das sein, worauf bei unseren Töchtern hinzuwirken wäre. Und solches Wirken isr gerade in unserer Zeit besonders nöthig, sonst wird die Ehescheu immer wachsen und sich vergrößern, was um so mehr zu be dauern wäre, als die Lage der unverheiratheten Töchter der sogenannten besseren Stände meist eine recht traurige ist. Die Ehescheu wird wachsen, besonders da bei den heirathsfähigen Männern gar mancher Grund wcggefallen, der früher die Ver- hcirathung herbciführte. Man hat jetzt namentlich in den größeren Städten keine Veranlassung mehr, den einsamen und verwahrlosten Junggesellen zu bedauern und zu Verlagen. Die Restaurants, Clubs, Gesellschaftslokale sind mit allen denkbaren Bequemlichkeiten und Annehmlichkeiten ausgeslatret, die Verpflegung ist vortrefflich und nicht in der früheren wirths hausmäßigen Art, sondern in einer völlig familienmäßigcn Weise gehalten. Wäsche und Kleidung wird überall ausge zeichnet besorgt, ohne daß der Junggeselle sich darum zu be kümmern hätte. In Krankheitsfällen findet er sehr gute Pflege in angenehm eingerichteten Privatkrankenhäusern u. s. w. Das war früher alles anders, wo noch die Wäsche in den Häusern angefertigt wurde, nicht auszukommen stellerin auf diesem entbehrlich war. Der Umstand, Lebensführung nichts oder wenig von dem vermißt, was ihm in dieser Beziehung eine eigene Häuslichkeit bietet, trifft nun sehr unangenehm zusammen mit dem Vorhandensein unzweifel haft zu hoher Ansprüche eines großen Theils unserer heiraths fähigen Töchter an die Ehe und an den Mann. Die letzteren können nur von den Müttern und Erzieherinnen auf das richtige Maß zurückgeführt werden. Die Erziehung muß auf eine praktische, selbstständige Ausbildung gerichtet sein, die Charakter und Verstand in gleicher Weise bildet, und ein unbefangenes, natürliches, zweckmäßiges Urthcil ermöglicht: sie wird so am besten haltlose Ansprüche und die sie meist heroor- „Was, alter Freund, auf Freiersfüßen ? Das ist doch gegen die Abrede. Du weißt ja: ich komme in das Gewerbemuseum und Du in den Gotha'schen Ofen. Das haben wir längst so abgemacht. Und nun habe die Güte und werde nicht contract brüchig. Ich reiche nicht für zwei aus, das wirst Du doch ein sehen, und Kindergeschrei zu hören, das ertrügen meine Nerven nun schon gar nicht." Dergleichen Reden hatte Herr Arthur gefürchtet, und daher war er allein und heimlich mit einer schwarzen Handtascl)«, einer neu gekauften Emporkömmlingin, abgereist. Fast glich die Reise einer Flucht. Anfangs bereitete die erste Trennung von seinem Koffer Herrn Arthur heftigen Schmerz. Aber einmal im Coupö und allein mit der Schwarzen, überkam ihn eine flotte jugendliche Stimmung, so eine Art „Va banque - Gefühl". Nicht ein, nein, mehrere Jahrhunderte hätte Herr Arthur nun gern in die Schranken gefordert. Diese Stimmung hielt auch in Herings dorf noch an. Die Angebetete war ein Goldfischchen, die Tochter von Herrn Meinhart, dem ersten Buchhändler von Pasewalk, welcher be kanntlich an der Strandpromenadc von Heringsdorf eine schöne Villa besitzt. Pforzheim war, als alter Geschäftsfreund, für den Sonntag hier zu Gaste geladen. Als er mit einer Droschke am Sonnabend Abend vor dem schmucken Landhause vorfuhr, empfing ihn Herr Meinhart, ein lustiger alter Herr, mit lautem Willkommen. „Na, das ist doch mal vernünftig, Pforzheim, datz wirklich antreten. Nu sollen Sie uns auch tüchtig was Ihrer Feldzugszeit erzählen. Die Damen sind noch auf dem Steg, kommen gleich. Fritz, bring den Koffer vom Herrn Lieu tenant auf sein Zimmer. — Nanu! wo ist denn das Dings?" Der Koffer besaß unter den Bekannten Herrn Arthur's eine gewisse Berühmtheit. Gemüthvolle nannten ihn: Sein Alter. Und Leute, die schlechte Witze liebten, nannten ihn: Sein Vcr- hältniß. „Wo haben Sie denn das Dings?" fragte Meinhart noch mals, als Pforzheim die Antwort schuldig blieb. „Er — es ist etwas daran zerbrochen, ich — ich habe nur die Tasche", stammelte Herr Arthur verlegen. „Auch schon altersschwach!" Pforzheim, welcher sich bis dahin als jugendlicher Freiersmann gefühlt, schluckte das „A u ch" nur mühsam hinunter. Vater Meinhart hatte augenscheinlich keine Ahnung von seinen reellen Absichten. Von da ab war die schöne flotte Stimmung angekränkelt; sie hatte, so zu sagen, einen Stich. Zwar wurde es besser, als die Damen, Frau und Fräulein Lisa Meinhart vom Steg zurückkehrten, und Lisa in ihrem duftigen rosa Sommerkleide so reizend und frisch aussah, daß sie bei Pforzheim alle Gedanken an Koffer und Alter verbannte. Auch lauschte sie seinen Erzählungen aus der Feldzugszeit mit großer Andacht. Und wie erquickte sie ihn, als sie mit glänzenden Augen zu ihm sagte: „Aber Sie müssen doch damals noch sehr jung gewesen sein!" „Ja, ein ganz junger Dachs", bekannte er erröthend. Doch schon bei der Abendtoilette vermißte er ihn (nämlich seinen Koffer) und daS, was er seinen Comfort nannte. Wie ck: „Taris- oers" (23 I2>, 1888); oslw cksw I,» uck LUivs: ,krivrr«xeur -u Oisostax, Loovtax. vssseUltr- rai sied im a cki« Udsc- cksssell ckas act» vsvmsll »r Ilittslslds sw Ilwkaoxs i ssldsl voll '»rrsxsscdLN ck« voll cksr llllllwedi : ck«r I'»l>r- w - Xllxsdot is kraodtoll ;«ll cki« Vor- izell »rellsll Nt Nir Suw- »ev Leköll»- —34 -L, Q«cu -55 llsck 1>i,-70 Mr >llr»pr«cd»ll(1 llk 48 «L, lmck ll«ot» Tisill- Ur cki« Sstsr- iioss«ll. vsr : Leckslltllllr; ^revo-vo-d . Tack der Lsw»ove Mr bislldllrir «u d«k«ll oocir !lr«tck« llacU N--4S -» Mr « kk«lllli«S 8tiowr«di«t Mr Uasssll »llSllllStUllSll ck» w«i»l« »r. 8«i cksw sr tksUN-si-s i«r «ll i«r«a. Q 3»Urs»r«ir schrillt t«t>«L »oll««. :v>Sr«krt d« U« t'«i«rt»r° „Ja, als ganz junger Dachs", gab Herr Arthur mit einem seiner militairischen Ausdrücke zu, und begann den Bericht seiner Abenteuer. Herr Pforzheim reiste in illustrirten Prachtwerken für Sattler L Sohn, und kein Reisender setzte so viel ab wie er. Daher hakte er auch vorzügliche Einnahmen. Aber man irrt, wenn man denkt, daß er sie wie die klugen Jungfrauen für die Zeit der Dürre und der Dunkelheit auf bewahrte. Nein, sein Wahlspruch hieß: Leben und leben lassen. Er hatte nicht Weib noch Kind. Für wen sollte er sorgen? „Ich werde immer noch so viel verdienen, meinen Skat dreschen und mein Echtes trinken kann, ehe ich in die Klappe gehe. Hab ich doch Niemanden als meinen Koffer, und der braucht nicht gefüttert zu werden wie ein Cavalleriegaul. Dem wird's übrigens mal famos gehen, der ist dem Gewerbe museum vermacht, wenn ich nicht mehr bin." Das war seine fixe Idee, von der Niemand ihn abzubringen vermochte. Und schließlich — vielleicht nimmt das Gewerbe museum den Koffer, denn er ist ja in seiner Art ein Kunstwerk. Hier wäre es Ivohl endlich an der Zeit, die Wunder des Koffers näher zu enthüllen. Also: er ist groß und rehfarben und besteht aus zwei Theilen. Sein Aeußeres wie sein Inneres athmen Behäbigkeit und Wohlhabenheit. Außen ist er mit vielen blanken Nägeln und Beschlägen geschmückt, um ihn schlingen sich cokett dunkelbraune Riemen. Auf einem blanken Messingschilde trägt er, zierlich eingraviert, den Namen seines Herrn. Sein Inneres zeigt ein zartes Grau und ist, wie erwähnt, zweitheilig. Der untere Theil ist für die Wäsche bestimmt und die gewöhn lichen Kleidungsstücke, der obere ist der Glanzpunkt, die so genannte gute Stube. Hier ist ein Feiertagskleid fein säuberlich ausgebreitet, und die farbigen Shlipse. Die Handschuhe und derlei Salonrequisiten liegen in einem besonderen Gemach — einer gemächlichen Nische — friedlich nebeneinander. Dicht da neben befindet sich eine Art Secretair, ein Bündel vergilbter Papiere; darunter rosenfarbrnr und schwarz geränderte, ferner Nähnadeln, Bindfaden, Zwirn, Hosenknöpfe, Camillenthee, Ge sundheitspapier und derlei. Erwähnungswerth ist außerdem noch eine Sammlung intimster Geräthe, eine Art Raritäten- cabinet, und die Kragenkammrr. Wie sehr dieser Koffer Herrn Arthur ans Herz gewachsen war, wußte eigentlich Niemand, vielleicht auch er selbst nicht, bis ein Zufall es verrieth. Herr Pforzheim hatte ein — Interesse, und es schien, als würde es diesmal mehr werden als die vorübergehenden Be ziehungen, welche er als gewissenhafter Reisender, nach der Vor schrift: „Ein ander Städtchen, ein ander Mädchen", bisher unter halten hatte. „Sie" weilte augenblicklich in Heringsdorf. Pforzheim wollte sie (und natürlich auch ihre Eltern, denn es war, wie gesagt, ein reelles Interesse) für den Sonntag in ihrer Dillegmtur besuchen. Wie es kam, daß Herr Arthur ohne seinen Koffer mit dem Ehemännerzuge am Sonnabend Nachmittag abreiste, weiß Nie mand recht zu sagen. Vielleicht, ja, sogar sehr wahrscheinlich fürchtete er bei dieser unprogrammmäßigen Fahrt die freund schaftliche Controle seines Koffers. Der hätte ihn sicherlich die ganz« Zeit hindurch verwundert angestarrt. Der Mann ist der führende Theil. Da das Weib aber nicht als Sklavin, sondern als gleichberechtigtes Wesen neben ihm steht, so setzt die Ehe eben eine Uebereinstimung, ein Über einkommen in I deshalb nicht Mannes an. der Haushalt bedarf, die Frau führt aber den Haushalt und hat selbstverständlich in diesen Angelegenheiten eine sehr maß gebende Stimme. Und hierbei kommt es sehr darauf an, welche Anschauungen sie über das, was nöthig und angemessen ist, hat. Und wenn sie den Rahmen etwas weit spannt, dann helfen alle noch so schönen und richtigen Grundsätze nichts, und auch nicht die gewöhnlich angewendeten Hilfsmittelchen, wie Fest setzung eines bestimmten Wochen- oder Monatsgeldes, Auf stellung eines Budgets u. dergl. m. Wenn wir nun prüfen, wie die Anschauungen der Frauen in dieser Richtung, namentlich in den vermögenderen Ständen im Allgemeinen sind, so können wir uns nicht des Urtheils enthalten, daß die Ansprüche, die die Mädchen mit in die Ehe bringen, bei einem sehr bedeutenden Procentsatze außer ordentlich weitgehende sind und daß die vorliegenden Verhält nisse vielfach nicht die unbedingt nothwendige Berücksichtigung finden. Woran das liegt, ob der so wenig praktische und überästhetische Schulunterricht, ob die häusliche Erziehung oder ob eine ungeeignete Lektüre diese hochgeschraubten Erwartungen hervorruft, soll nicht hier erörtert werden. Wir haben es hier nur mit der Thatsache zu thun. Schon bei Beschaffung der Ausstattung wird vielfach mindestens der Maßstab des elterlichen Haushaltes angelegt, also die Einrichtung, wie sie sich im Laufe der Ehe durch das allmählich steigende Einkommen nach und nach vervollständigt hat. Natürlich ist eine Saloneinrichtung nothwendig. Diese kostet nicht nur recht viel bei der Anschaffung, bei ihrer Er haltung und Vervollständigung, sondern sie hat auch eine er hebliche Vertheuerung der Ausgabe für Miethe zur Folge. Der Salon, das größte und eleganteste Zimmer gewöhnlich, tostet jährlich recht viel. Den Gesammtaufwand eines Haushaltes berechnet man ge wöhnlich nach der Wohnungsmiethe, und zwar auf das fünf- bis sechsfache derselben. Diese Rechnung macht sich der Jung geselle, der die Heirathsfrage erwägt, auch, und kommt er hierbei auf eine für ihn unerschwingliche Summe, dann läßt er eben das Heirathen. Neben dem Maßstab des elterlichen Hauses spielen aber auch noch andere, noch viel unberechtigtere, aber sehr schwer ins Gewicht fallende Faktoren mit, z. B. die Ausstattung, die eine Freundin erhalten hat, die Ideen der übrigen noch un verheiratheten Freundinnen u. s. w. Das Alles ist ja wohl erklärlich, aber wir müssen doch gerade von Mädchen, die eine gute Bildung erhalten haben. ui »b. ck-b. end ssd. >o l luUI s»»l. >«Iw unausstehlich die Parvenu-Tasche war! Alles lag in ihr durch einander, keine Ordnung, kein System; und nun fehlte gar — darf man es verathen? — die Schnurrbartbinde, In der Auf regung hatte Herr Arthur vergessen, sie in Berlin einzupacken. Das wäre mit seinem Koffer nicht vorgekommen, da hatte Alles seit Jahrzehnten seinen angestammten Platz. In Heringsdorf konnte Pforzheim sich nicht damit compromittiren, einen so in timen Toilettengegenstand zu kaufen, es war auch viel zu spät, Mitternacht. Und übrigens morgen am Sonntag waren die Läden ja geschlossen. So mußte der Schnurrbart schlaff bleiben, ganz unmilitairisch. Niemand würde ihn nun Herr Lieutenant nennen, nicht einmal der Hausknecht oder der Portier. Endlich machte der Schlaf Herrn Arthur's Verdruß ein Ende. Im Traume erschien ihm Lisa; Beide wandelten Hand in Hand durch den Wald; sie sah ihn verehrungsvoll an. Ach, das war doch anders als die vorübergehenden Beziehungen, so etwas fürs Herz, so etwas Solides und Reelles. Und in sehr guter Laune wachte Herr Arthur auf. Aber dann kam wieder das dumme Ankleiden — nichts stimmte, nichts fand man. Endlich war er doch fertig. Allein wie wenig fesch und flott! Melancholisch hingen die Enden seines stattlichen Schnurrbartes herab und die um seinen Mund waren vertieft. Beim gemeinschaftlichen Frühkaffee machte er einen änderten Eindruck, daß es Allen auffiel. Lisa gehörte noch zu den naiven Töchtern, die ihren jeden Einfall erzählen, und so bemerkte sie nachher zu ihrem Papa: „Ich weiß nicht, was der reizende Lieutenant hatte; er sah ganz bedrückt aus, und zehn Jabrc älter als gestern Abend." „Der Lieutenant!" lachte Herr Meinhart auf. „Wollt Ihr wissen, Kinder, was dem fehlt? Er sehnt sich nach seinem Koffer." „Ach Papa, geh!" schmollte Lisa. Aber der alte Buchhändler war nicht nur ein geriebener Ge schäftsmann, sondern auch ein guter Menschenkenner. Er hatte Recht. Herr Arthur sehnte sich nach seinem Koffer, er siechte förmlich danach hin. Unnütz ist es zu sagen, daß unter diesen Verhältnissen die Liebeserklärung unterblieb, um so mehr, als Lisa den Gast heute durchaus nicht so vcrehrungsooll anschaute, wie es Nachts in seinem Traum geschehen war. Erst als der Abend nahte und mit ihm die Stunde der Abreise und des Wiedersehens mit seinem Koffer, wurde Herr Artbur lebhafter. Wie um seinem alten Freund« die Untreue abzubittcn, be handelte er die Parvenu-Tasche schon auf der Fahrt Hunde gemein (auch einer seiner Reserveofficiers-Ausdrücke); er warf die Schwarze im CoupK mißachtend unter den Sih, um sie ja nicht mehr vor Augen zu haben. Und in Berlin das Wiedersehen mit ihm? Niemand mag die rührende Scene zu schildern. Die neue Schwarze wurde sogleich abgeschasft und das Verbältniß trat in seine alten Rechte. So endete Herrn Arthur's einziger Versuch, seinem Koffer untreu zu werden. Amtsölalt -es Königlichen Land- «n- Amtsgerichtes Leipzig, -es Mathes un- Volizei-Ämtes -er Sta-t Leipzig. Bezugs-PreiS ft der Hauptexpedition oder den tm Stadt- bezirk und Len Vororten errichteten Au-« bestellen abgebolt: vierteljährlich^4.50, bei zweimaliger täglicher Zustellung ins Haus X 5.50. Durch die Post bezogen für Teutschland und Oesterreich: vierteljährlich v.—. Direkte tägliche Kreuzbandsrndung ins Ausland: monatlich 7.50. Anzeigen-PreiS Ke 6 gespaltene Petitzeile 20 Psg- Reklamen unter dem Redactionestrich (4ge- spalten) 50-H, vor den Familiennachrichten (6gespalten) 40 H. Größere Schriften laut unserem Preis« Verzeichnis;. Tabellarischer und Zisfernsatz nach höherem Tarif. Die Ehescheu. 0. Bei jeder der alle fünf Jahre im deutschen Reiche statt- sindenden Volkszählungen ergiebt sich, daß die Zahl der An gehörigen des weiblichen Geschlechts die des männlichen nicht un erheblich übersteigt. Dieses Verhältniß bedingt bei dem herr schenden monogamischen Systeme, daß nicht alle Glieder des weiblichen Geschlechtes heirathen können. Der Procentsatz der nicht heirathenden Mädchen und der sich nicht wieder vrrhei- rathenden jungen Wittwen ist aber außerordentlich viel höher, wie jener lleberschuß und wird von Jahr zu Jahr größer, da in recht vielen Kreisen die Zahl der Männer, die unvermählt bleiben, wächst. Unter den letzteren sind viele, die hierzu durch zwingende Gründe veranlaßt sind, sei es, daß diese in ihrer Persönlichkeit liegen, sei es, daß ihnen die äußeren Verhältnisse, dürftiges Einkommen, Sorge für nahe Verwandte u. s. w. die Gründung eines eigenen Hauswesens verbieten. Aber es bleiben auch sehr viele Junggesellen, und dies namentlich in den besser situirten Ständen, denen solche Hindernisse nicht entgegenstehen. Wie kommt dies? Die Zeiten liegen doch noch nicht so weit zurück, in denen ein alter Junggeselle noch als etwas Sel tenes, als etwas Absonderliches angesehen wurde. Unzweifelhaft giebt bei einem recht erheblichen Theile dieser freiwilligen Ehelosen der Hang nach Genuß und Wohlleben, der unsere Zeit ganz besonders auszeichnet, den Ausschlag. Der Mann, der jetzt in der Lage ist, sich sorglos die Befriedigung aller Wünsche erlauben zu können, wird, wenn er heirathet, also für Zwei zu sorgen hat, und wenn er gar Kinder bekommt, mit noch mehr Personen sein Einkommen theilen muß, doch auf_ Manches verzichten und in Manchem sich einschränken müssen, und das ist ein Gedanke, den leider recht Viele nicht vertragen können. Während in diesem Falle nur Egoismus die Triebfeder des Entschlusses ist, so sind bei den übrigen Männern die Gründe ernster und berechtigter. Sie fragen sich, kannst Du heirathen? Kannst Du den vermehrten Ansprüchen, die an Dich herantreten werden, auch gerecht werden? Sie rechnen aus, was eine Haushaltungsführung kostet und, — verzichten mit vielleicht recht schwerem Herzen. Nun wird da eingewendet werden, weshalb denn da gleich verzichten? Dann mögen die Eheleute eb:n bescheiden und klein ihren Haushalt ganz ihren Verhältnissen entsprechend einrichten und dabei hat cs der Man ja ganz in der Hand, den Maßstab für das Hauswesen festzustellen und ihn nach dem, was er leisten kann, zu bestimmen. Das ist theoretisch ganz richtig und klingt auch recht gut. „Der Mann ist des Hauses Haupt", heißt es, dann kommt aber noch ein kleiner Nachsatz: „und die Frau ist das Krönchen darauf". Es ge staltet sich eben in der Wirklichkeit gar Manches anders, wie in der Theorie. Eine Ehe besteht aus der Vereinigung zweier Elemente, des Mannes und des Weibes, zu dauernder Lebensgemeinschaft. 202.50 58,- 103.25 100,— 225,— 213- 460,- 143'25 288,— 247.50 118,80 132 25 184.75 251.75 18850 163.25 203.75 180,— 218.25 265 — 68,50 145.75 108,- 260,— 168,— Lrisl 3525 5750 5850 — 3450 5500 — 2775 2850 3450 -M- 4600 — 3200 3300 5000 — 1100 II250 3700 - 0175 —— — 8150 6575 — 4725 —— 740 3000 — 2700 — 1000 — — II800 —— 3700 —— 2775 2875 5500 —— 1600 5550 5650 — 8675 18800 —— 5125 L9c 415 — 2750 280 26000 230c 2400 365- — — 875 332k 13475 — 1230
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