Suche löschen...
01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 14.02.1898
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1898-02-14
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18980214013
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1898021401
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1898021401
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1898
- Monat1898-02
- Tag1898-02-14
- Monat1898-02
- Jahr1898
- Links
-
Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
BezugS.PreiS M t« H«»chMedÜt»» od« d«, ft« Stadt- tchftk emd den Borort», «rrtchtrte« Au». «2«ftrllri, «bgiholt: vterteliührlich^14^0, Kt zweimaliger täglicher Zustellung in- Haus LchO. Lurch di, Post bezogen für Deutschland und Oesterreich: virrteliihrlich . Direkt» tägllch« Kreuzbandlrnduug tu» LuSliuch: mouatlich 7.bO. Di» Kstvrgen-Anlgab« erscheint um '/,? Uhr. dt» Lbenb-Slu-gab« wochentags um b Uhr. NeLaettr« »L Lrveditio«: -»tzaitnesgafse 8. Die Expedition ist Wochentag« ununterbrochen geSffnet von früh 8 bis Abends 7 Uhr. Filialen: Dtts Klemm - Sorttm. (Vllfvek Hah«), Uuiversitätsstratze 8 (Paulinum), LaniS Lüsche. Aatdarinenstr. Ls, -art. und Sönigsplatz?. 79. Morgen-Ausgabe. ItipMrr. TagMaü Anzeiger. Ämlsvtatt des königlichen Land- nnd Amtsgerichtes Leipzig, des Rathes nnd Nolizei-Ämtes der Ltadt Leipzig. Anzeigen'Prei- die 6 gespaltene Petitzeile SO Pfg. Reklamen unter demRedactionsstrich (4ge- spalten) bO^, vor den Familieaaachrichteu (6 gespalten) 40^. Größere Schriften laut unserem Preis- vrrzeichniß. Tabellarischer und Ziffernsag nach höherem Tarif. Extra-Veilagen (gefalzt), nur mit der Morgen-Ausgabe, ohne Postbeförderuog 60.—, mit Postbrsörderung 70.—. !Annalimeschlnß für Änzeigen: Abend-Ausgabe: Bormittag« 10 Uhr. Morgen-Ausgabe: Nachmittags 4 Uhr. Bei den Filialen und Annahmestellen je eine halbe Stunde früher. Anzeigen sind stets an die Expedition zu richten. Druck und Verlag von L. Polz in Leipzig. Montag den 1-1. Februar 1898. 92. Jahrgang. Zur Geschichte Les Leipziger Postwesens. (Schluß.) Dem Rathe war «S aber doch darum zu thun, da« Postwesen wieder in seine Hand zu bekommen, wie er denn auch darauf hin wies, daß es zwar landesherrliches Regal, aber ihm, dem Rathe, übertragen und mit angenommenen Personen besetzt worden sei, wie er denn auch den am I. Februar 1613 eingesetzten Postmeister Sieber als solchen in Pflicht genommen habe. Es wäre auch durch den kurfürstlichen Erlaß vom 30. Mai 1616 in Betreff der neuangelegten Frankfurter Post das Berhältniß nicht alterirt worden. Uebrigens wolle er, der Rath, an Sieber's Stelle gern einen anderen Botenmeister anstellen. Auch Sieber schickte ein Schreiben wegen der gegen ihn erhobenen Beschwerden ein, und zwar mit Erfolg, indem der Kurfürst den Rath verständigen lieh, daß er in den jetzigen Postverhältnissen keine Veränderung ein treten lassen werde. Sieber's Instruction ging nunmehr haupt sächlich auf die Verbesserung des Postwesens, und es wurde ihm nicht nur sein früheres Einkommen wieder bewilligt, sondern auch noch «in fixer Gehalt von 120 Gülden jährlich aus der kur fürstlichen Rentkammer ausgeworfen, wofür er aber die kur fürstlichen Briefe und Sendungen von Leipzig aus weiter besorgen mußte. Unter den von Sieber angelegten Fußposten ist be sonders dievonLeipzigllberDresdennachPragaus dem Jahre 1626 zu nennen. Bald nach Einsetzung Sieber's ereignete sich aber ein Vorfall, welcher von besonderem Interesse ist. Der Freiherr von Taxis, welchem vom Kaiser die General- dirertion deS Postwesens im ganzen deutschen Reiche Überträgen worden war, ließ mit Sieber durch Johann Birghdcn, kaiserlichen Postmeister zu Frankfurt am Main, verhandeln, und Letzterer er nannte Sieber zum kaiserlichenPostmeisterin Leipzig, worüber ihm eine besondere Bestätigungsurkunde ausgestellt worden ist. Nach der durch die Schweden erfolgten Einnahme der Stadt Leipzig im Jahre 1631 machte Siebern ein schwe discher Feldpostmeister Namens Andreas Wechsel viel zu schaffen, indem dieser alle Korrespondenz an sich zog, eine schwe dische Postordnung publicirte und ihm auch sonst allerlei Verdruß verursachte. Sieber blieb nur noch einige Jahre Post meister. Bereits 1636 wurde er zum Oberproviantcommissar ernannt und 1638 ließ er sich in Lüneburg nieder. Seine Stelle wurde nicht gleich wieder besetzt, sondern das Leipziger Postwesen abermals eine Zeit lang von sogenannten Postverwaltern geleitet. Es werden von ihnen drei genannt, Burkhard, Koch und die schon erwähnten Schreiber Christoph Mühlbach und Gabriel Güttner. Bei der im Jahre 1642 erfolgten Einnahme Leipzigs durch die Schweden suchten diese Mühlbach für ihren Dienst zu gewinnen, dieser aber weigerte sich und ging nach Dresden. Darauf er nannte der schwedische Feldmarschall Torstenson am 10. Juli 1642 Johann Dickpanl aus Halle zum Leipziger Postmeister, und Tags nachher wurde den bisherigen beiden Zeitungs schreibern Moritz Börner und Georg Kormat die weitere Ver breitung der öffentlichen Nachrichten durch den Druck untersagt, dagegen solche dem schwedischen Postamte lediglich Vorbehalten. Dickpaul blieb bis zu der von den Schweden erfolgten Be setzung der Stadt im Amte, worauf Mühlbach wieder als Post meister eintrat. Nach dem Westfälischen Friedensschlüsse wollte der Freiherr von Taxis den früheren Postmeister Sieber zur Besorgung der kaiserlichen Post wieder in sein Amt in Leipzig einsetzen, doch starb dieser auf der deshalb von Lüneburg nach Leipzig angetretenen Reise. Hierauf wurde ein gewisser Leopold Kittelmann für die Leipziger Postmeisterstelle ausersehen, aber am sächsischen Hofe war man dagegen, und Mühlbach blieb kur fürstlicher Postmeister. Dieser befand sich bei diesem Dienste so wohl, daß er das Rittergut Großpösna kaufen konnte. Im Jahre 1669 wurde er vom Kaiser in den Adelstand erhoben. Als Mühlbach in Folge hohen Alters seinem Dienste nicht mehr vor stehen konnte, gab man ihm, nicht ohne sein Widerstreben, einen gewissen Gottfried Eger zur Seite, und Beide verwalteten das Popmeisteramt gemeinschaftlich bis zum Jahre 1687, wo Mühl berg starb. Eger trat nun als O b e r p o st m e i st e r in den Dienst und bezahlte für denselben eine Pachtsumme von 1500 Thalern. Er war 1646 zu Nürnberg geboren, wohin seine Eltern sich aus Leipzig wegen der hohen Kriegscontributionen ge wendet hatten und wurde für einen der tüchtigsten Kaufleute seiner Zeit gehalten, indem er sich hierzu durch viele Reisen nach Holland, Frankreich und Spanien ausgebildet hatte. Schon im Jahre 1676 wurde er zum Accisrath ernannt. Die erste seiner Einrichtungen als Oberpostmeister bestand darin, daß er statt des bisher in den Postsiegeln gebrauchten Posthorns daS kurfürstliche Wappen einführte. Vor Allem lag ihm viel an der Erhaltung der Hamburger Post, welche eine wahre Goldgrube abgab. Er brachte auch wirklich eine neue Verbindung zwischen Leipzig undHamburg über Eis - leben und Quedlinburg zu Stande, die man auf der kurzen Strecke, wo sie brandenburgisches Gebiet berührte, an fänglich auch ungehindert passiren ließ. Graf Taxis, welchem die brandenburgische Concurrenz eben so wenig wie dem Leipziger Oberpostmeister angenehm sein konnte, bot zu der neuen Ver bindung, einer Reit post, willig die Hand und sorgte für vortheilhaftcn Anschluß von Brandenburg ab. Von dem Post amt Halle konnte man sich aber sächsischerseits doch nicht gänzlich abschließen. Es kam daher mit beiderseitigem Einverständniß eine Post zwischen Leipzig und Halle mit der Wechselung in Großkugel zu Stand«. Das Postamt Halle hatte seinen Wunsch, die Einfahrt in Leipzig zu erlangen, aufgeben müssen, denn in Halle wiithete damals die Pest, und die Halleschen Ge spanne wären daher, auch wenn eS das Oberpostamt hätte ge nehmigen wollen, doch nicht in die Stadt eingelassen worden. Als jedoch die Seuche in Halle erloschen und der Verkehr von dort wieder freigegebn war, lieh der Halleschi Postmeister eine Post kalesch« wöchentlich zwei Mal zwischen Halle und Leipzig gehen, und mit dieser nicht nur Personen, sondern auch Briefe und Packete hin und rückwärts befördern. Auf der Gerbergasse in Leipzig unterhielt er ein förmliches Posthaus, und durch seine Postillone ließ er in der Stadt munter aufblasen. Diesen er neuten Eingriff in das sächsisch« Postregal konnte indessen der Oberpostmeister Eger nicht dulden. Er berichtete darüber aus führlich an den Kurfürsten, und hatte bald nachher die Genug- thuung, daß der Rath zu Leipzig von der Regierung Befehl er hielt, den Uebergriffen des Halleschen Postmeisters, sowie über haupt dem Halleschen Boten- und Lohnkutscher-Wesen energisch zu steuern. Namentlich sollte ihnen, bei Verlust von Pferd und Wagen, die Briefbeförderung verboten werden. Dem entsprechend wurden eine Zeit lang alle Halleschen Boten und Kutscher, sowohl bei der Ankunft wie bei der Abfahrt, am Thore sorgfältig vi- sitirt. Nach Hamburg blieb zwar die der Leipziger Post überlieferte Correspondenz in sächsischen Händen, aber die Corre- spondenz von Hamburg hatte Kurbrandenburg, welches in Ham burg ein eigenes Postamt unterhielt, zum größten Theil an sich gezogen. Aber nicht genug damit, es machte Kurbranden burg durch billiges Porto für die Hamburger Briefe dem Leip ziger Postamte so wirksame Concurrenz, daß Letzteres auch einen guten Theil der abgehenden Briefe einbüßte. Zahlreiche Corre- spondenzfendungen nach Hamburg wurden, ungeachtet großer Wachsamkeit der Leipziger Rathsdiener, durch Boten nach Halle eingeschmuggelt, um von dort aus weiter nach Hamburg zu gehen. Das Postamt in Halle sah dies natürlich nicht ungern, und suchte, nachdem es die frühere Kalesche wieder hatte einziehen müssen, die in Halle von Hamburg nach Leipzig ankommenden Briefe, welche in Halle mangels jeder Postverbindung nach Leip zig liegen bleiben mußten, gleichfalls durch Botengelegenheiten fortzubringen. Zu diesem Auskunftsmittel war das Postamt in Halle allerdings gedrängt worden, nachdem der Oberpostmeister in Leipzig es abgelehnt hatte, mit ihm in irgend eine Verbindung zu treten. Eger soll nach einer kurbrandenburgischen Angabe soweit gegangen sein, daß er die fremden Briefe von Hamburg und anderen Orten, so über Halle gekommen und nach Leipzig gehörten, wenn sie ihm zugeschickt worden, weder annehmcn noch bestellen ließ, oder wenn ja angenommen, lange an sich behalten und sonach das Briefporto nicht bezahlt hätte. Daß die kur brandenburgische Regierung von vornherein nicht vertragsmäßig gehandelt hatte, ist zweifellos, aber eben so gewiß, daß Eger von einer gewissen Schroffheit nicht freigeblieben war und daß seine ablehnende Haltung jede Annäherung erschwerte. Eine Zeit lang scheint der kurbrandenburgische Postdirector, Namens Matthias, den besten Willen gehabt zu haben, Zugeständnisse in Bezug auf sächsischerseits verlangte Wechselung derBerliner und Leip ziger Post in Wittenberg zu machen, aber Eger schob die weitere Verhandlung in der Sache der Regierung zu, wobei er an diese berichtete, man stände gegenseitig in dermaßen schlechter Vertraulichkeit, daß niemals eine Correspondenz gepflogen würde. Unter solchen Verhältnissen konnte es nicht anders kommen, als daß eine abermalige zwischen sächsischen und brandenburgischen Commissionen im April 1684 anberaumte Konferenz resultatlos verlief, und daß sich der Gegensatz der beiden Postverwaltungen schließlich nur noch verschärfte. In Unmuth darüber, daß in seinen überall vom Glück begünstigten Plänen nur die säch sische Post diese durchkreuze, rief deshalb einst der Kurfürst Friedrich Wilhelm von Brandenburg aus: „Ich wünschte, daß der Oberpostmeister Eger entweder mein Minister sein oder am lichten Galgen henken möchte!" Die brandenbur gische Regierung wurde jedoch bald von ihrem unbequemen Gegner befreit, indem Eger am 10. Juli 1684, nach kaum drei jähriger Amtsführung, plötzlich mit dem Tode abging. Sein Nachfolger wurde der Accisrath Ludwig Wilhelm Da fern. Inzwischen war schon kurz vorher vom Kurfürsten von Bran denburg an die Hallesche Regierung der Befehl gelangt, der Leipzig-Hamburger Post den freien Transit durch das Branden burgische wieder zu gestatten, und gleich darauf erfolgte die Ver einbarung zwischen den Postämtern Halle und Leipzig wegen Herstellung einer Post zwischen beiden Städten mit dem Wechsel in Grohkugel, die am 28. Juni desselben Jahres in Gang kam. Der frühere Zustand war nun zwar wiederhergestellt, aber es mangelte für die gegenseitigen Beziehungen der sächsischen und brandenburgischen Postverwaltungrn noch immer ein specieller Vertrag. Kurbrandenburg ließ e» an Bemühungen, einen solchen zu Stande zu bringen, nicht fehlen. Es traten jedoch der Ver wirklichung dieses Verlangens, welche eine unzweifelhafte Berech tigung für sich hatte, manche Umstände entgegen. Erstlich waren die Posteinkünfte in Sachsen an den Leipziger Oberpostmeister verpachtet, wie konnte da eine unbefangene Würdigung der Ber kehrsinteressen Platz greifen, wo zumeist nur di« Rücksicht auf den eigenen Vortheil den Ausschlag gab. Daß gerade tn der Verpachtung der Postrevenuen die Ursache vieler Zerwürfnisse mit den Nachbarstaaten lag, erkannte man damals nicht. Ferner beruhte ein zweiter Grund, welcher «iner Annäherung hindernd im Wege stand, in dem Mißtrauen gegen Kurbrandenburg, welches auch noch von auswärtigen Einflüssen genährt wurde, obenan die der Grafen von Taxis. Der Rath der freien Stadt Hamburg, welcher die Halle-Hamburger Post mit scheelen Augen ansah, ver langte von Brandenburg immer wieder die Herstellung der frü heren Zustände, und in Sachsen selbst erhoben sich mächtige Stimmen gegen einen Vertrag. Hier war es besonders die Be- sorgniß, daß Halle der alten Meßstadt Leipzig den Rang ablaufen könnte, wie dies auch 1687 auf dem Landtage zu Dresden die Stände unverholen zum Ausdruck brachten. Die Leipziger Kauf mannschaft war in ihrer Mehrheit einer Ausdehnung der Po st Verbindungen nach dem brandenburgi schen Gebiete zwar nicht entgegen, doch erklärte sie ihre Be denklichkeiten wegen der Commercien Leipzigs, in Anbetracht der Eingriffe der Städte Halle und Magdeburg, welche sich diese wiederholt in die Privilegien Leipzigs, besonders des Stapelrechts, hättm zu Schulden kommen lassen. Als aber im Jahre 1690 die brandenburgische Regierung eine direkte Postverbindung zwischen Berlin und Dresden in Vorschlag brachte, weil die bis herige Verbindung über Leipzig zu zeitraubend und für Reisende zu kostspielig sei, ferner auch für eine schnellere Verbindung mit Wien gesorgt werden müsse, befürchtete man damit «ine geplante Schädigung des Leipziger Handels. Nun erhob sich gegen die brandenburgischen Projekte nicht nur der gesammte Leipziger Handelsstand, sondern auch das Geheimraths-Collegium in Dres den, und so kam die direkte Berlin-Dresdner Post nicht zu Stande. Brandenburg ließ sich aber dadurch nicht bange machen, sondern knüpfte mit Sachsen immer wieder neue Verhandlungen an, wobei Minister von Chalkowitz und Hofrath Still sich sehr thätig zeigten, ohne jedoch namhafte Resultate zu erzielen. Es entstanden jetzt eine Menge Streitigkeiten, Mißverständnisse und sogar persönliche Zusammenstöße. Die daraus für beide Länder hervorgehenden Nachthcile konnten nicht lange unbemerkt bleiben und so stellte der trotz seiner kurzen Regierung verdienstvolle Kur fürst Johann Georg IV. von Sachsen an die Spitze seines Post wesens einen energischen Mann, Johann Jakob Kees, früher Kauf- und Handelsherr, der am 9. Juni 1692 in dieses Amt ein trat. Er versuchte erst daS brandenburgische Postwesen in Leipzig auf friedlichem Wege aufzulösen; als dies jedoch nicht gelang, machte er kurzen Proceß, und untersagte ohne Weiteres dein brandenburgischen Postfactor Ihle die fernere Ausübung des Dienstes in Leipzig und ließ auch dem Dübener Postillon, der durchaus das Felleisen der Berliner Post an Ihle abliefern wollte, diesem gewaltsam wegnehmen. In Berlin wurde dies natürlich sehr übel vermerkt und verursachte eine Beschwerde, in deren Folge die sächsische Regierung sich willig finden ließ, eine andere Pon Verbindung, mit Wechselung an der Grenze, anzuknüpfen. Die Folge war, daß die brandenburgische Regierung ihre Poststationcn in Düben und Wittenberg freiwillig aufhob, und dem Factor Ihle noch einmal, wenigstens eine halbe Stunde lang, im Posthause zu Leipzig Aufenthalt und ordentlicher Abschied vergönnt wurde, um üblen Nachklang zu verhüten, was jedoch Kees nur ungern zugestanden hatte. Jetzt begannen aber auch Streitigkeiten wegen des Hamburger Kurses, und 1693 verlangte Kurbrandenburg vom Oberpostmeister Kees in Leipzig ziemlich heftig eine General combination mit seinen Posten, die jedoch von Sachsen mit Hin weis auf seine Verbindung mit den Reichsposten und der übrigen Staaten abgewiesen wurde. So gingen die Streitereien bis 1699 weiter, wo endlich ein Verständniß zu Stande kam, das zwar den redlichen Willen verrieth, aber sich bald wieder gelockert zeigte. Von welcher Seite die Veranlassung hierzu gegeben wurde, läßt sich jetzt nicht mehr entscheiden. Von diesen wenigen erfreulichen Verhältnissen im Entwicke lungsgange des Postwesens wendete Redner sich einer erfreulicheren Seite desselben, „demUmfangederPo st-und Boten- befördern» g", zu. Wie bereits erwähnt, kam schon 1626 zwischen Leipzig und Dresden eine Post zu Stande, welche wö chentlich zweimal „kutschirte", und «inen Brief für sechs Pfennig oder zwei Groschen beförderte. Eine 1635 geplante fahrende Post von gleichem Kurs wurde wegen der Kriegsunruhen vertagt und erst 1682 als Reitpost eingerichtet, der 1683 auch «ine Post kalesche für Personenbeförderung folgte. Diese Post hatte, der alten Heerstraße folgend, drei Stationen, Meißen, Oschatz und Wurzen, und seit 1704, nach der neuen Straßenanlage, die vier Stationen Meißen, Seehausen, Kalbitz und Wurzen. Dann kam 1726 die noch kurze Tour über Stauchitz und Wermsdorf zu Stande. Im Jahre 1706 wollte Oberpostmeister Kees, neben den zwischen Leipzig und Dresden bestehenden gesebwinden Posten auch noch wöchentlich eine langsame Post, für Leute, die das ge schwinde Fahren nicht vertragen könnten, wie alte Leute, Weibs Volk und Kinder, anlegen. An Fahrgeld zahlte die Person zwischen Leipzig und Dresden einen Thaler einundzwanzig Groschen. Jetzt traten die Lohnkutscher klagend gegen die Post auf, doch ohne Erfolg und Berücksichtigung ihrer zweihundert jährigen Genoffenschaftsordnung. Von den ersten in Sachsen eingerichteten wichtigeren Posten sind noch die fahrenden Posten zwischen Leipzig und Schneeberg, sowie zwischen Dresden und Wittenberg zu erwähnen. Während zu Anfang des 17. Jahr Hunderts in Sachsen eine für das Publicum nutzbare Post noch nicht bestand, zählte das Leipziger Oberpostamt allein hundert Jahre später und zwar 1700, bereits 57 abgehende und ebensoviel ankommende Posten, die sich nach allen Richtungen hin verbrei teten, wie nach Freiberg, Nürnberg, Frankfurt, Berlin, Magdc bürg, Hamburg, Zerbst, Dresden, Annaberg, Eger und Breslau. Das erste Kursbuch, verfertigt vom Postsecretair Eschert, erschien 1706. Anschließend gab Redner noch Mittheilungen über die Posttaxen, das Postbeförderungswesen und über den Dienstbe trieb in früheren Zeiten, woraus ersichtlich wurde, daß unter solchen obwaltenden Umständen der Postdienst nur selten' be neidenswerth gewesen sein mag. Vielleicht verdienen hier auch die sogenannten Lerchen präsente Erwähnung. Vom Oberpostamte Leipzig wurden nämlich Leipziger Lerchen, die damals als besondere Delikatesse galten, schockweise an bedeutendere Postämter des Auslandes zum Zwecke der „Aufrechterhaltung fernen guten Einvernehmens" alljährlich als Präsent abgesandt. So lange die Einkünfte ver pachtet waren, trug den Aufwand der jeweilige Oberpostmeister in Leipzig. Vom Jahre 1712 ab, wo der Staat die Post und das Postamt aus der Waage am Markt in die Klostergasse übersiedelte, wurden jedoch die Kosten in der Postrechnung ver ausgabt. Das gedachte Herkommen mit den Lerchenpräsentcn hielt sich lange, wie denn noch in der Rechnung von 1764 für zweiundzwanzig Schock Lerchen der Betrag von 79 Thalern Einen Zahn verloren— die Herzen gewonnen. Eine luftige Geschichte au» »em Leben Jean Paul ». Bon Karl Neumana-Strela. Nachdruck »erboten. Frühling, blauer Himmel und Sonnenschein, aber der Stu diosus Johann Paul Friedrich Richter machte ein so vergrämtes Gesicht, als ob ihn die schreck lichsten Winterstllrme uwbrausten. DaS war 1782 in Leipzig. Und unser Student hatte auch wirklich Grund zur Verdrießlichkeit. Er ging durch die ReichSstraße, hielt sich seufzend die Backe, weil ihn ein wüthendrr Zahnschmerz plagte, dachte seufzend an seine Stubenwirthin, die drei Thaler für rückständige Miethe verlangte, an den Speisewirth, der ihm schon so lange borgte, sowie an Schuster und Schneider, die auch etwas drängend wurden. Diese Schulden und der Zahnschmerz dazu! Wirklich kein Wunder, trotz deS herrlichen Frühlingstage- so mißmuthig, ganz verzagt zu sein. Eigentlich wußte er selber nicht, tvrShalb er durch die ReichSstraße ging. Vielleicht, weil er die angenehme Empfin dung hatte, daß.keiner seiner Gläubiger in dieser Straße wohnte. Im Weiterschreiten sah er auf und bemerkte über einem Ge wölbe ein mit rothen Bändern umwundener Messingbecken, daS Zeichen eine» Barbieri. Dieser stand gerade in der Thür und erkannte mit richtigem Geschäftsblicke, daß der Jüngling Zahn schmerzen hatte, da er die Hand an der Backe hielt. „DaS Klügste ist auSziehen", rief er ihm zu. Richter blieb stehen, dachte an seine leere Börse und fragte daher in etwas unsicherem Tone: „WaS verlangt Ihr dafür?" — „vier Groschen Courant." — „Morgen, ich komme morgen." — „Je «her, desto besser, 'rau- mit dem schlechten Zahn!" Rasch auf dem Absatz herum und weiter. Doch ein wirklich ganz abscheuliches Gefühl, nur noch zwei Groschen in der Börse zu haben. Wenn sich der Zahnschmerz nur legen wollte, aber nach einer fast schlaflos verbrachten Nacht trat er am nächsten Tage noch heftiger auf. Richter hatte nirgends mehr Ruhe. Stubenwirthin und Speisewirth fragten ihn sehr anzüglich, wann denn sein Geldschiff käme, und al« er nach der Hochschule ging, um Platner's Vorlesung über Philosophie zu hören, batten sich Schuster und Schneider zu höchst unbequemer Begrüßung am Eingänge derselben aufgestellt. Diese ihm nur zu bekannten Gesichter und die Schmerzen dazu raubten ihm fast jede Stimmung. Vor allen Dingen mußte der Zahn heraus. Doch seine Vermögenslage hatte sich inzwischen so verschlechtert, daß auch die letzten zwei Groschen verausgabt waren. Sein oder Nichtsein in der Börse war in dieser Beziehung keine Frage mehr, sondern da« völlige Nicht sein zur unabweisbaren Thatsache geworden. Die an die Mutter in Schwarzenbach geschriebenen „Brandbriefe" waren bis jetzt ohne Erfolg geblieben. DaS „Geldschiff" war immer noch nicht in Sicht. Die Professoren pflegten armen Studenten die Vorlesungen zu „stunden", aber ZahnauSziehen „auf Stundung" würde unwögllch sein. In dieser Lage sand sich ein theilnehmender Freund, der kurz vor dem MonatSersten noch vier Groschen hatte. Nun schleunigst damit nach der ReichSstraße und zum Barbier, dessen Frau auch gleich hinter dem Marterstuhle er schien, um Richter den Kopf zu halten. Au» Leipzig gebürtig, hatte sich Edmund Köhler — so hieß der Barbier —, erst kürzlich dort seßhaft gemacht, nach dem er seine aus Großenhain stammende Frau heimgeführt. Sie waren fleißig, do- Geschäft ernährte sie, und bei ihren mäßigen Ansprüchen konnten sie hoffen, daß sie „einen Spar groschen" für die Zukunft erübrigen würden. Köhlrr'S Gehilfe besorgt« dir auswärtige Kundschaft, während er die in seine Stube kommenden Kunden bediente, wobei seine Frau ihm zur Hand ging. Ein kräftiger Ruck, und der böse Zahn war entfernt. Die Frau zog ihre Hände von Richter'S Stirn, wischte ihm die Schweißtropfen ab und führte ihn, da er ihr gar zu matt er schien, hinter einen Vorhang, wo sich der Wohnraum befand. Dort legte er sich nieder, die Ruhe behagte ihm. Ein Gespräch kam in Gang, doch der Frau fiel eS auf, daß seine Bläffe nicht weichen wollte, und es kam ihr der Gedanke, Essen und Trinken möchte ihm zur Kräftigung nöthig sein. Ohne ihn erst §u fragen, holte sie Zwiebelwurst und Schwarzbrot), rief dann ihren Mann, der eine Flasche Danziger Goldwasser anbrachte. Ein so armer Student und keinen Hunger haben? Er konnte zu jeder Tageszeit essen, denn sein auf das „Geldschiff" roartender Speisewirth setzte ihm überdies nur kleine Portionen vor. Er griff also gleich zu, aß und trank tüchtig, wurde beredt, und bald wußten die guten Leute seine ganze LebenSgeschichte: daß er in Wundsiedel 1763 geboren, daß seine Mutter eine PredigerS- wittwe in Schwarzenbach war, und er in Hof die Schult besucht hatte, daß er vor einem Jahre nach Leipzig gekommen war, um Theologie zu studiren. Er war arm, sehr arm! Die Mutter schickte ihm Geld, so oft sie nur konnte; aber wenn nicht bald wieder eine Sendung käme — dann freilich, dann —! Ein in den Laden tretender Kunde rief Köhler in diesem Augenblicke ab. Die Frau ging ihm nach und flüsterte ihm zu: „Wenn der Student bezahlen will, dann nimmst Du nichts." — „DaS", sagte er ihr, „hab' ich mir auch schon gedacht." Richter that zwar, als ob er diese Güte nicht annehmen könnte, aber im Grunde seines Herzen» war er über die ersparten vier Groschen sehr froh. Köhler'» Einladung, ihn öfter zu besuchen, beglückte ihn noch mehr, und so entstand allmählich eine Freundschaft, die ihm trefflich zu Statten kam. Die guten Leute theilten seine Freuden unv Sorgen; wa» ihn hoffnungs voll erfüllte und schmerzlich bewegte, theilte er ihnen mit, und manch liebes Mal deckten sie auch für ihn den Tisch. Auf d:c an die Mutter gerichteten Brandbriefe hatte sie ihm acht Thaler geschickt; die Summe war groß genug, um den Gläubigen! fürs Erste den Mund zu stopfen. Nun aber durfte er, wie er Köhler'S erzählte, der Mutter mit solcher Bitte „vorläufig nim: wieder in den Ohren liegen", und um eine für ihn auskömm liehe Einnahme zu erzielen, war er mit einer literarischen Arbcii beschäftigt. Es war sein in der Literaturgeschichte als Erstling, werk verzeichnetes Buch: „Grönländische Processe. Von Jean Paul", wie sich Richter mit Benutzung seiner zwei ersten Vor namen als Schriftsteller nannte. Bevor er aber einen Verleger dafür gewann, ward ihm noch manche trübe Erfahrung, manch bittere Stunde bereitet. Endlich fand sich ein einsichtsvoller Mann, der Buchhändler Voß, ein Freund Lessing's und Hippel's, der den Verlag des Merkchens übernahm. Er zahlte dem Autor 15 Louisdor Honorar und bestellte einen zweiten Theil. Und Richter? Er lief vor Entzücken ins Freie und weinte. Seine Gläubiger erhielten ihr Geld, und er weinte dabei. Er umarmte Köhler's und weinte seine Freude an ihrem Herzen aus. So löste sich sein Jubel überall in Wonnethränen auf. Nun war er reich, konnte das trockene Brodstudium ganz auf geben und fortan als Schriftsteller leben. Er konnte die Mutter unterstützen, Köhler's beschenken, ein Sommcrhäuschen im Körner'schen Garten zur Wohnung miethen, neumodisch gekleidet gehen, und im Gasthof „Zum blauen Stern", wie andere Schön geister, zu Mittag essen. DaS that er denn auch; bei solchem Leben war es jedcck, kein Wunder, daß 15 Louisdors nicht sehr lange reichten. W schadete das? Der zweite Theil wurde geschrieben, die gleick- Summe dafür gezahlt, und die Börse war wieder voll. Köhler » baten ihn dringend, die Geschenke zu unterlassen, doch auf ihre Warnung vor Verschwendung hörte er nicht. Um hinreichen) Geld zu haben, brauchte er nur zu schreiben, und so entstand ein dritte-, »in vierte» Buch. Doch Voß und auch anoerr Buch-
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
- Doppelseitenansicht
- Vorschaubilder
Erste Seite
10 Seiten zurück
Vorherige Seite