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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 26.02.1898
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1898-02-26
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18980226018
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1898022601
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1898022601
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1898
- Monat1898-02
- Tag1898-02-26
- Monat1898-02
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Bülow auf die Eingabe deS Evangelischen Bunde- bezüglich der klerikalen Separatster von Kaiser- Geburtstag in Rom im Reichstage oder im Abgeordnetenbause zur Sprache zu bringen gedenkt, so darf sie auf die Zustimmung auch solcher Kreise, die nicht auf dem politischen Boden der Partei sieben, rechnen. Denn noch weit tiefer, als die Erregung über jene Separatfeier und die auf ihr von dem preußischen Gesandten beim Vatikan gespielte Rolle, ist die von jener schroffen Ant wort erweckte Mißstimmung, weil sie sich mit der Befürchtung paart, die Antwort sei von Rücksichten auf neue Tausch geschäfte mit dem Centrum beeinflußt. Das beweisen zahl reiche Auslassungen in der Presse, die zum Theil noch scharfer sind, als die Antwort des StaatSsecretairS. Selbst Professor Delbrück, der doch weder im Verdachte des National liberalismus steht, noch im Allgemeinen — man erinnere sich nur seiner Vorschläge zur Versöhnung der Polen — rücksichts volle Versuche zur Gewinnung einer oppositionellen Partei verwirft, füdlt sich von der rücksichtslosen Schärfe des dem Evangelischen Bunde ertheilten Bescheides mit verletzt und erklärt in den „Preuß. Jahrbüchern": „Die Beschwerde des Evangelischen Bundes ist aber nicht blos zurückgewiesen, sie ist auch in einer unerhört schroffen Form zurückgewiesen. Statt, sobald man bemerkte, daß gut gesinnte Kreise LcS deutschen Volkes ein Llergerniß an jenem Vorgang in Rom ge nommen hatten, Lurch eine ausktärende officiöse Darstellung zu be ruhigen, ließ man erst die Beschwerde kommen, nm sie dann zu Boden zu schlagen. Das Auswärtige Amt hat da- Schrift- stück nicht einmal behalten wollen, sondern dem Einsender zurück gegeben. Dies Verfahren ist ein neuer Beweis, daß Herr v. Bülow in jeder Beziehung die Politik des Herrn v. Marschall sortsetzt: genau so hat dieser den Aufschrei der sittlichen Empörung in unserem Volke über die Greuelthaten der türkischen Mörderbanden behandelt. Daß selbstständige ileale Regungen in der Volksseele einen unend lichen Werth haben und von einer weisen Regierung geschont werden, auch wenn sie augenblicklich unbequem sind, davon hat man in Diplomatenkreisen ja keine Vorstellung und auch unsere heutige Re gierung steht darin moralisch etwa aus der Stufe Metternich'-." Graf v. Hoensbroech behandelt die Angelegenheit in einem „Staatssecrelair v. Bülow und der Evangelische Bund" betitelten Schristchen, dem wir folgende Stellen entnehmen: „Die Antwort des Herrn Staatssecretairs von Bülow ist — und damit kennzeichne ich zugl-ich meine Auffassung über Bedeutung und Tragweite des Briefwechsels — ein neuer und schlagender Be weis für unsere jammervolle innere Lage, für den als Dauer zustand eingebürgerten Bettelgang unserer Regierung au die Thüren des ultramontanen CentrumS. Der über „inter nationale Courtoisie" und „diplomatischen Usus" belehrende Erlaß de- Herrn Staatssecretairs ist nicht- Anderes, aber auch gar nicht- Andere-, al» eine schon vor der Abstimmung dem Tentrum ge- leistete Abschlagszahlung für seine Hilfe bei der — Flotten vorlage; e« ist die amtliche Bestätigung des bekannten Worte-: das Centrum ist Trumpf; er ist rin „Handel-Vertrag", wie ihn selbst Graf Caprivi nicht besser hätte schließen können. Werden dem deutschen und preußischen Volke, werden den nationalen Parteien, werden vor Allem so vielen in der Schablone verknöcherten Parteiführern endlich die Augen ausgehen? Werden st« endlich er kennen, wo wir Dank ihrer Uneinigkeit, Dank ihrer einseitigen Jnteressenverbohrthett angelangt sind? Werden sie sich in den großen vaterländischen Fragen endlich zusammenschließen, um dem Crntrum wenigstens daun und da die parlamentarische Vormacht zu entreißen, wo es sich um dir Größe unsere- Vaterlandes handelt? Werden sie endlich unserer Regierung, dte seit Jahren auf den vom Centrum ihr gnädig gereichten Krücken einherhinkt, fast planlos, fast ziellos, jeden falls ohne Selbstbewußtsein und Würde, werden sie ihr endlich in vater ländischer Gesinnung eine parlamentarische Mehrheit stellen? Von den weltbewegenden Kämpfen, die den Hintergrund des Wortes Ultramontanismus bilden, von dem schneidenden und feindlichen Gegensätze des ultramontanen Systemes zu allen freiheitlichen Errungenschaften der Menschheit und insonderheit Deutschlands, von seinem fanatischen Hasse gegen jede nicht ullramontane Regung und Aeußerung des Geiste-, von der gewaltigen ultramontanen Macht und endlich davon, daß die Antwort des Staatssecretairs ein Merkmal ist für das Voranschreiten dieser Macht und ein erneuter, betrübender Beweis für die Schwäche und Kurzsichtig keit unserer Regierung: von alledem haben der „Bildungsphilister" und sein Leibblatt, ausgerüstet mit einem Conversations-Lexikon, natürlich keine Ahnung. Ladvant sidi! Aber auch für sie wird die Zeit kommen, und wenn Parlament und Regierung so weiter marschiren, wird sie rasch da sein, wo selbst der „Un- konfessionellste" am eigenen Leibe und am eigenen Geiste erfahren und dann auch gestehen wird, daß UltramontaniSmuS nichts mit „Consrssion" und nichts mit „Religion", wohl aber sehr viel mit persön licher, politischer uud wirthschaftlicher Knechtung z-. thun hat; daß also auch der Kamps gegen den Ultramontanismu- nicht „con- fessioneller Hader" ist» sondern ein Ringen um die höchsten Güter der Menschheit: bürgerliche und religiöse Freiheit. Wenn irgend etwas, so beweist der Vorgang bei der Kaiser-Geburtstag-- feier schlagend und handgreiflich, daß die „diplomatische ArbeitS- theilung" in Rom unhaltbar ist, daß die energische Forderung er hoben werden muß, die diplomatische Vertretung beim Vatikan abzuschafsen." Wir könnten diesen Citaten eine ganze Reihe ähnlicher hinzufügen, ziehen es aber vor, nur noch ein „Eingesandt" der „Post" zu erwäbnen, das augenscheinlich aus den Kreisen deS Bundesvorstandes stammt und durch maßvollen Ton sich ebenso auszeichnel, wie durch schlagende Widerlegung der dem Bunde wegen seiner Eingabe gemachten Vorwürfe. Das „Eingesandt" weist zunächst mit Recht darauf hin, daß die Eingabe vor Allem der „mindesten- peinlichen" Empfindung habe Ausdruck geben wollen, welche die klerikale Sondrrfeier und die Art der Antheilnahme deS preußischen Gesandten beim Vatikan in evangelischen deutsch-patriotischen Kreisen hervorgerufen batte; es giebt dann dem StaatSsecrctair zu, daß er einen Anlaß habe suchen müssen, um den Versuchen politischer Unruhestifter vorzubeugen, au- jenem peinlichen Vorgänge in Rom Waffen gegen da- deutsch-italienische Bundes- und FreundschastSverhältniß zu schmieden. Dann fährt daS „Eingesandt" fort: „Die „Post" aber würbe, ebenso wie der Herr Staatssecretair, irren, wenn sie von der Voraussetzung ausgegangen sein sollte, daß es dem Vorstande des Evangelischen Bundes darauf angekommen wäre, jene politische Seite des römischen Vorgangs zu betonen oder politische Rathschläge von sich auSgehen zu lassen. Wir legen Werth daraus, das ausdrücklich zu verneinen, weil mehr oder weniger alle Blätter, welche sich abfällig über dir Eingabe des Evangelischen Bunde- ausgesprochen haben, bewußt oder unbewußt in denselben Jrrthum verfallen sind und sich ebendeshalb auf die Seite der Erwiderung des Herrn Staatssecretairs gestellt haben. Wenn der Evangelische Bund auf die durch den römischen Vor- gang in gut evangelischen Kreisen hervorgerufene Erregung auf- merksam machen und gegen die Wiederholung solcher Vorgänge wirken wollte, so mußte er selbstverständlich zunächst jenen Vorgang analysiren. Es ist dies an der Hand eines Berichtes der „Germania" geschehen, der unwidersprochen geblieben war. Die Eingabe des Evangelischen Bundes lehnt es dann ausdrücklich ab, auf dir politische Seite der Sache einzugehen, weil derselbe die Erörterung der Frage, wie die gesonderte Geburtstagsfeier der deutschen Katholiken in Rom unter der gemeldeten Motivirung und unter markanter Betheiligung des preußischen Gesandten im Onirinal ausgefaßt werden würde, als nicht seines Amtes ansah. Die Aufgabe war lediglich, der Regung deS evangelisch-deutschen Bewußtseins Ausdruck zu geben, das kein Berständniß dafür finden kann, daß der (evangelische) Vertreter deS (evangelischen) preußischen Königthums im Gegensatz zum befreundeten Italien auf italienischem Boden bei einer Sonder feier päpstlich-ultramontan gesinnter Katholiken in der ausfälligsten Weise hat Handreichung thun können. Konnte sich der Herr Staatssecretair dieser Empfindung verschließen? Trotz dem mag es ihm willkommen gewesen sein, die politische Seite des römischen Vorgangs hervorzukehren und dieser dem befreundeten Italien gegenüber bet solcher Gelegenheit die Spitze abzubrechen. Be- durst hätte er dazu der Eingabe deS Evangelischen Bundes allerdings nicht. Er hätte die Gelegenheit auch anderweit sinken können. So, wie geschehen, bleibt die überaus schmerzliche Thatsache bestehen, daß einmal wieder in einer so oufsallenden Weise die Rücksicht auf dir Empfindungen derjenigen Volksgenossen, welche keine andere Richtschnur ihres politischen Denkens haben, als die Liebe zu ihrem Daterlande, zurückstehen muß hinter den Rücksichten auf die römisch gesinnten Katholiken." Indem wir uns diesen Ausführungen völlig anschließen, bemerken wir noch, daß in dieser Darlegung auch der mehr fach mißdeutete Umstand der Veröffentlichung der Ein gabe seine volle Erklärung und Rechtfertigung findet. Wäre eine politische Einwirkung beabsichtigt gewesen, wie die Antwort des Staatssecretairs annimmt, so wäre eine Ver öffentlichung mindestens unzweckmäßig gewesen. Aber eS galt, dem verletzten evangelischen Bewußtsein Genüge zu tvun, und dazu bedurfte es der Veröffentlichung der Eingabe. Eine politische Action hat erst die Antwort de- Staats secretairs daraus gemacht, und deshalb ist e- Aufgabe des Reichstages oder des preußischen Abgeordnetenhauses, auf diese Antwort einzugehen. Paris nach dem Artheilsspruche. 6. Parts, 24. Februar. Der Pont Neuf ist gesperrt. Am nördlichen Bcückenende steht ein halbes Hundert Schutzleute, und die Quais stromauf und stromab gehen ankere in kleinen Zwischenräumen zu zwei und zwei, die jede Menschenansammlung verhindern. Nicht stehen bleiben! avanes^, Alessiem?! tönt es in Einem fort. Und wenn doch einmal eine kleine Gruppe sich gebildet bat und nicht gleich auseinander gehen will, so stürmt einer von den vier Berittenen, die bei dem großen Candelaber gegenüber dem Waarenhause der Belle Jardini-re ausgestellt sind, heran und jagt sie weg. Zwischen und hinter den Schutzleuten erkennt man — ein ungewohnter Anblick! — etwa einen halben Zug der 6sr'äe röpuolicsiuo, Gewehr bei Fuß. Die Seineinsel ist so gut wie verödet, nur an der Hellen Erleuchtung des Justizpalastes sieht man, daß dort etwas Besonderes vorletzt. DaS ungefähr war der Anblick, der sich mir bot, als ich gestern etwa '/,7 Uhr am Seineufer ankam. Die um fassenden Vorsichtsmaßregeln waren kaum nöthig, denn da die Nachmittagsblätter die Nachricht gebracht hatten, das Urtheit werde erst am folgenden Tage gesprochen werden, war die Menschenmenge verhältnißmäßig gering und auch wenig erregt. Da um 7 Uhr kommen einige Wagen über die Brücke. Im ersten hat man eine Uniform erkannt, und im Nu ist er von zweihundert, dreihundert Personen umringt. Tie Hüte werden geschwenkt, die Mützen fliegen in die Luft: Vivo l'^rmöe, v>ve I'^rmes tönt eS und eö pflanrt sich tausend stimmig fort bis zu den Markthallen und weiter. So bleibt der zweite Wagen fast unbemerkt. Als er gerade an mir vorüberkommt, beugt sich ein Herr im Cylinder heraus und sagt: „le wuximum". Ein unbeschreibliches Gefühl überkommt mich bei diesen, mit schadenfrober Stimme ausgesprochenen Worten. Oft genug hat man sich über ungerechte oder scheinbar ungerechte Urtheile empört. Und was ist uns Dreyfu-, was ist uns Zola! Aber man muß seit zwei Jahren hier gelebt. F-rrill-ton. Schulen und Missionen in unseren Colonien, i. Seit länger al- zehn Jahren haben unsere Colonien eine geregelte Verwaltung, und dennoch sind sie dem großen Publicum eigentlich noch unbekannt. In der Politik spielen sie als Zankapfel der Parteien eine nicht eben schöne Rolle, und wenn etwas für sie aufgewendet wird, bört man auf sie schimpfen. Zwar trinkt man drutsch-ostafrikanischen Kaffee und raucht Bibundi-Cigarren, aber von der stillen Arbeit, die da hinaus gebt, die Colonien nützlich für das Mutter land zu machen, die Einwohner langsam zur Arbeit und zur Consumtion zu erziehen, ist noch sehr wenig bekannt. Von Anfang an ist unsere Verwaltung darauf bedacht gewesen, durch die Schule sich die Eingeborenen heranzuziehen zu Mithelfern und Mitarbeitern, und eS macht Freude, zu sehen, wie die Neger, die früher nur als Lastträger und Boy- verwendet wurden, auf den Factoreien unterkommen und wie im vorigen Jahre in Togo einige auch bei der kaiserlichen Post und dem Zollamt angestellt werden konnten Dieser Trieb nach Bildung in dem langen Volke läßt für die Zukunft da- Beste hoffen. E- wird ihm auch in jeder Weise entsprochen. Neben den Regierung-schulen giebt e« die Schulen der einzelnen Missionen, und diese sind gewöhnlich zahlreicher und auch besser besucht. WaS in den Regierung-schulen geleistet wird und mit welcher Liebe die Lehrer an ihren Schöpfungen hängen, da- konnte man an dem leider im Jahre 1896 verstorbenen Lehrer Christaller seben, der sich ungemein bobe Verdienste um da« Schulwesen in Kamerun und die Entwickelung der Sprachkenntniß erworben Hal. Um dieselbe Zeit starb auch der Lebrer in Togo, Köberle, und die Regierungsschule übernahm Lebrer Walter au- Kamerun. Jetzt ist noch der Lehrer Lederbogen angestellt. Die Colonialschulen zerfallen gewöhnlich in drei Ab- theilungen, die nach dem Alter der Schüler — eS giebt solche von 7—35 Jahren — gebildet werden. Wenn auch ein Schul zwang noch nicht rxistirt, so kommen doch immer mebr Knaben, weil sie sehen, daß die, welche etwa- gelernt haben, bald gute Stellungen erhalten. Sie halten auch zumeist die Schul stunden richtig ein. Schulzeit und Ferien sind genau geregelt. An der Regierungsschule in Togo bat die erste Abtheilung von 8—ll, die zweite von 9—'/,12 und die dritte von 2—4 Ubr Unterricht. Ferien giebt eS nicht viel, große Ferien vom 3l. August bi- 12. September, Weihnacht-ferieu vom 24. December bi- 14. Januar, Osterferien sich- Tage. Gelehrt wurden in der ersten Abtheilung Biblische Geschichte, Deutsch, Rechnen, Realien, Singen, in der zweiten Biblische Geschichte, Deutsch, Rechnen, Hrrmathkund«, Singen, Turnen, Zeichnen, in der dritten Lesen, Schreiben,Anschauungsunterricht, I Rechnen. Im Jabre 1896/97 zählte die Regierungsschule in I den einzelnen Abtbeilungen 12, 14, 21, zusammen 47 Schüler, f Das sind aber nicht etwa alle Schüler des Schutzgebietes Togo. Die Missionen zählen weit mehr. In Togo kommen vier Missionen in Betracht. Die norddeutsche protestantische Mission, die Basler, die katholische der Gesellschaft des gött lichen Worte- und die WeSleyanische. Die norddeutsche Mission hat drei Stationen: in Togo, in Amevzovhe und in Lome. Hier wirken 14 Euro päer und 25 Eingeborene, darunter die Frauen, wir wollen sie nennen, Minna Onyipayede, Katarina Wallet und Josefine Böhm, al- Lebrer. Im Ganzen werden 461 Besucher, darunter 109 Mädchen unterrichtet. In Amedzovbe ist eine Mittelschule und ein Seminar. Nicht alle Kräfte werden hier ausgebildet, ein Theil auch in Westheim bei Hall in Württemberg, und erst im vergangenen Jahre kehrten drei Jünglinge von da in ihre ostafrikanische Heimath zurück, um Lehrer ihrer Landsleute zu werden. Bon der Colonialschule ist die Mission kaum zu trennen. Da- Eine bedingt das Andere. Bevor nicht die Eingeborenen beste»« Schulkenntnisse besitzen, können sie auch den Werth des Cbristenthums nicht begreifen, und auf der anderen Seite fordert daS Christenlbum Bildung, um den Platz als Mensch richtig auSzusüllen. Die BaSler Mission allein beschäftigt etwa 17 MissionSarbeiter, davon 2 europäische Missionare, und die Zabl ihrer Christen betrug 285. Die Basler Mission hat in 12 Orten deS Togogebietes Stationen. Es zieht sich eine fortlaufende Linie vom Ausfluß des Dayi an hin bis BiSmarckburg in Adele. Auf den meisten Stationen wird neben der Missionsarbeit die Errichtung und der Bau der Lebrerwohnungen und GotteSdienstlocale betrieben. Die Schüler wohnen meistens alle auf den Stationen. Sie werden daselbst verköstigt und ihnen Kleidung und die nöthigen Bücher ge geben. Christen wollen zwar Viele werden, aber bevor man nicht ihren Cbarakter geprüft bat und sie die Lehre beherrschen, werden sie nicht zur Taufe zugelassen. Die katholische Mission, Gesellschaft deS göttlichen Worte-, hatte viele schwere Verluste. Im letzten Jahre starben 3 Missionare und 1 Schwester. Ihre Stationen befinden sich in Lome, Porto-Seguro, Kleinpopo, Abiido und Togo. Sie unterhält 17 Schulen mit zusammen 556 Schülern und 101 Schülerinnen in zusammen 14 Orten. In der Schule werden von Sprachen Deutsch, Englisch und da« Lesen der Landessprachen getrieben. Früh sind die Stunden in Religion, Schönschreiben, Deutsch und Lateinisch, Geographie, Gesang und Englisch» Nachmittag- Rechnen und Deutsch. Maa fängt hier im ersten Schuljahr mit der englischen Spracht au, weil sie leichter ist, im zweiten Jahre folgt da- Deutsche. Dir in Lome geplante Schwrsteraiederlafsung konnte im I März vorigen Jahre- durch die Ankunft der Schwestern ver- I wirklicht werden. Troy de- harten und so frühen Berluste- ihrer Vorsteherin, kaum sieben Wochen nach ihrer Landung, scheint sich die neue Schule der Schwestern gut zu entwickeln. Gegründet wurde sie, um durch Heranbildung christlich gebildeter Märchen die größere Leichtigkeit christlicher Ehen vorzubereiten und so die fast allgemein herrschende Polygamie und die Concubinate zu bekämpfen. In Porto Seguro und Togo (Stadt) gehen die Schulen ihren guten Weg. Im Uebrigen ist aber in beiden Städten der Fetischdienst noch sehr stark. Er scheint sogar in letzter Zeit, merkend, daß dis Cbristenthum eine Gefahr für ihn und sein Untergang ist, größere Anstrengung zu machen, sich in der Herrschaft über da« Volk zu erhalten. Feierliches Verbot jeglicher europäischen Kleidung für das Volk von Seiten der Felischpriester, die Erklärung, daß alle Krankheit, Mißwachs, Fischarmuth in der Lagune und dergleichen in dem Verlassen der alten Gebräuche ihren Grund babe^ wie auch die Hebung der demoralisirenden und die Freiheit der Individuen bedrohenden Fctischsckulrn sollen dem gefährdeten Götzendienst zu alter Stärke und zu altem Glanze verhelfen. Immerhin wird es schwer bleiben, dagegen einzuschreiten, so lange letzterer im Princip zugelassen. Die von den Ueber- griffen deS Fetisch betroffenen Familien geben kaum Aus kunft über daS erlittene Unrecht; oder aus Furcht vor den Folgen erklären sie sich gar, falls die Sprache darauf kommt, damit rollständig einverstanden. Selbst dem Missionar klagt man nicht seine Noth, und sagt ihm kaum ein Wort davon, weil man fürchtet, auf seine Miltheilung hin möchte von Seiten der Regierung eingcschritten werden und sie selber hätten dann nachher die Folgen von den erzürnten Fetisch häuptern zu tragen. Die WeSleyanische Mission bat 5 Kirchen und Predigtplätze, einen europäischen Missionar und 27 ein geborene Missionare, Evangelisten, Schullehrer u. s. w.» 200 abendmahlberecbtigte Mitglieder, dazu aber ungefähr lOOO sonstige Angehörige und Schüler. Die Zabl der Be sucher der Gottesdienste betrug jeden Sonntag im Durch schnitt 664. Die Arbeitskräfte dieser Mission sind für das große offene Feld viel zu klein. Die eingeborenen jungen Männer müssen nach Lagos zur Ausbildung geschickt werden, nach 3 Jabren können sie ihr Lehrerexamen machen. Sie arbeiten als Lebrer und Evangelisten. Nach sechs- bi- zehn jähriger Dienstzeit dürfen sie sich um die Candidalur des PredigtamtS bewerben, in welche« sie durch die Synode und Conferenz als „Prediger auf Probe" ausgenommen werden. Während der Probezeit haben sie jährlich «in Examen zu machen. Nach vier fahren erst erfolgt die endgiltige Auf- nadme durch die Feier der Ordination, worauf sie alle Tbätigkeiten eines Prediger- au-üben dürfen. JhrrGebaltS- verbältmsse sind die folgenden: als Lebrer je nach der Dienst zeit 300—750 -4k, al- Probeprediger 1000 ^e, nact» der Ordination jede- Jahr 200 mebr bi- zum Maximum von 1600 nach zehnjähriger Dienstzeit al- Prediger 2000 nebst Wohnung und Rrisrau-gabenvergütung. — Bei der strengen PrüsungSart dieser Mission sind nur wenig Neubekekrungen zu verzeichnen. Dir Hauptschule der Wesleyaner in Klein-Popo besteht seit 1850, die Mädchenschule daselbst seit 1890, die Schule in Gliji seit 1861 und die Schule in Porto-Seguro seit 1878. In Klein-Popo wird der Unterricht in englischer und deutscher Sprache ziemlich gleichmäßig gegeben, während der Aneho-Unterricht in Ermangelung von Schulbüchern bisher eine untergeordnete Stellung einnabm. Drei schwarz« Lehrer geben englischen und Aneho - Unterricht, während der deutsche Missionar den deutschen Unterricht zu geben bat. Während seiner Abwesenheit in Deutschland wurde der deutsche Unterricht durch einen schwarzen, dentschredenden Lehrer weitergeführt. Die Betheiligung am englischen und deutschen Unterricht ist freigestellt, dagegen müssen alle Schüler Anebo lernen. Wir lassen hier den Lehrplan folgen: I. Classe. 13 Schüler. Schulzeit von 9—10'/, Uhr Vormittags. Der Stundenplan umfaßt: Lesen, Ucbersetzen vom Englischen ins Deutsche und umgekehrt, Grammatik, deutsche Conversation, Schönschreiben und Rundschrift, Aufsatz, Dictat, Rechnen, Geographie, Naturgeschichte, Singen. 1) Lesen. Im württembergischen Lesebuch für die Mittelstufe von Nr. 1 — 85. 2) Uebersetzen. DaS Gelesene muß siets ins Englische übersetzt werden, daran anknüpfend deutsche Satzbildung. 3) Grammatik nimmt den größten Tbeil der Sckulzeit in Anspruch. 4) An die Grammatik schließen sich Hebungen in der deutschen Conversation an. 5) Schönschreiben wird nur geübt, wenn und wo es nöthig ist, da die Neger im Allgemeinen sehr leicht schreiben lernen. Auf Wunsch ist Unterricht in Rundschrift eingeführt worden. 6) Im Aufsatz werden bald Beschreibungen, bald Briefform durchgenommen. 7) DaS Dictat ist eine der schwersten Aufgaben und es sind nur die Anfänge durchge- nommen worden. 8) Im Rechnen beschränkt man sich auf Decimalbrüche. Die erste Classe übt den Zweisatz nach einen» württembergischen Rechenbuch. 9) In der Geographie ist durchgenommen und eingeschrieben: daS Wichtigste über die Erdkunde, Genaueres über Australien, Amerika, Afrika bis Egypten. 10) Naturgeschichte ist im März begonnen worden, jetzt Lehre vom Tbierreich. 11) In der Singstunde werden nur deutsche Lieder und Choräle gelernt, immer zweistimmig, und womöglich drri-und vierstimmig. II. Classe. 10 Schüler. Schulzeit von 10'/,—11'/, Uhr. Diese erhält Unterricht im Lesen, Sckwnsckreiben, Rechnen, Grammatik, Singen und Dictat. NI. Classe. 19 Schüler. Schulzeit von 10'/, bis 11'/, Uhr. Dies« Classe erhält Unterricht im Lesen, Buch- stabilen, Schönschreiben und Abschreiber», Rechnen, Dictat und Singen. Man wird zugesteben müssen, daß dieser Lehrgang Respect vor den Neg«rn einflößt.
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