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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 28.01.1898
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1898-01-28
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18980128011
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1898012801
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1898012801
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1898
- Monat1898-01
- Tag1898-01-28
- Monat1898-01
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Die Morgen-Ausgabe erscheint um '/,? Ub-, di: Abend-Ausgab« Wochentag» um b Uhr. Rr-artion und LrveLition: Aohanne-gasse 8. Die Expedition ist Wochentag- ununterbrochen geöffnet von früh 8 bis Abends 7 Uhr. Filialen: Lite» Klemm s Sortii». tAlfrek Hahn), Universitätsstraße 3 (Paulinum), LontS Lüsche. Latbarineastr. Is. Part, und König-Platz 7. BezugS-PreiS l» der Hauptexpedition oder den im Stadt, beairi und den Vororten errichteten Au-» aabrstellrn abgrbnlt: vterteljü-rlich^l-chO, bei zweimaliger täglicher Zustellung ins Haus -L ö.50. Durch die Post bezogen für Deutschland und Oesterreich: vierteliührlich »t 6.—. Directe tägliche Krruzbandiendung in- Ausland: monatlich .öl 7.50. Morgen-Ausgabe. UeMM JagMatt Anzeiger. Amtsötatt des Königlichen Land- und Amtsgerichtes Leipzig, des Nathes und Notizei-Äintes der Ltadl Leipzig. Anzeige« Pret- die Sgefpaltene Petitzeile SS Pfg. Reclamrn uuter dem Rrdaction-ftrich (sga» spalten) 50/<z, vor den Familiennachrichtrn (6 gespalten) 40^. Größere Schriften laut unser«» Prets- verzrichniß. Tabellarischer und Ztfferafatz nach höherem Tarif. Extra-Beilagen (gesalzt), nur mit der Morgen - Ausgabe, ohne Postbeförderung 60.—, mit Postbeförderung 70.—. Annahmeschluß für' Anzeigen: Ab end-Ausgabe: Vormittags 10 Uhr. Morge «»Ausgabe: Nachmittags - Uhr. Bei den Filialen und Annahmestellen je eine halb« Stunde früher. Anzeigen sind stets an die Expedition zu richten. Druck und Verlag von E. Polz in Leipzig. 48. Freitag den 28. Januar 1898. 92. Jahrgang. Gepanzerte Torpedobootzerstörer. Als unsre demokratischen Gegner der Flottenvorlage auf die Gründe, die von den Freunden des Entwurfes für die in ibm geforderte Verstärkung unsrer Wehrkraft zur See geltend gemacht wurden, nichts mehr zu entgegnen wußten, als daß sie von diesen Gründen sich nicht überzeugen lasten könnten und für ein „Septennat" unter keinen Umständen zu baden seien, da widersubr ihnen bekanntlich da- unverhoffte Heil, daß der seit l2 Jahren außer Dienst befindliche eng lische Biceadmiral Colo mb wieder einmal seinen redseligen Mund auftbat und über den Werth von Panzerschiffen und Torpedobooten in einer Weise sich äußerte, die einer Ver- urtbeilung deS deutschen FlottenorganisationsplaneS gleichkam. Admiral a. D. Colomb trat nämlich in einem Vorträge mit großem Eifer für die Torpedobootszerstörer im Gegensätze zu den Schlachtschiffen ein und stellte u. A. die Behauptung auf, die Torpedobootzerstörer in größerer Zahl — er nannte 20 — seien einem einzelnen Schlachtschiffe so überlegen, daß die Vernichtung des letzteren sicher sei. Man solle also, da 20 Torpedobootzerstörer kaum so viel kosteten, wie ein modernes Schlachtschiff, nur die ersteren noch bauen. Denn, so folgerte ter Admiral weiter, wenn man einen Torpedobootzerstörer noch panzere, dann sei seine Ueberlegenbeit endgiltig besiegelt. Vergebens wurde unsrer demokratischen Presse, die mit Jubel das „fachmännische" Urtbeil der englischen „Autorität" den „Wünschen" unserer deutschen Fachmänner gegenüber stellte, bemerklich gemacht, daß die Autorität des Admirals Colomb von seinen eigenen Landsleuten angefochten werde und seine Ausführungen sofort in der betreffenden Ver sammlung den Widerspruch anderer Fachmänner bervor- gerufen hätten; vergebens wurde daran erinnert, daß der jetzige Staaissecretair deS ReichSmarineamls Tirpitz von allen Sachverständigen deS Inlandes und des Auslandes als eine der größten Autoritäten im Gebiete des TorpedowesenS anerkannt ist und daß gerade er sicherlich den Bau zahl reicherer Torpedobootzerstörer befürwortet haben würde, wenn dieser Sä'iffSgattung ein so großer Vorzug zukvmme; ver gebens wurde der Beweis erbracht, daß Admiral Colomb in seinem Vaterlaude als Ouerkopf ebenso bekannt sei, wie Herr Eugen Rechter in Deutschland; gerade dieses letztere Argument begeisterte die Gesinnungsgenossen des volksparteilichen Diktators nur noch mehr für den Admiral und seine Ansicht. Es ver lautet sogar, bei den Verhandlungen der Budgetcommission über die Marincvorlage werde von deren Gegnern die Rede des Admirals in voller Ausführlichkeit ins Gefecht geführt werden. Es ist daher am Platze, einmal, wenn auch nur kürz, DaS zusammenzusteUen, was bei der an den Vortrag geknüpften Erörterung dem Admiral Colomb von englischen Fachmännern geantwortet wurde. Nachdem er am Schluß seiner Rebe seine Ansicht dahin zusammengefaßt batte, daß der gepanzerte Torpedobootzerstörer, ausgestaltet mit guten Seeeigenschasten und im Stande, die See zu halten, das Schlachtschiff der Zukunft werden würde, erfolgten aus dem Kreise der Zuhörer u. A. folgende Erwiderungen: Capitain S. Eardley-Wilmot: Admiral Colomb glaubt in einigen Arten der verbesserten Torpedoboote die zukünftigen ersten Repräsentanten unserer Seestreilkräste zu sehen. Der Torpedobootzerstörer ist für ihn eine Erfindung von un gewöhnlicher Bedeutung, aber er giebt zu, daß die See- herrschast nickt von einem 300-Tonnen-Schiff ausgeübt werden kann, deshalb deutete er ein größeres Torpedoboot an, ein gepanzertes Schiff von großer Geschwindigkeit, das sieben oder acht Knoten mehr läuft, als die anderen Tvpen. Wohin werden nun aber solche Ueberlegungen führen? „DaS Er- gebniß wird sein, daß ein Schiff, um diese Eigenschaften zu erlangen, sich in seinen Dimensionen dem Schlachtschiff oder größeren Kreuzer näbern muß und daß, wenn das Panzerschiff verdrängt und das Torpedoboot zu der ideale» Vollkommenheit entwickelt ist, daß es die See beherrscht, eS eben nur einen Typ darstellt, dem der Angriff deS jetzigen Zerstörers wiederum im höchsten Grab gefährlich ist." Capitain H. I. May sagte u. A.: „Die Gejammtbeit der Maschinen und Kessel eines Torpedobootes bildet eine Masse von Röhren und Räderwerk, welche der kleinste Bruchtheil eines Geschosses zerschmettern und damit das Sckiff außer Gefecht setzen kann; da aber die Maschinen und Kessel deS Torpedobootzerstörers bedeutend größer sind als auf den Torpedobooten, so ist es selbstredend auck bedeutend leichter, sie zu treffen und das Schiff damit kampfunfähig zu macken. So viel ich weiß, haben die Zer störer sich nicht so seetüchtig erwiesen, wie ihre Erbauer er hofften. Deshalb scheint es mir auch sehr zweifelhaft, ob wir z. B. eine Flotte von Zerstörern hinsckicken würden, um Brest zu blockiren, und wenn wir es thäten, ob sie den Franzosen Furcht einflößcn würde". Admiral H. Boys, die gegenseitigen Treffwahr scheinlichkeiten zwischen Schlachtschiff und Torpedoboot erörternd, sagte: „Nun weiß jeder Seemann, welch großen Unterschied es macht, ob die Artillerieschieß- üdungen von einem großen Schiffe oder von einem kleinen sehr schnellen Fahrzeug, wie z. B. vom Torpedoboot aus, statt finden. Das Schiss befindet sich in absoluter Ruhe, so daß wie vom Festlande gefeuert werden kann, während das kleine Torpedoboot bei voller Fahrt meist heftige Bewegungen macht, durch welche ein genaues Zielen fast zur Unmöglichkeit wird. Das ist ein wichtiger Punct zu Gunsten deS Schiffs, das dem Torpedoangriff ausgesetzt ist." Die Erwiderungen auf seinen Vortrag beantwortete Admiral Colomb mit der ausdrücklichen Hervorhebung, daß er zum Nachdenken habe anregen wollen. Er glaube, daß die englische Marine sehr bald gepanzerte Torpedofahrzeuge haben werde, er empfehle sie aber nicht. „Meine An sichten", so sagte er, „mögen nickt richtig sein, aber mein Zweck ist erfüllt, wenn ich die fachmännischen Kreise ver anlaßt habe, sich eingehend mit dieser Sache zu beschäftigen und zu prüfen, ob wir den Anforderungen, welche die Zu kunft an uns stellen mag, gewachsen sein werden." Soweit die Erörterung. Abschließend wollen wir aus den Darlegungen des ersten Redners (Capt. Eardley Wilmot) nur noch sein Urtbeil über den gegenwärtigen Schlackt- schifftyp hervorheben, da cS mit demjenigen unserer maß gebenden Kreise übereinstimmt. Er sagte: „In unseren gegenwärtigen Schiffen haben wir nun, wie ich glaube, die glücklichste Verbindung von beiden Typen (Batterieschiff und Tburmschiff) gefunden; Schiffe wie „Royal Sovereign" und „Majestic" bilden eine glückliche Vereinigung des Tburm- und Batterieschiffes, und bei dieser letzten Phase der Schlacht- schiffconstruction werden wir meines Erachtens stehen bleiben." Ver Geburtstag des Kaisers. (D Berlin, 27. Januar. (Telegramm.) Der „Reichs- Anzeiger" veranstaltete beute Vormittag eine Sonderausgabe; sie enthält l) einen Allerhöchsten Erlaß, betreffend Abänderungen der Bestimmungen über die Raugclassen einzelner Beamtenkategorien; 2) einen Allerhöchsten Erlaß über zweckmäßige Einrichtung des Schüler-RndernS in Berlin; 3) eine (schon erwähnte. Red.) Allerhöchste CabinetS- ordre über die vorjährige Concurrenzarbeit für Bild hauer, sowie über die Aufgabe einer neuen Concurrenz arbeit für baS kommende Jahr; 4) Ordensverleihungen. L. Berlin, 27. Januar. (Privattelegramm.) Der kaiserliche Erlaß über das Tchülcr-RuVcrn in Berlin lautet: Um durch eine zweckmäßige Einrichtung des Schüler-Ruderns in Berlin dieser für die Schüler der höheren Lehranstalten so heilsamen Leibcsübung eine weitere Förderung zu sichern, bestimme Ich hier durch, daß in Zukunft dabei nach folgenden Gesichtspunkten ver fahren wird: 1) Die Schüler sind von den Rudervereinigungen Er» wachsener grundsätzlich fernzuhalten. 2) Die Ruderübungeu der Schüler sind durch einen rudcrsportlich vorgebildeten Lehrer und einen erfahrenen Arzt zu über wachen. 3) Bei Wettrudern ist die Oesfentlichkeit ausz ufchließen. Nur besonders eingeladene Angehörige und Freunde der betheiligteu Anstalten und Schüler können zu denselben zugelassen werden. 4) Die Benutzung eigentlicher Rennboote ist nicht gestattet. Bei Wettfahrten ist die Rudcrbahn auf 1200 Meter zu verkürzen. 5) Am Wettrudcrn dürfen nur Schüler der Prima und Ober- Se cun da theilnehmen. Zwecks Durchführung dieser Gesichtspunkte will Ich zur Be- Schaffung eines eigenen Uebungsplatzes mit besonderem Bootshaus« und Rudermaterial für sämmtliche Berliner Schüler-Rudervereinigungen einen Betrag von fünfunddreißig- tauseud Mark aus Meinem Dispositionsfonds bei der General- staatscasse Ihnen, dem Minister der geistlichen rc. Angelegenheiten, zur Verfügung stellen. Auch will Ich an Stelle des bisherigen Wanderpreises zwei Kränze als Preise für das alljährlich statt- findende Wettrudern aussetzen, von denen der eine für die erreichte größte Rudergeschwindigkeit, der andere für die beste Leistung einer Anstalt hinsichtlich der Ausbildung und der rudernden Schüler be stimmt ist. Die Preise verbleiben den siegenden Anstalten. Berlin, Schloß, den 27. Januar 18S8. Wilhelm K. von Miquel. Bosse. An den Finanz-Millister und den Minister der geistlichen rc. Angelegenheiten. D Berlin, 27. Januar. (Telegramm.) In der Umgebung des Schlosses hatte sich schon seit dem frühen Morgen eine zahlreiche Menschenmenge angesammelt, der die Schuljugend sich zugesellte. Um 8 Uhr blies das Trompetercorps der Garde-Kürassiere Choräle von der Kuppel der Schloßcapelle, denen ein großes Wecken folgte. Der Kaiser nahm die Glückwünsche der engeren Familie um 8r/i Uhr, später diejenigen des engeren Hofes und gegen 10 Uhr die der Kaiserin Friedrich und der eingetroffenen Fürstlichkeiten entgegen. Um 10'/s Uhr fand in der Schloßcapelle ein feierlicher Gottes dienst statt. General-Superintendent vr. Dryauder hielt die Predigt. Eine glänzende Versammlung von Fürstlich keiten, Botschaftern, Ministern, Generalen, Admiralen und Hofchargen war anwesend. Hieran schloß sich die Cour im Weißen Saale, an der die Kaiserin, die Kaiserin Friedrich, die Königin von Sachsen und die fürstlichen Damen nicht mehr theilnahmen. Um 12>/i Uhr begab sich der Kaiser zu Fuß nach dem Zeughause, vom Publicum stürmisch begrüßt, schritt die Ehrencompagnic ab und wohnte der großen Parole im Lichtbofe bei. Die Frühstückstafel fand im Schlosse im Familienkreise statt. Kaiserin Friedrich hatte Einladungen zur Frühstückstafel an die hier anwesenden Fürstlichkeiten erlassen. Im Lustgarten wurden die üblichen Salutschüsse abgegeben. (D Berlin, 27. Januar. (Telegramm.) In der reich geschmückten Aula der Universität hielt Prof. v. Wilamowitz- Möllendorf die Festrede. Die Akademie der Wissenschaften und die Akademie der Künste hielten Festsitzungen ab. Die technische Hochschule, die Bergakademie und die landwirth- schaflliche Hochschule hatten bereits gestern Feierlichkeiten ver anstaltet, während die tbierärztliche Hochschule heute in der festlich geschmückten Aula den Tag beging. Die Schüler feierten den Geburtstag durch Festacte. Viele Vereine hielten bereits gestern Festcommerse ab. Auch heute wurde der Tag von Vereinen durch Liedervorträge, Musikaufführungen und Festcommerse begangen. Die Stadt prangt in reichem Flaggenschmucke. Die Beleuchtung ver spricht glänzend zu werden. AuS allen Thrilen des Reiches und vielen veutschen Colonien deS Auslands laufen Berichte über Feierlichkeiten ein. Die parlamentarischen Körperschaften veranstalten Festessen. d) Berlin, 27. Januar. (Telegramm.) Der Kaiser hat dem Obersten ü Irr suite Fürsten von Hatzfeld-Drachen berg, Oberpräsidenten von Schlesien, den Charakter als Generalmajor verliehen. Feuillstsn. Um die Erde. Reisebrief« von Paul Lindenbrrg. Nachdruck derbsten. XlV. Auf dem „Cerberu s". — Alles anders, und doch gemiithlich!—-VierindischeFürften. — Weitzer Peter. —-GuteFahrt. — EineBrautanBord. — HeimathS st immun g. Den Mrnam hinauf. — Alles märchenhaft. — Ankunft in Bangkok. — Im deutschen Club. Im Meerbusen von Siam, 16. December. (An Bord des „Cerberus".) Da schwimmen wir nun schon wieder seit drei Tagen! Soll mich wundern, ob Einem nicht doch noch Schwimmhäute wachsen, soviel hat man mit dem nassen Element zu thun, in jederlei Ge stalt: von unten, denn die Wellen spritzen recht häufig über unser kleines Schiff, von oben, da eS mehrmals am Tage tüchtige Güsse giebt, und auch innerlich unglaublich solide lebt man ja auf diesen englischen Dampfern: Bier und Wein taugen nicht viel, werden, nicht allein deshalb, auch nur wenig getrunken, also Wasser, und bei den Mahlzeiten ist der bedienende Chinese mit seiner Wasserflasche schnell zur Hand; seit dr«i Tagen könnte ich Ehrenmitglied des „Vereins der Wafserfreundr" sein! Aber ich gelobe — nach der anderen Seite hin — Besserung, sobald wir wieder auf dem Lande sind! Als wir uns in Singapore am 13. December anbooten liehen, da erschien unS der „Cerberus" wirklich als das, was sein Name sagt, na, und der sagt ja genug; und als wir nun erst von unserer winzigen Cabine, die wir zu Zweien beziehen muhten und in der sich doch Einer nur stets umdrehen kann, Beschlag nahmen, als der Chinesen-Boy kein Wort englisch verstand (und wir kein Wort malayisch oder chinesisch!), als wir all' dir mehr als ein fachen Einrichtungen sahen und einen Theil des unteren Ver decks durch kleine Kohlenberge versperrt fanden, als wir uns endlich Abends in dem Speiseraum, der mit Noth und Mühe fünfzehn Personen Platz bietet, und der festlich durch drei Stearin kerzen und eine Petroleum-Küchenlamsie erhellt war, niederliehen, da war uns in der Erinnerung an dir prächtigen Lloyddampfer zu Muthe, als ob wir in einer ärmlichen Hütte Unterkunft er halten hätten. Dah man sich aber in einer solchen sehr wohl und sehr be haglich fühlen kann, diese durchaus nickt neue Entdeckung sollten wir bald machen. Wie hatte man uns vorher die gerade nach Siam fahrenden englischen Capitaine als grobe Gesellen und Deutschenfresser geschildert, und welchen Gegensatz dazu bildet unser braver Capitain Bell; unermüdlich ist er um seine wenigen europäischen Passagiere besorgt und sucht ihnen jegliche Gefällig keit zu erweisen, zumal widmet er seine stete, nie aufdringlich« Freundlichkeit unseren beiden Damm, zwei dänischen Schwestern, deren ältere einen Landsmann, Artillerie-Officier in siamesischen Diensten, heirathet, wenn sie in Bangkok festen Boden unter den Füßen fühlt. Der Bräutigam wäre so gern der Verlobten bis Singapore entgegengekommen, aber der Dienst, der schlimme Dienst: der Herr Lieutenant muhte für den heute in seiner Hauptstadt eintreffenden König Salut schießen lassen! Wir kannten die Damen schon vom „Prinzen Heinrich" her, ebenso zwei dänische Herren, die bereits die ganze Welt bereist haben und deren Ziel gleichfalls Siam ist, und die ebenfalls liebevoll besorgt um ihre Landsmänninnen sind. Also vier dänische Fahrgäste an Bord, zwei deutsche (mein Begleiter und ich) und, mit dem Capitain, drei englische, oder eigentlich nur zwei, wie einer von ihnen, der Schottländer ist und sich als Vertreter euer besonderen Nation betrachtet, hervor hebt. Dieser Schotte, gleich dem anderen Engländer ein ganz famoser Mensch, dessen gebräuntes Gesicht mit dm liebens würdigen blauen Augen Energie und Güte vereint, ist der Be gleiter von vier indischen Prinzen, die als fürstliche „Vettern" zum König von Siam ringeladrn sind und die nebst einem stark angebräunten siamesischen Journalisten (dieser sehr nett plau dernde, äußerst aufgeweckte Herr hat's weiter gebracht, als die Mehrzahl seiner europäischen Collegen, denn er hat an Bord zwei Wagenpferde und ein Rennpferd, letzteres ein arabischer Schimmel, die er in Ceylon gekauft) unsere weitere Tischgesell schaft bilden. Die Herren von der dunklen Facultät halten sich bei der Tischunterhaltung sehr zurück, weil sie, mit Ausnahme des Jour nalisten, nicht englisch sprechen, nur der eine der vier Prinzen redet noch eine eigene, leider Allen zu verständliche Sprache — Seine Hoheit belieben deS öfteren bei dm täglichen gemeinsamen drei Mahlzeiten sehr vernehmlick zu rülpsen, zu rülpsen, wie es der auSgelrrnteste Berliner Weißbierphilister nicht vermag — als Zeichen, dah es ihm gut schmeckt und gut gefällt! An der an deren weißen Eckt geht's lustig und lebhaft zu, man hat rasch mit einander Bekanntschaft geschlossen und ist ja auch völlig auf- einand«r angewiesen, da unser Dampfer (von wenig über 1000 TonS) nur ein ganz kleine» Oberdeck hat und andere Spazier gänge sich auf dem Vorder- und Hinterdeck wegen der Hitze, der Kohlen und der Chinesen- wie Malayen-Geruche — die Leute bereiten sich ihre Speisen selbst und essen, im Kreise huckend, das gröbliche Gemisch mit langen Stäbcken aus den Porzellannäpf chen — naturgemäß verbieten. So sitzt man denn den lieben langen Tag in seinem Stuhl umher, al» höchste Anstrengung ihn sonniger Gründe halber bald hier- und dorthinrückend, lesend, plaudernd, schlafend. Es ist wirklich nicht zu sagen, wa» man im Schlafen zu leisten ver mag: Vor- und Nachmittag» je »in Nickerchen und um neun Uhr Abends — denn man kann nirgends aus Lichtmangcl lesen, und die paar Menschen haben sich dann auch „ausgesprochen" — geht man, höchst zufrieden mit seinem ermüdenden Tagewerk, in die Klappe, die man vor sech», sieben Uhr am nächsten Morgen nicht verläßt. Der vier indischen Prinzen habe ich bereits Erwähnung ge- than, ihre Namen hier niederzusckreiben, erlasse man mir, sie würden ziemlich den Bericht ausfüllen; genug, daß sie au» dem Penanggebict stammen und daß zwei von ihnen, ganz hübsche, nette Jünglinge, die Würde von Rajahs, also Fürsten bekleiden, während die beiden anderen Söhne von Rajahs sind; sic sind, bis auf den kräftiger gebauten Rülpser, schmächtig von Wuchs, von dunkelbrauner Hautfärbung, natürlich schwarze Haare und Augen, welch' letztere klug und freundlich blicken. Ihr Gefolge besteht aus vierzehn Leuten, die auf dem Zwischendeck Hausen und den Reis mit Fingern essen, die wohl auch die Schätze behüten, welche dies prinzliche Viergestirn im Werth von etwa achtzig tausend Mark mit sich führt, Iheils aus Geschenken für den König und seinen Hof, — diese Rajahs der malayischen Halbinsel sind dem König tributpflichtig, d. h. sie senden resp. sie bringen jedes zweite oder dritte Jahr einen schöngearbeiteten Baum aus Silber oder Gold in doppelter Meterhöhe, und was aus dieser „Baumschule" in Bangkok wird, kann man sich denken! — theils aus ihren eigenen juwelengeschmückten Gewändern bestehend. Ab gesehen von einem haselnußgroßen Diamanten, den der eine Ra- jah in einem schweren Goldringe blitzen läßt, tragen sie keinerlei Kostbarkeiten an sich; sie haben europäische Kleidung und ihr Be nehmen ist artig und meist zurückhaltend. Gestern Nachmittag aber gingen sie aus ihrer Reserve doch heraus und spielten mit uns Europäern — weißen Peter! Denn so wurde auf den zartsinnigen Vorschlag der dänischen Braut dieses geistvolle und pointenreiche Kartenspiel unseren dunkelhäutigen Fürstlichkeiten gegenüber bezeichnet. Es war übrigens das erste Mal, daß sie mit Damen spielten, Karten spielten, da dies in ihrer malayischen Heimath streng verpönt ist; nun, sie spielten mit großer Freude, hatten auch da» „Mogeln" bald heraus und lachten auf das Herzlichste, wenn einer — weißer Peter wurde! Daß dieser dann mit dem bewußten Korken eine schwarze Kennzeichnung erhielt, schien ihre Logik nicht weiter zu beunruhigen. Nachher überraschte ich ihre Hoheiten, wie sie in einer auf dem Hinterdeck befindlichen Cabine, deren Thür offen stand, von einem wohlgenährten, höchst würdevoll auftretenden Malayen, der wohl ihr Obermundsckenk sein mag, sich ihre Gläser aus einer weitbauchigen Flasche füllen ließen, auf dieser Flasche aber stand groß und deutlich: Whisky. Unser erst so verächtlich betrachteter „Cerberus" beißt sich tüchtig durch die Wogen, die klatschend gegen seinen Bug an prallen und ihren Gisckt über sein spitzes Haupt ausschütten. Zwar dreht und wendet sich das Schiff wie ein junges Mädchen, das sich ziert, aber es dringt doch sicher vorwärt», unter dem festen Commando unseres wetterharten Capitains; es ist kein gutes Fahren hier um diese Zeit, in welcher (vom November bis zum Mai) oft der Monsun sein wildes Wesen treibt und manch' wackeres Schiff mit Mann und Maus zu Grund gehen läßt. Heute früh schien es, als ob wir mit dem ungestümen Herrn nähere Bekanntschaft machen sollten; der Wind pfiff eine reckt un heimliche Tonart, die Wellen hatten tüchtige Schaumköpfc auf gesetzt und preschten mit solcher Wucht heran, daß „Cerberus" plötzlich das Tanzen lernt« und unten im Speiseraum, wo bereits zum ersten Frühstück gedeckt war, ein plötzlicher Polterabcnd gefeiert ward. Aber nach zwei Stunden war Alles vorüber, die See ruhiger und die Sonne verscheuchte di« finsteren Wolkengebirgc. „Wir haben eine Braut an Bord, die bringt Glück!" sagt« der Capitain, und wie gern stimmten wir ihm zu, doppelt gern, denn es hängt ganz von Wind und Wetter ab, ob wir morgen Vormittag bis 10 Uhr die „Barre" erreichen, wie die M«er- mündung des Menam, dm wir noch einige Stunden bis Bang kok hinauffahren müssen, bezeichnet wird. Ist uns dies nicht möglich, so müssen wir wegen der Ebbe, die den Strom für unseren Dampfer unpassirbar macht, bis zum nächsten Morgen uns festsetzen und Anker fallen lassen. Ach, und man hat doch Sehnsucht, vier gemauerte Wände um sich zu sehen und vor Allem sich der Bestimmung seiner Gehwerkzeuge zu erinnern. Unsere Braut wird blaß, wenn man nur von der Möglichkeit des „Sitzenbliebens" spricht — sie hat ja zwei Jahre hindurch ihren Verlobten nicht gesehen und führt zudem eine jüngere und hübschere Schwester mit sich. Beim Diner werden aus grausamem Spott die schlimmsten Befürchtungen laut: wir hätten Gegen wind, es käme Sturm, die Maschine sei nicht in Ordnung, am Steuer wäre etwas entzwei — unsere Braut weiß, daß Alles erfunden ist, ich fürchte, ich fürchte, sie hat trotzdem keine geruh same Nacht und unruhige Träume! 17. December. Noch früher und lärmender als sonst war heute früh das Ge triebe auf dem Schiffe, auch in den Cabinen regte es sich eher, als gewöhnlich, hastig wurde gepackt, in einem der Kämmerchen sogar gehämmert unserer Braut klopft so da» Herz, meinte der lange Schottländer, der unser Cabinennachbar ist und mit dem wir stets durch die dünnen Planken die ersten Morgengrüße austauschen. Ich habe an einem winzigen Tischchen oben aus dem Oberdeck Platz genommen, um den Bericht hier möglichst weit zu fördern: blau ist der Himmel, funkelnder Sonnenschein strahlt hernieder, die See ist völlig ruhig und die Luft frisch und wohlig, selbst die Cigarre brennt heute 'mal, und eben noch sagte mir der Capitain, daß wir bis zehn Uhr an der Barre und gegen ein Uhr in Bangkok seien . . . und doch und doch, die echte und rechte Stimmung will nicht kommen und der Muth übt nichts weniger lvie seine Spannkraft aus. Sehnsüchtiger wie je fliegen die Gedanken nach der Heimath, zu all den Lieben hin, die jetzt noch treuer wie sonst an uns denken mögest, in dieser weihnachtlich-traulichen Zeit mit ihren nur dem deutschen Gemüth verständlichen stillen Freuden, und aus dem Rauschen des Meeres heraus tönt es wie ferner, leichter Glockenklang, wie das Spiel der Orgel und der Sang frommer Stimmen, und der ganze Zauber der Heimath, der deutschen Erde, wie wird er so stark, so stark hier draußen, weit in der Fremde — wahrhaftig, der Gischt der Wellen scheint bis hier herauf zu spritzen, bis zu den Augen, und das Meer ist doch so ruhig, so ruhig . . . .! Die Braut in festlich-weißer Kleidung mit blauer Schärpe und weißen Glaces, tritt zu meinem Tischchen heran und reicht mir ihr Fernglas: „Ach, bitte, bitte, sehen Sie doch einmal durch, dort steuert ein Schiff auf uns zu, gehört's zu einem Kriegsschiffe? Dann könnte „er" drin sein. Sehen Sie, links, da ist das Fort Paknam, dort hat „er" mich jedenfalls erwartet und kommt nun an Bord!" Schnell schaue ich durch: „Nein, liebes Fräulein, das ist eine Täuschung, da liegt ein Feuerschiff vor Anker, auf üxlche» »vir — — abn
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