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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 24.03.1898
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1898-03-24
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18980324015
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1898032401
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1898032401
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1898
- Monat1898-03
- Tag1898-03-24
- Monat1898-03
- Jahr1898
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BezugSPrei- Hauptrxpedition oder den im Stabt« und den Vororten errichteten AuS- len abgebolt: vtrrteljiLrlich>l4.äO, eimaligrr täglicher Zustellung ins 5.50. Durch die Post bezogen für Zand und Oesterreich: vierteljährlich Dirrct» tägliche Kreuzbandiendung »S Au-land: monatlich 7.50. orgen-NnSgabe erfcheint um '/,? Uhr. iend-Ausgabe Wochentags um b Uhr., edaction und Lrpedition:. Johannes,afie 8. »edition ist Wochentags ununterbrochen net von früh 8 bis Abends 7 Uhr, Filialen: sslemm'S Tortini. (Vllfrek Hahn/, lniversitätsstraße 3 (Paulinum), LoniS Lusche, inenstr. 44, -art. uud köoigSplatz 7- Morgen-Ausgabe. Wpügtr TaIMalt Anzeiger. Amtsölatt des Äönigtichen Land- und Amtsgerichtes Leipzig, des Nathes und Notizei-Amtes der Stadt Leipzig. Anzeigett.PreiS die 6 gespaltene Petitzeile LV Pi'g. Neclamen unter dem Redactionsstrich (4ge- spalten) 50^, vor den Familiennachrichte, (6gespalten) 40/^. Größere Schriften laut unserem Preis verzeichnt-. Tabellarischer und Ztffernsatz nach höherem Tarif. Vxtra-Beilagen (gesalzt), nur mit der Morgen-Ausgabe, ohne Postbesürderunz 60.—, mit Postbesörderung 70.—. Ännahmeschloß fuk Anzeigen: Abend-Ausgabe: Vormittags 10 Uhr. Morge n-Ausgabe: Nachmittags 4 Uhr. Bei den Filialen und Annahmestellen je ein« halbe Stunde früher. Anzeigen sind stets an die Expedition zu richten. Druck und Verlag von E. Polz in Leipzig. H 14S. Donnerstag den 21. März 1898. 82. Jahrgang. Vas Recht der Zeugen. 8. Unsere Rechtsordnung erklärt Jedermann für ver- , über das, was er gesehen, gehört oder sonst erfahren n Gerichte Auskunft zu geben, nicht nur dann, wenn darum handelt, eine strafbare Handlung zu erforschen, auch dann, wenn lediglich ein Vermögensstreit fremder 'n vorlicgt. Auch andere Behörden als die ordent- Herichte, insbesondere die Verwaltungs-Behörden und le, haben die Befugniß erhalten, von Jedermann Aus- i erfordern, und die Stellung des Zeugen pflegt hier ven gleichen Regeln zu stehen wie bei den ordentlichen en. Zeuge wird zuvörderst geladen. Dies kann nicht riftlich, sondern auch mündlich, z. B. durch den Ge- ener und durch Telegramm geschehen, obwohl man in Falle keine volle Sicherheit hat, daß das Telegramm von dem Gerichte ober der Staatsanwaltschaft auf ist. Zweifelt man, so mag man sich durch sofortige »bische Anfrage an die Behörde überzeugen. Der kann nickt verlangen, daß ihm die Ladung mehrere or dem Termine zugestellt werde, wie dem Angeklagten er beklagten Partei. c ordnungsmäßig geladen ist und trotzdem anS- , wird, weil er seine allgemeine Bürgerpflicht verletzt »ne Weiteres, insbesondere ohne daß es eines Partei es bedürfte, nach zweierlei Richtungen verurtheilt, erstens in die durch sein Ausbleiben verursachten :, also z. B. Gebühren und Reisekosten des Rechts- s, sowie der vergebens erschienenen Zeugen und Sach szen; zweitens wird der ausgebliebene Zeuge zu einer ase bis zu 300 an deren Stelle im Falle der Nicht- > Haft tritt, verurtheilt. Daneben ist die zwangsweise brung im Slrafprocesse sogleich, im Civilprocesse iederholtem Ausbleiben zulässig. Zeugen müssen bei Ausruf ihres Namens anwesend späteres Erscheinen nützt ihnen, streng genommen» mag auch die Verhandlung der Sacke, zu der sie sind, noch fortdauern. Wer vernommen ist, darf sich ;ne Genehmigung des Gerichts entfernen: er würde gleichen Nachtheilen aussetzen wie ein überhaupt nicht ener Zeuge. Verurtbeilung in Strafe und Kosten unterbleibt, as Ausbleiben des Zeugen genügend entschuldigt er entschuldigende Grund muß dem Gerichte glaubhaft t werden, was z. B. durch schriftliche Erklärung glaubwürdiger Personen oder durch Versicherung an alt erfolgen kann. Wenn irgend möglich, ist die Zdigung schon einige Tage vor dem Termin schriftlich chin Protokoll des Gerichtsschreibers anzubringen, die anderen geladenen Personen abbestellt werden Denn hat man nachlässig die frühzeitige Anzeige ssen, so würde man die Kosten des etwa vereitelten s zu tragen haben. Zulässig ist die Entschuldigung >ch nachträglich und bewirkt, wenn sie als genügend wird, wenigstens Zurücknahme der geschehenen sestsetzung. Wer wissentlich eine „unwahre cke" als Entschuldigung vorschützt, wird wegen ms gegen die öffentliche Ordnung mit Gefänglich zwei Monaten bestraft. Ein Zeuge darf nicht schon willen fortbleiben, weil er berechtigt ist, daS Zeugniß oeigern; in solchem Falle ist dem Geladenen zu rathen, »glich daS Gericht durch eine Eingabe von dem Grunde, n zur Verweigerung des Zeugnisses berechtigt, in iß zu setzen und dasselbe zu ersuchen, die geschehene zurückzunchmen. Ist dies nicht geschehen, so muß er en, und es bleibt dem Gerichte überlassen, ob es die gerung des Zeugnisses für begründet hält. Ebenso- darf man natürlich deshalb die Ladung unbeachtet weil man gar nichts von der Sacke weiß. : Verweigerung jedweden Zeugnisses in Civil- und ichen sind berechtigt: der Verlobte, der Ehegatte (auch chiedene, der Wittwer und die Wittwe) einer Partei, Diejenigen, die mit einer Partei in gerader Linie dt, verschwägert oder durch Adoption verbunden oder in der Seitenlinie bis zum dritten Gliede verwandt oder bis zum zweiten Gliede verschwägert sind, auch wenn die Ehe, durch welche die Schwägerschaft begründet ist, nicht mehr besteht; ferner Geistliche in Ansehung dessen, was ihnen bei Ausübung der Seelsorge, sowie Rechtsanwälte und Aerzte in Ansehung dessen, was ihnen bei Ausübung ihres Berufs anvertraut ist. In bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten können auch andere Personen die Aussage über Tbatsachen ab lehnen, welche ihnen Kraft ihres Amtes, Standes oder Ge werbes an vertraut sind und deren Geheimhaltung durch die Natur derselben geboten ist. Es würden also in bürger lichen Rechtsstreitigkeiten z. B. ein Bankier das Zeugniß über die Vermögensverhaltnisse, eine Schneiderin ^über körperliche Gebrecken ihrer Kunden, sofern diese Tbat- sachen ihnen anvertraut sind, ablehncn können, nicht aber würden sie in einem Strafverfahren hierzu be rechtigt sein. Die Reichstags-Commission zur Vor- beratbung der gescheiterten StrafproceßordnungS-Novelle wollte den Redacteuren auch für den Strafproceß das Recht ver leiben, ihr Zeugniß über die Personen, welche ihnen Mit theilungen gemacht haben, zu verweigern, denn der öffent lichen Ordnung geschehe Genüge, wenn der Redacteur per sönlich die Verantwortung für die Mittheilung übernimmt. — Auch wer sich bereit erklärt hat, auszusagen, kann dennoch während der Vernehmung das weitere Zeugniß ablehnen. Rechtsanwälte, Aerzte, Hebeammen, Apotheker dürfen über anvertraute „Privatgeheimnisse" überhaupt nickts aussagen, wenn sie nicht von der Pflicht zur Verschwiegenheit ent bunden sind. Außer diesen persönlichen Gründen zur Zeugnißverweigc- rung kann dieselbe auch durch sachliche Gründe gerechtfertigt sein und zwar wiederum im größeren Maßstabe in bürger- lickcn Rechtsstreitigkeiten als im Strafverfahren. In letzterem kann ich die Auskunft nur verweigern, wenn dieselbe mir selbst oder einem meiner oben bezeichneten Angehörigen die Gefahr strafgerichtlicher Verfolgung zuzieben würde. Bei Vermögensstreitigkeiten kann ich das Zeugniß schon dann ver weigern, wenn die Beantwortung der Frage mir oder einem Angehörigen einen unmittelbaren vermögensrechtlichen Schaden verursachen würde ode^ wenn ich die Frage nicht würde be antworten können, ohne ein Kunst- over Gewerbegeheimniß zu offenbaren. In diesem Falle belehrt das Gricht den Zeugen nicht über sein Recht, die Aussage zu verweigern; es ist ihm überlassen, es seinerseits geltens zu machen. Die Erfüllung der ohnehin lästigen Pflicht, als Zeuge vor Gericht zu erscheinen, wird dadurch zuweilen besonders unangenehm, daß dem Zeugen peinliche oder gar beleidigende Fragen vorgelegt werden, die ost mit der Sache in gar keinem Zusammenhänge sieben. Der Gewohnheit mancher Richter, die Zeugen vor ihrer Vereidigung zu fragen, ob sie wegen Meineides bestraft sind, ist für Preußen ein Riegel vorgeschoben durch eine Anweisung des Justizministers, dieser Frage eine Fassung zu geben, welche die Uebcrzeugung des Richters vom Gegentheile erkennen läßt, z. B.: „Wegen einer Verletzung der Eidespflicht sind Sie noch nicht bestraft?" Nach ankeren gerichtlichen Bestrafungen, welche etwa ein Zeuge dinier sich haben könnte, soll mit noch größerer Schonung oder überhaupt nur dann gefragt werden, wenn es sich im einzelnen Falle durchaus nicht vermeiden läßt. Auch von den Parteivertretern werden den Zeugen zuweilen Fragen über seine persönlichen Verhältnisse und Beziehungen jeder Art vorgelegt, die mit der Sache nur in sehr entferntem und belanglosem Zusammenhänge stehen. Man kann den Zeugen nur rathen, in solchen Fällen die Beantwortung abzulebnen; denn in dem allerdings berechtigten Verlangen, ihre Rechte wahrzunebmen, nehmen manche Parteien und ihre Vertreter zu wenig Rücksicht darauf, ob sie den Ruf und das Fort kommen des bei der ganzen Angelegenheit völlig unbetheiligten Zeugen schädigen. Grundlose Verweigerung des Zeugnisses macht ebenso strafbar, wie wenn der Zeuge nicht erscheint. Außerdem kann das Gericht zur Erzwingung des Zeugnisses die Haft anordnen, welche, wenn cS sich um die Verfolgung nur einer Uebertretung handelt, nicht länger als sechs Wochen dauern darf, wenn es sich aber um ein Vergehen oder Verbrechen oder um VermLgensstreitigkeiten, ohne Unterschied des Werthes, handelt, bis zu seckS Monaten ausgedehnt werden kann. Schließlich sei noch das Recht des Zeugen aufGebühren erwähnt. Nur Personen, welche „durch gemeine Handarbeit, Handwerksarbeit und geringeren Gewerbebetrieb" ihren Unterhalt suchen, erhalten unbedingt eine Entschädigung für ihre Versäumniß, andere Personen nur, wenn sie wirklich einen Erwerb versäumt haben. Die Entschädigung beträgt 10 ^.s bis höchstens 1 für jede angefangene Stunde. Hier bei wird auch die Zeit für den Hin- und Rückweg zu dem Termin mitgerechnet. Außerdem erhält der Zeiige die er forderlichen Transportkosten (Eisenbabn, Schiff, Pferdebahn, Omnibus) und, wenn er einen mindestens 2 Kilometer weiten Weg zurückgelegt hatte, 5 für jedes angefangene Kilometer des Hin- und Rückweges. Fürst Lismarck's Mlitairdienst-Jubiläum. Zu Fürst Bismarck's sechzigjährigem Militairdienst- Jubiläum schreibt das „Militair-Wvchenblatt": „Am 25. März werden es 60 Jahre sein, daß Fürst Bismarck in die Armee und zwar in das Garde-Jägerbataillon eintrat, um seiner Wehrpflicht zu genügen, und der damalige Ein jährig-Freiwillige wird nicht geahnt haben, daß er einst im Heere eine dem Feldmarschall gleichstehcnde Würde erreichen sollte. Er verdankte dies Aussteigen seiner glorreichen Lauf bahn als Staatsmann. Aber diese brachte es mit sich, daß er der Armee und der Erhöhung der Wehrmacht nicht ein Mal, sondern vielmals seine Kräfte weihen mußte, und daß seine thatkräftige, auf große Ziele gerichtete Politik dem Heere nach langem, nur durch kurze KriegScpisoden unterbrochenen Frieden Gelegenheit gab, der Welt seine Ebenbürtigkeit mit den Siegern von Fehrbellin, Leutbcn und Belle-Alliance zu beweisen. Die Vorbedingung dieser großen Helden zeit war eben die staatsmännische Kraft und Weisheit, mit der Bismarck die vom Könige be schlossene Reorganisation des Heeres gegen die Majorität der Volksvertretung und eine falsche Auffassung in der Nation selbst thatsächlich durchzusetzen wußte, wobei er mit seiner Person kie volle Verantwortlichkeit übernahm; sodann aber oas unübertreffliche Geschick, mit dem er später die politische Action cinleitcte. Wie der Name Bismarck ein Palladium der nationalen Größe geworden ist, so verkörpert sich auch in der Person des Fürsten die eigenartige Kraft seines engeren preußischen Vaterlandes. Bismarck ist, während er die staatsmännische Laufbahn einschluH, doch Soldat, Wehrmann geblieben. Schon seine kriegerische, hünenhafte Gestalt stellt dies Jeder mann vor Augen. Stets wird er in der Erinnerung der Deutschen so sorrleben, wie er bei Sedan dem gefangenen Kaiser cntgegentrat, in der Felduniform der schweren Küraßreiter. Viele Staatsmänner haben ihre Monarchen ins Feld be gleitet, aber keiner außer Bismarck ist mit uns ins Feuer geritten, ist dem König-Feldherrn in den Schlachten zur Seite geblieben. Wer wollte eS tadeln, wenn der Staats mann sich von den Kämpfen fernbält? Aber in Bismarck lebte der kriegerische Geist des märkischen Adels und das Gefühl des preußischen Ofsiciers. So hat er 1866 die Feuer taufe wie jeder andere Soldat empfangen. Er ist nicht auf gestiegen zu diesem Range aus Rücksicht auf Geburt und Etikette, sondern jeder deutsche Soldat kann voll anerkennen, daß Fürst Bismarck seinen militairischen Rang durch seine Verdienste um die Armee erworben hat." Neber Bismarck's militairische Dienstlaufbahn giebt das „Mil.-Wochenbl." die folgenden Daten: 25. 3. 1838 als Einjahrig-Freiwilliger in das Garde-Jägerbataillon eingetrelen, — 10. 1838 zur 2. Jäger-Abtheilung versetzt*), 28. 3. 1839 zur Reserve entlassen, 12. 8. 1841 zum Secondetieulenant der Landwehr-Infanterie er nannt, 14. 8. 1842 von der Infanterie zur Cavallerie versetzt, *) Auf sein Ansuchen, um auf der landwirthschastlichen Akademie zu Eldena Studien obzuliegen. 13. 4. 1850 zur Cavallerie des 1. Bataillons 26. Landwehr- RegimentS, 29. 4. 1852 zum 7. schweren Landwehr-Reiterregiment versetzt 18. 11. 1854 zum Premierlieutenant befördert, 28. 10. 1859 den Charakter als Rittmeister, 18. 10. 1861 den Charakter al« Major verlieben, 20. 9. 1866 unter Beförderung zum Generalmajor zum Ches des 7. schweren Landwehr-Reiterieiiments ernannt, 18. 10. 1868 zum Chef des 1. Magbeburgijchen Landwehr-Regi ments Nr. 26 ernannt und L la suite des Magde- burgischen Kürassierrcgiments Nr. 7 gestellt, 18. 1. 1871 zum Grnerallieutenant befördert, 1. 9. 1873 die Auszeichnung verliehen, daß das Fort Nr. 6 von Straßburg den Namen „Fort Bismarck" erhält, 22. 3. 1876 znni General der Cavallerie befördert, 16. 8. 1888 in Folge veränderter LanLwehreintheilung daS Ver- hälrniß als Chef des Landwehr-Regiments Nr. 26 ge löst und fortan L la suito des 2. Garde-Landwehr- Regimenls zu führen, 20. 3. 1890 znm Generalobersten der Cavallerie mit dem Range eines General-Feldmarjchalls befördert, 26. 1. 1894 unter Belassung ö. la suito Les 2. Garde-Landwehr- Rcgiments zum Ches des Kürassierregiments v. Seydlitz (MagdcburgischeS) Nr. 7 ernannt. Bismarck trat seiner Zeit bei der 1. Compagnie ein, deren Chef der Capitain v. Röder war. Die Compagnie, bei welcher er in der 2. Jägerabtheilung stand, wurde vom Premierlieutenant Jonas geführt. Der Ausbildung der Ein jäbrig-Freiwilligen wurde damals noch bei Weitem nicht die Aufmerksamkeit wie jetzt gewidmet. Bismarck wurde nur von einem Oberjäger ausgebildet. Außerdem konnte man damals den Einjährigen viel mehr Zeit zum Studium, bezw. zu ihren Amtsverrichtungen, lassen als jetzt. So war es auch Bismarck möglich, bei der Regierung in Potsdam mitzuarbeiten. (Fürst Bismarck bat, wie die „Berl. N. N." in Erinnerung bringen, vor.Kurzem die an ihn gerichtete Frage, weshalb er gerade bei den Jägern eingetreten sei, dahin beantwortet: weil diese die Erlaubniß hatten, außer halb des Dienstes Civil zu tragen, waS ihm bei seiner Stellung als Referendar an der Negierung zu Potsdam besonders angenehm gewesen sei.) Bismarck machte 1838 ein Manöver in der Nähe von Spandau mit, bei dem der Kaiser von Rußland zugegen war. Beim Garde-Jäger- bataillon wurde er ein Mal mit einer Strafwache wegen ZuspätkommenS zum Exerciren bestraft. „Führung sonst gut", heißt eS im Stammrollenauszug vom Garde-Jägrr- bataillon. Als Fürst Bismarck am 25. März 1888 sein 50 jähriyes Milirairdienstjubiläum beging, übersandte Kaiser Friedrick» ihm daS folgende Handschreiben: Charlottenburg, 25. März 1888. ' „Ich gedenke mit Ihnen, mein lieber Fürst, der heute ab gelaufenen 50 Jahre, welche verstrichen sind, seitdem Sie in das Heer eintraten, und freue Mich aufrichtig, daß der Gardejäger von damals mit soviel Zufriedenheit auf dieses abgelausene halbe Jahr hundert zurnckblicken kann. Ich will mich heute nicht in lange Auseinandersetzungen über die staatsmännischen Verdienste einlassen, welche Ihren Namen für immer mit unserer Geschichte verflochten haben. Aber das Eine muß ich hervorhcben: daß, wo eS galt, das Wohl des Heeres, seine Wehrkraft, seine Schlagfertigkeit zu vervoll kommnen, Sie nimmer fehlten, um den Kampf auszunehmen und durchzusühren. Somit dankt Ihnen das Heer für erlangte Seg nungen, die es Ihnen niemals vergessen wird, und an der Spitze desselben der Kriegsherr, der erst vor wenigen Tagen berufen ist, diese Stellung nach dem Heimgang Dessen einzunehmen, der unaus gesetzt das Wohl der Armee auf dem Herzen trug. Ihr wohlgeneigter (gez.) Friedrich. Kaiserin Augusta übersandte dem Fürsten einen Bronze- Lorbeerzweig auf einer Marmorplatte mit den begleitenden Zeilen: „Im Sinne unseres verklärten Kaisers zur Er innerung an fünfzig erfolgreiche Jahre. Am 25. März 1888. Augusta." Jin Lause des Tages erfolgte die Beglück wünschung durch alle anwesenden Prinzen und eine Ab ordnung des Heeres, an deren Spitze Feldmarschall Moltke, der Kriegsmiiiistex, der Cbes deS Militaircabinets General von Albedyll, standen. Das Garde-Jäger-Bataillon, das 7. Kürassier-Regiment und andere Truppentheile begrüßten den Fürsten gleichfalls durch Abordnungen. An der Mittags tafel nahm der Kronprinz, der jetzige Kaiser, Theil. ^errilleton. Um die Erde. Reisebrirfe von Paul Lindenberg. Nachdruck verboten. nft in Canto n. — Die chinesischeste aller te. — Europäische Ansiedelung auf neen. — Wie man Canton besichtigt. — In >tadt. — Straßenleben. — Bon Göttern ieistern. — BesuchederLäden. — Neu gieriges Publicum. Canton, 29. Januar, inton ist die chinesischeste aller Städte", so lautet das unseres liebenswürdigen, hiesigen deutschen Consuls, l gcsammtcn Osten seit längerer Zeit auf das Genaueste Und fürwahr, der erste Eindruck der Riesenstadt ist em überwältigender, er ist um so stärker, da er so ganz littelt ist. c gegenseitige Verkehr zwischen Hongkong und Canton äußerst starker, er soll täglich ca. 6000 Personen, fast ießlich Chinesen, betragen, und vier große englische er, nach dem Muster der eleganten amerikanischen Fluß- r gebaut, vermitteln ihn neben einer Anzahl chinesischer ken und Trctboote, die oft bis zum letzten Plätzchen enschen vollgepfropft werden, und von denen gelegentlich TeifunS zuweilen Dutzende zu Grunde gehen. WaS I Menschenleben haben in China keinen Werth, für Nach- I nschaft ist hinreichend gesorgt, daS sieht man zur Genüge I bereits von dem Schiff aus, wenn man sich nach siebenstündiger Fahrt Canton nähert. Die im Flachlande sich ausbreitende Stadt erblickt man bereits von fern, aus dem niedrigen Dächermeer ragen die Thürme der französischen Kathedrale stolz hervor, und gleich festungsartigen Bauten die ganz schmalen, acht- und zehn stöckigen Pfandhäuser, an den Ufern des breiten Perlflusses ziehen sich pfahlbautenartig errichtete Dörfer hin, gelegentlich kleine Forts mit verrosteten Geschützen, und mitten in den Feldern oder auf Hügeln verwitterte Pagoden, jene genügsam bekannten schlanken Thürme mit sechs, acht, zehn Stockwerken, deren jedes von einem überhängenden Dache gekrönt und häufig von einer Galerie umgeben wird. Je näher man Canton kommt, desto reger wird das Leben auf dem Flusse, hunderterlei Fahrzeuge von den verschiedensten Bauarten kreuzen umher, und das Rufen und Geschrei der Schiffsleute wird stets toller: Sampangs — kleine chinesische Personenboote — steuern zu Dutzenden neben- und durcheinander, sie sind mit einer ganz wohnlich eingerichteten Cajüte aus Bambusgeflecht versehen und werden von dem Besitzer gerudert, während seine Frau, die oft ihr Jüngstes auf dem Rücken festgebunden hat, das Steuer führt und durch ein fortwährendes Hin- und Herbewegen desselben die Geschwindigkeit des Schiffleins vermehrt, Dschunken, von alier- thümlichsten Formen, ziehen mit Lasten vollbeladen den Strom hinauf und herunter, schlanke Pantoffelboote, so genannt wegen ihrer pantoffelähnlichen Hsorm (das obere Vordcrtheil aus Bam busgeflecht) schießen, meist von Frauen gerudert, geschwind hier- und dorthin, Händler in ihren winzigen Gemüse- und Frucht kähnen treiben überall umher, chinesische Kriegsboote, am Heck die gelbe Flagge mit dem schwarzen Drachen, liegen vor Anker, große fremde Kauffahrer löschen an den Quais die Ladung, und nun rauschen auch meherr Tretboote an uns vorbei, umfang reiche Kähne, die in ihrem Hintertheil eine bestimmte Anzahl Kulis, bis dreißig, bergen, welche fortwährend Wellen in Be ¬ wegung setzen, die wiederum ein unter dem Steuer angebrachtes Rad in Drehungen bringen, wodurch das Schiff, und zwar recht schnell, vorwärts gelangt; die armen Kerle, die sich mit den Händen an Querbalken festhalten, sind fast nackt und feuern sich gegen seitig durch Rufe an, sie erinnern gar zu lebhaft an die römischen Galeerensklaven. Alle Boote und Schiffe haben natürlich ihre Altäre mit den Bildern oder Figuren der Götter; kleine Schalen mit Früchten und Leckereien, sowie Basen mit Blumen sind den pp. Gottheiten geweiht, und grellrothe Zettel mit schwarz gedruckten Bitten bringen die Frömmigkeit der Schiffseigen- thümer noch mehr zum Ausdruck. Unter fortwährendem Ertönenlassen der Dampfpfeise legt unser Dampfer endlich am Steuerhause an, und ein Sampang bringt uns, «inen Canal entlangfahrend, zu dem einzigen euro päischen Hotel der Millionenstadt, das, wie alle europäischen Gebäude, auf der Insel Shameen (in wörtlicher Uebersetzung „Sand-Gesicht") liegt, die den Europäern, welche überhaupt erst seit 1858 die eigentliche Stadt Canton betreten dürfen, als Wohnsitz angewiesen wurde. Das kleine Eiland macht mit seinen Villen und Häuschen, seinen baumbepflanzten sauberen Wegen und seinen zwei Capellen einen freundlichen Eindruck; begrenzt an der einen Seite durch den Perlfluß, wird es von der anderen von der Stadt durch einen Canal getrennt, über den nur zwei Brücken führen, die durch eine Wache chinesischer Soldaten besetzt und durch eiserne Thore abgeschlossen sind. Nur Europäer dürfen letztere passiren, und jene Chinesen, welche nachweisen, daß sie auf der Insel zu thun haben. Die etwa dreihundert Europäer, unter ihnen an Hundert Deutsche, besuchen übrigens die Stadt nur in dringenden Fällen, auf Shameen sorgen Laden und Magazine für das Nöthigste, ein internationaler Club, unter dessen Mitgliedern das Deutschthum stark vertreten ist, bietet behagliche Unterkunft, und auch zu kürzeren Spaziergängen I und kleineren Radfahrten ist der Raum genügend ausreichend. I Dampfpinaflen und Ruderboote stehen ja den einzelnen Firmen I und deren Angestellten zur Verfügung, und zudem ist Hongkong nahe, wo gern während einiger Tage Erholung gesucht und gefunden wird. Am schlechtesten ist auf dieser Insel das Vic- toriahotel, das nur sieben Zimmer enthält und durchaus un zulänglich eingerichtet ist, dabei unverschämte Preise nimmt, fünfzehn Mark für einen Tag, ganz gleich, ob mit oder ohne Pension, und von der letzteren macht man bei der Gastfreund schäft der hiesigen Landsleute wenig Gebrauch; es ist eben keine Concurrenz da, und wir mußten in den sauren Apfel beißen, ja, noch froh sein, zwei Zimmer, die erst schnell zu Hotelräumen umfrisirt wurden, zu erhalten, da kurz vor uns ein amerikanisches Kriegsschiff eingelaufen war, dessen ver- heirathete Officiere sich hier ihre Wohnungen genommen hatten. Jene Europäer, die Canton kennen lernen wollen, können dies nur mit Hilfe eines Führers thun; uns hatte sich schon beim Landen unseres Dampfers Ah Chum angeboten, der dritte Sprößling eines bekannten, nun schon betagten Führers, der seine Söhne ganz erfolgreich im Englischen unterrichtet hat. Chum, fünfundzwanzig Jahre alt, tritt nett auf und sieht in seinem gefütterten blauen Seidengewande mit dem sorgsam geflochtenen Zopf sehr gut aus; viel zu erklären weiß er aller dings nicht, da hilft dann ein gedruckter englischer Führer, der in gedrängter Kürze das SehenSwertheste von Canton be handelt. Alle Streifzüge vermag man nur in Sänften zu unternehmen, Chum, höchst vornehm, bedient sich einer grün lackirten geschlossenen; wie viele seiner Landsleute hat er seinen Piepmatz stets mit sich, nicht den ihm seitens der Natur von Geburt an verliehenen, sondern einen gekauften, einer grauen Staarart ähnlich; er trägt ihn, wenn er die Sänfte verläßt, in einem mit Luftlöchern versehenen Ledersäckchen am Hand gelenk, gelegentlich nimmt er ihn heraus und läßt ihn frische Luft schöpfen oder aus einer Taffe Wasser nippen. Andere Chinesen schleppen sich mit ihren Vogelbauern herum, die sie an Bambuistöcken oder auch in der Hand tragen; gehen sie ins
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