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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 31.03.1898
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1898-03-31
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18980331011
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1898033101
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1898033101
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1898
- Monat1898-03
- Tag1898-03-31
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Colonialwaarenhandlung, Brühl 53 0. L. 8edudert'8 XuedkolKer, Colonialwaarenhandlung, Frankfurter Sttaste(Thomasiusstraßen-Ecke) Herr Otto Lranr, Colonialwaarenhandlung, Löhrstraste 15 Herr Liluarll Letter, Colonialwaarenhandlung, Nürnberger Tttaste 45 Herr A. L. ^Idreedt, Colonialwaarenhandlung, in Im Interesse rechtzeitiger und vollständiger Lieferung des Leistziger Tageblattes wollen die geehrten Leser die Bestellung für das II. Vierteljahr 1898 baldgefälligst veranlassen. Der Bezugspreis beträgt wie bisher vierteljährlich für Leipzig 4 HÖ ^f, mit Bringerlohn für zweimaliges tägliches Zutragen S 50 durch die Post bezogen für das Deutsche Reich und Oesterreich-Ungarn V ^8 In Leipzig nehmen Bestellungen entgegen sämmtliche Zeitungsspediteure, die Hauvtexpeditionr Joharmesgaffe 8, die Filiale«: Katharinenstratze 14, Königsplatz V und Universitätsstraße 3, Ranftsche Gasse 0 Herr Lrleür. Lieder, Colonialwaarenhandlung. Ranstädter Steinweg 1 Herr 0. LnKelmunu, Colonialwaarenhandlung, Schützenstraste 5 Herr «lul. 8l;Ilüin1t-neii, Colonialwaarenhandlung, Weststlat; 32 Herr L. Littrloli, Cigarrcnhandlung, Aorksttaste 32 (Ecke Berliner Straße) Herr L. üürllolü, Colonialwaarenhandlung, Zeiher Straste 35 Herr V. LÜ8ter, Cigarrenhandlung, in Plagwitz Herr 0. OriitLmanu, Zschochersche Straße 7 - Reuvnitz Herr >1. Lu§maun, Marschallstraße 1, , - Herr Lernst, bester, Atützengeschäft, Leipziger Straße 11, - Thonberg Herr L. ürinttek, Reitzenhainer Straße 58, - Volkmarsdorf Herr 6. Xuuulunu, Conradstr. 55 (Ecke Elisabethstr.). Die Wissenschaft in Gefahr? Betrachtungen über die DtSctplinargesctzes-Vorlage für die Privatdoccntc» in Preußen. vr. v. 8. Bis vor kurzer Zeit war man in akademischen Kreisen allenthalben im Reiche der Meinung, daß die eigent lichen Vertreter deutscher Wissenschaft und deutscher Hoch schulen die staatlich angestellten ordentlichen Professoren seien. Dann aber war man versucht, zu glauben, daß mit den mehr oder weniger geordneten Rechtsverhältnissen der Privatdocenten die Freiheit und Bedeutung der deutschen Wissenschaft stehe oder falle. Als wahrer Geßler der Wissenschaft — so hörte man — habe der preußische CultuSminister vor seiner Zwing-Uri unter den Linden durch Professor HinschiuS den Hut des Tyrannen aufstellen lassen, vor welchem die vom Minister angeblich so gefürchteten unbotmäßigen Privatdocenten fernerhin ihren unterwürfigsten HabilitationSknix machen sollten. Da traten von links die Journalisten auf, und Pilzen gleich entsprossen dem künstlich präparirten Nährboden die bolzensicheren Telle im Idealzustande dialectischer Rcincultur. Ob sie die Wissenschaft retten, die Privatdocenten vor dem „Daumenschrauben" bewahren und das neue „Maul korbgesetz", diese -4rous", in der Vie „ministerielle Willkür" die politischen Meinungen für „vogelfrei" erklärt, zu Falle bringen werden, ist freilich höchst fraglich. Den Anschein hat eS nicht, und auch die erste Redeschlacht im Preußischen Abgeordnetenhause, daS sehr gelassen und fieber frei die Angelegenheit zunächst einer Specialcommission über wies, machte nicht den Eindruck, als ob man gesonnen sei, in dieser gesetzgebenden Körperschaft die reactionairen Geister beschwörungen fortzusetzen. In den gegenwärtigen Rechtsverhältnissen der preußischen Universitäts-Professoren wurde bis jetzt für die Wissen schaft keine Gefahr erblickt; nun soll die sinngemäße Aus dehnung dieser Bestimmungen auf die Privatdocenten plötzlich eine solche in höchstem Grade involviren. Erstere legen sich in ihrem Verhältnisse zur Oeffentlichkeit gewisse dem Takt gefühl eigentlich von selbst entspringende Reserven auf, für letztere wurde beansprucht, daß sie, unbeschadet ihres Verhält nisse- zur Universität al» Staatsanstalt, selbst al» Agitatoren der staatsfeindlichsten Partei auszutreten berechtigt seien, und da» Gesetz, das die Professoren in ihrer freien Fachthätigkeit keineswegs behindert, sollte auf einmal die wissenschaftliche Entwickelung der künftigen Professoren, der Privatdocenten, stören!? Wo bleibt da die Logik? Man exemplificirt gegen die neue Vorlage, welche Ord nung in verworrene Zustände bringen will, mit allen möglichen Gegengründen und sieht Gespenster am hell FruiHston. Petersburger Kunstausstellungen. (März 1898.) Nachdruck vkrdoten. Kaum haben dir düsteren, schneeschweren Winterwolten, das Erwachen des Frühlings ahnend, sich vom Newa-Ufer ost wärts gen Sibirien verzogen, kaum hat der über St. Petersburg sich wölbende Himmel ein freundlicheres Aussehen gewonnen, so beeilen sich unsere Meister der Palette, den Kunstfreunden ihre lctztjährigen Schöpfungen an bedeutsamer Stätte vor Augen zu führen. Da war zunächst die Gemäldeausstellung, welche russische und finnländische Künstler im Museum des BaronS Stieglitz arrangirt hatten. Biel Rühmen» war von ihr nicht zu machen; in aller Stille wurde sie vor etwa einer Woche wieder geschloffen. Dafür haben sich an drei verschiedenen Stellen der Hauptstadt gleichzeitig in diesen Tagen Ausstellungsräume ge öffnet, wo man die Werk« junger und altgeübter Kräfte zu be wundern Gelegenheit hat. So zuvörderst die Gemälde- und Sculpiuren-AuSstellung in der Akademie der Künste, ferner die 26. Wander-Kunstausstellung in den Sälen der Ge sellschaft zur Förderung der Kunst und sodann die 6. Gemiilde-AuSstellung deS St. Petersburger Künstlerverein» in den Sälen der Akademie der lichten Tag, aber daß die Verhältnisse in Preußen, selbst nach Einführung eines Gesetzes im Sinne der gegenwärtigen Vorlage, immer noch weit bessere und für die Freiheit der Wissenschaft unbedenklichere sinv als in den meisten anderen deutschen Bundesstaaten*), darüber haben sich die öffentlichen Nothbelfer wohlweislich auSgeschwiegen. Und die 41 Berliner Professoren, die Mommsen, Paulsen, Gierke und der ungenannte „zweite Ordinarius der Berliner juristischen Facultät" ? — wird man fragen. Nun, man hat allerdings in diesenKundgebungen, namentlich in der Petition an den Landtag von nicht einmal der Hälfte aller ordent lichen Berliner Professoren, „ein bedeut sameSDocument eindrucksvollen Widerstandes" erblicken zu sollen geglaubt. Als waS sich aber der einhellige Beschluß des akademischen Senats zu Breslau, welcher der Regierungsvorlage grundsätzlich zustimmt, documentirt, und ob das ebenfalls nicht zufällige Schweigen aller übrigen preußischen Universitäten nicht etwa auch nach dem alten RechtSgrundsatze „qui tueet ata." aufzufassen sei, auch darüber ging die Opposition sehr kleinlaut hinweg. Die TageSpresse gewisser Richtung hat überhaupt der guten Sache wieder einmal einen solennen „Bärendienst" ge leistet, und in der sogen. „Provinz", wo man doch auch noch selbstständig denkt, hat das an Bevormundung grenzende Vorgehen der Berliner Professoren, das ohne jede Fühlung mit den Schwesteranstalten erfolgte, mehr verschnupft als Beifall gefunden. Der CultuSminister hat sehr zutreffend betont, daß die ganze principielle Frage nicht nur für die Universität Berlin, sondern für alle preußischen Universitäten in Fluß gekommen sei, und wenn er außerdem den Gedanken, „ob man in solchen Fällen, wo eS sich um eine streitige Rechts frage handelt, die Autorität mehr schädigt durch eine gesetz *) In Bayern übt das Cultusministerium die Disciplin über die Privatdocenten wie über die anderen akademischen Lehrer. In Württemberg sind zuständig der Minister, der Senat und der Rector. In Baden bestehen gar keine specirllen Disctplinar- Vorschriften, ebenso wenig in Hessen und Mecklenburg. — Noch wichtiger als die Disciplinirung erscheint indessen dieZulassnnas- frage, da namentlich gegenüber bestimmten nicht genehmen Richtungen die willkürliche Entschließung freien Spielraum hat, wo die Ernennung durch den Landesherrn bezw. durch den Minister erfolgt. Da kann es vorkommen, wie in jüngster Zeit in einem deutjchen Staate, daß rin mit Einstimmigkeit von einer Hoch, schule al» Privatdocent in Vorschlag gebrachter Gelehrter nicht nur „nicht bestätigt", sondern auf dem Verwaltungswege, wenn auch nicht nach Sibirien, so doch aus einen Lehrerposten nach einem Grenzstädtchen betr. Reiches verschickt wurde, wo Alles eher möglich ist als eine freie akademische Lehrthätigkeitl Wissenschaften. Alle drei, in künstlerischer Hinsicht recht be deutenden Ausstellungen wurden vom Zarenpaar eingehend und mit höchstem Interesse besichtigt; einer erheblichen Anzahl von Künstlern widerfuhr daS Glück, daß einzelne ihrer Arbeiten in kaiserlichen Besitz übergingen. Eine Reihe von Werken wurde für da» Museum Kaiser Alexander's HI. angekauft, dessen Er öffnung am nächsten Montag bevorsteht. Das Beispiel des Hofes hat bis jetzt recht fördernd auf Besuch und Kauflust ge wirkt. Selten ist aber auch der hier an drei Stellen eröffnete Kunstmarkt so reich und mit so guter Waare beschickt worden wie in diesem Frühjahr. Daß neben den anerkannten Meister werken unserer ersten und beliebten Künstler auch malerische Er zeugnisse von unbekannteren, wagemuthigen Kunstjüngern an den Wänden prangen, die zum Widerspruch heraus- sordern, ist eine Erscheinung, die wir hier ebensogut haben, wie die deutschen Großstädter bei ihren Aus stellungen. ES existirt eben auch in Petersburg ein kleines Häuflein von Protestlern, die mit fest eingelegter Lanze gegen allen FormaliimuS und Konventionalismus in der Malerei anrennen, dabei aber häufig das Ziel verfehlen und — in den Sand fliegen. In den Räumen der Kunstakademie wendete sich da» Interesse der Besucher besonders der Collection von Sepia zeichnungen und den Gemälden W. A. Kotarbinski 'S zu; daS durch die Wucht der Komposition ausgezeichnete Bild deS Letzteren, „Die Orgie", ist für da» akademische Museum angekauft worden. Bedauerlich ist e», daß die Bilder der „jungen akademischen" Schule die besten Plätze erhalten haben, während die Schöpfungen gereifter Meister in dunklen Nebensälen untergebracht sind. Außer Kotarbinski wären von bewährten Künstlern zunächst im Fach« der Portrattdarstellung Dimitrijew-Orenburgski liche Regelung oder durch eine einseitige Verwaltungsmaß- nahme", nicht von der Hand wies, so hat er sicherlich klüger und loyaler gehandelt als seine Widersacher, welche ihm un lautere Absichten unterschieben. Da endlich durch die Verfassung selbst die Frei heit der Wissenschaft und deren Lehre ausdrück lich garantirt ist, bedarf es kaum eigener ZionSwächter für Eventualitäten, welche tatsächlich darin gipfeln, daß der Staat, bezw. der Minister nicht eine spccielle Gesinnung oder Parteizugehörigkeit, sondern deren agitatorische Bethätigung bekämpft und pflichtgemäß an den öffent lichen Lehranstalten keine Männer dulden will, welche auf den Umsturz der Staaten hinarbeiten. WaS würde Wohl die „Tan te Voß" mit einem RedactionS- mitglied beginnen, das zwar ein von der Politik unabhängiges Ressort correct bearbeitet, daneben aber öffentlich und bei jeder Gelegenheit sich um den Chef-Redacteur-Posten bei der — „Kreuz-Zeitung" bewirbt!? In der öffentlichen Meinung wie im Parlament blieb man aber trotz des Zeitungslärms ziemlich kühl und wenn auch für eine Klärung der sehr verworrenen und höchst un gleichartigen Verhältnisse die Initiative nicht von den Privat docenten selbst auSging, so wird daS Bedürfniß nach einer zeitgemäßen Regelung nichtsdestoweniger empfunden. Die Controverse dreht sich lediglich um die Präcisirung der Be fugnisse des Ministers und um die Bestellung einer möglichst unbefangenen Appellationsinstanz. Gegenüber der Regierungsvorlage, der zufolge der Unter richtsminister Ordnungsstrafen über einen Privatdocenten direct verhängen kann und nach dem DiSciplinargesetze für nicht-richterliche Beamte das Staatsministerium die zweite Instanz bildet, machte z. B. die Universität Breslau den Gegenvorschlag: 1) daß als DiSciplinargericht in zweiter Instanz der Disciplinarsenat des Oberverwaltungsgerichts bestimmt werde und 2) daß vor der Verhängung von Ordnungsstrafen durch den Unterrichtsminister die be treffende Facultät gehört werden müsse. In der Commission des Abgeordnetenhauses wurde denn auch der Antrag gestellt, daß gegen die Entscheidung der Facultät die Berufung an das Oberverwaltungsgericht, statt an das Staatsministerium, offen sieben solle. Die Regierung hat aber diesen Antrag als unannehmbar bezeichnet. DaS Oberverwaltungsgericht sei für solche Verhältnisse gar nicht eingerichtet; auch dürfe man die Privatdocenten nicht anders und nicht günstiger behandeln als die außerordentlichen und die ordentlichen Professoren. Trotzdem wurde der Antrag von der Commission in der ersten Lesung mit 7 gegen 6 Stimmen angenommen, hingegen nacb nochmaliger eingehender Prüfung in der zweiten Lesung mit 9 gegen 5 Stimmen verworfen. und Krawt schenk» zu nennen. Ersterer hat u. A. ein vorzügliches Bildniß der Prinzessin Jewgenija Maximilianowna von Oldenburg ausgestellt, Letzterer überrascht durch ein mit höchster Feinheit durchgeführtes Portrait des Fürsten Lwow. Auf dem Gebiete der Landschaft ragt wie immer unser Altmeister Ajwasowskij mit meheren Marinebildern hervor; neben ihm behauptet E. Fedder den vordersten Rang. Des Letzteren reizvolles Seestück, „Nach dem Sturm", bildet das Entzücken aller Naturfreunde. Auch das zart empfundene „Irr licht" von Swetlitzki findet mit Recht Bewunderer. Die übrigen landschaftlichen Stimmungsmalereien stechen gegen solche Farbenpoesien recht erheblich ab. Bon den sehr reichhaltig ausgestellten Genrebildern sind vor Allem die Arbeiten A. W. Makowski's zu erwähnen, unter denen namentlich die als „Jägerlatein" bezeichnete humorvolle Darstellung genannt werden muß. Ein werthvolles und interessantes Kunstobject ist ferner auch ein für die Isaaks-Kathedrale bestimmtes Mosaik, „Der Judaskuß", das unlängst fertig gestellt wurde. Die Aus führung der Mosaiks geschah nach einem Karton von Brüllow; die kunstvolle Zusammensetzung der einzelnen Pasten, sowie die dadurch erreichte Farbenpracht des im byzantinischen Stil ge haltenen Werkes stellt der ttunstiibung seines Verfertiger» das glänzendste Zeugniß aus. Befriedigt von dem Gesammteindruck der Ausstellung in der Kunstakademie wanderten wir nun zu der nahen, ebenfalls am Universitäts-Quai gelegenen Akademie der Wissenschaften, um auch die dort vorhandenen Sehenswürdigkeiten in Augenschein zu nehmen. Bereits am 8. März hatte das Zarenpaar und mehrere Großfürsten diese 6. Gemäldeausstellung deS St. Peters burger Kllnftler-Berein» besichtigt und sich über die eingelieferten Arbeiten äußerst günstig autgesprochen. Wir, die wir ohne Man entschied sich aber, der Opposition wenigstens einen kleinen Schritt entgegenzukommen, indem festgesetzt wurde, daß bei den Verhandlungen der Disciplinarbehörde zweiter Instanz „ein von dem akademischen Senat zu bezeichnendes Mitglied der Universität zu hören ist". Der größte Stein des Anstoßes für das Zustandekommen der Vorlage dürfte hiermit beseitigt sein. Mit der endgiltigen Regelung dieser über Gebühr aufgebauschten Frage wird wohl der preußische Landtag nicht lange mehr auf sich warten lassen, und eS darf von ihm unter allen Umständen vorausgesetzt werden, daß auch ihm nichts ferner liegt als jene so vielfach in» pnblicistische Treffen geführte „Gefährdung der Wissenschaft". Deutsches Reich. K Berlin, 30. März. In der „Deutschen Tages zeitung" lesen wir: Ein neue» Waarenhaus wird morgen hier in Berlin von dem „Hamburger EngroS-Lager" bei Promenaden-Eoncert eröffnet. Eine große seitenlange Reclameanzrige war uns zur Veröffent lichung zugegangen. Wir haben sie natürlich ob gelehnt. Aus der Anzeige wird ersichtlich, mit wieviel»» und wie verschiedenen Artikeln derartige Waarenhäuser ihre Knnden beglücken. Da wird gehandelt mit Unterhosen und Glacehand schuhen, mit Stiefeln und Bonbons, mit Schnapsen und Ballhandschuhen, mit Seifen und Schleiern, mit Hut blumen und Hemden, mit Herrenkragen und Corsetts, mit Schürzen und Schirmen, mit Armbändern und Küchenlamven, mit Cigarrrntaschen und Classikern, mit Töpfen und Musikalien, mit Puppen und Fahrrädern, mit Filzschuhen und Retsekürben, mit Nachtgeschirren und Schlagsahne, mit Torten und Bettfedern u. s. w. Außerdem aber hat daS neue Waarrnhau» noch den besonderen Vorzug, daß man sich gleich dort „lichtbildern" lassen kaun und das Dutzend Photographien für 1,80 erhält. Jedenfalls um durch die klangvollen Namen anzulocken, theilt da» Waarenhaus auch die Vorstände der einzelnen Abthrilungen mit. Wir greifen folgende besonders schön klingende Namen der Ab- theilungsvorslände heraus: JSmar Ebstein, Heinrich Neustadt, Leopold Friedländer, Arnold Selig, Julius Kornblnm, Max Kleinod. Hoffentlich genügt diese Auslese zur Kennzeichnung. — Die Sache hat aber ihre tiefernste Seite. Jedes solcher Waarenhäuser vernichtet Hundert« und schädigt Tausende selbstständiger kleiner Kaufleute. Wann endlich wird der Staat sich entschließen, dir wiederholt empfohlene stark ansteigende Umsatzsteuer einzuführrn, als da- einzige Mittel, da» dem Urbrr- wuchern solcher Maffengeschäftr Einhalt thun kann!" Die Behandlung, die eine Angelegenheit wie diese in der „Deutschen Tageszeitung" erfährt, hat auch „ihre tiefernste Seite". Als vor etwa einem halben Jahre berichtet wurde, daß der Plan eines unter der Leitung eines Generals stehenden Geschäfts, den Berkaus von Cigarren an die Militaircantinen Orden und Degen, vielmehr als einfacher Kritikus mit dem Griffel in der Hand, durch die Säle schritten, können, ohne des Byzantinismus geziehen zu werden, der allerhöchsten Aner kennung nur beipflichten. Besonders die Gemälde, welche die Mitglieder des kaiserlichen Hauses für ihre Privatgalerien an kauften, sind Meisterwerke russischer Kunst. Hierher zählen u. A. „Rencontre Platow'scher Kosaken mit französischen Ulanen während des Feldzuges 1812" von Masurowski, „Auf hoher See" vonJegornow, „Rast im Felde" vonNesterow und „Der Tiberius-Felsen auf Capri" von W. P. Schreiber. Die „Wanderausstellung", die die Gesellschaft zur Förderung der Künste veranstaltet hat, soll — so sagte man uns — im vorigen Jahre weit interessanter gewesen sein als diesmal. In gewisser Weise läßt sich diese Thatsache an sich schon begreifen, insofern nämlich die „Wanderer" nur einen kleinen, eng in sich und gegen die Akademie abgeschlossenen Kreis bilden, au» dem diese Künstler bei ihrem Mangel an neuen Ideen und koloristischen Experimenten nur selten heraustreten. Im Großen und Ganzen bieten die Mitglieder dieser Malergruppe in ihren Kompositionen immer dieselben Borwiirfe, dieselben Stimmungsmotive, dieselbe koloristische und zeichnerische Fertig keit. Sind in Deutschland die Bilder eines Defregger, Griitznrr, Kröner, Gabriel Max, Plockhorst und Anderer vom blöden Auge des Laien sofort auskenntlich an Dorwurf, Farbengebung und technischer Vollendung, so finden sich auch in Rußland in stereo typer Weise bemalte Leinwandstücke, auf denen die betreffende Künstlerhand ohne Schwierigkeit errathen werden kann. Eine derartige Erleichterung im künstlerischen Beschauen wirkt natür lich sowohl auf den Laien wie auf den Kritiker zur Langeweile hin. Aber so arg, wie e» manche Besucher der diesjährigen Wand«rau»stellung mit den autgestellten Gemälden machen, ist e»
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