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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 17.04.1898
- Erscheinungsdatum
- 1898-04-17
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-189804175
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18980417
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18980417
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1898
- Monat1898-04
- Tag1898-04-17
- Monat1898-04
- Jahr1898
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 17.04.1898
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BezxgS-Prel- lrlle, obgkholt: Pirrteljah,llch^l4.«1 wefiaaltzer Ügltcher Lsustellung tn» tzchT Durch die Post bezogen für chkmd >md Oesterreich: virrnliährlich —. Dtrecte tSgllche Kreuzbandsendaug In» AuSlaud: monatlich 7.bl). Die vk»rs<»«»»g«L« «scheint «n '/,? Uhr, hi» Uh»chchkl»«at« vochmttag» « ü Uha->s Re-artto» rm- Grpe-ttio»r 8. Di« Expebition ist Sochentag» anmttrrüroch« geöffnet von früh 8 bi» Abend» ? Uhr „ Filiale«: vtt» Klemm'» Garttm. (Alfred Hahn), Universltät-straße 8 (Paulinum), . , Loui» Lösche, Katharinenstr, Ich Part, mb KSnigöplatz 7. eiWM TaMaü Anzeiger. AMsvlatt -es Königlichen Land- nn- Amtsgerichtes Leipzig, -es Ralhes und Notizei-Ämtes -er Stadt Leipzig. lSI. Sonntag den 17. April 1898. Grtr«'VeiI»»e» (gefalzt), »nr mit der Morgen-Ausgabe, ahne Patzbrsörderun^ SV.—, mit Posthesördenmg 70 —. Druck und Verlag vou L. Volz tu Leipzig. Annahmeschluß fiir Anzeigen: Abend-Autgab«: vormittag» 10 Uhr. Morgen-Ausgabe: Nachmittag» 4 Uhr. Bei dea Filialen und Annahmestellen je eine halb« Stunde früher. Anreigen sind stet» an die KrpkditiOlI . zu richte«. ANAKiDKN^Gi- die -gespaltene PNitzeüe »0 W-. vr«!om,g unter d«nRrbaction-ftrich (4^. spalten) b0^, p« h« -amllttnnachrichte» ^Sgespalt«) «4. vröher, Schriften lant ms«« Preis- verjäichniß. Tabellartscher und Lffftrnsetz nach höher« Tarif. 82. Jahrgang Rus -er Woche. Während m Washington die Würfel über Krieg und Frieden fallen, hat die englische Presse der Welt gezeigt, daß die StaatSkuust auch heiter sein kann. Für Chauvinisten, deren e» aber in Deutschland nicht girbt, wäre r» ein Gegen» stand der Genuathuung, zu sehen, wie die stolzen Briten durch rin paar freundliche Worte de» deutschen ReichSober- haupte» beglückt werden können, belustigend ist aber die englische Freude für Jedermann. Daß sie vielfach Arm in Arm mit der bekannten Ueberhebung auftritt, beein trächtigt da» Amüsement nicht, sondern erhöht e». Denn au» den großen Worten hören auch weniger feine Ohren die Beklommenheit de» isolirten Lande» heraus. Darf nun aber auch die Aufführung der Engländer Vergnügen bereiten, so haben wir in Deutschland doch nicht daS Recht, den Anlaß zur Genugthuung der wenig befreundeten Nation mit voller Sorglosigkeit zu betrachten. Höchstwahrscheinlich entsprach der Glückwunsch de» Kaiser» lediglich der rein persönlichen, ritterlichen Antheilnahme an einer Waffenthat. Aber die Erinnerungen an Zanzibar, Witu und ähnliche Ver luste stellen sich der festen Zuversicht entgegen, daß Deutschland niemals wieder die Kosten einer englischen Freund schaft werde zu bestreiten haben. Der Kaiser hat erst ganz vor Kurzem den Besitz von Helgoland als einen sehr hoch- werthigen gerühmt und eS ist nicht ausgeschlossen, daß der für die Insel bewilligte Preis an maßgebender Stelle noch immer al» ein angemessener betrachtet wird. Es kommt weiter hinzu, daß, was in England erklärlicher Weise sofort begierig aufgegriffen wurde, ein in auswärtigen An gelegenheiten ohne Zweifel sehr häufig officiöS bedientes deutsches Blatt sich soeben sehr abfällig über die Zustände in Transvaal ausgelassen hat. Wenn deshalb Manchem jetzt wieder die bei der Uebergabe der Dose an Cardinal LcdochowSki gesprochenen Worte einfallen, so wird man ihn wohl nicht ohne Weiteres als unverbesserlichen Schwarzseher abthun können. AuS der Erwerbung von Kiautschou sollten in der That nicht zu weitgehende Schlüffe gezogen und auch die sympto matische Bedeutung de» jüngsten Erlasses an die Ober präsidenten der Prorinren mit gemischt-sprachiger Bevöl kerung sollte nicht überschätzt werden Der Inhalt des Erlasses verdient gewiß vollauf die ungetheilte Billigung, die er bei den nationalen Parteien erfahren hat, sowie Len Tadel, durch den er von den Socialdemokraten, Ultramontanen und Herrn Richter ausgezeichnet worden ist. Ob aber mit ihm der deutschen Bevölkerung und insbesondere den Beamten die Gewähr einer für alle Zukunft konsequent betriebenen Politik in dem Sinne, wie ihn das StaatSintereffe verlangt, vargeboten wird, dies muß doch noch dahingestellt bleiben. Man kommt vor allen Dingen nicht so leicht an dem Umstande vorbei, daß der Erlaß erschienen ist, nachdem die Polen im Reichstage gegen das Flottengesetz gestimmt haben, während doch ohne Frage dem bedrohten Deutschthum jeder mögliche Schutz ohne Rücksicht auf die Stellung des polnischen Bedränger» zu HeereSfragen, also schon früher hätte geboten werden sollen. Davon abgesehen, wendet sich der Erlaß an die Beamten, aber an der Spitze der gefährdetsten Provinz, PosenS, steht noch heute der Versöhnungs-Oberpräsident aus der Aera Caprivi, der zur vollen Zufriedenheit als Träger der da maligen Polenpolitik gewirkt und, wie erinnerlich, sogar seine amtliche Autorität gegen die Person des Fürsten Bismarck eingesetzt hat. Sollte dieser oberste Vor gesetzte sich innerhalb weniger Jahre zu einem Flottwell entwickelt haben, der die Untergebenen mit der Freudigkeit und Sicherheit erfüllt, die der Wortlaut des Erlasses deS Staatsministeriums ihnen geben will? Das ist doch zu be zweifeln. Eine wahrhaft deutsche und preußische Politik in den Ostmarken verlangt aber weasarss anä wsn. Ob die MilitairS, deren außerdienstliches Auftreten für die Zwecke deS Erlasses indessen ebenso wichtig ist, wie die der Civil- beamten, im gleichen Sinne instruirt worden sind, weiß man nicht und kann man nicht wissen, da Befehle dieser Art nach gutem Brauch weiteren Kreisen nicht bekannt gegeben werden. Man weiß aber auch nicht einmal, wie weit die Ordre greift, die die Einstellung polnischer Recruten in die Truppentbeile vor einigen Jahren neu geregelt bat. Die älteren Anordnungen, die die Bildung polnischer Regimenter verhüteten, waren während der Kanzlerschaft Caprivi'« in aller Heimlichkeit zurückgenommen worden, und man hätte von diesem radi kalsten-Act der „Versöhnung«"-Politik lange nichts erfahren, wenn nicht polnische Unersättlichkeit die Augen auf ihn gelenkt hätte. Jetzt ist nur so viel bekannt, daß die Praxis aus der Zeit des zweiten Reichskanzlers nicht mehr besteht, ob aber auf die der Regierung Wilhelm'- I. zurückgegriffen worden ist, en'zicht sich der öffentlichen Wissen schaft. Hier aber handelt es sich um eine Maßregel, die zu kennen mindesten« der Reichstag ein Recht hat. Excessen deS Vertrauens muß man sich unter allen Um ständen und in allen Angelegenheiten fern halten, zumal da auch in der Hauptfrage der inneren Politik, in derTagesfrage der „Sammlung", die Regierung einen schwachen Puts hat. Die Parteien allerdings nicht minder, aber diese leiden eben unter dem Mangel eines sichtbaren EinigungS- puncte«, den nur eine zielbewußte Regierung zeigen könnte. Die Parole „Gegen die Socialdemokratie" eignet sich, man mag dies noch so sehr bedauern, zur Zeit nun einmal nicht zu einem Einigung-rufe. Dies aber ganz gewiß nicht deshalb, weil, wie die „Nat.-Ztg." meint, die herrschenden wirthschaftS- politischen Ideen eS der Socialdemokratie ermöglicht hätten, in ihrem Wahlaufrufe sich als die Hüterin schwer bedrohter LebenSinteressen weiter Volkskreise vorzustellen. Der „Nur- consumenten"-Standpunct, auf dem sich die „Nat.-Ztg." mit den Führern der Socialdemokratie begegnet, ist gerade für „weitere Volkskreise" zu schmal, und wenn sich gegen die „Sammlung" nicht» weiter einwenden läßt, als daß sie in einem socialdemokratischea Wahlaufrufe bekämpft wird, so ist eS gut. Landwirlhschaft in Deutsch-Oftafrika. Von vr. Franz Stuhlmann (Dar-es-Salaam). Bei der stetig wachsenden Bedeutung unserer jungen Colonien darf es für weite Kreise unseres Baterlandes von Interesse sein, über den Stand und die Aussichten der landwirthschaftlichen Cultur in unserem fortgeschrittensten Schutzgebiete, Deutsch- Ostafrika, einige genauere Angaben zu erhalten. Die wichtigste der dort angebauten Nutzpflanzen ist der arabische Kaffee, der ein mäßiges Höhenklima und meistens auch Urwaldboden haben will. Es sind jetzt rund 1j Millionen Bäume auf etwa 600 lla ausgepflanzt, und in der nächsten Periode wird noch rund eine Million dazukommen. Man schlägt den Urwald nieder, zerstückelt die enormen Bäume und verbrennt sie, weil Mangel an Transportmitteln die Be nutzung de» Holzes auSschlieht. Dann macht man Pflanzlöcher in sechs Fuß Abstand, füllt sie mit guter Erde an und bringt die etwa sechs Blattpaare besitzenden Pflänzlinge hinein, die vorher auf beschatteten Saatbeeten gezogen sind. Der Boden ist meist rother Laterit. Der Blattrost-Pilz (Hemileia vastatrix) hat im September 1896 sehr viel Schaden gestiftet. Wir müssen uns mit seinem Vorhandensein abfinden, und wahr scheinlich wird der durch ihn verursachte Schaden darauf hinaus kommen, daß die gesammte Tragezeit der Kaffeebäume um einige Jahre kürzer sein wird als in den pilzfreien Gegenden, und daß man deshalb früher als anderswo nachpflanzen muß. Von den ältesten Plantagen der Deutsch-Ostafrikanischen Gesellschaft sind in diesem Jahre über 2000 Centner Kaffee gebracht, die den guten Preis von 96—100 Pfennigen das Pfund erzielten, aber Wohl über den normalen Handelswerth bezahlt sind. Wir werden in wenigen Jahren sicher recht viel Kaffee er zeugen, werden 'uns aber mit der Ueberproduction im Welt märkte und dem allmählichen Preisrückgänge des Kaffees abfinden müssen. Zu erwägen ist, ob wir nicht den Bedarf von Südafrika an Kaffee decken können. Ueber die Unkosten der Pflanzung gehen die Angaben noch weit auseinander. Das bis jetzt erzielte Product hat ein ausgezeichnetes Aroma und eine gute, ansehnliche Bohne. Der Liberia-Kaffee will Tieflandstlima haben. Die Pflanz weise ist 10—12 Fuß Abstand. Es mögen jetzt rund eine halbe Million Bäume gepflanzt sein, die vielleicht in v.esem Jahr auf fast das Doppelte vermehrt werden. Den Angriffen des Blatt pilzes ist diese Art kaum ausgesetzt, aber das dem der arabischen Kaffeebäume nachstehende Product ist sehr im Preis zurück gegangen. Cacao, der jetzt einen guten, immer steigenden Marktwerth hat, verlangt Tiefland, schweren Waldboden, viel Feuchtigkeit, Wind- und Sonnenschutz. Große Gebiete werden für Cacao nicht vorhanden sein, aber manche Thäler in Nord-Handei am oberen Luengera und am Kinuhui sind entschieden dafür geeignet. Thee ist ebenfalls bis jetzt nur versuchsweise angebaut. DK Präparation ist recht mühsam, doch kann jetzt viel durch Ma schinenarbeit ersetzt werden. Schwer ist die Concurrenz mit Ceylon, Indien und Natal, schwer auch der Umstand, daß Preis schwankungen von Pfennigen eine ganze Anlage gefährden. Thee kommt deshalb vor der Hand für den Handel nicht in Betracht. Vielleicht einmal für West-Usambara, da er Höhenklima verlangt. Die Cocospalme nimmt einen hervorragenden Rang ein und enorme Flächen sind für ihre Cultur geeignet. Man pflanzt etwa 100 Palmen auf den im und hat jetzt bei Tanga schon etwa über ein Drittel Millionen ausgesetzt. Man nimmt an, daß nach sieben Jahren, wo rin Ertrag eintritt, jede Pflanze mindestens eine Viertel Rupie, — wahrscheinlich mehr — Reingewinn er- giebt. Ein kleiner Capitalist wird am besten eine schon tragende Pflanzung von Arabern kaufen und sie allmählich vergrößern, damit er schon im Anfang eine kleine Einnahme hat. Auf Maffia hat die Cocoscultur gute Aussicht. Die Cultur der Baumwolle wurde zu theuer für den Welt markt. Die wildwachsende Sansiviera, die am Rufiyi, bei Ma- sinde u. s. w. in enormen Mengen vorkommt, die man aber wegen zu langsamen Wachsthums nicht anbauen kann, ist nur bei entwickelten Transportverhältniflen auszubeuten. Bei Ki- kögwe wird Sisal (Agave) gepflanzt, von der dos Pflanzen material leider sehr schwer erhältlich ist. Die dortige Anlage vergrößert sich deshalb nur sehr langsam. Das Gouvernement hat bei Dar-es-Salaam eine Pflanzung von Mauritius-Hanf ver sucht, wo jetzt circa 115 000 Pflanzen in je drei Meter Abstand stehen. Augenblicklich werden die Maschinen zur Gewinnung der Faser hinausgesandt, und es muß abgewartet werden, wie viel Fasern bei unserem Klima die Pflanze ergiebt und wie lange wir sie ausbeuten können. Die Agave ist bei geringer Pflege mit dem schlechtesten Boden zufrieden. 2^ Jahr nach der Aus saat der Brut-Knospen sind die Blätter zur Ernte reif, die 1,85 Meter lang und 2,2 Kilo schwer werden. Mit der Hand auf primitive Art ausgeklopfte Fasern werden in Hamburg mit 20 H das Pfund bewerthet. Ich hoffe, daß wir mit dieser Pflanze große Strecken minderwertigen Küstenlandes nutzbar machen können. Vanille, zuerst von der französischen Mission eingeführt, ist dann von Herrn von Saint Paul bei Tanga und auf der Plantage Kitopeni bei Bagamoyo gebaut worden; das am letzteren Orte erzielte Product ist sehr gut ausgefallen, und wenn die dortige Anlage ihre Kosten auch noch nicht deckt, so kann sie es doch bei gleicher Entwickelung in kurzer Zeit thun, voraus gesetzt, daß die diesjährige Trockenzeit keinen Schaden thut. Ein heimische Akazien werden als Schattenbäume genommen. Auf leichtem, sandigem Boden soll ein besseres Aroma als auf schwerem erzielt werden. Die Tabakcultur wurde in Lewa zuerst versucht mit viel Auf wand von Geld und Mühe, leider ohne Erfolg. Der Boden — meist rother Laterit — ist offenbar ungeeignet. Neuerdings hat das Gouvernement versucht, in dem Alluvial-Lande des Rufiyi- Deltas bei Mohorra die Versuche durch Sumatra-Pflanzer wieder aufnehmen zu lassen. Es sind im Vorjahr 350000Pflanzen ausgesetzt, von denen leider durch abnorme Regenfälle die Hälfte zerstört wurde. Das Resultat waren 110 Centner Tabak, die nach dem Urtheil von Bremer Sachverständigen, die dafür 96 pro Kilo zahlten, dieses Jahr noch nicht als Specialmarte auf den Markt kommen sollen. Die übermäßige Feuchtigkeit hat di weißen sogenannten „Spicke!" zu sehr vermehrt und wahr scheinlich die Brennbarkeit herabgesetzt. Der Tabak ist aber leicht und aromatisch und zeigt em dünnes, hellfarbenes Blatt. Die Sachverständigen empfahlen entschieden ein Fortseyen der Versuche. Leider hat der Ausfall der Regen im November o. I. unS einen bösen Streich gespielt. Es waren 100 Felder L 6000 qm für etwa 1000 000 Pflanzen vorbereitet, so daß der Hauptversuch ausnahmsweise in der großen Regenzeit im April und Mai gemacht werden muß. Der beste Tabak wird unS jedoch nichts nützen, wenn er sich rechnerisch nicht bezahlt macht, und das kann nur die Zukunft lehren. Allem Anscheine nach bauen wir mit Negern und einigen Chinesen billiger, als in Sumatra. Günstig wird die gute Verbindung der Pflanzung mit dem Meere durch die Canäle des FlußdeltaS und die Nähe des Bau holzes sein. Zuckerrohr wird von den Arabern bei Pangani gebaut, und man will jetzt eine Fabrik zur Herstellung von Raffinade er richten, auch die Pflanzungen von Zuckerrohr erweitern. Nächst- dem sollen kleine Versuche und Studien über Reis, Opium, Jute und Ramie beginnen. Ich wollte. Private befaßten sich damit, denn das Gouvernement hat nur sehr geringe Mittel im Ver hältniß zu seinen Ausgaben hierfür zur Verfügung. Außerdem hat überall das werbende Capital mehr Erfolg als eine staatliche Unternehmung. Ganz können wir diese aber nicht entbehren, da sie anregend wirkt. Die meisten oben erwähnten Kulturen bringen erst nach Jahren Erträge, günstiger sind hierin einjährige Pflanzen, wie Reis und Opium, und wenn vielleicht nicht große Gesellschaften sich hiermit befassen werden, so hoffe ich doch, daß kleine Unter nehmer es thun, event. indische und chinesische Ansiedler. Ich sollte aber denken, daß man die weiten, horizontalen Ebenen am Rufiyi durch Dampfflüge mit einjährigen Culturen bestellen könnte unter Benutzung der Erfahrungen moderner Landwirth- schaft. Am Rufiyi wächst jetzt ein Reis erster Qualität, der höher als der indische bezahlt wird, und die Ostküste incl. Zanzibar im- portirt jährlich für 2—2j Million Rupien Rei» au» Indien. Das UeberschwemmungSgebiet im Flußdelta wird für Rei», Jute und Opium, daS etwas höher und trockener gelegene für Tabak in Frage kommen. Zur Untersuchung der Bodenverhältnisse in den Pflanzungs gebieten ist augenblicklich im Auftrage de» Auswärtigen Amtes und einiger Privatgesellschaften Herr Professor Wohltmann aus Bonn in der Colonie. Er hatte vorher auf Grund von Analysen der ihm übersandten Bodenarten eine zum Thril ungünstige Ansicht gewonnen, die mit unseren praktischen Erfahrungen nicht recht übereinstimmte. Ich hofft, daß er nach Unter suchungen an Ort und Stelle eine günstigere Meinung erhält, und daß er den Pflanzungsleitern noch manche Winke zukommen läßt. Sehr zu bedauern ist, daß wir außer zwei praktischen Pflanzern, die in Sumatra nur Tabak gebaut haben, keinen Beamten besitzen, der persönlich tropische Cultur in fremden Gegenden studirt hat. Au» Büchern kann man so etwa» nicht so gut wie aus der Praxi» lernen, und e» wäre zu empfehlen, wenn Jemand einmal nach Ceylon oder Holländisch-Jndien ge sandt würde. Die Landwirthschaft der Eingeborenen hebt sich entschieden, was Quantität betrifft, besonders durch da» Gefühl der Sicher heit, das unter der deutschen Herrschaft entstanden ist. Auch die Heuschreckenplage fehlte in den letzten Jahren, wodurch mehr als früher angepflanzt wurde. Leider sind diese Thiere im Januar stellenweise wieder ausgetreten. Qualitativ bessert sich die Landwirthschaft trotz aller Bemühungen des Gouverneurs noch nicht. Der Neger läßt nicht von seiner primitiven Hack cultur ohne Düngung, die fortwährende Wechselwirthschaft und dadurch Abbrennen großer Flächen bedingt. Das Gouvernement richtet sein Augenmerk darauf, den Anbau von Oelfrüchten und Feisilletsn. Eine vergessene Kaiserin. ii. Nm Maria Ludovica'S Haß gegen Napoleon ganz zu ver stehen, muß man auf ihre Jugend zurückblicken. Als die große Kaiserin Maria Theresia starb, wurde Erz herzog Ferdinand, ihr dritter Sohn, Gouverneur von Mailand, er folgte in dieser Würde dem Großvater seiner Frau, dem greisen FranceSco von Este. Ferdinand'- Gemahlin war die Tochter deS Herzog« Ercolo von Modena, Beatrix, und Beide waren von der Kaiserin Maria Theresia von Jugend auf zu Gatten bestimmt. In der Politik gab e« wenig zu thun, der Gouverneursposten war nur eine Schein stellung , um so mehr konnten die Gatten sich ihrem Hauswesen widmen, da» nach dem Muster der Kaiserin ein gemüthlicheS und wenig prunkhafteS waren, und sich in ein inniges Familienleben versenke. Da» Paar batte eine Reihe von Kindern, ihr letztes war Maria Ludovica, geboren am 13. December 1787 zu Monza. Obgleich die große Kaiserin vie Erziehung der Kinder veS Paare» gut deutsch gewünscht batte, war sie doch mehr italienisch al» deutsch, wie denn auch die Briefe Ludovica'» italienisch und nur zum kleinsten Tbeile französisch, deutsch gar nicht geschrieben sind. Im Jahre 1792 brach der Krieg zwischen Oesterreich und Frankreich au«. Die Franzosen eroberten Savoyen und Nizza und im Herbst mußte man sich darauf gefaßt machen, daß Piemont und die Lombardei nicht verschont bleiben würden. Erzherzog Ferdinand versuchte zu unterhandeln, allein di« italienischen Fürsten standen ihm mit Au»nahmr von Modena nicht bei, und die Lage zeigte sicd 1794 so schlimm, daß der Kaiser daran dachte, die italienischen Provinzen aufzugeben, um besser Deutschland schützen zu können. Ferdinand beschwor seinen Bruder, für Italien einzutretrn, war er doch mehr Italien« al» Deutscher. 1796 trat di« Katastrophe ein. Bonaparte zog nach Italien und im Mai reisten Ferdinand und Beatrix mit ihren Kindern ab. Die Mailänder setzten ihrem Abzug nichts entgegen, aber sie sahen diese Fürsten, die ihnen viel Gutes und nichts Böse- gethan hatten, ohne Bedauern ziehen. E« war ein furchtbare» Unglück für die Familie: mit dem lombardischen Gubernium verloren sie ein Einkommen von jährlich LV 000 Zechinen, sie verloren ihre Paläste, Billen und Güter. Ist e» ein Wunder, wenn in die Seele de« neunjährigen Mädchen» der glühendste Haß gegen Napoleon gepflanzt wurde? Die Familie ging nach Wiener Neustadt und blieb dort lange Jahre. Am 17. August 1806 starb Erzherzog Ferdinand, tiefbetrauert von den Seinen. Ein Jabr später starb die Kaiserin Therese, die zweite Frau des Kaiser« Franz im Alter von 34 Jahren, nachdem sie ihrem Gatten acbt Kinder geboren hatte. Da» älteste war Maria Louise, damals sechzehn Jahre alt. Kaiser Franz ertrug e» nicht lange, allein zu bleiben. Er war immer von streng sittlicher Lebensführung gewesen und forderte eine solche auch von anderen; noch in jungen Jahren hatte er einmal seinem Gesandten, der mit wichtigen Nach richten von Pari» heimkehrte, Vorstellungen über dessen leichtfertigen Lebenswandel gemacht. Aber die Ehe war ihm, wie ein Schriftsteller der Zeit sagt, „sittliches Bedürsniß". Zu einer neuen Verbindung mußten übrigen« diesmal auch die zahlreichen Kinder drängen, von denen ihm einige durch Kränklichkeit und langsame Entwickelung schwere Sorge be reiteten. Und so entschloß er sich denn rasch, zum dritten Mal zu freien. Eine Partei de» Wiener Hofe« beabsichtigte, ihn mit einer sächsischen Prinzessin zu vermählen und eS wurden bereit» die nöthigrn Unterhandlungen riogeleitet. Da soll aber Napoleon auf den Dresdener Hof eingrwirk» haben, daß die Priniesstn erNärte, sie werde niemals briratben. Nun hielt der Kaiser um die Hand seiner Base Maria Ludovica an; zu Anfang August.wußten schon die fremden Diplo maten darum; am 22. dieses Monat» war die Sache ab gemacht. Au» der Zeit btt Brautstand,» der Prinzessin ist ein« Scene bekannt, die wir einem Briefe Maria LouisenS an ihren Vater entnehmen. Diese erschien am zwanzigsten Ge burtstag Ludovica'S in dem Palais auf dem Mincritenplatz und überbrachte im Namen de« Kaiser«, der eben von Wien ab wesend war, Glückwünsche, einen Brief von ihm und Ge schenke: ein Spitzenkleid, einen kostbaren Sbawl und einen Strauß frischer Blumen. „Die liebe Cousine wurde vor Freuden rotb," berichtete sie darüber dem Vater, „steckte schnell den Brief in den Sack und öffnete den Korb." Die Tante wurde herbeigerufen, Kleid und Shawl gebührend be wundert; dann erbat sich Ludovica von ihrer Cousine die Er- laubniß, den Brief in ihrer Gegenwart zu lesen. „Sie stellte sich anS Fenster, erbrach ihn und laS ihn mit innigster Rührung, sie wurde dabey mehrmal feuerroth vor Freuden." Maria Ludovica war ihrem Gemahl eine treffliche liebe volle Gattin, ihr Glück wäre ungetrübt gewesen, wenn nicht die Kriegsfurie geherrscht hätte und sie selbst nicht immer leidend gewesen wäre. Gewiß trugen die Sorgen daS ihrige dazu bei und so hat sie sich eigentlich al« Kaiserin nie recht ihres Lebens freuen können. Auch in Ofen war sie sehr krank, und al« daS schier Unfaßliche geschah, als ihre kaum vier Jahre jüngere Stieftochter Marie Louise Napoleon an getraut wurde, stand sie nur mit Mühe von ihrem Kranken lager auf. Am 19. Februar 1810 schrieb sie ihrer Mutter die „traurige Nachricht", schon als das Programm zu Ver- lobungSfeier eintraf. „Was ich dabei denke und den Zustand meiner Seele kannst Du Dir wohl vorftellen; da« Ganze scheint mir ein Traum .... die Pflicht gebietet mir, all den traurigen Cerrmonien brizuwohnen. Gott, dem ich schon so viel aufgeopfert habe, wird mir die Kraft geben, auch dies zu tragen Hart wird eS mir erscheinen, bei dieser Trauung am Altar der Augustinerkirche zu stehen, da, wo der arme Karl mir den Segen gab, — gewiß diesmal hätte er ihn nicht gegeben." Zu der Ab neigung, sich mit dem zu verbinden, der ihr und ihrem Ge schlecht so viel bittere Schmerzen bereitet, gesellte sich noch etwa» andere»: «in späterer Brief deutet an, daß Erzherzog Franz, ihr Bruder, eine stille Neigung zu Maria Louisen gefaßt hatte, die von der jugendlichen Prinzessin erwidert wurde: sie — die Kaiserin — habe früher schon Alles ge than, um diese wechselseitige Liebe zu unterdrücken, da sie ein glückliches Ende nicht absehen konnte und die beiden auch gar nicht für einander paßten. Die Festlichkeiten, zu denen der Hof nun genöthigt war, und die sie als Demüthigung empfand, wurden inveß für sic zu einem Triumph. Wie sie da erschien, nicht regelmäßig schön, schwer leidend und um vier Jahre älter als die Braut, übertraf sie diese doch durch Anmuth der Bewegung, Geschmack der Gewandung und eine Majestät in der Haltung, welche bei ihrer nicht großen Gestalt doppelt überraschend war. Marschall Berthier, der außer ordentliche Botschafter Frankreichs, äußerte sich, eS sei Zeit, daß er Wien wieder verlasse; so tief war der Eindruck, den die Kaiserin auf ibn übte. Und die Gräfin LanSkoronSka schrieb an den ReichSfreiherrn von Stein: „Die Kaiserin ist ein wahrer Engel, dem die Vorsehung, al« sie ihn au-sandte, die Möglichkeit hätte gewähren solle», alle« Gute zu thun, dessen sie fähig ist; aber in der Lage, worin sie sich befindet, vermag man sie nur mit schmerzlicher Begeisterung und Be wunderung zu sehen. Sie hat eine wunderbare Wirkung auf die Fremden gemacht, die jetzt bei den Hochzeits feierlichkeiten hier sind." Es scheint, al» ob Maria Ludovica mit dieser Heirath die Lust zur Politik verloren habe, al» ob fie sich ganz zurückzog Zu einem Rücktritt nöthigte sie wohl auch ihr immer mehr hervortretende- Leiden. Im Sommer 1810 riethen die Aerzte der Kaiserin, die böhmischen Bäder zu ge brauchen. Um die Mitte Mai brach sie von Wien auf, am 21. finden wir sie in Prag. Sie fühlte sich noch immer sehr schwach; zum ersten Male vervehmen wir hier au» ihrem Munde eine leis« Klage über den Gemahl: sein« einzige Freude sei, mit de» Kindern zwei, drei Stuuden auf Bergen, zwischen Felsen und auf sumpfigen Wegen Herumzustreisen, seine Schwestern begleiten ihn, ohne darunter zu leiden, und da könne er nicht begreifen, warum st« r» mcht könne mit
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