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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 23.04.1898
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1898-04-23
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18980423014
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1898042301
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1898042301
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Bemerkung
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- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1898
- Monat1898-04
- Tag1898-04-23
- Monat1898-04
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Gröbere Schriften laut unserem Preis verzeichnih. Tabellarischer und Zissernsay nach höherem Tarif. Extra-Beilagen (gefalzt), nur mit der Morgen - Ausgabe, ohne Postbefvrderung ^l SO.—, mrt Postbeförderung 70.—. Annahmeschluß füll' Anzeigen: Abend-Ausgabe: Vormittag» 10 Uhr. Morgen-Ausgabe: Nachmittag- 4 Uhr. Lei den Filialen und Annahmestellen je ein» halbe Stunde früher. Anzeigen sind stets an die Expedition zu richten. Druck und Verlag von lk. Polz in Leipssa. Sonnabend den 23. April 1898. 292. 92. Jahrgang. Seit dem Tage, an dem mit dem deutschen Volke auch das sächsische in dankbarer Erinnerung den 100 jährigen Geburtstag unseres unvergeßlichen Kaisers Wilhelm I. gefeiert hat, ist kein Festtag erschienen, der mit so großer Freude, so bewundernder Liebe und Dankbarkeit begehrenswerth erscheint, als der 70. Ge burtstag unseres Königs Albert. Und nicht blos innerhalb der weißgrünen Grenzpfähle hat man sich zu dieser Feier gerüstet, sondern so weit die deutsche Zunge klingt, nördlich und südlich des Mains, aber auch drüben in Oesterreich gedenkt man am 23. April des erhabenen sächsischen Herrschers mit jener rück haltlosen Liebe und Verehrung, wie sie eben nur stille und doch nach allen Seiten hin bewußt wirkende Charaktergröße hervorbringen kann. In unserm König Albert hat sich ver wirklicht, was Jean Paul im 6. Bruchstück seiner Levana über Fürstenerziehung sagt: „Das Ideal in der Kunst, Größe in R u h e d a r z u st e l l e n, sei das Ideal auf dem Throne!" Diese Größe in der Ruhe, dieses sichere Herrscherwalten ohne den lei sesten Wunsch, mehr als irgend nothwcndig an die Öffentlichkeit zu treten, dieses von dauerndem Erfolge begleitete und zur zweiten Natur gewordene Streben, immer der erste Diener des Staates zu sein, und dabei doch jene Gabe, ohne besondere Kunst allen Bürgern des Staates die Ehrfurcht vor der Majestät des Königthums immer zu erneuen und zu festigen, das sind die Eigenschaften, die in allen sächsischen und in allen deutschen Herzen das Bedllrfniß wachgerufen haben, d?n 70. Geburtstag unseres Königs Albert so festlich als möglich zu begehen. So mahnt uns auch Goethe: „Den Tag, Den uns die Götter Ein Mal nur im Leben Gewähren können, feire jeder hoch!" Das Jahr aber, in dem König Albert sein 70. Lebensjahr vollendet, bringt mit dem 29. October auch das erste Viertel jahrhundert seiner Königsherrschaft zum Abschluß. Wohl darf das sächsische Volk an diesem Tage mit dankerfülltem Herzen auf diese fünfundzwanzig Jahre zurllckblicken, in denen sich die sächsische Industrie und der sächsische Handel, sächsische Kunst und Wissenschaft, sächsische Wehrkraft und das Ansehen des sächsischen Volkes unter den übrigen deutschen Stämmen dauernd in auf steigender Linie und hochbefriedigend entwickelt haben. Je mehr wir davon überzeugt sind, daß alle diese Gaben des Glückes verdankt werden dem nie ermattenden, weisen und umsichtigen Walten unseres Königs Albert, um so inniger wird sich das Gebet auf Aller Lippen drängen, daß die Vorsehung uns diese Herrscherkraft trotz der lastenden Jahre noch recht lange, lange erhalten möge. Und dies ist nicht nur der Wunsch des sächsischen Volkes. Auch das übrige deutsche Volk empfindet mit uns gleichermaßen, denn cs fühlt sich ebenfalls dem Sachsenkönige zu Dank verpflichtet. Wie wir Sachsen, so dankt auch jeder seines Vaterlandes sich freuende Deutsche dem König Albert für seine heldenhafte, lorbeergekrönte Mitarbeit an der Gewinnung dieses neuen Vaterlandes, noch ehe ihn die Königskrone schmückte, und für seine stille, oft mehr geahnte als deutlich erkannte, und doch so sicher vorhandene Mitarbeit an der Erhaltung und inneren Festigung dieses neuen Vaterlandes, seit er den Thron der Wettiner bestiegen hat. Ein König nach dem Herzen seines sächsischen Volkes — ein Landesfürst nach dem Herzen des gesammten deutschen Volkes: in diesem Loosungsworte begegnen sich heute der säch sische Stamm und die Anderen, die das schwarz-weiß-rothe Banner eint. Liebe, Ehre, Ansehen, Volksthllmlichkeit, alles das will erworben sein, namentlich wenn man es nicht in dem gegenwärtigen Umfange von seinen Vätern geerbt hat. Es ist erworben worden in dem glücklichen Vereine engerer landesväter licher Fürsorge und dem stets thatbereiten und erprobten Wirken für das Ganze des Reichs. Daher der nie versiegende Brunn quell der Liebe unseres Heimathvolkes, daher die uneingeschränkte Bewunderung und Verehrung aller Söhne Teut's und ihrer Fürsten, den Kaiser an der Spitze, an dem Ehrentage un seres Königs. Und das Geheimniß einer solchen Stimmung, wenn anders es ein Geheimniß ist, liegt in dem Umstande, daß König Albert mit den Schicksalen, der Entwickelung Sachsens und Deutschlands groß geworden ist, groß geworden an Jahren, groß geworden an Bedeutung für sein engeres und weiteres Vaterland. Als König Albert ein Kind war, lag auch das ganze deutsche Volk noch in den Windeln seiner politischen Entwickelung: als er zum Jüngling herangereift war, ging auch durch Deutsch land der ahnungsvolle Zug jugendfrischer Frühlingsbegeisterung, des werdenden Vaterlandes. Zum Mann gereift, trat er mit ein in den Entscheidungskampf des seiner männlichen Selbst kraft bewußt werdenden Deutschlands und durfte dann unserem Volke den Herd eines gemeinsamen Hauses in völker mordendem Kampfe gründen helfen, der jetzt nach Nord und Süd und Ost und West die gleich beglückende Wärme ausstrahlt. Zwar er selbst ist Greis geworden, während es Nationen be- schieden ist, ihr männliches Alter länger auszudehnen. Aber dann brauchen sie auch das Vorbild eines Greises, dem die männliche Kraft der That, dem ungeschwächtes Können trotz der silbergrauen Haare geblieben ist. Dafür wird ihm nun auch Das zu Theil, was der Altmeister Goethe so schön zu schildern weiß, als ihm selbst die Ergebnisse der späteren Jahre zu reifen begannen: Tas schönste Feld hat er sein ganzes Leben Bepflanzt, gcpflUgt — und erntet nun im Alter TeS Fleißes Lohn, ein tägliches Vergnügen. Dort dringen neben Früchten wieder Bliithcn, Und Frucht auf Früchte wechseln durch das Jahr. Größe in Ruhe! Ist aber Ruhe ohne vorangcgangcne Bewegung zu denken? Rur in zielbewußtem Aufwärtsstreben läßt sich jener Gipfel der Größe erreichen, dessen Ruhe majestätisch erscheint. König Albert ist uns Sachsen die Verkörperung unserer sächsischen Geschichte, nicht erst seit er die Krone trägt, er stellt uns seit seinen Jugendjahren das Stück deutscher Geschichte dar, das ihn zu einem nationalen Könige im engeren und im weiteren Sinne des Wortes gemacht hat. 1823—1898, siebzig Jahre, in die schon die Schrift den Kreislauf des menschlichen Lebens einschließt, aber auch siebzig Jahre, in denen cs Jünglingen und Männern je zu ihrer Zeit beschicken war, mehr zu erleben und reichere Erfahrungen zu sammeln als hundertjährige Greise der Vorzeit. Gewiß: kein Jahrhundert unserer neueren geschicht lichen Entwickelung hat einen Zeitraum von 70 Jahren auf zuweiscn, in dem nicht epochemachende Ereignisse den Gang der Weltgeschichte beeinflußt hätten, aber ebenso gewiß war auch keines so reich an Umgestaltungen von Grund aus, wie das Zeit alter, das wir heute in Sachsen nach unserem König Albert zu benennen gelernt haben. Als König Albert geboren ward, stand Deutschland unter dem Banner der Metternich'schen Bevormundung, die ebensowohl das deutsch-nationale Gefühl, wie die zur Reife gelangenden constitutionellcn Bestrebungen mit dem giftigen Hasse eines rein dynastischen, internationalen und darum autokratischen Re- gierungsprincips verfolgte. Aber wie bald kam es anders! Gleichsam noch in die Wiege legten dem künftigen Herrscher die alten Stände am 4. September 1831 die Ver fassungsurkunde, die das mittelalterliche Sachsen hinüberzuführen bestimmt war in die Reihe der modernen Staaten. „Viel und Herrliches haben weise Fürsten gethan", so äußerte sich der nachmalige König Johann über die konstitutionelle Frage, „ohne an eine Verfassung gebunden zu sein. Dennoch ist eine auf geschichtlicher Grundlage und nicht auf leerer Theorie ruhende Verfassung eine große Wohlthat für ein Volk." Und derselbe hochsinnige Fürst schrieb in das Exemplar der Verfassungsurkunde, das er seinem Sohne Albert bestimmte: „Halte sie fest gegen Jedermann, denn ein königlich Wort soll man nicht drehen noch deuteln." Und damit halten wir zusammen das königliche Wort vom 29. Ok tober 1873: „. . . werden auch die Verfassung des Landes in allen ihren Bestimmungen während Unserer Regierung beob achten, aufrecht erhalten und beschützen." Es war freilich nicht mehr jene Verfassung, die 1831 in» Leben getreten war; aber das wäre auch ein schlechtes Lob für sie gewesen. Denn eine Verfassung ist nicht gleich der Haut eines Menschen, die mit ihm wächst und gegebenen Falles auch wieder gefällig mit ihm einschrumpft, sondern dieses Kleid muß dem Stoatskörper von Zeit zu Zeit durch kundige Hand neu passend und, wenn wir so sagen dürfen, auch neumodisch gemacht werden. Den Weg dazu hat schon König Johann gezeigt, wenn er sagte: „Eine bestehende Verfassung muß, sie mag beschaffen sein wie sie will, treu gehalten, aufrichtig ausgeführt und geachtet und die Mängel derselben, wenn deren wirklich vor handen, nur auf verfassungsmäßigem Wege, nie durch Willkür abgeändert werden." — Wir wissen, daß und wie dieses Wort von der Regierung des Königs Albert eingehalten worden ist. Weder da, wo in einer gewissen Periode unserer Reichs entwickelung der jugend- und schaffensfrohe Liberalismus des neuen Deutschlands ein seinen Anschauungen entsprechend rascheres Tempo in befreiender Gesetzgebung anempfahl, noch auch umgedreht in den Zeiten der Umkehr, hat die Regierung König Albert's die Wege besonnener Gesetzlichkeit verlassen und ist gerade hierdurch in einer der letzten Gestaltungsphasen unserer, Pflichten durch unverdiente Reckte zu ersetzen stets bereiten Zeit dem wirklichen Bedürfnisse des Staates cntgegengekommen. War nun jene Verfassung des Jahres 1831 ein Geschenk, das dem künftigen Könige die friedliche und geschlickt innere Ent wickelung des Sachsenlandes gewährleistete, so brachte das Jahr 1833 wenige Wochen vor dem fünften Geburtstag des Herzogs Albert in dem Anschluß an den preußischen Zollverein eine Gabe, die den Handel Sachsens nach außen erst wieder neu ermöglichte und die Grundlage für den wachsenden Wohlstand des Landes, vor Allem auch für die künftige deutsche Einheit, gelegt hat. Mehrfach hat der zukünftige Thronfolger Gelegenheit gehabt, ernste Angriffe auf das neue Zollsystem, das Deutschland mit Ausschluß von Oesterreich wirthschaftlich zusammenfügte, mit aller Macht und Erbitterung in Scene gesetzt zu sehen, aber auch ihr Fiasko mit zu erleben. Welch eine wichtige Unterweisung, die die Geschichte Deutschlands selbst bot, und wie fruchtbringend der königliche Ackerboden, auf den der Samen dieser Erfahrung fiel! Wenn nun auch der Knabe von 1833 die nationale Bedeutung jener wirthschaftlichen Einigung noch nicht zu verstehen vermochte, so klang doch dem Zwölfjährigen vollverständlich als Weckruf deutsch vaterländischen Geistes jenes Kriegsgeschrei der Franzosen von 1840 zu Ohren, das damals auf deutschgesinnte Gemüther ähnlich einwirktc, wie das fanatische Rcvanchegebrüll der Franzosen von 1870. Allenthalben, namentlich aber auch in Sachsen, freute man sich der Möglichkeit eines nationalen Kampfes gegen den Erbfeind. Wir wissen, daß man am Dresdener Hofe noch während der Zeit der Fremdherrschaft, entgegen der von Friedrich August dem Gerechten befolgten Politik, durchaus deutsch gesinnt war. Diese Stimmung war seit dem Regierungsantritt Friedrich August's II. auf den Thron gekommen; sie wurde getheilt von seinem Bruder Johann und von der Schwester, der Prinzessin Amalie, jener geistvollen und liebenswürdigen Dichterseele, die auf ihren Neffen, den Prinzen Albert, stets von großem Einflüsse gewesen ist. Der Rücktritt des Ministeriums Thiers ließ den Kriegslärm wieder ver stummen, aber der Eindruck blieb, und er vermählte sich in der Seele des königlichen Knaben mit dem Wunsche, ein tüchtiger Soldat zu werden, um dem Vaterlande dereinst mit dem Schwerte dienen zu können. Das Jahr 1840 hatte mit dem Tode Friedrich Wilhelm's IH. seinen Sohn Friedrich Wilhelm IV. auf den Thron gebracht. Er war mit dem sächsischen Königshause doppelt verschwägert, und die Bande zärtlichster Freundschaft verknüpften ihn na mentlich mit dem Prinzen Johann. Die Wunden, die der Aus gang des Befreiungskrieges dem Selbstgefühl des sächsischen Volkes und seines Königshauses geschlagen hatte, waren vernarbt. Gegenseitige längere Besuche hatten schon oft die neugewonnenen freundschaftlichen Beziehungen erhärtet. Gedenken wir hierbei im Vorübergehen des Besuchs, den am 8. Juli 1828 der Prinz Wilhelm von Preußen in Dresden abstattete, um sich den zukünftigen Träger der sächsischen Krone zu betrachten: c« war die erste Begegnung zwischen dem späteren deutschen Kaiser und seinem noch in der Wiege liegenden Paladine. Auch ein reger brieflicher Gedankenaustausch über die Zukunft Deutsch lands, über Derfassung-sragen und seit 1846 über die Sache Schleswig-Holsteins, wurde zwischen den beiden Höfen in ver traulichster Weise unterhalten. Wir ersehen aus den veröffent lichten Auszügen aus den Briefen namentlich des Prinzen Johann, wie durchaus national die Gesinnung des sächsischen Hofes war. Wie hätte das ohne Einwirkung auf den zum Jüngling herangereiften Prinzen Albert sein können! Und nun kam das Jahr 1848 und die machtvolle Entfaltung des Einheit» gedankens durch ganz Deutschland. Wir wissen, daß das fach sische Königshaus sich rückhaltlos in diese Bewegung hineinziehen ließ und zu Opfern bereit war. Wissen wir dies aus den Auf Zeichnungen des Prinzen Johann, so erfahren wir dasselbe mit noch höherem Interesse auL der Meinung, die sich der 21jährige Prinz Albert von dem zukünftigen Deutschland gebildet hatte: daß nämlich die Reichsverfassung auf festen und realen Fundamenten aufzubauen sei, und zwar müsse der neue Bund unter Preußens Führung stehen, die, um nach innen Ordnung zu schaffen, zeitweise Wohl die Form einer unbedingten Diktatur annehmen könne: es sei ferner die neue Verfassung auf ein in allen deutschen Staaten einheitliches Wahlgesetz zu gründen und endlich eine gemeinsame Armee aufzu st eilen; natürlich könne und dürfe diese Reform nur von den monarchischen Gewalten ausgehen. Auf die Blüthe des deutschen Einheitszedankens fiel der Mehlthau österreichischer Gegenintriguen und preußischer Unfähigkeit. Daß 'dabei König Friedrich August und Prinz Johann eine durchaus loyale Stellung eingenommen haben und nicht durch die-«Drille der nachmaligen Beust'schen Politik zu betrachten sind, das ist entgegen den Auffassungen von Sybel's und von Treitsckke's durch neueste Forschungen klar dargelegt worden. Man darf diesen Umstand für die politische Entwickelnng des Prinzen Albert keineswegs unterschätzen. Wir haben ein ncck gewiesenes Recht, uns daran zu freuen, daß Prinz Albert in einer Umgebung aufwuchs, in der man über die deutsche Frage vielleicht nicht immer richtig, aber doch stets ehrlich und Vater« ländisch dachte. Während die Parteien in der Paulskirche mit immer größerer Heftigkeit sich und den Traum der deutschen Einheit befehdeten, während im Heimathlande die Dinge dem beklagens wertsten Maiaufstande von 1849 zutriebcn, weilte Prinz Albert mit den sächsischen Truppen in Schleswig- Holstein und setzte seine Gedanken und Gefühle für die deutsche Frage in Thatcn nm. Nicht ist eS die Aufgabe dieser Zeilen, den Lorbeer der 13. April 1849 wieder aufzufrischen. Welchem Sachscnsterzen wäre der Tag von Düppel und das muthvolle Verhalten des jungen Sachsenherzogs unbekannt. Aber es sei hingewiesen aus jenen köstlichen Antwortsbrief an einen wackeren Dresdener, der im Namen einiger besorgter Mitbürger dem Prinzen Schonung seiner Persönlichkeit ans Herz gelegt hatte. Ihm schrieb der Prinz u. A. am 19. April 1849 zurück: „. . . es ist das erste Zusammenwirken der deutschen Stämme zueinem Ziele, es ist dies der wahre Weg zur Einigung, und um diese Bahn zu eröffnen, ist cs Pflicht namentlich des Fürsten, vorauszugehen, und gelte es das Leben; denn, liebster Freund, die Monarchie stirbt nicht durch den Tod eines Gliedes, aber Deutschland geht zu Grunde, wagt es nicht d u r ch z u k ä m p f e n." Als der schleswig-holsteinische Feldzug, wenigstens so weit die Bundestruppen betheiligt waren, seinem Ende zuneigte, gc dachte der Prinz auch seiner nunmehrigen Zukunft. Tie durch die Ereignisse des Jahres 1848 unterbrochenen Studien wieder aufzunehmen, lag ihm fern. Er wollte Soldat bleiben und, wie er unter dem 3. Mai 1849 dem Vater schrieb, eventuell in preußische Dienste treten. Auch Prinz Johann hatte einst al > junger Mann den Gedanken gehegt, „nachdem er im Ausland Krieg gelernt", zur Führerschaft sächsischer Truppen nach Hau zurückzukehren. Damals war wohl Oesterreich gemeint gewesen: den Prinzen Albert hatte der dänische Feldzug auf Preuße.i gewiesen. Aber das in diesem Feldzuge gewonnene günsiir Vorurtheil zerstörte Preußen selbst durch die kleinmüthige Prei gäbe der Herzogthümer, als deren letzte Folge der Tag vo.: Olmütz anzusehen ist. Wie den anderen wackeren Kämpen zu Muthe war, als mit dem Waffenstillstand vom 10. Juli 184!« das Loos der meerumschlungcnen Provinzen im widernationalen Sinne entschieden war, so wird und muß auch der königliche Jüngling empfunden haben, der völlig bereit gewesen war, sein Leben für diese deutsche Aufgabe zu opfern. Daß die Lösung der deutschen Frage eine Machtfrage sei, wie daS Max Duncker in einer Schrift über die schleswig holsteinische Angelegenheit damals dem Prinzen von Preußen auseinandergesetzt hatte, konnte Prinz Albert ebensowenig ver borgen bleiben. Offenbar war Preußens Stern im Sinken be griffen. Um so Heller strahlte das Gestirn Oesterreichs, an dessen Spitze seit 1848 der mit Prinz Albert von Jugend auf be freundete Kaiser Franz Josef und dessen leitender Minister, der kluge und energische Fürst Schwarzenberg, standen. K-in Wunder, daß die sächsische Siaatslcitung sich Oesterreich näherte. Gleichermaßen wuchsen des Prinzen Albert Sympathien. Bezeichnender Weise war er in den Tagen der Llmützer En: sckeidung Gast, und zwar in jeder Weise bevorzugter und an gezeichneter Gast des österreichischen Kaisers. Auf diese Zeit geht die dauernde Neigung der sächsischen Politik zurück, die auct> dann in ihren Grundlagen keine Aendrrung erfuhr, al« mit
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