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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 16.04.1896
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1896-04-16
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18960416019
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1896041601
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1896041601
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1896
- Monat1896-04
- Tag1896-04-16
- Monat1896-04
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Größere Schriften laut unserem Preis- verzeichniß. Tabellarischer nnd Ziffernsax nach höherem Taris. vrtra-Beilagen (gefalzt), nur mit der Morgen - Ausgabe, ohne Postbeförderung 60.—, mit Postbesörderung 70.—. Ännahmelchlnk für Anzeigen: Abend-Ausgabe: Vormittags 10 Uhr. Morge n-Ausgabe: Nachmittags 4 Uhr. Bei den Filialen und Annahmestellen je eine halbe Stunde früher. Anzeigen sind stets an die Expedition zu richten. Druck und Verlag von E. Polz in Leipzig .1» 191 Donnerstag den 16. April 1896. 90. Jahrgang. Das künftige Bürgerliche Gesetzbuch. XXI. Die Bormundschaft. Bon vr. zur. W. Brandts, Berlin Vk. Nachdruck verboten. Der Entwurf lehnt sich im Großen und Ganzen an die preußische Vormundschafts-Ordnung vom 5. Jul, 1875 an, ohne ihr ganz zu folgen, insbesondere wird die Selststänvig- keit des Vormundes in der Verwaltung des Mündelvermögens etwas beschränkt. Für das ganze Reich ist es eine Neuerung, daß nach dem Tode deS Vaters die Anordnung einer Vor mundschaft nicht nöthig wird, wenn die Mutter der hinter lassenen minderjährigen Kinder noch am Leben ist, da auf diese kraft des Gesetzes die bis dahin hauptsächlich dem Vater zugestandene elterliche Gewalt übergeht. Nur aus be sonderen Gründen, insbesondere wegen des Unifangs oder der Schwierigkeit der Vermögensverwaltung, kann das Vormund schaftsgericht der Mutter einen Beistand für alle, oder für einzelne Angelegenheiten bestellen, welcher die Mutter zu unter stützen, aber auch gleich einem Gegenvormunde zu überwachen bat. Solcher Beistand wird der Mutter auch bei einfachen Vormundschaften bestellt, wenn der Vater die Bestellung an geordnet hat, sowie wenn die Mutter selbst darum ersucht. Insoweit dem Beistand die Vermögensverwaltung übertragen ist, hat derselbe die Rechte und Pflichten eines Vormundes. Hat das minderjährige Kind beide Eltern verloren, oder schreitet die den Vater überlebende Mutter zu einer anderen Ebe, ist das Kind unehelich, oder sind aus anderen Gründen die Eltern zur Ausübung der elterlichen Gewalt unfähig, so muß vom Gerichte eine Vormundschaft angeordnet werden. Ein Gemeinde-Waisenrath schlägt eine Person vor, welche sich im einzelnen Falle zum Vormunde oder Gegenvormunde eignet. Zur Annahme der Vormundschaft ist jeder Deutsche, nickt wie jetzt nur jeder Angehörige des betreffenden Landes, verpflichtet. Von den Ablehnungsgründen hebe ich hervor: Vollendung. deS 60. Lebensjahres, mehr als vier minder jährige eheliche Kinder und Führung von schon zwei Vor mundschaften. Ausnahmsweise kann auch eine Frau Vor münderin werden, und zwar nicht nur, wie schon jetzt, die Mutter oder Großmutter deS MütidelS, sondern auch eine fremde Frau, wenn sie von dem Vater oder der ehelichen Mutter als Vormünderin benannt ist. Die Frau kann die Uebernahme der Vormundschaft jedoch ohne weiteres ab lehnen, während ein als Vormund ausgewählter Mann durch Geldstrafe zur Uebernahme des Amtes angebalten werden kann. Um eine sorgfältigere Erziehung von Waisen und un ehelichen Kindern zu erreichen, soll den einzelnen Ländern überlassen bleiben, den Vorständen von Waisenhäusern und Kinder-Verpslegungsanstalten die Vormundschaft über die ihrer Aufsicht unterstellten Kinder zu übertragen. In ver schiedenen, besonders sächsischen Orten bestehen bereits der artige neue Einrichtungen mit gutem Erfolg auch für die meist vernachlässigte Erziehung der unehelichen Kinder. Um Klagen über ungehörige religiöse Erziehung des Mündels vorznbeugen, ist in der zweiten Lesung des Entwurfs die Bestimmung ausgenommen, daß dem Vormunde, welcher nicht dem Bekenntniß angehört, in welchem der Mündel zu erziehen ist, dessen religiöse Erziehung abgenommen werden kann. Der Bundesrath bat hinzugefügt, daß bei der Auswahl des Vormundes vom Gericht „auf das religiöse Bekenntniß des Mündels Rücksicht zu nehmen" ist. Die Beschränkung des Vormundes in der Verwaltung des Mündelvermögens zeigt sich besonders in Folgendem,: Bei Anlegung des Vermögens bedarf er der Zustimmung des GegenvormundeS, oder wenn ein solcher nicht bestellt ist, des Vormundschaftsgerichts. Er ist verpflichtet, die dem Mündel gehörigen Inhaber-Papiere nebst Erneuerungsscheinen bei einer Hinterlegungsstelle oder bei der Reichsbank derart zu hinterlegen, daß die Zurücknahme der Papiere nur mit Ge nehmigung des Vormundschaflsgerichtes erfolgen kann; der Vormund behält also nur die ZinSscheine in Händen. Der Vater kann den von ihm benannten Vormund von der Hinterlegungspflicht allerdings entbinden. Eine Beleihungs grenze für städtische oder ländliche Grundstücke festzustellen, überläßt er der Landesgesetzgebung. Zur Annahme einer geschuldeten Zahlung über 300 Mark bedarf der Vormund ter Genehmigung des GegenvormundeS, ebenso zu jedweder Verfügung über eine solche Forderung oder ein anderes Recht oder ein Werthpapier. WaS Rechtens sein soll, wenn ter Vormund eine Zahlung für das Mündel ohne die Ge nehmigung des GegenvormundeS annimmt, sagt der Entwurf nicht. Man muß, mit Herrn SenatSpräsidenten Bingncr am Reichsgericht, folgern, daß eine solche Zahlung dem Mündel gegenüber unwirksam sei, der Schuldner also noch einmal zahlen muß, insoweit daS Gezahlte dem Mündel nicht zu Gute gekommen ist. Von den Fällen, in denen die Genehmigung des Vor- mundsckaftSgerichtS einzuholen ist, seien erwähnt: Verfügung über ein Grundstück, Pachtvertrag über ein Landgut, MiethS- oder Pachtvertrag, wenn derselbe länger als ein Jahr nach vollendetem 21. Lebensjahre des Mündels fortdauern soll, Lehr- oder Dienst-Vertrag, welcher für längere Zeit als ein Jahr geschloffen wird, Aufnahme von Darlehen. Auf Antrag teS Vormundes oder GegenvormundeS soll das Gericht vor seiner Entscheidung Verwandte oder Verschwägerte des Mündels hören, in wichtigen Angelegenheiten soll eS dies auch ohne Antrag thun. Den Mündel selbst soll das Vor- mundschastSgericht hören, wenn ein Lehrvertrag, ein Dienst oder ArbeitSverhältniß eingegangen werden, oder seine Ent lassung aus dem StaatSverbande erfolgen soll. Hat das Mündel das 18. Lebensjahr vollendet, ßso soll eS auch selbst gehört werden, wenn e» sich um das Eigenthum oder eia dingliche« Recht an einem Grundstück handelt, sowie um Br ünn oder Auflösung eine« ErwerbSgeschäft«. Die Rechnung hat der Vormund in der Regel jährlich zu legen. Der Vater oder die Mutter kann jedoch den von cknen benannten Vormund von der Rechnung«iegung ent binden; in einem solchen Fall« ist alle zwei b,« fünf Iabre nne Uebersicht über den Vermögensbestand dem Gericht ein zureichen. — Im ersten Entwurf war, übereinstimmend mit dem in Preußen und Dachsen geltenden Recht, gestattet, daß ein Erblasser durch letztwillige Verfügung auch die Offen legung des Vermögensverzeichnisses verbietet; in solchem Falle sollte das von dem Vormunde anzufertigende und einzureichende Verzeichniß von dem Gericht in sicheren Verschluß genommen und nur aus besonderen Gründen eingesehen werden können. Diese Vorschrift ist in der zweiten Lesung gestrichen, so daß also ein Verbot der Offenlegung des Vermögensverzeichnisses unwirksam sein wird. Vormund und Gegenvormund haften dem Mündel für jede Fahrlässigkeit, durch welche ihm Schaden erwachsen ist. Der Vormundschastsrichter ist dem Mündel gleichfalls ver antwortlich, so weit ihm ein Verschulden zur Last fällt, der Staat haftet jedoch, dem vom Entwürfe angenommenen allgemeinen Grundsätze zufolge, nicht bei dessen Zahlungs unfähigkeit. Als Beirath des Vormundes und des Gerichts kann ein Familienratb aus zwei bis sechs Mitgliedern und dem Richter als Vorsitzenden gebildet werden; eS geschieht dies nur, wenn der Vater oder die eheliche Mutter die Einsetzung ungeordnet hat oder auch sonst, wenn es bei der Schwierig keit der Verwaltung, z. B. bei großen Geschäften oder An lagen, angemessen erscheint. Deutsches Reich. * Berlin, 15. April. Der „Vorwärts" redet den die Beschlüsse der socialdemokratischen Landeskonferenz miß achtenden Leipziger „Genossen" folgendermaßen ins Ge wissen: „Die Leipziger Parteigenossen haben . . . dem Ent scheid der sächsischen Landeskonferenz bewußt zuwidergehandelt und damit ein böses Beispiel von Mangel an Dis- ciplin gegeben. Das ist um so tadelnswerther, als die Socialdemokratie Sachsens der Gegenstand unerhörtester Verfolgungen ist; will sie trotz derselben an Anhänger zahl und Macht auch ferner gewinnen, ist unbedingte Einigkeit unumgänglich von Nöthen. Diese ist nur zu erhalten, wenn gefaßte Beschlüsse der anerkannten Ver tretungen respectirt werben. Thatsäcklicb bot denn auch gerade die sächsische Socialdemokratie seit Beginn ihrer Existenz Has Beispiel musterhafter Eintracht. Das scheint, wenn man die beiden Leipziger Beschlüsse — mit den übrigen brauchen wir uns nicht zu befassen — für mehr halten soll, als den Ausdruck des augenblicklichen Aergers über das Resultat der Landesconferenz — jetzt anders zu werden, und noch dazu wegen einer Sache, die mit dem Parteiprincip wenig oder nichts zu thun hat, sondern unter dem Gesichtspunct der Taktik aufgesaßt sein will. Wir erwarten aber, daß den Leipziger Parteigenossen das Gefährliche ihres Beginnens noch rechtzeitig zum Be wußtsein kommen wird. Wollten die übrigen großen Städte Deutschlands dem Beispiel Leipzigs folgen, wenn Partei konferenzen und Parteitage andere Beschlüsse fassen als gewünscht wird, was sollte aus der Partei, was sollte aus der Arbeiterbewegung werden. Mit dem Wahlspruch: „In Reih und Glied!" hat die Socialdemokratie allen Stürmen getrotzt, nur mit ihr wird sie alle überdauern! Die Pflicht der Disciplin gilt aber, wie für den einzelnen Parteigenossen, so auch für Parteigenossen ganzer Städte und Kreise!" * Berlin, 15. April. Der „Nat.-lib. Corr." wird auS Barm en geschrieben: Das Rescript, welches die Zustimmung des Cultusministers I)r. Bosse zu dem Beschluß unserer Stadtverordneten-Versammlung, betr. die Aufhebung der Vorschule am Gymnasium, verfügt, ist nunmehr zur Kenntniß der Mitglieder des Collegiums gebracht worden. Gleichzeitig wurde denselben eine aus Veranlassung desselben Ministers erlassene Verfügung der Regierung zu Düsseldorf zugefertigt, welche auch die an der Schule in Unterbarmen bestehende Knaben - Vorschule ausbebt. Es wird also bei der Wegräumung von Einrichtungen, die auf Anregung früherer Unterrichtsverwaltungen entstanden sind, ganze Arbeit gemacht. Ueber die Gründe, welche den derzeitigen Cultusminister bestimmt haben, diese Entscheidung entgegen dem Provinzial - Schulcollcgium und den Cura torien der Anstalten zu treffen, ist in der Verfügung nichts enthalten. Sie befinden sich aber in einem an einen der Curatoren des Gymnasiums gerichteten Schreiben. Darin theilt der Minister mit, daß es ihm nicht möglich gewesen sei, anders zu entscheiden, „da eS an jeder gesetzlichen Unterlage für die Versagung der Genehmigung des wiederholten aus Auf Hebung der gedachten Schule gerichteten Beschlusses fehle." — Der betreffende Curator kam mit seinem antwortlich er lassenen Hinweis darauf, daß bisher im CultuSministerium die Ansicht vertreten gewesen sei, für das höhere Schulwesen im preußischen Staat gelte die Bestimmung des allgemeinen Landrechts (W 54—77,Tit. II, 12), post tostum. Die betreffende Bestimmung besagt: „Auch da, wo die unmittelbare Auf sicht über dergleichen Schulen oder die Bestellung der Lehrer gewissen Privatpersonen oder Corporationen (hier die Stadt Verwaltung und das Curatorium) überlassen ist, können den noch ohne Vorwissen und Genehmigung der dem Schul wesen in der Provinz vorgesetzten Behörde weder neue Lehrer bestellt, noch wesentliche Veränderungen in der Einrichtung des Schulwesens und der Art des Unterrichts vorgenommen werden." — Wir sind der Ansicht, daß diese Bestimmung jedem CultuSmimster die gesetzliche Unterlage wie bisher so auch jetzt gegeben hätte, einem Beschluß aus Aufhebung der Vorschulen enlgegenzutrelen, da es sich dabei um eine wesentliche Veränderung in der Ein richtung des Schulwesens doch sicherlich bandelt. Im preußischen Staat bestehen 517 höhere Unterrichtsanstalten, von denen 6 Anstalten landesherrlichen Patronats, 206 staatliche An stalten, 7 gemischte Anstalten und 298 Gcmeindeanstalten sind. Letztere haben in ihrer großen Mehrzahl Vorschulen und dasselbe ist der Fall bei den staatlichen Anstalten. Diese Vorschulen sind nicht etwa aus einer besonderen Ge fälligkeit gegen die „höheren Stände" eingerichtet worden, sondern auS pädagogischen Rücksichten, da der Lehrplan der Volksschulen zur Vorbereitung für die höheren Schulen nicht geeignet ist und keine Rücksicht auf die in großen Städten immerhin gering« Anzahl von Aspiranten für dir höheren Schulen nehmen kann, obne die Ziele der Volksschule^ zu schädigen. In diesem Sinne batte sich noch die 1873 er Con- ferenz, der zuletzt diese Frage vorgelegt wurde, ausgesprochen. Sie beanspruchte ganz ebenso, wie durch Ministerial- Verfügungen den höheren Töchterschulen das Recht eines in sich geschlossenen Lehrgangs vom 6. Lebensjahr ab durch 9 oder io Stufen zugesprochen wurde, auch für die Knaben schulen das gleiche Recht, nach ihrem eigenen einheit lichen Lehrplan für die ihr eigenthüm lichen Zwecke und Ziele auszubilden. — Durch die Verfügung des Cultusministers, der von seiner persönlichen Ueberzeugung von der Ueberstüssigkeit der Vorschulen ausgebt, ist diese pädagogische Meinung als unrichtig anerkannt worden. Aber doch vielleicht nicht ganz! Das nach Barmen gelangte, die Aufbebungsverfügung betreffende Rescript enthält nämlich in seinem Schlußsatz die überraschende Wendung: „Wegen der eventuellen Ertheilung der Concession zur Errichtung einer privaten Knabenschule in Barmen an den Gymnasial- Vorsckultebrer W. bleibt es der Regierung in Düsseldorf überlassen, das Nöthige zu verfügen." Die Wirkung der Zustimmung des Cultusministers zu einem Beschlüsse, welcher durch die Berührung der verschiedenen Stände im Kindes alter das Bewußtsein socialer Unterschiede ausbeben sollte, bestebt also darin, daß die unter sorgsamer Beaufsichtigung und Leitung des Gymnasial-Directors stehende und finan ziell gut rentirende Vorschule in eine Privatschule umgewandelt werden soll. Hoffen wir, daß dieser „Ersolg" die Parteigenossen Derjenigen,welche dieZerstörung einer bestehenden guten und nützlichen Einrichtung beim Cultusminister erreicht haben, wenigstens in anderen Städten abballen wird, die gleiche Agitation einzuleiten wie bier, um gleiches Uebcl berbei- zuführen. An dem einen Schaden, den die jetzige höhere Unterrichtsverwaltunz ««gerichtet hat, daß sie einer aus Parteiwahlen hervorgegangenen Versammlung bas Recht zu spricht, beliebig in die Organisation des höheren Unterrickks- wesens einzugreifen, beule auszubeben, was gestern beschlossen ist, parteipolitische Entscheidungen und social verschwommene Bestrebungen über durchdachte pädagogische Meinungen zu stellen, wird es hoffentlich genug sein. V. Berlin, 15. April. Die Kaiserin ist mit den beiden ältesten Prinzen in Begleitung des dienstlhuenden Kammer herrn Grafen v. Keller und der Hofdame Gräfin v. Keller, sowie des Militair - Gouverneurs der Prinzen, Freiberrn v. Lyncker I., heute Mittag auf dem Bahnhöfe Friedrichstraße in Berlin wieder eingetroffen. — Das Hof lag er wird am 20. d. M. nach dem Neuen Palais bei Wildpark verlegt. (7) Berlin, 15. April. (Telegramm.) Der „Reichsanz." meldet: Anfang dieser Woche fand im Reichsversicherungs amte unter dem Vorsitze des Präsidenten Boediker eine Conferenz wegen Gestaltung der (Kcfahrcntarifc der Bernfs- genosscuschastcn statt. Ueber alle wesentlichen Puncte wurde an der Hand der Vorarbeiten desReichs-VersicherungsamtcS eine Einigung erzielt.Insbesondere wurde dieAnsickt ausgesprochen, es könne die Höhe der Gefahr der einzelnen Betriebszweige unmittelbar aus der Höbe des in ihnen seit dem Beginne der Unfallversicherung bezahlten Löhne und bezahlten Ent schädigungssummen gefunden werden, ohne daß cs der Be rechnung des Capitalwerthes der laufenden Renten bedürfe, vorausgesetzt, daß es sich nickt um zu kleine Betriebszweige bandele. In letzterer Hinsicht werden 5 Mill. Mark Löhne als Minimalsatz angenommen. Hinsichtlich der Bearbeitung des Unfallmaterials wird die Verwendung der Zäblkarten für jeden Unfall als die weitaus zweckmäßigste cracktet mit der Einrichtung, daß sie neben dem Zwecke des Gefabrentaris- wesens auch der allgemeinen Staristik der Unfallverhütung dient. Ein nach dem Muster der Knappschafts- und Berufs genossenschafts-Zählkarte entworfenes Formular wurde einzeln durchberathen. L. Berlin, 15. April. (Privattelegramm.) Tas „Berl. T." bezeichnet die (von und sogleich angezwcifeltc. Red. d. „L. T") Meldung über einen bevorstehenden Zwei kampf zwischen v. Kotze und dem Sohne des Cercmonien- meisterS v. Schrader als erfunden. — Die „Barnier Ztg." hält ihre Meldung aufrecht, daß Cultusminister vr. Bosse principicll geneigt sei, den Abiturienten der Realgymnasien die Berechtigung zum Studium der Medicin zu gewähren. Sie fügt hinzu, daß die Verhandlungen, bei denen diese Geneigtheit zum Aus druck gekommen ist, im Wesentlichen die Verstärkung des lateinischen Unterrichts in den höheren Classen der Real gymnasien betreffen, während Anlaß und Absicht, die Frage anzuschneiden und zur Lösung zu bringen, in der bevor stehenden Neuordnung des Mebicinalwesens zu suchen sei. — Der „Reichsbote" berichtet, die Familie des Ceremonien- meistcrs Frhrn. v. Schrader habe zuerst an den ^ofprediger Wendlandt das Ansuchen gestellt, ihr zu einer 4.rauerfeier die Friedenskirche, in welcher König Friedrich Wilhelm IV., Königin Elisabeth und Kaiser Friedrich ruhen, zu überlassen. Man war bis dahin ziemlich allgemein der Meinung ge wesen, der verstorbene Freiherr würde in allen Ehren, aber auch in aller Stille beerdigt werden. Um die Ungewöhnlich keit des entgegengesetzten Verlangens zu verstehen, muß mau ferner erwägen, daß die Friedenskirche bisher nur zur Auf bahrung von fürstlichen Personen oder der an ihr ge storbenen Geistlichen verwandt worden ist; ein einziges Mal ist diese Ehre dann noch einem Laien, einem besonders ver dienten nnd treuen Gemeinde-Kirchenratb, dem alten Hof- Steinmetzmeister Hain, zu Theil geworden. Von Frhrn. v. Schrader war dagegen nie bekannt geworden, daß er mit der Kirche und der FriedenSgemeinde in irgend einen! Ver hältnisse stand. Unter diesen Umständen beschloß die Gemeindevertretung mit ihrem Geistlichen in An wesenheit des PatronatSverweserS, des Oberhofmeisters v. Mirbach, die Ablehnung des Ansuchens. — Nachdem eS vor einigen Tagen Herrn Stöcker durch eine Abbitte an den Arafen Schlieben-Sanditten gelungen ist, sich einer gerichtlichen Verfolgung zu entziehen, kündigt jetzt der bekannte, von Stöcker viel verfolgte Prediger Witte öffentlich au, daß er gegen Stöcker gerichtlich klage, weil ihn dieser in unwahrer Weil» in einem Artikel seiner „Teutsch-evangelischen Kirchenzeitung" verächtlicher und niedriger Handlungen beschuldigt habe. * Fricdcbcrg, 14. April. Im Wahlkreise Ahlwardt's, in Friedeberg - Ärnswaldc, wird, wie die „Neum. Ztg." be richtet, eine conservative Vereinsgründung geplant. Man hofft, damit die Antisemiten wieder für die konservative Partei zurückzugewinnen und das den Conservativen verloren gegangene Mandat wieder zu erobern. * Kassel, 14. April. 1000 Maurer proclamirten heute Nachmittag einstimmig den Generalstreik. * Eupen, 14. April. Der Streik der Weberinnen der Firma Srernicker ist beendet. Die Firma hat die den 200 nickt streikenden Webern zugestellte Kündigung zurückgezogen und den 160 streikenden Weberinnen die Nachricht zugehen lassen, sie könnten auf Grund näher zu vereinbarender Bedingungen wieder in Arbeit treten. * Jauer, 14. April. Der durch sein Duell mit seinem Schwiegersohn v. Hübnerbein in letzter Zeil viel genannte Kreisdepulirte und Landesälteste v. Sprenger gehörte bis jetzt dem Kreisanöschusse zu Iauer an. Da seine Mitglied schäft nun ihr Ende erreicht hatte, schlug der Vorsitzende des Kreistages in der letzten Sitzung die Wiederwahl des Herrn v. Sprenger durch Acclamation vor. Hierauf beantragte jedoch ein freisinniger Kreislagsabgeordneter geheime Ab stimmung mittels Stimmzettel. Die Folge davon war, das Herr v. Sprenger von 19 abgegebenen Stimmen nur sechs erhielt, so daß er also aus dem Kreisausschuß entfernt worden ist. * Wiesbaden, 15. April. (Telegramm.) Für die Aus stellung des hier zu errichtenden Kaiser-Friedrich-Denk mals ist der Platz vor dem Allen Theater gewählt und ge nehmigt worden. * Stuttgart, 15. April. (Telegramm.) Die württem- bergische Sländeversammlung ist aus den 5. Mai ein berufen worden. — Zn dem Conflicl in der württem- bcrgischen Landeskirche liegt heute eine neue Acußerung vor. Es Hal sich jetzt jener Candidat gemeldet, der von Prälat Wittich zum Eintritt in den Küchendienst unter Hinweis auf die materiellen Folgen aufgefordert wurde, obgleich er sich auf „negativem Standpunkt" in Glaubens fachen befand. Es ist der Gvmnasialvicar Ed. Herdilein in Stuttgart. Er schildert ausführlich die Unterredung, die er nach dem Examen mit dem Prälaten batte. Er wollte nicht in den Kirchendienst gehen, weil er mit der christlichen nnd kirchlichen Lebre nicht einverstanden war, sie also auck nicht vertreten oder predigen könne. Er war der Ansicht, daß überhaupt das, was man mit Religion bezeichne, auf einer principiell falschen Weltanschauung oder auf einem Denkfehler beruhe. Der Prälat forderte ibn darauf auf, wenigstens die Sillenlehre des Evangeliums von der Kanzel herab vor zutragen. Als der ungläubige Theologe auch daS verweigerte, wies der Prälat ihn schließlich „in durchaus freundlicher Weise" darauf hin, der Candidat solle doch auf seine Ellern Rücksicht nehmen; für sein äußeres Fortkommen würde am besten gesorgt sein, wenn er in der rheologischen Laufbahn bliebe. Als der junge Mann fest blieb, meinte der Prälat znm Schluß, er würde ihm nicht einmal den Anfangsunter richt im Hebräischen anverlrauen. * Sttatzbnrg i. E., 14. April. Die Erinnerungsfeier in Belfort bat auf die Bevölkerung des Oberelsasses eine mächtige Anziehung ausgeübt. Mögen auch die von französischen Zeitungen angegebenen Ziffern der elsässischen Besucher zu hoch gegiffen sein (der „Eclair" z. B. sprach von 15 000;, so ist die Betheiligung des elsässischen Elementes an einer Feier, die durchweg von dem Gedanken der Wiedergewinnung des verlorenen Landes für Frankreich getragen war, jeden falls groß genug gewesen, um zu denken zu geben. * München, 15. April. Die Bischöfe Bayerns sind zu einer Conferenz in Freising zusammengetrelen. L esterreich - Un g arn. Kaiser Wilhelm in Wien. * Wien, 15. April. (Telegramm.) Die heute ab gehaltene Frübjahrsparade, wozu die gesummte Wiener Garnison, in Treffen getheilt, ausrückle, verlief, vom Herr lichsten Wetter begünstigt, durchaus glänzend. Eine viel tausendköpfige Volksmenge wohnte derselben kei. Im reservirlcn Raum sah mau die Mitglieder des diplomatischen Corps mil ihren Damen, die Minister und den hohen Adel. Vor der Front nahmen die Erzherzöge Ferdinand, Josef Ferdinand, Salvator, Franz Salvator, Friedrich und Rainer Aus stellung, während die Generalität, der Lantesverlbei digungsminisler v. Welsersheimb, Eisenbahnminister Gultci: berg, Feldzengmeister Schoenfeld und die fremdländischen Ofsiciere unweit des Obelisken sich versammelien. Die Er; Herzogin Marie Josefa wohnte zu Wagen der Parade bei Erzherzog Otto stand als Oberstinbaber bei seinem in der Front befindlichen Ulanen-Regiment, Erzherzog Eugen als Divisiouair gleichfalls bei der Truppe. Kaiser FranzIosef fuhr um 7 4«Ubr, Kaiser Wilhelm etwas später nach Schönbrunn, wo die Majestäten in den Sattel stiegen, um aus das Paracefeld zu reiten. Stürmischer Jubel und endlose Hochrufe der unab sehbaren Menge verkündeten die Ankunft Kaiser Franz Josephs, welcher die österreichisch-ungarische FeldmarschaUSuniforni trug. Sämmtliche Musikkapellen intonirten die VolkSbymne und den Generalmarsch. Kaiser Wilhelm, welcher die Uniform seines österreichisch-ungarischen Husarenregiments trug, traf, von den Klängen der deutschen Hymne und den stürmischen Hochrufen des Publicum« begrüßt, kurz vor 9 Ubr mit den Herren seines Gefolges und dem österreickisch-unza rischen Ehrendienst ein. Kaiser Franz Josef ritt in scharfem Galopp aus Kaiser Wilhelm zu, senkte dreimal den Degen und erstattete den Rapport, worauf beide Monarchen die Front der Truppen abrilten, welche sodann desilirten. Sämmtliche Evolutionen wurden mit größter Präcision auSgeführt. Kaiser Franz Josef ritt eine Zeit lang an der Spitze der vor Kaiser Wilhelm desilirenden Truppen und begab sich sodann, rasch schwenkend, an die Seite deS deutschen Kaisers. Als da« im vierten Treffen befindliche Husarenregiment, dessen Chef der deutsche Kaiser ist, an dir Reibe kam, begab sich Kaiser Wilhelm an di«
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