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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 24.07.1898
- Erscheinungsdatum
- 1898-07-24
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-189807248
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18980724
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18980724
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1898
- Monat1898-07
- Tag1898-07-24
- Monat1898-07
- Jahr1898
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 24.07.1898
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Größere Schriften laut unserem Preis- verzeichniß. Tabellarischer und Zifsernjatz nach höherem Tarif. Extra-veilaßti» (gefalzt), nur mit der Morgen-AuSgabe, ohne Postbeförderung X 60—, mit Postbeförderuug 70.—. Annahmeschluß fiir Anzeigen: Abend-Ausgab«: Vormittag- 10 Uhr. Margea-Au-gabe: Nachmittag- 4 Uhr. Bei den Filialen und Annahmestellen je eine halbe Stunde früher. Anzeige« find stet- an die Expedition zn richten. Druck und Verlag von E. Polz tu Leipzig. Sonntag den 24. Juli 1898. 92. Jahrgang. Aus der Woche. Es ist ein Kennzeichen des im Reiche seit acht Jahren bestehenden Regiments, daß es sich und dem Kaiser- thum ab und zu künstlich politische Berlegenheiten be reitet. Der höchst beklagenswerthe Zwischenfall mit dem Regenten von Lippe-Detmold ist nur einer unter zahlreichen Fällen, in denen dem persönlichen Belieben der Vorrang vor dem sachlichen Erwägen eingeräumt wurde. Er ist aber leider auch einer der ernstesten Fälle dieser Art und wir fürchten sehr, er werde an schädigender Wirkung nicht weit hinter dem während des Aufenthaltes Bismarck's in Wien dorthin gesandten Briefe Zurückbleiben. Dieser Auffassung kann und muß Ausdruck gegeben werden, obschon noch Zweifel an der richtigen Wiedergabe des Wortlauts — nicht des Inhalts —deSTelegramms laut werden und die Annahme, daß man in Lippe nicht völlig unschuldig an der Veröffentlichung sei, nach der mitgetheilten Erklärung der lippischen Regierung von der Hand gewiesen werden muß. Wie man uns indessen aus Berlin schreibt, verliert jener Zweifel mehr und mehr an Boden. ES war schon ausfallend, daß die in solchen Dingen wvhlinformirte und gebührend vorsichtige „Kreuzzeitung" ziemlich früh von dem Telegramme Notiz nahm, viel früher als z. B. wir. Ist nun die lippische Regierung an der Bekanntgabe des Telegramms unbetheiligt, so trifft sie auch kein Vorwurf wegen Nichtveröffentlichung des Briefes, dessen Beantwortung es bildet. Wo die Urheber der Indiskretion zu suchen sind, ist allerdings nicht bekannt. Be denkt man aber, daß etlichen zwanzig Regierungen das Telegramm gewissermaßen amtlich zur Kenntniß gebracht worden sein dürste, so kann man sich nicht allzusehr Wundern, wenn die Angelegen heit nicht, wie sie es freilich gesollt hätte, überall als Ge- beimniß behandelt worden ist. Die Nebenumstände der Ver öffentlichung deuten auf eine ausgesprochen particularistische Tendenz zurück. Der Umstand aber, daß die Jndiscretion von einem bayerischen Blatte begangen worden, beweist selbst verständlich nichts für bayerische Urheberschaft, nicht einmal für die Urheberschaft „gewisser bayerischer Hoskreise", die ein Berliner Blatt hinter der Veröffentlichung vermuthet. Ob nun hierüber und über den Inhalt des BritfeS des Regenten, sowie über den Wortlaut des.kaiserlichen Telegramms Aufklärungen erfolgen, was wir jetzt recht sehr bezweifeln, oder ob die dünne Hülle über den Hergang ausgebreitet bleibt, jedenfalls hat das gesammte reichstreue Deutschland ein Recht, sein aufrichtiges Bedauern darüber auszudrücken, daß eine die nationalen Interessen so gänzlich unberührt lassende Angelegenheit, wie die Carriöre eines Prinzen von Lippe-Schaumburg und die militairischen Honneurs für die Mitglieder der Familie des Grafen-Regenten in Det mold, dem Welfenthume — das Wort in seiner weitesten Bedeutung genommen — einen weiteren und wahr lich nicht schwachen Stützpunkt für seinen heimlichen Feldzug gegen den im Jahre 1866 und 1870 geschaffenen Zustand Deutschlands eingeräumt hat. Der „Gänsekrieg" scheint noch in letzter Stunde be schworen worden zu sein und zwar, so weit wir sehen können, auch zur Befriedigung der extremen Agrarier. Zu wünschen bleibt nur der freisinnigen Presse übrig, die es lieber gesehen haben würde, wenn die deutsche Regierungdurch allgemeine Aufhebung ihrer Vorschriften über den Geflügel-Transport sich Rußland in der Form wie in der Sache löblich unterworfen hätte. Wenn ein vielfach gehegter Verdacht nicht gänzlich unbegründet ist, so hat das deutsche Manchesterthum sogar den Versuch ge macht, die bestandenen Differenzen um einen wichtigeren Punkt, als ibn der Gänse-TranSport bildete, zu erweitern. Der „Tarifkrieg in Sicht?"-Artikel der „Deutsch. PeterSb. Ztg." soll nämlich Berliner Ursprungs sein, eine Vermuthung, die gleich bei seinem Erscheinen von mehreren Seiten geäußert wurde und in dem Hineinzerren rein deutscher Parteiangelegenbeiten einen starken Halt findet. Jedenfalls hat sich die russische Regierung loyaler und korrekter gezeigt, als jene deutsch geschriebene Zeitungsauslassung. Während Berliner Correspondenzen in einem süddeutschen Blatte, die man wohl nicht mit Unrecht als vom Vicepräsidenten des preußischen Staatsministeriums beeinflußt bezeichnet, mit ge waltigem Eifer dem unbedingten Zusammengehen derNational- liberalen und der Freiconservativen bei den preußischen Wahlen das Wort redet, ohne daß von freiconservativerSeite das Mindeste über die Stellung zu weiteren schulreactionären Plänen verlautbart wäre, findet eS die „Kreuzztg." zeitgemäß, ziemlich unverblümt ein Schulgesetz nach der Form des Zedlitz'schen für die nächste Legislaturperiode zu verlangen. Die „Nat.-Ztg." zeigt ihre Genugthuung über diese Offenherzigkeit unverhohlen und mit Freude. Kommen doch die konservativen Wünsche der Entfremdung unter den ehemaligen Cartellparteien zu Statten und stellen sie doch die liberale Mittelpartei vordieNothwendig- keit, die Frage der Bündnißsähigkeit des Freisinns zu erwägen. Die konservative Weisheit, die das Experiment von 1892 wieder holt sehen möchte, stößt sich auch nicht an erneuten Beweisen für den den Protestantismus schädigenden Charakter einer Schulvorlage, wie die Zedlitz'sche. Diese ließ auch freie Schulen zu. Nun wurde vor einiger Zeit, wie alljährlich, vom „Neichsanzeiger" ein Bericht über die im Jahre 1897 in Preußen gemachten Stiftungen veröffent licht. Die Zuwendungen sind zum allergrößten Theile für kirchliche Zwecke erfolgt. Während aber der evangelischen Kirche, obgleich ihr zwei Drittel der Bewohner Preußens angehören, nur 3,9 Millionen Mark zugeflossen sind, fielen an die katholische 4,5 Millionen, also absolut sehr viel und verhältnißmäßig ungeheuer viel mehr. Die katholischen Zu wendungen erfolgen zum größten Theil unter Mitwirkung der Geistlichkeit und eS ist selbstverständlich, daß, wenn einmal die Kirche Volksschulen gründen darf, die Stifter darauf bin- gewiefen werden, diesen Zweck zuzulassen. Evangelische Geistliche werden in den seltensten Fällen solchen Einfluß nehmen können; die freien Schulen würden also eine Eiaen- thümlichkeit der katholischen Kirche werden und bleiben. Die letztere ist ohnehin schon reich und selbst die „Frankfurter Zeitung" findet das „beständig steigende WachSthum der todten Hand" bedenklich. Und das Blatt fügt dann hinzu: „Und doch wird die Uebersicht im „Reichs anzeiger" Jahr für Jahr mit den Worten eingeleitet: „Auch im Jahre.... bat sich der WohlthätigkeitSsinn der Be völkerung durch Schenkungen und Zuwendungen an inländische Corporation«» rc. in reger Weise betbätigt", und Hunderte von Zeitungen aller politischen Richtungen drucken in jedem Jabre dieses Urtheil gedankenlos nach." Das ist eine zu treffende Bemerkung. Aber noch „gedankenloser" als diese Wiedergabe ist die Befürwortung einer weiteren Ausdehnung der Herrschaft deS Klerus über die Schule. Im Kreise der Nationalsocialen ist kürzlich Streit über die Eignung der Masse zur Herrschaft entstanden. Während Professor So hm die Masse als etwas „Dumpfes, Stumpfes, Unfähiges" bezeichnet und ihren politischen Beruf in eindringlicher Sprache bestreitet, will Herr Göhre die Masse mit größter Beschleunigung zum Regiment führen. Jetzt tritt Herrn Sohrn der Heidelberger StaatSrcchtslehrer Jellinek, ohne auf jenen Streit Bezug zu nehmen, mit großer Ueberzeugungskraft zur Seite. Er sagt in einem „Das Recht der Minoritäten" überschriebenen Aufsatze u. a.: „Nichts kann rücksichtsloser, grausamer, den primitivsten Rechten des Individuums abholder, daS Große und Wahre mehr hastend und verachtend sein, al- eine demokratische Mehrheit. Das ist nicht etwa eia Lehrsatz, welcher einer der Umbildung der Gesellschafts ordnung feindlichen Gesinnung entsprungen, vielmehr von Vor kämpfern der modernen politischen Entwickelung anerkannt und häufig mit beredten Worten geschildert worden ist. Nur ein der Wirklichkeit gänzlich abgewendrter Mensch kann heute noch den Traum von der Güte und Wahrheitsliebe der Massen träumen. Es müßte auch mit wunderlichen Dingen zugehen, wenn die guten und edlen Eigenschaften LeS Menschen, die wir ja beim Indi viduum so selten finden, der Masse im großen Umfang zu kommen sollten. Nun hat ja zu allen Zeiten jeder neue große Ge- danke, jede Idee, die später die Welt bewegt hat, sich mühsam und gefahrvoll Bahn brechen müssen gegen den Widerstand der Herr- schenken Gewalten. Dieser Widerstand ist aber hundertfältig größer als anderswo in der demokratischen Gesellschaft. In ihr herrscht nämlich mit viel größerer Gewalt noch als in dem von der Mehr« heit geleiteten Staate schrankenlos und unwiderstehlich die öffent liche Meinung, die wiederum nichts Andere- ist als die Mehrheit, sociale Macht neben der politischen übend. Was Tocqueville, der noch ein Vorkämpfer demokratischer Ideen war, vor mehr als sechzig Jahren gelehrt hat, daß in der Demokratie die öffentliche Meinung jede ihr widerstreitende Ansicht schonungslos ersticke, daß viel größerer Muth dazu gehöre, der vox xopuli zu widersprechen, als dem Gebote des Fürsten, das hat die neueste Geschichte der Demokratie oft genug bestätigt." Jellinek schließt: „Die Dämme, welche heute einem übermächtigen Majoritätswillen noch entgegenstehen, werden vielleicht nirdergeriffen werden. Dann wird aber eine große Krise für die civilisirte Menschheit gekommen sein. Wie sie gelöst werden wird, darüber kann, wie über alle Zu kunft, kein Wissen, nur ein Glauben entscheiden. Hoffen und glauben wir, daß die Gesellschaft schließlich das finden und verwirk lichen werde, wa» allein im Stande ist, sie vor öder geistiger und sittlicher Verflachung und Versumpfung zu bewahren? die An- erkennung von Rechten der Minoritäten." Die „Deutsche Tageszeitung" findet den Ausdruck unserer Zustimmung zu dem Erlaß über die herausfordernde Sprache gewisser Exportzeitungen deplacirt, weil daS „Berliner Tageblatt" — man denke! das „Berliner Tageblatt" — unsere Zeitung zu denjenigen Organen gerechnet bat, von denen ungerechtfertigte Angriffe gegen das Ausland ausgingen. Glaubt das Bundesorgan im Ernste, daß wir in Fragen dieser Art einer Censur der Herren Pachnicke und Mosie Beachtung schenken könnten? Das „Leipz. Tageblatt" bat sich lediglich an den amtlichen Erlaß gehalten. Wenn ihn das „Berl. Tageblatt" auf Blätter ausdehnt, dir nicht in jedem Falle, wo eS angeht, die Partei deS Auslandes nehmen, so ist uns das unaussprechlich gleichgiltig. Deutsches Reich. L. Berlin, 23. Juli. Gegenüber der hetzerischen Lüge des „Vorwärts", daß es „für die Hunderitausende von Prole tariern keine Abwechselung in dem täglichen Einerlei, keine auch noch so bescheidene Erholung" gebe, haben wir jüngst auf die „Proletarier"-Feste hingewiesen, die von ihren Veranstaltern selbst im Anzeigentheil des „Vorwärts" als „großartig" bezeichnet werden. Heute wollen wir die Halt losigkeit der Hetzerei des socialdemokratischen Centralorgans durch eine Statistik socialdemokratischer Vereine Berlins darthun, die, auf den Angaben des „Vorwärts" auf gebaut, die Zeit vom 6.—9. Juli dieses Jahres umfaßt. A m 6. Juli d. I. veranstalteten Versammlungen: 7 „Lese- und Discutirclubs", 43 Abtheilungen des „Arbeitersängerbundes", 26 Gesang-, Turn- und gesellige Vereine, 5 Abtheilungen des „Arbeiterturnerbundes", 3 Abtheilungen des „Arbeiter-Raucher bundes", 1 Abtheilung des „Arbeiter-Schwimmerbundes". A m 7. Juli d. I. veranstalteten Versammlungen: 10 „Lese- und Discutirclubs", 39 Abtheilungen des „Arbeitersängerbundes", 22 Gesang-, Turn- und gesellige Vereine, 1 Abtheilung des „Arbeiter-Turnerbundes", 21 Abtheilungen des „Arbeiter- Raucherbundes", 1 Abtheilung des „Arbeiter-Schwimmerbundes", 3 Arbeiter-Radfahroereine. Am 8. Juli veranstalteten Ver sammlungen: 3 „Lese- und Discutirclubs", 38 Abtheilungen des „Arbeiter-Sängerbundes", 8 Gesang-, Turn- und gesellige Ver eine, 3 Abtheilungen des „Turnerbundes", 1 Abtheilung des „Raucherbundes", 1 des „Schwimmerbundes". Am 9. Juli veranstalteten Versammlungen: 10 Abtheilungen des „Arbeiter- Sängerbundes", 15 Gesang-, Turn- und gesellige Vereine, 4 Abtheilungen des „Turnerbundes", 7 des „Raucherbundes". Jnsgesammt haben also an vier Tagen 303 Versammlungen, das sind 76 pro Tag, stattgefunden. Dabei zieht unsere Statistik die politischen und gewerkschaftlichen gar nicht in Betracht, betrifft nur 4 Tage einer Woche, nämlich Mittwoch, Donnerstag, Frei tag, Sonnabend und gilt für den Hochsommer! Erwägt man ferner, wieviel gesellige Vereinigungen der Arbeiter in loserer Form bestehen, und erwägt man, daß die Mittheilungen des „Vorwärts" wahrscheinlich lückenhaft sind, so kann man er- meffen, wie nichtsnutzig die Behauptung ist, daß der „Prole tarier" keine auch noch so bescheidene Erholung habe. Auch die Namen der Vereine führen zum großen Theil die Schwarz maler vom „Vorwärts" nck ubsurcknm. Einzelne freilich lasten über das „Zielbewußtsein" ihrer Mitglieder keinen Zweifel, z. B. der Scatclub „Revolution", der Theaterverein „Proletariat", der Rauchverein „Rothe Fahne". Die große Mehrzahl aber deutet schon durch den Namen an, daß sie den Zweck, heitere Ge selligkeit zu pflegen, auch vor der Oeffentlichkeit keineswegs ver leugnet. Die Rauchervereine „Fidele Raucher", „Fidele Brüder", „Frohe Luft", „Fidelibus", „Abguß I", „Frohsinns-Heimath" u. s. w. u. s. w. geben der Redaction des „Vorwärts" vielleicht einmal Gelegenheit, sich durch den Augenschein zu überzeugen, daß für den „Proletarier" Gottlob noch manche „bescheidene Erholung" besteht. * Berlin, 23. Juli. Was hinsichtlich der Arbeits nachweise für Reservisten in den einzelnen Bundes staaten geschehen ist, darüber giebt die „Sociale Praxis" folgende Uebersicht: Das preußische Kriegsministerium hat die Corpscommandos angewiesen, bei den unentgeltlichen Arbeits nachweisen für Reservisten mitzuwirken. Die vor der Be urlaubung oder Entlassung stehenden Mannschaften werden, so weit sie sich dazu bereit erklären, in die Heimath zurückzukehren und insbesondere in der Landwirthschaft Beschäftigung zu suchen, in besondere Listen eingetragen. Andererseits werden die Besitzer und sonstige Arbeitgeber, auch städtische, aufgefordert, die Ende September frei werdenden Dienst- und Arbeitsstellen mit An gabe der geforderten Thätigkeit und der damit verbundenen Be züge an den näher bekannt zu gebenden Stellen anzumelden. Die letzteren ordnen diese Anmeldungen und übermitteln sie den betreffenden Truppentheilen zur Bekanntgabe an die Reservisten. Die weitere Anknüpfung und besondere Vereinbarung bleiben Feuilleton. Die Thierwelt Cubas. Nachdruck verboten. II. Auch auf Cuba fehlt es nicht an Vögeln, die den Feld früchten, besonders dem Reis, oft sehr schädlich werden können. Namentlich wären da ein paar Stärlinge (Ictsriäue) nam haft zu machen, so der Sumpftrupial (^gelaivz nssimilis), der gern gesellschaftlich in Sumpfgegenden nistet und auch gesellschaftlich sein lautes Lied erschallen läßt. Eine andere Art (tzuwenlnz 6sriw8) schlägt sich zur Zeit der ReiS- ernte im September und Oktober in großen Schaaren zu sammen, die noch durch eine Menge der aus den Vereinigten Staaten eingewanderten Papperlinge (Oolicbon^x vr/Livorus) verstärkt ihre Plünderzüge unternehmen. Die Neigung, sich dem Menschen und seinem Haushalt anzuschließen, die sich bei so vielen Vögeln und in den ver schiedensten Gegenden der Erde findet, zeigen auch einige kubanische und zwar, waS sehr bezeichnend ist, außer einem Starling, dem sehr bäufigen und beliebten, in den mit Palmblättern gedeckten Dächern nistenden Tori (Zcolsovpimgrw ntroviolLceub), eine stellenweise sebr häufige Schwalbe (?etro- ebvliäou tulvs), die in Mauerlöchern und auf vorstehenden Balkenenden ibr Nestchen anlegt. Auch die in den mittleren und südlichen Vereinigten Staaten beim Volke so gern gesehene Purpurschwalbe (krognv purpureu) ist aus Cuba kein seltener Brutvogel. Auch Nachtschwalbrn finden sich und werden wie fast überall, wo sie auf Erden Vorkommen, vom Volke mit Scheu angesehen, so der nach seinem lauten, anhaltenden Ru „Berequatec" genannte, gemeine nordamerikaniscke Nachtfalke (Otwrickeiloü virginirwus), der auf Cuba eine Jnselvarietät (minor) bildet, die etwas kleiner al- die Stammraffe des Festlandes ist. Echte Raben (Oorvus) kommen auf Cuba in zwei Arten vor, die eine (nnsicug) ist sehr gemein, die andere (miautus), eine ausfallend kleine Form, ziemlich selten. Merkwürdig ist daS Fehlen der Blaurade», die in zwei Gattungen (lHnnocorux mit 15 und Oznnnrns mit 22 Arten) Süd- und Nordamerika bewohnen und besonders in Centralamerika artenreich sind. E>nr weitere, schwer erklärbare Thatsache ist e-, daß der schöne blaue, zu den Zuckrrvögeln ge- )örige Sai (Oaereba c^uneu) CubaS genau mit der Rasse von Brasilien und Guyana vollkommen übereinstimmt, sich aber von der, der viel näher gelegenen Ostküste deS central amerikanischen Festlandes angehörigen deutlich unterscheidet. In der Natur deS Klimas von Cuba und in den Ver hältnissen, wie geeignetes Futter sich findet, liegt es, daß man von manchen Vogelarten fast das ganze Jahr Eier und Junge auf der Insel findet, so von einer Finkenart (Luetkia cspicka) und von einer Kolibriform (OKIorestes kiooräii). Die Kolibri-, die über Amerika in 118 Gattungen und fast 400 Arten verbreitet und besonders in den cen tralen, gebirgigen Tbeilen des Festlandes so überreich ent wickelt sind, finden sich auf Cuba nur in zwei Arten, von denen die eben erwähnte allerdings sehr gemein ist, die zweite (OrtdrortiMokus vootkii) aber nur in den fast un zugänglichen Mangrovewäldern, den Brutstätten der Fieber krankheiten, vorkommt. Die Spechte sind verhältnißmäßig gut auf der Insel ver treten, indem sie drei eigene Arten haben. Eine vierte ist eine kaum verschiedene Varietät deS bekannten großen Elfenbein schnabels der Nordamerikaner (6ampopbilu8 prineipnlis vnr. Snircki), eine fünfte, der Goldspecbt (Ovlaptss nnrntus), ist nicht von dem der östlichen Bereinigten Staaten ver schieden, und eine sechste (Oentnrug Osrini) stimmt mit einer des gegenüberliegenden Festlandes von Centralamerika überein. Ob überhaupt ein Mitglied der in ganz Amerika so sehr schwach vertretenen Sippe der Eisvögel auf Cuba brütet, ist sehr zweifelhaft, dafür ist aber ein entfernt verwandter Vogel, ein Plattscbnabel oder Todi (lockus mnltieolor), ge mein. Tie Plattschnäbel sind eine seltsame kleine Vogel familie, von zierlicher Gestalt, mit kurzem Schwänzchen und mittellangem, auffallend flack» gedrücktem, verbreitertem, geradem Schnabel. Ihr Gefieder ist sehr weich und bei beiden Ge schlechtern gleich schön und bunt bei vorberrschend grüner Färbung. Die ganze, ausschließlich westindische Familie der Plattschnäbel (lockiciav) umfaßt nur 1 Gattung mit 5 Arten, von denen je eine auf Cuba, Haiti und Porto Rico vor kommt, zwei aber auf Jamaica leben. Von echten Kuckucksvögeln brüten mehrere Arten auf unserer Insel, so der ansehnliche, meist auf dem Boden lebende Eidechsenkirckuck (8»nrotkera kckerlini), der fortwährend sein „Tack, tack' hören läßt. Da die Maulthiertreiber ihre Thiere mit demselben Ruf ermuntern, so heißt der Vogel beim Volk „Maulthiertreiber" — ^rrioro. Eine sehr gemeine Kuckucks form ist der ganz Südamerika östlich der Anden von Süd brasilien bi- in die südlichsten Vereinigten Staaten und sämmtliche Antillen bewohnende ganz schwarze Madenhacker (Orotopbuga ani), der sich gern zu kleinen Gesellschaften vereinigt den Rinderbeerden anschließt, theilS um den biederen Hornträgern ihre Schmarotzer abzulesen, tbeils auch um die durch den frischen Dung angezogenen Jnsecten zu fangen. Soweit wir wissen, nisten drei Papageienarten auf Cuba, von denen zwei auf diese Insel beschränkt und nicht selten ind. ES sind ein langschwänziger Ara (LlLcrocwrcu8 tricolor) und ein weißköpsiger Amazonenpapagei (Lbr)3vti8 leucocepÜLlug). Auffallend ist der Reichtbum CubaS an Tauben. Es inden sich nicht weniger als zehn Arten, von denen nur eine etwas selten ist. Die Weißkopf-Taub« (?atL8io6vas leuco- cspbalkt) vereinigt sich oft zu ungeheuren Schwärmen und zieht auf der Insel hin und her. Gewisse tropische Insel gebiete sind überhaupt meist reichen Tauben, und der Grund davon liegt darin, daß diese Gebiete keine Affen beherbergen. Die Affen, gewandte kletternde Allesfresser, wie sie sind, lassen in den von ihnen bewohnten Gegenden keine Höhlenbrüter, wie eS die schwachen, wenig wehrfähigen Tauben meist sind, aufkommen. An Papageien, die ihnen mindesten- gewachsen sind, trauen sie sich nicht, und schließen sich diese beiden Thier formen in ihrer Verbreitung nicht au-. Hühnervögel beherbergen die westindischen Inseln nicht, denn die einzige auf Cuba vorkommende, als besondere Art (Ortzrx eubkmen8i8) beschriebene Baumwacktel ist nichts als Vie gewöhnliche virginische (Ort^x virgini»nu8), und alle Individuen stammen von Exemplaren ab, die ein Comman- dant de- GeniecorpS zu Havanna, Namen- Don Jose Crameo, in 1776 von Nordamerika eingeführt hatte. Sehr reich ist die Insel an Stelz- und Schwimmvögeln, besonders die Cienega de Zapota, eine Sumpfgegend, etwa so groß wie das ehemalige Großherzogthum Nassau. Gundlach, der verdiente Durchforscher CubaS, bemerkt hierzu, allerdings vor ungefähr 50 Jahren: „Wo soll ich Worte finden, um den einen Ornithologen mit Entzücken füllenden Anblick zu beschreiben, den die Cienega zu der Zeit (vom- Februar bis Mitte Mai) gewährt, wenn dieselbe beim Heran nahen der heißen Jahreszeit auSzutrocknen anfangt. Man siebt dann da« übrig gebliebene Wasser vor Vögeln nicht. Enten, Scharben und andere Waffervöael bedecken da- tiefere Wasser, Reiher aller Art, Ibisse, Nimmersatte, Strandlaufer und Löffelreiber die sumpfigen Ränder, die trockenen Stellen der Cienega sind mit Schneegänsen (?) und Kranichen bedeckt. Die Wälder wimmeln von Krähen und Papageien; kurz, eS kann auf der Insel keinen besseren Ort für einen Ornithologen geben." Mit vollem Rechte könnte man Cuba die Insel der Reiher nennen, denn nicht weniger als 11 Arten, darunter zwei Nacktreiber, nisten hier, und die meisten von ihnen sind gemein, theilweise sogar sehr gemein. So sah Gundlach von einem von ihnen (ilvroäirw evvrulea) Trupps von 200 bis 300 Stück zusammen. Scknepfenartige Vögel zeigen sich zahlreich in 19 Arten und entenartige in 16, aber von jenen nistet blos eine, von diesen brüten zwei auf der Insel, alle anderen finden sich nur in der Zeit von September bi- Mai und eS sind aus dem Norden stammende Wintergäste. Von Regenpfeifer und Rallen sind mehrere Arten Standvögel; so rin sehr häufiges Wasserhuhn (porph^rw martiviea) und «in Spornbübnchen, der „Gallito" (karra, ja(,anL). Zwei Arten von Steißfüßen find in vielen Individuen vorhanden, und ein Flamingo (?koonioopteru8 ruber), der an den seichten Salzwassern gemein ist, wird auf Gcflügelhöfen viel gezähmt gehalten und vom Volke in humoristischem Vergleiche mit dem dürren, überschlanken und überlangen Don Quixote cabaUera cke la trl8tL ügura, „Ritter von der traurigen Gestalt", genannt. Ein Nimmersatt (Tantalus looulator), ein weißer Ibis (Lnckocimus albus) und ein rosenrother Löffler (klatalea ajaj») sind häufige Vögel. An Scharbeuform herrscht, sowohl wa» die Arten- als Jndividuenzahl anlangt, auf Cuba Ueberfluß, indem hier nickt weniger al» 7 Arte» nisten, darunter kerne seltenen, sie sind vielmehr alle häufig, z. Th. sogar sehr häufig. Eine Pelikan form (kelecanus kuscus), drei Kormorenarten (kdalacrocorax fiorickauus, Tovusenäi und resplenckeus) und eine Specie- von Tölpel (8ula kusca) fischen an der Küste, ein Schlangen- balSvogel (klotus ^ukinga) auf den Binnengewässern. Die bis 2,50 m klafternden Fregattvögel (Tack/petes aquila) sind keine seltenen Brutvögel; „man sieht sie", sagt Gundlach, „be sonders bei beginnendem Sturmwind, häufig in großer Höhe über die Insel fliegen, von Norden nach Süden oder in umgekehrter Richtung." Von Langschwingern nisten nicht weniger al- 7 Arten von Serschwatben (Litern»), aber nur eine einzige Art von Möven auf der Insel und auf den sie umgebenden Inselchen und Klippen. Die Reptilien CubaS sind noch nicht sehr eingehend unter sucht. Es kommt etwa ein Dutzend Schlangenarten vor, darunter keine giftige, worauf die Insulaner nicht wenig stolz sind, aber drei Gattungen von Nattern »«den bla» hi«, g«.
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