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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 27.07.1898
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1898-07-27
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18980727015
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1898072701
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1898072701
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1898
- Monat1898-07
- Tag1898-07-27
- Monat1898-07
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Größere Schriften laut nnserem Preis- vr-^eichllitz. Tabellarischer und Ztfsrrnsatz nach höherem Tarif. Extra-Beilagen (gefalzt), nur mit der Morgen-Ausgabe, ohne Postbeförderung 60.—, mit Postbeförderung 70.—. Ännahmeschluß für Anzeigen: Abend-Ausgabe: Vormittag« 10 Uhr. Morgen-Ausgabe: Nachmittags 4Uhr. Lei den Filialen und Annahmestellen je ein» halb« Stund« früher. Anzeigen sind stets an die -r-edttta» zn richten. Druck und Verlag von E. Pol» la Leipzig. 375. Mittwoch den 27. Juli 1898. 92. Jahrgang. Die Folgen der Unterstützung ausländischer Streiks. Wir haben gelegentlich einer Betrachtung der Sammlung der deutschen Socialdemokratcn für den englischen Maschinen bauerstreik darauf bingewiesen, daß solche Sammlungen zumeist nur dazu dienen, die eigenen Interessen zu schädige», und daß für die deutschen Arbeiter, wenn sie au« Gründen der Solidarität Streikende anderer Länder mit ihren Mitteln unterstützen, der Nutzen geringer ist al« der Schaven, den sie mittelbar erleiden. Sie gehen von der Ansicht auS, wenn in einem Lande, daö in einem Artikel mit einem anderen Lande concurrirt, die für die Herstellung diese- Artikels ge zahlten Löhne steigen, so sei eS auch wahrscheinlich, daß sie in dem andern Lande gleichfalls eine steigende Tendenz annehmen. Für gewisse engbegrenzte Geschäftszweige mag daS auch zu treffen, wenn sie sich nicht bis aufs Messer Concurrenz macken und für die Unternehmer einen namhaften Gewinn übrig lassen. Bei Maaren aber — und daS sind die meisten —, die auf dem Weltmärkte concurriren und von mehreren Nationen zugleich angeboten werden, hat die etwa steigende Tendenz der Löhne einen Umstand mittelbar im Gefolge, der auf das gesammte wirthschaftliche Leben viel größeren Einfluß bat, als man gemeinhin glaubt, das ist die Verminderung der Generalunkosten im Geschäft. Die Calculation der Waaren ricktet sich nicht nur nach den Löhnen der Arbeiter, sie richtet sich nach dem Preis des Materials, nach dem Arbeitslohn, nach der Verzinsung des Capitals und nach den Generalunkosten, zu denen der gesammte Bureau-, ExpeditionS- und Reise-Aufwand, die Fracht und die Verpackungsspesen, Preise der Arbeitsmittel und Arbeitskraft, Diskont, gesetz liche Lasten und die Risicoprämie im Großen und Ganzen gehören. Wer heute die Bilanz eines großen Geschäftes prüft, der wird, wenn die Posten die Geschäftsverhältnisse klar erscheinen lassen, sehr bald erkennen, daß die Generalunkosten sehr er heblich zur Preisbildung der Waaren beitragen und daß sie sogar bei gewissen Artikeln den Löwenantheil für sich in Anspruch nehmen. Auch dem unkaufmännischen Auge wird eS auffallen, daß in den letzten Jahren gewisse Industrien, von denen man früher wenig wußte und die öffentlich gar nicht auffielen, einen großen Aufschwung genommen haben. Die Papierindustrie in allen ihren Formen als Cartonnagen sabrikation, als Luxuspapiererzeugung, die verschiedenen Druck verfahren Lithographie, Buntdruck und Buchdruck, die Metall druckerei, die Blechemballagesabrikation u. v. a. haben jetzt für unsere Exportindustrie eine große Wichtigkeit erlangt. Die von den anderen Völkern verlangte schöne „Ausmachung" der Waaren, d. h. die dem Auge freundliche Verpackung, hat die Cartonnagenindustrie großgezogen und namhafte Capitalien darin anlegen lassen; die jetzt unentbehrlichen Placate, die zahl reichen Kataloge beschäftigen eine Menge nicht nur technischer, sondern auch geistiger Arbeiter; die Metalldruckerei und die Blechemballageherstellung sind gleicher Weise für die Ver packung unentbehrlich. Alles, was für solche „Aufmachungs mittel" ausgegeben wird, muß zu den Verpackungskosten gerechnet werden. Die Concurrenz auf dem Weltmärkte hat aber ferner ein größeres Contor- und Reisepersonal bedingt. Die Aufträge müssen jetzt gesucht werden, sie kommen nicht mehr von selbst ins HauS; zahlreiche Reisen müssen unternommen, ein Heer von Agenten beschäftigt, vielfach eigene Räume in fremden Städten gemiethet und Läger gehalten werden, um den Absatz zu sichern. Damit sind aber große Kosten verknüpft. Welchen großen Autheil an den Her stellungskosten der Waaren die Preise der Arbeitsmittel, der Maschinen, der Kohlen, der elektrischen und der Wasserkraft haben,ist in dieAuaenspringend,wobei immersestgehalten werden muß, daß ost die Erneuerung der Hilfsmaschinen nöthig wird. Wesentlich für die Preisbildung auf dem Weltmarkt ist auch die Fracht. Nicht nur die Eisenbahn- und die Schiffsfracht und die Versicherungsprämien kommen hier in Betracht, sondern auch die An- und Abfuhr zur Bahn, die einen wesent- licken Theil von den Frachtkosten verschlingt und zu deren Ver- billigerung man immer mehr nach Gleisanschluß strebt. Weiter und nicht zum wenigsten muß zu den Generalunkosten neben Discoot und WeckselcourS auck die Risicoprämie gerechnet werden, die von Rechts wegen immer größer werden müßte. Je mehr Concurrenz entsteht, je wertere Absatzgebiete erschlossen werden, desto höher steigt die Wahrscheinlichkeit von geschäftlichen Verlusten und Aufbrauch des Iahresgewinncs zur Abschreibung auf Debitoren-Conto. Diese kurze Auf zählung wird genügen, um den Einfluß klar zu stellen, den die Generalunkosten auf die Herstellung der Waaren auöüben. Selbstverständlich kümmert sich der Weltmarkt nicht um die Herstellungskosten der Waaren in einem einzelnen Lande, sondern lediglich um die Billigkeit der Waaren bei gleicher Güte, woher sie auch kommen mögen. Er hat immer Neigung, den Preis zu drücken, und kann dies um so leichter, je mehr angeboten wird. Der Geschäftsmann aber, der Fabrikant, brauckt den Weltmarkt und muß oft genug unter dem calculirtcn Preise verkaufen, um überhaupt ein Geschäft zu machen. Wird er nun durch seine von ausländischen Ge nossen unterstützten Arbeiter zu Lohnerhöhungen und infolge dessen zurHerabminderung seiner Generalunkosten gezwungen, so stehen ihm zum letzteren Zwecke nur zwei Wege offen, von denen der erste freilich zum Ruine führt. Betritt er nämlich diesen Weg und drückt die Gehälter des Contor- und des Expe ditionspersonals, zieht er billigere, aber auch für viele Arbeiten ungenügende Frauenarbeit beran, spart an den Reisekosten, den Reklamen, wählt unansehnlichere und minver- werthige Verpackung, spart an den Betriebsmaschinen, an Oel, an Fracht u. s. w., so schädigt er seinen Ruf und seinen Absatz so sehr, daß er sich den Markt verschließt und auf hören muß. Seinen Arbeitern, die mit Hilfe ausländischer Unterstützung eine Lohnerhöhung erzwungen haben, blüht das gleiche LooS. Und handelt es sich nicht um einen einzelnen Unternehmer, sondern um eine große Exportindustrie eines großen Landes, die sich von internationaler Arbeilerpression zu falscher Sparsamkeit verführen läßt, so muß eine große ZaA von geübten Facharbeitern ein anderes Feld für leine Thätigkeit suchen. Ließen sich z. B. die englischen Maschinen fabrikanten durch internationalen Arbeiteroruck auf diesen ruinösen Weg der Verminderung der Geschäftsunkosten drängen, so würden die deutschen Unterstützer der englischen Streik brüder bald genug erfahren, welche lohndrückende Arbeiter- concurrenz der Lohn ihrer Unterstützung wäre. Sie würden überdies zu ihrer peinlichen Ueberraschung erfahren, daß sie außer ihren Berussgenossen auch Tausende und Abertausende von solchen Arbeitern auf daS Empfindlichste geschädigt und unterstützungsbedürftig gemacht hätten, die lohnende Beschäf tigung in den Nebenbranchen gefunden hatten. Aber intelligente Unternehmer betreten diesen Weg nicht. Sie wißen ihre Generalunkosten auf dem zweiten zu vermindern, der zur Erweiterung deS Betriebes und zur Erhöhung der Production, speciell der Export-Production fuhrt. Bekanntlich erfordert eine drei fache Steigerung des Betriebes nicht die dreifache Ver mehrung deS dirigirenden, Pläne entwerfenden und beauf sichtigenden Personals, nicht die dreifache Steigerung der Kosten des Rohmaterials, der Verwaltung u. s. w. Der Großbetrieb hat eine Menge von Vortheilen vor dem kleineren Betriebe voraus, waS wir nicht erst zu beweisen brauchen. Deshalb führt eine durch internationalen Arbeiterdruck ge steigerte Lohnerhöhung in einem Industriezweige eines Landes zu einer wesentlichen Mehrproduktion dieses Landes in dem betreffenden Industriezweige, zu einer Vermehrung des An gebotes der betreffenden Waare auf dem Weltmärkte und mithin zu einer Herabdrückung deS Preises auf diesem Regulator aller Preise. Dieser Druck wird natürlich nicht ofort nach der Lohnsteigerung bemerkbar; er kann erst wirk sam werden, wenn die Erhöhung der Production in die Er scheinung tritt. Bis dahin wirkt allerdings eine Lohnerhöhung j. B. in England lobnsteigernd auch auf andere Länder. Dann aber wird die Kehrseite der Medaille sichtbar. Dann uiken die Preise auf dem Weltmärkte, mit ihnen sinkt und sinkt auch die Möglichkeit, durch Verminderung der General unkosten die Production noch mehr zu steigern; es sinkt die Möglichkeit der Weiterzahlung der erhöhten Löhne und mit ihr für die sämmtiichen Arbeiter des Industriezweiges die Möglichkeit, in der Lebensweise fortzufahren, an die sie sich während der vorübergehenden Steigerung gewöhnt haben. Am schlimmsten sind dann die Arbeiter solcher Länder daran, in denen die Unternehmer für staatliche Zwecke, für Arbeiterversicherung u. s. w. größere Lasten zu tragen haben, als ihre Concurrenten auf dem Weltmärkte. Diese Unter nehmer sind am ersten zur Lohnrebuction gezwungen, wenn sie überhaupt ihrer Arbeiter willen das immer größer und unsicherer werdende Risico her weiteren Concurrenz auf dem Weltmärkte zu tragen sich entschließen. Neben der Lohnrebuction als unvermeidlicher Folge internationalen Lohndrucks droht aber den Unterstützern aus ländischer Streiks noch Härteres. Wenn der Export infolge von Ueberproduction in einem Industriezweige nicht mehr lohnt und doch wegen der in diesem Zweige beschäftigten Arbeitermassen fortgesetzt werden muß, so bleibt nichts Anderes übrig, als den Export auf Kosten der inländischen Käufer zu er zwingen. Wenn beispielsweise der Export von Kohlen nicht mehr lohnt, dann müssen die auf diese Kohlen angewiesenen Gegenden, also bi« Umgegend der Zechen, die Differenz durch einen höheren Preis decken; wenn eine Industrie nicht mehr mit dem Exportgewinn rechnen kann, so bildet sie ein Syndikat, das die Preise fürs Inland vorschreibt, welches nun den entgangenen Exportgewinn mit bezahlen muß. Hilft auch das noch nichts, weil bas Ausland importirt, dann muß der Schutzzoll herhalten. Niemand pflegt über den Ruf einzelner Industriezweige nach höherem Schutzzoll mehr zu schelten als die Socialdemokratie, und doch trägt gerade sie durch ihre Lehre von der internationalen Solidarität der Arbeiter und durch ihre Aufforderung an die „Genossen", ausläudiscke Streikende zu unterstützen, am meisten dazu bei, die ausländische Concurrenz zur Verminderung ihrer General unkosten durch Erweiterung deS Betriebes und zur Ueber production mit ihren Folgen für den Weltmarkt, die heimische Industrie dagegen zur Anwendung privater, wie zur Herbei- rufung staatlicher Schutzmittel gegen die preisdrückende Ueber- sluthung des Inlandes mit ausländischen Fabrikaten zu zwingen. Sie drehen dann freilich, wenn die Folgen ihrer Thorheit sich bemerklich machen, den Spieß um, indem sie die „Nimmersatten" Industriellen für die Ueberproduction verantwortlich machen und sie beschuldigen, lediglich auS Gewinnsucht den Welt markt zu überfüllen. Wie ungerecht und tböricht aber dieser Vorwurf im Allgemeinen ist, ergiebt sich sckon daraus, daß, wie wir bereits nachgewiesen haben, die Fabrikanten eines Landes, deren ausländische Concurrenten durch internationalen Arbeiterdruck zu gesteigertem Export sich genöthigt sehen, nicht durch Ersparnisse, die mit dem Fabrikate auch dessen Absatz verschlechtern würden, die ihnen aus der steigenden Tendenz des Arbeitslohnes erwachsenden Mehrkosten auszugleichen suchen dürfen, wenn sie sich nicht selbst und ihre Arbeiter brodloS machen wollen. So lange die verschiedenen Industrieländer nicht die gleichen Rohprodukte in gleicher Güte zur Verfügung haben, so lange in ihnen die Lebensgewohnheiten, die Arbeitslöhne, die klimatischen Verhältnisse, die Aufwendungen der In dustriellen für staatliche und sociale Zwecke nicht die gleichen sind, so lange müßen und werden die Industriellen dieser Länder einander auf dem Weltmärkte Concurrenz machen. Und so lange diese Concurrenz besteht, so lange schädigen die industriellen Arbeiter eines Landes daS Interesse ihrer Arbeitgeber und ihr eigenes, wenn sie durch Unterstützung ausländischer Lohnsteigerer erst die ausländischen und dann auch die heimischen Fabri kanten zur Verminderung der Generalunkosten durch gesteigerte Production und verstärkten Export nölbigen. Sie sind und bleiben trotz ihrer Internationalität Tbeile ihrer Nation und Zweige am Baume ihrer nationalen Industrie. Mit diesem Baume leben, blühen und kränkeln auch sie. Ihr eigener Vortheil weist sie an die Seite ihrer Arbeitgeber u»d macht sie zu Mitconcnrrenten gegen die Arbeitgeber und Arbeiter fremder Industrien. Sie verbessern ihre Lage dauernd und sicher nur dann, wenn sie durch Treue, Fleiß und Steigerung ihrer Geschicklichkeit dem Produkte ihres heimischen FabrikationszweigeS den Vorrang auf dem Weltmärkte erringen helfen. Gelingt das Letztere, ohne daß die Unternehmer freiwillig die Löhne erhöben, so werden die Arbeiter alle Billigdeokenden auf ihrer Seite finden, wenn sie durch einen Ausstand zu erzwingen suchen, was ihnen zu kommt. Aber das werden sie nicht nöthig haben. Fabrikanten, die den greifbaren Beweis erhalten, daß sie ihren Erfolg auf dem Weltmärkte wesentlich der nationalen Einsicht, der Treue und Geschicklichkeit ihrer Arbeiter zu danken haben, werden selbst dann, wenn es ihnen an Gerechtigkeitssinn fehlt, aus Klugheit und Gewinnsucht diese Arbeiter fesseln und zu frieden stellen. Deutsches Reich. /?. Berlin, 26. Juli. Die allgemeine „Antifreimaurer- Bereinigung" setzt ihren Kampf gegen die Freimaurer in der Weise fort, die durch Taxil'S PalladiSmuS-Schwindel unsterblich geworden ist. Die „Rivista Antimassomica", das amtliche Organ der genannten Vereinigung, druckt in ihrer Juni-Nummer d. I. aus der vaticanischen „CiviltL Cattolica" einen Hymnus auf die Schrift des berühmten Vernichters der Freimaurerei, des Bischofs Fava von Grenoble, secret cke la b'rulw-Llatzouuerie" an der Spitze deö Blattes ab. Besagter Hymnus schließt folgendermaßen: „In der durch die blöden Manöver Taxil's, Battailles, der singirten Miß Vaughan u. a. verursachten . . . Finstern iß ist es Denjenigen, welche die Tagrssragrn eingehend studirt haben, nicht schwer, den Faden zu finden, um das Wahre vom Falschen zn unterscheiden. Nicht so leicht ist es aber den Personen, welche durch dringende Familien- und Standes-Gejchäste in Anspruch genommen sind . . . Mögen sie zu dem von Leo XIII. belobten Werke greisen. Aus demselben können sie erfahren, was sie von der Frei maurerei zn halten haben u. s. w." Mit welchem Rechte das „von Leo XIII. belobte Werk" den „blöden Manöveru" Taxil's rc. gegenübergestellt wird. Feuilleton. Der Wunsch des kleinen Mm. Nachdruck verdoten. (Schluß.) Neber unseren Aufenthalt in Klazomene, so interessant, amüsant und lehrreich in mancher Beziehung er auch für un fein mochte, gehe ich hinweg, da sich diese Zeilen einzig und allein mit dem Schicksal des kleinen Somalinegers befassen sollen. Hatten wir seiner während der ersten Tage unseres Aufenthaltes am Lande, in denen wir reichlich mit allerhand Vorkehrungen, uns einen menschenwürdigen Aufenthalt zu schaffen, beschäftigt waren, doch mehr oder weniger vergessen, so sollten wir alsbald schmerzlich an ihn gemahnt werden. Doch muß ich hier ein schalten, daß das Vergessen wohl lediglich Sache von uitr Männern war; Frau Eva ging herum, als ob sie in ihrem Kopfe ein Kämmerlein trüge, in dem ein armes, verlassenes Kind spielte. Dies Bild, das ich einst in einem heimischen Lieblingsschriftsteller fand, schien mir vorzüglich auf die junge Frau zu passen, sie macht« bei aller Geschäftigkeit, wie sie unser Aufenthalt erforderte, einen so versonnenen, gedrückten Eindruck, daß ich sie schließlich ernstlich darum befragte. „Ach, Sie werden mich auslachen, ich weiß eS im Vorau-, Walter thut es ja auch schon längst, aber ich kann nicht ander-, jede Nacht erscheint mir da- arme Kind im Traum«, und, ich finde es selbst beinahe komisch, der kleine schwarze Kerl wird dann vor meinen Augen immer weißer und weißer." „Aber, Frau Eva", warf ich scherzend ein, „wie kommen Sie, die Frau eine- Naturforscher» und ausgesprochenen Realisten, zu solch absonderlich phan tastischen Träumen? Sie werden den Kleinen frisch und munter wiederfinden, sobald wir an Bord zurückkebren, höchsten- daß er ein bischen magerer geworden ist, weil ihm die allzu gute Extrafütterung fehlt." „Nein, da- ist'« ja nicht", beharrte Frau Eva beinah« ärgerlich, „eS ist mir nur um diese dumme Idee zu thun, die ihm der Capitain, ach, eigentlich Ihr Alle, ein geredet habt. Sie waren ja nicht dabei, am letzten Abend, al» ich mit Affy allein in der Cckbine war, wir er nochmals, und wie er glaubte, von mir unbeobachtet, seine braunen Fäustchen gegen meine Wangen, meine Hände, ja selbst gegen mein Kleid drückte und dabei so schmerzlich seufzt« — ich kann Ihnen nicht genug beschreiben, wie kläglich da» klang und wir sehr ich seine Enttäuschung mit ihm empfand. So klein und jung er ist, er ist so durch und durch leidenschaftlich, daß ich die an und für sich kindisch« Geschichte nicht so leicht wie mein Mann zu nehmen ver mag." — Sie sollte nur allzu Recht behalten. Bereits am fol genden Morgen traf ich bei meinem-täglichen Besuche des Hafen amtes den alten Steuermann, der, weil er ortskundig, gleich zeitig das Amt eines Fouragemeisters für die an Bord ge bliebene Schiffsmannschaft ausübte. „Was macht Assy?" war fast unwillkürlich meine erste Frage, und mit Erstaunen, ja Schrecken nahm ich wahr, wie sich die Miene des alten biederen Seemannes sofort verfinsterte. ,Mx äobro, niaoto cl! kuono 8iguor'', lautete die in trübseligem Tone gegebene Ant wort, „der arme kleine Assy ist krank, sehr krank." „Ja, was fehlt ihm denn?" fragte ich noch immer sorglos, da ich diese Erkrankung einer neuerlichen Collazione an Maccaroni oder Risotto zuschrieb. „No, no, Signore", Bartolo schien mir meinen Gedankengang am Gesicht abzulesen, „es ist viel mehr als das, Affy hat das Heimweh!" „Oh, armer Kleiner, gewiß nach seiner Mutter, seiner Heimath? und mir schien es doch oft, als habe er beide nach Kinderart nur allzu schnell vergessen, und nun auf einmal, wie kommt das, Signor Bartolo?" Mcht so, wie Sie denken, Signore", berichtigte Bartolo ernsthaft, „Assy hat das Heimweh nach der Signora dottora, der „Hanum Effendi", wie er sagt, oder eigentlich nur nach ihrem weißen Gesicht, ihrer weißen Gestalt. Es wäre wohl gut, wenn der Dottore bald 'mal nach ihm sehen möchte." „Nun, wir kommen ja in drei Tagen wieder an Bord, bis dahin wird man wohl seine Sehnsucht noch beschwichtigen können, grüßt den kleinen Schlingel einstweilen schön von uns und auch von der weißen Hanum." Mit diesen Worten glaubte ich die Sache abgethan, suchte ich mich und den biederen Bartolo zu beruhigen, aber merkwürdiger Weise wollte eS auch diesmal nicht recht bei mir gelingen. Ich beschloß, Frau Eva, die ohnehin trüben Gedanken nachhing, nicht zu beun ruhigen, empfand aber diesen gewiß vernünftigen Entschluß wie ein schweres Unrecht, scheute mich auch, meine traurigen Vor ahnungen (jetzt hinterdrein scheint e» mir, als seien es solche gewesen) ihrem Gatten mitzutheilen, dessen scharfen Spott ich herauszufordern fürchtete. Heilfroh aber war ich, als wir endlich unsere dorgeschriebenen Quarantainrtage absolvirt hatten und wieder in die engen, erbärmlichen Schiffscabinen einzogen, die ich doch sonst jederzeit nach Kräften verwünscht hatte. Frau Eva'» erster Gang war, wie ich vermuthet hatte, nach jenem kafienartigen Behältniß neben deS Capitain» Cabine, in dem sie die kleinen Gefangenen wußte. Ich folgte ihr mit den Augen, bemerkte noch die eigenthümlich fieberhafte Eile, die sich in ihrem Gang auSpragte und wandte mich meinerseits mit einer Frage nach dem Ergehen Affy'« an den un» zur Eajütentreppe ge bi ¬ leitenden Capitain. Sein mir ohnehin jederzeit äußerst un sympathisches Gesicht verzerrte sich in unangenehmster Weise, Heller Zorn funkelte in seinen kleinen stechenden Augen; dennoch versuchte er liebenswürdig Auskunft zu geben: „vudvuo, vabauo, Signore, aber es ist ein piccolo scolloiuto, ein böses, trotziges Kind. Er will nicht essen, er will, daß ich meine 1000 Francs verliere, nti tu de-rtiu.' Angewidert und zugleich erschreckt eilte ich Frau Eva nach. Daß Assy nkcht essen wollte, und zwar so energisch, daß seinem Herrn und Gebieter bange war, um die an ihn gewendete Kaufsumme, dieses Sündengeld im wahren Sinne des Wortes, schien mir sehr bedenklich; dgs Kind war entschieden krank. Unten angelangt, hörte ich schon vor der Thür seltsame, verworren klingende Laute, unterbrochen von ersticktem Schluch zen und tiefen schmerzlichen Seufzern. Wie furchtbar traurig klangen diese Seufzer aus dem armen Kinderherzchen. Da zwischen leise, süße Worte, lind und beruhigend, wie sie nur mütterliche Liebe und Zärtlichkeit zu ersinnen weiß. Gerührt, gegen meinen Willen, stieß ich fast zornig die Thür auf, blieb aber, tief bewegt von dem sich darbietenhen Bilde, noch unter ihr stehen. Zuerst erblickte ich nur die knieenve Gestalt Frau Eva's, tief herab beugte sich ihr blonder Kopf zu dem Haufen von Decken, Fellen, Lumpen aller Art, auf denen die kindliche Gestalt unseres kleinen Freundes ruhte. Näher tretend, gewahrte ich auch sein Köpfchen, zärtlich an die Schulter seiner einzigen Freundin geschmiegt, die kleinen, fieberheißen Hände hielten krampfhaft die von Frau Eva umklammert. Der Ausdruck des armen kleinen abgemagerten Gesichtchens wird mir ewig unvergeßlich bleiben. Liebe, Zärtlichkeit, Sehnsucht, selbst ein geheimes Bangen sprachen sich im Blick seiner großen dunklen Augen aus, die die Fieber- gluth noch größer erscheinen ließ, die sonst so schöne, reine, wie mattes Erz schimmernde Hautfarbe des Gesichtchens schien durch einen fahlen grauen Ton wie gebleicht, einzig die tiefrothen Lip pen brachten Farbe in dies traurige Antlitz, so wenig dem run den, kindlichen Gesicht gleichend, das uns vor 14 Tagen täglich entgegenlachte, so oft wir uns auf Deck versammelten. Was der Kleine seiner Beschützerin anvertraute, konnte ich nicht ver stehen, sie wahrscheinlich auch nicht, denn Fortschritte schien der kleine Patient während unserer Abwesenheit nicht gemacht zu haben, was die von ihm zu erlernenden Sprachen anbelangt; aber mit echt weiblichem Instinkt schien Frau Eva doch Alles zu er- rathen, was dem kleinen Schelm auf dem Herzen lag. Denn sobald sie wieder anhub, mit ihrer süßen, sanften Stimme ihm begütigend zuzusprechen, verschwand darauf einem Kinderantlih der so besonders unheimliche, gespannte, geängstete Ausdruck, und «in flüchtige» Lächeln umspielte da» roth« Mündchen. Wa» sie ihm wohl gesagt haben mag? Gewiß liebe thörichte Worte, wie sie Mütter ihren Kleinen zuzuflüstern pflegen und die niemals ihren Zweck verfehlen. Verstanden hat Assy sicherlich all' die Liebe, all' die Zärtlichkeit, die im Ton ihrer Stimme lag, fried licher und stiller ward der Ausdruck seiner Züge, langsamer lösten seine Hände ihren krampfhaften Halt, tiefer sank das dunkle Köpfchen, und bald verkündeten tiefe, regelmäßige Athemzüge, daß Affy fest eingeschlafen sei. Unser Leben an Bord schien mir mit den nächsten Tagen nicht ganz so heiter und genußreich, und obschon ich ärgerlich den immer wieder leise auftauchcnden Ge danken, daß das schwarze Mohrenkind zu unserer Behaglichkeit fehle, weit von mir wies, schien schließlich dieser zudringliche Gedanke doch Recht behalten zu sollen. Erstlich fehlte Frau Eva gar manche Stunde, die sie zu ihres Gatten tiefster Mißbilligung in der engen kleinen Cabine weilte, die man dem kranken Kleinen eingeräumt hatte, und saß sie bei uns, so merkte man ihr deut lich an, daß ihre Gedanken doch meistens an dem kleinen Schmer zenslager weilten, von dem sie lieber nicht gewichen wäre. Mein Freund, der Doctor, hatte von seinem Standpunkte als Arzt und Gatte ja auch gewiß die Pflicht, seine Frau vor allzu reichlicher Ausübung dieser Samariterpflicht zu warnen, hatte er mir doch mitgetheilt, daß er den allgemeinen Gesundheitszustand an Bord gar nicht sehr beruhigend fände. Wir hatten bis jetzt, trotz der da mals unter den Pilgern herrschenden, heftigen Choleraepidemie, an Bord unseres Schiffes keine Todesfälle zu beklagen, aber das Gefühl, daß die Gefahr, einem Damoklesschwert vergleichbar, beständig über uns schwebte, verließ uttS doch keinen Augenblick, und oftmals schrak ich Nachts zusammen, wenn ich den Ton der elektrischen Klingel vernahm, der den Arzt weckte und hinauf zu irgend einem Hilfsbedürftigen rief. Würden wir wirklich unser Reiseziel erreichen, ohne der schrecklichen Seuche, die schon so unzählige Opfer gekostet, auch unseren Tribut zu entrichten? Wir wagten es kaum zu hoffen, und nur zu bald schienen vr. W.'s Besorgniß allzu begründet. Es kam der Morgen, an dem der erste Todte dem Meeresgrabe übergeben wurde, es kamen andere Morgen, an denen wir nicht mehr zählten, sondern schaudernd dem dumpfen Geräusch lauschten, das durch das Stoppen der Maschine entstand. Der Tod hatte in jener Zeit zwar ni/Bi seinen Schrecken verloren, aber man sah ihm gewissermaßen ge faßter, als etwas Unabweisbarem entgegen. Staunend sah ich, daß auch die junge zarte Frau, die mir nicht eben aus dem Stoff gemacht schien, aus dem man Heldinnen formt, alles Grauen, allen physischen Widerwillen überwand und ruhig zwischen den Kranken einherging, besonders den armen türkischen Frauen, di» ja selbst der Fürsorge de» Arzte» beinah« gänzlich ermangelten,
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