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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 11.08.1898
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1898-08-11
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18980811024
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1898081102
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1898081102
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1898
- Monat1898-08
- Tag1898-08-11
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Der Pralimiuarfrie-en. —k> In Betreff der spanisch-amerikanischen Friedens» Verhandlungen ist dem spanischen Minister deS Aus wärtigen Herzog Almodovar, wie der „Heraldo" meldet, über Paris eine Depesche aus Washington zugegangen, in der der französische Botschafter Cambon rnittheilt, er habe die Note Spaniens dem Präsidenten Mac Kinley übergeben und den Eindruck empfangen, daß Mac Kinley, vorbehaltlich der zustimmenden Ansicht des CabinetSrathe», den Inhalt der spanischen Note an ne hm en werde. Die Angelegenheit bat gestern den Washingtoner Minister rath beschäftigt und StaatSsecretair Day hat darauf, wie dem „Reuler'schen Bureau" berichtet wird, Folgendes bekannt gegeben: „Wir haben ein Einvernehmen getroffen hinsichtlich eines Protokolls, das die Friedensbedingungen umfaßt, darunter die Räumung von Cuba und Puerto Rico. Wir glauben, daß dieses Protokoll zur Ausführung kommen wird." In unterrichteten Kreisen wird versichert, daß die Friedensbedingungen dieselben seien, die der Prä sident Mac Kinley in seiner Note verlangt habe, und man glaube, daß vor der Unterzeichnung des Protokolls nur noch einige Formalitäten zu erledigen seien. Gestern erfolgte die Unterzeichnung noch nicht. Es heißt, der Berzug sei nur deshalb erforderlich, damit das Document in so bestimmter Form abgefaßt werden könne, daß jede Möglichkeit eines Mißverständnisses ausgeschlossen sei, und damit Zeit bleibe, daß Cambon zur Unterzeichnung deS DocumenteS im Namen Spaniens ermächtigt werde. UnterstaatSsecretair Ader war gestern noch mit der Nedaction des ProlokolleS beschäftigt, das, wie verlautet, von Spanien selbst verlangt worden ist, da der Friede nur auf einem solchen, nicht auf den kurz gefaßten Bedingungen Mac Kinley's basirt werden könne. Ob das Protokoll, obwohl dieselben Forderungen wie die Note des Präsidenten enthaltend, den spanischen Wünschen entgegenkommt und einige Milderungen zugesteht, muß noch dahingestellt bleiben, doch hat eS nach der Aeußerung Day'S: „Wir glauben, daß dieses Protokoll zur Ausführung gelangen wird", den Anschein. Nach dem „TempS" soll, „unter Reserve", der Inhalt der spanischen Antwort folgender sein: Spanien erkennt die Unabhängigkeit Cubas an und drückt den Wunsch auS, daß die Bereinigten Staaten auf der große» Antille den Platz ein nehmen, den Spanien freilasse, damit auf diese Weife die Interessen und die Sicherheit der auf Cuba wohnenden Spanier, die der spanischen Sache treu blieben, wirksam ge sichert seien, da sie sonst, unter einer von den Aufständischen eingerichteten Regierung, der Gegenstand rachsüchtiger Re pressalien sein könnten. Spanien willigt gleicher Weise in die Abtretung Puerto Ricos an die Ber einigten Staaten, bietet aber an, die Union möge statt der kleinen Antille lieber eine spanische Insel im Stillen Ocean nehmen. Spanien stimmt ferner der Er nennung einer Commission zu, die über daS Schicksal der Philippinen entscheiden soll. Spanien macht außerdem darauf aufmerksam, daß seine Annahme der FriedenSbedingungen der Ratification der Corte« unterliege. So wolle e« die Ver fassung, die dem König Wohl das Recht gebe, Krieg ru er klären und Frieden zu schließen, aber nicht das Recht, Theile deS spanischen Gebiete» abzutreten. Der „Liberal" meint, die Union werde die letztere Bedingung annebmen, aber den sofortigen Zusammentritt der Cortes verlangen; dieser werde noch im Laufe diese- Monats erfolgen, da die Regierung sich schon der Zustimmung der Parteiführer zu den Friedens bedingungen vergewissert habe. Die zur Behandlung der Philippinenfraae ein zusetzende Commission wird, wie un» aus Madrid verichtet wird, nach dem Vorschläge der nordamerikanischen Regierung folgende Punkte zu erledigen haben: 1) Festsetzung de» an die Bereinigten Staaten adzutrrtenden Terrrtorium». 2) Ausarbeitung eine» Statut- zur Einführung einer autonomen Verwaltung für die Inselgruppe. Dieselbe ist derart geplant, daß ein von Spanien zu ernennender Gouverneur die militairische Obergewalt auSübt, während die Civilgewalt einer zu wählenden parlamentarischen Körper schaft ^u übertragen ist. Letztere schlägt au« ihrer Mitte die Mitglieder eine» obersten VerwaltungSauSschufse« vor, welche von dem Gouverneur zu bestätigen sind. 3) Ausarbeitung eines ZolltarifeS, welcher für die Vereinigten Staaten die gleichen Zollsätze wie für Spanien festsetzen soll, während die übrigen Staaten gemeinsam als Ausland zu behandeln sind. Die Frage der weiteren Zulassung oder Verbannung der religiösen Orden soll dem Inselparlament zur Ent scheidung überlassen bleiben. Mit Bezug auf die vatika nischen Wünsche erhalten wir auS Rom noch die Mitthei lung, daß zwischen dem Vatikan und den Erzbischöfen Ireland und Martinelli, sowie dem spanischen Minister deS Aus wärtigen ein fortdauernder Schriftwechsel stattfindet, um dir FriedenSbedindungen dahin abzuändern, daß die religiösen Interessen der katholischen Einwohner deS von Spanien an die Bereinigten Staaten abzutretenden Gebietes nicht geschä digt werden, und eine Depesche deS „TempS" auS Madrid vom 9. August meldet, der päpstliche Nuntius habe in einer längeren Unterredung mit dem Ministerpräsidenten Sagasta zu Gunsten der religiösen Orden auf den Philippinen ge sprochen. Sagasta habe erwidert, er könne keine Verpflichtung übernehmen; daS LooS der religiösen Verbindungen werde von dem Ergebniß der Unterhandlungen abhängen. Eine unS weiter zugegangene Information besagt, der päpstliche Legat in Washington habe von der nordamerika nischen Regierung die bindende Zusage erhalten, daß die Truppen der Union im ganzen Gebiete der Philippinen jedem Angehörigen der geistlichen Orden gegen etwaige Angriffe der Eingeborenen unbedingten Schutz verleihen würden Die von dem Legaten gegebene Anregung, zu den Verhandlungen der Philippinen-Commisston auch eine» Vertreter de« BatieanS hinzuzuziehen, sei dagegen von Mac Kinley ziemlich schroff zurückgewiesen worden. Der spanische Außenminister hat sich gestern dahin ge äußert, er glaube, eS seien Circularbefrhle von Washington ergangen, die Feindseligkeiten auf Cuba, Puerto Rico und de» Philippinen «inzustrllen. Di« sonst noch auf den Krieg bezüglichen Meldungen gebe« wir unter „Amerika" wieder. Politische Tagesschau. * Leipzig, N. August. In eigenthümlichem Lichte zeigt sich fortwährend daS Der- hältniß des PolenthnmS zu seinem katholische» Klern». Mit der noch vom Fürsten Bismarck in seine» letzten Gesprächen bervorgehobrnen Versatilität weiß eS abwechselnd diese» Klerus und seine Autorität für politische Ziele in Anspruch zu nehmen und wieder gegen ihn eine wüste Demagogie ru entfalten. Man entsinnt sich noch au« dem vorigen Reichstag jene- Rechtsanwaltes Radwanski, der im ober schlesischen Plcß-Rybnik gegen einen Deutsch-Klerikalen ge wählt wurde und während de» Wahlkampfes die rück sichtslosesten Bemerkungen über priesterliche Einmischung in die Politik vom Stapel ließ. Auf das bestimmte Ver langen der „Germania" wurde dieser Herr in daS ReichS- tagS-Centrum ausgenommen; jetzt freilich hat er nicht wieder gewählt werden „wollen". Der oberschlestsche Klerus hat sich aber dieses Nakionalpolenthum systematisch großgezogen und lernt jetzt seine Lieben-würdigkeit erproben. Völlig in daS entgegengesetzte Horn stößt man dafür augenblicklich in Westpreußen, wo das bekannte Graudenzer Polenblatt die deutschen Kriegervereine bekämpft und im Namen der katholischen Kirche zum Austritt au« diesen Vereinen auf fordert; „lutherischer Kriegerverein", „heilige Religion" und „polnische Sprache" bilden dort die Schlagwörter. Als ob es im Osten nicht auch deutsche Katholiken und polnische Protestanten gäbe und al« ob nicht da- kiesige EentrumSblatt wiederholt zur größten Rücksicht auf die evangelischen Elemente unter den Polen gemahnt hätte. Aber freilich werden gelegentlich bei Kirchenwahlen die deutschen Katholiken von den polnischen Glaubensgenossen körperlich gemißhandelt, wie in der genannten deutschen Ordensstadt an der Weichsel und dürfen dafür für die Candidaten der Glaubensgenossen „polnischer Zunge" den Wablzettel an die Urne tragen. Wieder ander» scheint e« in Posen zu stehen, wo bekanntlich jüngst der „Postemp" den Erz bischof v. Stablewski in der gröbsten Weise anfuhr, weil er deutsche Katholiken pflichtgemäß zur Treue gegen Vaterland und Nation aufgefordert hatte. Bon Posen und Schlesien nach Galizien ist bekanntlich nicht weit, und wenn in jenem österreichischen Kronlande ein k. StojalowSki AgrarsocialiSmus predigen und eine Hetze gegen die zum Adel haltende Pfarr geistlichkeit eröffnen konnte, ohne selbst nach einer förmlichen Auflehnung gegen die römische große Excommunication etwas Anderes auferlegt zu bekommen al« den Widerruf, dann liegt in diesem Symptom für den katholischen Kleru« anderer polnischer oder halbpoluischer Gegenden eine sehr ernsthafte Warnung. DaS Material zu den StojalowSki« findet sich auch bei ibn-n d-e b^lt-kocintist-sche ^-genc.ind ^-.tuv geg--^ den tlerikalpolnischen AmtSgerichtSrath Motty in der Stadt Posen war in dieser Richtung bereit« ein Fingerzeig, und nach geschehener formeller Unterwerfung würden die dortigen Agitatoren im Namen der „katholischen Demokratie" die Agitation ebenso gut munter fortsetzen können wie im ge segneten Galizien. In Halle sind in einem strtegcrveretue schwere Zwistig keiten ausgebrochen, weil ein Mitglied, welche« mit social demokratischen ReichStagSabgeordneteu verkehrt batte, ausgeschlossen werden sollte. Hat diese« Mitglied wirklich nur mit socialdemokratischen Führer» verkehrt, ohne selbst Socialdemokrat zu sein, so wäre die Mehrheit des Verein«, die gegen den Ausschluß stimmte, im Recht. Denn man kann außerordentlich reichstreuer Gesinnung sein und doch durch die Bande der Verwandtschaft oder alter Bekanntschaft veranlaßt sein, mit dem einen oder anderen Socialdemokraten zu verkehren. Liebknecht'« Sohn ist königlich preußischer Assessor, aber kein Mensch wird von ihm verlangen, daß er mit seinem Vater nicht verkehre. Und um ein noch sehr bedeutsameres Beispiel anzuführen, so hat Fürst Bismarck mit Lassalle verkehrt und im Reichstage sogar mit Ver gnügen von diesem Verkehr gesprochen, und würde doch zweifellos Jedem, der ihm deswegen vaterländische Gesinnung hätte absprechen wollen, reckt sehr haben abfallen lassen. Ganz etwa« Andere« aber ist eS, wenn der Subdirector Lange in Halle selbst sich zur Socialdemokratie bekannt haben sollte. Dann kann man keineswegs das Verhalten des Verein« billigen, wie es daS „Berliner Tageblatt" tbut, indem e« sagt: „Unseres Erachtens hat der Hallesche Kriegerverein nur zeigen wolle», daß er mit Politik nichts ru thun haben will." Gewiß sollen die Kriegervereine mit Politik nicht« zu tbun haben, aber noch mehr als das Politisier» widerspricht ihren Satzungen die Zugehörigkeit zur Socialdemokratie. Man ist sogar berechtigt, noch weiter zu gehen und zu sagen, daß außer dieser Partei, die den Staat negiert, auch solche Parteien, die daS Reich negieren, nicht in den Kriegervereinen vertreten sein dürfen: erklärte Welfen, polnische Agitatoren, Protestler und Dänen. Sehen die Angehörigen solcher Parteien nicht ein, daß sie in einen Verein, dessen Grundsatz eS ist: „für Kaiser und Reich", nicht hinein gehören, so muß e« ihnen durch Ausschließung klar gemacht werden. Es zeigt sich immer mehr, daß die Handwerkerkreise selbst von der Zwangsorganisation, welche daS neue Handlverker- LrganisattonSgefetz im Auge hat, nicht viel kalten. Das Schlagwort: Zwangsinnung ist beinahe vollständig aus der Handwerkerbewegung verschwunden, nachdem e« lange Jahre hindurch neben dem Befähigungsnachweis das Hauptpostulat der Zünftler gebildet hatte. Die letzteren macke» jetzt die Erfahrung, daß innerhalb der Innungen keineswegs der von ihnen behauptete Zug zur ZwangS- innung rxistirt. AuS allen Gegenden wird gemeldet, daß die bestehenden Innungen sich darauf beschränken, sich als freie Innungen dem neuen Gesetze anzupasscn, aber nicht einmal den Versuch machen, durch Ge winnung der Mehrheit der BerufSgcnossen für den Antrag auf Errichtung einer ZwangSinnnng die Bildung einer solchen in die Wege zu leiten. Auch die privilegirten Innungen scheinen keine Neigung zu haben, von der Er leichterung Gebrauch zu machen, die ihnen da« Gesetz für de« Antrag auf Bildung einer Zwangainnnng rinraumt. Erst in einem Falle, bei der Hamburger Schlosserinnung, sind die Behörden in die Lage gekommen, die Bildung einer ZwangSiunung anzuordnen. Alle« deutet darauf hin, daß die Innungen in der Zwangsorganisation, welche stimmtlicke Berus«geaossen in Innungen vereinigen will, ein Haar zu finden beginnen. E« kann daher kaum Wunder nehmen, daß die bisherigen Führer der zünftlrriscken Bewegung bereit« damit anfangen, dir Forderung de« Befähigungsnachweises wieder schärfer zu betonen und die Sache so darzustellen, al« ob ohne den Befähigungsnachweis auch die neue Organisation nichts Werth sei. Da« ist neuesten« auf dem Rheinisch-Westfälischen Handwerkertag geschehen, wo namentlich der Centrums abgeordnete Euler für den Befähigungsnachweis eingetrrten ist. Wir halten ein solche« Verfahren, welche- dir Hand werker von praktischen Zielen abzieht und sie wieder der Utopie de« allgemeinen Befähigungsnachweise« nachstrrben beißt, für Uberau« bedenklich. Die Handwerker werden durch solche Agitationen, welche lediglich dazu bestimmt scheinen, den drohenden und theilweise schon eingelretrnrn Mißerfolg der Zünftler zu verdecken, nur irregeführt. Regierung«- und parlamentarische Kreise würden gut darau thun, die Hand- Fruilletsn. In der Brandung des Lebens. üs Roman au» dem amerikanischen Westen. Von Theodor Eicke. Nachdruck verbot««. Die Worte erfüllten ihren Zweck. Will mußte jetzt noth« wendig mehr wissen. Harding erzählte ihm denn auch Brant'» ganze Geschichte, wobei er sorgfältig verschwieg, welch« Rolle er selbst darin spielte; dabei wob er in seiner Erzählung schlechte Thaten und noch schlechtere Motiv« mit so geschickter Mischung von Wahrheit und Dichtung zusammen, daß es für den reue vollen Sünder fast ausgeschlossen schien, sich jemals wieder rein zu waschen. Der Wagen bog in Altamont Terrace ein, als er zu Ende war, und Will hatte nur noch Zeit, sich kurz zu hedanken. „Bei Gott, Mr. Harding, ich freue mich sehr, daß Sie mir das erzählten — aus verschiedenen Gründen; doch ich kann fetzt nicht weiter darüber sprechen." Harding hätte viel darum gegeben, hätte er noch eine Viertel stunde mehr zur Beifügung gehabt. Aber der Wagen hielt am Thore des Langford'schen Hauses und Brant saß auf dem Bock. Er unterdrückte deshalb sein Verlangen, mehr zu erfahren, und sagte nur noch zu seinem jungen Freunde: „Bin froh, daß ich's gesagt habe. Hüten Sie sich vor ihm. Fürchtete, daß er Sie in seine Klauen kriegen würde, deshalb habe ich Sie nach Haus« gebracht, gute Nacht!" Brant hörte die letzten Worte und sah, wie der junge Lang- ford auf das Haus zuging und darin verschwand. „Zurück zur Stadt!" sagte er dann zum Kutscher. „Sehen Sie uns ab, wo Sie uns ausgenommen haben." Der Mann that, wie ihm geheißen, und in der Näh« von Draco stieg Brant ab und öffnete den Schlag. „Komm' heraus", befahl er; und als Harding draußen war, fuhr er fort: „Du gehst jetzt mit zu Draco, da kannst Du Dein Geld bekommen." Harding nickte und ging mit ihm. Als sie wieder in dem Spielhause angekommen waren, nahm der Ingenieur den Wirth — Deverney war sein Name — bei Seite. „Tom", sagte er, „ich brauche gleich hundert Dollar». Kannst Du sie mir geben?" „Natürlich. Willst wohl Dein Glück versuchen?" „Nein, ich hab« mit dem Professor etwa» zu erledigen." „Haha — ich verstehe. Hast ihn losgekauft, was?" „So ähnlich — jawohl. Ich werde Dir einen Check für das Geld geben." „Dummes Zeug!" antwortete Deverney, „wäre mir doch neu, von George Brant 'nen Schuldschein zu fordern. Kannst mir's Hemd vom Leib« nehmen, wenn Du willst." Der Wirth holte ein Bündel Scheine aus der Westentasche und zählt« den verlangten Betrag auf. „Da hast Du das Geld; bring's wieder, wenn's Dir paßt. Willst Du einen Kleinen d'raufaießen?" „Nein, erst das Geschäft, weißt Du", sagt« Brant, indem er das Geld «insteckte. „Wo kann ich wohl mit dem Professor 'mal allein sprechen?" Deverney nahm einen Schlüssel von einem Nagel an der Wand und winkte einem Kellner. „Bringen Sie diesen Herrn und seinen Freund zu dem Privatzimmer und warten Sie nicht auf Aufträge." Da» Prrvatzimmer war ein kleine» Eabinet hinter dem Hauptraum, und dorthin folgten Brant und Harding dem Kellner. ES war von einer einzelnen Gasflamme, die von der Decke herabhing, erleuchtet und mit einem runden Tisch und ein paar Stühlen dürftig möblirt. Als sie allein waren, ließ sich Harding auf einem der Stühle nieder und Brant zog sich einen anderen an die entgegengesetzt« Seite de» Tische». „Nun, breit' Dich", begann der Ingenieur, „und sag' mir die Wahrheit, wann Du kamst. Was hast Du dem Jungen erzählt?" Die Seele de» wirklichen Jame» Harding blickte einen kurzen Moment durch dir halbgeschlossenen Augen, aber der Schleier log wieder davor, ehe Brant Zeit hatte, den Blitz deS Triumphes wahrzunehmen. „Was Du von mir wünschtest; ich sagte ihm, ich müßte sehen, wir e» mit meiner Mine stände." „Und wie erklärtest Du ihm, daß Du ihn nach Hause brachtest?" „Sagte ihm, er sollte nicht so lange auSbleiben. Der Jung« thut Alle» für mich." „Scheint so", sagte Brant trocken. „Soweit wäre also Alle in Ordnung; jetzt hast Du nichts mehr zu thun, al» ihm au» dem Weg« zu gehen — und mir. Hier ist Dein Geld; nimm e» und mach' Dich au» dem Staube." Er stieß das Päckchen Schein« hinüber zu Harding, der erst da» Geld einsteckte, ehe er weiter sprach. Dann fragt« er, ob er seine Waffen wieder bekommen könnte. „Deverney hat sie, mit Ausnahme de» Revolver». Den möchte ich al» ein Andenken behalten", antwortete Brant. „Schön — behalte ihn; ich würde ihn Dir gern freiwillig gegeben Haben, wenn Du e» verlangt hattest." Harding begann nervös an einem Loch in dem grünen Tuch umherzustochern, das den Tisch bedeckte, und eine seltsame Ver änderung — eine Veränderung, während der die ruchlose Frech heit seiner Natur wie ein loses Kleidungsstück von ihm abzufallen schien — überkam ihn, während er fortfuhr: „Was den Jungen anbetrifft, ich hätte ihn lange laufen lassen, wenn ich gewußt hätte, Du wünschtest es — bei Gott, eS ist so. Ich habe nichts gegen Dich, George, und es wär« nur billig, wenn Du nach Dem, was jetzt vorgegangen ist, mir meine Ruhe ließest." Brant sah die blaffe Furcht in den Augen de« Mannes, aber er stand noch zu sehr unter dem Einflüsse seiner früheren Lebens weise, um sich davon rühren zu lassen. „Du wünschtest also noch etwas von mir", sagte er kalt. „Nun, was ist's? Heraus damit!" „Die Papiere, George, die verfluchten Papiere aus Tagget's Gulch. Ich habe keine Ruhe gehabt, seitdem ich weiß, daß Du sie hast, so wahr mir Gott helfe! Wo ich gehe und stehe, fühle ich den Strick um meinen Hals. Um Gottes Willen, George, schick' mich nicht zur Hölle, ehe meine Zeit gekommen ist!" Unbeweglich und ungerührt blickt« Brant in das geistrrhafte Antlitz des furchtzitternden Mannes vor ihm. Harding bog sich vor, bi» sein Kinn fast den Tisch berührt«, und seine Augen waren starr und gläsern. „Ueberleg' eS Dir, George", begann er wieder in heiserem Flüstern, „denke daran, was passiren könnte, wenn Du plötzlich stürbest und ich nichts davon erführe, bis sie mir die Schlinge zuzögen. Du könntest nicht ruhig sterben mit so etwas auf dem Gewissen, George, Du könntest es nicht." Brant wendete den Blick fort und schloß die Hände, bis die Fingernägel in das Fleisch drangen. Einen Augenblick herrschte athemloses Schweigen; während desselben hob sich die schlanke Gestalt an der anderen Seite de» Tisches langsam empor und in den gläsernen Aug«n begann eia wildes Feuer zu glühen. Tom Deverney, der durch ein Loch in dir Wand schaut« und seine Ohren anstrengte, um die Antwort auf Harding's Bitte zu hören, war erstaunt über Brant'» Sorglosigkeit. Und als Brant zu sprechen begann, ohne emporzusehen, flucht« Deverney in sich hinein und ging zu der Thür de» Privatzimmers. „Ich hab« manchmal daran gedacht", sagte Brant, „und es ist immer «in Trost für mich g«vesen. Du hast g«lebt wie ein Wolf, hast wrder Mana, noch Weib oder Kind verschont; da ist e» nur gerecht, wenn Du st st, wie Du gelebt hast. Denke ich an alles Das und daran, wie Du mich gequält hast, als Du di« Macht dazu hattest, so werde ich schon beruhigt sterben können, wenn die Zeit da ist." „So stirb denn!" schrie der Rasende, indem er aufsprang und sich über den Tisch weg auf seinen Ankläger stürzte. Brant war der Stärkere von den Beiden, aber der Angriff war so plötzlich und unerwartet, daß er niedergeworfen wurde zwischen die Stühle, und Harding'S Finger waren an seinem Halse, ehe er sich vertheidigen konnte. Schon begann es vor seinen Augen zu blitzen, da wurde das Gewicht von seiner Brust ge hoben und er athmete wieder frei. Dann sah er, daß Deverney im rechten Augenblick eingetreten war, daß er Harding in eine Ecke geschleudert hatte und mit bewaffneter Hand über ihm Wache hielt. „Sag' ein Wort, George, und ich jage ihm so viel Blei in den Leib, daß sechs Leute an ihm zu tragen haben", ries der Wirth; doch Brant erhob sich und schüttelte den Kopf. „Laß ihn los, Tom", sagte er heiser. „Er weiß, was er zu thun hat." Deverney öffnete die Thür und Harding stürzte hinaus. Dann half Jener Brant auf die Füße. „Hat Dich doch nicht gestochen, was?" fragte er. „Nein, er wollte mich würgen. Wie kamst Du dazu?" „Weiß selber nicht; thust Du nicht zuweilen etwas, ohne zu wissen, warum?" „Gewiß, oft." „Ebenso geht's mir. Komm' her, ich lasse Dich hinten heraus. Draußen wirst Du schon mit ihm fertig werden, denke ich." „O ja, ich werde schon richtig nach Hause kommen." „Na, gut denn. Hier ist der Weg. Komm'gut heim!" IX. In d«m Langford'schen Hause waren der Richter und Dorothy die einzigen Frühaufsteher; an dem Morgen, nachdem Will nach Hause gebracht worden war, frühstückten sie wie ge wöhnlich allein zusammen. Dorothy und ihre Mutter hatten in der Nacht auf Will gewartet; aber am FrühstückStische sah die Tochter, daß die Nachricht von de» Sohnes Rückkehr dem Vater doch nur wenig Trost bracht«, und die Thatsache, daß die Morgenzeitungen noch unberührt auf seinem Platze lagen, als er sich in sein Zimmer zurückzog, deuteten auf den Grund seiner »esorgniß. Dorothy scheute sich nicht, die Wahrheit, auch wenn sie schmerzlich war, zu erfahren; st« öffnete dir Zeitungen und las di« Bericht« über di« Razzia in Draco'» Spielhause. Zu ihrer großen Freude entdeckte sie, daß ihre- Bruder» Name fortgelassen war. Nachdem sie sich davon überzeugt hatte, eilte sie mit den Zeitungen in ihres Vaters Zimmer. „Hier sind die Zeitungen, Vater", sagte si«, und al» er von
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