Suche löschen...
01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 30.07.1898
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1898-07-30
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18980730013
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1898073001
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1898073001
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1898
- Monat1898-07
- Tag1898-07-30
- Monat1898-07
- Jahr1898
- Links
-
Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
BezugsPrei^ k der Hauptexpeditton oder den tm Stadt« bezirk und den Vororten errichteten Aus- ao'.eslellen abgeholt: vierteljährlich^ 4.50, ori zweimaliger täglicher Zustellung ins Ismus 5 50 Durch die Post bezogen für Deutschland und Oesterreich: vierteliäbrlich 8.—. Directe tägliche Krenzbandsendung ins Ausland: monatlich 7.50. Die Viorgen-Nusgabe erscheint um '/,? Uhr^ die Abend-AuSgabc Wochentags um 5 Uhr« tiedaction und Erpediliou: JohmmeSgasse 8. Die Expedition ist Wochentags ununterbrochea grössnrt von früh 8 bis Abends 7 Uhr. Filialen: Ltto Klemm's Sortim. (Alfred Hahn), Universitütsstraße 3 (Paulinus-), Louis Lösche, Katharinenstr. 14, Port, und König-Platz 7H Morgen-Ausgabe. Hp.ngerTagtblnII Auzeigen-PreiA die 6gespaltene Petitzeile 20 Pfg, Reclamen unter dem Redactionsstrich (4g«» spalten) 50/H, vor den Familiennachrichte» (6 gespalten) 40^. Größere Schriften laut unserem Preis- veTzeichnib. Tabellarischer und Zisfernsatz nach höherem Tarif. Extra-Vellage» (gesalzt), »ar mit der Morgen. Ausgabe, ohne Postbesörderuag ^l SO.—, mit Postbeförderung 70.—. Anzeiger. AmtsAatt des Königliche« Land- u«d Amtsgerichtes Leipzig, des Rathes ««d Vottzei-Ämtes der Ltadt Leipzig. Anuahmeschluß für Anzeigen: Abeud-AuSgabe: Lormittag» 10 Uhr. Marge »«Ausgabe: Nachmittags 4 Uhr. Bei den Filialen und Annahmestellen je eine halbe Stund« fr»her. Anzeigen sind stet« an die Expedition zu richten. Druck und Verlag von E. P olz in Leipzig. Sonnabend den 30. Juli 1898. S2. Jahrgang. 381. Bestellungen auf MMMMllts nimmt entgegen und führt für jede beliebige Zeitdauer aus Die EMiütm des Mi-tt kageblalttS, Johannisgasfe 8. „Ebenbürtigkeit^. 52 Ueber die Forderung der „Ebenbürtigkeit" bei den Heirathen von Mitgliedern regierender Familien hat der „Hann. Cour." ein kräftiges Wörtchen gesagt und damit die sonst recht verständigen „Berl. Neuesten Nachr." herauS- gefordert, die sich geberden wie eine der kleinstaatlichsten Ober- bosmeisterinnen, die man aus älteren Romanen kennt. Den Anlaß zu seiner Betrachtung bot dem hannoverschen Blatte natürlich die lippische Angelegenheit, die in zwei ganz un gleichartige Theile zerfällt, in die Telegramm-Affaire und in die Angelegenheit der Erbfolgeberechtigung der Kinder des Grafen-Regenten. Die Berechtigung wird bekanntlich von Berlin aus bestritten, weil die Mutter der Kinder des Regenten, eine geborene Gräfin Wartensleben, ihrerseits eine bürgerliche Mutter gehabt bat. Die gräfliche Familie WartenS- lcben selbst scheint für ebenbürtig angesehen zu werden, viel leicht weil der Schiedsspruch in der lippischen Regentschafts angelegenheit sogar eine geborene Freiin für sähist erklärt hat, die Ahne regierender Fürsten zu werden, vielleicht aber auch, weil man es in Berlin überhaupt nicht für gerathen hält, die Ebenbürtigkeit gerade gräflicher Vorfahren zu be anstanden. Tie „Berl. N. N." finden nun die vom „Hann. Cour." vorgetragenen Ansichten „in hohem Grade bedenklich" und fahren dann fort: „Wenn die souverainen Familien nicht an der Ebenbürtigkeit der Ehen und diese als Vorbedingung der Thronfolge festhalten, so vollziehen sie damit einfach ihre Abdankung, denn von dem Verzicht auf diese Vorbedingung ist zum Wahlsürstenthum und zur Republik nur ein einziger und zwar keineswegs großer Schritt. Wie der „Hann. Courier" diese Dinge als „rückständige Mittel- altcrlichkeiten", „verwitterte Rechtsabnormitäten" u. f. w. ausgeben kann, ist für ein monarchisch gesinntes Blatt schwer verständlich. Das „Aufräumen mit diesen Resten überlebter Auffassungen von Reichswegen" wird der „Hann. Courier" wohl dem von den Herren Bebel und Liebknecht verantwortlich redigirten Zukunstsstaate überlassen müssen, freilich wird dabei auch gleichzeitig mit anderen Dingen gründlich aufgeräumt werden, die dem „Hann. Cour." mehr am Herzen liegen dürften als das Fürstenrecht. Da» Leutsche Reich ist rin Bund, geschloffen zum Schuh« deS BundesgrbirtrS und deS innerhalb desselben giltigen Rechtes. Zu diese» Rechten gehört auch die in den Lande-. Verfassungen festgelegte legitime Erbfolge in den einzelnen Bunde», staaten. In Art. 53 der preußischen Verfassung z. B. sind die königlichen Hausgesehe ausdrücklich al» maßgebend für die Ber» erbung der Krone bezeichnet. Diese Hausgesehe stehen mithin, in Preußea wir in allen Bundesstaaten, unter dem Schutze de» Reich». Die Chef» der deutschen Fürstenhäuser haben nicht nur daS Recht, sondern die sehr ernste Pflicht, gegen ihre Familie» und gegen ihre Länder, für die Thronfolge die unbedingte Ebenbürtigkeit der Ehen zur Voraussetzung zu machen. Im Mittelalter wurden Fehden von ver Art, wie sie Lippe be» wegen, mit Lanze und Schwert, mit brennenden Städten und Dörfern, mit zerstörten Burgen ausgesochten. Gerade weil der Rechtsstaat an die Stelle „mittelalterlicher Auffassungen" getreten ist, hätten die liberalen Blätter, di» sich als Vorkämpfer des Rechtsstaates geben, auch die um so größere Pflicht, an den Rechten, die dieser Rechtsstaat schützen soll, nicht zu rühren. Die Annul« lirung des Fürstenrechts ist gleichbedeutend mit der Annullirung der erblichen Monarchie." Der „monarchische" Eifer, dem der vorstehende Erguß sein Dasein verdankt, ist mehr rührend als überzeugend. Was in den verschiedenen deutschen Hausgesetzen über die Ebenbürtigkeit steht und stehen mag — uns sind nicht alle derartigen Statute» bekannt, den „Berl. N. N." vielleicht auch nicht —, was also „Gesetz" ist, daS ist in sehr vielen regierenden Häusern schon ein oder mehrere Male nicht respectirt worden. Die Hausgesetze sind auch keine Gesetze im modernen Sinne des Wortes, sie sind nur so lange bindend, als sie daS Fürstenhaus, für das in den meisten Fällen der Wille des Chefs allein maßgebend ist, nicht ändert. Es ist zwar richtig, daß die preußische Verfassung das Hausgesetz an- zieht, indem sie sagt: „Die Krone ist, den königl. Hausgesetzen gemäß, erblich in dem MannSstamme des königlichen Hause» nach dem Rechte der Erstgeburt und der agnatischen Lineal folge. Aber die Verfassung verbietet dem Chef des könig lichen Hauses, d. h. dem König, nicht, die HauSgesetze zu ändern außer in dem Puncte, die der angeführte Artikel als Landesgesetz bezeichnet, also hinsichtlich des Geschlechte», der Erstgeburt und der Linealfolge. Von der Voraussetzung der Ebenbürtigkeit von Frauen, mit denen ein Mitglied de« königlichen Hauses eine daS Erbfolgerecht der etwaigen Kinder nicht aufhebende Ebe eingehen kann, steht nichts in der Ver fassung, sie zu bestimmen, bleibt dem königlichen Hause überlassen, und in Preußen sind denn auch zur Zeit unbestritten Prinzen thronfolgeberechtigt, deren Großmutter mütterlicherseits nicht aus dem sogenannten hohen Adel hervorgegangen ist. Man I ersieht daraus, was e» auf sich hat, wenn die „Berl. N. N." I die Abschwächung oder da- Fallenlassen de» Begriffes „Eben- I bürtigkeit" als Abdankung, als Vorbereitung zum Uebergang zur Republik und al» Verlassen der Grundlagen res Rechts staates bejammert. In Wahrheit verlangt das RcchtS- bewußtseia der Gegenwart — Schranzen mögen darüber ja anders denken — nichts weiter für die Eben bürtigkeit, als die Herkunft au- guter» Familie. Die Ebenbürtigkeit im alten, übrigens auch in alteren und alten Zeiten nicht immer respectirten Sinne ist, darin stimmen wir dem „Hann. Cour." bei, vom „Standpunkte deS gesunden Menschenverstände- und deS menschlichen Gefühls als ver witterte NechtSabnormität" abgethan. Eine Frage kann im Gegentheil nur noch sein, ob manche regiereude Familie im Interesse ihre- gesunde» Fortbestände- nicht gut daran thäte, von Verbindungen, wie sie allein den Anschauungen von „unbedingter" Ebenbürtigkeit entsprechen, sich grundsätzlich fernzuhalten. WaS nun den „Schutz für die HauSgesetze" anlangt, den die „Berl. N. N." verlangen, so ist er in dem einzigen Falle, wo er seit Begründung deS Reiches begehrt wurde, gewährt worden, der zu Unrecht in Lippe-Detmold als Regent aufgetretene Prinz von Lippe-Schaumburg ist dem Berechtigten gewichen. Daß dies durch den Spruch eines außerordentlichen Schiedsgerichts und nicht durch den BundeSrath herbeigefübrt worden ist, beruht auf einem Ueber- einkommen der streitenden Parteien. Die socialdemokralische Landagitation. Unter zahlenmäßigem Nachweis, daß die Socialdemo- kratie in den Großstädten an die Grenze ihrer Ausdehnungs fähigkeit gelangt ist und in den letzten Jahren nur noch in den mittleren und kleineren Städten und auf dem Lande sich aus dehnungsfähig gezeigt hat, ist im socialdemokratischen Central organ eine concentrirte Landagiiation unter Einsetzung aller verfügbaren agitatorischen Kräfte angekündigt worden. Die Gefahr eines weiteren Umsichgreifens der Umstxirzbewegung auf dem Lande ist so ernst, daß man für diese Offenherzigkeit nur dankbar sein kann. Natürlich sind auf der Seite, wo man in den letzten Jahren immer wieder zu Repreffivgesetzen gerathen, sofort gesetzliche Abwehrmaßnahmen in Vorschlag gebracht wor den. Das klingt „stramm" und ist insofern bequem, als man sich dabei ausschließlich mit den Erscheinungen zu befassen, nicht ober über ihre Ursachen, Bedingungen und Grenzen lange nach- zuüenken braucht. Das Letztere ist aber unbedingt erforderlich, wenn man darüber klar werden will, wo und mit welchen Mitteln bei Zeiten vorgebeugt werden kann. Daß die Socialdemokratie das Land haben muß, wenn sie mit ihren revolutionären Absichten zum Ziele gelangen will, da rüber hat sie sich schon lange mit ausreichender Klarheit ge äußert. Auch darüber, wo das Haupthinderniß sitzt, das ihr den Weg bisher verlegt hat. Auf zwei Parteitagen, 1894 und 1895, hat man nach Mitteln gesucht, um es zu beseitigen. Es ist nicht gelungen. Die Grundlage des socialdemokratischen Programms bleibt die Vergesellschaftung des kapitalistischen Privateigenthums an Productionsmitteln, in erster Linie also die Enteignung von Grund und Boden. In der Liebe zum Be sitz und eigenen Besitz aber wurzelt der Lebensinhalt der bäuer lichen Bevölkerung. Damit ist ausgeschlossen, daß sie für das socialdemokratische Programm sich gewinnen lassen und über zeugte Anhänger des revolutionären Socialismus stellen wird. Das Umsturz-Programm aber in einem Sinn abzuändern, der dem bäuerlichen Besitztriebe Rechnung trägt, hat sich als unmöglich erwiesen, wenn die revolutionäre Grundidee des Programmes nicht zersetzt werden soll. Und mit einer solchen Zersetzung ver mochten sich die Führer um so weniger zu befreunden, als es ihnen weniger daran lag, das Land von ihren Ideen zu über zeugen, als die ländliche Bevölkerung, — auf der einen Seite die Landarbeiter und die Kleinbauern, auf der anderen den größeren Besitz — in Schachstellung gegeneinander zu setzen und sich dadurch auf dem Wege zur Erlangung der politischen Macht den Rücken zu decken. So sagte der bayrische Führer v. Vollmar offen heraus, daß es nicht darauf ankomme, die Bauern für das Programm zu bekehren, sondern sich nach dem Lande hin zu sichern, wenn einmal „die Stunde der Umgestaltung" gekommen sein würde. Und noch bekannter ist das Wort: Bevor man die Axt im entscheidenden Moment an die Wurzel des Baumes lege, müsse man das Erdreich lockern, auf dem er steht, damit der Baum beim Niedersturz die ganze kapitalistische Mißwirthschaft zu Boden schlage. Damit ist deutlich gesagt, wie die Sachen liegen. Die So cialdemokratie behält auf dem Lande ihr Umsturzprogramm in der Tasche und bemüht sich, zunächst das Mißbehagen und daS Mißtrauen der ländlichen Bevölkerung aufzuregen, die Arbeiter gegen die Arbeitgeber, das Gesinde gegen die Herrschaft, den ländlichen Besitz gegen das städtische Capital auszuspielen; vor Allem aber in der ländlichen Bevölkerung das Gefühl eigener Verantwortlichkeit zu zerstören und sie weiter daran zu gewöh nen, von der Allgemeinheit ungestüm dieExistenzgarantie zu verlangen und die Berather der Fürsten ohne Weiteres der Leicht fertigkeit oder der Böswilligkeit zu zeihen, wenn sie unreife Vor schläge zur AWlfe und unberechtigte und nutzlose Eingriffe in die Rechte anderer Erwevbsstände abweisen. Auf diesem Nähr boden erst werden dann die „Reinculturen" gezüchtet, welche die soliden bäuerlichen Traditionen, vom Heimathsaefühl und der Freude am eigenen Schaffen an, bis zum monarchischen Empfin den, ersticken sollen, so daß die ländliche Bevölkerung das In teresse verliert, mit der bestehenden Staats- und Gesellschafts ordnung sich in kritischen Stunden solidarisch zu fühlen. Mit dem bäuerlichen Besitz aufzuräumen, ist dann immer noch Zeit genug. So geht die Reise, und damit ist auch gesagt, wo die Gegen wirkung einzusetzen hat. Zunächst ist für die ländliche Bevölke rung, die schwer unter der gegenwärtigen Conjunctur zu ringen hat, weiter zu sorgen, wie es bisher in Reich und Einzelstaaten geschehen ist. Sodann aber ist es durchaus nothwendig, daß, um das Land vor socialdemokratischer Jnficirung zu schützen, es vor Agitationen bewahrt bleibt, die sich in Tactik und äußerem Gebühren von der socialdemokratischen Landpropaganda — wie Feuilletsn. Deutsche Dichtung in itatienischem Gewände. Die italienische Uebersetzungsliteratur ist reich an deutschen Werken und einige Buchhändler haben sich mit anerkennenswerther Opferwilligkeit zu Vermittlern deutscher Dichtkunst in Italien gemacht. Wenn auch das Studium der italienischen Sprache in Deutschland immer mehr zunimmt und auch in Italien die deutsche Sprache immer mehr Freunde findet, so sind wir doch noch recht weit von einer Kenntniß der beiden Sprachen unter den Gebildeten beider Länder entfernt. Man kann fast sagen, daß früher in Deutschland mehr italienisch getrieben wurde als jetzt, wo schon in der Schule das Französische eine sehr einseitige Bevorzugung erfährt, ohne daß man deshalb auf eine gediegenere Ausbildung in dieser Sprache schließen könnte. Nur zu schnell werden die oft nicht unbedeutenden Schulkenntniffe im Strudel des Lebens oder in harter Tagesarbeit vergessen und die auf die fremde Sprache verwendeten vielen Arbeitsstunden, und manch saurer Schweiß und viele Scheltworte sind umsonst ge wesen. Das ist gewiß bedauerlich, denn nur Weniges giebt in späteren Jahren dem Manne und auch der Frau in Mußestunden eine so geistig anregende Beschäftigung, als die mit fremder Literatur. Aus den Worten der Dichter spricht das Gefühl und die Denkungsweise einer fremden Nation, oder auch nur eines Theiles derselben, spricht zu uns die Auffassung einer Zeit strömung oder die im innersten Wesen unwandelbaren Gefühle der Liebe. So lange wir nun fremde Sprachen nicht verstehen, so lange muß uns die Uebersetzung genügen, und je inniger sich die Uebersetzung dem Geiste des Dichterwortes anschließt, je treuer sie Gedanken und Sprache wiederzugeben versucht, desto mehr erfüllt sie ihre Aufgabe und bringt uns das Wesen deS fremden Volkes näher. Man hat manchmal den Uebersetzer mit scheelen Augen angesehen und hat sich hin und wieder dazu ver stiegen, seine Arbeit für mmderwerthig gegenüber der de» Dichters zu halten und doch ist sie das nicht, man muß nur die Aufgabe des Uebersetzers nicht von einem falschen Gesichtspunkt« aus betrachten. Der Uebersetzer, und das gilt insbesondere von dem poetischer Werke, ist nicht der Dichter. Während der letztere frei aus sich selbst schafft, während er aus der Fülle seiner Ge- danken leichthin einen Theil abgiebt oder leichthin abaeben sollte, muß der Uebersetzer sein eigene» Empfinden unterbinden, muß sich in seinen Dichter völlig versenken, und doch muß er selbst Dichter sein. Die Worte und Reime müssen ihm Zuströmen und für das Wesen des fremden Volke» muß er in seiner eigenen Sprache einen Autdruck finden, der dem de» Original» entspricht und demnach, ohne Erklärung seiner Nation tm weitesten Sinne verständlich, seinen Lesern Anreauna und Freude bereitet. I« mehr sich aber Gefühl, Colortt, ja Worte de» Original» in der Uebersetzung wiederfinden, desto geschickter ist sie gemacht, desto mehr erfüllt sie ihre Aufgabe und desto freudiger ist sie zu be grüßen. In seinen ko««;« varis lernen wir von Neuem Antonio Zar di,*) als trefflichen Vermittler deutscher Poesie kennen, einen Uebersetzer, der die gekennzeichneten Aufgaben der Uebersetzung erfüllt und in seiner Aufgabe aufgeht. Er hat seine Originale nicht aus der neuesten Literatur genommen, er hat sich zu den Dichtern gewandt, die als die besten der deutschen Nation neidlos anerkannt werden, und deren Dichtungen Gemeingut de» deutschen Volkes geworden sind. Aus diesem Grunde versteht es sich auch, wenn wir hier darauf eingehen, denn selbst für Den, der von der italienischen Sprache keine Ahnung Hut, erwächst durch die Musik der Sprache ein leichtes Verständniß für die Ar beiten Zardo's. Wir ,mden in seinem kleinen Buche Goethe und Schiller, Grün und Eichendorff, Körner und Kleist, Wilhelm und Wolfgang Müller, ganz besonders bevorzugt Uhland und Chamisso, Freiligrath, Geibel und Heyse, Franck, Grillparzer und Hamerling, Hoffmann von Fallersleben, Heine, Körner, auch Gleim und Herder, Platen, Krummacher, Salis, Sallet, Lenau, Seidl, Schmidt-Lübeck, Spitta, Reinick und Rückert, Sturm und unseren Gottschall. Man sieht, Zardo hat alle Richtungen unserer ins Volk ge drungenen Dichtung berücksichtigt und er hat auch mit feinem Verständniß seine Auswahl getroffen und die Gedichte bevorzugt, die ihm „svn parss piü aäatts » ricevero In vssto italiaa»^. Die Gedichte, denen das italienische Kleid paßt! Nun, es sind, wie gesagt, eine ganze Anzahl, und zumeist paßt ihnen daS italienische Kleid sehr gut. Nicht immer hat er Tonfall und Reim einhalten können, bei den meisten aber ist es ihm ge lungen. Wir können es uns nicht versagen, einige Proben der Uebersetzungskunst Zardo's hierher zu setzen, Proben solcher Gedichte, die in aller Mund find, die bei uns wohl jedes Kind kennt, und die nun durch jene Uebersetzung auch der italienischen Jugend vertraut werden. Wir bedauern nur, daß der Raum uns nicht eine größere Auswahl gestattet, freilich müssen wir auch d i e Leser um Entschuldigung bitten, die gar keine Kenntniß der Sprache besitzen, daß wir sie in eine terra ineosnitn führen. Lesen wir zuerst Thamisso'» „Schloß Boncourt": Ich träum' al» Sind mich oft zurücke Und schüttle mein greise» Haupt; Wie sucht ihr mich heim, ihr Bilder, Die lang' ich vergessen geglaubt? kaociul mi eoxoo eck asito U'anrentoo crins. LerodS mal vvuits w« cki vuovo o immazxini Od'io oreckova cka luuzxdi »oul ovanite? Nun Lenau, dessen Lied an Beranger erinnert: Wal trauerst du, mein schöner Jung,? Du Armer, sprich, wo» weinst du so? Daß treulo» dir im raschen Schwünge Lein liebe» vögelet» entfloh? Odo ti rattrista, del kmeiulllno? L verokS, cklwivi, pian-fl cool? ^duuS l' ivScko, earo »uuollloo Da t« eov rapicko, volo, niznklk *) koeaio Varl« Drackott« ckal Deckens ck» Antonio 2»rcko. kirenao, Suoeaaaori 1» Llonnlor. Prächtig ist Uhland wiedergegeben: Die letzte Strophe aus „Des Knaben Berglied" lautet: Und wenn die Sturmglock' einst erschallt, Manch Feuer auf den Bergen wallt, Dann steig' ich nieder, tret' in» Glied, - Und schwing' mein Schwert und sing' mein Lied: Ich bin der «nab' vom Berge! Odo so a stormo un cki la «quill« Luoni, e xiü, cki villa in villa, 8pleuckau kuoeki, tosto il dravcko Ltriuxo, o soeoäo a' wioi, oaotancko: 8on ckel wooto il pastorollo. Altmeister Goethe' s „Erlkönig" ist in der Uebersetzung so gelungen, daß man beinahe ohne Kenntniß der Sprache das Original wiedrrerkennt. Wir setzen deshalb dieses Meisterstück ganz hierher: Wer reitet so spät durch Nacht und Wind? Es ist der Vatcr mit seinem Kind; Er hat den Knaben wohl in dem Arm, Er saßt ihn sicher, er hält ihn warm. „Mein Sohn, wa» birgst du so bang dein Gesicht?« — „Siehst, Vater, du den Erlkönig nicht? Den Erlenkönig mit Kron' und Schweis?« — „Mein Sohn, e» ist ein Nebelstreif.« — „Du liebe» Kind, komm', geh' mit mir! Gar schöne Spiele spiel' ich mit dir; Manch' bunte Blumen find an dem Strand, Meine Mutter hat manch' gülden Gewand.« „Mein Vater, mein Vater, und hörst du nicht, Wa» Erlenkönig mir leise verspricht?« „Sei ruhig, bleibe ruhig, mein Kindl In dürren Blättern säuselt der Wind.« „Willst, feiner Knabe, du mit mir geh n? Meine Töchter sollen dich warten schön; Mein« Töchter sühren den nächtlichen Reih'», Und wiegen und singen und tanzen dich rin.« „Mein Vater, mein Vater, und siehst du nicht dort Erlkönig» Töchter am düster» Ort?« — „Mein Sohn, mein Sohn, ich seh' e» genau, E» scheinen die alten Weiden so grau.« — „Ich liebe dich, mich reizt deine schöne Gestalt: Und bist du nicht willig, so brauch ich Gewalt.« — „Mein Vater, mein Vater, jetzt faßt er mich an! Erlkönig hat mir ein Leid» gethan!« — Dem Vater grauset'», er reitet geschwind, Er hält in den Armen da» ächzende Kind, Erreicht den Hof mit Mühe und Noth; In seinen Armen da» Kind war todt. l)i vott«, » cavallo, edi mal vor In vor» O»mpa<rll», cki »rckiico »Saar la bukora? L uu packro cd« il L»lio. eoo tropicko atkotto, Kipar» ckal zxvlo, »i otrillzse »ul potto. Ode oeli I» kaeeia, L«Iiuol, tra le warn? — 0 dabdo, llou vecki tu il re ckerxli ovtam? ff re ckezrli ootavi ool «erto o la cock»? — L ueddi», ad« a jxuio» cki »»atro »i «vocka. — „Vevir vuoi weoo, kauoiullo wio? Oiooar bei »ioodi oon to voxl' io; Kan variopillti Lori i miei liti, dkia wackre da vsrri ck' oro e vostiti." 0 dabdo, voll ocki tu quäle promessa Il re mi susurra, cou voce sowwessa? — D' accdeta, ÜKliuolo; quäl towa ti co^lio? K il vento ods kreme tra l' »ricko koxlie. — „Veuir vuoi woco? Ue wie chffiuole Öi llotto iutrecciauo vaxbo carole, voloi eallroai ti callteranno, Di vexlierallvo, ti cuUeraollo." 0 dadbo, ov' ö il duio piü ütto, voll vecki Ool re cke^Ii ovtaui Io Lzxlie? — Ko, crecki, Kull'altro, üxliuolo, voll vecko ns sovto Ode i saliei antiodi poroossi ckal vevto. — „1/0 tue m'ackescallo kormo ISWiackre; Vieni, o ti «trappo, bimdo, a tuo packro." 0 dabdo, wio dabdo, ckel re ckexli ootavi Derribili, ackuuedo w allerran Io maui. — II packre zxaloppa, eompreso ck'orroro. K il L^lio cdo xemo si «triuzxo «ul core; Uax^iuoxo il cortile, oou emsia illüoita; bla quei «ul »uo petto ^iaoea osora vit». Die Mit DaS Der Die Erlosch vor seinem Toben. Hier Planken auf den Strand Stürmt'» au» dem Fluthenreiche. Daneben ruht im Sand Wohl manche nasse Leich«. Da» Meer verschlang den Rest, Froh stießen sie vom Lande. Jetzt ist » ein Todtenfest — Nur Wittwen stehn am Strande. Vs'veacatori l' uwilo Villa cksaerta appare; I-e ckollvo oou piavUevt! ooodi a'aznxiravo Sulla «plazrri» ckel war«. Ov» tewpseta orridil« lllküriato ave» I» quell» llotts, « I» «udlillm Laccola Sulla torre apegwoa. Lck or» i Lutti vsrsauo Davol« illkraute »I llcko, 8 »i rotti lezxui Inslsm, molll eackavsrl kissetta il wäre inLcko. Dutto il reoto oeU'umicko 8euo ei oki'use; «xioconcka k'u la parteura uu Horvo; ogzxi «>l veckov« klora» oovr» la ipoucka. Und zum Schlüsse wollen wir unseres Gottschall „Strandlied", eines seiner frühesten Gedichte, hierher setzen, dessen Stimmung Zardo anempfindend wiedergab. Da» Fischerdorf ist leer, Am Strande stehn die Frauen, auf» bewegte Meer trüben Blicken schauen, war ein arger Sturm, sich zur Nacht erhoben! Leuchte auf dem Thurm
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
- Doppelseitenansicht
- Vorschaubilder
Erste Seite
10 Seiten zurück
Vorherige Seite