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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 27.08.1898
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1898-08-27
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18980827016
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1898082701
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1898082701
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1898
- Monat1898-08
- Tag1898-08-27
- Monat1898-08
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Da moderne Leben hat die demokratischen Ideale so stark verdunkelt, daß sich der Groll gegen den Manu, der ihrer Verwirklichung die mächtigsten Hindernisse aufgethürmt, abschwächen mußte. DaS parlamentarische Regierungssyslem bat sich selbst so schwere Wunden beigebracht, daß die Politiker, die es noch immer für Deutschland fordern, Zustände in den Ländern, die eS beherrscht, entweder nicht zu beachten scheinen oder unbarmherzig brandmarken müssen. Und die republikanische StaatSsorm ist trotz der kriegerischen Erfolge der Vereinigten Staaten discreditirt wie kaum jemals zuvor. Selbst die »Franks. Ztg." hat dieser Tage in einer Auseinandersetzung mit einem conservativen Blatte erklärt, sie könne sich nicht erinnern, jemals für die Republik ge schwärmt zu haben, und wenn ja, so sei sie jedenfalls von dieser Schwärmerei längst gründlich geheilt. Letzteres frei lich nur „durch das, was in der Republik Frankreich ge schieht", d. h. durck die DreyfuS-Angelegenheit. Die wachsende Mißachtung deS parlamentarischen Systems und der republikanischen Verfassung bei der Demokratie ist aber eine ziemlich neue Erscheinung, die wieder ver schwinden kann. Was aber, falls nicht die Fürsten selbst an der Zerstörung arbeiten, bleiben wird, daS ist die feste Grundlage, die Bismarck der Monarchie in Deutschland wiedergeHeben hat. An ihr werden die demokratischen Velleitäten zerschellen, wenn ander wärts Parlamentsherrschaft oder Republik wieder beliebte Einrichtungen geworden sein sollten. Höflingsnaturen mag cs ja entsetzen, zu lesen, daß Bismarck in dem von Alters her monarchischen Deutschland noch etwas für die Be festigung der Throne zu thun vorgefunden habe. Wer aber z. B. das Süddeutschland der ersten größeren Hälfte der sechziger Jahre gekannt hat, der weiß, daß daS neunzehnte Jahrhundert auch außer dem Jahre 1848 eine Zeit ge kannt hat, in der iu vielen Strichen Deutschlands, sehr vorsichtig gesprochen, eine Lebensgefahr für die Monarchie die Gemüther nicht sonderlich erregt hätte. Damals durfte ein KarlMaier, eine jetzt beinahe vergessene demokratische Größe, sich herablassen, seinem Landesherrn, Wilhelm von Württem berg, die Beruhigung zu geben, im Falle seiner Absetzung würde man dem König eine Pension anssetzen, um ihn vor Mangel zu schützen. Das klingt heute komisch, in den hohen württembergischen Kreisen ist aber die Stimmung, aus der heraus das dreiste Wort gesprochen war, ernst gemeint worden, und die Stimmung in Württemberg war nicht einzigartig in dem damaligen Deutschland. ES ist glaubwürdig versichert worben, daß ihre Kenntniß der Gesinnung eines großen Theiles der Bevölkerung nicht wenig dazu beigetragen habe. den süddeutschen Regierungen gewisse, den späteren Anschluß an Preußen erleichternde Schritte zu thuu. Der soeben durch politische und militairische Erfolge, die im siegreichen Kampf« mit einer die Parlamente beherr schende» Demokratie vorbereitet worden waren, mächtig er starkte norddeutsche Großstaat konnte in der Thal dem monarchischen Wesen einen starken Rückhalt bieten. Die Annahme wäre unrichtig, daß diese Fähigkeit allein auf den jüngsten großen Ereignissen beruht habe, viel mehr ist e» gewiß, daß bis dahin ungeachtet des erbitterten VerfafsuugSstreiteS und der scharfen persönlichen Spitze, die sich während seiner langen Dauer gegen die Person des Königs richtete der monarchische Gedanke im alten Preußen weniger gelitten hatte als beispielsweise in Tbeilen Südwest deutschlands, Frankens und des Westens. Aber das König- thum in Preußen war wenige Jahre vorher einer Gefahr entgangen, die, wenn nicht rechtzeitig abgewendet, den Staat mit dem „rooller äo drourv" außer Stand gesetzt hätte, die Monarchie in anderen Ländern durch sein Beispiel zu kräftigen. Als Herr v. BiSmarck-Schönhausen im Jahre 1862 nach Berlin gekommen war, um über die Uebernahme des Mi nisterpräsidiums zu verbandeln, fand er den König im Besitze einer kurz vorher verfaßten Abdankungsurkunde. Wil helm I. hatte eine Weile geglaubt, seinem Lande und Hause zu nützen, wenn er einer populären Persönlichkeit, wie sie offenkundig damals der Kronprinz Friedrich Wilhelm ge wesen ist, den Platz auf dem Throne räumte. Es ist nicht auszudenken, was nach der Ausführung dieses Vorhabens — von der deutschen Frage ganz zu schweigen — auS der preußisckcn Monarchie geworden wäre und welche Entwickelung die kleinen deutschen Länder genommen hätten, wenn ein Preußenkönig für seine Person vor einer Parlamentsmehrheit zurückgewichen wäre. Ein kurzer Meinungsaustausch mit Bismarck, und der nunmehr zur verantwortlichen Führung der Staatsgeschäfte Entschlossene hatte die Fetzen der von dem rasch mit der aUen KampfeS- sreude erfüllten König eigenhändig zerrissenen Abdaukungs- erklärung in seiner Tasche verborgen. So hat Bismarck die preußische Monarchie, wie er sie verstand und wie er sie uns verstehen gelehrt hat, gerettet und damit die Grundlage erhalten, auf der allein daS deutsche Reich sich aufbauen konnte. Der König war wirklich König geblieben; vier Jahre ge waltigen Streites galten der Wahrung der vom König fest gehaltenen Kronrechtc gegenüber dem Parlamente und der öffentlichen Meinung. Doch bildet dieses rein konservative Wirken nur die eine Seite von Bismarck'S constitutoneller Arbeit. Das Parlament war da und der ehemalige Gegner der Umwandlung Preußens in einen Versassungsstaat hatte es als einen unentbehrlichen Factor im modernen StaatS- leben würdigen gelernt, nur daß er die genaue Umschreibung der Gewalten von Krone und Volks vertretung vermissen mußte. Es gab noch immer eine starke Partei, die die verfassungsmäßigen Rechte und Frei- Ijeiten nur äußerlich anerkannte, und daS Parlament hatte m der ConflictSzeit kein Hehl daraus gemacht, daß die Be- chneidung der Kronrechte zu Gunsten der Volksver tretung sein politisches Ideal sei. Bismarck hat, waS gegensätzlich schien und in der Thal gegensätzlich ge worden war, zu einem System vereinigt, in dem dem Monarchen seine überkommenen Rechte verblieben, ohne daß dadurch die erworbenen Rechte des Volkes beeinträchtigt wurden. Indem er diese letzteren Rechte weit auSdehnte und Wilhelm I. fernem Nach» olger dennoch eine reine Monarchie vererbte, hat Bismarck Fürsten und Volk den Beweis hinterlassen, daß die con- titutionclle Monarchie zur vollen Wahrheit werden kann, daß nicht entweder die Krone oder die Volksvertretung zu einem Scheindasein verurtheilt sein muß, daß vielmehr beide al» reale Machlfactoren nebeneinander und ineinander wirken können. Dies war vordem schon als Lehre gehört, nicht aber als Wahrheit erkannt worden. Die durch Bismarck gewordene Erkenntniß bildet den stärksten Pfeiler der deutschen Monarchie am AuSgange des neunzehnten Jahrhunderts. Die gesetzlichen Bestimmungen über die Wahrung des Briefgeheimnisses und ihre amtliche Auslegung. 11. Wir kommen nunmehr zu einem Puncte, der von allergrößter Wichtigkeit für das Briefgeheimniß erscheint und einer be sonders gründlichen Prüfung Werth ist, zu der Frage nämlich, ob bezw. inwieweit nach Lage der gesetzlichen Bestimmungen die Post- und Telegraphenanstalten befugt und verpflichtet sind, den Gerichtsbehörden und Staatsanwaltschaften Auskunft über Postsendungen und Telegramme zu ert heilen. Wie wir gesehen haben, gestattet die Strafproceßordnung unter gewißen Bedingungen eine Beschlagnahme von Postsendungen und Telegrammen. Von einer Befugniß des Gerichts oder der Staatsanwaltschaft, Auskunft über Postsendungenund Telegramme zu verlangen, spricht sie nirgends, und aus den 88 96, 159 kann eine derartige Befugniß nicht hergeleitet werden, da das Briefgeheimniß, wie früher dargethan ist, olle Thatsachen umfaßt, welche der Post beamte durch eine stattgehabte Correspondenz amtlich in Er fahrung bringt, diese Paragraphen aber keine Ausnahme bestimmungen sind, wie sie 8 6 des Postgesetzes voraussetzt. Mit Rücksicht auf das Briefgeheimniß halten wir daher das Gericht bezw. die Staatsanwaltschaft nicht für berechtigt, von den Post- und Telegraphenanstalten irgend welche Auskunft der fraglichen Art zu verlangen. Wenn der Gesetzgeber — wie übrigens weder die Motive noch dieBerathungsverhandlungen ergeben—neben der Beschlagnahme auch eine Auskunftsertheilung für erlaubt erachtet habenwollte—so hätte er dasselbe ohneZweifel wörtlich zum Aus druck gebracht. Alle seine Erwägungen — darüber lassen Motive und Verhandlungen nicht im Unklaren — gehen auf fallend offenkundig dahin, die Ausnahmen vom Briefgeheimniß auf das Allernothwendigste zu beschränken sowie den Tenor der einschlägigen Bestimmungen derart zu gestalten, daß ein Zweifel über deren Absicht und Tragweite nicht ent stehen und für eine Interpretation in irgend einem erweiternden Sinne kein Raum sein sollte. Die Ansicht Lowe's, daß ein Ersuchen um Auskunfts ertheilung über Postsendungen und Telegramme lediglich nach den die Beschlagnahme behandelnden 88 99, 100 zu beurtheilen sei und hinsichtlich ihrer auch der in 8 100 bezeichnete Unter schied zwischen dem Gericht und der Staatsanwaltschaft Platz greife, läßt sich u. E. nicht begründen, wie auch der Autor selbst zu ihrer Begründung nichts anführt. Sydow sagt (bei v. Stengel, Wörterbuch des deutschen Verwaltungsrechts) zunächst: daß die Pofkverwaltung die Ertheilung von Auskunft über die Correspondenz, sowie die Vorlegung von Urkunden und Büchern, welche sich auf die Correspondenz beziehen, mit Rücksicht auf das Briefgeheimniß abzulehnen habe, um dann weiter zu deduciren: da indeß die Auskunftsertheilung, sowie die Vorlegung von Urkunden und Büchern über Thatsachen, welche die Correspondenz betreffen, gegenüber der Beschlagnahme das Mindere darstelle, es für die Postverwaltung unbedenklich sei, dem Crsuchen um Auskunft u. s. w. zu entsprechen, wenn die Voraussetzungen für die Beschlag nahm« der Sendungen vorlirgen. Wir möchten dieser Deduktion gegenüber zunächst im Allge meinen bemerken, daß, wenn die Postverwaltung gesetzlich verpflichtet ist, die fragliche Auskunftsertheilung abzu- lehnen, sür sie doch nichts Anderes übrig bleibt, als diese Ablehnung gegebenen Falles zu bewirken und, sofern die Voraussetzungen für eine Beschlagnahme vorliegen sollten, was sich zunächst ihrer Beurtheilung entziehen wird, die Beschlag nähme dem Gerichte oder der Staatsanwaltschaft anheimzugebcn. Im Uebrigen erscheint uns die Ansicht, daß die Auskunfts ertheilung rc. der Beschlagnahme gegenüber das Mindere sei, in mancher Beziehung doch sehr bedenklich. Es kann eine Aus kunftsertheilung für den Beschuldigten eine weit schärfere und verhängnißvollere Maßregel bilden, als die Beschlagnahme. Die Auskunft z. B., daß der Beschuldigte mehrere Briefe aus N. erhalten habe, vermag einen vorliegenden Verdacht zu ver stärken, während die förmliche Beschlagnahme u. E. zu einer sofortigen und entlastenden Aufklärung führen kann. Im Weiteren ist zu berücksichtigen, daß der Adressat von der Be schlagnahme seiner Correspondenz Kenntniß erhält, wenn sie ihm nachträglich ausgehändigt werden muß, während in den gleichen Fällen die geschehene Auskunftsertheilung für ihn ein Geheimniß bleiben wird. In Betracht kommt auch das Be denken, daß zu dem Ersuchen um Auskunftsertheilung leichter gegriffen werden wird als zur förmlichen Beschlagnahme. In Bezug auf die Vorlegung von Büchern rc. ist zu bedenken, daß der Richter bezw. der Staatsanwalt durch das Einsehen FeuNleton» Bierbrauerei, Lierschank und Siercomment auf dem Dorfe. Von ?. F. E. Krüber in Bocka bei Altenburg. Im Mittelalter hatten bis weit in die neue Zeit hinein die ältesten Häuser der Dörfer wie Städte ihre eigene Brau- und Schankgerechtigkeit. Diese Sondergerechtigkeit blieb auch dann noch, wenn die brauberechtigten Häuser in einer gemeinsamen (Commun-) Brauerei zusammen brauten oder dem einzelnen Brauberechtigten erlaubten, gegen Erlegung eines Pfannenzinses sich dort ein Gebräude herzustellen. Beim Hausbrauen wie in beiden letzteren Fällen herrschte meist der Reihrschank. Nach acht Tagen wurde gewöhnlich das Maß von einem brauberechtigten Hause zum andern geschickt. Als Zeichen der Ausübung des ReiheschankeS diente der Bierlegel oder Schankwisch oder ein anderes Bierzeichen (Biersieb z. B.). Wurde in alter Zeit irgendwo gebraut, so wurde im Orte herumgcfragt, wer mit einschütten wollte. Nach Abschöpfen des ersten Bieres wurde meist noch ein Dünnbier (Afterbier, Ko- vcnt) bereitet. Zur Kirmse schüttete die Dorfjugend zusammen ein. Das Gemeindebrauhaus wurde späterhin öfter verpachtet. Manchmal hatte oer Dorfrichter die Braugerechtigkeit allein. An anderen Orten war eine besondere Erbschenke, ein Erbkretzschmar (Erbkrug vrgl. Krüger und Kretzschmar) vorhanden. Manchmal hatte der Erbkrrtzschmar neben der Schank- auch eigene Brau gerechtigkeit. Nach dem auch für die Herstellung deS Bieres geltenden Meilenrechte durfte später im Umkreise einer Meile nur eine größere Brauerei sein, von der die Schankwirthe ebenso wie bei ihren Familienfesten die Privatleute ihr Bier entnehmen mußten. Natürlich befanden sich diese größeren Brauereien dann in Städten oder auf großen Rittergütern. Die Brauberechtigten (Bürgerschaft) durften bei Verletzung ihres Meilenrechts auf die ihr zugewiesenen Dörfer mit bewaffneter Hand ausfallen, fremde Biere daselbst wegnehmen oder austrinken, die Gefäße aber mit nehmen oder zerschlagen. Zur Aufrechterhaltung und besseren Ausnutzung des Brauzwanges wurden von den Brauberechtigten (Privilegirten) allerlei Verträge (Cartelle) geschlossen. Nur bei nicht tüchtigem, d. h. etwa saurem Getränke der nächsten (Herr schaft»-) Brauerei war es erlaubt, daS Bier anders wo her zu holen. Bisweilen hatten sogar Pfarreien eigene Brau- und Schankgerechtigkeit. So ,. B. 1656 die PfarreLu Gundorf bei Leipzig. Diese Gerechtigkeit aber wurde in selteneren Fällen so gar im Pfarrgehöfte selber ausgeübt. Hieran werden wir erinnert, wenn z. B. im Oktober 1660 der .würdig«, wohlgelahrt« und gute Freund" Marcus Seiling, Pfarrherr zu Oberthau und Ermlitz a. d. Elster bei Schkeuditz auf geschehene Anfrage seinerseits dahin berichtet wird: In den Consistorial-Archiven de» Stifte» Merseburg, insonderheit bei der Hauptmatrikel (EinkunftS-Verzeichniß) der priesterlichen Einnahmen u. s. w. (Jntraden), sei auch die» zu finden, daß die Erbschenke zu Oberthau nebst einer dazugehörigen halben Huf« (12—24 Acker) Landes dem Pfarrer daselbst lehns- und zins pflichtig sei; daher hgbe sie weder Spund-Groschen (für jedes frische Faß) noch andere Abgaben außer dem gewöhnlichen Erb- zins zu entrichten; ferner sei sie mit dem Rechte ausgestattet, in und außer der Nachbarschaft ohne allen Unterschied und ohne Spund- und Zapfengeld Bier abzuholen und einzulegen. Sie sei mit freier Schenkgerechtigkeit von Alters her ausgestattet. Daher sei der derzeitige Pächter des Rittergutes Oberthau, wie wohl das Rittergut ein Brauhaus und nebst dem Unterhose da selbst zugleich auch die Erbgerichte in der Schenke mit habe, der Wirth auch früher zuweilen ein Mak Bier vom Gerichtsherrn genommen habe, durchaus nicht im Rechte, wenn er den Erb- schenken daselbst zwingen wolle, alles Bier, cs möge gut oder schlecht sein, von ihm zu nehmen und zu verzapfen, denn die Erb gerichte zögen nicht den Bierzwang nach sich, sonst hätte der Wirth dort nicht längst schon in früheren Zeiten sein Bier von Weßmar, Krieasdors, Liebenau, Merseburg u. s. w. holen dür fen. Am 20. Januar 1661 wird diese Erbschänke binnen kurzer Zeit zum vierten Male mit ihren Grundstücken und Freiheiten — „frei von Spundniedcrlagegcld und Frohndiensten Niemand einen einzigen Heller oder Pfennig Spundgeld oder Niederlage sowohl von einheimischen als von fremden Bier zu geben, ver bunden" ... mit allem Zubehör, als Haus, Hof, Garten, Ställen, Scheunen, „so meist Alles sehr verwüstet und thcils ganz einge gangen und vom Winde übern Haufen gerissen" für ganze 230 (zwei Hundert und dreißig) Gulden (30j. Krieg) verkauft. Wir sehen hieraus, daß auch die protestantische Geistlichkeit theilweise und meist indirekt Einkünfte aus Brauerei- und Schank-Betrieb bezog, wenn sie sich auch natürlich mit den be rühmten und beliebten Klofterbrauereien in keinen Wettstreit «Inlassen konnte. Dagegen fiel es noch im vorigen Jahrhundert nicht weiter groß auf, daß sich ein Pastor eine Schnapsbrauerei erbaute und einrichtete. Laut Kaufbrief vom 2. April 1704 nämlich verkaufte, „weil der hochgeborene Graf und Herr, Herr Otto Heinrich, de» Heil. Röm. Reichs Graf zu Solms und Tecklenburg, Herr zu Mllntzenberg, Wildenfels und Sonne walde nach reiflicher Ueberlegung aus erheblichen Ursachen und hierzu bewegenden Gründen dero bei Friedrichsdorf-Friedersdorf, 1 Std. nordöstlich von Bitterfeld — habende Ziegelscheune ein gehen zu lassen, und diesen Platz anderweit zu benutzen be schlossen", den Platz des Ziegeleihofes zu Friedersdorf an den „wohlehrwürdigen, großachtbaren und wohlgelahrten Herrn An dreas Rosenhayn, wohlverdientem Pfarrer zu Pouch und Frie dersdorf". In dem Kaufbriefe heißt es nun: WaS von dieser Stelle dem Pfarrer und Schulmeister, desgleichen zu der Ge meinde wegen des Hirten-Lohne» und anderer Gemeinde-Sachen, wozu der Ziegelstreicher vordem hat Beitrag thun müssen, ent richtet werden muß, hierin bleibt es bei dem Herkommen. Zu letzt versprechen Ihre Hochgräflichr Gnaden dem Herrn Pfarrer und dessen Erben und nachkommenden Besitzern diese» Gutes al» ein Privilegium, da» Branntweinbrennen in Friedersdorf allein zu haben. Er soll das Branntwein-Brennen im Dorfe FriederSdorf zu exerciren (auszuiiben), all« n befugt sein, mit Ausschließung oller übrigen Einwohner daselbst, deren keinem dergleichen zu ewigen Zeiten erlaubt sein soll. Luch den Lranntwein-wang suchten die Herren mancherorts einzuführen. So heißt z. B. Punct 21 aus dem zwischen den Pferdnern und Halbhüfnern (Anspann- und Handgutsbesitzer in andern Landestheilen genannt) zu Schnaditz und Wöllaune (nord östlich von Delitzsch) mit ihrem Gerichtsherrn Christoph Libo rius von Steuben, datirt Dresden am 28. Februar 1725, er richteten Vorbeschieds-Recesse (21): Die streitig gemachte Ab nahme des Bieres und Branntweins betreffend, so haben die Unterthanen dem Gerichtsherrn den Bierzwang zugestanden. Derselbe will ihnen aber allemal tüchtiges und gutes Bier, auch wenn sie es im Ganzen von ihm nehmen, zu demselben Preise, wie es in der (benachbarten) Stadt Düben bezahlt wird, ver kaufen. Dagegen läßt er den vorher behaupteten Zwang wegen Abnahme deS Branntweins fallen. Jedoch soll kein Unterthan sich unterfangen, ohne des Gerichtsherrn Erlaubniß Branntwein zu brennen. In dem zwischen eben genannten Parteien am 23. Juni 1728 theilweise erneuerten und abgeänderten Ver trage heißt es hierüber: „Was den Bierzwang betrifft, so hat von Steuben dem Schankwirth Christian Kahle gegenüber sich dahin erklärt, daß er demselben tüchtiges und gutes Bier um den Preis, wie in der Stadt Düben gutes Bier verkauft wild, wolle liefern und zukommen lassen, ihm auch, so viel wie irgend mög lich, mit Vierteln an die Hand gehen wolle. Dagegen ist wohl den Unterthanen zu Schnauditz und Wöllaune der Zwang, den Branntwein bei dem Gerichtsherrn zu nehmen, erlassen worden; da» ist aber nicht auf Kahle zu beziehen, derselbe ist hierbei viel mehr in doppelter Hinsicht anzusehen: einmal als rin mit Feld gütern angesessener Unterthan, dann aber besonders als ein Schankwirth; als letzterer hab« er aber beim Kauf der Schänke den Branntweinschani mit übernommen. Daher ist auf Grund dieses Kaufes vom 19. September 1715 über das Schankgut zu S. genannter Chr. Kahle schuldig, den Branntwein bei dem Gerichtsherrn zu nehmen, wogegen dieser sich verbindlich macht, dem Schenken allemal guten und tüchtigen Branntwein um rechtmäßigen Prei» zu liefern." Ucber den Bierzwang und -schank seien folgende Bestim mungen erwähnt. Nach Punkt 5 des am 26. April 1732 von der Kurfürstlichen Kanzlei in Dresden ausgefertigten RecesseS zwischen den Häuslern (Gärtnern) zu Stauchitz bei Riesa und ihrem Gerichtsherrn Rudolf August von Lüttichau heißt es: Sie machen sich verbindlich, das Bier zu aller Zeit bei der Ge- richtßobrigkeet, wenn e» nicht ungeschlagen oder sauer oder un trinkbar ist, gezwungen zu nehmen, und zwar nach dem Preise, wie es der Schankwirth zu Stauchitz bezahlt oder nach dem wohlfeilsten Preise, wie es in den im Umkreis von 2 Meilen liegenden Städten (Riesa, Oschatz, Lommatzsch, Meißen) ver- kauft wird. In der am Gerichtstage, dem 17. December 1727, vom Ge- richtShalter Johann Gottlieb Höher der versammelten Gemeinde zu Zweinaundorf (wie alljährlich) vorgelesenen Dorfordnung be stimmte Artikel 16: In Bezug auf da» Pfingstbter ist man früher dahin übereingekommen, daß jede Gemeind« ihr Bier be- sonder» hol«n und trinken soll, damit kein Dorf in den Feier tagen von allen Leuten verlassen würd«. Dabei soll e» weiterhin verbleiben. Und die Pferdner (Anspänner) sollen es unentgelt- lieh zu holen, «in jeder (Hau»-) Wirth aber für sich und sein Weib, es sei dasselbe noch am Leben oder nicht, nach aller anderen Dörfer Brauch, dazu, wie auch zu den Gemeindeversammlungen an den Köhr-Tagen seinen Beitrag zu leisten schuldig sein. Außer diesen Gelegenheiten aber soll Keiner zu anderen gemeinsamen Zechen genöthigt werden. Nach dem Oberhofgerichtsurtheil vom Trinitatistermin 1736 in Sachen der Gemeind« zu Baumersroda bei Freiburg a. d. U. als Kläger gegen ihren Gerichtsherrn Hans Gottlieb aus dem Winkel wird letzterem verboten, daß er sich herausnehmen wolle, im Brauhause zu Baumersroda umsonst zu brauen, er habe viel mehr der Gemeind« von jedem Gebräude im Brauhause die ge wöhnlichen neun Groschen zu entrichten. Er solle sich auch weiter der Anmaßung enthalten, den Reiheschank mit fremdem Biere im Dorfe zu verwehren und den Leuten sein eigenes Bier auf zudringen; ebenso sei er nicht berechtigt, di« Musik zu verbieten, wenn sein Bier nicht genommen wird, weiter der Gemeinde, die für sich «inen geschworenen Hausschlächter bestellen wolle, das zu verbieten, und ihr einen, den er gerade haben will, aufzunöthi gen u. s. w. Artikel 19, der „Artikel, wie sich rin jeder Nachbar in der löblichen Universität Leipzig 3 alten Dorfschaften (Hohenheida, Gottscheina und Merkwitz) verhalten soll «. 1712", bestimmte über die Bierverhältnisse: Ein Nachbar soll, wo Schenken sind, es sei nun zu Hochzeiten, Kindtaufrn, Kirmessen oder sonst, ohne Vergünstigung nicht über ein Viertel Bier (in seinem Hause) einlegen, bei des Probst«» ernster Strafe. Und eine jede Dorfschenke soll dagegen stets Bier haben, bei Strafe von zwei silbernen Schock. Aber der Wirth soll keinem Nachbar mehr denn für 5 Groschen Bier borgen, oder anschreiben, und nicht länger denn ein Vierteljahr stehen lassen. Dazu soll Keiner, bei 20 Groschen Strafe . . . zum gemeinen (gemeinsamen Trunk) Bier oder zu überflüssigem Zechen genöthigt werden. Ebenda aber bestimmt Artikel 33 über die Bierordnung und Polizeistunde: Da es sich befunden hat, daß in Folge des Nachtzechens und Spielen» sich allerlei Unheil zu ereignen Pflegt, so soll hinfort »ein Nachbar, wer er auch sei, nach 9 Uhr in der Nacht junge oder alte Personen, sie feien Fremde oder Einheimische, ge betene Gäste oder nicht, sie zechen oder zechen nicht, in seinem Hause ohne rechtmäßig« Ursache aufhalten, bei Strafe so vieler Neufchock, als er Leute aufhalten würde. Auch sollen nach der Kurfürstlichen Polizeiordnung Bauersleute nicht spielen, es gescheh« denn «iwa beim Bier und so, daß auf einmal Keiner über einen Groschen verspiele, solches auch in einem Monate nicht über ein Mal geschehe, bei Strafe von 10 Thalern, die der jenige, der da spielt, ebenso aber der, so es in seinem Hause geschehen läßt, ebenso hoch zu bezahlen hat. Darnach sollen sich die Unterthanen richten und sich bei der festgesetzten Strafe des Spielens enthalten. Ueber das Biereinlegen bestimmt Artikel 24 der ebenfalls 1712 aufgestellten Dorfordnung für die 5 neuen Universitätsdörfer (Holzbausen, Zuckelhausen, Klein pösna, Wolfshain, Zweenfurth) fast wörtlich dasselbe wie obiger Artikel 19. Ebenso gleichlautend sind die Verfügungen üb«r da» abendliche Aufhalten der Gäste in Privathäuseen. Artikel 48 aber lautet dann weiter: 48. Nach Inhalt der Polizeiordnung soll alle» übermäßige Zutrinken verboten sein. In den Schank«
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