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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 31.08.1898
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1898-08-31
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18980831026
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1898083102
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1898083102
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1898
- Monat1898-08
- Tag1898-08-31
- Monat1898-08
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Größere Schriften laut unserem Preis« verzeichniß. Tabellarischer und Zissernsatz uach höherem Tarif. Extra-veilagcu (gefalzt), uur mit der Morgen-Ausgabe, ohne Postbrförderung 60.—, mit Postbeförderung 70.—. Annahmeschluß für Anzeigen: Abend-Ausgabe: Vormittags 10 Uhr. Marge «-Ausgabe: Nachmittags 4 Uhr. Del den Filialen und Annahmestellen je ein« halbe Stunde früher. Anzeigen sind stet« an die Expediti«» zu richten. Druck und Verlag von E. Polz in Leipzig Mittwoch den 31. August 1898. 92. Jahrgang. Sismarck-Lüeralur. „Beiträge zur inneren Geschichte der letzten Jahre bi« 18SK nach Tagebuchblättern" von Moritz Busch, au« denen Veröffentlichungen in den „Times" und in einem Berliner Blatte unmittelbar nach dem Tode de« Fürsten in so takt loser, dem Willen der Nächststehenden nickt entsprechender Weise erfolgten, sind jetzt unter dem Titel „Bismarck und sein Werk" im Buchdandrl erschienen (Leipzig, Verlag von S. Hirzel). Herr Busch ist in der Lage gewesen, wichtige Aktenstücke einzusehen und hat gesprächsweise viel au« erster Quelle gekört. Wenn der Fürst ihm auch im Frühjahr 189 l gesagt hat — was der Autor zu seiner Legi timation an der Spitze des Vorwort« bervorheben zu müssen glaubt — „Buschlein wird einmal, lange nach meinem Tode, eine innere Geschickte unserer Zeit nach guten Quellen schreiben", worauf Busch „nicht lange nach Ihrem Tode, sondern dann sofort" ohne Widerspruch des Fürsten aeant- wortet zu haben angiebt, so ist doch für die Auswahl deS Gebotenen natürlich nur Herr Busch verantwortlich. E« ist Manches darunter, u. A. verschiedene scharf persönliche Aus fälle, welche, im ungezwungenen intimen Gespräch vor gekommen, jedenfalls nicht für die Oeffentlichkeit bestimmt waren und die eine vornehme kritische Sonde gewiß ohne Schaden des sachlichen Inhalt« ausgeschieden Kälte. Auch verschiedene sachliche Mitthcilungen sind, abgesehen von den eigenen Betrachtungen und Schlußfolgerungen deS Herrn Busch, bestreitbar und bestritten. Immerhin bleiben einige interessante geschichtliche „Beiträge" übrig, von denen Notiz zu nehmen ist. Herr Busch erinnert daran, wie lange König Wilhelm vor 1866 und bi« in den Juli dieses EntscheidungSjabreS hinein seine Bedenken gegen einen Waffengang mit Oester reich festhielt und wie schwer 1879 bei seinen starken Sym pathien für den Neffen und Freund auf dem russischen Kaiser throne seine Einwilligung zu dem nothwendig gewordenen Defensivbündniß mit demselben Oesterreich zu erlangen war, und theilt „aus einem bis jetzt unveröffentlichten Privatbriefe BiSmarck'S an Andrassy, der ihm 1888 zu FriedrichSruh in wortgetreuer Abschrift vorlag", folgendes mit: „Ich freue mich, au« Ihrem Schreiben zu ersehen, daß unser Herr (der Kaiser Franz Josef ist gemeint) den einen Fuß im Bügel hat, und verzweifle nicht, daß es unserer gemeinsamen Arbeit gelingen wird, ihn vollständig sattelfest zu machen. Leider liegt eS in der Natur der Dinge, daß meine Aufgabe nicht so schnell lösbar ist wie die Ihrige. Der mündliche Vortrag hat nicht nur den Vorzug der Geschwindigkeit, sondern auch der Be schränkung auf die Beantwortung der Fragen, die Allerhöchsten Ort« wirklich aufgeworfen werden. In der schriftlichen Darlegung aber muß ick alle die Mißverständnisse vorbeugend besprechen, von denen ich befürchten kann, daß sie möglich sind. Ich bin in die Lage gekommen, daß ich meinem Sohne, der mit Ihrer freundlichen Erlaubniß diese- schreibt, genau 60 Bogenseiten dictiren und den Inhalt durch telegraphische und aesonderte Zusätze dennoch ausführlich motiviren zu müssen (mußte). Dem- ungeachtet ist e« mir trotz aller Sorgfalt nicht geglückt, da« Mißverständniß damit vollständig zu verhüten, al« ob in unseren friedlichen Plänen ein Hintergedanke aggressiver Handlung stecken müsse. Dieser Gevanke ist emem mehr al» achtzigjährigen Herrn ein un sympathischer, aber ich darf hoffen, baß eine Beseitigung möglich sein wird, wenn e« mich auch ein ziemlich um fängliche« Postskriptum zu jenen 60 Seiten kosten wird. Weniger Feld für meine Thätigkeit bietet mir die im Temperament meine« Herrn liegende Abneigung gegen ein rasche« Eingehen aus neue Situationen. Für Allerhöchst- denselben ist da« jüngste Verhalten de« Kaiser« Alexander (derselbe hatte seinem Berliner Oheim einen Brief ge- fchriebeu, in welckem eine Stelle wie eine Drohung aussah. Anmerk, des Autor«), die erste, mehr blitzartige Beleuchtung einer Situation, die ick in den letzten Jahren schon öfter mir zu vergegenwärtigen genölhigt war. Es wird Sr. Majestät außerordentlich schwer, zwischen den beiden Monarchien optiren zu sollen, und deshalb wird Allerhöchstderselbe sich der Ueberzeugung, daß der Moment dazu gekommen sei, möglichst lange verschließen. Die Gewohnheit hat in unserem KvnigS- bause eine gewaltige Kraft, der Trieb zum Beharren wächst mit dem Älter und wehrt sich gegen das Er kennen unbestrittenen Wechsels der Außenwelt." Ueber die in letzter Zeit wieder mehrfach erörterte Be gegnung zwischen dem Fürsten und vr. Windthorst am 15. Mär, 1890 erzählt Busch: „An demselben Tage fand eine Unterredung zwischen BiSmarck und Windthorst statt, die von Letzterem erbeten, vom Bankier Bleichröder vermittelt und vom Reichskanzler, wie bisher jedem Abgeordneten, bereitwillig gewährt worden war. BiSmarck wünschte während derselben zu erfahren, welche Stellung die Fraktion deS CentrumS- fükrer« im neuen Reichstage einnchmen werde, und erfuhr, daß man Rückkehr zu dem kirchlichen Zustande vor 1871 zu erlangen gedenke. Bon einem Versuche zu einem Zusammenwirken der klerikalen Partei mit dem Kanzler war nicht die Rede. Dagegen wurde in: weiteren Verlaufe deS Gesprächs die Möglichkeit eines CabinetSwechsel« berührt, und der nltraniontane Politiker bat dringend den Fürsten, im Amte zu verbleiben, und empfahl für den Fall, daß er dennoch gehen müßte, in Anbetrackt der schwierigen Lage die Wahl eines Militairs zum Nachfolger, wobei er den General v. Caprivi als besonders geeignet bezeichnete." Ans einem Gespräch, das Herr Busch im Jahre 1888 mit dem Fürsten über das Tagebuch deS Kronprinzen hatte, wird u. A. Folgendes mitgetbeilt: „Der Kronprinz", sagte BiSmarck, „war (im Sommer 1870) nur tbeilweise in unsere Verhandlungen eingcweiht, weil der König fürchtete, er werde seiner Frau oder direkt der Königin Victoria und ihrem Hofe, wo man mit den Franzosen lympathisirte, darüber schreiben. Zweitens aber konnte er uns dadurch schaden, daß er von unseren deutschen Bundesgenossen zu viel wollte und an ZwangS- maßregeln dachte, zu denen seine gutcu Freunde in Baden und Koburg riethen, Roggenbach z. B-, der immer ein Narr war. Er war also über die Geschäfte nur oberflächlich informirt. Dennoch muß es auffallen, daß in den Aufzeichnungen, die dock Tag für Tag nieder geschrieben sein wollen, so viele falsche Eindrücke, Ver mischungen, Verwechselungen und chronologische Irrthümer Vorkommen." In gleicher Sacke ertbeilte Fürst Bismarck Herrn Busch am 10, Februar 1889 folgende Information: „Ich möchte Sie bitten, auf Geffcken's Auszug aus dem Tagebuche des Kronprinzen zurückzukommen, oder richtiger, aus einem der drei oder vier Tagebücher aus dem Kriege und aus späteren Jabren. Die letzteren sind eigentlich keine Tagebücher. Ein Tagebuch ist eine Reihe von täglichen Aufzeichnungen, in denen man hinschreibt, wa« man erlebt und erfahren hat, unmittelbar darnach, wie ein Tourist, und so verhält sich'S auch mit dem einen, dem ursprünglichen. Es ist kurz, beschäftigt sich vorzüglich, wie eS die Kriegszeit mit sich brachte, mit niilitairischen Dingen und enthält so gut wie gar keine politischen Betrachtungen. Die anderen sind später interpolirt, nach Gesprächen, die er mit guten Freunden oder solchen, die er dafür hielt, gehabt hatte. Er bildete sich dabei ein, daß er das schon 1870 selbst gedacht habe. Ich sage, er bildete sich das ein und glaubte daran; denn er war ein sehr wahrheitsliebender Herr. Die guten Freunde waren Mißvergnügte, Streber und Intriganten, Leute, die sich zu großen Dingen berufen fühlten, die eS besser wußten und konnten, als die Regierung, die gern mitgebolfen hätten, aber nicht durften. ES waren verkannte Talente, sitzen geblieben und kalt gestellt — sagen Sie, politische Winkel konsulenten und Pfuschdoctoren. Er zeigte ihnen das Tagebuch und sie machten ihre Bemerkungen dazu, die er dann eintrug Sein Vater hielt ihn von allen politischen Geschäften fern, er redete selbst beinahe niemals mit ibm von solchen Sachen und verbot eS auch mir, ihm davon Mittheilung zu machen. Von 1863 an gab es ununterbrochene Kämpfe zwischen den Beiden, und mehrmals kam eS dabei zu heftigen Auftritten. So auch in Versailles bei der Kaiserfrage, wo der allerHnädigste Herr zuerst von unseren Vorschlägen nichts wissen wollte und einmal so zornig wurde, daß er mit der Faust neben dem Tinten fasse auf den Tisch schlug, so daß eS hoch aufhüpfte und fast zum Fenster hinausgeflogen wäre. Und hier können Sie den Bericht des Tagebuches über diese An- gelegendeit ergänzen. Wie es überhaupt lückenhaft und unvollständig ist, so fehlt bei ihm auch der erste Act der Verhandlungen, wo ich den Kronprinzen von seiner wohl aus Baden stammenden Ansicht ab zubringen hatte, daß die Kaiseridee undeutsch, Deutsch land schädlich ist, wobei er aber nur an die mittelalter lichen Kaiser, an Römerzüge, an Karl den Fünften dachte. Er wollte nur einen König von Deutschland oder der Deutschen, und die anderen drei Könige sollten wieder den Herzogtitel annebmen: Herzog von Bayern, von Schwaben, von Sachsen. Daran knüpfte sich die Idee der Vergewaltigung: sie sollten nach Versailles eingeladen werden, nnd hätte man sie einmal da, so sollte es heißen: Friß, Vogel, oder . . . Das war nun nickt mein Fall. DaS wäre Verrath, Untreue und Undank, und dazu gäbe ich mich nicht her, auch weil es keinen Bestand hätte. Auf friedlichem Wege ließen sich die Könige nicht oegradiren. Dann stellte ich ibm die Vorzüge der Kaiseridee vor, etwa wie ick später an den König von Bayern schrieb: die Könige würden sich lieber einem Landsmanne, der den Titel deutscher Kaiser führte, als einem Könige von Preußen, einem größeren Nachbar, der an die Spitze Deutschlands gestellt werden sollte, unterordnen und ihm Rechte in Krieg und Frieden einränmen. Im Volke aber habe der Kaiser mehr Eindruck hinterlassen al« die wenigen Fürsten, die sich nach Karl dem Großen deutsche Könige genannt hätten, wie z. B. Heinrich der Finkler. Er hoffe bei der Wiederherstellung des ReickeS auf einen Kaiser als Schlußstein. Ein Kaiser sitze im norddeutschen Kyffhäuser und im süddeutschen UnterSberze, kein König. Man denke sich dabei keinen römischen Kaiser, keine Römerzuge und keinen An spruch auf Weltherrschaft, die gegen das wahre Interesse der Nation wäre; es sei vielmehr eine rein nationale Idee, die damit repräsentirt werde, und die auch uns vorschwebe: die Idee der Einigung nach Zwietracht und Zerfall, der neuen Macht und Sicherheit durch diese Einigung, diese Concentrirung zu gleichen Zielen aller Glieder. Diese Gedanken hätten schon 1818 in der Burschenschaft gelebt, 1818 wären sie in der PaulSkirche zu Worte gekommen, 1863 hätte Oesterreick mit seinem Verfassungsentwurf für den Fürstentag AchnlickeS im Sinne gehabt. Nur Sackte es dabei in erster Linie an sein eigenes Interesse. Später war bei der Gründung de« Norddeutschen Bundes von einem Kaiser desselben die Rede, nnd man sah davon nur deshalb ab, weil Bayern und Württemberg in diesem Falle damals sich gewiß nicht angeschlossen hätten — und später wahrsckeinlick auch nicht. Die Ueberzahl der Könige überzeugte ihn allmählick, und er war nun für den Kaiser. Diesen ganzen Act hat er im Tagebuch vergessen. Er schreibt da, als ob er die Kaiseridee erfunden und gleich An fangs angeregt hätte, während sie doch schon lange in allen Schichten deS Volkes lebte — als Hoffnung, und er zuerst nichts von ihr wissen wollte. — Nun kam der dritte Act, wo wir allerdings zusammen den alten Herrn in der Präfectur für sie gewinnen wollten. Der wies un« zuerst heftig ab und gerieth in Wuth, als wir dabei blieben. Ich fragte, ob er denn ewig ein Neutrum bleiben wollte. — Was meinen Sie damit? Was für ein Neutrum ? — Nun, daS Präsidium, erwiderte ich. Es hals auch nichts. Dann verstand er sich einiger maßen dazu, wenn er den Titel Kaiser von Deutsch land führen dürfe. Ich setzte ihm auseinander, daß dies gegen die Verträge sei und den Territorialbesitz ganz Deutschlands ausdrücken würde. Er meinte, der Zar nenne sich ja auch Kaiser von Rußland. Ich widersprach und sagte, der Titel sei russischer Kaiser. (Er citirte den russischen Ausdruck.) Er aber blieb bei seiner Meinung, bis er Schneider darüber befragte und der mir Recht geben mußte." Am 19. October 1877 erzählte der Fürst nach Busch's Angaben in Varzin über die Vorgänge vor der Kriegs erklärung 1870 im Anschlüsse an die Erwähnung deS Ge spräches während der Eisenbahnfahrt von Jüterbog nach Berlin, zunächst von den ersten Besprechungen des Königs mit Benedetti, dann über den weitern Verlauf der Ange legenheit Folgendes: „Da merkte man bald (ich gebe seine Worte ganz und ohne Zuthat wieder, wie sie sielen — bemerkt Herr Busch), „daß er zu kneifen (?) anfing und ein Olmütz eingesteckt hätte. Ich war damals in Varzin, und als ich auf dem Wege nach Berlin durch Wussow fuhr, stand der Pastor in seiner Thür und grüßte. Ich that einen Schwadronhieb in die Luft, zum Zeichen, daß es jetzt loSginge. Aber in Berlin war keine gute Nachricht. Da telegraphirte ich ihm (dem Könige Wilhelm), wenn er Benedetti noch einmal empfinge, so bäte ich um meine Entlassung. Als keine Antwort kam, telegraphirte ich, wenn er jetzt Benedetti empfangen hätte, so betrachtete ich da«, al« ob er meine Entlassung angenommen hätte. Da kam da« „zwei hundert Zeilen" (er meinte wohl Worte) lange Tele gramm von Abrken. Darauf ließ ich mir Moltke und Noon kommen, zu einem Essen zu Dreien, und theilte ihnen mit, wie die Sachen stünden. Roon war außer sich. So auch Moltke. („Er sah plötzlich ganz alt und gebrechlich auS", hatte der Kanzler bemerkt, al« in Ver sailles von dem Vorgänge gesprochen wurde.) Ich fragte Moltke, ob wir zu einem solchen Kriege in guter Ordnung wären. Er erwiderte, nach menschlichem Ermessen hätten wir Hoffnung, zu siezen. Da machte ich, ohne ein Wort de« Königs zu ändern, aus deu zweihundert Zeilen zwanzig und laS es ihnen vor. Sie sagten, so würde eS sich machen, und nun ließ ich es an alle unsere Gesandt- fchaften geben — natürlich nicht nach Pari- — und es ,n die Berliner Zeitungen bringen, und so machte eS sich wirklich: die Franzosen nahmen es ungeheuer Übel." ES verdient die schärfste Verurteilung, daß Herr Busch eS sich nickt versagen konnte, eine Reihe von Aeußerungrn deS Fürsten Bismarck über den von Letzterem so hochverehrten Kaiser Wilhelm I. mitzutheilen, an deren tactlose Veröffent lichung der Fürst, wenn er sie wirklich in seiner drastischen und offenen Sprechweise im intimen Kreise gethan, gewiß nie gedacht hat. Betreffs deS in dem Buche veröffent lichten Abschiedsgesuches schreibt Herr Busch, e« sei eine „Copie der Ursckrist, die ibm vom Kanzler selbst übergeben wurde." Die Memoiren, welche Fürst BiSmarck hinterlassen bat, sollen nach Busch ziemlich unvollständig sein; vielleicht möchte Herr Busch mit absprechenden Bemerkungen darüber seine eigenen Veröffentlichungen in desto helleres Licht setzen; er sagt zu Fürst Bismarck's Zurückgezogenheit im Sachsen walde und gelegentlich in Varzin: „... Daneben begann er eine Arbeit, die das Gerückt seine Memoiren nannte, in der aber Erinnerungen an einige seiner Erlebnisse sich mit Betracktungen von Fragen und Vorgängen der unmittelbaren Gegenwart mischten. Zu einer Selbstbiographie feblten die Acten, die volle Stärke des Gedächtnisses und schließlich wohl auch die Feuilleton. In -er Lran-ung -es Lebens. Wj Roman aus dem amerikanischen Westen. Bon Theodor Eicke. Nachtrock drrbetni. „Mehr habe ich auch nicht erwartet; trotzdem werd« ich heute Abend zu ihr gehen." „Schön! Dein Muth gefällt mir, w«nn ich ihn auch nicht ganz billigen kann. Ich werde auch dort sein. Kann ich Dir vielleicht in irgend einer Weise helfen?" „Nein; wenn Du nicht vielleicht die Ueberreste von mir sam meln willst, nachdem sie mich vernichtet hat. Laß uns gehen, wenn Du fertig bist; ich Hobe allerlei zu schreiben und möchte auch schon etwa« packen." Brant hatte im Laufe seiner mannigfachen Erfahrungen einige recht gefährliche Perioden durchlebt, und in solchen Zeiten mußten selbst Die, die ihn am wenigsten liebten, seinen Muth zugestehen. Gleichwohl ging er, als d» Abend kam, mit zag haftem Herzen zu der Unterredung mit Dorothy'« Mutter, und wäre er nicht soweit gegangen, seinen Besuch vorher anzumelden, so wäre er fast noch umgekehrt, al« er die Hand schon am Thllr- griff hatte. Aber da er da« einmal gethan hatte, so gab e« kein Zurück mehr, und nach einem kurzen Kampfe mit sich selbst zog er die Klingel. Nun hatte Hobart in seiner Herzensgute dafür gesorgt, daß e« unter den jüngeren Gliedern der Familie bekannt war, daß Brant am Abend jedenfalls seinen Abschiedsbesuch machen würde, und deshalb war e« Dorothy selbst, die guf daS Läuten der Glocke an die Thür ging. Wa« man auch über den jungen Ingenieur sagen mochte — und selbst sein größter Freund mußte ihm allerlei vorwrrfen — ta d« »« er jedenfalls nicht lässig. Als er sich verge. wissert hatte, wer ihn ganz unerwarteter Weise willkommen hieß, hatte Dorothy jedenfalls keine Veranlassung, die Wärme seiner Leidenschaft zu bezweifeln. Sie erröthete und sträubte sich ein bischen; aber welches bescheidene junge Mädchen, wie verliebt es auch sein mag, würde das nicht thun in einer hell erleuchteten Halle. „Nur einen Augenblick mit Dir allein, Dorothy", sagte er innig; „nur, um noch einmal von Dir zu hören, was Du vorigen Montag Abend sagtest. Bist Du noch ganz gewiß, daß Du mich liebst?" Sie barg ihr Gesicht an seinem Arm — bis an seine Schulter zu reichen, war sie nicht groß genug. „Ich — ich müßte mich ja schämen. Dir zu sagen, wie lange ich dessen schon gewiß bin", beichtete sie mit reizender Natürlichkeit. Brant'« Erinnerung trug ihn schnell zurück zu den Er eignissen ihres ersten Zusammentreffens. „Es war wohl, als der Schlafwagen entgleiste?" „Nein." »Früher?" Sie nickte. Er dachte einen Augenblick nach; dann sagte er: „Nun, so muß es wohl schon gewesen sein, als jener rohe Patron Dir die Tasse Kaffee streitig machen wollte; ich dachte damals. Du hättest mir gezürnt." „O nein." „Hätte ich es doch früher gewußt!" sagte «r, und es klang aufrichtige Reue aus seinen Worten. „Dann würde ich Deiner jetzt ein wenig — wenn auch nur ein wenig — würdiger sein." „Sprich doch nicht so — nach Dem, was Du gethan hast", erwiderte sie mit feuchten Augen. „Es ist gewiß recht an maßend von mir, wenn ich sage, ich weiß, daß Du e« für mich thatest." „ES ist nur d»e Wahrheit, mein Lieb; ich liebte Dich und hatte keinen besseren Weg, es Dir zu zeigen." „Einen edleren gab e« gewiß nicht. Wie kann ich meine Liebe jemal« so beweisen wie Du die Deine?" „Das will ich Dir heute Abend noch sagen, mein Herz. Hak Hobart Dir von meinen Plänen erzählt?" „Nein, aber Harry." „Und Du billigst sie — Du willst auf mich warten, bis ich weiß, was für ein Mann ich unter dem Schutze Deiner Liebe sein werde?" „Kannst Du daran zweifeln? Das ist doch nicht viel, und für mich wird es nicht härter sein als für Dich. Ich weiß, was Du bist und was Du mir immer sein wirst." „Hab' Dank für das Wort, mein Herz; es würde einen schlechteren Mann, als ich es jemals war, an seinen Vorsatz fesseln. Und nun giebt es noch eins zu thun; wir müssen Deiner Mutter Einwilligung haben, mein Lieb. Willst Du sie zu mir schicken?" Dorothh zögerte etwas. „Wenn Du glaubst, daß es schon Zeit ist —" wagte sie einzuwenden. „Ich werde keine andere Gelegenheit dazu haben", sagte er; „außerdem sind wir es ihr auch schuldig. Sie mag mich einen Räuber nennen, aber ich will ihr nicht das Recht geben, mich auch einen schleichenden Dieb zu heißen." Dorothy widersprach nicht mehr und ging hinaus; und als Brant allein im Salon war, nahm er allen seinen Muth zu sammen, überzeugt, daß er ihn bald nöthig haben werde. Als er noch damit beschäftigt war, öffnete sich die Thür; er drehte sich um und stand — nicht Mr«. Langford gegenüber, sondern ihrem Sohne Will. Der „ungelecktc Hund" kam etwas prahlerisch, wie es seine Gewohnheit war, herein; aber als er die Thür geschlossen hatte und seinem gefürchteten Retter gegen überstand, hatte er doch einen Anfall von Verlegenheit, und mit der freimüthigen Begrüßung, die er sich vorgenommen hatte, war es nichts. Er stotterte wie ein Schuljunge, und Brant mußte ihm zu Hilfe kommen. „Wie geht's Ihnen, Will? — freut mich, Sie zu sehen", sagte er und reichte dem jungen Manne die Hand, indem er seine Verlegenheit ganz übersah. „Ich bin auf dem Sprunge, wie Sie wohl wissen, gehe morgen früh fort nach San Juan." Will hatte das Gefühl, daß er eigentlich Wohl einige Worte des Dankes an Brant richten müßte, ehe er von etwas Anderem sprach, aber er konnte seine Zunge nicht zu einer angemessenen Anrede zwingen. Deshalb ging er mit Freuden auf das von Brant angeschlagene Thema ein, um so mehr, da es ihm dadurch leichter wurde, einen Plan vorzuhringen, der ihn schon den ganzen Tag sehr beschäftigte. „Hab's gehört — Harry erzählte davon. Feine Stellung, was? Den ganzen Tag in den Bergen und Nachts im Lager campiren. Haben da gewiß auch zuweilen famose Jagd, was?" „Sehr wahrscheinlich, habe früher mehr als einen Bär in den Bergen geschossen; das ist noch gar nicht so lange her." „Weiß Gott, ich beneide Sie, wissen Sie. Habe schon lange draußen an der Thür auf Dorothy gewartet, um 'mal mit Ihnen zu sprechen. Wahrhaftig! ich wollte Sie fragen, ob Sie mich nicht mitnehmen wollen. Kann allerdings vom Eisenbahn bauen verteufelt wenig und weiß nicht mehr als das Bischen, das ich in der Schule gelernt habe — tauge überhaupt nicht viel — aber ich könnte doch was lernen, und ich glaube wahrhaftig, es wird doch nichts mit mir, wenn ich nicht an die Arbeit komme; und wenn Einer mich hochbringen kann, dann sind Sie's und —" Brant war großmüthig genug, ihm ins Wort zu fallen und so der Periode ein Ende zu machen, die gar nicht abzureißen drohte. Er hatte gleich daS Gefühl, daß ihm hier wieder eine neue Aufgabe winkte, der er sich nicht entziehen durfte. „Wenn e« Ihnen recht ist, zunächst Meßketten zu tragen und Pfähle einzurammen, dann habe ich nichts dagegen", sagte er. „Aber wie ist es mit Ihrem Vater und Ihrer Mutter? Wird man Sie gehen lassen?" „Dem Alten ist's recht, habe eben mit ihm gesprochen — ist so froh, mich los zu werden, daß er nur Angst hat. Sie würden mich nicht mitnehmen. Mutter wird auch schon zufrieden sein; sie thut Alles, wa« ich will, wissen Sie. Ich werde hingehen und ihr's sagen, ehr —" Da öffnete sich gerade die Thür, und Mrs. Langford erschien selbst. Sie kam mit der Miene eines Menschen, der etwas Un-
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