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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 03.09.1898
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1898-09-03
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18980903016
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1898090301
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1898090301
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1898
- Monat1898-09
- Tag1898-09-03
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Größere Schriften laut unserem Preis- ve^-eichnitz. Tabellarischer und Zisferiffatz nach höherem Tarif. Ertra-Beilagen (gesalzt), nur mit der Morgen-Ausgabe, ohne Postbesördcrung ^l 80.—, mit Postbeförderung 70.—. Ännahmeschluß för Anzeigen: Ab end »Ausgabe: Vormittag- 10 Uhr. Morgen» Ausgabe: Nachmittags 4 Uhr. Lei den Filialen und Annahmestellen je eine halb« Stunde früher. Anzeigen sind stets an d.-« Expedittan zu richten. Druck und Verlag von E. Polj tn Leipzig. M. Sonnabend den 3. September 1898. Professor Schmoller über die volkswirlh- schaftliche und socialpolitische Stellung und Ledeutuug Lismarck's. L. IV. 0. Professor Schmoller, der, wie er selbst sagt, durch 34 Jahre hindurch Gelegenheit hatte, den Altreichskanzler zu beobachten und zu studiren, und welcher seit 1884 im Staats rath an der Seite Bismarck's arbeitete, veröffentlicht in der letzten Nummer der „Socialen Praxis" einen hoch interessanten Artikel, in dem er noch einige charakteristische Züge zu dem bekannten Bilde, zur Stellung Und Bedeutung Bis marck's, entwirft. Schmoller bemerkt vor Allem, daß er weder die Absicht habe, Bismarck zu loben noch zu tadeln, er habe nie mals von ihm Wohlthaten oder Förderung erfahren, und sei ihm nie persönlich nahe gestanden. Wie er oft auf der Seite von BiSmarck's volkswirthschaftlichen und socialpolitischen Maß nahmen gestanden ist, so war er auch auf der entgegengesetzten Seite. Dennoch aber stand er Bismarck und einem Theile seiner Vertrauten und den ganzen öffentlichen Angelegenheiten als stiller Beobachter nahe genug, „um die Ereignisse ziemlich genau zu verfolgen und oft auch hinter die Coulissen sehen zu können". Professor Schmoller will in dem Artikel einen Beitrag liefern zu der Auseinandersetzung, „welche zwischen den socialpolitischen Reformern und dem Bismarck von 1864—75, von 1876—90 und dem der „Hamburger Nachrichten" von 1890—98 nothwendiger- weise stattfinden muß". Schmoller weist kurz, als nothwendig für das Verständniß der Person, der politischen Ansichten und Thaten des großen Kanzlers, auf die Geschichte der Familie Bismarck's hin; eia Vorfahre Otto's von Bismarck hatte schon 1365 das Recht der Münzprägung in der Altmark errungen, was die Selbstständig keit der Städte bezweckte. Die Mutter Otto's besaß das, was die Bismarck's der vorhergehenden Jahrhunderte, von denen Friedrich Wilhelm I. 1722 sagte, daß sie zu den renitentesten Adelsgrschlechtern gehörten, weit weniger besaßen: Hinreißende Liebenswürdigkeit, Geist, Humor, Gemüth und gesellige An- muth. Schmoller wirst die Frage auf, ob Otto von Bismarck, der diese Gaben in hohem Maß besessen, dieselben nicht von seiner Mutter ererbte. Der „tolle Junker" hatte auf der Universität nicht viel studirt, da er ein Feind alles Doctrinären, jeder Theorie war, der er auch später blieb; die schönsten Reden, die auf eine: allgemeinen Theorie beruhten, haben auf Bismarck niemals auch nur den geringsten Eindruck gemacht, während man durch ein einziges, geschickt gewähltes praktisches Beispiel ihn sofort über zeugen konnte. Der antirevolutionäre Junker, der es gewagt hat, 1847 im Park von Sanssouci dem Könige zuzurusen, daß er mehr Muth zeigen müßte, hat sein Wissen nicht aus wissen schaftlichen Büchern geschöpft. Mit einer selten scharfen Be obachtungsgabe und der Fähigkeit ausgestattet, das Wirkliche rasch aufzufassen und beurtheilen zu können, ist Bismarck durch das Leben, die praktische Erfahrung, zum thatkräftigen Mann, zum feinen Diplomaten ausgebildet worden. Sein Wesen war nicht leicht zu verstehen. Die wesentlichsten Züge seines Charakters, der durch seine Heftigkeit oft Freund und Feind täuschte, waren eine ungeheure Willensenergie, eine „bohrende Zähigkeit", die mit allen Fasern, allen Mitteln an dem einmal gesteckten Ziele, wenn er es al» richtig erkannte, fest hielt. Sein rücksichtsloser, Uber alle Hindernisse siegender Muth, das impulsive Handeln, seine ungeheure physische Leistungs fähigkeit stempelten ihn zu einem Titanen. Er war in der Liebe wie im Haß gleich groß, und beide waren ihm, wie er selbst erklärte, zum Leben nöthig. Bekannt sind seine Briefe an seine Schwester, die er aufs Innigste liebte; seine Liebe für das Landleben, seine Anhänglichkeit an einzelne Diener und Liebling-thiere, die Freude an der Natur, die er stets äußerte, dtrrathen sein reiches Gemiithsleben. Schmoller sagt von ihm, daß er in gewissem Sinne ein derbes Volkskind gewesen, dem alle Sentimentalität, aller äußere Schein widerwärtig war. Obwohl ein demüthiger und gläubiger Christ, haßte er doch alle äußeren Formen des kirchlichen Lebens. Daß er die Wärme seiner Empfindungen nur auf wenige Puncte concentrirte, steht, wie Schmoller sagt, in Uebereinstimmung mit der Thatsache, daß er im Großen und Ganzen die Menschen verachtete, dir er an hoher Stelle sich schmeichelnd und bettelnd, voll Eitelkeit und gemeiner Jnstincte herandrängen sah. Ohne eine gewisse Kälte und Härte ist ein großer Staats mann nicht zu denken, und was die Kunst der diplomatischen Täuschung anbelangt, so verzichtete er zwar auf die alt hergebrachte Manier und ging mit einer oft verblüffenden Offenheit zu Wege, aber er verstand es in wahrhaft virtuose: Weise zu überraschen und zu überlisten, und auch in der inneren Politik behandelt er seine Gegner, sowohl als seine Werkzeuge, mit der kalten Ueberlegenheit und Berechnung eines guten Schachspielers. „Er wußte sie ins Garn zu locken und so aus zuspielen, wie er es für seine Zwecke für nöthig hielt", sagt Schmoller und fügt hinzu, daß seine kalte Ueberlegung die Be dingung seiner großen staatsmännischen Wirksamkeit war. Daß der Verfassungsconflict so glücklich beendet wurde, ist allein auf das maßvolle Verhalten Bismarck's zurückzuführen; durch seine tactvolle Vorsicht Oesterreich und den süddeutschen Staaten gegenüber blieb der Weltfrieden so lange erhalten, und es gelang ihm, die kleinen Dynasten aus Feinden der deutschen Einheit zu deren Stützen zu machen. An schöner, historischer und allgemeiner Literatur hatte Bismarck unglaublich viel gelesen, und sein lebendiges, anschau liches Denken äußert sich auch in seinen Briefen und Denkschriften, und Schmoller nennt ihn den größten Prosaisten des 19. Jahr hunderts. Bismarck habe, wie Schmoller sagt, im besten Sinne des Wortes einen Bauernverstand gehabt, ihm galt nur die praktische Erfahrung, Theorie erschien ihm als werth lose Abstraction, als irrende Speculation, deshalb hielt er auch nie an einer Meinung starr fest; das Leben und seine Beobachtung änderte seine Ueberzeugung bis ins späte Alter. Seine Hauptgröße bestand darin, daß er bei seinem titanen haften Willen und seiner fast übermenschlichen Leidenschaftlich keit, die ihn freilich auch oft daneben hauen ließ, außerordentlich maßvoll zu handeln verstand. Hatte er sich schon als Student und später als Mitglied der Stände und als Journalist von seiner streitbaren Seite gezeigt, so begann die eigentliche Kampfzeit erst 1862. Er hat zugleich mit Oesterreich und den Kleinstaaten, mit der öffentlichen Meinung, mit der Kammer und den Ministercollegen, mit dem König und mit dem übrigen Europa zu kämpfen und zu ringen. Je größer die Gefahr und der Einsatz, desto sicherer fühlt er sich, desto größer wird seine innere Ruhe und die Fähigkeit des kalten Handelns. Der Kampf Bismarck's mit dem Ausland und dem Parlament ist bekannt, weniger seine Differenzen mit den Ministern, die er im Dienste vorfand, oder die er aus bestimmten Gründen acceptiren mußte. Die Ressort kämpfe und die Machtlosigkeit des Ministerpräsidenten gegenüber den anderen Ministern bildeten damals sein Lieblingsgespräch. 1875 äußerte er Schmoller gegenüber: „Er wolle lieber mit jeder fremden feindlichen Macht über die schwierigsten Dinge einen Vertrag ab schließen, als ein Abkommen mit einem preu ßischen Kriegsmini st er treffen." Ueber sein Verhältniß zum Hof und zur königlichen Familie hat Bismarck selbst gesagt, daß er durch die Ueberwindung der dort Vorgefundenen Schwierigkeiten mehr geleistet habe, als dem Parlament und dem Ausland gegenüber. Mit seinem König, dessen treuer Diener er stets sein wollte, stimmte er zwar in Manchem überein, doch konnte nur nach langen Reibungen und durch gegenseitiges Nachgeben jenes Zu sammenwirken zu Stande kommen, welches die letzten Jahre mit dem Glanze vollendeter Harmonie umgab. Bismarck war dem König lange unsympathisch, ja unheimlich, und Wilhelm wurde das moralische Gewissen seines Kanzlers genannt. Unbe greiflich, sagt Schmoller, kann es kein Kenner der betreffenden Personen finden, daß sich die Conflicte nach 1888 wiederholen mußten und daß die Versöhnung auf die Dauer nicht so gelingen konnte, wie mit dem alten Herrn. Wo die Geschicke eines Volkes und einer Welt auf eines Messers Schneide liegen, müssen auch die Könige und ihre obersten Räthe mit einander ringen, wenn die richtigen Entschlüsse reifen sollen. Wer die größten inneren und äußeren Reformen durch führen will, der kann dies nur durch eine Welt von Kämpfen. Schmoller schließt seinen sachlich und dabei interessant ge schriebenen Artikel mit den Worten: „Wer sein Vaterland gänzlich neu gestalten, die größten inneren und äußeren Re formen durchführen will, der kann das nur durch eine Welt von Kämpfen. Und wenn Bismarck jetzt an der Pforte des Para dieses Einlaß begehrt, so kann er als citatenfester Kenner unserer Klassiker den Goethe'schcn Vers dem wehrenden Engel zurufen: „Nicht so vieles Federlesen, Laß mich immer nur hinein; Denn ich bin ein Mensch gewesen, Und das heißt ein Kämpfer sein!" Und er wird dann vielleicht noch hinzufügen: Ich bin preußischer Ministerpräsident und deutscher Kanzler von 1862 bis 1890 gewesen: „Hier, durchschaue diese Brust, sieh diese Lebenswunden zucken; ich habe einen guten und großen Kampf für mein Volk gekämpft!" Deutsches Reich. — Leipzig, 2. September. Gelegentlich der letzten NeichS- tagswahl wurde von Seiten der National-Socialen in Leipzig unter Führung des Professors Sohm und seines Schützlings Lorenz die Kandidatur Hasse und die national liberale Partei u. A. mit dem Hinweise bekämpft, daß diese Partei ihre Grundsätze preisgegeben habe und keine liberale Politik mehr treibe, wie der Culturkampf und das Socialistengcsetz bewiesen hätten. Dadurch habe die Partei ihren Boden im Volk verloren und sei nicht mehr fähig, mit Erfolg nationale Politik zu treiben. Sonderbarer Weise kommt nun die Rechtfertigung der nationalliberalen Haltung von derselben Seite, von der der Angriff ausgegangen war. Der ehemalige Parteigänger der Socialdemokratie, Herr Max Lorenz, hat in der „Hilfe" in einer Artikelreibe das Verhältniß des Fürsten Bismarck zur Socialdemokratie behandelt. Er berührt dabei das Soci allsten Gesetz, das seiner Ueberzeugung nach eine verfehlte politische Speculation gewesen sei und die Socialdemokratie gestärkt habe. Er glaubt dabei aber Eines hervorbeben zu sollen: „Man habe infolge dieses Ausnahmegesetze» Bismarck nicht nur den Vorwurf einer verfehlten politischen Speculation gemacht, son» dern seine Politik und seinen Charakter deswegen mit einem sittlichen Makel behaften wollen. Das gehe aber nicht an. Denn Unsittliches sei nicht daran, aber das Gegentheil. Wie jedes Individuum, so habe auch der Staat das Recht der Nothwehr, nach außen wie nach innen. Wer nun die Socialdemokratie, zumal die der siebenziger Jahre, nicht als rücksichtslosesten Feind jeder staatlichen Existenz erkenne, der sei verblendet. Es sei völlig richtig, was Bismarck noch im Jahre 1892 dem vr. Kleser erklärt habe: „Die heutige internationale und revolutio» näre Socialdemokratie, welche die frühere nationale und vom Staats begriff ausgehende vollständig verschlungen hat, stellt sich selbst programmmäßig im Kampf uni Sein oder Nichtsein gegen die Staatsvcrfassung und gegen den Staat als solchen. Darum ist es nicht der Staat, welcher den Ausnahmezustand über dir Social demokratie verhängt, sondern umgekehrt, dir Socialdemokratie ist aus dem Staat ausgetreten und hat ihm den Vernichtungskrieg an gesagt. Damit sind ihr gegenüber die VerfassnngSvertrüge erloschen. Es ist Feigheit, wenn die Staatsgewalt es unterläßt, auch ihrer seits die Consequenz aus dem socialdemokratischen Programm zu ziehen." Herr Lorenz führt sodann noch den zur Zeit in Len Reihen der Socialdemokratie kämpfenden Franz Mehring an, der damals in seinem Werke „Die deutsche Socialdemokratie" schrieb: „Das Recht des Staates zu solchem Vorgehen (Socialistengesetz) war und ist einfach gleichbedeutend mit seinem Wesen und seinen Zwecken; auch der freieste Staat von der Welt hat weder die Pflicht, noch auch nur das Recht, eine revolutionaire Propaganda zu dulden, die, wie ebenso aus ihrer inneren Natur, als aus den un zweideutigsten Kundgebungen ihrer leitenden Köpfe hervorgeht, aus eine gewaltsame Vernichtung abzielt." Wir glauben nach den hier von Herrn Lorenz zusammen gestellten Urtheilen, die in ihrem Gedankengang sür die Haltung der nationalliberalen Partei gegenüber dem Socialistengesetz mit bestimmend gewesen sind, darauf ver zichten zu sollen, den Vorwurf, liberale Grundsätze preis gegeben zu haben, noch besonders zu widerlegen. Herr Lorenz war so freundlich, das selbst zu thun. 6. R. Berlin, 2. September. Der schwere West sturm, welcher in der Nacht zum Donnerstag geherrscht, hat, wie mitgetheilt, 8 85 leck geschlagen; 8 85 gehört mit 8 82, 8 83, 8 84, 8 86, 8 87 zur ersten Torpedobootsdivision (Divisionschef Capitain- lieutenant L. Funke, zugleich Commandant des Divi- sionsbootes I) 4). Die noch nicht eingegangenen Torpedo boote, welche der Aviso „Pfeil" sammelt, müssen also zu den obengenannten gehören. Alle Torpedoboote werden von Lieu tenants zur See commandirt; es ist das erste selbstständige Kommando, welches einem Seeofficier anvertraut wird. In der deutschen Marine ist, damit die Torpedoboote bei schweren Stürmen und hohem Seegang nicht immer auf sich allein an gewiesen sind, bekanntlich die Anordnung getroffen, daß immer zwei Boote zusammen manövriren sollen. Es ist, wie er innerlich, nun etwa ein Jahr her (Ende September), daß 8 26 mit dem „Herzog von Mecklenburg" kenterte. August 1895 ging mit der Hälfte der Mannschaft 8 41 unter, im April 1896 infolge Collidirens 8 48. Leider müssen wir immer mit der Thatsache rechnen, daß bei einem hohen Wellengang die Gefahr des Kenterns eines Torpedobootes sehr nahe gerückt ist, die ganze Bestimmung der Boote bringt es aber mit sich, daß sie keinen großen Tiefgang haben können; in der Marine giebt es eben schwierigeren Dienst als solche auf den leichten „Nußschalen". Das deutsche Torpedomaterial ist das denkbar beste; unser jetziger Staatssccretair Staatsminister Tirpitz hat sich um die Vervollkommnung des Torpedowesens die größten Verdienste erworben; Officiere und Mannschaft der Boote sind anerkannt vorzüglich; in allen anderen Marinen sind Unglücksfälle auf den Torpedobooten leider auch keine Seltenheit; ist dies zwar nur ein schwacher Trost, so ist es doch ein solcher; der jetzige Inspektor unseres Torpedowesens, Contreadmiral v. Arnim, gilt als ein ungemein erfahrener und umsichtiger Mann. * Berlin, 2. September. Am 27. d. M. fand unter dem Vorsitz des Reichscommissars für die Weltausstellung in Paris, Geh. Reg.-RathS vr. Richter, eine Sitzung des Arbeitsausschusses der kunstgewerblichen Commission behufs weiterer Berathung über die Ausgestaltung der deutschen kunst gewerblichen Abtheilung in Paris statt. Äußer den Mitgliedern des Reichscommissariats nahmen an derselben folgende Herren Theil: aus Berlin: Geh. Reg.-Rath vr. Heinecke, Director der königlichen Porzellanmanufactur, Geh. Hofbaurath Ihne, Director vr. Jessen, Director Professor Kips, Baurath Kyll man, Wirkl. Geh. Ober-Regierungs-Rath Lüders; aus Bonn: Commerzienrath Guilleaume; Feuilleton. Musik und Tanz im alten Egypten. (US« - 1000 ». Ehr.) StodUn-Ski-ze von Franz Aornig. slocktruck vnbotkl». Feiere einen frohen Tag! stelle Salden nnd Wvhlgerüche hin, Wind, Kränze au» Potutchlumen. . . . Latz vor dir singen und muisiciren! Wirf hinter dich alle Sorgen Unld lobe nur der Freude, Denn «Me, bald kommt jener Tag, Wo man fähre« zirm Lattvc, Aum Lande de» ewigen Schweigen». . . . (Altegyptische, Volk , lieV.) Nicht nur „Gesetze und Rechte", sondern auch viele durch rxacte Forschung längst berichtigte geschichtliche und kulturge schichtliche Jrrthümer pflanzen sich leider noch in unseren Tagen „wir eine ewige Krankheit fort" und werden namentlich in volksthümlichen BildungSschriften immer wieder von Neuem als Wahrheiten aufgetischt. So z. B. florirt noch jetzt in ver schiedenen Lesebüchern dir hübsche Geschichte von der Erfindung de» Glases durch phönikisch« Seeleute, und doch geben un» nicht nur Darstellungen auf altegyptischen Grabgemälden (3000 d. Ehr.), welcht die Gla»bläs«r bei ihrer Arbeit zeigen, sondern auch die herrlichsten Erzeugnisse altegyptischer GlaSfabrikation: Glasfigürchen, Nippes, Perlen-Colliers der Mumien, Glas- Pasten, Edelstein-Imitationen, Becher, Basen, Schalen, Amu lette u. s. w., di« man den Gräbern entnommen hat und in rgyptischen Museen ronservirt, volle Gewißheit darüber, daß bereits ra. 2000 Jahre srüher, ehe in den altegyptischen Denk- miller-Jnschriftrn, Papyre u. s. w. von den „Leuten aus Punt", d. h. den Pbönicirrn, die Rede ist, die Glas-Industrie im alten Egypten blühte. Herodot'S Mittheilungen über das alte Egypten, — der sich mit Vorlieb« durch ein „0n ckil" zu sichern sucht — sind mit der größten Vorsicht aufzunehmen. Die Halt losigkeit seiner Angabe, wonach laut Inschrift an der Pyramide deS Lhufu (4. Dyanstie um 3600 v. Ehr.) für die von den Arbeitern verzehrten Nettige, Zwiebeln und Knoblauch ein Kostenaufwand von 1600 Silbertalenten erwachsen sein soll, ist von Ä. Wiedemann längst schlagend nachgewiesen. Wollten wir den Berichten alter Schriftsteller Glauben schenken, die uns die alten Egypter als schweigsam, ernst, mürrisch, gesetzt, dem äußeren Leben abgewandt schildern und dafür darin eine Erklärung finden, daß das brennend heiße Klima, die strenge Staatsverfassung und das Religionssyste.n einen tiefen Einfluß auf den Charakter der Egypter ausübten, — so würden wir sehr irre gehen, denn nach den ureigenen Vermächtnissen dieses merkwürdigen Volkes, die eS uns bildlich und schriftlich auf Tempel- und Gräberwänden u. s. w. hinter lassen hat, gehörten Frohsinn, Geselligkeit, Freude an Spiel, Musik und Tanz und am Jagdsport mit zu besonderen Eigen schaften des Volkswesens. Diodor (I, 81) berichtet, daß die egyptische Jugend nicht in der Musik unterrichtet worden sei, weil man dieselbe für schädlich und verweichlichend gehalten habe, doch kann sich diese Angabe nur auf die Jugend der vornehmen Welt erstrecken, da — wie uns die Wandgemälde und Inschriften belehren — die vornehmen trägen Egypter es vorzogen, sich von ihren Sclaven und Sklavinnen oder von besonderen gedungenen Musikanten, Tänzerinnen und Tänzern Vorspielen, Vorsingen und vortanzen zu lassen, ein Brauch, der im Wesentlichen noch jetzt bei den Orientalen besteht. Schon die ungemein zahlreichen Jahres-, Götter- und Temprlfeste, der Götterkult in den verschiedenen Gauen des Landes, an denen Gcbetceremonien und Hymnengesang ein: Hauptrolle spielten, machten die Einrichtung von stehenden Sänger- und Sängerinnenchören nothwendig. Tempel sängerinnen werden in den Inschriften nicht selten erwähnt. „Meister der Gesänge" und „Hofcapellmeister Sr. Majestät" werden schon auf Denkmälern aus den Zeilen drS alten Reiches (ca. 3500—2000 v. Chr.) genannt: ein Beweis dafür, daß die edl« Kunst der Musik allgemein beliebt war und von den tiefsten Schichten de» Volk«» an bis hinauf zum königlichen Hose geübt wurde. Außer den „Hofcapellmeistern" begegnen uns bereits auch „Gesangsvorsteherinnen" im alten Reiche. Eine derselben — ihr Name ist nicht mehr zu entziffern — war zugleich Harems Vorsteherin und mag wohl die jungen schönen Sklavinnen ihres abgeschlossenen Bereichs in der Kunst des Gesanges, vielleicht auch in der des Tanzens unterrichtet haben. Wo uns die alt egyptischen Maler durch die Eigenart der Darstellung einen Einblick in die Frauenhäuser vornehmer Egypter gestatten (Ge mälde im Grabe des Ey in Tell el Amarna), sehen wir, wie sich die Haremsdamen durch Harfenspiel, Lautenspiel und Tanz die Langeweile vertreiben und wie sowohl die Tänzerinnen wie die Zuschauerinnen den Rhythmus der Musik durch Hände klatschen markiren. Die alten Hofcapellmeister nahmen eine bevorzugte Stellung ein und erfreuten sich oft der ganz besonderen Gunst Sr. Ma jestät, lag cs ihnen doch ob, zugleich als „Vergnügungsräthe" die Hoffestlichkeiten zu arrangiren und zu leiten. So sind uni aus den Zeiten des alten Reiches drei „Vorsteher des königlichen Gesanges, zugleich Vorsteher aller schönen Vergnügungen deS Königs" bekannt geworden. Zwei derselben waren „Hofsänger" und rühmen sich: „das Herz des Königs innen im Palaste täglich durch schönen Gesang erfreut und alle Wünsche des Königs durch schönen Gesang erfüllt zu haben", — und in Neferronpet, den „Sänger des Pharao", lernen wir zugleich den Vorsteher der Sänger aller Götter, also einen königlichen „General-Musik- director", kennen. Zwar wissen wir von griechischen Autoren, daß die Musik bei der gottesdienstlichen Feier der Egypter einen hervorragenden Antheil gewonnen hatte, aber über das Wesen altegyptischer Musik, auf welcher Basis sich ihr Tonsystem entwickelte, ob es von der Tonleiter oder den Intervallen ausging, über Melo dienbildung, Melodienführung, über Notation u. s. w. schweigen sich die Denkmäler und auch die alten griechischen und römischen Autoren vollständig aus; nur durch BoethiuS erfahren wir, daß die altegvptische Lyra in e, 5 und e gestimmt war. Von uralten Nilhymnen, Liebe»- und Trinkliedern sind un» die Texte erhalten geblieben, aber nirgends finden wir eine An deutung über das melodische Element, das sic beseelte und sie von Mund zu Mund trug, doch sind wir berechtigt, anzunehmen, daß sich die Melodie tn den einfachsten Tonschritten bewegte und gegen das rhythmische Element zurücktrat. Frauengesang hörte man am liebsten ohne Instrumental begleitung, Männergesang dagegen mit Begleitung der Harfe und Flöte; auch scheint man den Männergesang zu allen Zeiten bevorzugt zu haben. Wenn uns unter den Vortragenden auch blinde Sänger begegnen, so darf uns das nicht verwundern, denn die Blinden verfügen bekanntlich über ein scharfes, feines Gehör; jeder unreine Ton verursacht ihnen Unbehagen, und sie selbst singen Alle» mit bewundernswürdiger Reinheit und Sauberkeit. Zudem war Egypten damals wie heute reich an Blinden. Im alten Reiche war die Harfe das bevorzugte Saiten instrument. Man benutzte große, mittlere und klein« Harfen. Die große Harfe wurde stehend gespielt. Sie hatte meistens die Gestalt eines großen lateinischen 6, so daß die Saiten an der äußeren Seite sehr lang waren und nach der inneren Wölbung zu immer kürzer wurden. Die Harfe wurde mit ihrem am unteren Ende angebrachten Fußgestell auf den Boden gestellt. Nicht selten war da» Holzgestell mit Malereien versehen, mit reichem Schnitzwerk geziert und mit einem Götter- oder Sphinx- köpf gekrönt. Solche kostbaren Harfen spielen die beiden im thebanischen Felsengrabe RamseS' III. (1269—1244 v. Chr.) dargestellten Priester. Die große Harfe hatte, den Abbildungen nach, vier, acht, zwölf oder noch mehr Saiten. Dieselben waren wie bei neueren Instrumenten in kleinen Löchern mit Pflöcken befestigt und wurden mit beiden Händen zugleich gespielt. Die mittlere einfachere Harfe mit sechs oder sieben Saiten war an ihrem unteren Ende entweder haken- oder keulenförmig und wurde im Sitzen gespielt. Die kleine Harfe tritt erst im neuen Reiche (ca. 1500 bis 1000 v. Chr.) auf. Sie wurde auf der Schulter gespielt. Hin und wieder sieht man auch die dreieckige Harfe in den Händen der Musiker. Sie bestand aus zwei einen rechten oder spitzen Winkel bildenden Hölzern, zwischen denen die Sailen ausgespannt waren. Ein anderes beliebtes Saiteninstrument war dir Leyer, die man entweder mit ihrem Fußgestell auf den Boden stellte oder frei oder auch unter den Armen hielt. Auf ihrem zierlichen, gemeiniglich vasenförmigen Fußgestell erhoben sich recht» und links zwei dünne, gerade oder gekrümmte Säulen, auf denen ein Querholz ruhte. Das eine Ende der Saiten war an diesem Querholz, das andere an dem Fußgestell befestigt. Der Körper der Leyer zeigte die herrlichsten Berzierungen.
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