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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 09.09.1898
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1898-09-09
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18980909029
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1898090902
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1898090902
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
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- Ausgabe
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1898
- Monat1898-09
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Landsberg am Mittwoch erwiderte, hatte nämlich nach der „Germania" folgenden Wortlaut: „Ich danke Ihnen, auch im Namen Ihrer Majestät der Kaiserin, für die Gaben, die sie Mir überreicht haben. Ich freue Mich doppelt, diese Gaben von einem kräftigen, arbeitsamen Bauernstände zu empfangen, gerade jetzt, wo 250 Jahre verflossen sind, daß das hiesige Land an das HauS Brandenburg unter die Krone Hohenzollern fiel. Ich werde, getreu dem Vorbilde Meiner Vorfahren, dem Bauernstände stets Meinen besonderen Schutz und Mein besonderes Wohlwollen angedeihen lassen. Wenn Ich trotz großen Widerstandes und nach großen Kämpfen das Gesetz über das Anerbenrecht für Westfalen durchgesetzt habe, so habe Ich das gethan einerseits in dem Bewußtsein der Richtigkeit der Gründe, die Sie soeben angeführt haben, andererseits auch in der Hoffnung, daß dasselbe vorbildlich sein wird für andere Provinzen, wo ein Bauernstand mit ähnlichen Grundsätzen vorhanden ist. Ich bin überzeugt, daß dies der beste Weg ist, die landwirthschaftliche Bevölkerung zu stützen und den Bauernstand in seiner alten Tüchtig, leit zu erhalten. Durch solche ernste Arbeit wird mehr erreicht als durch Phrasen und hohle Reden, mit denen man den Interessen der Landwirthschaft zu dienen sucht." Herr vr. Diederich Hahn und Cousorten, das geht Sie an! Wie unsere Leser aus den Mittheilungen unserer Mit arbeiter im Reiche wissen, hat die politische Bewegung in den preußischen Krtegervereine» eine ganz eigentbümliche Richtung genommen. So wurde in Mühlhausen ein Fest deS KriegervereinS von den Osficieren officiell „geschnitten", weil der Vorsitzende des Kriegervereins, ein Nationalliberaler, bei der Stichwahl zwischen dem Conservativen und dem Freisinnigen für den Letzteren öffentlich eingetreten war. Manche Blätter sehen darin ein Zeichen der fortschreitenden Reaction, wir meinen, es sind Vorkommnisse, wie der erwähnte, nur bedauerliche Zeichen für die politische Unreife einzelner Tbeile unserer sogenannten gebildeten Schichten. ES gilt in manchen Kreisen noch immer für „unfein" und unständesgemäß, sich anders zu nennen als conser- vativ. Wir sagen „nennen", denn das wirkliche politische Verständniß und Erkennen fehlt diesen Kreisen zum großen Theil. Wenn dieses konservative „SäuberungS"experiment so fortgesetzt wird, dann können wir noch schöne Dinge erleben. Wir haben eine Wehrpflicht und nicht ein Wehrrecht. Dieser Pflicht muß Jeder genügen ohne Ansehen seiner politi schen Ueberzeugung. Da nun die Zabl der wirklichen „Krieger" in den Kriegervereinen naturgemäß immer mehr ab nimmt und durch gewesene Soldaten ersetzt wird, die nur ihre militairischen Erinnerungen in den Vereinen pflegen wollen, so sollte man sich doch hüten, diesen jungen Nachwuchs vor den Kopf zu stoßen und so den Kriegervereinen selbst das Grab zu graben. Es wirb Zeit, daß die Regierung den Uebereifrigen Halt gebietet, damit nicht durch solche politische Tapereien der schon vorhandene Zündstoff unnöthig noch vermehrt wird. In der „Pol. Corr." liegt ein halbamtlicher Brief auS Petersburg, 3. September, vor, der fast wie ein halber Rückzuginder Aprüstuugsfragc sich ausirimmt und jeden falls die Hoffnungen, die man vielfach auf die Conferenz gesetzt hat, stark herabzumindern geeignet ist. Es heißt nämlich darin: Man war hi«r von der Auslegung überrascht, welche die Mehr zahl der auswärtigen Blätter dem Rundschreiben des Grafen Mu- rawiew gegeben hat, indem sie di« vorgeschlag«ne Konferenz als Abrüstungskonferenz bezeichnete. Rach dem Wortlaute des russischen Rundschreibens handelt es sich in Wirklichkeit nur darum, den stets zunehmenden exces siven und das Volkswohl ruinirenden Rüstungen einen Damm zu setzen, die Mittel und Wege auszusuchen, durch die man zu einer weniger anormalen internationalen Lage gelangen könnte, als es die gegenwärtige ist, und die dann folgerichtig zurWirkung haben würde, daß die Staaten mit einander nicht mehr bezüglich der fortschreitenden Steigerung ihrer militairischen Machtmittel wett eifern müssen, sondern gestatten könnte, die allzu riesenhaften Ver hältnisse dieser militairischen Machtentfaltung zu verringern. Wenn man den russischen Vorschlag auf dieses Maß zuriickführt, so birgt er nichts in sich, was einen Widerstand der fremden Regierungen oder gar der Völker rechtfertigen könnte, denn der Vorschlag bezieht sich ausschließlich auf «ine gemeinsame Erörterung des gegenwärtigen Standes der politischen Ver- hältnisse, sowie der Maßregeln, di« man ergreifen könnte, um sie in «inem der Menschlichkeit günstigen Sinn« umzugestalten. Fer ner haben die Kommentatoren d«s von der russischen Regierung unternommenen Schrittes die Zuschrift auch v i e l z u w ö r t l i ch (!) genommen, indem sie darin einen jener Vorschläge erblickten, Vie eine unmittelbare Stellungnahme erfordern und aus den so fort die materielle Wirkung folgen müßte, die diese Antwort be dingt, wie etwa z. B. die Annahme oder Ablehnung des Konferenz vorschlages in kurzem Wege, ober die unmittelbare Einbe rufung der Konferenz. Dieser Zweck lag nicht in den Absichten der russischen Regierung und war auch vom Zaren nicht vorgesehen, der ebenso wie die ihn umgebenden Regierungsmänner daraus gefaßt ist, daß die zur Konferenz «ingeladenen Regierungen reiflich über legen, daß ein natürliclzes Zögern eintreten, die öffentliche Meinung sondirt und vielleicht auch ein vorläufiger Meinungsaustausch unter den Mächten Platzgreifen werde, ehe von irgend einer der Mächte ein entscheidender Beschluß gefaßt wird. Ja, man ist hier auch daraus vorbereitet, daß einzelne Regierungen aus diesen oder anderen Gründen und Hindernissen di« Theilnahme an der in Rede stehenden Conferenz ab lehnen würden, die bann allerdings nicht stattfinden könnte. Denn die Conferenz könnte nur unter den beiden Bedingungen einen praktischen Erfolg haben, wenn sie eine allgemeine wäre und wenn sie zu einer vollständigen Uebercin- stimmung aller Theilnehmer führen würde. Am Schluffe heißt es, die Grundlage der russischen Anregung würde selbst im Falle des Scheiterns der Conferenz fortleben und unter günstigen Verhältnissen von selbst zur Verwirklichung gelangen. Der Zar habe gerade den gegenwärtigen Zeitpunkt für die Veröffentlichung seiner seit längerer Zeit gehegten Idee für besonders geeignet gehalten, weil in dem Vorgehen der Vereinigten Staaten gegen Spanien die neueste Anwendung des Grundsatzes „Macht geht vor Recht" ihre Be- thätigung gefunden habe. — Einen seltsamen, aber nicht ganz unerwarteten Vorschlag zur Güte machen die Petersburger „Nowosti", indem sie der Abrüstungskonferenz die Aufgabe stellen, behufs Herbeiführung des Weltfriedens die Neutral!- firung Elsaß-Loth ringens zu bewirken. Der Zar hat bekanntlich unmittelbar nach seinem Besuch in Paris ver künden lassen, daß er gern die Rolle des Vermittlers und Versöhners zwischen Deutschland und Frankreich übernehmen werde. Sollten die „Nowosti" den Auftrag gehabt haben, über die näheren Modalitäten dieser Vermittelung zu orientiren, so konnten sie getrost Papier und Druckerschwärze sparen. In Deutschland denkt Niemand außer Herrn Liebknecht und seinen Friedensvereinsfreunden an eine solche „Selbstaufopferung", aber auch den Franzosen ist mit dieser „neutralen Zone" nicht gedient. Falls der Ministerrath auf Antrag bes Juflizministers beschließt, daß Anlaß sei, den Proccß TrchsuS wieder auf- ruuehmen, wird das Verfahren folgenden Verlauf nehmen: Das Revisionsgesuch geht an die Anklagckammer deS Cassations hofes, und da es in Revisionssachen keine Untersuchung giebt, so bleibt dem Berichterstatter der Kammer die ganze Auf klärung der Sache überlassen. Gründet sich, wie anzunehmen ist, das Gesuch des Ministers auf den Absatz 4 des Artikels 443, also darauf, daß die Fälschung Henry's eine neue Thatsache bilde, „die geeignet ist, die Unschuld des Ver- urtheilten derzuthun", so muß der Cassationshof nothwendiger- weise in die Acten des Dreysusprocesses Einsicht nehmen, um zu ermitteln, inwiefern dieThat Henry'S mit der Klage gegen Drehsus im Zusammenhang steht. Die Verhandlung würde dann also wohl, was noch nie dagewesen, unter Ausschluß der Oeffent- lichkeit stattfinden. Erkennt derCassaiionshof das Revisionsgesuch als begründet an, so wird er den Proceß voraussichtlich an eines der ständigen Kriegsgerichte verweisen, die in den Hauptquartieren der Corpscommandanten ihren Sitz haben — das Pariser Gericht als dasjenige, baS den Spruch von 1894 fällte, ist ausgeschlossen. Es giebt aber noch eine zweite, im Artikel 445 vorgesehene Möglichkeit; dieser Artikel lautet nämlich: „Ist das Revisionsgcsnch begründet und die Sache nicht spruchreif, so nimmt der CassationSbof direkt oder mittels einer Commission alleUntersuchungen von Grund aus,die Gegen überstellung, das Verhör und alle Mittel, die geeignet sind, die Wahrheit darzuthun, selbst vor." Danach würde also die Möglichkeit vorliegen, daß der CassationSbof selbstständig ent scheidet, sicherlich das geeignetste Verfahren, um die An gelegenheit, wenn es darum zu thuu ist, von Grund aus zu klären. Für den Fall dagegen, daß der CassationShof den Proceß vor ein neues Kriegsgericht verweist, berechnet der „GauloiS", daß mindestens 40 Tuge bis zu seinem Spruch vergehen. Dann erst würde die Weisung erlassen werben können, Dreyfus nach Frankreich zu bringen. Die Reise wird drei Wochen dauern, eine Woche kann man für die Verhandlungen vor dem Kriegsgericht ansetzen, so daß dann also frühestens am 20. November die ganze Sache beendet sein könnte — wenn nicht neue Hindernisse dazwischen treten. So soll jetzt der neue Kriezsminister Zur lind en Schwierigkeiten machen. Wir theilten schon mit, daß er die Auslieferung des Dossiers DreyfuS verweigert hat, heute versichert die „Libre Parole", daß der Minister nach Prüfung deS Dossiers die Meinung Cavaignac's theile und demissioniren werde, falls das Ministerium auf der Revision bestehe. In Korea hatte Mitte vorigen Jahres die deutsche Firma E. M e y e r L C o. eine sehr bedeutende Bergwerks- Concession erlangt, nach der es der Firma freistehen sollte, im ganzen Lande einen ihr paffenden Minendistrict auszusuchen; sieben Plätze waren hierbei ausgeschlossen und im Contracte be sonders aufgezählt. Nachdem die Firma verschiedene Expeditionen ausgerüstet und sich auf Grund der Berichte derselben für den Minendistrict Tanghion im Bezirk Kim Song (Provinz Kang Wön Do) entschieden hatte, machte der deutsche Consul Herr Krien am 23. Juni d. I. hierüber dem stell vertretenden Minister der auswärtigen Angelegenheiten, S) u Kuei - whan, eine amtliche Anzeige. Noch an demselbc:: Abend wurde, wie der „Ostasiat. Lloyd" mittheilt, durch Beschluß der koreanischen Regierung eine Anzahl von Bergwerken, darunt:: auch Tanghion, dem König zugesprochen. Dieser Beschluß, der doch offenbar nur gefaßt wurde, um der deutschen Firma ihr rechtmäßiges Eigenthum zu nehmen, wurde vom König sofort genehmigt und auf Grund desselben erwiderte dann Uu Kuei-whan dem deutschen Consul, die von der deutschen Firma gewählte Mine gehöre dem König und würde bereits bearbeitet; sie könne aus diesen Gründen den Herren Meyer L Co. nicht zugesprochen werden. Letztere möchten sich einen anderen Platz aussuchen. Der deutsche Consul gab dem Minister das Schreiben zurück, indem er es ablehntc, dasselbe zu discutiren, da es auf einem ganz groben Betrug aufgebaut war; er verlangte die einfache, rückhaltlose Anerkennung des Rechtes der Firma auf die Mine. Au Kuei-whan kam trotzdem in das Cow sulat und bestand darauf, sein Schreiben zur Grundlage einer Erörterung zu machen. Der Consul verweigerte dies und bat ilm wiederholt im höflichsten Tone, ihn zu verlassen, da er ihm nichts zu sagen hätte. Au Kuei-whan kam dieser Aufforderung nicht nach, und so wies ihm Herr Krien, ohne irgendwie Gewalt anzuwenden, d i e T h ü r. — Seitdem ist die koreanisch? Regierung zur Vernunft gekommen und hat. am 19. Juli di: Rechte der deutschen Firma auf die Mine amtlich anerkannt. Deutsches Reich. Leipzig, 9. September. Vom Reichsamt des Innern ist den Fach Organisationen des Gastwirths - gewerbes ein Schreiben deö Vorsitzenden der Reichs commission für Arbeiterstatistik zugegangen, in dem mit- getbeilt wird, die Commission habe beschlossen, zur Er gänzung der Erhebungen über die Verhältnisse der in Gast- und Schaukw irtb schäften beschäftigten Personen eine Anzahl von Arbeitgebern nnd Arbeitnehmern als Aus- kunflSpersonen behufs mündlicher Befragung zu berufen, und zwar sollen hierzu im Ganzen etwa 60 Personen zur Vernehmung vorgeladen werden. Die Fachorgauisationen werden in dem Schreiben weiter ersucht, je zwei Personen und, damit störende Weiterungen vermieden werden, zwei Stellvertreter für die voraussichtlich Ende October dS. I. stattfindenden, wahrscheinlich nur einen Tag in Anspruch nehmenden Vernehmungen zu bestimmen. Als Entschädigung erhalten die AuSkunftSpersoncn 12 .L Tagegelder und Ver gütung des Fahrgeldes. U Berlin, 8. September. AuS den neuesten amtlichen Zahlen über dir Ergebnisse der Verwaltung der Ver sicherungsanstalten für 1 897 gebt auch der Antheil hervor, den die einzelnen LandeStheile und Bundesstaaten an den zu den Renten gewährten Reichszuschüssen haben. Auf den Kopf der versichcrungSpflichtizen Bevölkerung kamen im Durchschnitt für daS ganze Reich an Neichszuschuß 1,82 .L Am weitesten über diesen Durchschnitt hinaus gegangen sind die beiden Mecklenburg, wo der Reichszuschuß, an dem Maßstabe der versicherungspflichtigen Bevölkerung gemessen, 2,23 betrug. Es folgte dann Preußen mit 2,05 Die übrigen Staaten hielten sich unter dem Durchschnitt. Auf Württemberg entfielen 1,76 auf Bayern 1,51 aus Elsaß - Lothringen 1,49 . 6, auf Sachsen 1,46 auf die Thüringischen Staaten 1,39 auf Baden 1,38 .4t, auf Braunschweig Fritilletoir. Henny Hurrah! 8s Roman von Ernst Clausen. Nachdruck verboten. Er that es aber doch und schaute nachdenklich in das Feuer. „Ja gewiß, Axel, Du hast ganz recht." Sie wandte sich zur Thür, blieb aber noch einmal stehen, um ihm die Hand zu geben. „Also, lebe wohl, Axel! Du willst ja morgen oder über morgen schon fort. — Wenn Du ein Opfer bringst, so weißt Du ja, daß es um Derentwillen geschieht, die Dir die Liebsten nnd Nächsten sind, und das ist etwas werth!" Sie versuchte zu lächeln. „Laß es Dir gut gehen, Henny!" Sie ging langsam hinaus. Er stand noch mit der Ofen schaufel in der linken Hand und wäre beinahe hinter ihr her geeilt. — Eine Ahnung sagte ihm, daß er sie so nie wieder sehen würde. Die Thür fiel hinter ihr ins Schloß und er hörte sie mit Hedwig sprechen. — Mit einer Art verbissenem Trotz Nzarf er die Schaufel zu den Kohlen. Hauptmann Trüxen war auch bei der Beerdigung gewesen und blieb den ganzen Tag verstimmt und wortkarg, und als seine Frau am Abend die Nachricht von ihren Eltern brachte, daß die Schwestern Axel's zum Pastor Lehnert ziehen wollten und daß die Mutter mit Recht darüber pikirt sei, sagte er nur: „Ich glaube, Sternfelds sind sehr vernünftige Menschen. Zunächst haben Deine Eltern nicht Raum genug, um noch zwei Personen aufzunehmen, und zweitens hätten sie anstandshalber von Sternfelds kein Kostgeld annehmen können, und Deiner Mutter Haushaltskasse ist so wie so hoffnungslos." — Seine Frau fand ihn fürchterlich prosaisch. „Ja, dabei hört die Poesie auf, liebe Louise! Man muß die Dinge beim rechten Namen nennen. Ich bin nur neu gierig, ob es unfern Kindern auch einmal so gehen wird?" „Aber Ernst! Du siehst wirklich zu schwarz! Du hast doch ein ganz schönes Vermögen." „Sehr richtig! Aber die ersten fünfhundert Mark habe ich heute ausgenommen." Mehr sagte er nicht, sondern ging schweigend zu Beit, aber sie merkte doch, daß er nach einer Stunde noch nicht einge schlafen war. „Lieber Alter, mach' Dir doch keine Sorgen", sagte sie leise, die Thränen herurrtrrschluckend, und fühlte vorsichtig mit der Hand hinüber, bis sie seinen blonden Haarschopf gefunden hatte. „Wir haben uns doch lieb, Ernst, und die Jungens sind so gesund!" Er nahm ihre Hand und drückte einen Kuß darauf. Es war ja wahr, sie ärgerte ihn oft durch ihr Lamentiren, aber zartfühlend und lieb war sie doch. * * * Axel schrieb nach einem Vierteljahr einmal an Henny einen ziemlich hoffnungslosen, pessimistisch gefärbten Brief. — Die Ausstcllungsjury hatte sein letztes Bild zuriickgewiesen, und das Verlagsgeschäft, für welches er in letzter Zeit öfters kleine Skizzen, Vignetten oder Zierleisten gezeichnet hatte, war in andere Hände übergegangen, wurde anders geleitet und gab ihm keine Aufträge mehr. — An Seefried hatte er wenigstens ein neues Tapetenmuster verkauft. — Er versuchte von Walter Crane und derartigen Leuten zu lernen; auf jeden Fall sei keine Aus sicht vorhanden, rasch als Künstler weiter zu kommen. Wie dieser Brief auf Henny wirkte, erfuhr er nie, denn wenige Wochen nach Abfassung desselben erhielt er die Anzeige ihr'er Verlobung mit Mr. John Brown. Er riß die auf so schönes dickes Papier gedruckte Anzeige in tausend Fetzen, warf sie in den Papierkorb, telegraphirt« einen Glückwunsch und brachte dm Rest des Tages in einer Künstlerkneipe zu. Wie er aus derselben nach Hause gekommen war, wußte er am anderen Tage nicht genau. Auch ging er auf Hedwig's brieflich« Betrachtungen über diese Verlobung nicht weiter ein; er lachte und verhöhnte sich selbst, denn jene Nachricht hatte es ihm klar zum Bewußtsein gebracht, welche thörichten, jungen, traumhaften Vorstellungen er unbewußt noch immer gepflegt hatte, nämlich, als ob Henny Hurrah's Persönlichkeit etwas gewesen sei, was für ihn aufge spart werden könnte. Aber die vollzogene Thatsache ihrer Verlobung half ihm besser, als er es selbst wußte, über das nächste Jahr, über manche Enttäuschung und den letzten, entscheidenden Schritt hinweg. Es wurde ihm leichter, dem realen Leben fest ins Gesicht zu sehen. — * * * Der alte Tressing war in miserabler Laune. — Diese That sache bildete keine Ausnahme, sondern war jeden Morgen so sicher wie das Amm in der Kirche. — Die meisten alten Officiere leiden mehr oder weniger daran. Sie pflegen nach alter Ge wohnheit, namentlich im Sommer, sehr zeitig aufzustehen und sind der Schrecken aller Dienstboten dadurch, daß sie nicht sofort nach dem Frühstück ausgehen, sondern zu Hause bleiben und Zeit finden, sich um Alles zu kümmern, was sie gar nichts angeht. Diese Männer, welche meist bei ihrer Verabschiedung noch ziemlich rüstig sind, wissen mit dem Ueberschüß von noch vor handenem Beschäftigungsdrang nicht wohin und werfen ihr Interesse auf Dinge, die eigentlich nicht in das Ressort eines Mannes fallen, zum Beispiel das Heizen der Stubenöfcn, zu spätes Aufstehen der Dienstboten, schlecht bereiteter Kaffee, zu kleine Morgensemmeln, Blechschaufeln, die auf dem Gange stehen, so daß man Hals und Beine bricht. Alle diese Dinge bilden will kommene Blitzableiter, an denen der Ueberschuß von Thatendrang in Form von Donnerwettern heruntersaust und sich ins Gleich gewicht bringt. Man "wußte dies und nahm darauf Rücksicht im Tressing'schen Hause. — Das erste Frühstück wurde dem Obersten allein in seinem Zimmer scrvirt; seine Frau war klug genug, einzusehen, daß sich ihr Mann für die sonstige Unterordnung in allen wichtigen Fragen durch kleine Tyranneien rächen mußte. Besonders störend wirkten auf seine Stimmung die mit der ersten Post einlaufenden Briefe, wenn sie keine angenehmen Nachrichten enthielten; und da solche Briefe bei älteren Personen und Familienvätern das Uebergewicht über die vereinzelt an genehmen zu haben pflegen, war ihm schon oft ein am Morgen angekommener Brief bis zum Mittag verheimlicht worden. — Eines Tages aber entdeckte er den Betrug und traute seit diesem Fall keinem Menschen mehr, sondern fing persönlich den Post boten an der Thür ab. Da lag nun heute ein Brief von Henny auf dem Frühstücks tisch und ihr Vater stopfte seine Morgenpfeife mit einer Gewalt, daß dieselbe Quantität Tabak für drei gemüthsruhige Pfeifen ausgereicht haben würde. Henny konnte sich nach dem Wochenbett nicht erholen; es war ja auch kein Wunder! Wie kann ein Mensch in einem solch' verrückten Lande wie Amerika und solch' einer Stadt wie New Uork gesund bleiben oder gar werden! Es ging auch Alles ver quer! Er hatte sich so sehr gefreut über das Telegramm vor einigen Wochen, welches die glückliche Geburt eines Jungen anzeigte, bis vierzehn Tage später Henny's trauriges Briefdictat anlangte; sie hatte das Kind wieder hergeben müssen. Die alten Tressings hatten auch ihr erstes Kind verloren, aber darüber waren nun dreißig Jahre vergangen und bald war Nachwuchs gekommen; auch war er, der Oberst, damals jung. Jetzt schien es ihm, als hätte er den eigenen Erstgeborenen leichter hergegeben als nun diesen kleinen Enkel. Henny schrieb sonst stets zufrieden und glücklich; es fehlte ja der reichen Frau Brown an gar nichts! Nein, darüber brauchte der Vater sich keine Gedanken zu machen. Die Junisonne lachte heute so vergnügt zu den Stuben fenstern herein und der Canarienoogel im Bauer vor demselben hielt das Köpfchen mit den lustigen schwarzen Augen schief und breitete die Schwingen weit auseinander, um den Sonnenschein zwischen jede Schwungfeder herein zu lassen. Den Vogel hatte ihm Henny kurz vor ihrer Hochzeit geschenkt; es war ein echter Harzer Roller. — Warum war der kleine Kerl stets vergnügt und gesund? Warum denn Henny nicht? Der Oberst gab ihm frisches Wasser und neuen Rübsamen und wischte sich dann mit dem Knöchel des Zeigefingers die Augenwinkel aus. Früher war es doch ganz anders gewesen, so lange das Mädel im Haus« war. Immer heidi! Immer lustig, immer hurrah! Die verstand es, mit ihm umzugehen; ganz anders, wie die Lotte, die jeden Morgen wie ein Automat fragte: „Hast Du gut geschlafen, lieber Papa?" Wenn Henny so hereinkam ohne Redensarten, zur Zeit, wo er beim Frühstück saß und ihm einen Kuß gab: „Na, Vating! Ja, es ist eine miserable Welt! Der Kaffee ist abscheulich und diese Semmeln .... Man sollte den Kerl von Bäcker an den Beinen aufhängen. — Die Zeitung — ich weiß schon — da haben die Socialdemokraten wieder nichts wie Blech geschwatzt!" Es war wirklich manchmal schwer, schlechter Laune zu bleiben, und wenn sie dann sagte: „Komm, Herr Oberst! Wir wollen in den Garten gehen und uns über die verflirten Spatzen ärgern, die wieder in Deinen Phloxpflanzen gewesen sind!" Dann war er fidel geworden. Jetzt hatte er in diesem Sommer noch keinen Gang in den kleinen Garten hinter dem Hause gemacht. — Gerade in den Monaten vor der Hochzeit hatte sie sich dem Vater noch mehr an geschlossen, als wollte sie ihre ganze Zärtlichkeit und ihre gute Laune bei ihm lassen, ehe sie fortging. „Ach ja, hol's der Teufel!" Ein schüchternes Klopfen weckte ihn aus seinen Be trachtungen auf. „Herein!" schrie er, und brummte hinterher: „Ich wette.
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