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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 17.10.1898
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1898-10-17
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18981017017
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1898101701
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1898101701
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1898
- Monat1898-10
- Tag1898-10-17
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Reklamen unter dem RrdactionSstrich (4g«< spalten) LO-H, vor den Familiennachrichlrr (6 gespalten) 40 Größere Schriften laut unserem Preis« vevichniß. Labrllarischer und Zifferusap nach höherem Tarif. Extra-Beilagen (gefalzt), nur mit der Morgen«Ausgabe, ohne Postbesörderung ^l 60.—, mit Postbeförderuug 70.—. Ännahmeschluß für Iiiyeigen: Abend-Ausgabe: Bormittag« 10 Uhr. Morgen-Ausgabe: Nachmittag» 4Uhr. Bet den Filialen und Annahmestellen je ein» halbe Stunde früher. An-eigen sind stets an Expedittap zu richten. Druck uud Verlag von E. Polz in Leipzig 32. Jahrgang. Amtlicher Thetl. Bekanntmachung. Au» Anlaß des am 18. dieses Monats BormittagS stattfindenden Festzugs wird an genanntem Tage die Reitzenhainer Straße von Vormittag '/4II bis etwa um 11 Uhr für den Fährverkehr nach der inneren Stadt zu gesperrt. Leipzig, am l4. Oktober 1898. Der Rath und da» Polizeiamt der Stadt Leipzig. V.R.4506. vr. Georgi. Bretfchneider. Die rnilitairische und die politische Bedeutung der Schlacht bei Leipzig.*) Die Bedeutung der Schlacht bei Leipzig liegt in militairischer Beziehung zunächst in der außerordentlich großen Zahl der Streitenden und in der Ausdehnung des Schlachtfeldes. Aehn- liches hatte di« Welt noch nicht gesehen und es ist seitdem auch nicht Überboten worden. Jähns setzt in seiner Schrift „Die Schlacht bei Königgrätz" di« Streitkräfte Napoleon's zu niedrig an. Bernhardi's Berechnung, die auf eine Vergleichung der verschiedenartigsten Quellen sich stützt, «rgiebt für den 16. Oktober 177 000 Mann. Die Verluste dieses Tages sind durch den Anmarsch Reynier's mit 13 800 Mann gewiß ersetzt worden. Es sind daher auch am 18. Oktober mindestens 175000 Mann in den französischen Stellungen versammelt ge« ivesen, da man den abmarschirenden Bertrand doch noch ebenso gut in den Schlachtbereich einbeziehen muß, wie Giulay oder Jork. Dann aber überragt Leipzig mit 465 000 Mann der kämpfenden Armeen die 444 000 von Königgrätz und ist (da bei Gvävelotte nur 317 000 Mann, bei Solserino nur 312 000 Mann im Feuer standen) noch immer die an Zahl der Streiter hervorragendste Schlacht der Neuzeit. Sie ist nicht ein« der blutigsten Schlachten, wenn auf das Verhältniß der Tobten und Verwundeten zu der Gesammtzcchl -der Streitenden gesehen wird, denn sie wird in dieser Hinsicht von Belle-Alliance, Borodino. Austerlitz, Eylau, Zorndorf, Malplaguet übertroffen, aber sie kommt in ihrem Berlustprocent Wagram gleich und überragt in der absoluten Höhe desselben (nach Jähns 108 000) alle anderen Schlachten. Das Zusammenwirken der drei Verbündeten Armeen wurde hauptsächlich durch die geschickte Führung der schlesischen Archer, und durch die Haltung der preußischen Generale in der Nordarmee bewerkstelligt, auf dem rechtzeitigen Eintritte derselben beruhte der Sieg. Wenn Blücher nicht schon am 16. vor den Thoren Leipzigs erschienen wäre, so hätte sich aus der Schlacht bei Wachan ein zweites Dresden entwickeln können. Das System ves „getrennt marschiren, vereint schlagen" ist hier zum ersten Male mit großem Erfolg zur Anwendung gebracht worden und Hat sich dadurch die Herrschaft in der Strategie der Neuzeit errungen. Im 18. Jahrhundert hat man damit noch nicht zu rechnen verstanden; es gelang den Gegnern Friedrichs des Großen niemals, ihre Heere auf einem Kriegs schauplätze zu vereinigen, geschweige denn, ihnen die Richtung auf ein Schlachtfeld zu geben. Auch die ersten Koalitionen gegen das republikanische und gegen das kaiserliche Frankreich waren weit davon entfernt, ihre Streitkräfte in den Dienst einer leitenden militairischen Idee zu stellen. Napoleon hat keine guten Erfahrungen mit selbstständigen Kommandanten gemacht, seine Unterbefehlshaber haben nie etwas geleistet, wenn sie selbstständig denken und handeln sollten, sie traten nur dann Mit großer Sicherheit auf, wenn sie sich im Banne der Befehle ihres Herrn und Meisters wußten, der seine entscheidenden Schläge auch immer mit jenen Heeresmassen auSgetheilt hat, die er zu seiner unmittel baren Verfügung behielt. Seine Thatkraft litt während des Herbstfeldzuges von 1813 am meisten unter dem berechtigten Mißtrauen gegen die Leistungsfähigkeit seiner Marschälle als selbstständige Befehlshaber. Er hat es deshalb vielleicht nicht gewagt, die böhmische Armee jenseits des Erzgebirges anzugreifen, *) Wir entnehmen dies« B«trachtung dem jüngst erschienenen ersten Bande dcs lehrreichen Werkes Prof. Or. H. v. Zwievi- neck-Südenhorst's „Deutsche Geschichte von der Auflösung des alten bis zur Errichtung des neuen Kaiserreichs«. (Stuttgart, Cotta.) Weil er sich im Rücken und in der Flanke zu wenig gedeckt fühlte, Wenner di«Sicherung derselben einem Ney, Oudinot oder Maodo- nald anvertrüuen mußt«. Damit hat er den großen Vortheil seiner Eentralstellung aus der Hand gegeben, die es ihm un bedingt zur Aufgabe stellte, die noch vereinzelten Gegner einzeln zu schlagen, ihre Annäherung stets zu verhindern, wenn sie ge fährlich werden konnte. Friedrich der Große hat dies mit weit geringeren Mitteln zu Stande gebracht. Napoleon wurde durch den Rechtsabmarsch der schlesischen Arme« überrascht und ver wirrt, er hat di« Gelegenheit, sie mit Uebermacht anzugreifen, nicht gefunden, er hat auch die böhmische Armee zu weit gegen Leipzig hcranmarschiren lassen, wo er die Vereinigung der drei Armeen voraussehen konnte. Man hat es ihm zum Vorwurf gemacht, daß er sich bei Leipzig überhaupt stellte, und jedenfalls entbehrt der Tadel über die mangelhafte Einleitung des Rück zuges der Berechtigung nicht. Aster hat nachgewiesen, daß ohne Schwierigkeit eine Anzahl Brücken herzustellen gewesen wären, auf denen Poniatowsky und Lauriston den Abmarsch ohne großen Verlust vollziehen konnten. Das es nicht geschah, beweist Mangel an jener Vorsicht und ruhigen Ueberlegung, die den Feldherrn niemals verlassen dürfen. Noch weit höher als die militairische steht die politische Be deutung der Schlacht. Durch sic war die Unabhängigkeit Deutschlands >für die Zukunft gesichert. Nach diesem Siege War an eine Fortdauer der französischen Hoheit über deutsche Staaten nicht mehr zu denken; ^der Rheinbund war gesprengt. Die Fürsten, di« sich als Trabanten des welschen Eroberers glücklich gefühlt hatten, und, ohne Scham zu empfinden, um Gnade und Vortheile bei ihm zu betteln gewohnt gewesen waren, beeilten sich jetzt, den Verbündeten ihre Huldigungen darzubringen, die Völker aber schwelgten in dem Bewußtsein der Zusammengehörigkeit und in der Hoffnung, daß der Preis -des mit ungeheueren Opfern er kauften Sieges die Wiedererrichtung eines deutschen Staates sein werde, der sie All« zu umfassen und ihnen dauernde Sicher heit zu gewähren vermöchte. Am lebendigsten kam dies Be wußtsein bei Denjenigen zum Ausdruck, die in Waffen standen, die Mitwirkung an dem großen Ereignisse hatte ihre Seelen ge stählt, ihren Muth gehoben. In den bürgerlichen Kreisen, die zu lange unter einem tyrannischen Drucke gelitten hatten, um sofort eines kräftigen Aufschwunges fähig zu sein, äußerte er sich nicht mächtig genug, um den Diplomaten Beachtung abzuzwingen. Dec Will« des Volkes war nicht gvwrckt, er verlangte nicht gebieterisch sein Recht, die dynastische Hingabe trat vor das Verlangen nach nationaler Selbstbestimmung. Selbst bei Patrioten, wie Stein und Gneisenau, herrschte vor Allem der Genuß befriedigter Rache vor. Im Novemberheft der „Minerva" findet sich ein Stimmungsbild, das, wohl unter dem Eindruck des eben Erlebten entstanden, u. A. Folgendes enthält: „Die Nachricht von dem Verluste der Schlacht bei Leipzig von Seiten der Franzosen wirkte wie ein elektrischer Schlag auf alle deutschen Gemüther, Fürsten und Völker fühlten sich neu belebt und frei; abgefallen waren die schimpflichen Fesseln, welche alles freie und gemüthlich« Leben niederdrückten. Nichts hielt die feurige Jugend und den besonnenen Mann mehr zurück, den Fluch auszusprechen gegen Alles, was französisch gesinnt war und was sich in Frankreichs Ketten wohlgefiel." „Der Kampf Müsse so lange geführt werden, bis die Freiheit und Unabhängigkeit des -deutschen Vaterlandes, sowie aller übrigen Staaten Europas errungen sei: „Wir wollen nichts von Frankreich, mag es immerhin groß und mächtig sein, nur soll es auch andere Nationen groß und mächtig fein lassen. Deutschland muß wieder Deutschland und Frankreich wieder Frankreich sein; nur kein Frankreich außer Frankreich, welches Verderben und Scl-averei allen Nationen gebracht hat." Der Verfasser dieses Aufsatzes verlangt für das befreite Deutschland ein Oberhaupt über Fürsten und Völker, dem die Macht gegeben sein soll, die Freiheit des Vaterlandes zu wahren, und er fordert «ine Verfassung, welch« Aller Interessen begünstigt und sich strengen Gehorsam verschafft." Die Gewißheit, -daß bei Leipzig die Unabhängigkeit des deutschen Voltes ««stritten fei, führte zu der Frage nach der Grenze Deutschlands gegen Frankreich, die seit den Revolutions kriegen in fortwährender Veränderung begriffen war. Ernst Moritz Arndt, der wenige Tage nach dem Einzuge der Verbün detem in Leipzig eintraf, hat sich noch mitten in dem Jubel des Sieges und umgeben von -den Opfern des Kampfes an die Be antwortung dieser Frage gemacht, indem er di« Flugschrift ver faßte: „Der Rhein Deutschlands Strom, aber nicht Deutschlands Grenze". Das Büchlein, das Stein's vollen Beifall fand, ist ein besonders «deutlicher Beweis der romantischen Weltanschauung, die von der vaterländischen Begeisterung jener herrlichen Zeit nicht getrennt werden kann. Di« Stimmung, in der es ge schrieben wurde, stand dem Dichter noch im Alter klar vor der Seele; «r schildert« sie in folgenden Wort«n: „Hier in Leipzig lebte ich nün über zwei Monate in rüstiger, lustiger Arbeit, ich kann wohl sagen, in Ehren und Freuden, wie die Zeit sie gab, sieges froh unter Siegesfrohen. Auch di« meisten Leipziger, unter allen greulichsten Erscheinungen des Elends, Jammers und Grauens, -mitten unter den Leichenkarren, di« mit vi«lem ver derblichen Pesthauch täglich durch die Gassen ihre fürchterlichen Umfahrten hielten, theilten doch mit uns aufrichtig di« Freude, daß der große Rsichsfeind auf di«sen Gefilden alter Mord schlachten mit seiner besten Stärke sehr zusammengeschmettert war." Städtebilder aus Sachsen. Döbel«. Nachdruck Verbote«. (Fortsetzung). So wechselvoll wie die äußeren Geschicke der Stadt waren, waren auch die inneren; das Blühen und Gedeihen der «in- heimischen Industrie hing zum guten Theile mit von den äußeren Zeitumständen ab. Trotz mancher widriger Geschicke verstand es die thatkräftige Bürgerschaft Döbelns doch, sich zu allen Zeiten bezüglich seiner Industrie einen ehrenvollen Platz zu erringen und die einheimischen Industriezweige immer mehr auszubauen und den Zeitverhältnissen anzupassen. Zu den ältesten Industriezweigen Döbelns gehört unstreitig die B r a u- Nahrung. Von ihr ging im Mittelalter bezüglich Döbelns das Sprichwort: „Wem ein Malter Feld und ein mittelmäßiges Gärtchen nebst einem brauberechtigten Hause bescheert ist, der kann mit Gottes Hilfe gemächlich leben." Der bestehende Bierzwang erstreckte sich auf eine Meile im Umkreise der Stadt, die Be schränkung des Brauens innerhalb der Bannmeile war eine sehr große, fehlendes Bier durfte nur in Dobeln gekauft werden. Hier gab es ein« große Zahl Brauhäuser, die alle Privateigenthum waren. — Im Jahre 1573 kamen nicht weniger denn 173 Ge- bäru-de, jedes zu 48 Scheffeln Malz zum Ausstoß. Der zum Brauen nöthigeHopfen wurde zum größtenTheil in Len Döbelner Hopfengärten erbaut. Da man hauptsächlich Lagerbiere braute, so befanden sich rings um die Stadt her in den Bergeshängen gute frisch« Lagerkeller. Von der Güte dcs Bieres zeugt der Umstand, daß es auch nach auswärts versandt ward und den Brauereien der benachbarten Städte Concurrenz machte. Der Rath zu Roßwein fühlte sich bewogen, in den Jahren 1575 und 1585 Verbote ergehen zu lassen, nach welchen es den Bürgern verboten war, in den umliegenden Döfern Döbelnsches Vier zu trinken. Von welchem Umfange die Brauerei in Döbeln um 1567 gewesen sein muß, erkennt man daraus, daß der Kurfürst Vater August bei der Belagerung Gothas mit dem Plan um ging, die Gräben der Stadt mit gefüllten Säcken auszufüllen. Die brauberechtigten Bürger seiner Städte forderte er auf, ihm von jedem Biere einen Sack — wahrscheinlich Hopfensack — zu liefern; Döbeln mußte 900 solcher Säcke liefern. Mit großer Sorgfalt -wachten die Bürger darüber, daß innerhalb der Bann meile kein fremdes Bier eingeführt ward. Als 1613 zu Rittmitz zwei Faß Mügelner Bier eingeführt worden waren, wurden diese weggenommen. Unterm 14. März 1654 entschied eine kurfürst liche Commission, daß Noschkowitz, Mahlitzsch, Ziegra, Otzdorf, Stockhausen, Goselih, Rittmitz, Technitz, Rudelsvorf, Nieder striegis, Mochau und Auterwih, als Orte, die kein Bier brauen durften, sondern allein zu schänken berechtigt waren, kein anderes Bier als Döbelnsches verzapfen sollten. Die Einführung des Kaffees that der Braunahrung Abbruch, 1697 braute die Brauer schaft zu Döbeln nur noch 98 Biere zu 33H Scheffel Schutt und 13 Faß Aufguß. Von nun ab verfiel das städtische Brauwesen mehr und mehr, da auch die Dörfer zu brauen anfingen und der Branntweingenuß mehr in Aufnahme kam. Zu Ende des siebzehnten Jahrhunderts machte man den Anfang, statt der ganzen Biere halbe, drittel und viertel Biere zu brauen, ein Be weis, daß der Bedarf bedeutend nachgelassen hatte. Das Rcihebrauen kam 1740 in Aufnahme, jeder Brauberechtigtc verschänkte seinen Antheil, wenn er an die Reihe kam. Die hohen Getreidepreise zu Anfang des siebenjährigen Krieges brachten es mit sich, daß das Brauwesen noch mehr in Verfall kam, nur 1760 blühte es noch einmal auf; zu Ende des Krieges waren in Döbeln nur noch drei Brauhäuser im Betriebe. In der Folgezeit verfiel leider das Braugewerbe mehr und mehr, die am 14. Mai 1798 eingeführt« Brauordnung vermochte hierin keinen Wandel zum Besseren zu bewirken. Tie vereinigte Braucrschaft sah sich daher veranlaßt, die Stadt brauerei am 1. April 1817 auf sechs Jahre zu verpachten, was auch später in gleicher Weise weiter geschah. Im Jahre 1831 betrug der Pachtzins 1880 Thaler, es wurden ungefähr noch 80 Gebräude gebraut. Gegenwärtig bestehen in Döbeln drei Braue reien, darunter befindet sich die Actienbrauerei „Vereinsbrauerei", die im Jahre 1880 mit einem Actiencapital von 110 600 c// ge gründet ward. Während des siebenjährigen Krieges blühte in Döbeln die Branntweinbrennerei. In der Stadt und Umgebung gab es viele kleine Brennereien, diese konnten zusammen den Vr darf nicht decken, es muhten noch ansehnliche Quantitäten von auswärts bezogen werden. Der Verkaufspreis stellte sich auf sechs Groschen für die Kanne. Zu den ältesten Handwerken Döbelns gehört auch die T u ch - macher «i, die besonders im Mittelalter in hoher Blüthe stand. Das Blühen dieses Erwerbszweiges ward dadurch unterstützt, daß rings um Döbeln her große Mengen guter Schafwolle ge Wonnen wurden. Das Vorwerk zu Greusnig verkaufte allein im Jahre 1557 24 Stein Sommerwolle und 18j Stein November wolle. Die Tuchmacher besaßen neben der Obcr-Mahlmiihle ihre eigene Walkmühle, von 1549—1551 bauten sie sich auch ein großes steinernes Waidhaus zum Aufschütten der Waid- und Färbe . blumen, denn das Färben mit Indigo war damals noch nicht be kannt. Die erste Wollfärberei ward 1566 angelegt. Die Garnspinnerei wurde noch mit der Hand ausgeführt und hatten dadurch die Weiber und Mädchen in und um Döbeln guten Verdienst. Im Jahre 1569 hatten sich die Döbelnscken Tuch wacher gegen die von Mittweida zu wehren, da diese ihre Wolle bis nach Ebersbach herab zum Spinnen brachten. Die Roß Weiner Tuchmacher aber wollten auch nicht dulden, daß die Döbelnschen die Wolle um Roßwein her spinnen ließen. Der Ver kauf der Döbelnschen Tuche erfolgt auf den Messen zu Leipzig Naumburg, Braunschweig und Frankfurt a. O. Zu Anfang oeS achtzehnten Jahrhunderts fingen die Döbelner Tuchmacher an, -holländische feinere Tuch« zu fertigen, sie brachten allein auf den Leipziger Messen jährlich gegen 2000 Stück, ohne was nach Naumburg, Magdeburg, Braunschweig und Frankfurt ging und sonst in den Häusern und Bänken zum Ausschnitt gelangte. Um 1727 gab es in Döbeln mehr als 200 Tuchmachermeister, sie hatten zwei steinerne Färbehäuser mit 14 Kesseln, eine Tuchwalk wühle und ein Waidhaus. Der siebenjährige Krieg, das durch Friedrich den Großen geübte Absperrungssystem, sowie die Brühl'sche Mißwirthschaft brachten die blühende Döbelner Tuch wachere! sehr in Verfall. Nur langsam hob sich dieser Industrie zweig wieder; um 1787 wurden in Döbeln 3117 Stück Tuck und Tüffel, 40 Stück Flanelle, 40 Stück rohe Kattune, 58 Stück Barchente gewebt. Im Jahre 1806 gab es noch gegen 100 selbst ständige Tuchmacher, 1832 deren nur noch 25. Je mehr der Fabrikbetrieb in Aufnahme kam, desto mehr sank das Gewerbe, 1870 -wurden in drei Fabriken nur noch 82 Arbeiter beschäftigt, an selbstständigen Meistern gab es noch 12 mit 30 Gehilfen. Von dem einst so blühenden Göwerbezweige besteht noch eine einzige Tuchfabrik mit 90 Arbeitern. Bedeutungsvoll war im Mittelalter auch die Döbelnsche H u t m -a n u f a c tu r. Die her erzeugten Hüte waren von aus gesuchter Güte und wurden nur von französischen und nieder ländischen Fabrikaten übertroffen. Die aus Frankreich in Deutschland eingewanderten Hugenotten, die durch Ludwig XIV. vertrieben worden waren, bereiteten den Döbelnscken Hutmachern scharfe Concurrenz. Im Jahre 1727 bestanden in Döbeln noch 38 Hutmacherwerkstätten, von 1804—1806 wurden in Döbeln noch rund 10 000 Hüte gefertigt; auch dieses einst blühende Gewerbe ist jetzt fast gänzlich erloschen und deckt nur noch den örtlichen Bedarf. Vor Zeiten war Döbeln einer der bedeutendsten Getreide Handelsplätze, hierzu war es in Folge seiner günstigen Lage von Natur bestimmt. Nördlich von ihm liegen die frucht barsten Länderstriche Sachsens, das „Sächsische Paradies" um Lommatzsch her und weiterhin ertragreiche Ebenen. Döbeln bildete hiervon den Mittelpunct und vermittelte diesen Handel nach den südlich von ihm gelegenen Städten und nach dem Er^ gebirge zu. Schon frühzeitig wird in Urkunden dieses Hand.!: Feuilleton. Menschenantlitz. Bon Elisabeth Schmidt. NaLdruck verbot«». „Du bist Deinem Pater wie au» den Augen geschnitten", — so? Ich trete vor -den Spiegel, halt« DaterS Conterfei neben mein höchsteigenes Antlitz und finde — daß ich sogar recht wenig Ähnlichkeit mit dem Vater hab«. Die Augenfarb« ist ander», BaterS Wangen sind länglich, die meinen rundlicher, der Mund, — aber halt mal, ich kann füglich nicht gut hertreten und da» liebe „Ich" der Welt aufzählen. Ttüdtren wir also di« Aehn- lichkeitSfrage an unpartettschenPerfonen, an Fremden. Ja, Ähn lichkeiten gie-bt es, Mutter und Tochter, Vater urck Söhn, man findet sie immer leicht zusammen, auch im großen Menschen kreise. Manchmal sehen sie sich in ruhiger Verfassung gar nicht im Entferntesten gleich, aber sobald st« sprechen, gehen oder auch arbeiten, idann tritt eine gewisse Ähnlichkeit hervor. Eheleute sehen sich fast immer ähnlich. Abgesehen davon, daß Amor oft die Blonden den Blondinen zuführt und die Braunen den Brünetten, diese Ähnlichkeit thut e» nicht allein, wohl ober die Annahme der Gewohnheiten de» Einen von dem Anderen. Nach 10 Jahren ist da» Thun und Treiben d«r Abekeute, da» heißt der Eheleute, wie sie sein sollen, so gleich gestimmt, die Geschmack«, richtung so übereinstimmend, daß man mit Recht sagen kann, di« Leute sehen sich ähnlich. Aber Irrten wir einmal herau» au» der engeren Familie, in -di« große Brüderschaft und Gchwesterschaft der Erde. All« di« Brüdir und all« di« Schwestern haben dasselbe -Gesicht, zwei Lugen, ein Nälchen, da» Kinn und den Mund und das immer schöne (?) Wangenpaar. Gott hat -die menschlichen Geschöpfe gleich geschaffen und doch, wie ungleich ist da» Antlitz dem Antlitz. Wie sie da am Fenster vorbei zieht die endlose Menge, die es am herrlichen, sonnigen Sonntagsnachmittag aus dem Hause gelockt hat, die Glieder derselben sind sich so gleich, so gleich und doch so ungleich. Jedes Gesicht ist ander». Od auch Zehntausende an unserem Auge vorüber gehen, jede» Antlitz sicht anders aus, jedes hat sein eigenes Gepräge, jedes ist ein göttliches Kunstwerk, daS zu studirrn wir nicht müde werden. Das Antlitz ist der Spiegel des Herzen». Im Gesicht ist Alles ausgedrückt, Haß wie Liebe, Lust wir Sorge, Gutes wie Böses. Wir schauen in ein licht durchzogene» Antlitz, au» dem ein Augrnpaar so fröhlich lacht, und — wir fühlen un« oersucht, mitzulachrn. Blicken wir aber in ein gramdurchfurchte» Antlitz, in dem unter gefalteter Stirn gleich erlöschenden Sternen die Augen rothrandig hervorschauen, so muthet es uns so eisig, so beengend an, gewiß — sehen wir dies Gesicht später wieder vor un» auftauchen, wir trachten danach, um dasselbe herum d«n Weg zu finden. Alle» waS der Mensch denkt und thut, spiegelt sein Gesicht wieder; e» heißt ganz richtig, „jedes Menschen Gesichtt trägt seine Geschichte. Stellen wir aber 100 Menschen mit intelligentem GesichtSauLdruck vor un» hin, oder ebensoviele mit rohem Gepräge, wir werden immer zwar denselben Ausdruck in allen Gesichtern entdecken, aber Loch — jedes Gesicht ist anders. Doppelgängerei ist ja nicht auigeschlossen, doch sie ist nur di« Ausnahme von der Rtd«l. Wenden wir uns nun gar der Wrltfamilir zu, so ist e» nicht allein mehr der GesichtSNuSdruck, der die Menschen zeichnet, nicht mehr do» Niirchen nur, da» bald griechisch-römisch erscheint und d«m Antlitz rin stolze» Ansehen verleiht, bakd k*ck aufaestülpt g«n Himmel zeigt, al» wollte r» sagen: „Du, Fraaer, hör aas, der Hirnkasten über mir ist leer, aber da oben frag an, am Himmel, -von dort kommt alle Weisheit der Welt", sondern der ganze Gesichtsschnitt. In drm breiteren Rahmen d«r Völker kennzeichnet oft schon das Gesicht allein den Stamm, dem der Be sitzer eben dieses Gesichtes antzchört. Wenn die schiefen Aeuglein vor uns erscheinen in den fahlen Gesichtern, wer gedächte nicht schnell der Mongolen? Ist der Japaner nicht am Antlitz sofort als solcher erkennbar? Und das affenähnlich« Gesicht des Papua, Mag es uns begegnen wo «S will uttd über -der modernsten europäischen Kleidung thronen, nie halten wir es für ein europäisches Antlitz. Den Neger kennzeichnet ja seine Haut farbe, aber mehr noch sein dickes Lippenpaar, sein krauser Kopf, fein gewisses Gesicht. Wir finden den Franzosen, den Eng länder, den Italiener eben so sicher heraus, wie den Russen, auch wenn Alle nach unserer heimathlichcn Sitte gekleidet sind. Das Gesicht -oerräth die Nationalität sicher. ES ist und bleibt das größte Kunstwerk der Schöpfung, LvS Menschenantlitz. .Hand und Fuß mögen geradezu klassische Formen haben, sie bleiben Formen, unveränderlich auch bei unserer größten GemüthS- bewegung. Aber da» Antlitz rsdet, nicht da» Auge allein, das ganze Gesicht vermag lebendig zu werden. Der aufmerksame Beobachter kann vom Menschenantlitz die Gedanken ablesen; ehe der Mund spricht, kann er schon wissen, ob er hoffen darf auf sein Gegenüber, oder ob ihm ein Versagen seines Wunsches bestimmt ist. Beobachten wir z. v. einen Briefleser, der doch mit niedergeschlagen«» Augen vor unS steht, aus seinem Gesich' können wir auf den guten oder schlechten Inhalt de« Briefes schließen. Man sollte eigentlich stet» bedacht sein, sein Gesicht in der Gewalt zu behalten, da «» so leicht zum Verräther an un» wird. Ein rühmliche» Beispiel hatte ich in dieser Beziehung an unserem alten Arzte. Trat «r an da» Bett unsere» Lieb ling», so sah ich immer aufmrrksam in sein Gesicht, aber keine MuVkel zuckte darin, bevor er gründlich den Zustand de» Patienten geprüft hatte-und bestimmt sagen konnte, ob der Klein- jenseits von Gut oder Böse war. Anders jener nrugeback-.i Herr Doctor, der mit wichtigster Miene an das Schmerzen, lager trat und oft durch sein Mienenspiel di« Herzen erbeben machte, der es mit einem Gesichtsausdruck fertig brachte, das; man glaubte, ein Dolch habe das Herz durchbohrt. Wir sollen unser Gesicht nicht nur in der Gewalt haben, das heißt, ein starres Gesicht ist schrecklich, es ist dann wir ein Marmorantlip. leblos, aber bei bestimmten Absichten in der Gewalt haben, da-.- ist gemeint. Auch pflegen soll man sein Antlitz, darauf bedack! sein, daß dieser Herzensspiegel leuchtend bleib« und nicht ab schrecke vor dem Hineinschauen. Wir sollen dies Kunstwerk hüten und hegen, es ist das einzige Kunstwerk, welches alle Menschen besitzen, Alle, Alle, im Palast wie in der Hütte, wir haben es Alle gleich. Aber doch ist jedes Antlitz anders, und dar rst gerade das Herrlichste der Schöpfung. Würden Vir Gesichter alle gleich sein, wo bliebe die Liebe? Jetzt heißt es: „Man kann dir ganze Welt nicht gleich mit Lieb umfassen", man würde es müssen, wären die Menschengrsichter sich gleich wie ein Ei dem anderen. Und woran würden dann die Menschen erkennt lich sein, wenn nicht am Gesicht? Gott-Vater hat daS Alles weise eingerichtet und unS auSgestattet mit einrr Aufnahmegabe, die erstaunlich ist. Wir können im Leben die Bekanntschaft von Tausenden machen, wir behalten jedes Gesicht im Gedächtniß, und kennen an denselben Freund und Feind wieder. Oft begegnet man nach 10 oder mehr Jahren Jemanden und erkennt ihn sofort wieorr, auch wenn man nie von ihm hörte oder seiner gedachte. Und bei diesem Wiedrrerkennen wissen wir auch sofort, ob «» dem Anderen inzwischen gut oder schlecht erging, denn In jede! Menschen Gesichte Sdrht s«in« Geschichte
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