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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 26.10.1898
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1898-10-26
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18981026017
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1898102601
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1898102601
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1898
- Monat1898-10
- Tag1898-10-26
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Nrclamea unter dem N«daction»strich (»g» spalten) üO-C, vor den gamiliennachrichte» (6 gespalten) »0^. Größer» Schriste» laut unserem Preis- verzrichaiß. Labellarischer und Zifsernsotz nach höherem Tarif. krtra»Veilage« (gesalzt), nur mit der Morgen «Ausgabe, ohne PostbesSrderung ^l SU.—, mit PostbesSrderung 70.—. — e»»»» Ännahmeschluß siir Anzeigen: Ab«nd-Au»gabe: Vormittag» 10 Uhr. Morgen «Ausgabe: Nachmittag» 4 Uhe. Lei de« Filialen und Annahmestellen je ein« halbe Stunde früher. Anzeige« sind stet» <m dk Expeditis« zu richte«. Druck und Lerlag von S. Polz tu Leipzig S2. Jahrgang. Die Wahlen in Preußen. >0. Morgen finden in Preußen die Urwahlen zum Ab- geordnetenhause statt, und man sollte heut« zu berichten haben: „Die Wahlbeweguna befand sich zu Beginn der Woche auf ihrem Höhepunkte." Hn Wahrheit liegt die Sache aber so, daß di« preußisch«» Blätter sich entschuldigen zu müssen glaubten, wenn sie von diesen Wahlvorbereitungen einmal daS Wort „Bewegung* gebrauchten. In den Wäblermassen herrschte und herrscht absolute Windstille; wenn sich etwa» regt, so sind e» die localen Führer, bei den kleinsten Parteien auch die obersten Chefs. Die Starrheit der Wählerschaft vor und bei den Wahlen in Preußen ist nichts Neues. Mit Unrecht aber macht man für sie da» Wahlrecht de« Dreiclassenwahl- systemS an sich verantwortlich. Was gewöhnlich die über große Mehrheit der Wahlberechtigten fernhält, ist die ver nunftwidrige Ausgestaltung dieses Systems und eine veraltete, geradezu abgeschmackte Wahltechnik. Diesmal, wie übrigens auch schon vor fünf und zehn Jahren, kommt der auf allen Seiten hervortretende Mangel einer Wahlparole hinzu. Von leitenden Gedanken, von Geist ist keine Spur, und Alles. waS sich bemerkbar macht, ist der berufsmäßigen Wahlmacher allbekannter Natur. Ueber die Zugkraft des Schlachtrufes „Wider die Junker" hat sich die Freisinnige Vereinigung — nicht Herr Richter, der sah hierin schärfer — gründlich getäuscht und die extremen agrarischen Agitatoren haben mit ihren Schlagworten die prophezeite und vielleicht wirklich erwartete Wirkung gleichfalls nicht er zielt. ES handelt sich ausschließlich um die Erhaltung und höchstens um eine unbeträchtliche Vermehrung deS Mandats besitzes der Parteien und nicht um politische Grundsätze. Dem entspricht die Liste der Candidaten nur allzu genau. Ohne Compromisse kann in einem großen Theil des Landes keine Partei etwas für sich erreichen, und man bat die Wahlbündnisse nach Maßgabe des Fractionsinteresses abgeschlossen und dadurch ein höchst verworrenes Bild ent stehen lassen. Jede Partei bekämpft jede, und jede Partei geht mit jeder zusammen, selbst der Pakt zwischen Conser- vativen und Freisinniger Volkspartei fehlt auf dem bunt scheckige« Tableau nicht. WaS hier der Feind ist, ist dort der unentbehrliche Freund; natürlich, daß bei einem solchen Zustande die Betonung principieller Abweichungen zu rücktritt und da, wo sie sich hören läßt, eitel Spiegelfechterei ist. Am widerwärtigsten ist das ReactionSgeschrei des Freisinns, der sich eng verschwistert mit dem Centrum zeigt, der reaktionärsten Partei, die denn auch den Nationalliberalen in ihrem Wahlaufruf die grundsätzliche Fehde angesagt haben. ES hat aber auch nicht viel auf sich mit dem ziemlich schroffen Tone, den konservative uud klerikale Blätter gegen einander anschlagen. DaS Centrum will nicht, daß das künftige Ab geordnetenhaus eine konservative Mehrheit aufweise, aber in der einmal gebildeten Kammer wird es sich gern mit dieser natürlich von ihm auch irgendwo unterstützten Partei, zu- sammensinden, wenn sie in Kirchen- und Schulsachen seinen Willen thut. Die Wahlconstellation weist gegen die von 1893 nur wenige Veränderungen auf. Die freisinnigen und ein Tbeil der national!,beraten wie der konservativen Zeitungen stellen es allerdings ander« dar. Nach diesen hätte der Wahlkamps eine politische Signatur und zwar die einer ausgesprochenen Annäherung der Nationalliberalen an die Freisinnigen. Dem ist jedoch nicht so. Eine gesteigerte Verstimmung gegen die Von der Schönheit. Die Schönheit ist ein eigenes Ding und es ist mit ihr nicht zu rechnen wie mit einem mathematischen Werke. Daß zwei mal zwei vier ist, das begreift Jeder und das Resultat ist nicht anfechtbar, ob aber Jemand schön sei, das wird oft genug eine Streitfrage sein. Am wie viel mehr wird man aber sich oft darüber nicht Rechenschaft gäbt« können, warum man Jemand schön findet. ES giebt zwar verschiedene Codices der Schönheits lehr«, allein sie dürften nicht überall anerkannt sein, denn auch in der Schönheit wechselt für Gelehrte und Laien (wenn es über haupt Letzter« giebt) der Begriff und die Mode. Ueber den Zweck der Schönheit gehen natürlich die Meinungen noch mehr auseinander, wenn sich Jemand überhaupt schon darüber «ine Meinung gebildet hat. In «der That sind ja gerade die augen scheinlichsten Sachen am wenigsten Objecte de» Nachdenkens, und es wird deshalb für Manche ein Wegweiser auf dem Gebiete der Schönheit willkommen sein. In einem jüngst erschienenen Buche über „Lehre und Pflege der Schönheit des menschlichen Körpers" geht der Verfasser, unser Mitbürger Dr. mell. P. Thimm, auf das Wesen der Schönheit, ihre Berechtigung, ihren Zweck, ihre Pflege in eingehender Weise ein und erörtert gründlichst sein Thema. Einige Stellen au» dem Buch« möchten wir hier mit theilen. Der Mensch ist die Einheit von Geist und Natur, auf deren Berhältniß zu einander der ganze menschliche Werdeproceß beruht, und zwar ist da» Verhältnis «in derartiges, daß der Geist sich allmählich mehr und mehr von der Natur loszuringen sucht, um schließlich al» letzte» Ziel die vollkommene Selbstbefreiung zu erreichen. Die» ist natürlich nicht möglich, da das mensch lich« Dasein an di« Einheit von Geist und Natur gebunden ist, so daß es keine völlige Freiheit des Geistes giebt, sondern nur das Streben nach derselben, und um so vollkommener ist «in Mensch, je näher ihn diese» Streben »ur Selbstbefreiung hinangeführt hat. Dieser Sntwickelung»proc«ß, dieser Kampf zwischen Geist und Natur, diese» fortwährende Ringen nach der Sekbstbefreiung geht in drei verschiedenen Richtungen vor sich: in der E r - kenntniß, in der Empfindung u«d in der An schauung. Da» Erkennen ist der Kampf zwischen Geist und Natur in Bezug auf da» Wahre, daS-E m p f i n d e n in Bezug auf da» G u t e und da» A n s cha u « n in Bezug auf da» Schön«. Conservativen hat sich allerdings bei den Nationalliberalen und nicht nur denen des OstenS bemerkbar gemacht. Die Ursachen dieser Erscheinung sind aus einem auch von Conservation unterzeichneten Aufruf gewisser hervorragender Persönlich keiten des Kreises Teltow - Charlottenburg zu erkennen, in dem eS heißt: „Die diesmaligen LandtagSwahlcn setzen viele patriotisch und königstreu gesinnte Männer in schwere Verlegenheit. Von den Parteien, die die Staatsregierung zu unterstützen pflegen, haben die conservative und sreiconservative Partei jüngst in wichtigen Fragen eine Haltung eingenommen, die den besten Traditionen des preußischen Staates direct entgegengesetzt ist. Zumal gewisse Führer dieser Parteien haben ihre Thätigkeit in de» Dienst be sonderer Wirthschafts« und Classeninteressen gestellt, haben die StaatSregterung von dem Gesammtintrresse ab aus ihren Classen- standpunct zu drängen gesucht, haben die socialpolitischen Ziele, welche diese Parteien selbst früher verfolgten, unigedeutet und theilweise fast in ihr Gegentheil verkehrt, haben endlich die auf das allgemeine Beste gerichtete Meinungsbildung und Ueber« zeugungsfreiheit des Beamtenthums, und überhaupt der gejammten gebildeten und wissenschaftlichen Kreise einzuschüchtern versucht. Unter diesen Umständen wäre es höchst gefährlich, eS würde unser Staatswesen schädigen und die königliche Staatsregierung in ihren Bestrebungen oft nicht unterstützen, sondern stören und hemmen, wenn etwa das zu wählende Abgeordnetenhaus eine conservative Majorität zeigte. Die entgegengesetzte Gefahr, daß die Parteien der grundsätzlichen Opposition die Majorität erlangen, ist thatsächlich heute für das Abgeordnetenhaus nicht vorhanden. In Erwägung dieser augenblicklichen Lage richten die Unterzeichneten, die bei der letzten Reichstagswahl sämmtlich für den conservativen Candidaten gestimmt haben, an alle Wühler unseres Wahlkreises, welche Las Gesammtinteresse des Vaterlandes höher stellen als die Partei- und Classeninteressen, die Bitte, bei der bevorstehenden Wahl zum Ab geordnetenhaus« die conservative Partei nicht zu unterstützen. Aber wer den diesmaligen Aufmarsch der Parteien mit dem von 1893 und früher vergleicht, wird finden, daß die freisinnig-nationalliberalen Wahlbündnisse dieser Jahre im Ganzen uud Großen bereits schon vor füns Jahren sich gezeigt haben, zum guten Theil sogar schon 1888. Für die Wahl kreise, wo solche Bündnisse existiren, ist eS im Allgemeinen charakteristisch, daß sie sicheres Besitzthum der — Conser vativen sind. Sic haben sich um eiu Geringes vermehrt, weil etliche nationalliberale Blätter uud locale Führer den verstärkten Kitzel verspürten, mit dem Freisinn der Niederlage entgegenzuschreiten. Wo das „locale" Cartel neu und ernsthaft ist, erscheint es vom mittelparteilichen Standpunkte nicht unbedenklich. In Königsberg geben die National liberalen ein sicheres Mandat preis und noch dazu zu Gunsten eines hyperradicalen Mitgliedes der Nichter'schen Partei, in Bielefeld-Herford und in Breslau hat das Eingehen einer Ver bindung mit dem Freisinn zu Spaltungen unter den National liberalen geführt. Das Abweichen von dem früheren Verhalten mag auch anderwärts manchen treuen Parteigenossen stutzig machen, die Signatur der Wahl bildet es aber nicht. Viel mehr ist das Zusammengehen von Nationalliberalen und Conservativen die weitaus vorherrschende Erscheinung. Die Nationalliberalen werden von den Conservativen im Besitz von 18 Mandaten bedroht; der Gesammtbesitz beträgt 85 Sitze. Hierbei ist aber zu bemerken, daß in einer Reihe In diesen drei Richtungen muß sich der Entwickelungsproceß der Menschen bethätigen, und eS ist das Wesen des subjektiven Geistes, daß diese drei Werthe nur dem mit Selbstbewusstsein be gabten Menschen angehören. Sie bestehen noch nicht für das un zurechnungsfähige Kind, und sie bestehen auch nicht für die des Selbstbewusstseins entbehrenden Thicre. Da es sich hier um einen Kampf handelt, d. h. also um das Ringen zweier einander feindlichen Elemente, so folgt daraus, daß es d«n drei genannten Werthen auch drei entsprechende, genau entgegengesetzte Werthe geben muß, weil sonst ein Kampf nicht stattsinden könnte. So stehen dem Wahren, dem Guten, dem Schönen: das Unwahre, das Böse, das Häßliche gegenüber. Das Kind ist kn diesen Kampf noch nicht eingetreten, darum ist es auch ohne Sünde. Das Thier kann gar nicht in ihn ein- tveten, und es giebt für das Thier nicht das Wahre, Gute und Schöne, sondern das Wirkliche, Nützliche und Angenehme; nicht das Unwahre, Böse und Häßliche, sondern das Unwirkliche, Schädliche und Unangenehme. Wir ersehen also hieraus, daß die genannten drei Werthe wirklich specifisch subjektive Werthe des Menschen allein sind.... Was heißt denn eigentlich, über den Geschmack läßt sich nicht streiten; was sollen diese Worte besagen? — Doch nichts Anderes, als daß es in derWillkllr des einzelnen Individuums liegt, die Schönheit zu bestimmen, daß es durchaus dem ganz persön lichen Belieben eines Jeden überlassen bleibt, den allgemeinen Begriff „Schönheit" auszulegen. Es würde also absolut kein Maßstab existiren, nach welchem dieser Begriff bemessen werden könnte, d. h. dieser Begriff repräsrntirt« keinen Werth. Nun haben wir doch eben in den erwähnten Auseinandersetzungen gesehen, daß das Schöne «in Begriff «in subjektiver Natur des Menschen ist, der ganz gewiß einen wirklichen Werth darstellt. Etwas, das einen realen Werth besitzt, ist aber keinesfalls der individuellen Willkür, dem jeweiligen Belieben des subjektiven Einzelgrschmockes unterworfen, da es dann unmöglich einen für die Allgemeinheit geltenden Werth beanspruchen könnte. Darum ist auch das Schöne nicht durch den besonderen Geschmack eines jeden Individuums bestimmbar, sondern es giebt eine wissen schaftlich« Erkenntniß desselben, es giebt ein fest begründetes, ästhetisches Urtheil, welches auf die Bestimmung eines Jeden einen rechtmäßigen Anspruch erheben darf. . . . Der Verfasser geht nun auf die im täglichen Leben praktisch vielleicht wichtigste Bedeutung deS Schönen näher ein, nämlich aus seinen Einfluß in dem Verhalten zwischen Mann und Weib. Gerade hier liegen die Schwierigkeiten, wrlche die Bestimmung eines absoluten SchönheitSbegriffes nicht zuzulassen scheinen, ge rade hier findet man die so außerordentlich große Verschieden heit de» Geschmacks dieser Wahlkreise es nickt eigentlich Conservative, sondern Agitatoren vom Schlage der Hahn undLirbermann vonSonnen- berg sind, die nationalliberale Mandate zu erobern suchen, und daß die Conservativen zwei ihrer bisherigen Sitze den National liberalen abgetreten haben. Auf der anderen Seite sehen die Nationalliberalen 3l ihrer Mandate von den Freisinnigen angegriffen und werden bei der Vertheidigung von den Conser vativen unterstützt. Selbstverständlich beruht diese Unter stützung auf Gegenseitigkeit, von einem „liberalen Cartel" kann also keine Rede sein. Dieser Sachverhalt ist um so erfreulicher, als eS denn doch mehr als ein Schönheitsfehler ist, daß vielfach die Socialdemokratie dem Freisinn als Helferin zur Seite steht, und als die Anstrengungen, die der entschiedene Liberalismus bei diesen Wahlen macht, erst recht zeigen, daß die Verbindung mit ihm die Ankoppelung an einen halb entseelten Körper be deuten würde. Deutsches Reich. 6. II. Berlin, 25. October. Die Socialdemokratie und die LandtagSwablen. Nachdem die Folgen der vom Centrum herbcigeführten Drittelung in den einzelnen Wahl bezirken bei den preußischen Landtagswahlen bekannt geworden waren (zahlreiche „Genossen", wenn sie auch nurTagelöbner sind, sind Wähler I. Classe, während bekanntlich der erste Würden träger Preußens, der so reich begüterte Fürst Hohenlohe, Wähler HI. Classe ist), haben sich die Aussichten der Social demokratie, durch eigene Kraft bei den Wahlen zu siegen, wesentlich gebessert. Die „Genossen" beeilen sich daher, einen LandtagScandidaten nach dem andern aufzustellen; in acht Wahlkreisen ist dies bereits geschehen. Für die Nichtbetheiligung der Berliner Socialdemokratie an den LandtagSwablen war die Ansicht ausschlaggebend ge wesen, daß e« nicht möglich sei, bei dem Landtagswahlgesetz durch eigene Kraft auch nur in einem Wahlkreise zu siegen; jeder der damaligen Redner im Feeupalast, wo die Nicht- betheiligung beschlossen wurde, erklärte, eS sei nicht möglich, socialdemokratische Wahlmänner in der II., geschweige denu in der I. Abtbeilung dnrchzubringen. Wenn die Wahlen nicht kurz vor der Thür ständen, io wurde angesichts der Resultate ver famosen Drittrlung der Beschluß im Feenpalast unigestoßen werden; die Socialdemokratie hätte im Hl. und IV. Berliner Landtagswahlkreis sicherlich mehr Wahlmänner durch bringen können, als die Fortschrittspartei; vielleicht wäre sie sogar gleich auf den ersten Hieb siegreich gewesen. In Altona, wo der Oberbürgermeister in der III. Abtheilung wählt, socialdemokratische Brodträger in der I. Abtheilung, glauben die Socialdemokraten ganz bestimmt, die Mehrzahl ihrer Wahlmänner durchzubringen und so in die Stichwahl zu kommen. In Elberfeld-Barmen sollen die Ver hältnisse ähnlich, wenn nicht ganz so günstig, für die Social demokratie liegen. Zweifellos muß damit gerechnet werden, daß die Socialdemokratie, da sie bereits in 8 Landtagswahl kreisen Candidaten aufgestellt hat und sicherlich eine größere Anzahl Wahlmänner durchbringen wird, das nächste Mal ganz anders auf dem Plan erscheint. I). Berlin, 25. October. (Der Oberpräsident von Posen.) Die klerikale Presse ist von der Nachricht, daß trotz der Ableugnung der „Nordd. Allg. Ztg." an Stelle des Freiherrn v.- Wilamowitz-Möllendorff der Ministerialdirektor Dr. Kügler Obsrpräsioent von Posen werden solle, sehr wenig erbaut. Die „Köln. Volkszeitung" sieht voraus, daß die Er- Di« menschliche, körperliche Schönheit ist vornehmlich des wegen ein so erstrebtes und begehrtes Gut, um das Wohlgefallen und Verlangen nicht etwa des eigenen, sondern des anderen Ge schlechtes zu erwecken. Wer hätte nicht schon beobachtet, daß sich eine Dame für eine Zusammenkunft mit Freundinnen bei Weitem nicht mit der gleichen Sorgfalt und dem gleich großen Wunsche zu Gefallen schmückt, als für das Theater oder die Promenade, oder gar für einen Ball? Genau so ergeht es auch dem „stärkeren Geschlechte". Und wild diese Handlungsweise der Tochter oder Pflegebefohlenen etwa nicht von der Mutter oder der Erzieherin ausdrücklich dadurch sanctionirt, daß auch sie im erst genannten Falle der Toilette nur ein geringes Interesse entgegen bringen, daß sie dagegen im zweiten Falle selbst die strengste und kritischste Aussicht ausüben? — Aber mag die Mutter mit noch so kritischen und gewissenhaften Blicken Musterung halten, «ine bei Weitem genauere und eingehendere Prüfung hat die Tochter vor den Augen Derjenigen zu bestehen, deren Gefallen sie zu er regen wünscht. Denn in Folge der subjektiven Geschlechtsempfin- dung hat das Weib für die männliche Schönheit und der Mann für die weibliche ein weit sichereres und maßgebenderes Urtheil, als etwa die Mutter für die Schönheit der Tochter, oder die Freundin für die der Freundin, oder überhaupt als eine für den specicllen Fall im Puncte des Geschlechtsgegensatzes indifferente Person. Hat doch schon der Vater oder der Bruder für das Aussehen der Tochter oder der Schwester gewiß nicht das gleiche Interesse und Verständniss wie jeder beliebige Fremde. In Folge dieses Geschlcchtsgegensatzes machen diejenigen Vor züge des Mannes sowohl in körperlicher wie in geistiger Be ziehung auf das Weib und umgekehrt auf den Mann diejenigen Vorzüge des Weibes, insoweit dieselben natürlich dem jeweiligen Geschlechte als eigenthümlich zukommen, den größten Eindruck, welch« dem Betreffenden selbst fehlen; und geradezu Mißfallen er regen diejenigen Eigenschaften, die bei dem Besitzer selbst am charakteristischsten ausgeprägt sind. So klagt Schiller in seinem Gedicht: Die berühmte Frau: „Was hab' ich nun? — Beneidenswerther Tausch! Erwacht aut diesem Wonnerausch, Was ist von diesem Engel mir geblieben? Ein starker Geist in einem zarten Leib, Ein Zwitter zwischen Mann und Weid, Gleich ungeschickt zum Herrscher und zum Lieben; Ein Kin'd mit eine? Riesen Waffen, Tin Mittelding von Weisen und von Affen! Um kümmerlich dem stärker» nach; »kriechen, Dem schöneren Geschlecht enkflohn, Herabaestürzt von einem Thron, Des Reize» heiligen Mysterien entwichen, Aus LythereaS' goldnem Buch gestrichen.» Nennung Kügler's eine ungeheure Verschärfung der nationalen Gegensätze herbeiführen müßte. Denn da Kügler bewiesen habe, daß er den Polen schroff gegenüberstehe, so müßten die Polen seine Ernennung zum Oberpräsidenten als einen gegen sie ge richteten feindseligen Regierungsact betrachten. EineVecschärfung der Gegensätze, darüber mag sich das rheinische klerikale Blau beruhigen, wird nicht eintreten, aus dem einfachen Grunde, weil sie nicht mehr möglich ist. Schärfere Gegensätze, als daß bei spielsweise ein Lehrer von einem Geistlichen einen von Be leidigungen strotzenden Brief erhält, weil er das ungeheure Ver brechen begangen hat, in der Schule ein Gebet in deutscher Sprache herlagen zu lassen, ober daß ein polnischer Adeliger auf seinem Schlosse eine Fahne aufzieht mit der Inschrift: „Tod allen Deutschen", oder daß deutsche Schulkinder, wenn sie unter Absingung deutscher Lieder von einem Schulspaziergange heim kehrten, vom polnischen Pöbel angegriffen und beschimpft werden, — schärfere Gegensätze, als sie in diesen Beispielen ausgedrückt sind, sind nicht wohl denkbar, es sei denn, daß es zu Mord und Todlschlag kommt. Und auch daran hat es übrigens in Posen und Westpreußen nicht gefehlt, auch ohne daß Dr- Kügler Ober präsident gewesen wäre. Wenn sich die nationalen Gegensätze in der unerwünschtesten Weise verschärft haben, so trägt daran nicht eine einzelne Persönlichkeit die Schuld, sondern vor Allem der Umstand, daß der deutsche Klerikalismus dem Polenthum einen starken Rückhalt gewährt und es dadurch ermuthigt hat. In der Provinz Posen in weit höherem Maße als in Westpreußen haben die deutschen Klerikalen immer mit den Polen ge meinsame Sach« gemacht. Fahren sic darin fort, so wird sich der neue Obcrpräsident allerdings auch gegendiedeutschen Klerikalen in Posen wenden müssen. Um für diesen Fall eine gute Angriffsposition gegen ihn zu haben, wirft ihm die „Köln. Volkszeitung" schon jetzt «inseitigen Protestantismus vor, damit sie gegebenen Falles ein energisches Vorgehen Kügler's aufconfessionellen Haß, statt aufnationale Gründe zurückführrn kann, denn es ist ja viel angenehmer, als Wahrer der Rechte der Katholiken auftreten zu können, als bekennen zu müssen, daß man nationale Bestrebungen bekämpft und antinationale Strömungen unterstützt. Die „Köln. Volksztg." arbeitet also darauf hin, dem künftigen Oberprastdenten das Vertrauen der Katholiken beider Nationalitäten von vorn herein zu entziehen. Bei der breiten Masse der deutschen katholischen Bevölkerung mag sie auch mit ihrem Manöver Erfolg haben, die gebildeteren Elemente sollten sich freilich sagen, daß kein hoher preußischer Beamter, mögen seine persönlichen Auffassungen sein, wie sie wollen, gegen die Katholiken lediglich ihrer Consession wegen ungerecht sein wird, einmal, weil im hohen preußischen Bcamtenthume Pflichtgefühl und Gerechtigkeitsgefühl stark ent wickelt sind, zweitens aber, weil e» ihm gerade jetzt, wo „Ecntrum Trumpf ist", sicherlich nicht beifallen könnte, den Klerikalen Anlaß zu gerechtfertigten Beschwerden zu geben. An un gerechtfertigten Beschwerden aber würde es nicht fehlen, auch wenn an Kügler's Stelle eine andere Persönlichkeit zum Ober präsidenten gemacht würde, es sei denn, daß man Oderpräsidium und Erzbisthum in der Hand des Erzbischofs v. Stablewski vereinigte. So weit ist man allerdings in Preußen noch nicht gekommen. /S. Berlin, 25. October. (Die Schonung der Em pfindlichkeit der Steuerzahler.) Drr Erlaß des preußischen Finanzministers, wonach in der Regel von dem förmlichen Beanstandungsverfahren in Steuerangelegenheiten zu nächst abgesehen und der Versuch gemacht werden soll, auf schrift lichem oder mündlichem Weg« zu einer Einigung mit dem Steuer pflichtigen zu kommen, ist als eine anerkennenswerthe Rücksicht Stark hervortretende Muskeln, übergroße, sehr ausgeprägte Formen, straffe energische Bewegungen, ostentatives Auftreten, allzu selbstbewußter, kühner Charakter gefällt dem Mann am Weibe ebenso wenig, wie dem Weib« am Mann schwächlicher, zierlicher Wuchs, weiche Formen, Unbeständigkeit des Charakters, Mangel an Logik und Thakkraft. Weder ein Mannweib noch ein weibischer Mann kann Anspruch auf Sympathie erheben. Dieser Geschlechtsgegensatz reizt inftinctiv zu gegenseitiger Ergänzung, weil ein dunkler, ahnungsvoller Drang das Ver langen des Individuums auf das lenkt, was der Existenz, Er haltung und zugleich Vervollkommnung seiner besonderen Gat tung am meisten förderlich ist, was aus diesem Grunde auch seinem Wohlgefühl und seiner Daseinslust vor Allem zusagt und gut erscheint. Da er sich selbst nicht vollkommen fühlt, so sucht er die ihm zur Vollkommenheit abgehenden Eigenschaften in dem Besitz einer anderen Person zu erreichen, bei der er dieselben nach seiner Empfindung am stärksten ausgesprochen findet. Begegnen sich nun im Leben zwei Individuen verschiedenen Geschlechts, die ineinander den vollständigen Ausgleich ihrer Naturen finden, oder zu finden glauben, dann erwacht inftinctiv in ihnen der schlummernde Trieb zur Verwirklichung der ihrer Existenz ent sprechenden Idee, zur Schaffung der in Jedem von ihnen allein nicht verwirklichten absoluten Schönheitsform eben durch Ver schmelzung zweier einander ergänzender Wesen in e i n Indi viduum. Dieser Trieb ist die L i e b e. Wenn dennoch die solchen Bedingungen und Verhältnissen ihre Entstehung verdankenden Nachkommen nicht absolut vollkommon sind, so werden sie sich aber gewiß am ehesten bis zur möglichen und erreichbaren Grenze dem absoluten Schönheitsideal nähern. Es braucht wohl nicht näher erörtert zu werden, wie auch in diesen nach gegenseitiger Ergänzung strebenden Gegensätzen eine Erklärung für die Verschiedenheit deS Geschmackes zu finden ist. . . . Der Verfasser faßt schließlich nun daS Besprochene in einem kurzen ResumS zusammen: Das Wahre, da» Gute und das Schöne sind einer wissenschaftlich bestimmbaren Abgrenzung und Er klärung fähig, daß es ein absolutes Wahre, Gute und Schöne giebt. Die Ansichten, wrlche diese drei Begriffe als je nach drr Convention oder dem Geschmack oder der Bildung verschieden de- finirbar hinstrllen wollen, verwechseln das absolute mit dem relativen Wahren, Guten und Schönen, das nicht durch die reine Objektivität, sondern durch die intereffirte Subjektivität be stimmt wird.
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