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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 09.05.1896
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1896-05-09
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18960509016
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1896050901
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1896050901
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1896
- Monat1896-05
- Tag1896-05-09
- Monat1896-05
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Morgen-Ausgabe Lrd«tioir «ä LrpedMo«: Druck und Verlag von S. Polz in Leipzig SV. Jahrgang Sonnabend den 9. Mai 1896. MtPpMtWii ist Wv-e»tag- ununttritoche» gMGxt »«, früh t U» Abenh» - Ähr. ÄitttahmeschluK für Anzeigen: Ab end «Ausgabe: vormittag« 10 UhL Morge«»Ausgabe: Nachmittag- 4 Uhr. Bei den Filialen und Annahmestellen 1» «ine halbe Stunde früher. Anzeigen sind stet» an di» Expedition zu richten. »Und nitz Oesterreich : vieckkNtttch —. Dintte Agliche fkruzbaNdsru^Ullg in» «n-l-iaH'intltq 7 «. Filiale«: vtt» Menn»'« Eorti«. (Alfred Hahn), v»i»«rsiM»str-ß. , (Psulinum), L-ni» Lösche, Katharm rüste. 14, patt. und Königt-latz e -1 .t Vezng-ePrets Al ß» Heulptexpeditiou ob« de» 1« Stadt- Atzirk mrd d« Vorort«, errichteten AuS- Anznigsn.Preis die 6 gespaltene Petitzeile 20 Psg. Reklamen unter demRrdmtion-strich (4gc- spalten) üO/ij, vor de» Aamitiennachrichteii (6 gespalten) 40 Gröbere Schriften laut unserem Preis- vekzeichnitz. Tabellarischer und Zissertisatz nach höherem Tarif. 8rtrü-Beilagen (gesalzt), nur mit der Morgen - Ausgabe, ohne Postbefördetung » SO.—, mit Postbesörderung 70.—. KMMMgMM Anzeiger. NmLsblatt des Lönigtiche« Land- und Amtsgerichtes Leipzig, -es Mathes und Polizei-Amtes der Ltadt Leipzig. Das Pflichtteil im Dürgerlichen Gesehbuche. Unlängst lasen wir im „Leipziger Tageblatt" (Nr. LOS) riüt Veröffentlichung deS Herrn vr. iur. Brandi«. betreffend daS Erbrecht in unserem künftigen Deutschen Bürgerlichen Gcs-tzbuch. Wenn wir uns auch weder für berufen noch für hoffnungs berechtigt halten dürfen, den hier angeführten geplanten Neuerungen durch diese unsere weuigra Worte eine Schranke setzen ddtr eine andere Richtung geben zu können, möchten wir doch nicht unterlassen, einen auch für Nichtjuristen so interessanten und praktisch wertbvollen Theil de» Bürger lichen Gesetzbuches, wie eS da» Erbrecht ist, und von diesem Wiederum ein kleine» aber nicht unwichtige» Stück, die Normirung d,S sog. Pflichttheile», einer kurzen Be trachtung zu unterziehen. Bekanntlich sichert unser Sächsisches Bürgerliche- Gesetz buch auch dem im Testamente nicht Bedachten, aber gesetzlich Erbberechtigten unter allen Umstanden «inen Theil desjenigen Erbtheile« zu, welcher ihm im Falle des Nichtvorbandensein« eine» Testamentes zugefallrn sein würde. DaS Gesetz webrt hierdurch der übergroßen Schädigung Erbberechtigter, welche diesen, sei es durch Unbedachtsamkeit oder eine plötzliche Laune deS TestatorS, sei e» gar durch unehrenhafte Erb- schleichung Dritter, entstehen könnte. Sein Eingreifen ist daher hier als ein durchaus gutes zu bezeichnen. Normirt ist dieser sogenannte Pflichtteil für Kinder auf die Hälfte deö ihnen eigentlich zukommrnden Theile», dafern fünf oder mehr Krnder vorhanden, auf ein Drittel, wenn weniger Kinder vorhanden sind; die Eltern baden, sofern sie überhaupt als Erben in Fraae kommen, em Drittel de- ihnen eigentlich zukommrnden Erbteiles zu beanspruchen. In der neuen Vorlage soll dies dabin abgeändert werden, daß Abkömmlingen wie Eltern „ohne Unterschied der Person de» Berechtigten und der Zahl der Erben" die Hälfte de» WertheS vom Erbteil als Pflichtteil zustehen soll. Dir» bedeutet eine nicht unbeträchtliche Erhöhung de» Pflichtteile», und diese halten wir nicht für statthaft. Betrachten wir daher die zwei Hauptmomente, welche im Allgemeinen einer Handlung, wie e» Pie Mehrbegünstigung Eine- oder einiger Weniger zu Ungunst«» Anderer im Testa ment ist, innewohnen. Fürs erste — und daS ist wohl daS wichtigste, von selbst sich ergebende Moment — hat der Testator die Absicht, einen oder einige seiner Erben relativ besonders reich zu bedenken. Wie da» Unrecht nie aufgebört hat und nie aufhören wird, so wird ja auch diese erwähnte Bevorzugung oft zu Unrecht ge schehen. Wie schon bemerkt, sucht unser jetzige» Bürgerliches Ge setzbuch diesem etwaigen Unrecht mit Recht durch die er« wäbnten hierauf bezüglichen Bestimmungen zu steuern. Ein „Mehr" fänden wir hier vom Uebel und den Grundsätzen unserer privatrechtlichen Gesetzgebung zuwiderhandelnd, nicht mehr alS unbedingt uöthig auf den freien Willen deS Einzelnen zwingend einzuwirken. Auch wird doch wohl in der Mehrzahl der Fälle der Erb lasser nicht zu Unrecht, sondern sehr mit Recht in seinem Testament eine ungleiche Bertheilung seine- Nachlasse» an ordnen. Finden sich hierfür nicht zahllose, täglich wieder kehrende Beispiele im Leben? Gesetzt de« Fall: Eine Mutter, deren ältester Sohn alleiniger Besitzer, sei e» einer Fabrik, ser e» eine» bedeutenden Gütercomplrre«, eine- Majorat» ist (und möchte die» im Interesse der Bolk-wirt-schaft recht oft der Fall sein!), vermacht ihr Vermögen ihren übrige», vielleicht recht schlecht gestellten Kindern, während sie den Aeltesten, dem e» auf einige tausend Mark mehr Revenuen kaum ankommt, auf da» Pflichttheil setzt. Wir meinen, sie würde in diesem Falle nicht nur recht und billig handeln, souderu sie würde ein Unrecht begehen, wenn sie auder» handelte. — Oder wenn vielleicht em Ehepaar, dessen eine Tochter reich verheiratbrt ist, während die andere in ihrer Ehe mit den Sorgen de» Leben- einen barten Kampf kämpfen muß oder vielleicht auch nicht verheirathet ist — wenn dies Ehepaar, sagen wir, diese letzte Tochter allein in seinem Testa ment« bedenkt, handelt «S da nicht einfach richtig und gut. E» verstebt sich von selbst, daß diese Fälle nicht etwa blo» auf Kreise anwendbar sind, welchen große Majorate oder reiche Fabriken zu eigen sind. Gerade auch in unsertm wenig bemittelten Handwerker- und Bauernstand wird da« Gesagte recht »ft zur Geltung kommen. Oder wird nicht der kleine Grundbesitzer, welcher mit Recht in einer Theilung seines Besitzes den Untergang desselben erblickt und ihn daher ungetheilt seinem ältesten Sohne vermacht, es dringend wünschen, daß seine Frau über andere Anverwandte durch ibr etwaige- Baarvermögen seinen anderen Kindern, die feinem Herzen doch gleich nahe wie da- älteste stehen, zu Hilfe kommen? E- wäre natürlich zu weitläufig oder vielmehr un möglich, noch die ganz« ungeheure Schaar analoger Falle, wie wir sie selbst oft mit eigenen Augen gesehen, anzuführen. Wir beschränken un» darauf, darauf binzuweisen, wie eS praktisch (besonder- vom volkswirtbschaftlichen Standpuncte aus), wie ideell von hohem Werth» es sein muß, wenn eine Möglichkeit bestehen bleibt, in einfacher Weise der Noth oft unschuldig Darbender zu steuern, den Bruder von dem pein lichen Druck zu befreien, den sein Ueberfluß gegenüber d«n unbemittelten Geschwistern auf ihn auSüben muß, die Ge schwister den Geschwistern wieder näher zu bringen, indem die oft so- trennende Kluft der Ungleichheit des Vermögens nach Kräften auSgefüllt wird. Diese Möglichkeit aber wird durch jene höher« Normirung dr- Pflichtteiles wesentlich ge hemmt, fast zur Unmöglichkeit. Wir erwähnten schon Anfangs, daß neben dem b«sproch«nen Hauptmoment« bei der ungleichen Testirung noch «in zweite», praktisch auch nicht unwichtige-, Moment bestehen kann: Der Testator, welcher einen Erben al» Univtrsal-Erben einsetzt, pflegt diesem — und mit Recht — eine Reibe ver schiedener Lasten, wie Auszahlung etwaiger Legate, Stiftungen und Andere» mehr auszurrlegrn. Dir Formulirung de» ganzen Testament» wird hierdurch, indem so gewissermaßen Alles auf daö Conto eines Einzigen geschrieben wird, «ine einfache und klare und girbt weniger leicht zu Streitigkeiten Anlaß. Die Erfüllung der Bestimmungen wird eine leichter auszuführende: der Universalerbe wird meisten» die ihm auf erlegten Lasten erfüllen können und gern erfüllen. Schmälert ihm aber daS Gesetz, wie e- durch die erwähnte Neuerung geschehen würde, sein Erbe nicht unbeträchtlich, so kann die» sehr üble Folgen haben: «» wirb öfter« alS bisher vorkommen, daß der Universalerbe den An tritt der Erbschaft verweigern muß, weil die aufgelegten Lasten in keinem Verhältniß zu der auf ihn entfallenden Vermögensmasse stehen — ein keineswegs zu wünschender Zustand; oder der Erblasser sucht mit Rücksichtnahme auf die bezüglichen Bestimmungen de- Gesetze- die Lasten verbältnißmaßig auf alle Erben zu vertbeilen. Die nicht selten eintretenden Folgen hiervon werden Unklarheit und Zweifel über die Bestimmungen deS Verstorbenen sein — und der verderblichen Schaar der Nachlaß-Streitigkeiten sind Thür und Tbor geöffnet! Möchten daher die, wie un- dünkt, so treffenden Nor- mirungen deS Pflichttheile« in unserem Sächsischen Bürgerlichen Gesetzbuche auch in dem neuen Deutschen unverändert fort bestehen! Mögen diese wenigen Worte genügen, unsere Ansicht über eine kleine und doch nicht unbedeutende Abänderung eine kleinen und doch sehr wichtigen Theile» unsere- künftigen Bürgerlichen Gesetzbuches AuSdruck zu verleiben. Schaffen sie em klein wenig Gute- mit bei der Vollendung diese- unsere- große» nationalen Werke«, sollte e« un« von Herzen freue». H. Frhr. von Friesen. Deutsche- Reich. 6. 8. Berlin, 8. Mai. Da- Zustandekommen de- internationalen BeraarbeitercongresseS in Aachen ist nunmehr gesichert. Er beginnt am 25. Mai in dem Restaurant „Zum goldenen Thor". Die Vorbesprechung der deutschen Delegirten wird am 17. Mai in Böckum ab gehalten werden. Sehr lebhaft dürfte auf dein Congreffe die Debatte über den Antrag auf Verstaatlichung der Bergwerke sick gestalten; die Belgier und die Franzosen treten tisrig dafür «in, nachdem sch-tt vör lO Jahren in den großen Streikverlammlungen in Lüttich und Eharleroi von allen Rednern dafür plaivirt worden war, daß di« Bergwerke der Privatindustrie entzogen werden müssen. Später ist dieser Scklachtruf erweitert worden, so daß er jetzt lautet: b-es miues Lux miueünt. Die brutschen Delegieren haben sich bereits dabin schlüssig gemackt, den belgisch-französischen Antrag zu bekämpfen; die Belgier Und die Franzosen dürften sich aber au- dieser Bekämpfung wenig macken. Mit Recht werden sie darauf Hin weisen, wie unbedeutend zur Zeit die socialvemokratische Organisation der deutschen Bergleute ist. Nach der soeben erfolgten Abrechnung für da- l. Quartal 1896 halte dir VerbandScaffe eine Gesammieinnabme von 3982 der eine Ausgabe von 3043 gegenüberstebt, so daß noch eiu Ueberschun von 900 geblieben ist. Immerhin geht au- diesen Zahlen hervor, daß die socialvemoki arischen deutschen Bergarbeiter mit ihrer Organisation den Belgiern und den Franzosen nicht imponiren können. In der deutschen socialdemvkratischen Bergarbeiterdewegung sitzt eben der Wurm; e» gebt trotz aller Agitation rückwärts, und daran wird der internationale Bergarbeitercongreß nicht- ändern, der vielmehr der deutschen Bewegung leicht den Todesstoß geben kann. * Verlitt, 8. Mai. Die CentrumSfractionen de- Reick-taa- und Landtags habe» am Mittwoch, wie bereits mitgcthrilt, bei einem Festmahl da» fünfundzwanzizjährige Gedäcktniß ihre« Bestehen- gefeiert. In der Festrede trat ersichtlich daS Bemühen zu Tage, sich als die Vertretung de« ganzen „christlichen Volke«" zu feiern, da man doch die Fiction aufrecht erkalten möchte, man sei keine confessionelle, sondern eine politische Partei. 3m Gegensatz dazu versichert aber dir „Germania", daß daS Fest als „Fest deS ganzen (?) katholischen Volke«" zu betrachten sei. Au« den Reden seien nack der „Nat.-Ztg." einige bezeichnende Auslassungen wieder gegeben. Graf Hompesch, der auf die „beiden Gewalten" zu toasten hatte, wobei, wie hergebracht, erst der „Papst könig", dann der Kaiser kam, brtheuerte, das Eentrum habe die Liebe zum gemeinsamen Vaterland betbätigt „im langen und ehrlichen Ringen um die Rechte und die Freiheit der Kirche, bethätigt in den parlamentarischen Körperschaften durch die ernsteste Sorge für da« Wobl deS ganzen (!) Volkes". Der Vertreter der CentrumSpresse »erstieg sich in seinem Toaste auf die Fractionen zu der Wendung: „Da« Ausland beneidet un« eigentlich um nicht Viele«, aber um Eine- beneidet unS da- Ausland sicherlich, um die Een- trumsfraction." vr. Lieber „lenkte den Blick" auf „einige treue Genossen, dir unsere parlamentarischen Nöthen, Leiden und Freuden ehrlich getbrilt haben"; er sagte: „Alle« wa« wir rrstritten und erlitten. Alles wa« wir erreicht haben, erinnert un- in unauslöschlicher Dankbarkeit an die treuen Frrunde, namentlich an zwei unserer parlamentarischen Gruppen, mit denen zusammenzugehen unS den unauslösch lichen Haß unsere« großen Widersacher« in den hinter un- liegenden 25 Jahren wesentlich zuzog, mindestens aber ver schärfte— an die Welfen und Polen. (Lebhaftes Bravo.) Wir wissen, waS wir ihrer treuen Unterstützung verdanken, und wir lassen diesen Festtag nicht vorübergehen, ohne im Kranze unserer Erinnerung auch ihrer in dankbarer Treue zu gedenken. — Natürlich antwortete NamenS der Polen der Abg. Fürst Radziwill mit einer Rede auf den Fortbestand der Fractionen; für folgenden Paffu« erhielt er ein bankende- Bravo: „Wenn wir auf die Töätigkeil der 25 Jahre, dir mit derjenigen unserer Partei zusammenfällt, zurückblicken, so bewegen unS keineswegs niedrige egoistische oder oppor- tunistisch-politische Gefühle. Nein, meine Herren, ein viel höhere-, ein viel erhabener«- Gefühl bewegt uns heute, da« Gefühl der Dankbarkeit gegen Gott, daß er uns vergönnt hat, an der Seite einer Partei zu kämpfen, von der wir die Gewißheit Haden, daß sie mit un« dieselben Grundsätze verfolgt." Dann sprach der Welfe Götz v. Olenhusen unter Hinweis auf die Mandate, die seine Partei der in ihren Wahlkreisen ausschlaggebenden Centrumswählershaft verdankt. Auck der NeichStagSpräsident Frhr. v. Buol kielt eine Rede: er erinnerte an die langen Reihen der stark ge lichteten Centrumssitze im Reichstag. Als Absckluß dieses Bildes sei ein lateinisches Glückwunschtelegramm des Bischofs von Münster erwähnt, welcher Heil und Segen wünschte den CentrumSfractionen, die sich fünfundzwanzig Jahre hindurch in hervorragender Weise verdient gemackt haben um die „Kirche und um das Vaterland" — wie aber der Ver lauf des Festes zei.rt, namentlich um daS letztere! * Verlttt, 8. Mai. Der von der preußischen Regierung im vorigen Iabre dem Abgeordnetenhause vorgelegte Gesetz rntwurf bezüglich der Errichtung von Verpflegungs stationen hat, nachdem derselbe von der Vorberalhungs- Eommission in umgearbeiteter Gestalt mit !6 gegen 2 Stimmen angenommen war und schließlich auch die Zustimmung des Abgeordnetenhauses bei der zweiten Lesung gesunden hatte, dennoch zu keiner Vereinbarung geführt. Denn in der dritten Beratbung entschied das Haus gegen den Gesetzentwurf, nach dem der Finanzminister erklärt hatte, daß die Regierung aus polizeilichen und socialpolitischen (?) Gründen, von der miß lichen Finanzlage ganz abgesehen (?), gegen eine Betbeiligung an diesem Unternehmen sich au-sprechen müsse. In der Sitzung de« Abgeordnetenhauses am 28. Januar d. I«. hat der Minister de« Innern nichtsdestoweniger erklärt, daß er das Sckeitern der Vorlage bedauere und daß Erwägungen im Gange wären, in welcher Richtung die Angelegenheit weiter zu betreiben sei. Der vorgestern versammelt gewesene Ge- sammtverband deutscher Verpflegungsstationen bat daraufhin eine Resolution angenommen, in welcher der Minister des Innern um baldige Wiederaufnahme der Arbeiten zur gesetzlichen Regelung der Vcrpflegungsstationen ersucht wird. Der Verband kält eine Verbindung der letz teren mit den Arbeitsnachweisen für geboten und ver weist zur Lösung der Frage aus die in Westfalen erfolgreich erprobten Grundsätze als vorbildliche Richtschnur kür bas Zusammenwirken von VerpfleguugSstalionen und centralisirten Arbeitsnachweisen. X. verltn, 8. Mai. (Telegramm.) Der Kaiser fuhr beute früh 8 Uhr bis zum Bahnhöfe G>oß-Görschenstraße, stieg hier zu Pferde und ritt nach dem Tempelbofer Felde, nm der Besichtigung des Kaiser Franz-Grenadier-Negimeuts Nr. 2, des Garde Schützen- und des Garbe-Pionier-Bataillonö beizuwohnen. Das Frühstück getackte er im Kreise des Ofsiciercorp« deS Kaiser Franz - Regiments einzunehmen und dann nach dem diesigen Schlosse zu fahren, wo beute Abend um 6»/, Uhr ein Diner zu etwa dreißig Gedecken stattfintet, zu dem die zur Jubiläumsfeier der Vereine vom Rothen Kreuz hier eingetroffenen fürstlichen Personen geladen sind. Um 7>/r Uhr wird eine Festvorstel- lung im Opernhause stattfinven.— Vorher wird der Kaiser Len ehemaligen LanteSdirector der Provinz Brandenburg v. Lcvetzow und den neugewäblten LandeSoirector Frhrn. v. Manteuffel empfangen. — Prinz Heinrich von Preußen wird morgen Abend nach Kiel zurückkehren. 2. Berlin, 8. Mai. (Telegramm.) Heute Vormittag um 11 Uhr fand im Weißen Saale des königl. Schlosses unter dem Vorsitze der Kaiserin eine Erinnerungsfctcr an die Kriegslhätigkeit des Rothen Kreuze- statt. Anwesend waren u. A. die Großherzogin rwn Baden, Prinzessin Friedrich Leopold, Erbprinzessin von Meiningen, Prinzessin von Schaum burg-Lippe, Prinz Hermann von Sacksen-Weimar und mehrere Minister. Cabinelsrath v. d. Knesebeck erstattete den Fest bericht und schilderte darin besonder- die Verdienste der Kaiserin Augusta. Der bayerische Delegirte Graf Castell brachte da« Hoch auf die Kaiserin au-. Musikvorträge er öffneten und schloffen die Feier. L. Berlin, 8. Mai. (Privattelegramm.) In einem Artikel über die politische Lette »er Milttairvorlagc, bc treffend die vierten Bataillone, führt die „Nat.-Ztg." aus: Die Halb-Bataillone, welche jetzt beseitigt werden sollen, Fewillston. Der Maikäfer im Mythus. Bon v. Amthnr. Nochdruck verbotm. Grimm spricht in seiner Mythologie von einem alten KäfercultuS. Schon bei den Egypterv wurde der heilige Käfer auf Obelisken, sowie auf Gemmen (Scarabäen-Gemmen) und mancherlei Kunstwerken in kolossaler Größe dargekrllt. Dieser Käfer galt den Egypterv für heilig und al« ein Bild de- inaerstea Leben« und geheimnißvoller Selbsterzruguna. Maa glaubte, der Käfer gehe au- Küglrin hervor, d,e er zusammen balle und iur Miss vergrabe. De» Mumie» legte man an die Stell« de» Herren» einen Scarabäu». Dies« gebeimnißvolle Gelbster,eugung wird au-gedrückt durch da- eayptische Wort vdoper-Käfer, wa- so viel beißt, al- m da» Das,« trete», au- sich selbst entstehe». Der Käfer war bei de» Egyptera da» Symbol de- Ursächlichen, und de-halb bezeichnete» dies« die Welt, dea Ko-mo-, durch da- Bild eine- Käfer-. 3» den allegorische» Darstellungen, welche sich auf den taalicheu Aufgang der S»«»e beziehen, erschein.» der Gott Heb (Sro-) auf der östliche» «uv sei», Gatti» Hebet auf der westlichen Seit, als knierndr Personen dargestrllt, m» da- i»»g, So»»«»k,»d rmt de» bedeutungsvolle» Käfer und der Son»«»sche»b« über de» Haupt, auf ihren HL»den au- der Tief« zur Oberwelt emporzutrage». Die So»»« in ihrem Laufe vou der Wintersonnenwende bi» zur Frühling-gleiche wurde bei de» Egyptera durch da» Bild eine« fliege»»«» Käfer», dagegen i» rtzrem Lauf, von der Frühling-gleiche bi- zur Sommersonneswend« durch ei», «flügelt« Soaaenscheib« symbelifin. Der große golden« ge- stügelt« Käfer »ar die jun« Son», des Frühling- oder dieser Sonumkäfer ein Symbol dn Sonn« im Zechen »«» Die Beziehung zur Früblingüsonne hat sich bei dem Maikäfer noch erhalten. Schon im 17. Jahrhundert wurde der erste Maikäfer feierlich au- dem Walde geholt. Eine alte Beschreibung de- Maigrafenfeste- drückt sich darüber so au«: „Ein sonderbarer Aufzug der vormaligen schleSwigschen Spinnradsamazonen, einen Maikäfer mit grünen Zweigen einzubolen, wobei denn hiesige- Rathhau« mit grünem Busche au-gezieret". Da- Fest bestand noch zwischen 1630—1640. Dem Maikäfer wird auch ein wei-saaender Charakter zugetheilt. Die Kinder setzen ihn auf den Finger und fragen rbn wie den Kuckuck, wie viel Jahre sie leben solle». Dem Käfer wird auch Milch und Brod ««geboten. Ja der Schweiz sagt man: KLferlt, Käferli flieg au». Ick geb dtr Milch und Brod und ein silberne» Lösfelchrn dazu. Diese Gabe ist ein Opfer, dem Boten de» Gotte» dar- gebracht. Der Käfer muß also im Lltertbum für eine» Bote» und Vertrauten de» Gotte» gegolten haben, und al» solcher besaß er auch die Gabe der Weissagung. Die Käfer sind Gestalten, in denen Maren, Elbe» (Seelen) erscheinen. In Betzingen bei Tübingen schlief eine Magd so fest, daß sie durch alle- Rütteln und Schütteln nicht geweckt werden konnte. Nach Verlauf mehrerer Stunden kam rin Käfer geflogen, kroch der Schlafenden in den Mund und sie erwachte. Geldmachende Kobolde erscheine» in der Gestalt eine« Käfer«. Drei Reisende, welche bei einem Gastwirth in Wettin eingekehrt waren, frngen scherzhaft beim Abschied, ob sie ihm etwa- mitbringen sollte«. „Ja", sprach er, „bringt mir Hän-chen mit, dann werde ich sehr reich werden." Da kauften st« eine Schachtel mit Zuckerwerk, aßen «S herau» »nd setzte» eine» großen Käfer hinein, legten acht Groschen dazu und brachten die Schachtel dem Wirthe. „In der Schachtel ist Hän-chen", sagten sie, „doch dürst Ihr st« in de» nächste» zwei Tage» »icht ausmacken." Mit Mühe bezwang der Wirth zwei Tag« sein« Neugier, und al- er am dritten die Schachtel öffnete, fand er acht Groschen bei dem Käfer, und am vierten Tage wieder acht Groschen, und er sagte zu seiner Frau: „Sieh', nun bad' ich schon sechzehn Groschen." Und so ging e» fort; der Wirth wurde ein reicher Mann und baute, wo sein kleine« Gasthaus gestanden hatte, einen stattlichen Palast. Die Verwandtschaft de- Käfer- mit den Elben und Maren spricht sick auch nock in der mehrfach vorkommenden Sage au«, daß Käfer verwünschte Prinzen, d. i. Elben, sind. E- wird ferner erzählt, daß ein armer Knabe von einem grauen Männchen eine Schachtel erhielt, worin ein Käser sich befand. Durch einen geheimnißvollea Pfeifer werten nun viele Kinder in einen Berg gelockt und darin verschlossen. Der Knabe HanSl öffnet seine Schachtel, der Käfer wüblt au- der Erve «inen Schlüssel heraus, womit eine Thür im Berge sich aufthut, die hinter dem Berge zu einem lichten Wonneland mit dem goldenen Schlosse führt, zu welchem der Käfer wiederum den Schlüssel aufsucht und findet. Aehnlick ist die Sage vom Rattenfänger in Hameln. Der Käfer war «tu verwünschter König. Die Kinder waren in Holla'« Reich getreten. In Mittrlfranken lautet ein wohl hierauf bezüg licher Ber«: Maikäfer flieg» auf, Flieg» in den Himmel hinauf, Bring a goldne« Schllißla runter Und a Wickeltindta drunter. Die Maikäferliever; die wir besitzen, müssen sehr alt sein, und eine vollständige Erklärung ist sehr schwierig. E« mögen hier einige folgen: Maikäfer, flieg l Drin Vater ist im Krieg, Deine Mutter schläft in Pommerland'), . Pommrrland ist abgrbraaat, Maikäfer, flieg'! ') Pommerland isi nur ein, Variante für Engelland. In Weimar und Umgegend heißt der Maikäfer „Krlltze- krebs". Der Volksreim über den Maikäfer lautet: Kriitzekreb« fliege, Dein Baler ist im Kriege, Deine Mutter ist in Engelland, Engelland ist abgebrannt. Hinter der Kirche liegt der Sand Ausgestreut vor Engelland, Engelland und Spanien Divpel, doppel, danieo. Im Marktflecken Mellingen, eine Stunde südöstlich von Weimar, ist am Dienstage nach Cantate daö Mellinger Kirchweihfest, mit welchem ein kleiner Jahrmarkt verbunden ist. Der Jahrmarkt beißt der KrützekrebSmarkt, weil in den Conditorbuden die sogenannten Krützekrebse, d. i. von Zucker und Mehl bereitete Maikäfer, verkauft werden. Das Engelland ist in dem vorangehenden VolkSrcime nickt Großbritannien, vielmebr da« Land der Engel, der Elben (Seelen), der lickte HimmelSraum. Andere VolkSreime entfalten den mythischen Begriff diese- Reiches in breiter Fülle. Aus ihnen geht hervor, daß man dasselbe al« ein über den Wolken im blauen Himmel-raume belegene» Land dachte, da« sein Licht nicht von den Gestirnen empfängt, sondern vielmebr von dem seinigen mittbeilt. Hier ist die Rüstkammer aller Herrlichkeiten. Alle« irdische Gut hat hier seine Heimath und ist typisch vorgrbildet. Von hier kommt de« Sommer« Farbenpracht, von hier der Fruchtsegen al« geliehene- Gut auf die Erde, um im Herbst in das himm lische Lichtland zurückzukebren. Hier wohnen bei milden Gott heiten die Seelen ber Verstorbenen (Frommen), von hier gehen dieselben wieder au-, um auf« Neu« unter den Menschen geboren zu werden. In diesem Sngrlland sitzt die Hold» (später Maria), die die Kinderseelen auf dem Schooße trägt, wie folgend«, »ftnder- reim au-sagt: Klopfer, flovfer Ringel-«». Da steh'n zwei arm« Kinder-««!
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