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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 12.05.1896
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1896-05-12
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18960512012
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1896051201
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1896051201
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1896
- Monat1896-05
- Tag1896-05-12
- Monat1896-05
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Die Morgenausgabe «rschekt nur '/,? Uhr. dir Nb«d<luAgabe Wochentag« «m 5 Uhr. Rr-artto« »n- Lrve-itiov: S*h«n«e-,asse 8. Dir Expeoition ist Wochentags ununterbrochen grSffNtt von früh 8 bi« rlbend» ? Uhr. Filiale«: vtt« Klemm's Tortim. (Alfred Hahn), Universittttstraße 3 (Paulinum), LouiS Lösche, Kathannenstr. 14, Port, und KSnigSvlatz 7. Bez«g-.PreiS «I d« Hanptrxpedition oder den im Stadt bezirk und den Vororten errichteten Aus gabestellen abgeholt: vierteljährlich^ 4.50, bei «woimaliarr täglicher Zustell»", in« Lmeß^lückO. Durch dir Dost brjoar» für Deutschland und Oesterreich: viertrljLdrlich ^l S.—. Direkte tägliche Krru-baudsrndun, i»S Ausland: monatlich ^ll 7chO. Morgen-Ausgabe. MpMer Tageblatt Anzeiger. Amtsblatt des Königlichen Land- und Amtsgerichtes Leipzig, des Mathes und Polizei-Amtes der Ltadt Leipzig. Mnzeigerr-PreiS die «gespaltene Petitzeile 20 Pfg. Neclamen unter dem Redactionsslrich (4ge- spalten- öO^L, Vor den Familien Nachrichten (6 gespalten) 40^. Größere Schriften laut unserem Preis- vrrzeichniß. Tabellarischer und Ziffernfatz nach höherem Tarif. krira-Beilagen (gefalzt), nur mit der Margen - Au-gabe, ohne Postbeförderung SO.—, mit Postbeförderung 70.—. Ännahmelchlub für Anzeigen: Ab end-Ausgabe: Bormittags 10 Uhr. Morgen-Ausgabe: Nachmittag« 4 Uhr. Lei den Filialen und Annahmestelle» je eine halbe Stunde früher. Anzeigen sind stets au die Expedition zu richten. Druck und Verlag von E. Polz in Leipzig 23S. Dienstag den 12. Mai 1896. W. Jahrgang. Die neue Militairvorlage. ch Pie längst erwartet» Militairvorlage in Betreff der vierten Bataillone ist nebst Begründung nun endlich dem Reichstage zugegangen, so daß authentische« Material über diese Angelegenheit vorliegt. Dir Aenderung des Gesetzes vom 3 August 1893 bezüglich der Formationen, in welchen die Gliederung des deutschen Heeres stattzufinden hat, be schränkt sich, wie hier nochmals des Zusammenhanges wegen mitgetbeilt sei, auf die Infanterie-Bataillone, deren »S in Zukunft 624 geben soll, anstatt der gegenwärtigen 538 Bataillone und 173 Halbbataillone. E- sei hierzu bemerkt, daß in der Zahl der Bataillone wie jetzt so auch in Zukunft die Jäger bataillone mit entbalten sind und nicht besonder- aufgeführt werden. DieZusammenziehungvon zwei Halbbataillonen zu einem Bataillon, von zwei Bataillonen zu einem Regiment und von zwei Regimentern zu einer Infanterie-Brigade bei jedem Armee- corpS ist in der bekannt gewordenen Weise festgesetzt. Eine näheres Eingehen auf diese Gliederung durch dir Gesetzgebung war zur Zeit deshalb nickt erforderlich, weil die geplante Aenderung erst mit dem 1. April 1897 in-Leben treten soll; die Stellen für die genannten höheren Commandobehörden werben daher erst im Etat für 1897/98 einzustrllen sein. An solchen würden zur Errichtungen gelangen: 19 Jnfanterie-Brigadestäbe (16 preußische, 2 bayerische, 1 sächsischer) und 42 Jnfanterie- Regiineulssläbe (33 preußische, 4 bayerische, 3 sächsische und 2 württembergische). Hierbei würde sich die Eigenthümlichkeit ergeben, daß die beiden württembergischen Regimenter nicht zu einem besonderen Brigadeverbande vereinigt werben, wo gegen eine preußische und die sächsische neu zu errichtende Infanterie-Brigade drei Regimenter aufweisen würden. Die Begründung der Borlage bestätigt, waS schon vor einiger Zeit durch die „Köln. Ztg." über die den vierten Bataillonen anhaftenden Mängel bekannt geworden ist. — Die Motive, welche im Jahre 1893 für die Bildung der vierten Bataillone maßgebend waren, ergaben sich aus der Nothwendigkeit einer intensiveren Ausbildung der Fußtruppen nach Einführung der zweijährigen Dienstzeit und aus der von der Rücksicht auf die auswärtigen Armeen bedingten Nothwendigkeit der Aufstellung von CadreS für Neuforma tionen im Mobilmachungssalle. Der erste Zweck sollte durch die Entlastung der allen Bataillone erreicht werden, indem den vierten Bataillonen die Ausbildung deS Nachersatzes, der Einjährig-Freiwilligen und der Schulamtscandidaten, die Gestellung des größten Theiles der Abkommandirten und die Uebernahme der Uebungen des Beurlaubtenstande- überwiesen wurden. Nach der Begründung de« jetzt vorliegenden Gesetz entwurfes ist dieser Zweck auch in einem befriedigenden Maße erreicht worden. Auch die Einzelausbildung der zu den vierten Bataillonen zählenden Mannschaften hat nichts zu wünschen übrig gelassen. Bekannt ist ja die Thatsache, daß mehrere Compagnien der vierten Bataillone die große SchießauSzeichnung erhalten haben. Der Grund für diese günstigen Resultate ist leicht in dem Umstande zu finden, daß die vierten Bataillone den vollen Etat an Officieren und Unterofficieren bei einem geringeren MannschaftSdestande auf weisen. Mehr als aufgewogen werden diese Vorzüge der vierten Bataillone aber durch den Mangel an einer kriegs mäßigen Ausbildung der Halbbataillone, welcher durch den schwachen Etat der letzteren bedingt ist. Hierin liegt der entscheidende Gesichtspunkt für die jetzt vorgeschlagene Aenderung. Der Umstand, daß die Ausgestaltung der vierten Bataillone zu Bollbataillonen ohne Erhöhung der FriedenSpräsenzstärke erfolgen soll, und daß auch bei der neuen Organisation die Ziele der früheren festgehalten werden sollen, ist geeignet, vie Zustimmung deS Reichstage- zu der Borlage zu erleichtern. Bon militairisch-technischer Seite ist die Möglichkeit einer ent sprechenden Ergänzung der vierten Bataillone durch Ab gaben der Übrigen drei Bataillone längst nachgewiesen worden. Bei einem hohen Etat von 660 Mann wie bei einem niedrigen Etat von 596 Mann bei einem allen Bataillon lasten sich recht wobl die geringen Ab gaben entbehren, welche notbwendig sind, um die neuen Bataillone auf die Stärke vvn LOO Mann zu bringen. Eine solche Verminderung be- Stande- der alten Bataillone würde wohl die Klagen verstummen machen, die hier und da über eine zu große Anspannung deS Aus bildungspersonals laut geworren sind. Die wichtige Frage der Kostendeckung wird in der Begründung der Vorlage eingehend erörtert. Die Deckung der fortdauernden Aus- gaben hat man dadurch zu vereinfachen gewußt, daß man kurzweg auf die bei Beraihung des Gesetzes vom 3. August 1893 für die Zukunft in Aussicht gestellte und in den Kosten der damaligen Heeresverstärkung aufgeführte Anforderung „zur Vermehrung des Osficier- und Unlerofficier - Etats der Specialwaffen mit zweijähriger Dienstzeit" verzichtet bat; auf diese Weise hat sich sogar ein Minderbevarf an Mitteln herauSrechnen lasten. Erheblicher gestalten sich natür lich die Ausgaben für die Verlegung von Truppentheilen, Aenderung von Bekleidungsstücken, Lazaretheinrichtungen rc., welche sich auf etwa 3*/, Millionen Mark beziffern, während die Kosten für die Unterbringung und die Beschaffung der Garnisoneinrichtungen den Betrag für die bisherigen vierten Bataillone um 10,6 Millionen übersteigen. Wenn nun die Boll bataillone auch erst mit dem 1. April 1897 inS Leben treten, so müssen doch schon jetzt die Vorkehrungen für ihre Unter bringung getroffen werden, wozu von der Regierung eine Nachtragsforderung 'von 7.L5 Millionen Mark gestellt wird. Die militairisch-technische Begründung der Vorlage, laut welcher jährlich etwa l3 000 mangelhaft geschulte, nicht vollwertige Reservisten dem Beurlaubtenstande zuwachsen, ist zwingend, und der Umstand, daß sie eine vernichtende Kritik der vor drei Jahren von der Kriegsverwaltung gemachten und von dem General-Reichskanzler Caprivi durchgesetzten Vorschläge in sich begreift, kann eine gewifsenbaste Ent schließung ebensowenig beeinflussen, wie der gegenwärtige Stand der Reform des MilitairstrafprocefseS. Die natwnalliberale Partei hat die Reform deS Strafver fahrens im Heere zurrst und seitdem unablässig mit einem von keiner Seite überbotenem Nachdruck gefordert, und wir erblicken in der Verschleppung der Angelegeyeit heute wie bisher eine sachlich ungerechtfertigte Nichtbeachtung der öffentlichen Meinung und neuerdings auch ein ernstes Symptom der Schwäche der preußischen Regierung. Da aber nicht bestritten werben kann, daß das vor geschlagene , das Volk nicht belastende Gesetz eine die Schlagfertigkeit der Armee beeinträchtigende Einrichtung beseitigt, so muß seine Verkoppelung mit der Frage der Miliiairgerichtsbarkeit von der Hand gewiesen werben. Im Rahmen einer nationalen Politik kann man eine noch so berechtigte Unzufriedenheit nicht Institutionen entgelten lasten, die zu den Grundlagen de« nationalen Staates gehören. Beachtenswerther aber ist die von nationalliberalen Blättern ausgesprochene Besorgniß, daß die Gefahr vorliege, nach Aenderung der CadreS, welche die Ermöglichung der Ein führung der zweijährigen Dienstzeit für die Fußtruppen garantiren sollte, würde im Jahre 1898 die Aufrecht erhaltung der zweijährigen Dienstzeit selbst in Frage gestellt. Auch sei die Befürchtung vorhanden, daß 1898, ab gesehen von einem Rückgriff auf die dreijährige Dienstzeit, der Anspruch erhoben werde, die neuen Regimenter mit einem dritten Bataillon zu versehen, waS wiederum einer Erhöhung der Friedenspräsenzstärke um 22 000 Mann gleichkommen würde. Wir hoffen, daß der jetzige Reichskanzler und der jetzige Kriegsminifter in der Lage sind, nach gründlicherer Prüfung der Verhältnisse, als sie vor drei Jahren von der damaligen Regierung vorgenommen wurde, in dieser Beziehung beruhigende Erklärungen abzugeben. Deutsches Reich. Z!» Berlin, 11. Mai. Die bereits erwähnte Nachweisung über dieBeschäftigungder gerichtlichen Gefangenen, sowie über die Verwendung des Arbeiiöverdienstes der letzteren, welche dem preußischen Abgeordnetenbause in dem Bericht der Reclu ungscommission für 1894/9L zugegangen ist, läßt er kennen, daß die Beschäftigung der Gefangenen für Dritte gegen Lohn im Vergleich zu dem Elatsjahre 1893/94 eine nicht unwesentliche Verstärkung erfahren hat. Die Zahl der so beschäftigten Gefangenen ist nämlich im Tagesdurchschnitt von 23 879 auf 24 879 gestiegen, also um rund 1000. Die Zahl der Arbeitstage bat um 265 504 zugenommen und der reine Arbeitsverdienst ist um ILO 623 gesteigert. Bon diesem Mehrerlrag sind den Gesungenen selbst zugekommen 44 361 während der Slaalscaste 91 155 zufielen und der Rest von 15 106 für Remunerationen der Gefängnißbeamten verwenvet wurde. Dabei ist die TageSburchschnittszahl der Gefangenen nur um 473 gestiegen. Es zeigt sich demnach, daß die Concurrenz der Gesängnißarbeit, über welche die Handwerker mit Reckt Klage führen, eher im Zunehmen als im Abnebmen begriffen ist. ES ist daS um so bedauer licher, alö in den Nachweisungen, welche das Ministerium deS Innern über die Verwendung von Gefangenen zu land- wirthschaftlichcn Meliorationsarbeiten gegeben ha», aus drücklich hervorgehoben ist, daß die damit Angestellten Versuche als gerungen zu betrachten seien. Selbst unter Anerkennung aller Behinderungsgründe, welche die Justiz verwaltung aus der theilweise kurzen Dauer der Strafe, au« der Ungewohntheit der Beschäftigung mit landwirthschajt- lichen Arbeiten und der mangelhaften Aufsicht bei weiterer Entfernung des Gefängnisses von der Arbeitsstelle folgert, kann man doch daran festhalten, daß eine Ausdehnung der auf verschiedenen Domänen angestellten Versuche der Be schäftigung von Gefangenen mit Meliorationsarbeiten recht wohl möglich erscheint. Im ElaiSjahre 1894/95 erstreckten sich diese Versuche nur auf 80 Gefangene. Das ist ein ver schwindender Procenlsatz aller Gefangenen. * Berlin, 11. Mai. In der v. Hammerstein'schen Strafsache stütz» sich die von den Rechtsanwälten Raetzel I und bw. Schwind' eingelegte Revision, wie schon milgetheilt worden, in erster Reihe darauf, daß sie die Unzulässigkeit deS Verfahrens behaupten, da bei der Ausweisung des An geklagten aus Griechenland die Griechische Regierung und bei der Auslieferung an das Deutsche Reich die Italienische Regierung gegen allgemein anerkannte und giltige Grund sätze deS BölkerrecktS verstoßen habe. DaS jetzt im Wort laute vorliegende Erkenntniß der I. Strafkammer deS Land gerichts I behandelt diese völkerrechtliche Krage ausführ lich. Es sagt wörtlich: „Der Angeklagte meint, daß der Aus lieferungsantrag bei der Italienischen Regierung erst eingegangen sei, nachdem er Italien verlassen habe und folgert daraus dessen Ungiltigkeit, indeß zu Unrecht. Denn dadurch, daß der Angeklagte daS von ihm aufgesuchte fremde Lano verließ, wurde der ÄuSlieferungSantrag keineswegs an sich hinfällig, sondern nur vorübergehend unausführbar, er trat aber so lange, bis er nicht etwa zurückgezogen war, was hier nicht der Fall ist, sofort wieder in Wirksamkeit, sobald der Ange klagte von Neuem wieder italienischen Boden betreten hatte. Ob letzteres freiwillig oder gezwungen geschah, ist aleichgiltig. Denn die von der Vertbeidigung vertretene Auffassung, daß die Auslieferung nur diejenigen treffen könne, welche sick freiwillig in das Gebiet des ersuchten Landes begeben haben, ist irrig; die dafür angezogcne Meinung Bernard's wird von Theorie und Praxis des Völkerrechts jetzt allgemein verworfen. Es kommt aber darauf gegenwärtig nicht an, da diese Voraussetzung der Auslieferung lediglich von den italienischen Behörden zu prüfen war. Dem erkennenden Gerichte liegt lediglich ob, die materiellen Voraussetzungen für die Giltigkeit der Auslieferung zu prüfen. Zu Grunde ist dabei zu legen der zwischen der italienischen Regierung und dem deutschen Reiche unter dem 3l. October 1871 ge scklossene Staatsvertrag. Diese materiellen Voraussetzungen liegen hier sämmtlick vor. Angeklagter ist deutscher Reicks angehöriger, die Vergeben und Verbrechen, derentwegen er ausgeliefert ist, sind Gegenstand des Auslieferungs vertrages und nur wegen einzelner derjenigen Vergeben, wegen deren die Auslieferung bewilligt ist, ist das Hauptverfabren gegen den Angeklagten eröffnet worden. Der Umstand, daß entgegen den Haftbefehlen des Unlersuchungs richters die eine in Frage stehende Urkunde nicht als öffent liche, sondern als Privaturkunde angesehen worden ist, giebt dem Angeklagten, weil ihm günstig, zu Beschwerden keinen Anlaß, zumal da nach dem genannten Staatsvertrage die Aus lieferung wegen aller Urkundenfälschungen erfolgt. Sonach ist die Strafverfolgung des Angeklagten wegen der im Er öffnungsbeschluß genannten Straflhalen zulässig." V. Berlin, 11. Mai. (Telegramm.) Die Rede des Kaisers bei dem Festmahl im Palmengarten zu Frankfurt a. M. hat folgenden Wortlaut: „Mein verehrter Oberbürgermeister! Wer wollte eS Mir beute verdenken, an einem solchen Tage und unirauscht von solchem Jubel, wenn Mein Herz be sonders bewegt wäre! Denn eS ist selten einem Volke gegeben, ein solches Fest zu feiern, wie wir heute, und an einem solchen Tage wie dem heutigen. Wo an diesem Tage deutsche Herzen schlagen, ist der Germane auf das Knie gesunken und hat seinem Schöpfer Dank dargebrackt, baß unter seiner Hut das Vaterland sich wieder geeint hat. Wie es einer alten Kaiser- und Krönungsstabt ziemt, in würdiger und patriotischer Weise, so hat die Stadt Frank furt den heutigen Tag erfaßt und gefriert. Innigen Dank seitens der Kaiserin und von Mir sage Ich für Ihre freundschaftlichen Worte und den herrlichen Empfang, den Uns Ihre Bürgerschaft bereitet hat. Vor Allem aber muß Ich dafür danken, daß Sie in richtiger Erkenntniß der Bedeutung des heutigen Tages den selben eingeleitet haben mit der Feier der Enthüllung des Denkmals Meines verewigten Herrn Großvaters: denn wohl geziemt es sich, an dem Tage der Friedens feier auf die Figur zurückzublicken. Es schweift unser Blick hin zu der Zeit, wo der junge Herr in schwerer Bedrängniß Feuilleton. Achiller's Vater. Eine Skizze seine- Leben«. Gezeichnet von Siegfried Moltk«. Nachdruck Verbots«. II. Nicht allzu lange ließen Schiller die dienstlichen Pflichten im Kreise seiner Familie. Abermals rief ibn die KriegS- drommete in- Feld, wo die Württemberger bei Fulda neue schwere Verluste erlitten, und zwar unter dem Befehle des französischen Marschalls von Broglie. Während diese- Feld zuges war eS, al- ihn seine Gattin, wie Frau von Wolzogen berichtet, im Lager besuchte, mit knapper Mühe nur Marbach wieder erreichte, so daß unser großer Friedrich von Schiller nicht auf der Stätte deS Kriege- da- Licht der Welt erblickte. Der 10. November 1759 wurde zum zweiten Male für da deutsche Vaterland, ja für die ganze Welt ein Tag höchster Freude dadurch, daß er 276 Jahre, nachdem er einen Luther gebar, einen Schiller gab. Auch dieses Kind sollte der Vater erst sehen, al- e« be reit- fähig war, dem Heimkebrenden dir Aermchen entgegen- zustrecken, und auch diese« Kind mußte er bald wieder ver lassen, um abermals, diesmal zur Hilfe Oesterreich-, in- Feld zu ziehen. Nach kampflosen Märschen kam er mit seinem Regiment wieder nach Stuttgart, wurde nach kurzen Pausen nach Urach, Cannstadt, endlich nach Ludwig-burg versetzt, stet- getrennt von den Seinen, denn „eS soll damals als unschicklich für die Frau eine« Officirr- gegolten baben, mit ihren» Manne in der Garntsou zu leben". Schiller'- Tbätigkeit-trieb vertrug sich nicht mit dem trägen Leben de- Garmsondienste«, er wollte etwa« leisten, seinem Herrn und Lande durch anspruchsvollere Thätigkrit al- durch Soldatendrillen dienen. So kam er auf den Gedanken, nach dem er bereit- in Cannstadt zum Hauptmann befördert war, sich al- Werbeofsicier zu melden, rin Posten, dessen Ver treter bisher wenig von ihrer militairsschrn EavalierSehre in ihrer Beruf-au-übung an den Tag gelegt batten. Sein rdle« Herz und sein gesunder Verstand trieben ihn dazu, in einigem da- gut zu machen, wa» seine gewissenlosen Kameraden ver schuldet hatten, und in der That ist e« erwiesen worden, daß e- ihm gelang, durch da- Gerechtigkeit-gefühl, von dem er sich auch hier wieder leiten ließ, Achtung und Werthsckätzung, die man ihm seither zollte, zu erkalten und seinem Amte einen neuen guten Rus zu gründen. Ende 1763 trat er in Schwäbisch-Gmünd sein neue- Amt an, hier endlich ver eint mit seiner Familie, hier endlich fähig, den heißen Herzenswunsch sich selbst zu erfüllen: der treuen sorgsamen Gattin und jungen Mutter in der Erziehung sefner Kinder redlich beizustebeu. Auch materiell fand er hier größere Befriedigung, wenn er auch nicht im Stande war, nach »einem Wollen und Wünschen an die geistige Entwickelung der lieben Jugend große Summen zu wenden. Ihr leibliches Wobl, das wars, das er zu fördern in der gücklicken Lage war und nach bestem Wissen und Können förderte. Den Rath, den er später der „lieben Lotte", seines Friedrich trefflicher Gattin, ertheilt, Wetter und Sturm, Regen und Sonnen schein, Wärme und Kälte, Speise und Trank in richtigem Maße und vor Allem viel körperliche Bewegung als der Kinder beste Freunde zu betrachten, diesen Rath giebt er nur au- väterlicher, an seinen eigenen Kindern erprobter Erfahrung. Um freier in seinem bäuSlicken Leben, nicht an die in der Stadt Gmünd unerläßlichen Stande-sitten und Unsitten ge kettet zu sein, bittet er seinen Herzog, nach dem nahen Grenzorte Lorch übersiedeln zu dürfen. Hier entwickelte sich im Hause Schiller ein echte-, schöne« schwäbisch-deutsches Familienleben, hier in Lorch begann er, das junge Reis seines Stamme« vor Allem an die mächtige Stütze der Religion zu fesseln, damit e« emporwacksr, unbiegsam und trotzend den Stürmen de« Leben«. „Die Sitte und Denkart de« väterlichen Hause-, in welchem Schiller die Jabre seiner Kindbeit verlebte, war nicht begünstigend für die frübzeitige Entwickelung vorhandener Fähigkeiten, aber für die Gesundheit der Seele von wohl- tbätiaem Einflüsse", so schreibt Caroline von Wolzogen. Besonder- seinen Friedrich galt e-, hier körperlich zu kräftigen. Der zarte vierjäbrige Knabe, der bi-her nur von der milden Hand der Mutier geleitet wurde, sollte und mußte in einer geregelten, abhärtenden Lebensweise dem Vater möglichst gleich an Kraft und Ausdauer werden. Weise ver stand e- unser Schiller, da- Angenehme mit dem Nützlichen zu paaren. Er führt« die Kinder so oft, al- seine dienstfreie Zeit «S erlaubte, hinaus in die Natur, ja selbst zu den Uebungen seiner Recrmen nahm er sie mit, auf dem Wege durch lehrreiche und unterhaltende Erzählungen die kindlichen Seelen auf die Schönbeit der Erde und auf vie sagen- umwebende Gegend weisend. Ob ihn fein Streben zum Ziele führte, da- sagt nn« am besten seine« Sobncs herrlicher „Spaziergang" Streng straft» er den Knaben, wenn dieser, wie e« öfters vorkam, hinter die „nach Verbältniß deS OrtS wohl eingerichtete Schule" ging, kein Flehen der Mutter, keine Thränen ChristophinenS retteten den „Verbrecher" vor empfindlicher Züchtigung. Er, der selbst den Mangel des Lateinischen arg vermißte, ließ seinen Sobn bereits im siebenten Lebensjahre durch den Pfarrer Moser in dieser Sprache unteiweisen. Gehorsam und Fleiß betrachtete er als ebenso unerläßliche Attribute deS Leben- seiner Kinder, wie Wahrheitsliebe, Rechtlichkeit und Frömmigkeit, die auch bei ibm weder eine duckmäuserige, noch eine freigeistige war. Seine HauSandackten, die er hielt, waren den Kindern Feier stunden im wahrsten Sinne des Wortes. Sie waren von kindlicher Innigkeit und rührender Schlichtheit. „Von seinen liebsten Spielen eilte der kleine Friedrich herbei", wenn der Vater betete, und ,.eS war ein rührender Anblick", so berichtet Christopbine, „den Ausdruck der Andacht aus dem lieblichen Kindergrsichte zu sehen. Tie frommen blauen Augen gen Himmel gerichtet, das lichtgelbe Haar, daS die Helle Stirn umwallte, und die kleinen mit Inbrunst gefalteten Hände gaben da-Ansehen eineSEngelSköpschenS." Fürwahr daS mögen Stunden gewesen sein, welche eine Seele zu bilden vermochten, die aus reinster Ueberzcuaung einst sagt: ,^örüder, üder'm Sternen zelt muß ein lieber Vater wohnen!" Und WaS bat der Vater seinen Gott? Nickt an die Güter bing er sein Herz, die da- Leben vergänglich zieren, nein, um HöbereS, um daS Höchste flehte er und sein Weib in inniger Gemeinschaft; nickt um eigenes Glück, sondern einzig um das Glück und um die innere Rübe der Kinder, um die Kraft und Geduld, durch eine richtige Erziehung der Kinder Glück zu gründen. „Der Vater hatte den guten Ton, den daS Herz lehrt, die Mutter", so sagt Friedrich, „war eine verständige, gute Frau, und ihre Güte, die auch gegen Menschen, die ihr gar nicht angingen, unerschöpflich war, bat ihr überall Liebe erworben." Die braven Leute haben in der That ihren Kindern eine glückliche Seele gegeben. Wa« an irdischen Gütern ihnen dereinst mangeln sollte, da besaßen sie an unvergänglichen, ewigen in um so höherem Maße. Sie haben e« den Eltern in ihren alten Tagen auf« Herrlichste gedankt. „Ach so giebt eS in der Welt keinen zweiten Sobn mehr!" So zubelt die Mutter noch in ihrem letzten Brief an den Sobn. Und der greise Vater betet: „Und Du Wesen aller Wesen, Dich hab' ich nach der Geburt meine« einzigen Sohne- gebeten, daß Du demselbeu an Geiste-stärk« zulegen möchtest, wa- ich au- Mangel an Unter richt nickt erreichen konnte, und Lu hast mich erhört. Dank Dir, gütigstes Wesen, daß Du die Bitten der Sterblichen achtest!" Zeugt all' dieses nicht genug davon, daß sie un bewußt im Glücke der Kinder ihr eigenes Glück schufen? In Lorck wurde Schiller des Staates Gläubiger. Während der drei Jabre seines dortigen Aufenthaltes bekam er von dem täglichen Gehalte von drei Gulden nicht einen blutigen Heller, ja er mußte noch seine ihm zugewiesenen Unter gebenen aus eigener Tasche löhnen. So kam es, daß ihm die herzogliche KriegScaste schließlich 2000 Gnlden schuldete, ein ganzer Theil des Geldes, das der gnädigste Landesfürsi für seine persönlichen Vergnügungen verschwendet hatte. Neun Jahre — man bedenke — neun Jahre brauchte eine Regierung, um einem verdienstvollen Manne sein sauer und redlich verdientes Gehalt ratenweise, kleinweise aus- zuzahlen! Da mag eS manchmal knapp bcrgegangen sein, um so knapper, als sich die Familie um ein Glied vermehrte, denn am 24. Januar 1766 wurde dem Hauptmann seine zweite Tochter Luise geboren. Zwei andere Mädchen, Maria Charlotte, 1768, und Beata Friederike, 1773 geboren, starben im zartesten Alter. Nach Ludwigsburg wieder zurückgekehrt, bezog Schiller daS HauS des HofbuchdruckerS Cotta, mit welchem er selbst und später sein Sobn in so enge Verbindung treten sollte. Ein treues FrcundschaflSbündniß schloß er mit seinem Haus genossen Hauptmann von Hoven, besten Söhne sich eng an seinen Fritz schloffen. Der eine derselben, der spatere Medicinalrath in Nürnberg, Wilhelm von Hoven, berichtet uns unter Anderem: „Große Ehrfurcht vor seinem Vater bewog ihn (nämlich den Dichter) vorzüglich zum Fleiß; dieser, bei ausgezeichneten Talenten m seiner Jugend veriäumt, setzte Alles daran, daß sein Sohn etwas Tüchtiges lernen sollte. Deshalb that dieser ihm nie genug, wenn auch die Lebrer zufrieden waren; er applicirte sich ihm außer der Schulzeit nicht, wie er eS wünschte, son dern sprang und spielte viel im Garten; so erfuhr er of eine strenge Behandlung." Freilich wurde durch die Kosten der Schulbildung deS Knaben diejenige seiner Schwestern arg hiatangesetzt, und oft noch in seinem Greisenalter spricht der Vater darüber seinen Schmerz au«. Es war dies auch ein Umstand, dessen Erörterung öfter« zwischen ibm und seiner Gattin zu heftigen Scenen führte, die dann gewöhnlich darin gipfelten, daß der jeden Widerspruch arg bekämpfende Soldat all seine Autorität anwandte und bestimmt betonte» raß der Friedrich bevorzugt werden müsse, denn er sei e«, aus ersten Hilf« einmal sein« Schwestern und wer köna«
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