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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 13.05.1896
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1896-05-13
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18960513024
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1896051302
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1896051302
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1896
- Monat1896-05
- Tag1896-05-13
- Monat1896-05
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Doppelcentnern, Prämien von 2 50 und Erhöhung der Berbrauchsabgabe von 18 auf 21 Nur mit der Wiederherstellung der gestaffelten Betriebssteuer ist von dem Abkommen abgewichen worden; die gestern erfolgte Ablehnung einer Zuschlagsabgabe für Melasseentzuckerungs-Anstalten trifft eine nebensächliche Bestimmung, die in der Commission mit geringer Mehr heit beschlossen worden war. Dre Betriebssteuer wird nun mehr den Angelpunkt der dritten Berathung bilden. Das Centrum hat sie durchgesetzt, weil sie die kleineren Zucker fabriken vor den großen begünstigt. Ob dieser Grund durchaus stichhaltig ist, stebt dahin. Man will den schwächeren wirthschaftlicheu Existenzen einen Vortheil zuwenden, die mittleren Fabriken sind aber oft im Besitze eines oder weniger Gutsituirler, während an den großen Fabriken nicht selten eine große Anzahl kleiner landwirthschaftlicher Pro ducenten betheiligt ist. Immerhin fällt dieser Punct nicht so schwer' ins Gewicht, daß man zu befürchten brauchte, die Conservativen würden von der Ablehnung der Betriebs steuer ihre Zustimmung zum ganzen Gesetz abhängig machen. Sie würden damit mit aller Sicherheit ein Gesetz zum Scheitern bringen, von dem die „Kreuzztg." gestern noch gerühmt hat, daß es den wohlwollendsten Intentionen für die Landwirth- schaft entspringe, und das in der That, trotz der augenblicklichen, durch den Aufstand iu Cuba bedingten auskömmlichen Preise, eine Voraussetzung für die Rentabilität des deutschen Rüben baues bildet. Daß das Reich bei dem Plenarbeschluß finanziell besser fährt, als eS obne die Betriebssteuer ausgekommen wäre, ist eine Nebenwirkung, mit der die Conservativen sich wohl abfinden können. Es wird nun doch noch der Versuch gemacht werden, die Verathung des Bingerlichcn Gesetzbuches vor der Vertagung des Reichstages zu Ende zu bringen. Die Absicht, eine Früh herbsttagung eintreten zu lassen, ist aufgegeben worden, und die verbündeten Regierungen bestehen mit Entschiedenheit darauf, daß das Gesetzbuch nach Pfingsten zu Ende beratheu wird. Officiell wird diesem Verlangen vom Reichstag kein Widerstand entgegengesetzt, eine andere Frage ist es, ob die Abgeordneten ausdauern werden. Angesichts des Interesses, daS die nationalliberale Partei für das Zustandekommen des Bürgerlichen Gesetzbuches von jeher belhätigt hat, braucht nicht erst versichert zu werden, daß ihre NeichslagSfraclion dies Vorhaben der Regierungen nach besten Kräften fördern wird. Nach der „Köln. Ztg." wird auch von einzelnen Stellen im Reichstage und namentlich in der Commission für das Bürgerliche Gesetzbuch der Wunsch laut, die Tagung des preußischen Landtags bis nach Pfingsten zu verlängern, ,um die Mitglieder des Reichstags und der Gesetzbuchs- Commission, die gleichzeitig Mitglieder des Landtags sind (ungefähr 30 Mitglieder) mit mehr Sicherheit an Berlin zu fesseln". Dazu bemerkt freilich die „Nat.-Lib. Corresp.": „Wir gestehen, diesem Gedankengang nicht folgen zu können. Tie Inhaber eines doppelten Mandats, die arbeiten und namentlich am Bürgerlichen Gesetzbuch Mitarbeiten wollen, werden froh sein, nicht auch noch von Plenarsitzungen des Abgeordnetenhauses — solche des Reichstags sind ja nach den getroffenen Dispositionen unvermeidlich — abgezogen zu werden. Die „einzelnen Stellen" des Reichstags, die die Häufung der Geschäfte wünschen, bewegen sich in der „verkehrten Welt". Früher hat man sich den Kopf zerbrochen, wie man es anzufassen habe, damit das hemmende Nebeneinandertagen von Reichstag und Landtag vermieden werde. Wen» es davon allmählich still geworden ist, so ist der Grund nicht, weil die Unzukömmlich keiten nicht mehr als solche erkannt werden, sondern weil man nicht niehr hofft, ein Mittel zur Abhilfe zu finden. Und jetzt soll auf einmal die ablenkende Arbeit am Dönhofsplatze der am Branden burger Thore förderlich sein! In Wirklichkeit empfinden die fleißige» Abgeordneten die Nothwendigkeit, ihre parlamentarische Thätigkeit zu zweitheilen, nicht weniger störend als ehedem. Von den — Anderen wird man doch nicht glauben, daß es ihnen größere Selbst überwindung kostet, zwei Parlamente als eins zu „schwänzen"? Die Wünsche, von denen die „Köln. Ztg." spricht, sind wirklich ganz unverständlich. Für uns wenigstens." Wir empfehlen aber der „Nat.-Lib. Corresp", sich einmal den Art. 85 der preußischen Verfassung („Die Mitglieder der zweiten Kammer erhalten aus der Staatscasse Reisekosten und Diäten rc.") anzusehen. Vielleicht kommt ihr dabei das annoch mangelnde Verständniß. Der „Reichsbote" fährt in seinen Verwahrungen gegen das kaiserliche Telegramm an den Geheimrath Hintzpeler fort, und cs ist unverkennbar, daß das Blatt mit diesem Beginnen viel mehr Eindruck macht, als durch seine Campagne gegen die Civilehe. Man kann dem „Reichsboten" daS Zeug- niß, daß er Maßhalten mit Entschiedenheit vereinigt, billiger Weise nicht verweigern. Er warnt heute die Geistlichen ebenso eindringlich davor, aus Aerger oder Trotz in das Naumann'sche Lager überzugehen, wie vor dem Rückzug in eine „verdrossene Schmollecke". Auch ein gleich- giltigcs Verhalten wird den Pastoren widerrathen und ihnen vielmehr empfohlen, dem Kaiser durch eine Abordnung eine Eingabe überreichen zu lassen, worin auSgeführt wäre, daß der Monarch über die politischen Be strebungen der Mehrzahl der Geistlichen falsch unter richtet worden sei, und auf die Verdienste hingewiesen würde, „welche sich die evangelischen Geistlichen von Luther ab, dessen Politik der moderne Staat seine selbstständige Existenz verdankt, bis auf die deutschen Befreiungskriege im Anfänge des Iahri,m*oev»s, wo der Patriotismus sich in die deutschen evangelischen Pfarrhäuser geflüchtet hatte, aus denen er bei dem Ruf des Königs an sein Volk hervor trat, und auf das königstreue Wirken der preußischen Pastoren iu der neueren Nevolutions- und in der ConflictSzeit herab um den Staat und spcciell um den preußischen Staat erworben haben." Jeden falls würde sich eine solche Eingabe der preußischen Pastoren — die außerpreußischen werden ja durch daS kaiserliche Telegramm nicht direct berührt — schon deshalb empfehlen, weil eine den eigentlichen Zweck deS Telegramms erläuternde Antwort nicht auSbleiben könnte. Noch näher läge es freilich dem preußischen CultuSminister, der durch das Telegramm in eine ganz eigene Lage kommt, eine Erläuterung der epigrammatischen kaiserlichen Kundgebung zu extrabiren. Bevor eine solche Erläuterung erfolgt, wird die Veröffentlichung des Telegramms sicherlich weite Kreise ziehen. Mehr und mehr begegnet man jetzt auch in der Presse dem gestern von uns gemachten Hinweise, daß die Verurtheilung einer jeden politischen Thätigkeit der evangelischen Pastoren diese gegenüber den katholischen Geistlichen herabdrückt. Immer wunderlichere Blasen wirst der ehrliche Haß Englands gegen Deutschland — daS Einzige, was echt ist in der Gesinnung unserer Vettern gegen uns — wegen der grenzenlosen Blamage, die eS sich im Transvaal geholt hat, und an der natürlich weiter Niemand schuld ist, als Deutschland, daS im Geheimen gegen England agitirt, dem Krügcr's Rückhalt verleiht nnd darauf lauert, die Erbschaft Albions in Südafrika anzutreten. Deutschland die Be treibung solch' schwarzer Pläne nachruweisen, wäre für ein englisches Geniüth höchste Genugtyuung, und in der That ist man den Schleichwegen der Berliner Regierung am Cap bereit« dicht aus der Spur. Dem Londoner Bericht erstatter des „Manchester Courier" ist es, wie schon kurz erwähnt, Vorbehalten geblieben, das Gerücht zu verzeichnen, daß sich in den Händen der britischen Regierung Schriftstücke befinden, die für die deutsche Regierung ebenso compromittirend seien, wie die vom Präsidenten Krüger veröffentlichten für England. Ein Depeschenkasten vr. Leyds bilde den werthvollen Fund, der über die jüngst zwischen Deutschland und dem Transvaal ge pflogenen Verhandlungen interessanten Aufschluß gebe. Das wäre allerdings ein Schlag für die deutsche Ehrlichkeit, den wir so leicht nicht verwinden könnten; schade nur, daß Präsident Krüger einem Vertreter deS Neuter'schen BureauS gegenüber auf daS Allerbestimmteste versichert hat, die Be hauptung von Intriguen zwischen Deutschland und Transvaal sei nichts als leeres Geschwätz; Transvaal begehre mit Allen in Frieden zu leben. Das genügt, ganz abgesehen davon, daß der Depeschenkasten des StaätssecretairS der Südafrikanischen Republik nicht so leicht in die Hände Unbefugter gelangt sein wird, um festzustellen, daß eS sich lediglich um eine Fälschung frechster Art handeln kann, wenn überhaupt die Beweisstücke je an die Oeffentlich- keit gelangen. Zu den zahlreichen Conflicten Englands mit anderen Colonialmächten gesellt sich jetzt eine Contro- verse mit Rttstland. Wie wir heute Morgen nach einer Meldung des „Reuter'scken BureauS" aus Shanghai mittheilten, hat die „Russische Dampfschifffahrts-Gesellschaft", was in diesem Falle gleichbedeutend ist mit russische Regie rung, ein dem Hause Fergusson in Tschifu gehöriges Stück der Nordki'ste der Port Arthur gegenüberliegenden, den Eingang vom Gelben Meer zum Golf von Petschilli und den Zugang zu Peking beherrschenden Halbinsel erworben, zweifellos, um dort sich eine strategisch ungeheuer wichtige Position zu schaffen. Trotz des Widerspruchs andererHäuser in China haben die chinesischen Behörden auf Intervention der russischen Regierung dem Anträge deS russischen Viceconsuls statt gegeben. Die Intimität des Verhältnisses zwischen Rußland und China muß auch ohne geschriebenen Vertrag schon sehr weit gediehen sein, wenn Letzteres nicht nur ruhig zusieht, wie der Einfluß Rußlands in Korea immer stärker wird, wenn es nicht nur gestattet, daß die sibirische Eisenbahn bei Port Arthur münden soll, sondern auch dieser Endstation unmittel bar gegenüber Rußland die Gelegenheit giebt, eine i m Winter offen bleibende Landungsstelle für russische Schisse zu erwerben. Hat Rußland einmal auf diese Weise am Stillen Ocean festen Fuß gefaßt, so ist nicht allein China selbst in seine Hand gegeben, es wird dadurch zur stärksten Macht der Ostasiatischen Welt und kann getrost mit England den Kampf um die Hegemonie in Asien auf nehmen. Es ist daher nur selbstverständlich, wenn die Nach richt des Neuter'schen BureauS in London ungeheure Aufregung verursacht hat, zumal, wie weiter aus Shanghai berichtet wird, sechs russische Kriegsschiffe vor Tschifu liegen, woraus bervorgeht, daß die russische Regierung auf eine kriegerische Auseinandersetzung mit England gefaßt ist. Daß England Alles in Bewegung setzen wird, um vor den Thoren Pekings nicht aus dem Sattel gehoben zu werden, zeigen schon die folgenden uns heute vorliegenden Meldungen: * Londo», 12. Mai. Eine Drahtnachricht deS „Globe" aus Shanghai bestätigt die Meldung mit dem Bemerken, die russische Besitzergreifung sei allen Vertragsrechten zuwider erfolgt. * London» 12. Mai. Bezüglich der Meldung aus Shanghai über die Erwerbung eines Küstenstriches in Tschisu durch die „Russische DampfschifffahrtS-Gesellschaft" erfährt das „Reuter'sche Bureau", daß die von Rußland beantragte Zustimmung der chinesischen Behörden zu der Gebietsabtretung den verbrieften Rechten der britischen Unterthanen zuwiderläuft und daß der Thatbestand zur Zeit der Prüfung der britischen Regierung unterliegt. Feinde ringsum, kann England heute sagen, und nicht ein Freund, der auch nur einen Finger krumm machen möchte, um ihm beizustehen! Zur Asfaire ItokeS-Lothaire ist in der „Belgique coloniale", dem officiellen Organ der Congo-Regierung, ein Artikel enthalten, der über die Freisprechung des Comman- danten Lothaire lind über die an England und Deutsch land gezahlten Entschädigungen sich äußert. Der Artikel feiert Lothaire in überschwenglicher Weise und ist mit dessen Freisprechung vollständig einverstanden. Es handele sich nickt darum, festzustellen, ob Lothaire StokeS gegenüber unregel mäßig verfahren ist, sondern ob diese Unregelmäßigkeiten ein Verbrechen oder Vergehen bilden. Stokes wird im schlimmsten Lichte als ein Abenteurer hingestellt, welcher die Sicherheit des CongostaateS bedrohte und auf Grund des KriegSrechtS verurtheilt worden ist. Wenn der Congo- staat an England und Deutschland Entschädigungen zugebilligt hat, so that er es „aus Willfährigkeit", weil er anerkannte, daß nicht alle Formen beobachtet worden sind, nicht aber, weil er irgend eine Schuld Lothaire'S anerkannte. „Man fragt sich aber nur, wie solche Freibeuter-Expedition, wie die StokeS'sche, sich hat bilden, vorbereiten und ausführen lassen können in Nachbargebieteu deS Congo. Ist eö nickt ein eigenthümliches Zusammentreffen, daß man sieht, wie in nahen Zwischenräumen Einbrüche mit bewaffneter Hand sich bald am Congo, bald am Transvaal organisiren? Es ist daS eine Erscheinung, über die die öffentliche Meinung iu England sich erregen sollte. An statt erlogene Geschichten, wie die von der Cultur- Mission eines StokeS, von der ritterlichen Edelmüthigkeic eines Iameson anzunehmen, thäte sie bester, solche Aben teurer zur Rechenschaft zu ziehen." Mit einem heftigen An griff auf die Aufhetzerei der englischen Presse in der An gelegenbeit Stokes vor und nach dem UrtheilSspruche des Gerichtshofes in Boma schließt der Artikel, welcher auf all: Fälle Eines klarstellt: die Hetzerei gegen Deutschland und England wegen der Entschädigungen hat keinen ernsten Boden, denn die Cougoregierung erkennt an, daß das Verfahren gegen Stokes ein unregelmäßiges war. England und Deutschland mußten daher eine Entschädigung erhallen: das erstere für die Familie StokeS', das letztere, weil die zur StokeS'sche» Karawane gehörigen, aus den deutschen Schutzgebieten stammen den Träger durch den Tod des Stokes geschädigt worden sind. Fenilletsn. Die Tochter des Millionärs. 11s Roman aus dem Englischen von L. Bernfeld. lNachdruck verboten.) Er sah so aufgeregt, so sonderbar aus — seine Sprache war fieberhaft erregt — die überschwänglichen Worte be rührten Trixie unangenehm. Er hatte ihre Hand erfaßt und sie mit sich fortgezogen. Sic konnte ihn durchaus nicht be greifen, er war doch vorher so wenig liebenswürdig gewesen, wie kam es, daß er, nachdem sie ihn verlassen, plötzlich von einer so übertriebenen Zärtlichkeit für sie ergriffen wurde? „Hier ist meine Thür, aber ich muß Sie ernsthaft bitten, mir nickt weiter zu folgen", sagte Beatrix, sich gewaltsam von seiner Hand frei machend. „Nein, gewiß nicht, meine Theure, ich werde geduldig warten, aber bitte, beeilen Sie sich!" Trixie trat in ihr Zimmer. Sie war bestürzt, beunruhigt durch Philipp's ungewöhnliches Benehmen und so gepeinigt von dem Gedanken, daß man sie und Philipp hier bemerken könnte, daß sie in aller Eile die Steine von ihrem Halse löste und dieselben aus ihren Toilettentisch legte. Hastig sucktc sie ihre Schlüssel, die sie in der Aufregung, in der sie sich befand, nicht finden konnte; Karoline batte in der Eile Alles in bunter Unordnung liegen gelassen, Handschuhe, Spitzen, Bänder lagen auf dem Tische wirr durcheinander. Da Beatrix die Schlüssel in dem ChaoS nicht fand und eS nicht wagte, länger zu zögern, warf sie den Schmuck hastig in eine osfenstcbende Schublade deS Toilettentisches und kehrte dann eilig zu Philipp zurück. Als sie Beide wieder unten angelangt waren, sagte Philipp zu ihr: „Sie haben sehr wenig Zeit gebraucht, Beatrix, nm die Brillanten abzulegen, ich hoffe, daß Sie dieselben sicher ausbewahrt haben?" „Nein, daS habe ich eigentlich nicht gethan!" antwortete sie leichthin, „mein närrisches Mädchen batte Alles in wüster Unordnung verlassen, ich konnte trotz allen Suchens meinen Schlüssel nicht finden und habe daher daS Halsband in den obersten Kasten meines Toilettentisches unter meine Taschen tücher gesteckt." „Sie sorgloses Kindl" sagte Philipp lachend. „Man sollte Ihnen eigentlich gar nicht so wrrthvolle Schmucksachen an vertrauen, wenn Sie in dieser Weise damit umgehen. Nun, wir wollen hoffen, daß das Halsband sicher verwahrt ist." Als sie die Halle betraten, kam ihnen der Graf von Sansoine entgegen, der sich vergeblich nach seiner Tänzerin umgesehen hatte. Der Tanz war schon in vollem Gange. „Ab da sind Sie ja, gnädiges Fräulein, ich habe Sie vergeblich gesucht. Aber wo in der Welt waren Sie Beide denn?" „Miß Hopley wünschte ein Glas Master, und ich führte sie daher nach dem Speisezimmer," erwiderte Philips) ruhig, und obgleich Beatrix die fertige Entschuldigung nicht un angenehm war, so hielt sie doch diese Lüge für überflüssig. Es würde gewiß besser gewesen sein, gar nichts zu sagen. „Die Plätze sind nun alle eingenommen, Miß Hopley; es ist zu spät zum Tanz, wir finden kein vi8-L-vi8 mehr", sagte Sansoine zu Beatrix, als sie an seinem Arm durch die Halle schritt. „Das thut mir sehr leid, Herr Graf, wenn Sie wünschen, gebe ich Ihnen statt besten einen anderen Tanz!" „Ich bitte sehr darum, Miß Hopley, aber außerdem möchte ich Sie für den Rest dieses Tanzes um Ihre Gesell schaft bitten, wir wollen in das kleine Bibliothekzimmer geben, man kann hier in diesem babylonischen Gewirr sein eigenes Wort nicht verstehen." Er führte sie bei diesen Worten in ein kleines Zimmer, welches am äußersten Ende der Halle lag. „Ick mochte Sie gern sprechen, Miß Hopley", sagte der Graf nachdrücklich. Beatrix hätte sich dieser Unterredung gern entzogen und lieber mit ihm getanzt, denn Trixie ahnte, was der Graf ibr sagen wollte. Sie irrte sich nickt. Ehe fünf Minuten verstrichen waren, hatte der Graf von Sansoine Herz und Hand und Alles, was er sein nannte, Beatrix zu Füßen gelegt. Es wäre unmöglich gewesen, den Strom seiner Beredsamkeit zu hemmen. In einem Athem sprach er von der aufrichtigen Zuneigung, die er für sie fühlte, von seinem alten aristokratischen Namen und dem Stammschlosse seiner Familie im Norden Englands, wo seine alte Mutter lebte, die sehnsüchtig darauf harrte, Beatrix al-Tochter zu bewill kommnen. Obgleich der Gras Beatrix anfänglich nur ihre» Geldes wegen zu heirathen gewünscht hatte, war er doch im Laufe der Zeit von ihren persönlichen Reizen nicht unberührt ge blieben, und hegte eine aufrichtige Zuneigung für sie. Aber Beatrix hatte instinktiv gelernt, die Welt jetzt mit anderen Augen anzuschauen, der erste Hauch der unberührten Einfachheit des jungen Mädchen war vorüber, und die Er fahrungen der letzten Zeit hatten sie gelehrt, argwöhnisch zu sein. Sie fragte sich, weshalb dieser Mann, der zu den vor nehmsten Elasten der Gesellschaft zählte, so eifrig bedacht sei, sie zu heirathen. Sie war nicht auS seinem Stande, keine anerkannte Schönheit, und hatte ihm niemals, weder durch einen Blick, noch ein Wort, die geringste Aufmunterung zu Theil werden lassen. Ihre ersten Worte, als er ihr endlich Gelegenheit gab, zu sprechen, machten den kleinen Herrn nicht wenig bestürzt. „Aber ich bin die Tochter eines Seifensieders, Herr Graf!" Es war eine unumstößliche Thatsache. Der Graf stam melte verlegen „hm" und „ha", aber er wußte nicht, waS er darauf erwidern sollte. Trixie blickte, über seine Verlegenheit lächelnd, zu ihm hin. Was hatte sie so verändert, wodurch war dieses Mißtrauen in ihre offene, ehrliche Natur gekommen. „Herr Graf," sagte sie endlich, „ich habe Sie gern, wirk lich gern! Sie sind offenbar eine aufrichtige, ehrliche Natur, und man kann in unserer Zeit nur dankbar sei», wenn man einem solchen Menschen begegnet. Bitte, sagen Sie mir offen die Wahrheit! Weshalb, um Alles in der Welt, wollen Sie gerade mich heirathen? Sie sind von so vornehmem Stande, wie Sie sich eben die größte Mühe gegeben haben, mich zu versichern, Ihr Geschlecht hat seit Generationen nur unter den edelsten Familien geheiratbet, und ich, ich bin nur die Tochter eines einfachen Bürgers. Mein Vater hat in dem Geschäft, welches jetzt sein eigenes ist, als einfacher Arbeiter geschafft. Weshalb wollen Sie von Ihrer Höhe so weit herabsteigen und ein Mädchen aus dem Volke zur Gräfin von Sansoine machen? Thun Sie eS meines Geldes wegen?" „Miß Hopley, in meinem ganzen Leben habe ich noch nicht gehört, daß eine Dame eine solche außergewöhnliche und verwirrende Frage an «inen Mann richtet, der ihr seine Hand anträgt." Trixie fing an, mehr amüsirt, denn peinlich berührt von der Unterredung zu sein. „DaS ist aber keine Antwort, Herr Graf!" rief Trixie, ihm unbefangen zulächelnd. „Gestehen Sie offen und ehr lich: Sie lieben mich nicht, wissen auch nicht, daß ich Sie nickt liebe." „Ich schwöre, daß ich Sie anbete;" rief der Graf leiden schaftlich. „Und warum sollten Sie mit der Zeit nicht lernen, mich zu lieben?" „Weil ich einen Anderen liebe!" „O! — Aber, Miß Hopley, heutzutage wissen die jungen Damen Rang und Titel zu schätzen, und ich darf Wohl sagen, daß eine Grafenkrone einem jungen Mädchen gewöhnlich nickt zwei Mal angcboten wird, Ist Ihnen nichts daran gelegen, Gräfin zu werden?" „Nicht im Mindesten! Wenn Sie ein Handwerker wären und ich liebte Sie, so würden Ihre Aussichten günstigere sein." „Ich beneide die Handwerker!" seufzte der Graf nach einer kleinen Pause. Die Unterredung war zu Ende — und ebenso der Tanz. Sansoine erhob sich und Trixie seinen Arm bietend, führte er sie in den Tanzsaal zurück. „Ich werde morgen abreisen," flüsterte er ihr zu, als sie durch den Saal schritten, „ich bin nur Ihretwegen hcr- gekommeu. Bei meiner Ehre, Miß Hopley, obgleich ick ge stehe, daß eS das Geld war, welches mich zuerst veranlaßte, mich Ihnen und Ihrem Vater zu nahen — Sie erinnern sich, als der alte Mayblow mich bei Ihnen einführ'e — habe ich doch während der Zeit unserer Bekanntschaft gelernt, Sie zu schätzen und zu lieben!" „Herr Graf," sagte Tririe zu ihm mit einer plötzlichen, unendlich süßen Schüchternheit, die ihm ins Herz drang. „Nehmen wir einmal an, Sie hörten, mein Vater wäre ruinirt und ich ein armes Mädchen, „Sapavo" eine abgethane Sache, die von anderen Erfindungen überflügelt worden, würden Sie in diesem Falle wohl auch noch wünschen, mich zu heirathen?" Ihre treuen, ehrlichen Augen, rein und klar wie diejenigen eines KindeS, blickten ihn ernst und fragend an. Sansoine erröthete bis zu den Schläfen hinauf und schwieg. „Mein Gott, kann den» kein Mann die Wahrheit be kennen?" rief Beatrix schmerzlich bewegt aus. „Warum sprechen Sie nicht, wollen Sie meine Frage nicht offen be antworten?" „Miß Hopley, da Sie eS wünschen, will ich eS thun. Ich achte Sie — nein, ich liebe Sie, wie ich niemals ge glaubt habe, ein Mädchen lieben zu können — aber ick muß Ihnen gestehen, daß mir meine Verhältnisse die Heirath mit einem armen Mädchen verbieten würden." Er wagte eS nach diesem entsetzlichen Bekenntnisse nicht, die Augen zu ihr aufzuschlagen. Einen Augenblick herrschte tiefe» Schweigen, Beatrix' Hand lag unbeweglich auf seinem Arm. Plötzlich tönte eine süße, liebliche Stimme in sein Ohr: „Ich danke Ihnen, Herr Graf, Sie sind ein Ehrenmann. Wen» ich jemals in meinem Leben einen wahren, aufrichtigen
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