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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 25.06.1896
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1896-06-25
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18960625010
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1896062501
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1896062501
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1896
- Monat1896-06
- Tag1896-06-25
- Monat1896-06
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Und sicher hat die Wirksamkeit und das gewinnende Auf treten hochstehender Persönlichkeiten unseres Vaterlandes nicht verfehlt, auf französische Herzen Eindruck zu machen: man würde sich aber sehr täuschen, wollte man diese äußerlich freundliche Stimmung etwa im Sinne eines Ausgleichs auffassen, der die bestehenden politischen Verhältnisse zur Grundlage nimmt. Gerade der große Krieg der Jahre 1870 und 1871 hat den Franzosen die Lebre gegeben, daß sie sich mit der deutschen Sprache und der deutschen Bildung eingehender befassen müssen, wenn ihre Nevanchepläne verwirklicht werden sollten. Daher hat in den letzten Jahrzehnten die Pflege des deutschen Unterrichts in Frankreich einen ganz gewaltigen Aufschwung genommen und regelmäßig gehen eine Anzahl junger Franzosen, zum Theil, wie es scheint, auf Kosten ihrer Regierung selbst, nach Deutschland, um sich hier in der deutschen Sprache, deren Elemente ihnen in der Schule beigebracht worden sind, zu vervollkommnen. Es ist ihnen heiliger Ernst, unser geliebtes Deutsch zu erlernen, aber nur, nm eS gegen uns zu brauchen und die bei uns gewonnene festere Anschauung von Land und Leuten gegen uns zu verwerthen. Man kann im Uebrigen Franzosen recht ruhig und unbefangen über uns urtkeilen hören, ja man mag so gar im Zimmer eines Franzosen, der sich bei uns „studirens- halber" aufhält, die Büsten unserer drei Hohenzollernkaiser, der Königin Luise, Bismarck'S und der großen Feldherrn les 1870er Krieges finden. Wirft man aber einen Blick in die ver breiteteren französischen Schulbücher, so wird man so recht den Grundton jener aus den ersten Blick auffälligen Stim mung gewahr, die zu unseren Gunsten verändert erscheint. Wohl ist die Stimmung rubiger geworden, Wohl ist man ge faßter und weniger empfindlich: aber nur, weil man sich be - ruhigter fühlt, weil man in sich gegangen ist und meint, durch treue, eifrige, fleißige Arbeit ein Geschlecht erziehen zu können, das die Hoffnungen der Väter einst zu erfüllen im Stande ist. Ganz planmäßig wird darauf von der Unter- richisverwaltung schon in den untersten Schulklassen hin- gcarbeitct, schon den kleinen Französlein, die eben erst lesen und schreiben gelernt haben, ihre zukünftige Bedeutung klargemacht und ihnen eingeprägt, welche Rolle ihnen für die politische Gestaltung Frankreichs zugedacht ist. Einige Anführungen aus französischen Schulbüchern sollen dies erweisen. So findet sich in dem vielgebrauchten Schulbache von Earrv L Bioy: premiöro anneo clo reckaetion st ä'slo- eutiou" (15. Auflage), das für das Alter von 11—13 Jahren be stimmt ist, ein von den Schülern ausführlicher zu behandeln des Thema (Seite 91) „Die Pappel", dessen Disposition in wörtlicher Uebersetzung lautet: 1) Große Erregung in einem Dorfe bei Straßburg. 2) In der Nacht hatte ein kühner Bursche eine französische Fahne oben auf eine Pappel gesteckt (freudige Bewegung der Elsässer). 3) Polizeibeamte, Osficiere und Soldaten kommen (sie suchen den Namen des Schuldigen zu ermitteln und ermuntern zur Entfernung der Fahne). 4) Rathlosigkeit. Wuth der Osficiere. 5) Drei Soldaten ver suchen hinaufzuklettern, ohne die Spitze erreichen zu können. 6) Man sägt den Baum ab. 7) Der Baum ist nieder gelegt und wird welk (gieb an» was nicht ver welken wird). Die Soldaten mit ihren Pickel hauben und der Baum mit der französischen Fahne sind außerdem im Bilde dargestellt. In demselben Buche findet sich auf Seite 155 ein Bildchen, auf dem eine Elsässerin und eine Lothringerin im Vordergründe Arm in Arm stehen, während den Hintergrund das Straßburger Münster und der Dom zu Metz bilden. Dazu werden dem Schüler folgende Fragen aufgegeben: ,,l) Wann haben wir Elsaß-Loth- ringen verloren? — 2) Hat dieser Verlust unsere Grenze wesentlich verändert? — 3) Hat er die Bevölkerung Frank reichs beträchtlich verringert? — 4) Wohnten diesen Volks stämmen besondere Vorzüge inne? — 5) Schlug in ihrer Brust ein französisches Herz? — 6) Welche Zeichen ihrer Anhänglichkeit an Frankreich haben sie seit ihrer Loslrennung von ihm gegeben? — 7) Hat Deutschland durch den Raub (en naus enleeant) von Elsaß-Lothringen so viel gewonnen, wie wir verloren haben? — 8)Können wirauf eine Wiedervereinigung mit Frankreich hoffen?" Die vorhergehende Seite (154) enthält eine Abbildung preußischer Soldaten mit der be zeichnenden Unterschrift: „Kolckutn prussiens. — Lokums, ils so saut instruits; solckats, ils so sollt pliös L Irr ckiscipliue" (AIS Kinder haben sie etwas Ordentliches gelernt) als Sol daten baben sie sich an DiSciplin gewöhnt). Dazu wird u. A. eine Reihe für uns Deutsche recht inttressatite Fragen gestellt: „War der Haß der Preußen gegen unö berechtigt? — Wie haben sie sich auf den Vergeltungskampf vorbereitet? — Haben wir ihre Vorbereitungen aufmerksam verfolgt? — Haben wir von dieser Lection Nutzen gezogen?" An hervorragender Stelle bringt dann dasselbe Buch auf seiner letzten Seite (184) unter der Spitzmarke „II tstut so Sou venir", die mit deutlicher Schärfe an da- alte „Herr, gedenke ver Athener" erinnert, ein Bild, daS die Unterschrift: „Die Preußen 1870" hat und zu dessen ausführlicher Erläuterung dem Schüler nicht mißzuverstehende Winke gegeben werden: „1) Schilderung eine- Winterabends; fröhliches Familien geplauder. — 2) Ernste Stimmung deS VaterS, der sich er innert, daß am gleichen Tage 1870 die Preußen sein Hau» besitzt batten. (Zwiegespräch.) — 3) Auf die Frage seine- Aeltesten er zählt er ausführlich von dieser schlimmen Zeil. — 4) Er fügt hinzu, Laß er und ihre Mutter gezwungen wurden, die Sieger zu bedienen. — 5) Er ermahnt seine Kinder, diese Erzählung ,m Gedächtniß zu behalten, nicht, um zu sprechen, sondern um zu handeln. (Direkte Rede.)" Die weitere Art der Behandlnng diese- Stücke- in französischen Schulen lehren die daruntergrsetzten Fragen: „1) In welchem Zustand befand sich Frankreich nachdem 1870er Kriege? — 2) Wie hat Frankreich die Kriegsentschädigung ron 5 Milliarten be ¬ zahlt? — 3) Wie haben wir unser zu Grunde gerichtetes Heer und unser Kriegsmaterial erneuert? — 4) Reichen Schußwafien und Festungen für die Landesvertbeidigung aus? 5) Welche Hoffnungen dürfen alle diese Be strebungen erwecken? Diese Fragen werden durch die Ueberschrist ,,I,e rolövoment cko la k>Lueo ckopuis 1870" (Frankreichs Wiederaufrichlung seit 1870) eingeleitet. Ehren voll genug für unsere Soldaten ist die zu dem eigentlichen Stücke gegebene recht naive Anmerkung: „1870. In diesem Jahre besetzten die Preußen Frankreich. Sie vertrieben die Einwohner aus ihren Wohnungen und ließen sich dort häus lich nieder. Sie zwangen die Frauen, für sie zu kochen, und die Männer, ihnen Fuhrwerke und Pferde für den Trans port ihrer Gepäckstücke und ihrer Munition herzuleihen." Wenn aus einem Kriege keine größeren „Sckandtbaten" zu berichten sind, so sollte damit die Bewohnerschaft von Feindesland recht zufrieden sein. — Die angeführten Stellen beweisen deutlich, mit welchem methodischen Raffinement in bestimmter Richtung auf die empfänglichen Herzen der Jugend eingewirkt wird. Diese Methode ist aber nicht etwa nur ein „Vorzug" deS Carrö-Moy'schen Buches. Aufs Geradewohl greifen wir den „Lours pr^paratoire" der „Orammairo pra- tiguo cko la lanzuo ü-antzaiso par bieckörio Lataillo" (6. Auflage) heraus, wo S. 107 ein Gedicht „Iw bataillon scolairo" steht, dessen drei Strophen hierhergesetzt sein mögen: Kons sommes les potits entants Os la vieills mörs patris, dlous lui ilonnerolls «Ians clir ans One jeuus armös axuerrie. dlous sommes les petits solltats Ou bataillon cke IRspsraneo, >'ous exertzons oos petits bras -p veoxer l'bouueur cko I» Trance. blt Lara, le xstit tambour Doot on nous a eoute l'kistolro, La attsnckaot, bat cbague jour Iw rappel «Ians uotre mömoirv. Was die französische Unterrichtsverwaltung zu thun oder zu lassen für gut befindet', darüber mit ihr zu rechten, ist nicht unsere Sacke. Aber wenn trotz der vorliegenden, Jedem, beqem zugänglichen Aeußerungen des französischen Chauvinis mus in behördlich controllirten Schriften eine ziemlich rosige Auffassung französischer Verhältnisse an Boden gewinnen will, so müssen wir gegen eine derartige Anschauungsweise, die nur schädlich wirken kann, in aller Form Einspruch er beben: man lasse sich durch etwaige äußere Liebenswürdig keiten unserer französischen Nachbarn nicht zu der sanguinischen Hoffnung verleiten, daß 1870 vergeben und vergessen nicht sei, doch werden könne!*) *) Auch wir geben uns durchaus keinen über den nächsten Tag hinaus gehenden Hoffnungen hin, allein eine Möglichkeit, daß die Streitaxt nicht wieder ausgegraben wird, scheint uns doch darin zu liegen — und mancherlei Zeichen deuten daraus hin —, daß der französische Thatendrang, von Rußland geleitet, sich mit deutschem Unternehmungsgeist aus colonialen Wegen begegnet und, da unsere überseeischen Interessen vielfach mit denen Frankreichs Hand in Hand gehen, mit ihm zusammenwirkt. Das aber kann als sicher gelten, daß der sranzösisch-russische Zweibund gegenwärtig nicht mehr mit der vollen Front gegen Deutschland und den Dreibund, sondern gegen England steht. Wenn nicht alles trügt, wird Frank« reich, wahrscheinlich mit Rußland zusammen, zunächst die Waffen mit England kreuzen und wir werden ihm dabei schwerlich in die Parade fallen. Deutsche- Reich. * Leipzig, 24. Juni. Wie bereits früher wiederholt an gedeutet worden ist, liegt gegen den Buchbinder Jacobi aus Freiburg i. B. ein überaus reichhaltiges Anklagematerial vor; insbesondere sollen in Betracht kommen die Para graphen 85, 80, 81, 95 und 130 des Strafgesetzbuches, also Aufforderung zu bockverrätherischen Handlungen vor einer Menschenmenge durch Verbreitung oder Anschlag von Schriften u. s. f. Angenommen wird, daß die Verhand lungen gegen Jacobi, um die Sicherheit des Staats nicht zu gefährden, unter Ausschluß der Oeffentlichkeit geführt werden. iL Berlin, 24. Juni. Der demokratische Stuttgarter „Beobachter" hat sich kürzlich ein unleugbares Verdienst dadurch erworben, daß er charakteristische Stellen einer an seinem Sitze gehaltenen Rede des Herrn v. Ploetz, welche die Presse des Bundes der Landwirthe zu unter drücken für zweckmäßig gefunden batte, an die Oeffentlich keit brachte. DaS demokratische Blatt macht nun wieder die Lust nach seiner informirenden Wirksamkeit rege. Es berichtet über eine Rede eines illustren Parteigenossen in folgendem allzu lakonischen Satze: „vr. Quid de sprach scharf pointirt über das Verhältniß der Hohenzollern zum Volke". Es wäre doch schön vom „Beobachter", wenn er Ausführliches mittheilen wollte, denn erstens war Herr Quidde jedenfalls sehr amüsant, zweiten« wird er jedenfalls seine Worte in Abrede stellen, und diesen Volksmann seinen prvtokollirten Männerstolz vor Fürsten thron verleugnen zu sehen, ist ein zwar nicht seltenes, aber immer ergötzliches Schauspiel. * Berlin, 24. Juni. Die Angelegenheit deS Propste» SzadzynSki scheint von der Regierung nun endlich ernstlich verfolgt zu werden. Darauf deutet die Einladung deS KirckcnpatronS des Propstes Szadzynski, Herrn v. Dulong in Witaschütz, in- Cultusministerium und sein Empfang beim ReickSkanzlrr hin. Ueberdies fordern die neuerdings in Er scheinung getretenen großpolniscken Demonstrationen die Ne gierung zu einem energischeren Vorgehen gegen das Polrn- thum und zur Wahrung des deutschen Elementes in den östlichen Provinzen deS Reiches geradezu heraus. Zu derlei Demonstrationen batte besonder- die kürzlich erfolgte Bistta- tionSreise de- Erzbischofs Vr. v. StablrwSki in den Sprengeln seiner Diöces« Anlaß gegeben, wobei der Erzbisckof allent halben mit Fahnen und Schärpen in großpolnischen Farben empfangen wurde. ES erfolgten auf Grund dessen Be ¬ strafungen, die der „Dziennik" auf gerichtlichem Wege an- zusechten rätb. Man bat es ferner für nöthig gehalten, daß „Gedächtnißmessen für den polnischen König Sobieskc" (u. A. auch in der diesigen HedwigSkirche) gelesen werden, und auf den Ausflügen der Schulen haben in Posen polnische Eltern ihren Kindern Fahnen in polnischen Farben mit gegeben, die natürlich von den Lehrern für die Dauer des Ausflugs bei Seite gestellt wurden. Der „Dziennik" hält Maßnahmen dieser Art für Nadelstiche, durch welche die polnische Gesammtheit „im höchsten Grade gereizt und ver letzt" werde. Er vergißt dabei, daß die Polen zu diesen Nadelstichen den Anlaß gegeben haben. Die Polen dürfen , sich daher auch nicht wundern, wenn die Regierung ihnen § mehr Aufmerksamkeit schenkt, als ihnen lieb ist. Zu einer solchen Aufmerksamkeit fordert auch eine Zuschrift der „Köln. Ztg." auf, in der es heißt: Die Verhältnisse in dem Städtchen Usch, nahe Schneidemühl, sind in jüngster Zeit wiederholt Gegenstand der öffentlichen Er örterung gewesen. Das Dcutschthum kämvft hier einen beißen erbitterten Kampf um seinen Bestand. Die Führer der Polen partei waren der Propst Renkawitz und der vor Kurzem ver storbene Bürgermeister Dalski, srüher Dahlke geheißen., Die neue Wahl ist nun auf einen Polen Namens Bayer gefallen; die Regierung zu Bromberg hat vorläufig die Verwaltung des Postens einem Herrn Freitag ans Usch übertragen. Freitag hieß srüher Piatek (Uebersetzung ins Polnische), trat zur evangelischen Kirche über, gilt aber den Kreisen des deutschen Schutzverbandes als ein dem Polenthum genehmer Mann. Usch ist eine polnische Enklave in deutscher Gegend. Ein den lpolonifirenden Be strebungen nicht abgeneigter Bürgermeister würde im Bunde mit den polnischen geradezu erbittert deutschfeindlichen Führern das deutsche Element gcsährden. Es liegt hier ein Sache von weitesl- tragender Bedeutung vor, und wir sprechen die bestimmte Erwartung ans, daß der Regierungspräsident v. Tiedemann in Bromberg die Bestätigung jedem Candidaten versagt, dessen Gesinnungen nicht erwarten lassen, daß er entschieden auf Seiten des Deutschthums stehen wird. Die entscheidende Behörde hat die Pflicht gegen den Staat und die Krone, das Dcutschthum zu schützen, und sie mag im äußersten Falle die Stelle Lurch einen Regierungscommissar verwalten lassen. So wünschenswerth sonst ein gutes Einvernehmen zwischen Bürgermeister und der Bürgerschaft aller Parteien ist, so erheischt hier das deutsche und staatliche Interesse die Einsetzung eine- Mannes, der eine Stütze wird für die muthig um ihre Existenz kämpf.nde deutsche Gemeinde. ----Berlin, 24.Juni. (Telegramm.) DaS Programm für das Fest, welches von Vertretern von Handel und Industrie am 27. d. M. in der Ausstellung dem Vice- König Li-Hung-Tschang gegeben wird und welches gleichzeitig zu einem Fest der Ausstellung selbst werden soll, ist nunmehr festgestellt. Die Illumination wird auf die Beleuchtung der Bogengänge durch Fettlämpchen, wie sie bisher stallfanden, vollständig verzichten und von den bisherigen Vorrichtungen nur die Beleuchtung am Ufer des Sees beibehalten. Im Uebrigen soll in großartiger Weise die Elektricität heran gezogen werden. Vor dem Haupt-Restaurant von Adlon <L Dressel wird ein chinesischer Tempel errichtet und an dem entgegengesetzten Ende des Sees eine Prachtdschunke. Auf beiden werden Musik-Capellen stationirt sein. Auf den beiden halbrunden Ausbuchtungen in der Mitte des Sees werden chinesische Thürme in Höbe von 45 Fuß errichtet. Alle diese Bauwerke werden elektrisch beleuchtet sein. Das Hauptgebäude erhält in seinen Haupt linien Beleuchtung durch elektrische Glühlämpchen, zu beiden Seiten der Mittelkuppel werden mächtige Fahnen Deutsch lands und Chinas angebracht, zwischen beiden voraussichtlich der Reichsadler. Dieses in großem Styl gedachte Mittelstück wird Abends durch stets wechselnde Serpentinbeleuchtung er hellt. Für die Illumination sind Scheinwerfer und Reflek toren in großer Zahl in Aussicht genommen. Berlin, 24. Juni. (Telegramm.) Die Agitation für die Vermehrung der polnischen Privatschuien in der Reichsbauptstadt und den Vororten wird jetzt von den Ber liner Polen mit besonderem Eifer betrieben. Zu Gunsten des Sckulfonds sind eine Reibe festlicher Veranstaltungen, Aus flüge u. s. w. in Aussicht genommen. — Gegen den Abg. Singer veröffentlicht Guido Graf Henckel-Donnersmarck zu Neudeck in Oberschlesien in der „Schles. Ztg." folgende Erklärung: „Der Reichstagsabgeordnete Singer hat am 5. d. M. bei den Verhandlungen über das Börsenstenergesetz, wie ich aus dem mir erst jetzt zugänglichen stenographischen Berichte ersehe, offenbar in der Absicht, einen Makel hasten zu lassen, neben anderen auch meinen Namen als Mitglied von Aussichtsräthen genannt. Der Zusammenhang unlauteren BörjentrribenS mit Bekleidung von Aufsichtsrathsstellen ist an und für sich unverständlich. Jedenfalls bestätige ich, daß ich Mitglied von Aussichtsräthen bei industriellen, gemeinnützigen und colonialen Gesellschaften bin. Ich sehe aber hierin nicht den geringsten Makel, im Gegentheil halte ich es für unbedingt nothwendig, Männer, welche Integrität, Sachverständniß und Arbeit«- kraft verbinden, an die Spitze der genossenschaftlichen oder gesell schaftlichen Bildungen zu berufen. Ob ich meine betreffende Auf gabe im Interesse der Sache erfüllt, haben Diejenigen zu benrtheilen, welche dauernd Copitalien in den betreffenden Unternehmungen anlegten. Jedenfalls bin ich meines Wissens jederzeit einstimmig wiedergewählt worden, wo ich nicht niedergelegt oder eine Neuwahl abgelrhnt hatte. Ich habe in meinen lungen Jahren einige Wochen selbst als gemeiner Bergarbeiter meine Schicht verdient, um ein eigenes Urtheil über Arbeitsverhällnisje mir zu bilden, und seh» hierin eben so wenig einen Vorwurf wie für einen General, beim Eintritt in das Heer sein Pferd geputzt zu haben. Seitdem habe ich ein arbeitsreiches Leben geführt, wie Jedermann weiß, welcher mich näher kennt. Ich bedauere lebhaft, daß so wenig Männer in bevorzugten Lebensstellungen sich mit Sachkunde und Schaffensfreude an die Spitze der Entwickelung nnjeres Erwerbs- leben« stellen und meist nur consumirende und nicht producirende Mitglieder der bürgerlichen Gesellschaft sind. Der wahre Grund, warum Englands Aristokratie seine wirihschaftlicke Bedeutung und Existenzberechtigung im modernen Staate sich zu bewahren gewußt hat, beruht darauf, daß dieselbe die Bedürfnisse ihrer Zeit begreift und zu arbeiten versteht. Dort würde aber auch ein Social- demokrat der Lächerlichkeit seinen eigenen Partei- genossen gegenüber verfallen, wenn er ernste Arbeit im Dienste der Allgemeinheit einem Manne Vorwerken wollte." — Mit dem gegenwärtigen Stande der Hntmacher- beweg ung beschäftigte sich gestern eine Versammlung der Streikenden. Es wird beschlossen, den Streik fortzusetzen, da man daraus rechnet, daß die Fabrikanten bald nochgeben werden. * Kiel, 24. Juni. (Telegramm.) Der Kaiser begab sich heute früh Vr8 Uhr von der „Hehenzollern" an Bord des „Meteor", um an dem Handicap theilzunehmen, welches um 8 Uhr begann und Eckernförde zum Endziel hat. Die „Hohenzollern", mit der Kaiserin an Bord, dampfte um 8 Uhr nach Eckernförde ab und kehrt gegen Abend mit beiden Majestäten zurück, die vom Bord der „Hohenzollern" aus dem Abends 8 Uhr beginnenden Blumencorso beiwohnen werden. * Hamburg, 24. Juni. (Telegramm.) Der Vicekönig Li-Hung-Tschang hat sich gestern eine Erkältung zugezegeu und konnte deshalb an der geplanten Fahrt durch den Hafen nicht theilnehmen, sondern mußte bis Mittag das Zimmer hüten. Nachmittags 2^ Uhr erschienen die chinesischen Gäste in der Börse, wo sie von den Mitgliedern der Handelskammer durch die mit Blumen, Blattpflanzen und Teppichen ge schmückten Räume der Börsenballe geführt wurden. Der Präsident der Handelskammer Laeisz richtete an die Börsen- Versaniinlung eine Ansprache, welche mit einem Hoch auf dem Kaiser von China endete. Nachdem im Namen Li-Hung- Tschang's I)r. Detering für diese Ehrung gedankt hatte, wurde der Nundgang durch die Räume der Handelskammer und der Lesehalle fortgesetzt, wobei die Gäste sich höchst befriedigt über das eigenartige Schauspiel äußerten. Morgen gedenkt sich der Vicekönig nach Friebrichsruh zu begeben, um nach zweistündigem Aufenthalte daselbst nach Berlin zurückzukehren. * Oldenburg, 22. Juni. Diejenigen Landtagsabge ordneten, welche für das Mißtrauensvotum gegen den Ministerpräsidenten Jansen und gegen den Cultusminister Flor gestimmt baben, gedenken demnächst zusammenzulreten, um über eine Protesterklärung gegen den vom Groß herzog erlassenen Landtagsabschied zu berathen. zv Thorn, 23. Juni. Die in Petersburg erscheinende russische Zeitung „Syn Otieczeslwa" läßt sich aus Plock au der Weichsel melden: „Seit einer Reihe von Monaten werden zahlreiche junge kräftige Leute aus Russisch-Polen unter der Vorspiegelung heimlich auf preußisches Gebiet ge lockt, daß sie im Auslande gut bezahlte Stellen erhalten können. Sind die Leute erst einmal in Prostken, Neidenbnrg, Jllowo u. s. w., so werden sie als Auswanderer nach Hamburg und anderen Häfen gebracht. Die preußischen Agenten an der russischen Grenze stehen im Solde aus ländischer Werbeburcaux und erkalten für jeden „Kops", den sie „liefern", 12—20 für solche junge Männer aber, die bereits in der russischen Armee gedient haben, 40 ./ü Im Winter hieß eS, die jungen Leute würden für die italie nische Colonial-Armee angeworben, jetzt verlautet, sie wurden nach England gebracht, theilweise auch auf Umwegen nach Holland, nachdem Deutsche nur dann in holländische Colonial- Armee eintrelen können, sofern das deutsche Generalconsulat in Amsterdam die Erlaubniß dazu ertheilt bat. Bei Mlawa sollen in den letzten drei Monaten allein 1500 junge kräftige Leute heimlich über die Grenze gebracht worden sein. Natur lich werden nur kerngesunde Leute angeworben." Soweit der Petersburger „S. O." Daß die Werbeburcaux ein Phantasiegebilde sind, versteht sich von selber. Viel leicht aber treiben Winkelagenten irgend einen unsauberen Handel, der das Licht der Oeffentlichkeit zu scheuen hat. « Halle a T., 24. Juni. Der hiesige „General-An zeiger" (amtliches Verordnungsblatt des hiesigen Magistrats und die „Saale-Zeitung" sind laut Regimentsbefehl l» den hiesigen Casernen verboten worden, weil sie den socialdemokratischen Wahlaufruf zur bevorstehenden Reicks tagSwabl veröffentlicht haben. * Elberfeld, 22. Juni. Drei Mitglieder deS Krieger- Vereins „Kaiser Friedrich" in Barmen hatten gegen den Vorstand dieses Vereins geklagt, weil derselbe sie wegen au geblicher Zugehörigkeit zur socialdemokratisch en Partei von der weiteren Mitgliedschaft ausgeschlossen hatte, da sonst der Verein von der Polizei geschlossen werde. DaS Gericht hat den Krieger-Verein verurtheilt, die Ausgeschlossenen als vollberechtigte Mitglieder wieder aufzunehmeu. Außerdem wurden ihm die Kosten des Verfahrens aus erlegt. In der Urtheilsbegründung heißt eS, daß der Verein, wenn die Ausschließung als zu Recht bestehend anerkannt werden sollte, den Beweis zu erbringen hätte, daß vollwichtige Gründe für sein Vorgehen vorliegen, besonders, daß die Aus gestoßenen zur socialdemokratischen Partei gehören. Dieser Beweis sei nicht erbracht worden. v. Mühlhausen, 23. Juni. Die königliche Regierung in Erfurt hat die von den hiesigen socialdemokratiscken Fübiern gegen den Magistrat und die Polizeibehörde biersclbst er hobene Beschwerde betreffs der erwähnten HiinmclfahrtSfeier als unbegründet zurückgewiesen.— Die hiesigen Kauf leute und Industriellen werden dem ReichStagsabgeorlucleu Prinzen zu Hohenlohe eine Dankadresse für die Reec übermitteln, die er im NeichStage bei der Verhandlung über daö Detailreisen gehalten hat. V. Erfurt, 23. Juni. Aus der heutigen Verhandlung der Strafkammer des hiesigen Landgerichts gegen den Geschäftsführer der focialdemokratifchen „Tribüne", Stegmann, wegen Begünstig»»., ist noch Folgendes hervorzuheben. Der Anklagebefchlnß grünbele sich auf folgende Thatsachen: Der verantwortliche Rcdactcnr der „Tribüne", Wiertelarz, war von der hiesigen Strafkammer wegen des Vergehens der Beleidigung, begangen durch die Presse, zu 100 ./L Geldstrafe oder zu entsprechender Haft verurtheilt worden. Ter Versuch der Strafbehörde, das Geld im Weg« der Pfändung bei zutreiben, blieb fruchtlos und fo erhielt Wiertelarz die Auf forderung, die fubstituirte Gefängnihstrafe anzutretcn. Nun wurden die 100 ^l gezahlt. Die Anklagebehörde ermittelte darauf, daß die genannte Summe von dem Verlage der „Tribüne" gezahlt worden sei, und stellte gegen Stegmann Straf antrag wegen Begünstigung. — Die Beweisaufnahme verlief sehr interesselos, da die beiden vernommenen Zeugen, Ziegler und Wiertelarz, mit Berufung auf den 8 54 der Strafproceßordnung (Möglichkeit der Strasbarmachung durch di« eigene Aussage) die geforderte Bekundung abzulehnen suchten. Bon de» Zeugen wurde nur Wiertelarz vereidigt. Im Allgemeinen geben di« Zeugen zu, daß Stegmann dos Geld aui Ansuchen des Wiertelarz ausaezahlt und Ziegler eS nach dem GerichtSgebäude getragen habe. — In seinem Plaidoyer hielt der Staat-anwalt Li« Anklage in allen Puncten aufrecht and beantragte gegen den Beschuldigten eine Geld strafe von 100 Der Bertheidtgrr Rechtsanwalt Zander dagegen beantragt« di» Freisprechung und di« Ueb«rnahme fämmtlicher
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