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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 13.02.1899
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1899-02-13
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18990213018
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1899021301
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1899021301
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1899
- Monat1899-02
- Tag1899-02-13
- Monat1899-02
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Eine solche Burg erstand auch in den Kreilgärten vor Oschatz, sie ward der Grund «der späteren Stadt; denn in und unter ihrem Schutze siedelten sich die Deutschen an. Unter Heinrichs Nachfolger, Otto dem Großen, entwickelte sich die Ansiedelung mehr und mehr, so daß sie hundert Jahr nach ihrer Gründung als Stadt urkundlich aufgeführt wird. Zum ersten Male wird im Jahre 1065 in einer Urkunde, nach welcher Kaffer Heinrich IV. sie dem Bischof Eberhard von Naumburg übergiebt, die Siedelung ausdrücklich al« Stadt aufgefühvt. Dev ursprünglich« Na weder Stadt war Ozzec. Derselbe findet sich noch 1253 auf einem Siegel, das einer Ur kunde aus diesem Jahr« angehängt war. Die Schreibweise des Ortsnamen« war sehr wechselnd. Bereits 1065 findet man ihn auch Oszechs, 1213 Ozzecz, 1258 wiederum Ozzechs, 1247 Ozzezs, 1261 Ozzetz, ebenso 1297, 1266 Oszetz, 1297 auch Ozztts, 1312 OzzcSc geschrieben. In dem ältesten Siadtbuche, das mit dem Jahre 1320 anfängt, wird Ossechs und Ossechz geschrieben; 1346 tritt zum ersten Male die Schreibweise Oschatz auf. So wechselnd Ivi« die Schreibweise des Ortsnamens war, ebenso wechselvoll waren auch die Geschicke der Stadt im Lauf« der Jahrhunderte. Von Krieg und Kriegsgeschrei, von Theuerung uüd Krankheit und von großen Bränden weiß die Ge schichte zu berichten. Um 1294 entstand»'zwffchen dem Mark grafen Friedrich mit der gebissenen Wange und seinem Bruder Dietrich einerseits und dem Kaiser Adolph von Nassau anderer seits ein blutiger Streit um die Markgrafschaft Meißen, die der Vater der beiden Markgrafen an Kaiser Adolph verkauft hatte. Oschatz kam bei diesem Streit« in die Gewalt des kaiserlichen Feldherrn, des Grasen Heinrich von Nassau. Ms di« beiden Brüder durch die reichen Freiberger Bürger heimlich Gelduntrrstützungen erhielten, konnten sie sich besser rüsten und mit Erfolg den Kaiserlichen entgegentrrten. Zunächst eroberten sie das feste Schloß Rochlitz. Bon hier aus sandte Friedrich mit der gebissenen Wange den Ritter Ulrich von Maltitz nebst anderen Rittern in die Gegend von Oschatz, um den Grafen Heinrich von Nassau gefangen zu nehmen, was ihnen auch in dem großen Forste zwischen Döbeln und Oschatz gelang. Dadurch ward Oschatz von den feindlichen Truppen frei und kam wieder unter seine rechtmäßigen Herren. Friedrich mit der ge bissenen Wange war der Stadt Oschatz sehr wohl gesinnt. Er beschenkte die Stadtkirche mit Heiligthümern, unter Anderem mit einem blutigen Dornen aus der Dornenkrone Christi, den er aus Rom, wo er ihn als Geschenk empfangen, mitgebracht hatte. Dies Geschenk veranlaßte viele Wallfahrten, durch welche >der Ver kehr in der Stadt belebt ward. In den Jahren 1308, 1310, 1312, 1315, 1316, 1317, 1330 und 1335 kamen Mißwachs, Hungersnoth und ansteckende Krankheiten. Ein Scheffel Kleie, der sonst mit drei bis vier Groschen bezahlt ward, galt fünfzig Groschen. Um den Hunger zu füllen, buken arm« Leute aus Baumrinde und LindenknoSpen Brod. Zu dieser Noth gesellte sich die Beunruhigung durchRäuber, was die Städte Torgau, Oschatz und Grimma veranlaßte, sich zu verbinden. Den gemeinsamen Anstrengungen gelang es, dem Räuberunwesen ein Ende zu bereiten. Solche Bündnisse wurden 1344 und 1365 geschlossen. Während der Hussitenkriege hatte Oschatz ebenfalls große und schwere Heimsuchungen zu überstehen. Am Weihnachts feste 1429 kamen die entmenschten Horden unter Anführung des Procopius vor Oschatz an und zerstörten die Stadt nicht nur durch Feuer, sondern verwüsteten auch dessen Umgebung, denn die benachbarten Dörfer Gorau, Blumberg, Kunersdorf, Neuslitz und Zschöllau mußten dasselbe Schicksal erleiden. Kaum hatt« sich die verwüstete Stadt wieder etwas erholt, so kam der Bruderkrieg und vernichtete von Neuem die Stadt. Herzog Montag den 13 Wilhelm hatte 50000 Böhmen angeworben, mit denen er einen Rachezug unternahm, Osä-atz ward 1446 erobert und 100 Häuser brannten nieder. Auch im Schmalkal bischen Kriege hatt« Oschatz schwer zu leiden. Zunächst ließ Kurfürst Johann Friedrich die Stadt zur Uebergabe auffordern, nachdem dies ge schehen, mußten 3000 Gulden Brandschatzung gezahlt werden. Herzog Moritz nahm die Stadt wieder und ließ sich von Neuem huldigen, kaum war er fort, so eroberte Kurprinz Johann Wil helm Oschatz und legte der Stadt «ine Brandschatzung von 6000 Gulden auf, die auf Fürbitte des Superintendenten Buchner auf 3000 Gulden ermäßigt ward. Bon 1598 ab trat die Pest wiederholt in Oschatz auf, und zwar in solcher Heftigkeit, daß die Jahrmärkte, die in jener Zeit für die Städte doch bedeutungsvoll waren, wiederholt auf gehoben werden mußten. Besonders statt wüthete diese Krank heit im Jahre 1611, ebenso 1613. In diesem Jahre ward «in besonderer Pestarzt, Salomon Rottewald aus Meißen, angestellt, der für eine zwölswöchcntliche Thätigkeit 20 Schock Groschen aus Rathsmitteln empfing. Ein verhäng« ißvolles Jahr war das Jahr 1616, ein furchtbarer Stadtbrand suchte Oschatz heim. Derselbe brach am 4. Juli Nachmittags zwei Uhr im Hause des Schlossers Andreas Umhof aus. Die meisten Bewohner waren auf dem Felde, es war «ine große Hitze und Trockenheit. Als die Sturm glocken «rtönten, floh der Urheber des Unglücks und ward nie wieder gesehen. Trotz aller Anstrengungen gelang es nicht, das ausgebrochene Feuer auf seinen Herd zu beschränken, die um liegenden Häuser wurden von brennenden Schindeln angezündet, und bald stand die ganze Döllnitzgasse in Flammen. Dadurch ward der Zutritt zu dem durchfließenden Döllnitzbach verhindert. Bald zündete das Flugfeuer an zwei anderen Orten, immer rückte es der inneren Stadt näher, und bald standen die Häuser bis zum Hauptmarkte in Flammen. Innerhalb 3 bis 4 Stunden war di« halbe Stadt innerhalb der Ringmauern in Asche ge sunken. Noch lange nicht hatte das Unglück sein Ende erreicht. Das Feuer drang bis zur Kirche vor und setzte di« Thurmhaube in Brand. Bald loderte auch das Kirchendach empor, die beiden Thürm« wurden ergriffen, di« Glocken stürzten herab und durch schlugen das Gewölbe. Nun stand dem gierigen Elemente auch der Zugang zum Jnn:rn> der altehrwürdigen Kirche offen. Hier vernichtete es die zum Theil kunstvolle innere Ausstattung, auch fielen ihm 200 äußerst werthvolle geschrieben« Bücher zum Opfer. Vom «Gotteshaus« sprang die Flamme auf das Rathhaus über, dasselbe brannte bis auf die Gewölbe ganz aus. Bis auf wenige Ausnahmen brannten sämmtliche öffentlichen Gebäude nieder, von der Stadt blieben überhaupt nur 25 Häuser verschont, 444 Häuser und Scheunen wurden ein Raub der Flammen. Als der Abend herniedersank, war die sonst so belebte Stadt «in rauchen der Trümmerhaufen, die kommende Nacht mußten die jammern den Abgebrannten im Freien zubringen. Groß war die Noth in der verwüsteten Stadt, zu dem Brandunglück gesellte sich auch noch Theuerung und Krankheit. Die Wiederaufrichtung der öffentlichen Gebäude verursachte einen Aufwand von 28508 Rthlr. 16 Gr. 10h Pf., die Hälfte dieser Summe mußte als An leihe vom Rath« ausgenommen werden. Durch freiwillige Gaben wurden für die schwer betroffene Stadt in Deutsch land 16 068 Rthlr. 3 Gr. 8tz Pf. gesammelt, außerdem ordnete Kurfürst Johann iGeorg I. an, daß der Stadt auf drei Jahre die Land- und Tranksteuer zu erlassen sei, aus «den kurfürstlichen Waldungen erhielten die Abgebrannten züdem noch 4592 Stämme zum Aufbau ihrer Gebäude. Noch lag der größte Theil der Stadt in Trümmern, als der Dreißigjährig «Krieg ausbrach. Bis zum August 1632 blieb Oschatz von Kriegsplagen so ziemlich verschont. Am 12. Oktober dieses Jahres aber kamen die Kroaten vor Oschatz an, sie trieben die Bürgerwach» vor sich her, und wer sich nicht durch schnellt Flucht in Sicherheit bringen konnte, war dem Ver derben anheim gegeben. An diesem Tage verloren außer dem Stadtrath Vogel noch zwölf Bürger daS Leben. Nachdem die Kroaten Herren der Stadt waren, begann ein« allgemeine Plünderung derselben, es wurden weder die Kirchen, noch die Schulen, noch das Rathhaus verschont. Die Stadtkirche verlor bei der Plünderung sämmtliche Ornat«, Meßgewänder, zehn Kelche und «ine große silberne Kanne, außerdem wurden alle die Hab seligkeiten genommen, die die Bürger in dem guten Glauben, daß . Februar 1899. die Kirche verschont werden würde, hierher in Sicherheit gebracht hatten. Nach der Plünderung erhielt die Stadt eine kaiserliche Schjutzwache, die auf Kosten des Rathes lebte, nach Mahlis, Grimma undAltenburg mußte aber trotzdem noch Bier uno Brod geliefert werden. Später «inrückendcr Einquartierung mußte für 1200 Thaler W«in gereicht werden, sie belegte auch das Commun- Brauhaus und verwandelten es in rin Magazin. Besonders reich an Bedrängnissen aller Art war das Jahr 1637. Bald hausten in Oschatz die Schweden, bald die Kaiser lichen, Alk wollten gut verpflegt und beim Abzüge mit Gelo ver sehen sein. Handel und Wandel stockten, so daß die Bürger die Rathsgefälle nicht mehr entrichten konnten. Die Ernte um Oschatz her war vernichtet, was von der vorjährigen noch auf den Schüttböden und Mühlen vorhanden war, nahmen die Kaiser lichen an sich. Mit einem Male raubten sie 130 Scheffel Korn, 30 Scheffel Gerste, 182 Scheffel Hafer, 24 Scheffel Erbsen und Wicken, außerdem verwüsteten sie 200 Schock Korn, 50 Schock Gerste, 24 Schock Hafer ungedrofchcn im Stroh. Me Vorräthe an Holz jeglicher Art wurden aüfgebraucht, unv 535 Schafe, die man der schwedischen Einquartierung durch List vorenthalten hatte, wurden eine Beute der Oesterrricher. Als die Holzvorräthe aufgebraucht waren, begannen die Soldaten die Häuser nieder zureißen, um mit dem Holze zu Heizen oder Schanzen zu bauen. In der Brüdervorstadt blieben nur 25 Häuser stehen. Zu dieser allgemeinen Noth und Verwüstung gesellte sich auch noch die P est, und zwar in einer Weise, daß in Oschatz über 2000 Per sonen ihr erlagen. War die Stadt selbst nicht mit Einquartierung belegt, so mußt« sie zur Verpflegung in anderen Städten bei tragen. So.bezifferte sich 1639 der wöchentliche Ver pflegungsbeitrag für die Einquartierung in Freiberg auf 300 Thaler; welch' ein« ungeheure Last dies für die verwüstete und verarmte Stadt war, erkennt man, wenn man berücksichtigt, daß von den 544 sonst bewohnten Häusern 294 gänzlich nieder gerissen, 22 unbewohnbar und 56 ohne Wirth waren. Obwohl die Oschatzer Bürger selbst verarmt waren, so nahmen sie dennoch di« vertriebenen und völlig ausgeplünderten Wurzenrr im Jahre 1643 in aller nachbarlichen Gastfreundschaft auf. Di« letzte Plünderung erfuhr Oschatz am 30. Januar 1644 durch die Schweden; da man ihre Forderungen nicht befriedigen konnte, so nahmen sie den Bürgermeister Vieweg, den Stadtrichter David Schittne und den Senator Hieronymus Böhle als Geißeln mit. In gräßlicher Weiße suchte drei Jahre lang die Pest, nämlich von 1680—1682, die Stadt Oschatz heim. Im Jahre 1681 starben allein daran 551 Personen. Um der Weiter verbreitung vorzubeugen, ward die Stadt mit einem Militiir- cordon umgeben, rings um di« Stadt her waren Warnungssäulm aufgerichtet, die Wochenmärtte wurden außerhalb der Stadt ge halten, aber der Verkehr stockte vollständig, da Niemand mit der verseuchten Stadt zu thun haben mochte. Obwohl aus der Um gebung Nahrungsmittel freundlichst gespendet wurden, so entstand doch innerhalb der Mauern bald die größte Noth, so daß sich di« Einwohner genöthigt sahen, auf dem Thurm« «ine schwarze Todtenfahn« aufzust«ck«n. Dieser schauerliche Mahnruf ward in der Umgebung verstanden, und die Nachbarn eilten theilnehmeNd herbei, um den Bedrängten zu helfen. Die furcht bare Seuch« hörte erst am 19. November 1682 völlig auf. Der Nordische Krieg, der ja Sachsen in sehr empfind licher Weise traf, berührte Oschatz weniger, trotzdem war es als «ine schwere Last anzusehen, als am 20. September 1706 «in ganzes Regiment Schweden rinrückte, das sieben Tage lang ein quartiert und verpflegt werden mußte. Schlimmer erging es der Stadt im Siebenjährigen Kriege. Am 22. November 1756 bezogen preußische Truppen in Oschatz ihre Winterquartiere, schon am 1. Decemder mußte die Stadt 24 Mann Recruten für di« preußische Armee stellen, ebenso im Januar weitere 21 Mann und außerdem noch 26 Schanzgräber nach Dresden. Der Preis des Getreides stieg sehr hoch, Ende 1756 galt ein Scheffel Korn fünf Thaler. In Sachftn herrschte großer Mangel an Brodkorn, besonders schwer wurden die Armen betroffen, die täglich auf Feldern und Wiesen grüne Kräuter ousstachen, um damit den Hunger zu stillen. Die Einquartierung stieg von Jahr zu Jahr, ebenso die Preise für die Nahrungsmittel. Fortgesetzt mußten Recruten für die preußische Armer gestellt werden, kamen diese nicht in genügender Zahl zusammen, so mußt« für jeden fehlenden Mann ein Betrag von 83 Thalern gezahlt werden. Gingen die 93. Jahrgang. aufgelegten ContribulionLgelder nicht rechtzeitig ein, so wurren die Bürgermeister und etliche Rathsherren festgesetzt. Vergrößert ward die Kriegsnoth durch hohe G« t r e i de p r e i se. Im Juli 1762 stieg dec Preis d«s Weizens auf 10 Thaler, des Kornes r.ui 7 Thaler, der Preis stieg so, daß man im September für Weizen 11, für Korn 10 und für Gerste 7 Thaler zahlen mußte. Zu dieser Theuerung kam noch, daß die Contributionen mit größter Rücksichtslosigkeit eingetrieben wurden. Als zu Anfang 1763 die geforderte Summe nicht gleich aufgebracht werden konnte, wurden von dem preußischen Sekretär Jacobi sechs Häuser zur Plünderung bestimmt, das sollte nur der Anfang sein. In dieser argen Bedrängniß einigt« sich der Rath mit dem Sekretär dahin, daß binnen drei Tagen 5000 Thaler beschaff: werden sollten, diese würden zum Theil durch eine Anleihe auf genommen. Zur Abstoßung dieser Kriegsschuld genehmigte man hohen Orts 1794 eine Lotterie. Noch seufzte Oschatz und Umgebung unter den verderblicben Folgen des Siebenjährigen Krieges, als in der Gegend die Bauernunruhen in bedenklicher Weise ausbrachen. Ver anlaßt wurden diese durch den Ruf „Freiheit und Gleichheit", ver über den Rhein herüberschallte. Mitten in der Ernte des Jahres 1790 entstanden unter den Landleuten in der Umgebung von Meißen, Oschatz und Lommatzsch beunruhigende Bewegungen gegen ihre Guts- und Gerichtsherrschaften. Mit bewaffneter Hand suchten die Landleute ihr Rechtsverhältniß zu den Guts Herrschaften zu ihrem Vortheil zu ändern, der Streit handelte sich hauptsächlich um dieSchashutung,Triftgrrecht igkeit,Hofoienste und Zinsen. Begünstigt wurde diese Bewegung durch den Miß wachs der Jahre 1789 und 1790, in beiden hatte der Regen ge fehlt, der Viehsiand hatte in Folg« des Futtermangels ganz bedeutend vermindert werden müssen. Es fielen daher den Lano bewohnern die zu leistenden Hof- und Frohndienste und die zu entrichtenden Zinsen an Geld oder Früchte---überaus schwer. Am 19. August 1790 kam es zu offenbarem Aufstande, durch Gewalt wurden mehrere Gutsherrschaften gezwungen, allen Diensten, Zinsen und Gerechtigkeiten zu «ntsagen. Nun kam das Militär und nahm die Führer fest, die beunruhigende Bewegung währte bis Anfang Oktober, erst zu dieser Zeit konnten di« in Oschatz stationirten Wachen wieder eingezogen -verden.' Ein« große Theuerung entstand im Jahr« 1805. Vom Monat Mai bis Juli stieg der Preis für den Scheffel Korn von 7 auf 12 Thaler, Gerste von 5 auf 8 Thaler, Hafer von 3 auf 4 Thaler 12 Gr., Butt«r die Kanne von 10 auf 16 Gr. und nach der Ernte sogar auf 18 bis 20 Gr. In dieser Nothzeit ließ der Rath für die Nothleidenden Brod backen und es um einen ge ringen Preis an dieselben verkaufen; ebenso suchten die Besitzer der umliegenden Rittergüter oder deren Pächter dadurch die Noth zu lindern, daß sie reichliche Spenden an Nahrungsmitteln nach Oschatz sandten. Die Napoleonischen Kriege machten sich von An fang an in Oschatz bemerklich; Das Jahr 1806 brachte außer häufigen Durchmärschen auch noch eine starke Contribution mit sich. Während die sächsische Armee sich mit der französischen in Oesterreich befand, fiel der Herzog von Braunschweig-Oels in Sachsen ein. Am 16. Juni 1809 drangen vierzig Husaren in Oschatz ein, schlossen di« Thore und nahmen die königlichen Casten in Beschlag. Bald folgte der Herzog selbst nach und quartierte sich im Herrenhose zu Ält-Oschatz ein. Empfindlicher wurden die Kriegslasten im Frühjahre 1813. Da Oschatz an der großen Heerstraße Dresden—Leipzig liegt, so war es fortgesetzt mit schweren Einquartierungen und allen damit verbundenen Un annehmlichkeiten beschwert. Verhängnißvoller als di« Kriegsjahre von 1806 bis 1813 sollte das Jahr 1842 für Oschatz werden. Große Stadtbrände zeichneten dieses Jahr aus: Hamburg, Kamenz, Hartha, Sayda. Zur Sicherung der Stadt hatte der Stadtrath verschiedene wohl- fahrtspolizeiliche Verfügungen erlassen; trotzdem brachte der 7. 'September 1842 namlofes Unglück über die Stadt, rin ge wattiger, ungeheuerlicher Stadtbrand legte mehr denn die halbe Stadt in Asche und Trümmer. In einem Hintergebäude am Altmarkte entstand Vormittags gegen neun Uhr ein Schaden feuer, das sieh bei einem mit äußerster Heftigkeit wehenden Nord Westwinde und infolge großer vorangegangener Hitze und Trocken heit in rasender Eile von Haus zu Haus, von Straße zu Straße fortpflanzte, so daß, trotzdem von allen Seiten Hilfe herbeieilte, Feuilleton. Libonet's Abenteuer. Humoreske von Paul Vaulot. Deutsch von E. Herrmann, »»-druck vrrboken. I. Herr und Frau Bibonet, Besitzer der in ganz L*** rühmlichst bekannten Schnittwaarenhandkung „Zur großen Scheer«", hatten ihr Geschäft verkauft und sich mit einem bescheidenen Vermögen ins Privatleben zurückgezogen. Dieser plötzliche Existenzwechsel hatte bei den beiden Ehe gatten eine sehr verschiedene Wirkung hervorgebracht. Frau Bibonet hatte keinen anderen Wunsch, als ruhig und friedlich an ihrem häuslichen Herde zu sitzen; Herr Bibonet aber träumte nur noch von Reisen und Abenteuern. „Wahrhaftig, ich habe Lust, mir di« Welt ein wenig an- zusehen! Wenn wir nach Paris gingen? WaS sagst Du dazu?" Frau Bibonet traute ihren Ohren nicht: „Ich nach PariSI" rief sie aus; „wo denkst Du hin?" Und sie faltete fromm die Hände, wie um den Himmel zu bitten, ihrem Gatten den Verstand wiederzugrben. Aber EusebiuS hatte seine Idee und «r war nicht der Mann, sie so leicht wieder fahren zu lassen. Er wartete geduldig, bis der erste Schreck sich gelegt hatt«; dann ging er vorsichtig und geschickt wieder zum Angriff über. Nur ersetzte er daS: „Wenn wir nach Paris gingen?" durch: „Wenn i ch nach Paris ginge?" Frau Bibonet, di« das sehnsüchtige Verlangen ihres ManneS sah, gab schließlich nach, und es wurde beschlossen, daß Herr Bibonet in den nächsten schönen Tagen nach Paris gehen sollte. Dor seiner Abreise mußte er zahlreich« gute Lehren und Er mahnungen über sich ergehen lassen. Da» Ehepaar hatte nur wenig gelesen; indessen einige kleine Bücher, in denen von den Gefahren der Hauptstadt, von den verschiedenerlei Fallstricken, welche die Schritte unerfahrener Provinzler dort bedrohten, die Rede war, hatten den guten Leuten «ine große Furcht eingeflößt. EusebiuS versprach seiner Frau, recht vorsichtig zu sein und Niemandem zu trauen. II. Seinen Koffer in der einen, Schirm und Stock in der anderen Hand, schritt Herr Bibonet bei seiner Ankunft auf dem Pariser Ostbahnhofe die langen Reihen der Droschken ab und suchte mit den Augen einen Kutscher, der ihm Vertrauen einflößte. Fatal! Sein Examen befriedigte ihn ganz und gar nicht. Die BahnhofSansahrten lassen in dieser Beziehung manchmal etwas zu wünschen übrig, und an diesem Abende schienen ihm sowohl di« Fuhrwerke, wie ihre Lenker sehr verdächtig. Er entschloß sich indessen, in einen der Wagen zu steigen. Er hatte von einem verläßlichen, bescheidenen Hotel sprechen hören, in der Rue Taranne; er rief dem Kutscher diHe Adresse zu. „WaS, Rue Taranne?" gab dieser zurück; „existirt nicht mehr!" Diese Straß« war allerdings niedergerissen und durch den Boulevard Saint-Germain ersetzt worden; aber Herr Bibonet, dem diese Einzelheiten nicht bekannt waren, fühlte ein ent schiedenes Mißtrauen. Da hatte man sie ja, diese Pariser, immer gleich bereit, die Leute zu täuschen und irrezuführrn. Er bereute seine Uebereiltheit, und indem er seinen Koffer wieder ergriff, schickte sich an, den Wagen zu verlassen. Dies« Bewegung war aber durchaus nicht nach dem Geschmack« deS Kutschers. Er stieg rasch von seinem Bock, schob Herrn Bibonet oha« jede Umstände ins Innere zurück, schloß heftig den Wagenschlag und sagte in derbem Tone: „Ich werde Sie trotzdem hinführen . . . oder wenigstens beinahe; Sie werden sich wohl allein zurecht finden!" Euschius war nicht tapfer; auch hatte er Furcht, seine Furcht zu zeigen; er ließ sich willig fahren und befand sich nach Verlaus einer halben Stunde in einer engen Straße, vor der Thüre eines Hotels von wenig empfehlendem Aeußeren. „Wir sind in der Rue Saints-Pöres", sagte der Kutscher. „Das ist in Ihrem Viertel. Sie werden sich hier nicht schlecht befinden." „Oh nein, gewiß nicht, mein Herr!" sprach eine dicke Frau, die Besitzerin, welche hinzutrat. Auf einen Wink von ihr bemächtigte sich ein Hausdiener der Reisetasche des Herrn Bibonet. Dieser unterwarf sich dem Willen des Geschickes, das ent schieden stärker war als er, und ließ sich in ein Zimmer führen, wo er eine sehr schlechte Nacht verbrachte. Am anderen Morgen war er womöglich noch fassungsloser; daS Geräusch der Straße, die beständige Unruhe schüchterten ihn ein. Erst nach dem zweiten Frühstück fühlte er sich wieder ein wenig gestürkt, und er wagte es, auszugehen, aber allein. Er hatte einen zu großen Respekt vor den Teufelskerlen von Parisern. Er begab sich auf den Boulevard und bemerkte bald eine Kirche — Saint-Germain-deS-PrßS; vor dem Eingänge hielt ein Leichenwagen nebst einer langen Reihe von Traurr-Carrossen. „Ein großes Leichenbegängniß", murmelte er für sich. Bei diesem Anblick fuhr Herrn Bibonet plötzlich ein Gedanke durch den Kopf: .Pari» soll herrliche Friedhöfe besitzen. Ich werde dem Leichenwagen folgen. Di« Lebenden sind hier zu betrügerisch, aber eS wäre entschieden thöricht, zu fürchten, daß mir dieser Todte «inen bösen Streich spielen könnte. Er wird mich zweifel los dahin führen, wohin ich gehen will." Er sagte sich, daß man eS ihm kaum verübeln würde, wenn er diesem Leichenbegängniß folgte, und er schloß sich den Per sonen an, die au» der Kirch« traten. Der Zug setzte sich in Bewegung. Sein Erstaunen war groß, als er sah, daß einem so schönen Leichenwagen so wenig Leidtragend« folgten; denn abgesehen von einem älteren Herrn, der, wie er, schwarz gekleidet war, bemerkte er nur noch drei Männer in mehr oder weniger dunklen An zügrn; die prächtigen Trauercarrossen waren leer, vollständig leer. „Ein Todter, den man gar wenig Ehre erweist: irgend ein reicher Junggeselle wahrscheinlich, aber ohne Familie!" dachte er. Ein peinliches Gefühl beschlich ihn, sich da inmitten eines kleinen Trupps zu befinden. Er hatte gehofft, sich in einer größeren Menge zu verlieren. Aber schließlich war ja seine Handlungsweise in keiner Weise tadelnswerth, und er schritt tapfer immer weiter hinter dem Sarge her. Bakd vermehrte sich indessen sein Unbehagen. Jeder einzelne seiner Gefährten musterte ihn mit einem hastigen Blicke, schien überrascht, ihn im schwarzen Gehrock und weißer Cravatte zu sehen, hemmte dann plötzlich den Schritt und verschwand hinter ihm, dergestalt, daß er sich an der Spitze des Zuges befand. Es sah gerade aus, als ob er der nächste Verwandte gewesen wäre. Zartfühlend, wie er war, erröthete er bei dem Gedanken, einen Platz «inzunehmen, der ihm nicht gebührte, und er be mühte sich nun, seinerseits zurückzubletbcn; aber die übrigen Personen waren damit durchaus nicht einverstanden und wett eiferten mit ihm an Bescheidenheit und Demuth, so daß ihn schließlich eine ziemlich große Distanz vom Leichenwagen trennte „Rücken Sie bitte vor, mein Herr!" sagte der Ceremonien- meister zu Eusebius. Herr Bibonet wagte es nicht, etwas «inzuwenden oder zu widerstehen; es war nicht der Augenblick und der Ort dazu. „Sobald ich auf dem Friedhof bin, mache ich mich aus dem Staube!" dachte er. Er hatte die Rechnung ohne den schwakzgekleideten älteren Herrn gemacht, der ihm nicht von den Fersen wich; er mußte noch der ganzen Begräbnitzceremonie beiwohnen.
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