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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 18.02.1899
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1899-02-18
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18990218026
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1899021802
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1899021802
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1899
- Monat1899-02
- Tag1899-02-18
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AuzeigenPrei- die 6 gespaltene Petitzelle 20 Pfg. Reclameu unter dem RrdactionSstrich (-ge spalten) 50^, vor den Familiennachrichte» (6gespalten) 40^. Größere Schriften laut unserem PreiS- verzrichniß. Tabellarischer und Zissernsatz nach höherem Taris. Extra-Beilagen (gefalzt), nur mit der Morgen-Ausgabe, ohne Postbeförderuug SO.—, mrt Postbesörderung 70.—. Annahmeschluß für Anzeigen: Ab end »Ausgabe: BvrmittagS 10 Uhr. Morgen »Ausgabe: Nachmittag- - Uhr. Bei den Filialen und Annahmestellen je eine halbe Stunde früher. Anzeigen sind stet- an die Expedit»»» zu richten. Druck und Verlag von E. Polz in Leipzig. 8«. Sonnabend den 18. Februar 1899. 93. Jahrgang. eS gebe eine Judenfrage, deren Ursachen von dem Tage datiren, wo das Grundeigenthum in phantastischen Proportionen durch bewegliche Vermögen überholt worden sei. AuS diesem Stand der Dinge zögen nur Jene Nutzen, welche keine Anhänglichkeit an den Boden kennen. Banken seien gegründet worden, um der jüdischen Macht Widerstand zu leisten, letztere babe dies nicht gestatten wollen. Es sei dies eine Ungeschicklichkeit gewesen, denn die Ab schlachtung der „Union Generale" bedeute den Anfang der Judensrage. Er wolle mit allen Franzosen regieren, sich auf die Armee und aufs Volk stützen. Sei eS doch das Volk, welches trotz der abscheulichen Campagne der Armee Beifall zolle. — Das ist sehr schön gesagt, in der That, und die Generalstäbler und die übrigen Retter der Ehre der Armee werden ihm Beifall klatschen. Allein wo bleibt der Herzog? Mittlerweile hat sich die Frage der Nachfolgerschaft bereits ziemlich erklärt. In Betracht kommen anscheinend nur noch Senatspräsident Loubet als Candidat der Radikalen und Meline als Mann der Gemäßigten, der Nationalisten und, wie verlautet, auch der Royalisten und Klerikalen. Meliue's Haltung ist allerdings noch halb ab lehnend, aber eine neue Versammlung der Gemäßigten beschloß einstimmig, an seiner Candidatur festzuhalten. Dupuy hat — dies wird uns telegraphisch bestätigt — zu Gunsten Loubet's auf seine eigene Candidatur verzichtet. Den unS weiter vorliegenden Pariser Telegrammen ist zu entnehmen, daß die Erregung im Wachsen begriffen ist und daß »namentlich die Antirevisionisten Alles aufbieten, um Loubet unmöglich zu machen. Gegen ihn wurden gestern feindselige Kungebungen veranstaltet, an denen sich auch gegen hundert Studenten aus klerikalen Kreisen betheiligten. An der Spitze der Bewegung gegen Loubet steht als Eideshelfer der Generalstabspartei der sattsam bekannte Ex-Cassationsrichter Quesnay de Beaurepaire. Er veröffentlicht im „Echo de Paris" einen Artikel, in dem er erzählt, welche Rolle Loubet in der Panama- Angelegenheit im Jahre 1892 und zu der Zeit, als Beaurepaire Generalprocurator nnd Loubet Minister präsident war, angeblich gespielt habe. Beaurepaire er klärt, Loubet habe ihm damals gesagt, er besitze ei» glaubwürdiges Verzeichn iß der bestoßenen Parla mentarier, und später habe er sich erdreistet, zu versichern, daß der Senat niemals ein solches Verzeichnis besessen habe. Beaurepaire erzählt weiter, er habe von dem Siegelbewahrer den Auftrag gehabt, die in der Panama-Angelegenheit Au- geschuldigten, zu denen Joseph Re in ach gehörte, vorzuladen. Loubet aber habe ihn gefragt, ob cs nicht möglich sei, seinen Namen aus der Liste der Angeschuldigren zu streichen. Dieses Ansuchen habe Loubet an ihn zu einer Zeit gestellt, wo die gesetzliche Tagesstunde für die Vorladung der Angeschuldigten abgelaufen war, so daß diese Vorladungen auf den folgenden Tag ver schoben werden mußte. In dieser Zwischenzeit sei Reinach gestorben nnd daher habe sich seine, Beaurepaire'S, Absicht, Reinach zur Rechenschaft zu ziehen, nicht verwirklichen lassen. Zum Schluß fragt Beaurepaire an, ob diese Rolle würdig eines künftigen Präsidenten der Republik sei. So beginnt schon ein neuer Verleumdungsfeldzug gegen den einen der Candidaten, der ernstlich in Betracht kommt, und so ist dafür gesorgt, daß, wenn der revisionsfreundliche Loubet gewählt würde, der Scandal sofort gegen ihn anheben kann. Unter diesen Umständen könnten die Kronprätendenten allerdings nichts Besseres thun als — abwarte». Politische Tagesschau. * Leipzig, 18. Februar. Wenn der Reichstag sich gestern durch seine Kundgebung der Trauer um den Tod dcS Präsidenten der fran zösischen Republik bei unseren westlichen Nachbarn in den Ruf einer ebenso friedlichen, wie gerechten und human denken den Körperschaft gesetzt hat, die Achtung dieser Nachbarn hat er sich durch das Verhalten seiner Majorität im weiteren Laufe der Sitzung nicht erworben. Man frage sich nur, ob in den französischen Kammern eine Debatte, wie sie gestern auf Verlangen der Mehrheit des Reichstag- an die Interpellation deö Abg. Johannsen über die Ausweisungen aus RordschleSwig sich knüpfte, möglich wäre, und wie, wenn wirklich ein französischer Abgeordneter eS wagte, sich fremdländischer Unterwühler der Ruhe und Sicherheit der Republik anzunehmen, das nationale Selbstgefühl der über wältigenden Mehrheit aufflammen und dem Redner Heim leuchten würde! Diesem nationalen Selbstgefühl gegenüber hätte es nicht einmal ein französischer Socialdemokrat gewagt, sich, wie gestern Herr Liebknecht, zum Anwalt landeS- verrätherischer Agitationen aufzuwerfen, geschweige denn ein Abgeordneter, der, wie der „deutsch"-freisinnige Herr I)r. Hänel, seiner hervorragend nationalen Gesinnung sich rühmt und trotzdem, obgleich er die Gehässigkeit der betreffenden Agitation zugeben muß, ihren gefähr lichen Charakter bestreitet, nur der schönen Theorie zu Liebe, daß ma» die Schildkröten nicht stören dürfe. Herrn vr. Lieber, wenn er in der französischen Deputirtenkammer so gesprochen hätte, wie gestern im Reichstage, würde man dort auSgezischt haben, und mit Recht, denn es ist ein voll kommener Widerspruch, große Summen zur Verstärkung zur Wehrkraft zu bewilligen und für die Agitationsfreiheit fremder Wühler einzutreten, die an der Grenze aus LoS- trennung vaterländischen Gebietes hinarbeiten. Da nun aber einmal die Freunde der Bewegungsfreiheit fremder Wühler gestern ihre Herzen und Lippen weit öffneten, war eS vielleicht dem AuSlande gegenüber angebracht, daß die natio nalen Parteien Stand hielten und die Handlungsweise sowohl der dänischen Aaitat^rpn, als auch ihrer parlamentarischen Fürsprecher nochmals beleuchteten. Sehr glücklich geschah dies von dem Reich-parteiler v. Tiedemann, gleich Herrn vr. Hänel ein geborner Schleswiger, der seinem LandSmanne nachwieS, daß er bei seinem Anerkenntniß der Gehässigkeit der dänischen Agitation eigentlich zu einer vollen Anerkennung deS energischen Vorgehens der Regierung hätte gelangen müssen. Herr Tiedemann schilderte ferner auS alterBekanntschaft den Wackern Herrn Johannsen, der hier da- unschuldige Lämmlein spiele, während er zu Hause ein fanatischer Agitator, ja der eigentliche Urheber der ganzen nord- schleswigschen Agitation sei. Ebenso ansprechend war da- Bild, daS Herr v. Tiedemann von dein zweiten Dänen agitator Haussen entwarf. Mit vielen Beispielen auS der schleswigschen und dänischen Hetzpresse wies Herr v. Tiede mann das gemeingefährliche, perfide und hochverrätherische Treiben der dortigen Agitation nach und wurde wirksam unterstützt von den Herren v. Levetzow und TönnieS, der als Vertreter von Tondern-Husum auS gründlicher Kenntniß von Land und Leuten die dänische Agitation schilderte. Leider war damit die Debatte noch nicht zu Ende; der Reichstag giebt sich die Ehre, sie heute fortzusetzen. Eine kostbare Entscheidung, welche aber für die heutige ! Behandlung confessioneller Dinge höchst bezeichnend ist, hat Felir Faure 'S Heute bringen die Pariser Blätter Mittheilungen von ärztlicher Seite, denen zufolge Präsident Faure bereits seit längerer Zeit an Arterienskerose litt. Unter Arterien sklerose versteht man bekanntlich eine häufige Krankheit des höheren Mannes- und Greisenalters, welche mit entzündlichen Vor gängen an der inneren Arterienhaut beginnt, durch welche die Ge fäßwandungen fettig entarten und erweichen, oder auch verkalken und brüchig werden, infolgedessen sie ihre Festigkeit und Elasti- cität verlieren und so dem Blutdruck nicht mehr den erforder lichen Widerstand entgegensetzen können. Nicht selten kommen dabei Geschwürsbildungen auf der Innenseite der Arterien vor. In diesem Falle zerreißen die Arterien leicht und führen zu Blutungen, insbesondere zu Gehirnblutungen und Schlag flüssen. Auf diese Weise würde sich die ärztliche Diagnose: „Gebirnschlag" sehr natürlich erklären. Vor etwa zehn Monaten behandelte Professor Lannelongue den Präsidenten wegen einer Kniegelenkentzündung und constatirte bei dieser Gelegenheit die Artericnsklerose. Auch die Knieentzündung konnte nicht vollständig geheilt werden. Präsident Faure hinkte leicht auf der linken Seite und bediente sich stets eines Stockes. Wie uns gemeldet wird, äußerte Faure am Donnerstag, als er im Sterben lag, zu seinem Kammerdiener: „Sehen Sie, wie wenig der Mensch ist, selbst wenn er Präsident der französischen Republik ist", ein be zeichnendes Wort, das eine Art philosophischer Resignation mit dem ilnn eigenen hochgradigen Selbstgefühl vermischt zeigt. Auch soll nach einem Pariser Blatte der Sterbende nicht ge sagt haben: „Ich bitte Alle um Verzeihung, welche ich be leidigt haben könnte", sondern zu seinen Angehörigen ge wendet: „Verzeihet Allen, welche mich beleidigten!" Was die durch Faure'S Tod neugeschaffene Lage anbetrifft, so muß constatirt werden, daß pessimistische Befürchtungen sich bis jetzt nicht bewahrheitet haben. Die Thron forder er haben sich der Situation nicht gewachsen gezeigt. Sie hallen sich, den besseren Tbeil des Mutbes vorziehend, fern und würden, wenn sie überhaupt noch eine „Ueber- raschung" planen, nunmehr wohl zu spät kommen. Prinz Victor Napoleon erhielt die Nachricht vom Tode des Präsidenten in Brüssel im Theater des Galerie», wo er die „Schöne Helena" horte. Er begab sich sofort in seine Wohnung zurück und verkehrte noch NachtS telegraphisch mit den Führern der bonapartistischen Partei in Paris. Es verlautet, daß Victor gestern früh von Brüssel abgereist sei. In seiner Wohnung verweigerte man jedoch jede Auskunft. Dem Herzog von Orleans haben wir Unrecht gethan. Er bat sich doch aufgerafft und, wie Dupuy im gestrigen Ministerrathe mittbeilte, an der Grenze 5000 — Photographien seiner erlauchten Person vertheilen lassen wollen. Die gefährliche „Kriegscontrebande" wurde indessen beschlagnahmt. Aber noch mehr, der Herzog hat lvsgeschossen, noch ehe der große Augenblick ge kommen war. Die Pariser „Gazette de France" veröffentlicht nämlich in der Form eines Manifestes eine Ansprache, welche der Herzog am Donnerstag, also noch ehe er etwas von dem Ableben Faure'S wissen konnte, in San Remo an die Delegirtcu der royalistischen Gruppen in Südfrankreich gerichtet bat. Der Herzog erklärt« unter Hinweis auf die DreyfuScainpaane, er sei ein Gegner von religiösen und von Raffen-Verfolgungen, aber gleichwohl sei er entschlossen, sobald er zur Macht gelange, den französischen Nationalgeist zu schützen. Ja, Gräfin Marie. loj Roman von Woldemar Urban. Nachdruck verboten. „Weshalb denn nicht? Ist es ein Verbrechen für ein junges Mädchen, in Begleitung einer verheiratheten Frau einer anderen alten Frau einen Besuch zu machen? Thun Sie doch nicht so zimperlich. So wird's nichts. Ich muß das wißen. Ich habe schon den zweiten Mann. Wenn Sie dabei Gelegenheit haben, ihn allein zu sprechen — und ich will schon dafür sorgen —, so öffnen Sie ihm nur den Mund, wenn er es nicht selber thut. Das ist doch nicht schwer. Das war schon hundert Mal da, daß so ein schwerfälliger Träumer und Sonderling das richtige Wort zur richtigen Zeit nicht finden konnte. Je nun, die Männer sind dumm. Man muß ihnen helfen. Eine geschickte Frau erreicht in einer Secunde mit einem Blick mehr als ein Mann in zehn Jahren mit all' seiner schwerfälligen Pedanterie und Grübelei. Kommen Sie. Wir nehmen eine Carozella." Sie zog sie mit sich fort. Ganz wohl war Anunziata nicht bei dem Gedanken, eine Aussprache mit Don Antonio zu forciren. Sie hatte die Idee, daß er wohl seine triftigen Gründe haben mußte, wenn er sich in so auffallender, verletzender Art von ihr zurückzog. Gleichwohl war das aber auch keine Art, so mir nichts dir nichts eine so wichtige Angelegenheit — es gab natürlich für Anunziata in der ganzen weiten Gotteswelt nichts Wichtigeres — in der Schwebe hängen zu lasten, nachdem man schon so weit wie Antonio gegangen war. Ihre letzte Unter redung im Cafö Vacca war doch nicht das letzte Wort. Sie war damals freilich im Zorn von ihm gegangen, aber dieser war schon längst wieder verraucht. Seitdem hatte sie ihn nur zwei mal, und zwar ganz flüchtig gesehen, nie allein gesprochen. Er war sehr höflich, aber auch sehr kühl gewesen. Was hatte er denn? Was wollte er? Er mußte doch begreifen, daß sie unter solchen Umständen nicht ohne Erklärung bleiben wollte. Anunziata wußte sich in der Sache nicht zu helfen und so gab sie dem freundlichen, zuredenden Drängen der Gräfin Marie und ihrem eigenen Herzen nach. Rechtsanwalt Antonio Caruso wohnte mit seiner Mutter in seinem eigenen Hause am Corso Garibaldi. Das Haus lag sehr hoch und machte für neapolitanische Begriffe einen verhältniß- wäßig sauberen, ruhigen Eindruck. Er bewohnte darin das oberste Stock, welches in Neapel für das gesundeste gilt, der freien Luft und der schönen Aussicht wegen. Auf der großen Terrasse, die einen Theil des Daches bildete, waren hübsche Lauben aus Rankrosen, große prächtige Agaven, kleine in Kübeln stehende Orangenbäume, Blumen, schattige Jucca - Stöcke, zu einem Garten vereinigt, der in Bezug auf Licht, Luft und freie Aussicht nichts zu wünschen übrig ließ, wenn er auch im dritten Stock lag. Als Gräfin Marie die Klingel zog, öffnete gleich darauf der Hausherr selbst. Er erschien sehr erstaunt, als er die beiden Damen sah. „Oh, Frau Gräfin, Fräulein Cesarini", sagte er etwas confus, „welche unverhoffte Ehre " „Glauben Sie nur nicht, Don Antonio", unterbrach ihn Gräfin Marie mit einem iibermüthigen Lächeln, „daß wir Ihretwegen kommen. Ganz und gar nicht. Wir wollen Ihrer Frau Mutter einen Besuch abstatten. Sie ist doch zu Hause?" Anunziata sagte nichts, aber auch ohnedies bemerkte Gräfin Marie, daß sie sowohl als auch Antonio in größte Aufregung über das Zusammentreffen geriethen. „Ich bedauere unendlich, Frau Gräfin, daß meine Mutter momentan abwesend ist. Aber sie muß jeden Augenblick zurück kommen. Wenn Sie inzwischen mit mir vorlieb nehmen wollten, so bitte ich, sich's bequem zu machen." „Je nun, was sollen wir Anderes thun? Eigentlich geht es aber doch nicht", erwiderte Gräfin Marie munter, „und jeden falls muß es ganz unter uns bleiben, Don Antonio. Hoffentlich kommt Ihre Frau Mutter bald. Ich könnte es sonst wahrhaftig nicht verantworten." „Sie scherzen, Frau Gräfin." „Wer weiß?" „Darf ich Sie führen?" Sie wehrte mit der Hand ab. „Das ist nicht hübsch von Ihnen, Don Antonio", sagte sie halblaut und vorwurfsvoll. Sie traten in einen Salon, von dem eine Thür in ein anderes, vermuthlich in das Arbeitszimmer des Hausherrn führte, denn durch die offene Thür sah man ganze Stöße Zeitungen, Acten, Bücher und Broschüren auf den Tischen Herumliegen. Durch eine andere offene Thür — es stand hier überhaupt Alles offen wie bei Leuten, die keine Geheimnisse vor ihren Besuchern haben — sah man heraus auf die Terrasse, die im üppigsten Blumenflor stand und von der herein eine wunder bar reine, dünne Luft, geschwängert mit Rosenduft, wehte. Das Ganze machte einen reizenden, anheimelnden Eindruck. „Welche wunderhübsche Terrasse Sie haben, Don Antonio", bemerkte Gräfin Marie mit einem bedeutsamen Blick auf Anunziata. „Sie gestatten doch, daß ich sie mir einmal genauer ansehe?" Dann ging sie hinaus auf die Terrasse und ließ die Beiden allein. Es entstand eine kleine gespannte Pause. Anunziata warf einen verstohlenen, fragenden Blick auf Don Antonio, der in sichtlicher Verlegenheit vor ihr stand. Dann aber schien er einen Entschluß gefaßt zu haben, denn er sagte etwas freier: „Bitte, nehmen Sie Platz, Anunziata." „Sie? Antonio? Ich meinte — —" erwiderte sie leise, brach aber ab und setzte sich seufzend auf einen Sessel. < „Ich weiß, was Sie sagen wollen, Anunziata, aber " „Oh, ich will gar nichts sagen. Sie sind vollständig Herr, zu thun, was Ihnen beliebt, Don Antonio", fuhr sie hastig und mit wachsender Aufregung auf. „Ich bedaure nur, uns daS Peinliche dieses Auftrittes nicht erspart zu haben." „Nicht so, Anunziata. Es ist begreiflich, daß Sie eine Er klärung von mir wünschen. Ich müßte Sie verkennen, wenn es nicht der Fall wäre", sagte er mit wärmerer Betonung, „und ich halte es für meine Pflicht, sie Ihnen zu geben." „Ich wüßte nicht —" „Oh bitte. Ich weiß, daß ich Ihnen Schmerz und Kummer bereitet habe, Anunziata, aber ich gebe Ihnen mein Ehrenwort, daß ich nicht weniger gelitten habe in dieser Zeit als Sie. Es ist nicht denkbar, daß Sie mich mehr geliebt haben, als ich Sie, daß Sie schmerzlicher enttäuscht worden als ich. Und doch mußte es sein." „Wozu die Redensarten, Don Antonio, um einen kleinen — Treubruch zu entschuldigen?" „Hören Sie mir zu, Anunziata", antwortete er schwer und bedeutend. „Sie sollen wissen, daß ich als ehrlicher Mann ge handelt habe. Daran sollen Sie mein Gefühl für Sie erkennen. Ich dulde nicht, daß Sie mich für leichtfertig halten. Sie sollen mich erkennen als den Mann, der ich bin." Einen Augenblick lagen ihre Augen ineinander, herzlich, freundlich und zärtlich. Fast schien es, als sollten hier schon alle Erklärungen aufhören, alle Hindernisse über Bord geworfen werden. „Was wollen Sie sagen, Don Antonio", frage sie leise und senkte die Augen wieder. Er trat tief aufathmend auf sie zu und faßte ihre Hand. Es schien ihm außerordentlich schwer zu werden, zu sagen, was nach einer Mittheilung der Barmer „Westdeutschen Ztg." daS kaiserliche Patentamt in Berlin getroffen. Die selbe, welche im „Blatt sür Patent-, Muster- und Zeichen wesen", IV. Jahrgang, Nr. 12, vom 29. December vor. I. abgedruckl ist, betrifft eine beantragte Likörmarke „St. Marianna" und lautet folgendermaßen: „Religiöses Aergerniß. Bom 15. November 1898. Das Wortzeichen „St. Marianna" für Liqueure und Essenzen ist ge» eignet, religiöses Aergerniß zu erregen. Gründe: Wird, wie die Abtheilung für Waarenzeicheu mit Recht gethan hat, davon aus- gegangen, daß das angemeldete Zeichen im Verkehr als dec Name einer Heiligen angesprochen werden wird, so braucht in eine Erörterung über die Schutzfähigkeit männlicher Heiligen namen nicht eingetreten zu werden, um die Versagung der »achgesuchtcn Eintragung zu rechtfertigen. ES mag Maaren geben, für die der Name einer Heiligen, ohne Anstoß zu erregen, alS Waarenzeicheu geführt werden kann. Die geistigen Getränke gehören zu denselben keinesfalls. Diese dienen über» wiegend zur Befriedigung sinnlichen Genusses. Deshalb setzt sich, wer derartige Maaren heiligen Frauen widmet, denen ein reines, allem Sinnlichen und Irdischen abgewandt«- Leben nachgerühmt wird und denen die Heiligsprechung gerade dieserhalb zu Theil geworden ist, in einen schroffen Gegensatz zum allgemeinen religiösen Empfinden, und Waarenzeichenschutz kann er nach tz - Absatz 3 deS Gesetzes zum Schutz der Waarenbezrichnungen vom 12. Mai 1894 nicht erlangen. Unter besonderen Umständen mögen Ausnahmen von diesem Grundsätze zulässig sein, z. B. wenn gewisse örtliche Be- ziehungen zwischen dem Namen einer Heiligen und einer Betriebs- stätte obwalten, wenn etwa eine Brauerei an einem St. Agathaplatz oder in einer St. Annastraße gelegen ist, oder wenn eine historische Entwickelung die Annahme ausschließt, daß der Gebrauch deS Namens als Waarenzeicheu Aergerniß erregen wird. Derartige besondere Verhältnisse liegen aber bei der gegenwärtigen An meldung nicht vor. Wenn der Beschwerdeführer behauptet, eine heilige Marianna existier überhaupt nicht, so kann dies der Be schwerde nicht zum Erfolge verhelfen. Denn einem beliebigen pro fanen Rainen durch oen Zusatz „St." d^n Anschein eine» Hetligen- nameuS zu geben, ist ei» Beginnen, welches die ganze Lehre von den Heiligen und ihrem Cult hrrabzuwiirdigen geeignet ist. Der katholische Geist muß daran Aergerniß nehmen, daß niit den infolge ihres heiligen Lebens von der Kirche heilig gesprochenen Personen eine Phantasiefigur von einem gewerbetreibeuden Geschäftsmann willkürlich in eine Reihe gestellt wird. Kann hiernach das an- gemeldete Zeichen nicht eingetragen werden, so bildet die von dem Beschwerdeführer vorgejchlagene Weglassung des „St." sowohl dem Sinne als auch dem äußeren Bilde nach eine so erhebliche Aenderung, daß ein neues Zeichen entsteht, welches besonder- an gemeldet werden muß. (G. 2213/16 b. Wz. 175'98.)" So der Wortlaut dieser merkwürdigen Entscheidung, an gesichts deren sich Einem unwillkürlich die Frage aufdrängt: Könnte daS Ilrtheil anders und besser begründet werden, wenn das Patentamt statt im Namen des deutschen Kaisers im Namen des römischen Papstes Recht spräche? Die Likör marke „St. Marianna" soll das „allgemeine religiöse Empfinden" verletzen — aber weiß das Patentamt nicht, daß die Evangelischen, stark "ä per Bevölkerung deS deutschen Reichs, keine Heiligenverehrung kennen? Nach dieser Ent scheidung deS kaiserlichen Patentamts ist also das in Deutschland allein giltige religiöse er zu sagen hatte und nur unter dem Zwange einer unbedingten Nothwendigkeit fuhr er endlich fort: „Anunziata, Sie kennen doch Neapel und die Neapolitaner. Ich glaube, nirgends in der Welt reißt das Leben so tiefe Fur chen in Herz und Gemüth der Menschen wie hier, nirgends trügt der Schein so wie hier. Wir leben nicht umsonst auf schwankendem, vulkanischem Boden. Deshalb werden wir gc witzigt im Leben, besehen scharf und klar, was uns,angeht. Sie werden von mir nicht annehmen, daß ich geblendet von den mannigfachen Zaubern von Neapel wie ein sentimentales deutsches Mondscheingesicht blindlings in eine Angelegenheit hinein springe, die mich und meine Familie für's Leben bindet " „Wie?" „Es ist nur des Beispiels halber." „Aber ich verstehe nicht " „Diese sogenannte Gräfin Maria di Montesanro e Bosco- reale ist — so leid sie mir thut — in der abscheulichsten Weise hintcrgangen worden, weil sie befangen in dem sonderbaren Taumel, den Neapel hervorruft, bei Jedem, der es nur ober flächlich kennt und sich nicht Zeit nimmt, die Verhältnisse zu studiren, die Netze einiger Camorristen - Schwindler nicht zu durchschauen vermochte." „Aber der Herr Graf Starace " „ Ist ein gewöhnlicher Hungerleider Namens Ernesto Starace, gebürtig aus einer kleinen Ortschaft Montesanto in Umbrien, der sich, um Lektionen zu bekommen, den Titel Graf beilegte." „Aber bei der Trauung ist er doch als Graf —" „Durchaus nicht. Er hat im Gegentheil seine Frau über die Weglassung der Titel damit getröstet, daß das nicht üblich sei, weil selbstverständlich oder was immer. „Aber seine Güter, seine Processe!" „Von Gütern ist keine Rede und die Processe, die er geführt, beschränken sich auf zwei, in denen er beide Male, ein Mal in Cosenza und einmal in Neapel, wegen Diebstahls zu Gefängniß verurtheilt worden ist. Dann ist er bei einem Bierbrauer in München Hauslehrer gewesen, der sich auch die Eitelkeit gestatten wollte, einen italienischen Grafen zum Hanslehrer zu haben. Als sich aber Starace ungezogen gegen seine Zöglinge benahm, hat er ihn kurzer Hand davongejagt. Und das nennt Starace in München studirt zu haben. „Die arme Frau!" „Ein solcher Schwindel ist aber nur in Neapel möglich, und auch hier nur Leuten gegenüber, die unsere Verhältnisse nicht
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