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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 05.03.1899
- Erscheinungsdatum
- 1899-03-05
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-189903050
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18990305
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18990305
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1899
- Monat1899-03
- Tag1899-03-05
- Monat1899-03
- Jahr1899
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 05.03.1899
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Größere Schriften laut unserem Preis-- verzeichuiß. Tabellarischer und Zifiernjatz nach höherem Tarif. Extra-Beilagen (gesalzt), nur mit dec Morgen-Ausgabe, ohne Poslbeförderung 60.—, mit Postbeförderung 70.—. Ännahmelchlnß für Anzeigen: Abend-AuSgabe: Vormittag» 10 Uhr. Morgen-Ausgabe: Nachmittag» 4Uhr. Bei den Filialen und Annahmestellen je eine halbe Stunde früher. Anzeigen sind stets an dir Expedition zu richten. Druck und Verlag von E. Polz in Leipzig. 116. Sonntag den 5. März 1899. 93. Jahrgang. Aus der Woche. Da» unheimliche Schweigen, mit dem bisher und allzu lang das evangelische Deutschland den Los-von-Rom- Rufen der Deutschen in Oesterreich zugehört hat, ist endlich einem kräftigen Widerhall gewichen, und man sollte denken, auch die abseits vom Evangelischen Bunde stehenden Nichtklerikalen hätten Ursache, dieser Bereinigung für ihr Bekennen zur Sache der Kämpfenden im Osten dankbar zu sein. Denn die Frage der Unterstützung oder Nichtunter- stützung der religiösen Bewegungen in Oesterreich ist einfach eine Frage der Existenz oder Nichtexistenz des Protestan tismus im Reiche. Wenn seiger Gedanken bängliches Schwanken unter Deutschen dauernd so weit gegangen wäre, die Oesterreicher, blos weil sie zugleich Deutsche sind, nicht zu vernehmen, so würde eS bald an der Zeit gewesen sein, die lutherische Bibel im Vorzimmer des Herrn Lieber zur ge- sälligen Einstampfung abzugeben. Ueber das seltsame Auf treten des protestantischen OberconsistoriumS in Oesterreich, welches daS Apostelthum nur als eine zum warnenden Exempel dienende Erscheinung ansieht, wollen wir mit der vorstehenden Bemerkung nicht gcurtheilt haben. Vielleicht mußte diese k. k. Behörde so handeln, wie sie gethan. Von Allem, waS „geordnet" ist, wird man überhaupt bei dieser Bewegung nichts Anderes erwarten dürfen als Maßregeln, wie die gestern gemeldete des Grafen Thun, der die Polizei gegen die „ausländischen Agitatoren und ihre unzulässigen Agitationen" aufruft. Gegen die Agitationen ausländischer katholischer Convertiten hat — beiläufig be merkt — der österreichische Staat niemals etwas einzuwenden gehabt; deren Zahl und Wirksamkeit innerhalb des Habs burgerreichs ist heute noch bedeutend. So wenig die Evan gelischen in Oesterreich von ihrer Kirchcnbehörde, so wenig dürfen ihre deutschen Freunde und Helfer von der pro testantischen Kirche im Reiche etwas hoffen. Und um des Eifers der Wahrheitsuchenven im Osten willen ist es ganz gut, daß wenigstens in Berlin auf nichts als eine übelwollende Neutralität zu rechnen ist; denn das heutige osficielle Preußen ist unevangelisch bis auf die Knochen und das widerwärtige Maulchristenthum, durch dessen Zurschautragcn es das Gegen- theil scheinen lasten möchte, kann höchstens abstoßend wirken. Daß in Berlin demnächst die römische Sache mit ver stärktem Eifer betrieben werden soll, ist soeben gemeldet worden. Man darf Herrn v. Miguel die Absicht, durch ein Gcmeindewahlgesetz den Ultramontancn die städtische Verwaltung des Westens und damit die dortigen Schulen auszuliefern, recht wohl zutrauen. Nur scheint Mißtrauen gezen die Rufer im Streit für Len Protestantismus und den Liberalismus am Platze. Die „Köln. Ztg.", die plötzlich mit einem Angriff gegen Miquel hcrvorgebrochen ist, hat seil Jahren durch Einschläfern der Protestanten gegenüber der von ihr ge leugneten ultramontanen Gefahr dieser nur Vorschub geleistet. Und die publicistische Stelle, die ihr uachlallt, bestärkt den Verdacht, daß es lediglich einige wenige, durch ihre Unbe sonnenheit und ihre Strohfeuerköpfe bekannte Herren find, die vielleicht aus irgend einem, durchaus nicht protestantischer Quelle entspringendem Aerger eine Rechnung — wir wählen den geschäftlichen Ausdruck nicht ohne Absicht — mit dem Finanzminister abmachen wollen. Jedenfalls ist das polternde, schwächlich drohende Auftreten ungeschickt. So darf man einem Miquel nicht kommen. Auch nicht mit Alarm- nackrichten über die angeblich beabsichtigte Besetzung hoher Aemter im Cultusministerium durch „Katholiken". Dadurch schafft man nur eine ungerechtfertigte Beruhigung für den Fall, daß die Ernannten Persönlichkeiten sein werden, die, obwohl evangelisch, die Geschäfte des Klerikalismus mit unübertrefflicher Hingabe besorgen, jedenfalls besser, weil ungestörter, als katholische StaatSdiener. In Preußen handelt man analog einem bekannten Sprichwort und nimmt, wenn man dem Protestantismus webe thnn will, einen Pro testanten dazu. Weil man die Anbringung der richtigen Etikette auf der dort kreisenden Flasche scheut, glauben wir auch nicht recht an die Absicht der preußischen Re gierung, die Beseitigung des Zesuitengesetzes ernstlich zu betreiben. Das wäre eine Maßregel, auf die ter real politische Ultramontanismus trotz entgegengesetzten Gezeters nicht das mindeste Gewicht legt, während sie wegen ihres demon strativen Charakters manchem noch sorglosen Evangelischen die Augen öffnen würde. Wegen der Militärvorlage braucht man weder die Aufhebung des Jesuitengesetzes, noch einen katholischen Unter staatssekretär im Cultusministerium. Auf diese Leistung ist bereits überreichlicher Vorschuß gegeben und sie wird bewirkt. Der, wie viele andere Leute, ganz genau unterrichtete Leiter der „Freis. Ztg." spricht mit vollem Rechte von einer Wort klauberei der den Abschluß eines CompromisteS hart näckig leugnenden „Germania." Die geforderten Kosten werden — ohne die Schaffung von Regimentsverbänden — bewilligt und von Infanteristen so viel, als nöthig sind, damit Württemberg nicht hinter dem allgemeinen Durchschnitt der Präsenzziffer Zurückbleiben muß. Es war eine ausgesuchte jourualisnjche Ungeschicklichkeit, in die Welt hinauszuschreiben, die „Infanteriewaffe" verhalte sich ziemlich gleichgiltig gegen die Vermehrung der Reiterei. Diese Ausstreuung erweckt im Publicum den beklemmenden Verdacht von dem Vorhanden sein von Rivalitäten unter deu verschiedenen Waffen gattungen, und er ist uubcgrändct. Richtig ist vielmehr, daß sich zu Gunsten der Cavallerie besonders starke Einflüsse geltend gemacht haben. Soviel wir jedoch wissen, ist deren Erfolg nicht erzielt worden, ohne daß vorher auf gewisse Wünsche hinsichtlich der Formation Verzicht geleistet worden wäre. Es ist eine traurige Genugthuung für unser Blatt, daß es bei dem erstmaligen Hervortreten deS Professors Schell dessen schließliche Unterwerfung vorausgesehen hat. Auch das rasche Tempo der Erfüllung des römischen Befehls durch den Würzburger Gelehrten darf nicht überraschen. Schell mag, da er die Unterstützung theologischer Capacitäteu und mindestens eines bayerischen Bischofs genoß, gehofft haben, der Kelch der Verurthellung seiner Schriften werde au ihm vorübergehen. Für den gegcntheiligen Fall war er aber jedenfalls von vornherein zum Gehorsam entschlossen. Ob ihm die Art paßt, wie ein Blatt, dessen Redacleur — ohne Uebertreibung — schon für alle bestehenden Parteien mit Ausnahme der Conservativen geschrieben hat, den „löblichen Schritt" erklärt, ist eine andere Frage. Der vielseitige Herr meint, wie schon mitgethcilt: „Schell thut, was auch unschuldig verurteilte Redakteure schon gethan haben: er fügt sich, nimmt Las Urtheil an und murmelt wie der Soldat: „Ich danke, Herr Hauptmann, für die gnädige Straf'." Da seine Werke in Bausch und Bogen verindext sind, keine besondere Stelle genannt ist, auch kein Widerruf von ihm verlangt wurde, so vergiebt er seinen Grundsätzen sicher gar nichts, wenn er sich gegen die Jndexerklärung nicht weiter ausläßt." Der Gebrauch der angeführten soldatischen Formel ist, wie Jedermann weiß, früher den Angehörigen der öster reichischen Armee nach genossener körperlicher Züchtigung anbesohlcn gewesen. Der Vollständigkeit wegen sei erwähnt, daß die „Germania", wie anzunebmen war und wie das Blatt nun selbst zugeben muß, die Unwahrheit sagte, als sie von der Leugnung der Ewigkeit der Höllenstrafen und dem Uebergang dieser Ketzerei auf Weihcanditaten berichtete. Ueber die alte und ewig neue Geschichte Scbcll's wird man nunmehr bald zur Tagesordnung übergehen dürfen. Jetzt ist auch auf deutschem Boden wieder Raum für den Teufel Bitru, der an seinem Würzburger Leugner so böse Rache genommen hat. Dieser wackere Dämon hat vielleicht dem ultramontancn Abgeordneten Gröber inspirirenv zur Seite gestanden, als dieser vorgestern dem Professor Paasche im Reichstag ant wortete. Der nationalliberale Abgeordnete, das wurde jedem Hörer und jedem Leser seiner Rede sofort klar, wollte den frivolen Atheismus, wie ihn die Socialdemokratie ver breitet, geißeln, jene Geistes- und Gemüthsrohheit, die mit der redlich erworbenen, im Widerspruch mit einer Kirchentebre stehenden Weltanschauung nichts gemein hat. Flugs war der Römling bei der Hand, um die strafenden Worte des Liberalen gegen die Gewissensfreiheit und die unveräußerlichen Rechts ansprüche der Staaten und für Pfaffenherrschaft auszubeuten. Herrn Gröbcr's religiöses Verstänvniß zeigte sich da ganz auf der Höhe desjenigen Bebel'S, der den Nationalliberalen eine „religionsfeindliche Vergangenheit" vvrwarf. Ter Klerikale hat überhaupt dem Socialdemokraten die Antwort erleichtert oder eigentlich erst ermöglicht. So hat es sich wieder einmal gezeigt, daß Niemand, ohne mißverstanden zu werden, vor Atheisten sich positiv religiös äußern kann, wenn er den Jesuitismus nicht in offener Feindschaft sich gegenüber sieht — ein Ausfluß des Wesens des Ultramontanismus als das des wahren Antichrist. Deutsches Reich. I>. Leipzig, 4. Mürz. Ueber die heutige Schlußverhand lung in dem Spionageprocctz gegen den angeblichen Gold- waarenhändlec Goldhurmer aus Paris vor rem Reichsgericht ist noch Folgendes nachzuiragen: Nach- -dciu die Oeffenkkichkeit wieoerhergestellt war, theilie dec Präsident mit, daß der Gsrichishof entgegen dem ge stellten Anträge beschlossen habe, die Urtheilsgründe in öffent licher Sitzung zu verkündigen. Der Urtheilstenor lautete: Dec Angeklagte Wird wegen Verbrechens gegen 8 1 des Spionage gesetzes zu 5 Jahren Zuchthaus und 10 Jahren Ehrver lust verurtheilt; außerdem wind seine Stellung unter Polizeiaw sicht für zulässig erklärt. Der Gerichtshof hat für erwiesen . ' achtet, daß der Angeklagte von autoritativer Seite Auftrag zur Spionage hatte, und daß er geheimzuba! tende Sachen an diese autoritativ« Stelle, die «ine auswä r tig« Regierung vertrat, gesandt hat. Daß diese Sacl. i im Interesse der Sicherheit des deutschen Reiches gehei'mzuha!: ' waren, ist nach dem Gutachten der militärischen Sachversstst: gen angenommen worden. Die beiden dem Angeklagten zur Last gelegten Handlungen vom März und September 1898 sind a!. eine fortgesetzte Handlung angesehen worden. Eine besondere Verurtheilung wegen Begünstigung nach § 267 ist nicht erfolg:, da der Thatbestand dieses Delikts in der Haupbthat mit enthal ten war. Bei der Auetmessung der Strafe wurde berücksichrig:, daß der Angeklagte kein Deutscher ist und insofern ein -besond: res Interesse an der Goheimthaltuny der betr. Sachen nicht haste, andererseits aber auch, daß er alsberufsmäßigerSpion eine gefährliche Personlichke'ir ist. Deswegen und mit Rück sicht aus die Bedeutung der von ihm oerrathe nen Sachen war aus eine nich: zu niedrige Strafe zu erlen nen. — Dec Angeklagte blieb ohne jede äußerlich erkennbare Er rcgung, als ihm das Urtheil vom Dolmetscher mitgrtlharlt wurde. ex Berlin, 4. März. (Kaiserliche Ca binelsord r c.» Gegen die Wiederkehr der unliebsamen Vorkommnisse, die l ei der Aufdeckung der letzten Spielaffaren und des sogenanru a „Clubs der Harmlosen" bekannt geworden sind, schreitet d: Heeresverwaltung unnachsichtlich mit vorbeugenden Maß' nahmen ein. Wie im Reichstag der Kriegsminister mittbeilie, geschieht dies auf den ausdrücklichen Befehl des Kaisers. In dieser Richtung bewegt sich eine soeben erlassene kaiserliche CabinetSordre, die den Elementen das Handwerk zu legen bezweckt, die sich mit unlauteren Geldangeboten an Ofsiciere wenden, mittelbar aber auch den jungen Ofsicieren ernen: zum Bewußtsein bringt, daß es unehrenhaft ist, sich mit solchen Persönlichkeiten einzulassen. Die Ordre ist vom 23. Februar datirt und lautet wörtlich: Aus Vorkommnissen der jüngsten Zeit habe Ich wiederum er- sehen müssen, wie häufig unlautere Angebote gewerbsmäßiger Geld- leiher au die Ofsiciere Meines Heeres herantreten. Jugendlich leichter Ein» und Mangel au Erfahrungen in Geldaugelegenheite« lassen aus solchergestalt gebotener Gelegenheit häufig den Anfang schwerer Bedrängnis), ja vollständigen RuinS werden. Ich will alle Mittel angewendet wissen, um von Meinen Lfficiereu Versuchungen dieser Art fern zu halten. Meine dahin zielende Ordre vom 5. Juli t888 niuß jedein Ossicier als Mein ernster Wille immer vor Augen steheu. Ich bestimme, daß künftig jeder Ossicier die an ihn ge langenden unlauteren Geldanrrbietungen ohne Ber- zug seinen Vorgesetzten zu melden hat. Die General- comniandos und die sonst zuständigen Militärbehörden vecpfli.l .e Ich, nach Feststellung deS strafbaren Tharatters des Angebots und womöglich dieferhalb erzielter gerichtlicher Verurtheilung, solche Fälle fortlaufend dem Kricgsministerium mitzutheilen. TieseS hat dann wegen Veröffentlichung der Namen derartiger Geschäfts leute und der näheren Umstünde Les Falles das Erforderliche zu » veranlassen. -z Spielkarten. Bon Otto Lehmann. Nachdruck verboten. Es sind ganz nette Summen, welche einzelne Länder aus der Spielkarten-Stempelsteuer ziehen; denn die „Blätter des Teufels" werden immerhin noch recht viel benutzt, wenn auch die Statistik einen Rückgang in dem Verbrauch derselben verzeichnet. In Preußen wurde genannte Abgabe im Jahre 1838 zuerst ein geführt, während früher der Staat sich den Alleinhandel mit Spielkarten Vorbehalten hatte. Auch in den meisten anderen deutschen Staaten unterlagen schon früher die Spielkarten einer Stempelsteuer, an deren Stelle seit 1878 der Reichsstempel mit je 30 und 50 Pfennigen vom Spiel getreten ist. Oesterreich und England besitzen ebenfalls einen solchen Stempel mit 30 und 15 Kreuzern beziehungsweise 3 Pence, während Frankreich sich die richtige Erhebung dieser Steuer (von 50 und 57 Cent.) da durch sichert, daß der Staat den Fabriken, die nur am Sitze von SteueLdirectorrn errichtet werden dürfen, daS für die Haupcseiten der Karten zu verwendend« Papier liefert. In Griechenland besteht seit 1884 das Staatsmonopol für Erzeugung und Ver kauf der Spielkarten. — Wie groß aber der Verbrauch an Spielkarten ist, geht au» dem „Vierteljahrsheft zur Statistik des deutschen Reiches" hervor, nach dem im EtatSjahr 1897/98 innerhalb de» deutschen Zollgebietes 33 Spielkarten-Fabriken, gegen 52 dieser Etablissement» im Jahre 1889/90 bestanden, welch erstere 4 772 326 Spiele von 36 oder weniger Blättern und 174 596 von mehr al» 36 Einzelkarten abgesetzt haben, wovon 296 289 Spiele der ersteren und 766 081 der letzteren Art nach dem Auilande auSgeführt wurden, wohingegen 27 371 bezw. 14 066 Spiele au» dem Auslande in da» Zollgebiet ein geführt und gegen Versteuerung in den freien Verkehr getreten sind. Auffallend ist e» jedenfalls, daß trotz der großen Verbreitung de» Skatspieler ein Rückgang in der Zahl der Kartenfabriken zu verzeichnen ist, da sie von 1889 bi» 1897 von 52 aus 33 ge sunken ist. Immerhin ergab der Spielkartenstempel dem deutschen Reiche eine Steuereinnahme von mehr al» 1j Million Mark. Besonders interessant ist auch die Geschichte der Karten. Die Meinung, daß sie im Jahre 1392 oder 1399 zur Unter haltung des wahnsinnig gewordenen Königs Karl VI. von Frankreich erfunden wurden, gehört in da» Reich der Sage, da es schon lange vorher Karten gab. Messt wird angenommen, daß diese au» dem Oriente stammen, wo sie bereits frühe in Gebrauch waren. Anfangs schienen sie nur beim Wahrsagen benutzt worden zu sein. Dafür, wie auch für den orientalischen Ur sprung sprechen die Namen, die die Spielkarten ursprünglich in Italien und Spanien trugen. Im ersteren Lande hießen sic „Naibe", im letzteren „Naibes", Wörter, die aus dem orien talischen Ausdruck für Prophezeihung, Vorhersagung abgeleitet sind. Ferner ist die Aehnlichkeit zwischen den Karten in ihrer einfachsten Form und dem Schachspiel, das vom Orient stammt, unverkennbar. Die ersten Kartenspiele bestanden aus 36 Blättern unter denen der König, der Ritter und der Bube die einzigen Figuren waren, -die übrigen hatten nur einen Zahlenwerth und hießen „gemeine Soldaten". Bei der ursprünglichen Form des Schachspieles finden wir ebenfalls einen König, einen Wisst, einen Reiter und die Pions (indische Fußsoldaten). Der einzige Unterschied war, daß bei den Karten die Figuren statt zweimal, viermal vorhanden waren. Zudem waren die Karten früher im Osten und Süden Europas bekannt, als im Norden und Westen. Historische Spuren führen darauf, daß man zuerst in Italien, dann in Deutschland, England, Frankreich und Spanien Karten spielte. Die italienischen Karten wurden 1299 mit Bildern ver sehen, während sie früher ohne Bilder vorkamen. Die älteste bekannte Spielkarte, von der Blätter erhalten sind, stammt aus Genua und ist aus Papier von Baumwolle, wie es besonders von den Arabern schon um die Mitte des 7. Jahrhunderts hergestellt wurde. Die ältesten italienischen -Karten dagegen sind aus Linnenpapier, das weit später auftritt. Don Italien kamen die Spielkarten wahrscheinlich im 13. Jahrhundert nach Deutschland. Im Jahre 1321 schon verbot Bischof Gottfried III. von Würzburg seinen Geistlichen da» „sündige" Kartenspiel; ein Gleiches that Kurfürst Balduin von Trier 1327, woraus hervorgeht, daß dieses Spiel damals schon viel gespielt wurde. Nicht viel später als in Deutschland tritt in Engand die erste Spur vom Kartenspiel auf, wie aus einer Stelle in Ansti» „Geschichte des Hosenbandordens" hervor geht. Dort ist eine Wirthschaftsrechnung de» König» Ed-uavd I. von 1278 angeführt, in welcher der Posten vorkommt: „Für da» Spiel der vier Könige — VIII sst V ck", während e» später heißt: „Eduard I. hielt sich 5 Jahre in Syrien auf", wa» zur Annahme führte, daß er das Spiel dort erlernt habe. Um 1464 muß in England das Kartenspiel schon recht bekannt gewesen sein, da in den ParlamentSacten de» JahreS die Spielkarten al» ein verbotener Einfuhrartikel aufgefuhrt werden. Unter der Re gierung Heinrich'» VH. war ihr Gebrauch wahrscheinlich all gemein, denn e» wird von öfteren Verlusten diese» König» im Kartenspiel berichtet. In Frankreich findet sich die eiste Erwähnung der Spiel karten in den „AnnaleS de Provence" um 1361. Wie e» scheint, wurde der Bube damals „Tuchim" genannt, welcher Name einer Räuberbande entlehnt war, die zur Zeit die Grafschaft Venaisin verheerte. Nach einem jüngst entdeckten Manuskript indessen müssen di» Karten schon um 1340 in Frankreich bekannt gewesen sein. Der Hauptgrund, weshalb man den Franzosen die Er findung der Spielkarten zuschrieb, war das Vorhandensein eindr Lilit auf jedem Bilde. Dieses Emblem kam aber fchp» in früherer Zeit auf römischen Zierbildern und im Mittelalter auch an den Szeptern unv -Kronen der deutschen Kaiser, sowie an denen der englischen Könige vor dem Einfall der Normannen vor. Zudem haben gerade die ältesten französischen Karten, von denen noch Proben vorhanden sind, keine Lilien auf ihren Bildern. Die Karten, welche Jacques Gringonneur für den schwachsinnigen Karl VI. erfunden haben soll, werden von den Gelehrten in die Mitte des 15. Jahrhunderts verlegt. Sie weichen von den anderen Spielen wesentlich ab, sind mit schönen Illustrationen geschmückt und etwa dreimal so groß als unsere Karten. Zwei Blätter dieses überaus kostbaren Spieles sind in Ebeling'ä „hrstvrisch-grotesk-komischem Bilderatlas" getreu den Vorlagen entsprechend in Gold- und Farbendruck nachgebildet. — Sehr interessante Proben von Karten finden sich auch unter den historischen Merkwürdigkeiten im British-Museum. Sie sollen aus dem Jahre 1440 stammen. Zu dieser Sammlung gehören auch vier Karten, die wahrscheinlich 1480 angefertigt sind und zufällig in einem alten Buche gefunden wurden, das man 1842 gekauft hatte. Was nun die Herstellung der Karten betrifft, so find die ältesten Spiele gemalt worden und zwar theilweise mit großer Kunstfertigkeit. Im Mittelalter waren besonders die deutschen Kartenmacher berühmt. Wie bei Meßbüchern, so wurde auch bei den Spielkarten auf die Verschönerung viel Kunst und Geschmack verwendet. Die Charakterkarten, der König, Ritter und Bube, prangten in Purpur und Carmoisin und waren nicht selten auf Goldgrund gemalt. Natürlich war auch der Preis solcher Arbeit angemessen, daher konnten sich nur die Reichen der Karten bedienen. Als jedoch die Deutschen zwischen 1351 und 1360 den Holzdruck auf die Karten anwendeten, wurde das Kartenspiel auch den mittleren und unteren Clasien zugänglich. Die Ein führung der Metallplatten machte die Fabrikation noch einfacher. Nunmehr nahm die Ausfuhr billiger Spielkarten aus Deutschland einen großen Umfang an. Anfangs war Nürnberg der Haupt ort für die deutsche Kartenmanufaktur gewesen, später wett eiferten mit ihm Ulm, Augsburg, Leipzig, Darmstadt, Mann heim, Frankfurt a. M., München, Hamburg, Stralsund. Der Umstand, daß alle Gewinnspiele als eine Art von Kriegsführung angesehen werden können, tritt besonders an dem Schach- und Kartenspiel hervor und unterstützt die An nahme, daß daS eine nur eine Modifikation deS anderen ist. Nach Einigen stellten die Karten ursprünglich die vier Clasien dar, den Adel, die Geistlichkeit, die Kaufleute und die Bauern, so daß Pique eine Lanze und so den Ritterstand bedeute, Coeur den Klerus (indem man sich unter den Geistlichen die «ens cku esioeur, den geistlichen Chor, denkt), die Carreau (daS soviel wie Diamant und auch im Englischen ckisroonck heißt), den Handels stand und Trefle (trilvlium), das Kleeblatt, die Landleute. Für Trefle sagt man im Englischen auch clul, und im Spanischen stasto (Knüttel). Spätere Veränderungen werden den Franzosen zu geschrieben. Sie verwandelten den Ritter in eine Dam«. Die Pique-Dame, die früher Pallas hieß, wurde zur Jungfrau von Orleans, während die jetzige Treff-Dame die Königin Marie von Anjou war, jedoch aus Ehrfurcht gegen sie „Argine" (Ana zramm von Regina — Königin) genannt wurde, und die Carreau-Dame Esther oder Rachel hieß und die schöne Geliebic des Königs, Agnes Sorel, vorstellte, wohingegen die Herz-Dame Judith, Karl's Mutter, Isabella von Bayern, oorstellte. — Die Könige wurden dargestellt als David (Pique), Alexander (Trefle», Karl der Große (Coeur) und Cäsar (Carreau). — Die Buben, die früher als Diener (valets) der Ritter auftraten, bezogen sice, ebenfalls auf bestimmte Persönlichkeiten und hießen Ogier, Lan celot, La Hire und Hektor von Gelacd. Ogier, der Däne, war einer der Paladine Karl's des Großen, Lancelot vom See war einer der Helden von König Artus' Tafelrunde, während Etienne MignoleS, genannt La Hire, und Hektor von Gelard zu den kühnsten Feldhaupttcuten Karl's VH. zählten. Als den Geistlichen in Deutschland im 14. Jahrhunde" hier und da das Spiel verboten wurde, suchten sie sich dadu zu helfen, daß sic eine „Heiligenkarte" ersannen, um dem Spst. den Anschein frommer Uebungen zu geben. Bei derselben tra, . an die Stelle der Könige, Ritter und Buben bestimmte Heilst wovon der Eichelober den Namen Wenzel nach dem heilig Wenzeslaus behielt. Den Grünober stellte der heilige Seöast: vor, weshalb er noch heute öfters Baste genannt wird. Dast ist die Annahme falsch, nach der die Bilder Oder und Wen>: erst um die Mitte deS 15. Jahrhunderts entstanden sein solle: Sie kommen schon auf den ältesten deutschen, bis auf uns ge langten Karten vor. Diese sind in Nürnberg von 1350 bis 13«; in rohem Holzschnitt hergestellt. Mithin kann da» erste deursci Kartenspiel, wie öfters angegeben wird, nicht aus dem Jahre 139 ! stammen. Dieser Jrrthum ist wohl dadurch zu erklären, daß in dem genannten Jahre ein neue» Kartenspiel, da» „Landsknechts spiel", aufkam. ES hat mit dem Hazardspiel gleichen Namens nichts zu thun, sondern kam schon gegen End« de» 17. Jahr Hunderts wieder ab. Einzelne Spiele dieser Art sind uns er halten; sie bestehen auS 33 Blättern, aus 12 mit Zahlen und 21 benannten Bildern: Pfeif, Wiirst (drei Blätter), Einkehrst Auszahlt, Deller, Glas (zwei Blätter), Narr (-zwei Blätter), Thuler (zwei Blätter), Werda (zwei Blätter), Miau (zwe: Blätter) und Hott (drei Blätter). Zur Zeit der französischen Revolution mußten auch alle Zeichen des verhaßten KönigSthum» von den Karten verschwinde". Aus den vier Königen wurden Genien deS Krieges, des Frieder des Handel» und der Kunst, während die Königinnen i Göttinnen der Freiheit und die „DaletS" als Mitglieder der alle r Ritter, in vier Männer, welche die Gleichheiten des Rang... der Stellung, der Rechte und der Pflichten darstellkeu, vrrwand. lt wurden. Unter dem Kaiserreiche wurden diese Karten a.c wieder abgeschafft, und Napoleon I. beauftragte sogar den st rühmten Maler David, die Skizzen zu neuen Karlen zu ent werfen. Diese wurden aber nicht volkSthiimlich, weshalb man bald zu den alten Mustern zurückgriff.
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